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Dr. med. Stefan Esser Universitäts-Hautklinik Essen HIV

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Dr. med. Stefan Esser Universitäts-Hautklinik Essen

HIV

HIV-Übertragung • Die statistische Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung liegt für die

unterschiedlichen Übertragungswege zwischen 1 Infektion pro 100 Kontakten und 1 Infektion pro 1000 Kontakten oder Expositionen.

• Übertragungen sind möglich vor allem durch Blut, Sperma und Vaginalsekret, Liquor, Gewebe, Kulturmaterial.

• Geschätztes Übertragungsrisiko nach Exposition mit HIV-infiziertem Blut: - Perkutane Stich- oder Schnittverletzung 0,3 % - Schleimhautkontakt 0,03 %

• Grundsätzlich gilt, je länger die Verweildauer infektiöser Flüssigkeiten auf Wunden, geschädigter Haut oder auf Schleimhäuten und je höher die HI-Viruslast der Indexperson ist, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung.

Universitätshautklinik Essen

Akzidentelle HIV Exposition

Vorgehen 1

• Fremdmaterial entfernen, Blutung anregen Dauer 1-2 Minuten

• Hilfsperson zuziehen, Desinfektion mit alkoholischen Desinfektionsmitteln, bei Stichkanal spreizen. Dauer 2-4 Minuten. EFFEKTIVE DESINFEKTION SCHMERZT !!!

• Bei Schleimhautkontakt mehrere Minuten spülen

• Abschätzen der Infektionsgefahr: Patientenanamnese? Material? Menge? Verletzungsart?

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Akzidentelle HIV Exposition Vorgehen 2

• Einleiten einer medikamentösen Postexpositionsprophylaxe (PEP) innerhalb von 2 Stunden nach dem Unfall

• HIV-Test beim Verunfallten am Tag des Ereignisses (Nachweis neg. Antikörper- Status)

• Nachfolgend nach 1, 2, 3 und 6 Monaten

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Akzidentelle HIV Exposition

Vorgehen 3 - PEP

• PEP ist eine antiretrovirale Therapie die i.d.R. aus 3 Wirkstoffen besteht

• Zusammensetzung der PEP richtet sich nach möglicher Therapie der Indexperson

• Standard-PEP: 2 NRTI´s + PI/r oder INI für 4 Wochen

• Schwangerschaft muß ausgeschlossen sein

• Keine Daten über Langzeittoxizität vorhanden

Universitätshautklinik Essen

Maßnahmen zur Verhinderung einer HIV-Übertragung bei beruflicher Exposition

• Kein wirksamer Impfstoff gegen HIV steht bisher zur Verfügung!

• Eine HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) nach Kontamination mit HIV-haltigen (Körper-) Flüssigkeiten mit einer antiretroviralen Kombinations-Therapie kann das Risiko einer Infektion senken (keine Erfolgsgarantie).

• Die prophylaktische Behandlung sollte so schnell wie möglich (< 24 Std.) nach der Kontamination begonnen im Regelfall über 28 Tage durchgeführt werden.

• In Zweifelsfällen kann notfallmäßig mit der PEP begonnen werden. Ein Abbruch der Prophylaxe, falls bei näherer Kenntnis des Unfallhergangs eine solche unnötig erscheint, ist zu jedem Zeitpunkt möglich.

• Da die zur PEP eingesetzten Medikamente für diese Indikation nicht zugelassen sind, bedarf die Durchführung einer HIV-PEP der ausdrücklichen Zustimmung und ausführlichen Aufklärung des Betroffenen.

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Voraussetzungen für eine PEP

• Voraussetzung für die ärztliche Empfehlung einer HIV-PEP ist grundsätzlich ein Kontakt mit relevantem Übertragungsrisiko zwischen einer HIV-negativen und einer HIV-infizierten Person (Indexperson).

• Bei unbekanntem HIV-Serostatus, bzw. wenn die klinische Diagnose einer HIV-Infektion nicht wahrscheinlich ist, sollten die Empfehlungen zurückhaltend gehandhabt werden.

• Nachteile einer HIV-PEP betreffen akute Nebenwirkungen der ART während der ersten Wochen der Einnahme (meist gastrointestinale Nebenwirkungen, Übelkeit), die jedoch in der Regel abklingen oder nach Beendigung der Therapie reversibel sind.

