festschrift 50 jahre 3. kompanie wachbtl bmvg

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Zu dem 50. Geburtstag der 3. Kompanie des Wachbataillons BMVg im Jahr 2011 haben wir eine Festschrift erstellt.

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Page 1: Festschrift 50 Jahre 3. Kompanie WachBtl BMVg
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Protokollbesichtigung

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Wir feiern!Werte Kameraden, Ehemalige, Freunde und Bekannte, liebe Leser.

Fünfzig Jahre: ein stolzes Alter! Ein Jubiläum, das es angemessen zu begehen gilt – sowohl in Form einer würdigen Veranstaltung, als auch mit dieser hier endlich vorliegenden Festschrift. Wieso endlich?

Es war ein langer, teilweise auch ein äußerst mühsamer Prozess, bevor das endgültige Produkt vorlag. Ein Prozess, der uns manchmal fast in den Wahnsinn getrieben hätte. Aber...

Zum Einen wollten wir uns das Recht nicht nehmen lassen, diesen besonderen Geburtstag zu feiern. Und zwar so, wie es sich gehört. Mit möglichst vielen Gästen, vor allem den ehemaligen Angehörigen der Kom-panie.

Zum Anderen sind wir es allen Angehörigen der Kompanie schuldig, egal ob ehemalig oder gegenwärtig. Schließlich hat hier jeder – egal wie lange, wann oder in welcher Funktion er zur Dritten gehört hat – seinen Beitrag zu der fünfzigjährigen Geschichte dieser glorreichen Kompanie beigetragen. Und dabei darf auch die moralische Unterstützung durch unsere Familien nicht vergessen werden. Danke!

Diese jahrzehntelange Geschichte haben wir im Rahmen der Vorbereitungen für die Feierlichkeiten und bei der Erstellung dieser Festschrift ergründet. Das hat uns geholfen, ein engeres und tieferes Verständnis für die eigene Tradition zu entwickeln. So galt es zunächst zu begreifen, welche Kompanie überhaupt dieses Ju-biläum begeht. Unzählige Gesprächsrunden, „Verhandlungen“ über mögliche Unterstützungsleistungen, das „Besorgen“ einzelner Gegenstände wie beispielsweise einer Mauer, die sich vor dem alten Kompanieblock der Dritten in Lohmar-Heide befunden hatte, und in mühevollster Kleinstarbeit vor dem heutigen Block in Siegburg wieder aufgebaut wurde – aber auch die Sorge um die Finanzierungsmöglichkeiten, also das liebe Geld, standen an der Tagesordnung. Auch kann das Treffen mit Alfred Kreuser, der im Jahre 1965 als Feldwe-bel die Truppenfahne Nr. 1 vom zweiten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Heinrich Lüb-ke, entgegennahm (siehe das Foto auf der vorherigen Seite) und damit der erste Fahnenträger der Bundeswehr war, zweifelsfrei als ein herausragender Moment bezeichnet werden.

Nichts wurde dem Zufall überlassen; alles, was angefasst wurde, geschah als Dank und Anerkennung – vor allem aber als tiefe Verbeugung vor den über die Jahrzehnte durch die 3. Kompanie erbrachten Leistungen, die stets durch das Streben nach Perfektion und das Erfüllen höchster Ansprüche bestimmt waren. Gerade die ehrlich gelebte Kameradschaft, die es in Verbindung mit einer enormen Leistungsbereitschaft jederzeit ermög-licht hat, das geforderte Ziel trotz aller Widerstände nicht nur zu erreichen, sondern stets zu übertreffen, war immer das Markenzeichen der Kompanie und ist es auch bis heute geblieben. Dass dabei auch der Humor nie zu kurz kam, ist selbstredend. Und diese Einstellung soll sich nicht ändern, nie enden, sondern auch künftig fortgeführt werden – denn das ist die Tradition, die verpflichtet. Semper Talis!

Ihr Radoslaw LejczakHauptmannKompaniechef 3. Kompanie Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung

Vorwort

Page 6: Festschrift 50 Jahre 3. Kompanie WachBtl BMVg

24 Stunden ProtokollbesichtigungSeite 02/03, 16/17, 30/31, 44/45, 58/59

Vorwort Kompaniechef

GrußworteKommandeur Wachbataillon (S. 08)Bürgermeister Siegburg (S. 09)

Gardisten erzählen (Teil Alpha)

Dritte? Vierte? Was denn nun… (S. 10)Von Siegburg nach Lohmar-Heide (S. 12)Der erste Fahnenträger der Bundeswehr (S. 13)„No Entry for Officers“? (S. 14)Gib mir meine Legionen wieder! (S. 15)Pascal Lesch: Mein Protokolltagebuch (S. 18)Meine ersten Monate als Gardist (S. 24)Galopprennbahn und Gardisten-Tempel (S. 25)Als Wehrpflichtige(r) beim Wachbataillon (S. 26)

Einsatzgebiete Deutschland (S. 28)Einsatzgebiete Weltweit (S. 42)

50 Jahre 3./: Junge, hier ist alles anders! (S. 32)Traditionspflege: Das Infanterie-Regiment 48 (S. 35)Luftwaffeneinsätze: „Als Grüner in Blau...“ (S. 36)Einsatz: „Draußen ist halt wirklich draußen“ (S. 38)Wintex: „Die Hölle heiß gemacht...“ (S. 46)Hansi, der Gaul: Zweite Schule des Lebens (S. 50)„Moritz II“ oder Tod eines Maskottchens (S. 52)

Gardisten erzählen (Teil Bravo)

