Selbstgesteuertes Lernen in Gruppen. Konzepte und Kriterien
Prof. Dr. Alfred HolzbrecherPH Freiburg 11.01.2010
Gliederung
1. Wegmarken im Begriffsdschungel2. Was motiviert zu Lernhandlungen?3. Motive für ein Engagement in
selbstorganisierten Gruppen4. Hypothesen zum Zusammenhang
zwischen Innen- und Außenaktivitäten von selbstorganisierten Gruppen
Wegmarken im Begriffsdschungel
• Selbstständiges Lernen• Selbstbestimmtes Lernen • Selbstreguliertes Lernen• Selbstgesteuertes Lernen• Selbstwirksames Lernen
(nach Bastian / Merziger 2007)
Wegmarken im Begriffsdschungel
• Selbstständiges Lernen– seit Anfang der 1980-er Jahre „einheimischer
Begriff“ der EW– zielt über eine Beteiligung auf
Verantwortungsübernahme durch die Lernenden
• Selbstreguliertes Lernen• Selbstbestimmtes Lernen • Selbstgesteuertes Lernen• Selbstwirksames Lernen
Wegmarken im Begriffsdschungel
• Selbstständiges Lernen– Klass. Bildungstheorie: Bildung als Befähigung zu
vernünftiger Selbstbestimmung– Qualifikationstheorien: Erlerntes muss immer wieder
selbstständig aktualisiert werden – Kognitiv-lerntheoretische Konzepte: bedeutsames
Lernen ist immer aktiv konstruktiv• Selbstreguliertes Lernen• Selbstbestimmtes Lernen • Selbstgesteuertes Lernen• Selbstwirksames Lernen
Wegmarken im Begriffsdschungel
• Selbstständiges Lernen
• Selbstbestimmtes Lernen– Gegensatz zum Fremdbestimmtes Lernen bei
dem die instruktive Perspektive des Lehr-Lern-Prozesses vorherrscht
– betont den konstruktiven Teil des Lehr-Lern-Prozesses Autonomie des Lernenden
• Selbstreguliertes Lernen • Selbstgesteuertes Lernen• Selbstwirksames Lernen
Wegmarken im Begriffsdschungel
• Selbstständiges Lernen • Selbstbestimmtes Lernen
• Selbstreguliertes Lernen– (facettenreiches) Konzept der Päd.
Psychologie– Gemeinsamkeiten (i.A.a. Pintrich (2000):
• Selbstgesteuertes Lernen• Selbstwirksames Lernen
Wegmarken im Begriffsdschungel• Selbstständiges Lernen • Selbstbestimmtes Lernen
• Selbstreguliertes Lernen1. Lernende gestalten ihre Lernprozesse i. W. aktiv und
konstruktiv2. .. überwachen ihre eigenen Lernprozesse3. .. richten ihr Lernen an einem Sollzustand aus4. .. vermitteln zwischen persönlichem Lernverhalten
und Lernerfolg5. Ebenen:
• Selbstgesteuertes Lernen• Selbstwirksames Lernen
Wegmarken im Begriffsdschungel• Selbstständiges Lernen • Selbstbestimmtes Lernen
• Selbstreguliertes LernenEbenen:
• Regulation des Lernmodus: Wahl kognitiver Strategien (z.B. Organisations-, Entschlüsselungs-, Wiederholungs-, Memorierstrategien)
• Regulation des Lernprozesses: Gebrauch metakognitivenWissens (Strategien der Planung, Überwachung, Steuerung, Evaluation)
• Regulation des Selbst: Entscheidung für eigene Ziele und Ressourcen-Entwicklung: impliziert nicht nur Wissen und Handeln, sondern auch das Erlernen einer Lernhaltung
• Selbstgesteuertes Lernen• Selbstwirksames Lernen
Wegmarken im Begriffsdschungel• Selbstständiges Lernen • Selbstbestimmtes Lernen
• Selbstreguliertes LernenGelingensbedingungen (schul. Bereich):– Erfahrung der Lehrperson als Unterstützer/in („Verantwortung
des Lehrenden für die Selbstverantwortung der Lernenden“, Interesse am Lernen der Schüler-Subjekte, Wertschätzung, Unterstützung)
– Thematisierung bisheriger lernbiografischer Erfahrungen / Lernvorstellungen und Lernwünsche
– Metakognition: Bedeutung der Vorstellungen vom Lernen in einem Fach
• Selbstgesteuertes Lernen• Selbstwirksames Lernen
