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50 WIRTSCHAFT Algorithmen diagnostizieren Krebs, sagen Aktienkurse voraus und schreiben Drehbücher. Künstliche Intelligenz, abgekürzt KI, verändert alles – die Wirtschaſt, die Gesellschaſt, unser aller Leben. Deshalb lädt die Bundesregierung nun auch zum ersten KI-Gipfel ein Die KI-Revolution Die Schöpfung Der iCub ist ein babyähnlicher Roboter. Schmidhuber und sein Team verwenden ihn, um künstliche Neugier zu implementieren und sein Verhalten zu studieren

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50

WIRTSCHAFT

Algorithmen diagnostizieren Krebs, sagen Aktienkurse voraus und schreiben Drehbücher. Künstliche Intelligenz, abgekürzt KI, verändert alles – die Wirtschaft, die Gesellschaft, unser aller Leben. Deshalb lädt die Bundesregierung nun auch zum ersten KI-Gipfel ein

Die KI-Revolution

Die SchöpfungDer iCub ist ein babyähnlicher

Roboter. Schmidhuber und sein Team verwenden

ihn, um künstliche Neugier zu implementieren und sein

Verhalten zu studieren

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51FOCUS 20/2018

Der SchöpferJürgen Schmidhuber, 55,

gilt als führender Kopf der KI-Forschung. Er glaubt, dass selbstlernende Systeme den

Menschen in vielen Bereichen bald überlegen sein werden

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52 FOCUS 20/2018

Sein Algorithmus steckt weltweit in mehr als drei Milliarden Smart-phones. Wer schon einmal einen Text mit Facebook über-

setzt oder Google nach dem Weg gefragt hat, nutzt jene künstli-che Intelligenz (KI), die Jürgen Schmidhuber, 55, erschaffen hat.

Schon als 15-Jähriger erkannte er, dass er niemals in der Lage sein wird, alles zu wissen. Er erkannte aber auch, dass Maschinen das irgendwann können werden. Seit-dem versucht er, eine künstliche Intelligenz zu entwickeln, die schlauer ist als er selbst. Schmid-huber ist seinem Ziel heute näher als je zuvor.

Der Wissenschaftler, der in München geboren wurde und dort an der TU auch schon das Labor für Robotik geleitet hat, ist seit 1995 Chef des IDSIA, eines welt-weit führenden Schweizer For-schungsinstituts. Für den Infor-matiker ist KI das Versprechen einer besseren Welt. Anderen jagt diese Welt Angst ein.

Weil kaum einer das Mysterium versteht. Weil kaum einer abse-hen kann, wie es unser Leben verändern wird. Selbst für einen der klügsten Köpfe der Welt ist KI ein Widerspruch: „Sie könnte das Beste oder Schlechteste sein, was der Menschheit je zugestoßen ist“, sagte der inzwischen verstorbene Physiker Stephen Hawking.

Hoffnung und HorrorDie schöne neue Technikwelt ist Heilsbringer und Horrorvision zugleich. Der Traum vom Roboter, der dem Menschen lästige Arbei-ten abnimmt. Der Albtraum von einem Apparat, der irgendwann die Kontrolle übernimmt. Oder uns die Arbeitsplätze raubt. Mehr als 60 Prozent der Menschen fürchten, dass Maschinen sie in den kommenden zehn Jahren am Arbeitsplatz ersetzen.

Die Ängste haben zunächst ihre Berechtigung. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendwo ein neuer Roboter, ein neues selbstlernendes Programm auf den Markt kommt – und alles

Forscher der Universität Oxford kamen zu dem Schluss, dass über alle Sektoren hinweg schon jetzt 47 Prozent aller Berufe in den USA von Computern ersetzt werden könnten.

Dabei ist künstliche Intelligenz die Schlüsseltechnologie dieses Jahrhunderts, die alle Lebensbe-reiche durchdringt. Das heißt: Die KI-Revolution hat längst begon-nen. Und sie ist nicht mehr auf-zuhalten.