Chronik der 3. Kompanie

Das StammpersonalSeite 11, 27, 37, 49, 51 und 53

Inhaltsverzeichnis

Die 3. Kompanie in der Welt

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8

10

28

32

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Grußwort Kommandeur Wachbataillon: Seite 8

Ein Tag Protokollbesichtigung - fünf Folgen im Foto-raffer von Stephan Wehling: Beginn Seite 2

Die Chronik der 3./- von 1961 bis 2011: Seite 54

Die Wintex-Übungen am Bunker Marienthal: Seite 46

Page 7: Festschrift 50 Jahre 3. Kompanie WachBtl BMVg

Impressum

Herausgeber3./Wachbataillon BMVgLuisenstraße 109 - 53721 Siegburgwww.wachbataillon.bundeswehr.org

RedaktionKlaus PokatzkyOberfeldwebel Babak Zand

Layout & GrafikObergefreiter Fabian BrieseStabsunteroffizier Stephan Wehling

Besonderer Dank...Besonderer Dank gilt den Angehörigen des Redak-tionskomitees dieser Festschrift und jenen Soldaten der 3. Kompanie, die über ihre Erfahrungen im Auslandseinsatz berichtet haben sowie OLt Michel Fritzsche für die Chronik und Gefr Pascal Lesch für sein Protokolltagebuch – das beeindruckend zeigt, mit welchen Mühen aus einem jungen Menschen ein echter Gardist werden kann.

Außerdem danken wir der Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr, dem Presse- und Informationszentrum der Streitkräftebasis – und vor allem den ehemaligen Angehörigen der 3./ für ihre tatkräftige Unterstützung in Wort und Schrift: Günter Christiansen, Dietmar Eckhart, Günther Harmsen, Josef Mahr, Stephan Schäfer, Hans A. Vogel, Peter Wallraf.

Die Freigabe der abgedruckten Artikel- „Wachbataillon robbte durch EIfelwald“, erschie-nen in der Rheinischen Post, Rhein und Ruhr Nr. 62 am Samstag, 14. März 1981, Autor: Heinz Schwe-den- „Letting his Guards down“ erschienen in „The Stars and Stripes“, Vol. 38, No. 181, Tuesday, Octo-ber 16, 1979 (1F21855 A)liegt der Redaktion in schriftlicher Form vor.Wir bedanken uns für die Unterstützung der be-treffenden Verlage.

DruckBAWV ZA 9 - Zentraldruckerei Köln/BonnIntranet: http://zentraldruckerei.twv

Soldaten der 3./- im Auslandseinsatz: Seite 38

Das Stammpersonal der 3. Kompanie in sieben Folgen:Beginn Seite 11

Auf dem Weg zum Ehrenposten.Ein Protokolltagebuch: Seite 16

Wenn Gardisten erzählen...50 Jahre im Gespräch: 3./WachBtl BMVg: Seite 32

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„Traditionsträger an Rhein und Sieg“

Soldaten der 3. Kompanie des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung!

Ihre Kompanie begeht am 18. Juni 2011 den 50. Geburtstag und als Ihr Kommandeur gratuliere ich Ihnen dazu sehr herzlich.

Nach der Errichtung des Bataillons im Jahre 1957 wurde der Verband um eine weitere Heereskompanie, die damalige 4. Kompanie, am 1. Juli 1961 verstärkt. Aufgestellt und zunächst untergebracht in Baracken der Brückberg-Kaserne, befand sich die Kompanie in der weiteren zeitlichen Folge sieben Jahre abseits des Ba-taillons in der Ruhe und Beschaulichkeit von Lohmar-Heide.

Am 5. Januar 1962 gab die Kompanie unter Führung von Hauptmann Rottländer ihren protokollarischen Einstand vor dem Palais Schaumburg zum 86. Geburtstag des Bundeskanzlers, Dr. Konrad Adenauer. Es folgten weitere herausragende protokollarische Einsätze, wie zum Beispiel beim Besuch des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy im Jahre 1963 oder die Übergabe der ersten Truppenfahne der Bundeswehr im Jahr 1965 – empfangen aus den Händen von Bundespräsident Heinrich Lübke. Auch nach der Umbenennung der 4. in die 3. Kompanie im Jahre 1973 blieb die Einheit unverändert eine feste Größe im protokollarischen Ehrendienst. Darüber hinaus war und ist die 3. Kompanie ein wichtiger und würdiger Traditionsträger in un-serer Garnisonstadt Siegburg.

Die 3. Kompanie hat sich in den vergangenen 50 Jahren hervorragend bewährt – sei es im protokollari-schen Einsatz oder im infanteristischen Gefechtsdienst. Stets zeigte sie sich aufgeschlossen gegenüber allen Veränderungen und Herausforderungen und stellte sich diesen uneingeschränkt. Der gelebte Wille zum Erfolg war dabei stets maßgeblich und zielführend. Dieser wurde ergänzt durch den eigenen Esprit, ein gesundes Selbstbewusstsein und einen Korpsgeist, der alle Kompanieangehörigen wie ein festes Band in jeder Situation zusammenhielt. All jene, die in dieser Einheit ihre militärische Heimat hatten oder haben, werden dies bestä-tigen können. Mit ihrem Leistungsvermögen war die ,,Dritte“ immer eine Bank und wird es in Zukunft auch bleiben, davon bin ich fest überzeugt.

Die 3. Kompanie als Gastgeber – unter Führung von Herrn Hauptmann Radoslaw Lejczak – hat ihr beson-deres Jubiläum in gewohnter Manier mit Fleiß, Akribie und Liebe zum Detail vorbereitet. Dafür möchte ich an dieser Stelle meine Anerkennung zum Ausdruck bringen.