• Zur Beurteilung des HIV-Expositionsrisikos und zur Abwägung des Nutzens und der Risiken einer HIV-PEP sollte ein in der HIV-Therapie erfahrener Arzt hinzugezogen werden. Dies kann auch nach einer vorläufigen, notfallmäßigen Einleitung einer HIV-PEP geschehen.

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Durchführung der PEP

• Sofern bei der Indexperson die Behandlungsanamnese oder bestehende Medikamenten-Resistenzen bekannt sind, sollte die zur PEP verwendete Medikamentenkombination entsprechend angepasst werden.

• Deshalb ist bei behandelten HIV-Patienten dringend Rücksprache mit dem betreuenden HIV-Schwerpunktzentrum zu empfehlen!

• In allen anderen Fällen kann eine der in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Standard-Kombinationen verwendet werden:

– Kombination PI/r oder INI mit zwei NRTI`s

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Nebenwirkungen der PEP

• Reverse Transkriptase Inhibitoren (NRTI)

Lipodystrophiesyndrom Hepatische Steatose Lactatazidose Neutropenie, Anämie, Myopathie Nierenfunktionsstörungen Hypophosphatämie

• Proteaseinhibitoren (PI) Glucoseintoleranz, Fettstoffwechselstörungen, Lipodystrophie Diarrhoe

• Antiretrovirale Therapie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Abgeschlagenheit, Müdigkeit

Ein erheblicher Anteil bricht die PEP aufgrund von Nebenwirkungen ab! Universitätshautklinik Essen

• Integraseinhibitoren (INI)

Was bedeutet HIV/AIDS?

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Die Prä-HAART-Ära Anfang der 80-ziger Entdeckung des HI-Virus als Ursache für

eine Immunschwäche die zu AIDS-definierenden Erkrankungen und letztlich zum Tode führt

Vor 1996 lag die durchschnittliche Lebenserwartung nach der Diagnose AIDS-Vollbild bei zwei Jahren (Prä-HAART-Ära)

HIV/AIDS führt regional in bestimmten Altersgruppen zu einer erheblichen Mortalität und Morbidität: *von 1982-1996 ca. 20000 AIDS-Patienten *von denen bis Ende 1996 etwa 75 % verstorben sind

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Virale Replikation

virale RNA

Reverse Transkriptase

provirale DNA

virale Proteine

mRNA zelluläre DNA

Nukleus

HIV

Protease Integrase

gp41 gp120

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CD4-T-Lymphozyt

HIV 1 und 2 = RNS-Viren = Retroviren

Klinischer Verlauf der HIV-Infektion: Surrogatmarker: CD4, HIViruslast

3 6 9 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

0

Wochen Jahre

Klinische Latenz

Primär Infektion

Akutes HIV-Syndrom: Dissemination des Virus, Lymphknotenbefall

0

Opportunistische Erkrankungen

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

1100

1200

10.000

30.000

50.000

70.000

90.000

110.000

130.000

150.000

170.000

190.000

210.000

230.000

CD4 VL

Tod

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Die CDC – Klassifikation AIDS ist eine klinische Diagnose!

C 3 B 3 A 3 < 200 /µl

C 2 B 2 A 2 200-499 /µl

C 1 B 1 A 1 ≥ 500 /µl AIDS

Kategorien Klinische Labor CD4-Zellzahl

Erwachsene und Kinder: HIV-Neuinfektionen 2008

UNAIDS, 2008. Available at: http://www.unaids.org.

North Africa and Middle East 40,000

Total: 380,000

Sub-Saharan Africa 1.9 million

Total: 22 million

Eastern Europe and Central Asia

110,000 Total: 1.5 million

Oceania 13,000

Total: 74,000

Caribbean 20,000

Total: 230,000

Asia 380,000

Total: 4.2 million

Latin America 140,000

Total: 1.7 million

North America and Western/Central Europe

81,000 Total: 2.0 million

HIV-Infektion und AIDS Epidemiologie 2012: Deutschland

• 78 000 HIV-Infizierte (davon etwa 200 Kinder)

• 3400 Neuinfektionen 2012

• 1100 neue AIDS-Erkrankungen 2012

• 550 HIV/ AIDS Todesfälle 2012

• Seit Beginn der Epidemie starben 27 000 Menschen an den Folge von AIDS.