Wegmarken im Begriffsdschungel• Selbstständiges Lernen• Selbstbestimmtes Lernen • Selbstreguliertes Lernen
• Selbstgesteuertes Lernen– .. ist Voraussetzung, Methode und Ziel zugleich– Kunst der Balance zwischen Konstruktion und Instruktion
(v.a. beim schulischen Lernen, das nie völlig selbstgesteuert ist)– setzt voraus
• Motivation und Willen der Lernenden • Fähigkeiten, Kompetenzen und Wissen• Freiräume in der Lernumwelt• Reflexion und Selbstregulation
• Selbstwirksames Lernen
Wegmarken im Begriffsdschungel• Selbstständiges Lernen• Selbstbestimmtes Lernen • Selbstreguliertes Lernen• Selbstgesteuertes Lernen
• Selbstwirksames Lernen– „subjektive Einschätzung der eigenen Fähigkeiten
und Ressourcen in Bezug auf eine bestimmte Aufgabe / Problemstellung“
– zielt auf den Aufbau von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen
– über Erfahrungen von Kompetenz bzw. Selbstwirksamkeit
Wegmarken im Begriffsdschungel• Selbstständiges Lernen• Selbstbestimmtes Lernen • Selbstreguliertes Lernen• Selbstgesteuertes Lernen
• Selbstwirksames Lernen– Entwicklung einer (Lern-)Haltung, die
auf der Basis eines Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten bzw. deren Einschätzung
– Kontrollempfinden, Leistungsmotivation und Zielorientierung verstärkt,
– über Schwierigkeiten hinweg trägt / (Versagens-) Ängste mindert
– zu ausdauerndem Lernen führt
2. Was motiviert zu Lernhandlungen?
• Anwendungswert des Lerngegenstandsbessere / mehr „Werkzeuge“, um die
(Lebens-) Welt verstehen können; mehr Möglichkeiten, um kompetent handeln zu können
2. Was motiviert zu Lernhandlungen?
• Emotionale Qualität des LerngegenstandsLerngeschichte / bisherige Lernerfahrungen
2. Was motiviert zu Lernhandlungen?
• Selbstwirksamkeitserfahrungen– Wirkungen: aus der Erfahrung bzw.
Überzeugung heraus, dass die Widerstände gemeistert werden können, werden• auftretende Schwierigkeiten besser gemeistert • Ausdauer entwickelt • bessere Leistungen erbracht
2. Was motiviert zu Lernhandlungen?
• Wunsch nach Anerkennung / Feedback – Wertschätzung für das, was man ist (Person)
und tut (Handlungen)– Rückmeldung über Stärken
und Schwächen bzw. Fehlerprofil
2. Was motiviert zu Lernhandlungen?
• Lernen von und mit Gleichaltrigen / Kollegen / KommilitonInnen– sein wollen wie andere: Wunsch zu können,
was andere schon können – besser sein wollen als andere: mehr zu
können / wissen als andere– Lernen in kommunikativen Beziehungen
2. Was motiviert zu Lernhandlungen?
• Identifikation mit der Lehrperson– Wirkungen von Authentizität, Echtheit,
Überzeugungskraft – geschlechtsspezifische Identifikation
(vgl. Adoleszenz) ... übertragen sich auf den Lernstoff
– Lehrende als • „Fremdenführer in ungewohnten
Sinnwelten“• „Anstifter zur Vorfreude“
(Th. Ziehe)
2. Was motiviert zu Lernhandlungen?
• Arbeit an (altersspezifischen) Entwicklungsaufgaben – „Entwicklungsziele, die die Lernenden auf
Grund ihrer aktuellen Kompetenzen und ihrem Identitätsentwicklungsstand entsprechend mit Bezug auf gesellschaftliche Bedingungen bestimmen und bearbeiten.“(Schenk 2005: 275)
2. Was motiviert zu Lernhandlungen?
• Arbeit an (altersspezifischen) Entwicklungsaufgaben - Arbeit an „äußeren“ Widerständen(Aufgaben, Herausforderungen, gesellschaftlichen Erwartungen an den Lehrberuf: Kompetenzen...)– Arbeit an „inneren“ Widerständen(Erwartungen, Ängste, Wünsche...)