Um einen Masterplan für das Roboter-Zeitalter in Deutschland zu erarbeiten, bestellte Angela Merkel für den 29. Mai mehre-re Minister und KI-Experten ins Kanzleramt. Dort wird die pro-movierte Physikerin von ihren Gesprächspartnern wohl wissen wollen, was KI leisten kann und wie sie die Gesellschaft verändert. Das Treffen dient zur Vorberei-tung eines Aktionsplans KI, den Union und SPD im Koalitionsver-trag vereinbart haben. Bis zum Herbst soll das Konzept stehen.

KI erkennt KrebszellenWas die Technologie heute schon fertigbringt, formuliert Jürgen Schmidhuber so: „Im Moment können sich selbstlernende künst-liche neuronale Netzwerke nur spezielle Aufgaben aneignen, wie zum Beispiel Spracherkennung oder Krebsdiagnostik.“ Dabei sind sie schon sehr weit fortgeschrit-ten. Ein neuronales Netzwerk von Schmidhuber lernte bereits 2012, auf Mikroskopbildern von Brustgewebe Vorstufen von Krebs-zellen fast so gut zu erkennen wie erfahrene Histologen. Der Wissenschaftler ist überzeugt: „Schon bald werden alle künstli-chen medizinischen Diagnostiker übermenschlich gut sein.“

Dass diese Forschungserfolge Angst vor Massenarbeitslosig-keit schüren, hält Schmidhuber für Panikmache: „Es ist nicht verkehrt, wenn wir uns Tätig-keiten abnehmen lassen, die ein künstliches neuronales Netzwerk besser erledigen kann.“ Viele Be- rufe würden dadurch nicht weg-fallen, sondern sich lediglich ver-ändern.

schneller, effizienter, billiger und fehlerärmer macht.

Schon heute erstellen Compu-tersysteme bessere medizinische Diagnosen als Ärzte, managen Aktienfonds ertragreicher und steuern Waffensysteme zielge-nauer. Sie können malen, dol-metschen, schreiben und kom-ponieren.

Auf der Entwicklerkonferenz I/O stellte Google sein neues Sys-tem „Duplex“ vor. Einen digita-len Assistenten, der eigenständig mit einem Menschen am Telefon spricht und einen Tisch im Res-taurant reserviert. Der Kellner merkt dabei nicht einmal, dass er mit einer Stimme aus der Kon-serve spricht. Wozu braucht es da noch Mitarbeiter im Callcenter?

Eine McKinsey-Studie aus den USA geht davon aus, dass bis 2030 bis zu 800 Millionen Men-schen ihren Job an intelligente Maschinen verlieren könnten.

Hoppala . . . Angela Merkel traf beim Girls Day im Kanzleramt den Roboter Nao. Der begrüßte die CDU-Vorsitzende mit blecherner Stimme: „Guten Tag, Frau Bundeskanzlerin.“ Dann fiel er um

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Zustimmung zu folgenden Aussagen zum Einsatz von KI 2017, in ProzentKI kann helfen, Staus zu reduzieren 83Maschinen können belastende Tätigkeiten übernehmen 81

Verwaltungstätigkeiten können beschleunigt werden 68

höhere Innovationskraft in der Forschung 67

höhere Zufriedenheit im Kundenservice 64

bessere Diagnosen im Gesundheitswesen 57

bessere Verbrechens-aufklärung durch die Polizei 54

völlig neue Dinge in Kunst und Kultur 21

Durch KI entstandeneneue Tätigkeiten nach Arbeitsebenen in Prozent

Abteilungsleiter41

Direktoren19

Koordinatoren18

einfache Mitarbeiter15

oberste Führungsebene7

Automatisierungs-potenzial durch KI in Deutschland in ProzentGastgewerbe undGastronomie 72

Transport und Lagerung 64Landwirtschaft

Einzelhandel

Produktion

Information

Großhandel

andereDienstleistungen

60

56

55

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51

48

Kunst, Unterhaltung undFreizeitbeschäftigung 48

Immobilien 47Verwaltung 46

Finanzen undVersicherungen 44

Bau 46

Zukäufe von KI-Start-ups2012–2017, insgesamt

Google

HamburgBerlin

KI-Hochburgen in Deutschland

Saarbrücken DFKI (Deutsches Forschungs- zentrum für KI)