• Geschätzte nicht diagnostizierte HIV-Infektionen 14 000

• Antiretroviral behandelte HIV-Infizierte 50 000

Epidemiologisches Bulletin Nr. 47 RKI 2008

Audit von 397 Todesfällen in UK 2005: Szenarien die zu AIDS-assoziierter Mortalität führen

Szenario % der AIDS-Todesfälle Zu spät für eine effektive Therapie diagnostiziert

40

Unter medizinischer Betreuung, aber unbehandelbare Komplikationen

29

Ineffektive Behandlung wegen mangelhafter Therapietreue

12

Behandlung verweigert 8

Bekannter HIV-Infekt, dennoch ohne medizinische Betreuung: Anbindung zu spät

6

Multiresistentes HIV ohne antiretrovirale Salvageoptionen

5

A. Phillips 15th CROI 2008 Boston USA #8; BHIVA Audit-Johnson et al. 2005 Universitätshautklinik Essen

Hautveränderungen als Marker des HIV-bedingten Immundefektes

Klinische CDC WHO Klassifikation

Mononukleose-artiges Exanthem

A

Xerosis cutis Seborrhoisches Dermatitis Condylomata acuminata Scabies Herpes rezidivans

Psoriasisexazerbation Papulöse Dermatitis / Follikulitiden

Oropharyngeale Candidose Vulvovaginale Candidose Rezidivierender Zoster Haarleukoplakie Bazilläre Anggiomatose

chronische Herpes- simplex-Ulcera Candida-Paronychie Nekrotisierende Pyodermien Mollusca contagiosa

Kaposi-Sarkome Zytomegalievirus-Ulcera Soorösophagitis

B C

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Stadien-definierende Hautmanifestationen bei HIV und AIDS

Kategorie A

• Akute, symptomatische (primäre) HIV-Infektion (auch in der Anamnese): HIV-Exanthem

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Stadien-definierende Hautmanifestationen bei HIV und

AIDS Kategorie B: • Oropharyngeale

Candida-Infektionen

• Vulvovaginale Candida-Infektionen

• Herpes zoster bei Befall mehrerer Dermatome oder nach Rezidiven in einem Dermatom

• Orale Haarleukoplakie

• Zervikale Dysplasien oder Carcinoma in situ

• Idiopathische thrombozytopenische Purpura

• Bazilläre Angiomatose

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Stadien-definierende Hautmanifestationen bei HIV und

AIDS Kategorie C • Ösophageale Candida-

Infektion oder Befall von Bronchien, Trachea oder Lungen oder Sepsis

• Chronische Herpes simplex-Ulzera (> 1 Mo.) o. Herpes-Bronchitis, -Pneumonie oder –Ösophagitis

• CMV-Infektion der Haut sowie der Schleimhäute

• Tuberkulose

• Atypische Mykobakteriose Infektionen mit Mykobakterium avium complex oder M.kansasii, disseminiert oder extrapulmonal

• Extrapulmonale kutane Kryptokokkeninfektionen Universitätshautklinik Essen

Kategorie C, AIDS-definierende Neoplasien

• Kaposi-Sarkom (HHV-8)

• Non-Hodgin Lymphome (EBV, HHV-6, HHV-8) (Burkitt’s, immunoblastisches oder primäres zerebrales Lymphom)

• Invasives Zervix-Karzinom (HPV)

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HPV, Analkarzinom und HIV • Studie an homosexuellen Männern in San Francisco (1992):

– Abstrichuntersuchung auf eine anale HPV-Infektion mittels PCR • Nachweis bei 93% der HIV-positiven Patienten und • Nachweis bei 63% der HIV-negativen Probanten

• Die Inzidenz der AIN bei homosexuellen Männern ist mit einer Rate von

35/100.000 im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich erhöht.