Ihnen, stolze Soldaten der 3. Kompanie, und ihren Angehörigen wünsche ich für die Zukunft alles erdenk-lich Gute, viel Erfolg, Soldatenglück und Gottes Segen.

In Kameradschaft & Semper talis

Ihr Oberstleutnant Marcus Göttelmann Kommandeur Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung

Grußwort

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„Feiertage mit dem Wachbataillon“Sehr geehrte Angehörige der 3. Kompanie,liebe Soldaten!

„Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme.“ Dieser Satz des großen Humanisten Thomas Morus (1478-1535) ist zeitlos gültig. Morus will uns begeisterungsfähig machen. Er fordert Mut zur Veränderung. Er möchte, dass eine Sache, die in der Vergangenheit gut war, auch eine rosige Zukunft hat.

Fünfzig Jahre gibt es die 3. Kompanie des Wachbataillons in Siegburg. Sie hat Tradition ganz im Sinne des englischen Philosophen. Ein Jubiläum ist der Zeitpunkt, dass wir uns der Qualitäten des Jubilars bewusst wer-den und diese würdigen. Bei der Würdigung dominiert das Wort „einzigartig“. Einzigartig ist im Wachbatail-lon der Werdegang der Rekruten. Einzigartig ist im Wachbataillon die gewissenhafte und professionelle Arbeit der Ausbilder, die aus Rekruten in kürzester Zeit Gardesoldaten werden lassen. Einzigartig ist aber auch der Auftritt der Kompanieangehörigen nach außen, der Kontakt zur Siegburger Bevölkerung, die Teilnahme der jungen Männer am Leben in unserer Kreisstadt. Einzigartig ist dadurch auch das Ansehen, dass die Uniform-träger in Siegburg genießen. Große Zapfenstreiche auf dem Markt waren Feiertage. Man fieberte schon Tage vorher darauf hin – in der Kompanie und in den Wohnzimmern der Siegburger.

Die Bundeswehr hat sich den Spruch von Thomas Morus zu Herzen genommen. Sie verändert sich; sie steuert – statt mit Wehrpflichtigen – mit Freiwilligen in die Zukunft, die für einen gewissen Zeitraum dem Staat und damit ihren Mitmenschen dienen.

Das Wachbataillon ist für den anstehenden Wandel gewappnet. Denn dort gibt es sie wirklich: die Flamme, von der Thomas Morus sprach. Sie ist der Fackelschein beim Feierlichen Gelöbnis, beim Großen Zapfen-streich, beim Staatsbesuch. Und sie erleuchtet die stolzen Soldaten, die der Bundesrepublik ein Gesicht geben – die uns allen ein Gesicht geben.

Freundliche Grüße Ihr

Franz Huhn Bürgermeister

Grußwort

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Dritte? Vierte? Was denn nun…

Wir schreiben das Jahr 2011: Die 3. Kompanie des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung begeht ihren fünfzigsten Geburtstag, das Jubiläum ihres fünfzigjährigen Bestehens. Grund genug zum Feiern!

Zur Geschichte: Gegründet wurde die Dritte im Jahre des Herrn 1960. Stopp! Irgendetwas stimmt hier nicht. 1960? 2011? 50 Jahre? Also noch mal zum Mitlesen… Gegründet wurde die Dritte am 1. Juli 1961. So, jetzt passt es. Wäre doch gelacht, wenn wir auch dies nicht zu unserem Gunsten auslegen, es wieder hinbiegen würden.

Aber mal ernsthaft. Vor diesem Problem standen auch wir, als wir uns zum ersten Mal mit der Erstellung dieser Festschrift befassten und uns in die Geschichte der 3. Kompanie stürzten – denn zunächst galt es, die eigene Identität zu finden und zu ergründen. Und diese soll nun hier verdeutlicht werden.

Wenn man es genau nimmt, wurde die 3. Kompanie im Jahre 1960 gegründet. Doch handelt es sich dabei nicht um unsere Kompanie, die in diesem Jahr 2011 ihr Jubiläum begeht, auch wenn die Zahl

3 vor dem Punkt die gleiche ist. Denn die Tradition der heutigen Dritten

geht auf eine andere Kompanie zurück: auf die der Vierten

nämlich. Daher muss es folgerichtig korrekt heißen: Am 1. Juli 1961 wurde die 4./WachBtl BMVg aufgestellt. Und diesen Namen trug sie auch bis zum Jahr 1973, genauer gesagt bis zum 1. Oktober 1973. An diesem Tag wurde nämlich die damalige, die „alte“ Dritte aufgelöst und die Vierte in 3./WachBtl BMVg umbenannt. Alles klar?

Also mal langsam. Bereits seit August 1959 fanden protokollarische Einsätze unter Beteiligung aller Teilstreitkräfte statt. Die Luftwaffenkompanie, ursprünglich im Fliegerhorst Köln-Wahn beheimatet, wurde – um organisatorische Schwierigkeiten zu verringern – bereits Ende 1959 in die Brückberg-Kaserne nach Siegburg verlegt und später als 5. Kompanie ins Wachbataillon eingegliedert.

Der Marineanteil des Wachbataillons wurde zu dieser Zeit durch die Marineunteroffizierschule Plön gestellt. Als am 28. Juni 1973 die 9. Inspektion der Marineküstendienstschule von Neustadt an der Ostsee nach Siegburg verlegt wurde, beschloss man, diese als 4. Kompanie dem Wachbataillon anzugliedern. Dies hatte zur Folge, dass die bisherige 3. Kompanie aufgelöst und die bis dato als 4. Kompanie bekannte Kompanie in 3./WachBtl BMVg umbenannt wurde.