Kaiserslautern Empolis Information Management GmbH (hervorgegangen aus dem DFKI)

Renningen 4 Forschungsgruppen für das Center for Artificial Intelligence von Bosch (BCAI)

München IBM Watson IoT Center

Frankfurt Aarago GmbH - führender Pionier

St. Augustin IAIS – Fraunhofer Institut für Intelligente Analyse und Informationssysteme

12Apple 8Microsoft, Intel, Facebook* 5Twitter, Salesforce* 4Amazon, AOL, Baidu, Melt-water, IBM, Yahoo* 3Nokia, Uber, Sophos, Nice, Ebay, Oracle, Ford, GE, Spotify* 2*jeweils

Umsatz mit KI, weltweit inMrd. Dollar

1,4

2016*Prognose

2025

59,7*

KI IN DEUTSCHLAND

KUNDENDIENST

VERKAUF UNDMARKETING

BUSINESSINTELLIGENCE

VERSICHERUNGEN

RECHT

SematellFredknows.it

Synergist.io

TwylaAaronParlaminde-bot7

GESUNDHEIT

Meratix

TEXTAUTOMATISIERUNGAX Semantics

Ada HealthHeuro LabsXbirdMedXKaia Health

So1The SaaS Co.

Goedle.ioPiviiInbot

AdtelligenceQymatix SolutionsEyeQuant

SearchInkPEAT

WizartTiresio

Picalike

TerraloupeLeverton

Cogia IntelligenceWunder.ai

Opinary

Inspirient

Twenty Billion NeuronsEyEmNyris

XamlaKewazo

Proboter RoboticsCaspian Robotics

12K Research

MotionsCloud

FedgerMapegy

CollectAlRisk IdentSentifiFraugster

FINANZ-TECHNOLOGIE

BILDERKENNUNG

LateralWeps

Deckard AIExplosion AI

SpacySimSpark

Autumn AI

Arago

N-Join5Analytics

KonuxMicropsi Industries

Sota Solutions

RasaAcellereHeili

SOFTWARE-ENTWICKLUNG

PROZESS-AUTOMATISIERUNGEvertracker

LIEFER-KETTE

ROBOTIK

Job PalJobBot.me

12grapesMoBerries

PERSONAL-WESEN

AWABlockpeekNeokami

SICHERHEIT

FeelytVersus

SUCHE

Hello GuideYoboVoya

REISE UNDKULTUR

CargonexxLOGISTIK

DATENANALYSE

PraiseNACHRICHTEN German Autolabs

SPRACHERKENNUNG

DeepLÜBERSETZUNG

zahlreiche Start-ups, die sich der KI verschrieben haben

Faktenreport: künstliche IntelligenzDeutschland arbeitet und forscht an KI – wo sind die Forschungszentren und wo tu+mmeln

sich die Start-ups? In welchen Bereichen profitieren wir von KI? Eine Übersicht

Deutschland spitze Das DFKI in Saarbrücken zählt zu den weltweit größ-ten und wichtigsten KI- Forschungseinrichtungen

Investitionen in die Zukunft Kapitalanlagen in Tech-Unter-nehmen boomen. Google ist Spitzenreiter: In acht Jahren investierte das Unternehmen mehr als 580 Mio. US-Dollar

KI-Unternehmen erobern das Land In fast jedem Lebensbereich umgeben uns ihre Algorithmen: Bei der Autotechnik, im Gesundheits- oder Personalwesen

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FOCUS 20/2018

Künstliche Intelligenzmit KI oder auch englisch AI (Artificial Intelligence) abgekürzt, bezeichnet ein Teilgebiet der Informatik, das sich darum bemüht, Compu-tersysteme nach dem Vorbild menschlicher Intelligenz zu schaffen. Es umfasst z. B. folgende Teilbereiche:

Maschinelles Lernensteht für Techniken, die es einem Computer möglich machen, selbst Wissen und Zusammenhänge aus gemachten Erfahrungen zu erarbeiten. Das System bringt sich selbst etwas bei und wird klüger, je mehr Daten es verarbeitet. Empfehlungen von Netflix oder Amazon beruhen auf einem solchen Algorithmus.