• Inzidenz (Relative Rate adjustiert: RRadj) gegenüber Normalbevölkerung (SEER) bei HIV (HOPS) signifikant erhöht (CI 95%):

– Anorektal 10,13; – Hodgin Lymphom 4,58; – Melanom 2,99; – Lunge 2,13

• Multivarianz-Analyse (HIV-P. Chicago/Krebs-Register):

Signifikant höhere Inzidenz (RRadj) bei HIV: – Hodgin Lymphom 77,43; – HNO 9,96; – Anorektal 5,03; – Melanom 4,10; – Lunge 3,63

Universitätshautklinik Essen 11th CROI 2004 #81 P. Patel et al.

Entwicklung der antiretroviralen Therapie = ART

1987: Zidovudin (Retrovir TM, AZT) wird als erstes antiretroviral wirksames Medikament gegen HIV eingesetzt.

Seither Entwicklung neuer Wirkstoffe und Substanzklassen:

Reverse Transkriptase Inhibitoren (RTI): Nukleosidale RTI (NsRTI): 1987 Nicht NRTI (NNRTI): 1998 Nukleotidische RTI (NtRTI) 2002

Protease Inhibitoren (PI): 1996 Fusionsinhibitoren (FI): 2002 CCR5-Chemokinrezeptorantagonisten 2008 Integrase Inhibitoren 2008

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Entwicklung der antiretroviralen Therapie = ART

Überlegenheit der (Dreifach-) Kombinationstherapie = High active ART = HAART (1996: Divergente Regime: 2 NRTI`s + PI)

Dramatische Verbesserungen der Mortalität und Morbidität, die seit 1996 jeweils um 75 % gesenkt wurden.

Therapieindikation 1996: Hit hard and early

Universitätshautklinik Essen

Klinische Effektivität der HAART Incidence von AIDS und Death (1994–2000)

EuroSIDA November 2000 Calendar period

Inci

denc

e (p

er 1

00 p

t-yea

rs) Deaths

AIDS Patients on HAART (%)

Patients on HA

AR

T (%)

Universitätshautklinik Essen

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01

Jahr

0

5000

1000015000

200002500030000

3500040000

4500050000

HIV prevalence (r)AIDS prevalence (r)HIV incidence (l)AIDS incidence (l)HIV/AIDS deaths (l)

Geschätzte HIV/AIDS Inzidenz, Prävalenz und Todesfälle in Deutschland (Modell)

Entwicklung unter ART gegen HIV Langlebige, chronisch HIV-infizierte Zelllinien verhindern die

HIV-Eradikation unter ART.

Absetzen der ART führt erneut zu explosionsartiger Vermehrung von HIV

Lebenslange Therapie erforderlich

Neben den akuten Nebenwirkungen treten z.T. schwere Langzeit-Nebenwirkungen unter der Dauer-Kombinationstherapie auf: - Liopodystrophiesyndrom - Metabolisches Syndrom - Periphere Insulinresistenz - Mitochondriale Toxizität

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Patienten werden älter

Therapiedauer wird länger

mehr andere Erkrankungen

mehr andere Medikamente

HIV-Therapie heißt lebenslänglich

HIV-Arsenal muss länger halten

Langzeit NW werden sichtbar

Interaktionen Langzeit NW Resistenz

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% d

er P

atie

nten

mit

volls

tänd

iger

Sup

pres

sion

Adherence / Compliance in % p < 0,00001

DL Paterson et al. 6th CROI, Chicago (1999)

DL Paterson et al.

Ann Intern Med 133, (2000), 21-30

p<0,0001

HAART “verzeiht” Einnahmefehler nur selten

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Sterberaten bei Patienten mit sofortigem vs. verzögertem Therapiebeginn in

Abhängigkeit von der CD4-Zellzahl

15,4

56,4

10,716,5

6,7 5,60

10

20

30

40

50

60

Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3

unverzüglicherTherapiebeginnverzögerterTherapiebeginn

201 – 350 CD4-Zellen/µl

351 – 500 CD4-Zellen/µl

501 – 750 CD4-Zellen/µl

Palella et al., Ann Int Med 2003; 158,8:620-27 Universitätshautklinik Essen

Therapieempfehlungen 2011 für die Einleitung der antiretroviralen Therapie (ART)

Nein

<350

Ja

>100.000

= abwarten und regelmäßige Kontrolle der Laborwerte

= Behandlung empfehlen

AIDS Symptomatische HIV-Infektion

>500* ? 350-500*

CD4-Zellzahl/µl

HIV-RNA (Kopien/ml)