Doch weshalb hat man nicht einfach die „alte“ Vierte aufgelöst und dafür die „alte“ Dritte im Dienst belassen? „Na, weil wir einfach die bessere Kompanie waren!“, erinnert sich Stabsfeldwebel a.D. Günter Christiansen, der die Umbenennung als Zeitzeuge miterlebt hat, und unter anderem vierzehn Jahre lang Zugführer in der Kompanie gewesen ist. Er schmunzelt dabei.

„Moment mal. Das war aber ein wenig anders!“, fällt Oberst a.D. Stephan Schäfer ein, ehemaliger Kompaniechef der Dritten und später Bataillonskommandeur: „Das weiß ich. Schließlich war ich damals der Personaloffizier des Bataillons.“ Ein lautes Lachen legt sich über die Gesprächsrunde. Einigen wir uns einfach darauf, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt...

Auch wollen wir so ehrlich sein und zugeben, dass wir, die heutigen Angehörigen der dritten Kompanie, gar nicht so richtig an der Wahrheit interessiert sind. Denn heute gefällt auch uns der Gedanke, die Traditionslinie der „besseren“ Kompanie fortzuführen. Auf die nächsten fünfzig Jahre…

SEMPER TALIS!

Hauptmann Radoslaw Lejczak

Oder: Von der Suche nach der eigenen Identität

Von Kanzler Konrad Adenauer zu Kanzlerin Angela Merkel – das Wachbataillon ist immer dabei.

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Von Siegburg nach Lohmar-Heide

Im Februar 1962 bekam die 4. Kompanie ihren neuen Standort in Lohmar-Heide.

Vier Tage benötigen die Soldaten, um das alte Barackenlager in der Brückberg-Kaserne endgültig hinter sich zu lassen und in Heide eine neue, freundliche Unterkunft zu beziehen.

Der Empfang durch die Bevölkerung des Ortes ist sehr herzlich und die Soldaten sind überall gerne gesehen. Die Liegenschaft besteht aus einem Hauptgebäude, einem Bungalow und einem Schwedenhaus als Unterkunft – sowie einer Schirrmeisterei mit Kfz-Waschplatz in einer parkähnlichen Anlage. Im unteren Teil befinden sich Schleppdächer als Abstellplatz für die Dienstkraftfahrzeuge. Zur Formalausbildung marschiert die Kompanie in den Wald. Ein etwa 400 Meter langer asphaltierter Waldweg ist der neue Exerzierplatz der Heider- Gardisten. Bei Vogelgezwitscher und gesunder Waldluft klappt der Griff besonders gut. Neue Bauvorhaben werden im Jahr 1966

geplant und zügig umgesetzt. Als Planer, Leiter und Organisator geht

der Kompaniechef Hauptmann von Prondzynski in die

Geschichte des Wachbataillons ein. Er will für seine Soldaten ein eigenes Schwimmbad – und er bekommt es auch: einmalig in der Bundeswehr. In der Mitte der Parkanlage entsteht in monatelanger, mühevoller Arbeit der Gardisten ein wunderschönes Schwimmbad. Jetzt hat die Kompanie in ihrer Freizeit „Erholung pur“, um die sie von vielen Kameraden aus der Brückberg-Kaserne beneidet werden.

Während der Feierlichkeiten zur Übergabe der Traditionspflege des ehemaligen Infanterieregiments 48 an die 4. Kompanie am 12. September 1966

findet die Einweihung des Schwimmbades statt. In voller Montur macht der Chef den schon legendären Kopfsprung in das neue 20-Meter-Schwimmbecken und trinkt dort ein Glas Sekt auf das Wohl seiner Kompanie und des Traditionsregiments 48. Noblesse oblige – Adel verpflichtet...

Auch seine beiden Kompanieoffiziere, die Oberleutnante Schwabe und Flohr, müssen den Sprung ins Wasser wagen, um mit dem Chef in der Mitte des Bades anzustoßen. Dieses idyllische Domizil in Heide muss am 19. Februar 1969, nach sieben Jahren, mit dem Umzug nach Bergisch Gladbach aufgegeben werden.

Bei Vogelgezwitscher und Waldluft klappt der Griff besonders gut / Von Günter Christiansen

„Ich bin ein Berliner“: US-Präsident John F. Kennedy bei seiner Ankunft in Deutschland – vor seinem Berlin-Besuch am 24. Juni 1963.

Noblesse oblige – Adel verpflichtet: Ein Kompaniechef und zwei seiner Oberleutnante mit Sekt im Bade…

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Der erste Fahnenträger der Bundeswehr

Empfang der ersten Truppenfahne: Oberst a.D. Stefan Schäfer (links) und Feldwebel Alfred Kreuser (rechts)

„Mit zackigem Zugriff der weißbe-handschuhten Fäuste des Feldwebels Alfred Kreuser, 26, der das bunte Seiden-tuch künftig dem Wachbataillon voran-tragen soll, eroberte die Bundeswehr am Donnerstagnachmittag letzter Woche auf der Bonner Hardthöhe wieder ein Stück deutscher Militärtradition zurück“. Mit diesen Worten beschrieb der Spiegel in seiner Ausgabe am 13. Januar 1965 die Übergabe der Truppenfahne Nummer 1 von Bundespräsident Heinrich Lübke an das Wachbataillon beim Bundesminis-terium der Verteidigung auf der Bonner Hardthöhe.

Alfred Kreuser war der erste Soldat,

der als Fahnenträger des Wachbataillons beim Bundesministerium der Vertei-digung die Fahne von Bundespräsi-dent Lübke entgegen nehmen durfte. Der heute 72jährige Sankt Augustiner erinnert sich vage an die Geschehnisse vor 46 Jahren. „Es wurde im Bataillon nachgefragt, wer die Fahne entgegenneh-men wollte, und da hab ich mich direkt gemeldet. Und bin es dann auch gewor-den“ so Kreuser.