Neuronale Netzesind dem Gehirn nachemp-fundene Systeme, die aus künstlichen Neuronen be-stehen, welche miteinander verbunden und in mehreren Schichten angeordnet sind. Diese Verbindungen werden während der Lernphase, d. h. wenn das System Daten verarbeitet, stärker oder schwächer. Ähnlich einem Kind, das Sprechen lernt.

Deep Learningberuht auf den Prinzipien des maschinellen Lernens, erlangt aber ein tieferes Ver-ständnis, weil diese Methode mit neuronalen Netzen

arbeitet. Informationen wer-den durch mehrere Schichten immer weiter gefiltert und mit Erfahrungen abgegli-chen, um zu besseren Ergeb-nissen zu kommen. In den letzten Jahren wurde auf die-sem zentralen Gebiet der KI ein echter Quantensprung erreicht: durch die umfang-reicheren Datensätze, die zur Verfügung stehen, und die gestiegene Rechenleistung. Deep Learning machte es dem Programm AlphaGo Zero z. B. möglich, sich selbst das Brettspiel Go beizubringen.

Natural Language Processingoder auch natürliche Sprach-erkennung. Ein Forschungs-gebiet, das erst durch die Fortschritte im maschinellen Lernen vorankam. Es geht darum, Computern bei-zubringen, gesprochene Sprache zu verarbeiten, zu verstehen und zu übersetzen. Wie man es von Alexa oder Siri kennt.

Algorithmusbezeichnet eine Abfolge von Handlungsanweisungen. Wenn X eintritt, mache Y. Je komplexer solche Algo-rithmen und je genauer die verarbeiteten Daten sind, desto besser verstehen die Programme, was zu tun ist. Sie bestimmen z. B., was in unserem Facebook-Feed oder in unseren Google-Ergebnissen zu sehen ist.

schon daran, dass Arbeitnehmer-errungenschaften wie unbefris-tete Arbeitsverträge, Kündigungs-schutz, Urlaubsgeld und stabile Löhne bald der Vergangenheit angehören.

Stattdessen müssten wir uns auf „individuell zugeschnittene Werks- und Zeitarbeitsverträge, Solo-Selbstständigkeit und multi -

ple Jobs“ einrichten, glaubt der Wirt- schaftswissenschaft- ler Werner Eich- horst. Kurz: Die Fest - anstellung weicht immer mehr der selbstständigen Pro-jektarbeit mit stän-dig wechselnden Auftraggebern.

Die Frage der EthikMassenarbeitslosig - keit ist allerdings

nicht das einzige Schreckenssze-nario für eine Gesellschaft, in der lernende Maschinen mit Milliar-den Daten jonglieren. Wahlster kennt Fälle von kriminellen Ban-den, die diese Systeme benutzen. „Ihre Software analysiert Urlaubs-fotos und Statusmeldungen in sozialen Netzwerken und leitet aus den Daten ab, wann und wie lange Menschen im Fernurlaub sind“, erklärt er. „Die Erkennt-nisse werden dann an Einbrecher verkauft.“ Der Informatikprofessor empfiehlt deshalb die technische Aufrüstung des Staatsapparates. „Die Regierungsinstitutionen, die Polizei und alle Verwaltungen müssen viel stärker aufgerüstet werden, um Kriminalität im digi-talen Zeitalter mit der Hilfe von KI bekämpfen zu können.“

Dennoch stellt der Einsatz künst-licher Intelligenz den Gesetzgeber vor neue Herausforderungen: Wer haftet etwa für Schäden? Zum Bei-spiel dann, wenn, wie kürzlich in den USA, ein selbstfahrendes Auto eine Fußgängerin tödlich verletzt. „Eines muss klar sein: Künstliche Intelligenz kann keine Verantwor-tung übernehmen“, sagt Jimmy Schulz (FDP), Vorsitzender des Ausschusses Digitale Agenda im Bundestag. Im Zweifel müsse

Auch Wolfgang Wahlster, der Leiter des Deutschen Forschungs-zentrums für Künstliche Intelli-genz in Saarbrücken (DFKI) – eine der größten Einrichtungen dieser Art weltweit –, sieht eher die Chancen. „Wir werden nicht weniger Beschäftigte in Deutsch-land haben, weil nach Fernost verlagerte Produktionsstätten durch KI und Indus- trie 4.0 wieder zurück nach Deutschland kommen“, sagt der Experte. „Unser An - satz ist es, KI als Unterstützung der Mitarbeiter und nicht als deren Ersatz in die Fa briken der nächsten Genera-tion zu bringen.“ So würden auch heute schon etwa bei VW und Airbus Roboter und Mechaniker Hand in Hand arbeiten.