Leitlinien DAIG 2011

*Zusatzkriterien -HBV, HCV, -Verlauf, -Alter > 50, -Kardiovaskuläres Risiko -Reduktion Infektiösität -Schwangerschaft

Ziele der antiretroviralen HIV-Therapie

Unmittelbares Therapieziel: Viruslast unter der Nachweisgrenze

Langfristiges Therapieziel: Stabilisierung des Immunsystems, Verbesserung der Lebenserwartung Verbesserung der Lebensqualität

Zukunft: HIV – eine chronische Erkrankung, die obwohl sie unheilbar ist, unter konsequenter Therapie nicht mehr zum Tode führt?

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Virale Replikation und HAART

virale RNA

Reverse Transkriptase/

Ribonuklease H

provirale DNA

virale Proteine

mRNA zelluläre

DNA

Reverse Transkriptase

Inhibitoren (RTI): -nukleosidale (NRTI)

-Nicht nukleosidale (NNRTI)

Protease Inhibitoren (PI)

Nukleus

HIV

Protease Integrase

gp41 gp120

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CD4-T-Lymphozyt

Entry- Inhibitoren:

-Fusionsinhibitoren (FI) -CCR5Chemokinrezeptor-

-Antagonisten

Vor 2007 zugelassene Substanzklassen

S. Esser Universitätshautklinik Essen

Abacavir + Lamivudin*

Efavirenz**

Nevirapin***

Atazanavir/r

Darunavir/r

Lopinavir/r

Fosamprenavir/r

Saquinavir/r

Raltegravir

NNRTI

PI/r

INI

Tenofovir + Emtricitabin

+

empfohlen Alternative ***Cave: Hepatotoxizität erhöht bei

Frauen mit CD4+-Zellen >400/Männern mit >250/µL

Deutsch-Österreichische Leitlinien 2011 zur antiretroviralen Therapie von Erwachsenen:

Regimewahl

**nicht bei Schwangerschaft und Frauen mit Kinderwunsch

Tenofovir + Lamivudin

*nur für HLA-B*5701-Negative; Cave: evtl. erhöhtes kardiovaskuläres Risiko,

virologisch leicht unterlegen

„Backbone“

Kriterien für die Auswahl der Substanzen für eines Regimes

• Anamnese, Vortherapien

• Bekannte Resistenzen aus vorherigen Resistenztests

• Interaktionen

• Nebenwirkungen

• Begleiterkrankungen

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IRS: Risikofaktoren • Immundysregulation:

– CD4 T-Zellen < 200/µl – z. B: Imbalance zwischen Effektor (Th1, Th

17) und regulatorischen (IL-10+) T-Zell-Antworten

• Hohe initiale HIViruslast vor ART-

Einleitung

• Infektions- oder Autoimmunerkrankungen

• Latente, maskierte, subklinische Infektions- oder Autoimmunerkrankungen

• Disseminierte Infektion mit hoher Pathogenbeladung

• Kurze Zeit antherapierte Infektionen

• Rapide Inhibition der HIV-Replikation durch die ART

• Anstieg der zirkulierenden CD4 Zellen

• Qualitative und quantitative Erholung der pathogenspezif. Immunantworten

– Rekonstitution der spezifischen zellulären

Immunantworten gegenüber Mitogenen und Pathogenen und der humoralen Immunität meistens innerhalb der ersten 3 Monate nach ART-Einleitung

– Veränderungen im Zytokinnetzwerk

IRS: Pathogenese

#M A French et al. AIDS 2004, 18:1615-27 #J R Deayton et al. AIDS 2002, 16:2129-2135

Immunrekonstitutionssyndrom (IRS) • Definition: Atypische inflammatorische Erkrankungen verbunden mit der

Immunrekonstitution nach Einleitung einer effektiven antiretroviralen Therapie (ART)

Entwicklung der HAART gegen HIV Therapieversagen in HIV-ART-Studien:

20 % der Therapieabbrüche, infolge virologischem Versagen 80 % der Therapieabbrüche durch Unverträglichkeiten, Toxizitäten komplizierte Einnahmevorschriften und Complianceprobleme

Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten: Nutzung günstiger Interaktionen z. B. Wirkverstärkung von Proteaseinhibitoren durch die Boosterung mit Ritonavir (RTV, /r)!