Das Treffen des alten und des derzei-tigen Fahnenträgers war in erster Linie ein Zufall. Durch die Recherche Arbeit an dieser Festschrift wurden Angehörige der Kompanie auf die Geschichte des

ersten Fahnenträgers aufmerksam. Dabei fand man Berichte über die erste Fah-nenübergabe - und auf Feldwebel Alfred Kreuser. Dieser war Angehöriger der „alten“ 3./ Kompanie – zu diesem Zeit-punkt war dies aber für die Kompanie nicht klar. Erst nach den Treffen wurde die Verwechslung offensichtlich. Aber ein Ehemaliger des Wachbataillons, der die erste Truppenfahne der Bundeswehr aus den Händen des Präsidenten empfan-gen hatte, musste es in unsere Festschrift schaffen. Zudem auch der derzeitige Bataillonsfahnenträger aus den Reihen der „richtigen“ Dritten kommt.

Dabei waren die Wurzeln von Kreuser schon vor seinem Eintritt in das Wachba-taillon eng mit diesem verbunden. „Nicht nur, dass mein Vater in der gleichen Kompanie wie ich seinen Dienst versah. Er war auch noch mein Ausbilder und Vorgesetzter, und das bekam ich oft zu spüren“ so Kreuser. Auch der Sohn von Alfred Kreuser leistete seinen Dienst beim Wachbataillon ab. „Drei Generati-onen im Wachbataillon, davon einer als erster offizieller Fahnenträger des Wach-bataillons und der Bundeswehr - das ist schon eine historische Besonderheit“ so Thomas Stahl.

Nach dem Zweiten Weltkrieg musste die noch junge Bundeswehr zunächst ohne Fahnen und Symbole auskommen. Doch die Einheiten behalfen sich und kreierten selbstständig eigene Truppen-fahnen. 1959 trat das deutsche Kontin-gent bei einer NATO-Truppenparade mit einer eigenmächtig gefertigten Truppenfahne an. Den Offizieren war es peinlich, ohne Fahne anzutreten. Der Trend setzte sich fort, und immer mehr Bundeswehr-Einheiten nahmen eigene Fahnen in Ihren Verband auf, die durch Bürgermeister und auch Ministerpräsi-denten offiziell verliehen wurden. Erst mit dem damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke endete das Wirrwarr der Eigenbau-Fahnen und die erste offizielle Truppenfahne der Bundeswehr wurde in einem feierlichen Zeremoniell übergeben - an das Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung.

Übergabe der Truppenfahne Nummer 1Von Babak Zand

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„No Entry for Officers“?

Die entscheidende Schlacht im ame-rikanischen Unabhängigkeitskrieg wur-de nach fünfjährigem Kampf auf dem Feld nahe der kleinen Stadt Yorktown im US-Bundesstaat Virginia ausgetragen. Dorthin verschlug es im September 1981 die 3. Kompanie. Wie kam es dazu und was hatte das Wachbataillon und seine 3. Kompanie dort zu tun?

Die 13 ersten Provinzen im Osten von Nordamerika wurden vom Mutter-land England mit immer härteren Steuern belegt. 1776 kam es dann zum Aufstand (Boston-Tea-Party) und zur Verkündi-gung der Unabhängigkeitserklärung. Die USA waren geboren.

Natürlich ließ sich England dies nicht gefallen und schickte Truppen nach Nord-amerika. Dabei waren auch hessische Soldaten, die der Kurfürst kurz vorher aus Geldmangel an die Briten verkauft hatte. Kaum auf der Insel angekommen, wurden diese in den Krieg gegen die abtrünnigen Provinzen in Amerika geschickt. Der

Krieg tobte fünf Jahre und endete im September 1781 mit dem Sieg der

Amerikaner bei Yorktown. Diesen Geburtstag galt es

nun im September 1981 zum 200. Mal zu feiern. „Bicentennial“ nennen es die US-Amerikaner. Alle damaligen am Krieg be-teiligten Nationen waren zur großen Pa-rade auf dem Schlachtfeld von Yorktown eingeladen. So auch Deutschland wegen der beteiligten Hessen. Und die 3. Kom-panie war dabei! Einige Besonderheiten für uns Bundeswehrsoldaten gab es bei diesem Besuch allerdings.

Von wegen Vier-Mann-Stubeoder gar „Kaserne 2000“

Untergebracht waren alle Soldaten in Fort Eustis in Virginia. Die Kaserne war sehr einfach, aber blitzsauber. So lagen alle Mannschaftsdienstgrade und auch die Unteroffiziere in einer großen Bara-cke ohne Trennwände. Von wegen Vier-Mann-Stube oder gar „Kaserne 2000“… Um die Hygieneräume einfacher reinigen zu können, hatten die Erbauer der Kaser-ne eine „geniale“ Idee. Es genügte ein einziger rundum gekachelter Raum. Auf einer Seite Waschbecken, auf der anderen Brauseköpfe zum Duschen und an der dritten Wand Toilettenschüsseln. Sicht-

schutz war Fehlanzeige. Täglich, nach-dem die nunmehr etwas gewöhnungs-bedürftige Morgentoilette aller Soldaten erledigt war, kam ein Arbeiter und spritzte mit einem C-Rohr und mit Desinfektions-flüssigkeit den ganzen Raum ab. Fertig war der Revierdienst!