3. Motive für ein Engagement in selbstorganisierten Gruppen
• Aneignung von Sachkompetenz– Sachwissen, Aktionswissen, um kompetenter die
Welt (..) verstehen und handeln zu können• Gestaltungswunsch
– „etwas tun“– Einwirken auf Lebenswelt– Missstände beseitigen...– sich als selbstwirksames Subjekt erfahren
• Soziale Kontakte, emotionales Erleben in der Gruppe– Anerkennung, Akzeptanz, sich wohl fühlen– Gemeinsam neue Fähigkeiten entdecken...
Binnenaktivitäten und Außenwirksamkeit einer Gruppe
Ebene Motivationsebeneder Sachanalyse
Ebene der Ebene der realisierbarenBeziehungskultur Handlungsziele und –mittel
Öffentlichkeitswirksamkeit / Außenkontakte
4. Hypothese• Qualität und Wirksamkeit der Außenaktivitäten
von soG hängen wesentlich von deren Kompetenz ab, im Binnenraum der Gruppe– zu einer Selbstverständigung über die Motive der
Mitarbeit zu kommen– die Sachziele zu klären: wünschenswerte vs. (?)
realisierbare Handlungsziele– soziale / emotionale Grundlagen der Gruppenarbeit
wertzuschätzen... diese Ebenen als dynamische Spannungsfelder auszubalancieren bzw. zugestalten
Spannungsfelder
• Vernachlässigung der Sachebene– Dilettantismus, Nicht-ernst-genommen
werden in der Öffentlichkeit ..., – Nicht-Wertschätzung sachbezogener
Handlungsmotive der Tln.
• Überbetonung der Sachebene – Betriebsamkeit, Aktivismus ... / Ausblendung
v.a. der Beziehungsebene
Spannungsfelder
• Vernachlässigung der sozialen und emotionalen Motive / Beziehungskultur– Frustration bei (einem Teil der) Tln. (vgl.
Vielschichtigkeit der intrapersonalen Motive): hohe personelle Fluktuation
• Überbetonung– zu viel Wohlfühlatmosphäre beeinträchtigt die
Sacharbeit
Spannungsfelder
• Vernachlässigung einer Verständigung über realisierbare Handlungsziele und -mittel– nicht realitätsgerechte bzw. zu hoch gesteckte
Ziele: Realitätsverlust, Frustration– zu wenig ambitionierte Ziele: Frustration,
Langeweile, ziel- und theorielose Handwerkelei
– Disproportion zwischen Zielen und Mitteln
Literatur• Johannes Bastian / Petra Merziger (2007): Selbstreguliert lernen. Konzept –
Befunde – Erfahrungen, in: PÄDAGOGIK 59 (2007) H.7-8, S. 6-11• Wolfgang Edelstein (Hg.) (1995): Entwicklungskrisen kompetent meistern.
Der Beitrag der Selbstwirksamkeitstheorie von Albert Bandura zum pädagogischen Handeln, Heidelberg
• Alfred Holzbrecher (1978): Dritte Welt-Öffentlichkeitsarbeit als Lernprozeß. Zur politischen und pädagogischen Praxis von Aktionsgruppen, Frankfurt
• Alfred Holzbrecher (1997): Lernen für eine Zivilgesellschaft. Umrisse eines Handlungsmodells, in: K.F. Schade (Hg.), Wie global sollte entwicklungspolitische Bildung sein? epd-Entwicklungspolitik Materialien IV (Juli) 1997, S.33-43
• Alfred Holzbrecher (2003): Globalisierung, Krisenwahrnehmung undLernchancen, in: M. Höffer-Mehlmer (Hg.), Bildung: Wege zum Subjekt, Baltmannsweiler, S.167-171
• Hanna Kiper / Wolfgang Mischke (2008): Selbstreguliertes Lernen –Kooperation – Soziale Kompetenz. Fächerübergreifendes Lernen in der schule, Stuttgart
• Barbara Schenk (2005): Bausteine einer Bildungsgangtheorie, Wiesbaden