Nebenwirkungen: Entwicklung weniger toxischer Substanzen; späterer Therapiebeginn

Z. T. Komplizierte Einnahmebedingungen (mehrmals täglich, nüchtern) von zahlreichen verschiedenen Tabletten mit schlechter Verträglichkeit führen zu Complianceproblemen: ART wird einfacher und verträglicher!

Resistenzen gegen antiretrovirale Substanzen werden zunehmend beobachtet, selbst bei therapienaiven Patienten, und führen zum Therapieversagen: Neue Substanzen ohne Kreuzresistenzen mit neuen Wirkmechismen!

Was ist Boosterung?

• Ritonavir (RTV) ist ein potenter Inhibitor des Isoenzyms 3A4, einer Untereinheit des Cytochrom P450-Enzymsystems in der Leber und im GI-Trakt.

• Die Spiegel fast aller Proteaseinhibitoren werden durch die gleichzeitige Gabe von geringen (100-400 mg/Tag), nicht antiretroviral wirksamen (Baby-)Dosen Ritonavir (rtv) deutlich gesteigert.

• Diese rtv-Boosterung ermöglicht eine Pillenreduktion, reduziert die Häufigkeit der Einnahme und macht die Resorption teilweise unabhängig von der Nahrungsaufnahme .

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Antiretrovirale Therapie (ART) wirkt!

• Patienten unter ART mit erfolgreicher HIViruskontrolle erreichen eine relativ normale Lebenserwartung.

• Ein 20-jähriger, der eine HAART beginnt, erreicht eine durchschnittl. Lebenserwartung von weiteren 43 Jahren; ein 35-jähriger 32 weitere Jahre.

• Mortalitätsraten werden nach 6 Jahren Follow-up vergleichbar mit der Normalbevölkerung bei Patienten, die 500 CD4-Zellen/mm3 und mehr erreichen.

ATTC Lancet 2008; 372:293-299 Lewden C, et al. JAIDS. 2007;46:72-77. Universitätshautklinik Essen

Versagen der antiretroviralen Therapie

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Was bedeutet Therapieversagen und Resistenzentwicklung?

Antivirale Aktivität Auftreten von Resistenzen Therapieversagen

Verlust der Kontrolle über HIV

Selektionsdruck Mutationsrate Vermehrung

• Therapieversagen: – Viraler “Rebound” durch Verlust der Viruskontrolle

• Resistenz:

– Verlust der Empfindlichkeit gegenüber der antiviralen Aktivität eines Wirkstoffes in Abhängigkeit vom Medikamentenspiegel

• Durch Kreuzresistenzen Wirkverlust ganzer Substanzklassen und bei

suboptimalem Einsatz verschiedener Substanzklassen Multiresistenz gegen mehrere Substanzklassen

Virale Fitness, Replikative Kapazität • Replikative Kapazität (RC)

– Möglichkeit der Vermehrung unter idealen Bedingungen

• Fitness – Möglichkeit der Vermehrung unter definierten Bedingungen

• M-Typ und RC

– „bezahlt“ Selektionsvorteil durch die Entwicklung von Resistenzen unter einer ART häufig mit einem Verlust an replikativer Kapazität gegenüber dem HIV-Wildtyp.

– Primärmutationen verändern die Bindungsfähigkeit einer Substanz an sein Zielenzym, so daß immer höhere Konzentrationen notwendig wären, um die Enzymwirkung weiterhin zu hemmen.

– Sekundärmutationen erhöhen die Fitness (Replikative Kapazität) eines Virusstammes, der bereits Primärmutationen hat.

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Konsequenzen von Resistenzen • Jede Resistenz wird im Erbgut archviert und ist damit

irreversibel vorhanden, so dass sie bei entsprechendem Selektionsdruck lebenslang abgerufen werden kann.

• Reduktion zukünftiger Therapieoptionen • HIV-Patienten mit vielen Resistenzen erkranken häufiger und

sterben früher,

• Übertragung resistenter HIV und Superinfektionen

• Jede neue Resistenzmutation gefährdet sowohl den Einzelnen als auch die Gesamtpopulation der HIV-Patienten.