Streng getrennt waren auch die Be-treuungseinrichtungen. Auf Bitten des Kompaniefeldwebels begleitete der Kom-paniechef, wegen seiner besseren Eng-lischkenntnisse, die Unteroffiziere zum NCO-Club, dem Unteroffizierheim. In der Eingangstür stand ein kräftiger Corporal, ein Hauptgefreiter, der unschwer erkann-te, dass neben den deutschen Unteroffi-zieren auch ein Hauptmann hinein wollte. Dies verwehrte er mit strengem Gesichts-ausdruck: „No Entry for Officers“.

Erst mit vielen Erklärungen warum und wieso, ließ er den Kompaniechef mit seinen Unteroffizieren ein. Und alle wa-ren erstaunt, dass kurz nach Dienstende, es war gegen 18:00 Uhr, das Unteroffi-zierheim voll belegt war. Warum das so war, wurde uns allen wenige Minuten später klar. Eine junge Frau erschien und ging auf die kleine Bühne. Scheinwer-

Beim Bicentennial in den USAVon Oberst a.D. Stefan Schäfer*

Daneben war eine Einladung zur Deutschen Vereinigung in Richmond mit Besuch auf deren Oktoberfest zu absolvieren…

Page 15: Festschrift 50 Jahre 3. Kompanie WachBtl BMVg

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fer leuchteten auf, Musik erklang und alle Besucher erlebten einen gekonnten Striptease. Der Club-Manager, mit dem die völlig verblüfften Deutschen ins Ge-spräch kamen, erklärte dann, dass er dies zu solch einem frühen Zeitpunkt als Pro-gramm biete, weil er nur so die Unterof-fiziere in dieser großen Zahl in den Club bekäme. Seien sie nach Dienstende erst zuhause, kämen sie ja nicht mehr in den Club zurück. Ob das auch in einem Un-teroffizierheim der Bundeswehr möglich wäre?

Zurück zum eigentlichen „Übungs-zweck“. Vorüben für die Parade stand täglich auf dem Dienstplan. Daneben war eine Einladung zur Deutschen Vereini-gung in Richmond mit Besuch auf deren Oktoberfest zu absolvieren. Besichtigt werden konnten Norfolk mit dem ge-waltigen Marinestützpunkt und eine der ältesten Siedlungen in Nordamerika: das historisch erhaltene Williamsburg.

Aber der Höhepunkt war natürlich die große Feier auf dem Schlachtfeld von Yorktown. Als wir dort eintrafen, war aber noch genügend Zeit, um all das, was sich uns dort bot, ausreichend zu besich-

tigen. Um die Schlacht in ihrem komplet-ten Verlauf darzustellen, haben sich in den USA viele historische Vereinigungen gegründet.

So gibt es britische, französische und hessische Einheiten zu bewundern – aber auch die „Abtrünnigen“, also die Ameri-kaner. Streng wird bei allen auf möglichst originalgetreue Ausrüstung und Ausstat-tung geachtet. So werden Uniformen, Be-kleidung und Zelte aus Stoffen hergestellt, die nach alten Methoden gewebt werden. Jährlich trifft man auf dem Schlachtfeld zusammen, richtet seine Lager ein, übt und kämpft schließlich. Viel Geknalle und Pulverdampf schwappt dann über dem Land, aber niemand wird verletzt.

Natürlich haben wir auf dem weitläu-figen Areal auch die Hessen gesucht. Die immer wieder gestellte Frage „Where are the Hessians?“ hat uns schließlich zu de-ren Camp geführt. Die rot-weiße Truppen-fahne mit dem hessischen Löwen wehte über den Zelten, ein Wachposten in hessi-scher Uniform ließ uns ein. Ein seltsames Erlebnis war dies. Alles war irgendwie vertraut, aber keiner der „Hessen“ konn-te auch nur ein Wort Deutsch sprechen.

Na ja, sie sind halt in den historischen Verein eingetreten, treffen sich in ihrem Wohnort und kommen einmal im Jahr für zwei Wochen in ihrem Urlaub nach Yorktown.

Dann begann die eigentliche Feier-lichkeit. Die Schlacht wurde von den „Historischen“ durchgekämpft und dann marschierten die Ehrenformatio-nen der USA, Großbritanniens, Frank-reichs und Deutschlands auf.

Höhepunkt der Parade, die in An-wesenheit des US-Präsidenten Ronald Reagan stattfand, war das Hissen einer überdimensionalen amerikanischen Flagge. Getragen von zehn Soldaten, wurden die „Stars and Stripes“ an ei-nem wuchtigen, rund 30 Meter hohen, schnurgeraden Baumstamm befestigt und langsam in die Höhe gezogen. Das sehr leichte Gewebe entfaltete sich und die riesige Flagge wehte über dem Schlachtfeld. Kein Soldat und kein zivi-ler Teilnehmer an dieser Zeremonie, der nicht tief beeindruckt war.

* Kompaniechef der 3. Kompanie von 1978 bis 1982.

Gib mir meine Legionen wieder!Auf dem Übungsplatz „In der Senne“

Ihren ersten Übungsplatz-Aufenthalt unter Führung des neuen Kompanie-Chefs, Hauptmann Fulst, verbrachte die 3. Kompanie vom 18. bis zum 23. Februar 1974 „In der Senne“. Vom Truppenlager „Staumühle“ fuhren die Soldaten täglich auf die eingeteilten Schießbahnen und absolvierten ein reichhaltiges und ab-wechslungsreiches Programm. Für die Gefechtsschießen des Einzelschützen war die Waldkampfbahn „Border“ ein unver-gessliches Erlebnis.