Manuela Lenzen, Autorin des Buches „Künstliche Intelligenz – Was sie kann & was uns erwar-tet“, blickt hingegen der massiven Umwälzung des Arbeitsmarktes und damit auch unserer gesam-ten Gesellschaft besorgter entge-gen. „Die Angst vor Daten- und Maschinenmonopolen, die einer Heerschar von Menschen mit unsicheren Jobs gegenüberste-hen, ist angesichts der Entwick-lungen nicht unbegründet“, sagt sie. „Die wichtigste und schwers-te Aufgabe ist es, eine von KI durchdrungene Gesellschaft so zu gestalten, dass sie nicht in weni-ge Gewinner und viele Verlierer zerfällt.“ Wie das gelingen kann, darauf hat die Politik noch kei-ne Antwort gefunden. Der Inter-net-Ethiker Luciano Floridi gibt aber eine Richtung vor: „Künstli-che Intelligenz muss so gestaltet werden, dass wir als Mensch im Mittelpunkt stehen.“ Der Mensch dürfe niemals als Mittel oder Res-source behandelt werden, son-dern müsse immer Zweck bleiben.

Dass die Bedürfnisse des ein-zelnen Arbeiters aber angesichts der KI-Revolution in den Hinter-grund rücken könnten, zeigt sich

Künstliche-Intelligenz-Abc

Der Zukunftsmacher Google-Chef Sundar Pichai stellte ein System vor, das selbstständig Telefonate führen kann

Man hört viele unterschiedliche Buzzwords, wenn über KI gesprochen wird. Doch was bedeutet eigentlich was?

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FOCUS 20/2018

lung von künstlicher Intelligenz. Der Datenschatz der US-Konzerne dürfte sich als Wettbewerbsvorteil erweisen.

Auch China erhöht die Schlag-zahl. Bis 2025 will die Volks-republik zum weltweiten KI- Spitzenreiter aufsteigen und scheut dafür keine Kosten: Für 1,8 Milliarden Euro ist in Peking

ein Gewerbepark zur Ansiedlung von datengetriebenen Un ternehmen ge - plant.

Die Politik in Brüssel und Berlin reagiert. Die EU-Kommission strebt an, dass bis 2020 mindestens 20 Mil-liarden Euro in die Digital-Entwicklung investiert werden. Im Aktionsplan der

Bundesregierung sind 30 Millio-nen Euro bereitgestellt.

Der Opposition ist das nicht genug. „Die Bundesregierung versucht, ihre jahrelange Untä-tigkeit durch Aktionismus zu kaschieren“, kritisiert Konstantin von Notz, Fraktionsvize der Grü-nen im Bundestag. Seine Frak-tionskollegin Anna Christmann fügt hinzu, dass sich die Ent-scheidung der Bundesregierung gegen die zentrale Bündelung der Digital-Politik nun räche. „Dabei ist gerade bei der Entwicklung dieser Schlüsseltechnologie gute Koordination gefragt.“

Während die politischen Debat-ten gerade erst beginnen, schrei-tet der Fortschritt der Technologie unaufhörlich voran. Dass Forscher Jürgen Schmidhuber bald ein Pro-gramm entwickelt, das schlauer ist als er selbst, ist jedoch höchst unwahrscheinlich. Keine Maschi-ne könne bisher die Intelligenz des Menschen imitieren, versi-chert er: „Der Mensch kann Hun-derttausende verschiedene Prob-leme lösen, eine einzelne KI noch nicht.“ Noch nicht. n

ALEKSANDRA JANEVSKA /

MARCEL WOLLSCHEID /

SEBASTIAN SCHELLSCHMIDT

laut Schulz auch bei selbstfahren-den Autos der Mensch die letzte Entscheidungsinstanz bleiben.