Johnson et al. XV int. HIV Drug Resistance Workshop, 2006, #69 Palmer et al. PNAS 103 (no. 18) 2006, 7094-7099

NNRTI

’87

NRTI

PI

Zwischen ’87 und ’95 wurden 4 Antiretrovirale Medikamente zugelassen. Seit ’95 wurden 27 neue Produkte eingeführt. emea.europa.eu website (EU Zulassung)

Retrovir

Zweite HAART-Welle 2008: Zugelassene Antiretrovirale Medikamente in der EU/US

’91 ’92 ’94 ’95 ’96 ’97 ’98 ’99 ‘00 ’90

Norvir

Invirase

Crixivan

Fortovase Kaletra Viracept?

Ziagen

Combivir

Videx

Hivid

Zerit

Epivir Rescriptor*

Sustiva Viramune

’01

Viread Emtriva

Reyataz

‘02 ‘03 ’93

Agenerase

‘04

Aptivus

Kaletra Tablette

‘05 ’88 ’89 ‘06

Prezista

Fuzeon FI

‘07

Atripla*

CCR5I INI

‘08

Celsentri

Isentress

Trizivir

Truvada Kivexa

Telzir Invirase500

Virologisches Therapieversagen: Konsequenzen:

• Wenn 2 oder mehr neue und aktive Substanzen/Klassen verfügbar sind: – Wahl des maximal aktiven Regimes – Fortführung von Substanzen gegen die keine Resistenzen

vorliegen mögl.

• Ziel: – Maximale und dauerhafte Suppression der

HIVirusreplikation möglichst unter die Nachweisgrenze

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Die zweite HAART-Welle:

virale RNA

Reverse Transkriptase/

Ribonuklease H

provirale DNA

virale Proteine

mRNA zelluläre DNA

Reverse Transkriptase Inhibitoren:

-NRTI -NNRTI: Etravirine

Protease Inhibitoren:

-Darunavir -Tipranavir

Nukleus

HIV

Integrase Inhibitoren:

*Raltegravir *Elvitegravir

Entry- Inhibitoren: -Attachment -CCR5: *Maraviroc *Vicriviroc -CXCR4 -Fusionsi.

Protease Integrase

gp41 gp120

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CD4-T-Lymphozyt

Maturations (Reifungs) Inhibitoren

Neue Klassen

# F. Kirchhoff et al, 15th CROI 2008, Boston USA, Plenary Session 19

Korezeptor- Bindung

Verankerung der Fusionspeptide

CD4- Bindung

CD4-Bindungs-Inhibitoren

Fusions- Inhibitoren

CCR5 Antagonisten

Verankerungs- Inhibitoren

Virus-Zell- Fusion

Eintrittsinhibitoren

Was ist eine ‘optimized background therapy (OBT)’?

Eine ART-Kombination ausgewählt nach der maximal zu erwartenden antiretroviralen Aktivität unter den möglichen Optionen in Verbindung mit mindestens einer weiteren neuen Substanz/Klasse.

New agents

Drug E

Available options Drug A

Drug B

Drug C

Drug D

Optimized background SELECTED FOR

MAXIMUM ACTIVITY

Drug A Drug C Drug F ?

Was ist eine aktive Substanz?

Zusammenfassung • Klinische Zeichen der HIV-Infektion werden häufig nicht oder zu spät erkannt:

– Hauptursache für AIDS und HIV-assoziierte Todesfälle in westlichen Industrieländern

• Ein umfangreiches diagnostisches Instrumentarium steht bei HIV zur Verfügung: – Surrogatmarker (CD4-Lymphozyten, HIViruslast) – Geno-/phänotypische Resistenzbestimmung – Medikamentenspiegelmessung

• Ein umfangreiches therapeutisches Arsenal steht für die Behandlung der HIV-

Infektion zur Verfügung: NRTI, NNRTI, PI, FI, CCR5 I, INI

• ART sollte die HIVirusreplikation maximal (unter die Nachweisgrenze) suppremieren.

• Patienten unter ART mit erfolgreicher HIViruskontrolle erreichen eine relativ normale Lebenserwartung.

• Je besser die Substanzen werden, desto mehr kommt es auf die Erfahrung des Arztes und die Compliance des Patienten an.

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