Der einzelne Soldat war auf sich gestellt und musste den Wald durchkämmen. Der Feind lag dabei in gut getarnten Stellun-gen oder tauchte als Baumschütze ganz plötzlich auf – und musste mit schnel-len, aber dennoch gezielten Schüssen bekämpft werden. Hierbei wurden gute Ergebnisse erzielt. Beim Angriffsschießen einer Jägertruppe wurden an die Soldaten hohe Ansprüche gestellt. Auch diese Hür-

de konnte mit überdurchschnittlichen Er-gebnissen gemeistert werden.

Der Höhepunkt des Übungsplatzauf-enthalts war allerdings das Gefechtsschie-ßen eines Jägerzuges im Angriff. Nach Ausgabe der Lage und einer gründlichen Vorbereitung griff der Zug, gefechtsmäßig gegliedert und STAN-mäßig ausgerüstet, einen Feind an, der sich zwar aus gut ver-steckten Feuerstellungen verteidigte, aber schließlich fast völlig vernichtet wurde. Damit war das Angriffsziel erfüllt. Die schnell wechselnden Feindlagen und die im Ablauf geschickt eingebaute Zielfeuer-darstellung verlangte von allen beteiligten Soldaten ein schnelles und übersichtliches Handeln – sowie zweckmäßigen Einsatz der Waffen.

Zum Abschluss dieser ereignisreichen Woche führte die Kompanie noch eine Gefechtsübung – ohne scharfen Schuss – durch. Während die Zugführer, auf den

Spuren des Arminius, am Fuße des Teuto-burger Waldes ihre Stützpunkte erkunde-ten, mussten sich die Gruppen über eine Entfernung von zehn Kilometern durch ein unübersichtliches Waldgelände und durch die nasskalte Nacht durchkämpfen. Dort sollten sie ihre Gruppenstellungen beziehen und sich zur Verteidigung ein-richten.

Das Feindkommando, unter Führung des im Nachtkampf bewährten Schirr-meisters, wandte eine Kriegslist an, die schon Arminius in der Schlacht 9 n. Chr. kannte. Er zündete mehrere Lagerfeuer an, um den Eindruck zu erwecken, dass es sich um einen zahlenmäßig stärkeren Feind handele. Nach dieser für den Feind verlustreichen Woche steht als Inschrift im Argonnenkreuz folgender Spruch: „Zenturio Fulstinus – gib mir mei-ne Legionen wieder!“

Günter Christiansen

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Mein ProtokolltagebuchErste Woche: Gewehr auf, Gewehr ab, links um, rechts umDas Werden des jungen Pascal Lesch zum Ehrenposten

Nachdem wir Anfang Februar unser Gelöbnis abgelegt hatten, haben wir in dieser Woche den nächsten Schritt auf unserem Weg zum repräsentativen Solda-ten bei der Bundeswehr gemacht – zum protokollarischen Ehrendienst. Wir ha-ben die anderen Züge beobachtet, die schon etwas weiter waren; und so können wir im Groben erahnen, was uns erwar-ten wird. Allerdings nur im sehr Groben: wie sehr wir noch an unsere körperlichen Grenzen geführt würden – das ist uns bis zum Beginn der Protokollausbildung noch nicht klar.

Wenn wir Deutschland im In- und Aus-land repräsentieren wollen, dann ist die Grundvoraussetzung dafür, dass wir den Protokolldienst erlernen. Dazu werden verschiedene Aufgriffstechniken antrai-niert, die mit dem Karabiner K 98 durch-geführt werden. Der Karabiner ist dabei nicht schussfähig. Wir zeigen damit: wir leben im Frieden – und wir setzen uns für den Frieden auf der Welt ein.

Als wir uns am ersten Tag der Pro-tokollausbildung auf dem großen

Übungsplatz unserer Kaserne in Siegburg einfinden, habe ich

gemischte Gefühle. Zum Einen weiß ich nicht, wie lange der Dienst dauern soll; zum Anderen denke ich mir, dass dieser Dienst nicht viel anstrengender sein könn-te, als das, was wir bisher schon hinter uns gebracht haben. Dabei schießt mir vor allem die Biwak-Woche durch den Kopf und insgeheim muss ich lächeln: Wenn ich die Biwak-Woche geschafft habe, dann schaffe ich den Protokolldienst doch wohl auch noch.

Doch: Man soll den Tag nicht vor dem Abend belächeln. Meine Zuversicht sinkt merklich, nachdem ich den Karabiner eine Stunde lang bei mir tragen muss und das ständige Marschieren an den Nerven zehrt. Das Gewehr muss dabei hochge-halten werden; das Gewehr wird mit jeder Minute schwerer und mein Arm zuneh-mend lahmer. Dennoch will ich mir keine Schwäche eingestehen. Trotz schmerzen-der Handgelenke und eines Muskelkater im Anmarsch beiße ich die Zähne zusam-men und versuche, mein Bestes zu geben. Immer empfindlicher reagieren wir auf Fehler der Kameraden – denn bei jedem Fehler müssen wir den gleichen Griff immer und immer wiederholen. Also

hören wir alle besonders aufmerksam zu und agieren so gleichmäßig wie mög-lich: Gewehr auf, Gewehr ab, links um, rechts um – ich weiß nicht mehr, wie oft wir unsere Übungen wiederholen. Wenn man mal aus dem Augenwinkel auf die Kameraden schielen kann, wird mir vor allem eins klar: bis wir das Wachbataillon und Deutschland wirklich repräsentieren können, liegt noch ein weiter Weg vor uns. Wer die Biwak-Woche geschafft hat, schafft den Protokolldienst noch lange nicht…

Man soll den Tag nicht vor dem Abend belächeln – der Karabiner wird mit jeder Minute schwerer und mein Arm zunehmend lahmer…

Auf zum protokollarischen Ehrendienst!