Für den Liberalen steht fest, dass das Thema bislang zu nega-tiv betrachtet wird. „Ich finde es bedenklich, dass in Deutschland zuallererst über die Risiken und kaum über die Chancen neuer Technologien gesprochen wird.“

Dabei zeichnet sich längst ab, dass die Digital-Technik die Märkte von mor-gen befeuern wird. Laut Studien könn-te der Einsatz von Robotern und ler-nenden Maschinen allein Deutschland bis 2030 ein zusätz-liches Wirtschafts-wachstum von vier Prozent bringen. „Wir wissen, dass der Umgang mit KI entschei-dend für unsere künftige Wett-bewerbsfähigkeit ist“, betont Tankred Schipanski, Sprecher der Arbeitsgruppe Digitale Agenda der Unionsfraktion im Bundestag. Der CDU-Mann mahnt jedoch: „Wenn wir international bei der Forschung führend sein wollen, wie es unser Anspruch ist, dann müssen wir noch einen Gang höher schalten.“

Eigentlich ist Deutschland für den internationalen Wettlauf gut aufgestellt. Das DFKI ist weltweit anerkannt. Die starke Industrie bietet das perfekte Einsatzfeld für lernende Maschinen. Mit einem Testfeld für autonomes Fahren auf der A 9 zwischen München und Nürnberg hat die Vorgänger-Gro-Ko bereits Rahmenbedingungen für die KI-Entwicklung im Auto-mobilsektor geschaffen. In Karls-ruhe startete kürzlich ein Pilotpro-jekt im Stadtverkehr.

USA und China machen DruckDoch wie so oft im Digital-Busi-ness heißen die Konkurrenten für deutsche Mitbewerber Amazon, Apple oder Google. Die US-ame-rikanischen Tech-Riesen inves-tierten 2016 27 Milliarden Dollar für die Erforschung und Entwick-

Merkels Tech-Berater Wolfgang Wahlster leitet in Saarbrücken eines der wichtigsten KI-For-schungszentren der Welt

Wichtige KI-SpezialistenWissenschaftler, Visionäre und Unternehmer, die

die Zukunft der Menschheit neu denken

Jürgen Schmidhuber, 55Pionier auf dem Gebiet der neuronalen Netze.

Sein Ziel: künstliche Intelli-genz, die alle menschlichen

Fähigkeiten hat

Sepp Hochreiter, 51Entwickelte das Long Short-

Term Memory und weitere Meilensteine auf dem Gebiet

des maschinellen Lernens. Experte für Bioinformatik

Fabian Westerheide, 31Investiert mit seiner Firma

Asgard in KI-Start-ups, richtet die Konferenz „Rise of

AI“ aus. Er arbeitet für eine europäische KI-Strategie

Sebastian Thrun, 50Entwickelte das Google

Self-driving Car, arbeitete an Google Street View und

bringt die Forschung auf dem Gebiet der Robotik voran

Ralf Herbrich, 44Bringt Amazons Alexa Hören

und Sprechen bei. Der Experte für maschinelles Lernen arbeitete auch für Microsoft und Facebook

Andrew Ng, 42Führte das Künstliche-Intelli-

genz-Team bei Baidu und baute das Projekt Google Brain auf. Sein Werk zu Deep Learning

veröffentlichte er gratis

Ray Kurzweil, 70Vordenker auf dem Gebiet,

stellte früh die Theorie einer künstlichen Superintelligenz auf. Arbeitet für Google an in-telligenter Spracherkennung

Pedro Domingos, 52Sein Buch „The Master Algo-

rithm“ über die Auswirkungen der KI steht sogar in Xi Jinpings

Schrank. Er forscht zum Thema maschinelles Lernen

Fei-Fei Li, 42Leitet das KI-Labor der Stanford-

Universität und setzt sich für Frauen auf diesem Forschungs-gebiet ein. Sie leistete Beiträge

in der visuellen Erkennung

Yann LeCun, 57Entwickelte die Convolutional

Neural Networks: neuronale Netze, die es Computern

ermöglichen, Bilder zu erkennen und zu verstehen

Deutschland Weltweit

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