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Mittlerweile haben wir die zweite Wo-che in unserer Protokollausbildung hinter uns gebracht. Man kann nicht sagen, dass wir schon eine gleichmäßige Einheit bil-den – aber ich habe das Gefühl, dass wir doch viel besser sind als in der Vorwoche. Zumindest gewöhnen wir uns langsam an das lange Stehen und die harten Bewe-gungen.

Unsere Ausbilder haben ihre eigenen Mittel zur Steigerung unserer Leistung. Zu unseren wechselnden Uniformen, die aus

dem Protokollanzug der Luftwaffe, der Marine und des Heeres bestehen, gehö-ren weiße Handschuhe, die wir später des Protokolldienstes tragen müssen – wenn wir das Wachbataillon und Deutschland repräsentieren. Wenn wir uns so geklei-det mit dem Rücken zur Sonne stellen, können die Ausbilder uns selbst zwar nur schemenhaft erkennen – da die leuchten-den weißen Handschuhe jedoch deutlich und klar sichtbar sind, wird jeder Fehler direkt erkannt und jede Unregelmäßigkeit

ausgemerzt. Zwar geht es beim Protokoll-dienst auch um das Marschieren, das bei-nahe schon durch choreographiert wirkt – ein zentraler Bestandteil ist aber der Präsentiergriff.

Was nach außen hin wie eine einfa-che Griffabfolge wirkt, ist in Wirklichkeit körperlich anstrengendste Arbeit. Am Ende der einmonatigen Ausbildung darf sich niemand mehr verhaspeln, geschwei-ge denn das Gewehr fallen lassen. Wenn ich mir vorstelle, dass mir so etwas bei

unserer Protokollabnahme oder sogar nach dem Ende der Protokollausbildung bei einem Staatsbesuch passiert, wird mir ganz anders. (An-merkung der Redaktion: Zu diesem Thema empfehlen wir die Lektüre der Seite 13.)

Unsere Protokollabnahme wird Ende März stattfinden, so hat man es uns mitgeteilt. Hier in Siegburg werden wir Noten dafür bekommen, wie fehlerfrei unsere Bewegun-gen sind – alles nach dem Motto des Wachbataillons: Semper Talis, stets gleich. Die Biwak-Woche war wirklich gar nicht so schwer…

Zweite Woche: The same procedure as every day

Man kann nicht sagen, dass wir schon eine gleichmäßige Einheit bilden…

Semper Talis, stets gleich!

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Mein Protokolltagebuch

Dritte Woche: Halbzeit im Prot-Loch

Wir haben jetzt Halbzeit in unserer Protokollausbildung. Wir beherrschen unsere Bewegungen keineswegs schon hundertprozentig. Und wir fallen lang-sam in das allseits bekannte „Prot-Loch“, bei dem die Motivation fast in den Kel-ler sinkt. Doch mich hat in dieser Woche etwas ganz neu motiviert: Ich wurde als späterer Ehrenposten ausgewählt –als ei-ner von ganz wenigen Grundwehrdienst-leistenden.

Ehrenposten sind immer zwei. Das heißt: ich muss die gleichen Griffe und Schritte lernen muss wie meine Kame-raden – aber noch viel präziser und aus-gefeilter. Wie beide müssen dann völlig synchron agieren. Unsere Bewegungen stehen unter enormer Beobachtung. Wir beide sind im Fokus der Aufmerksam-keit, wenn wir direkt an der Tür stehen, durch die der Staatsgast bei Empfängen schreitet. Was die Wahl zum Ehrenposten

bedeutet, merke ich außerhalb der ei-gentlichen Ausbildung.

In dieser Woche steht die Pflege unserer Uniformen auf

dem Plan. Zum Einen müssen wir unsere Knöpfe verstärken; das heißt sie so bear-beiten, dass sie fest und aufrecht stehen. Zum Anderen müssen wir unsere Anzüge bügeln. Ich erledige dies in üblicher Ma-nier. Nachdem ich der Meinung bin, dass mein Hose und meine Jacke faltenfrei genug sind, lege ich sie unseren Grup-penführern zur Abnahme vor: mit mittel-mäßigem Erfolg. Meine Anzüge werden abgenommen – nach dem ich vier Mal zurückgeschickt wurde, um sie endlich in Topform zu bringen.

Die eigene Ausrüstung perfekt zu pflegen und keine Mängel an der Klei-dung aufzuweisen, gehört ebenso zur Ausbildung wie das Erlernen des Proto-kolldienstes. Etwas wundere ich mich allerdings schon, dass ich die Sachen so oft neu bearbeiten muss. Als diese dann endlich abgenommen werden, kann ich mir die Frage nicht verkneifen, was ich so falsch gemacht hatte. Antwort: Ich habe nichts falsch gemacht. Aber, so der Gruppenführer: „Jetzt wo Sie Ihren Pro-tokolldienst angetreten haben, gelten

andere Regeln als in ihrer vorhergegan-genen Bundeswehrzeit. Was früher hun-dert Prozent war, reicht jetzt nicht mehr. Geben Sie tausend Prozent – und ich bin zufrieden.“

Bei der Biwak-Woche reichen hundert Prozent…

Wir beherrschen unsere Bewegungen keineswegs schon hundertprozentig…

Keine Mängel an der Kleidung!

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Vierte Woche: Eine Zwei reicht nicht

Donnerstag nächster Woche ist unse-re Protokollabnahme. Mittlerweile haben sich unsere Leistungen deutlich verbes-sert. Die Schritte sitzen – auch, wenn

sich auch zwischendurch kleine Fehler einschleichen. Ich fühle mich schon re-lativ sicher, mein größtes Problem ist meine Nervosität. Immer wenn einer

von den Vorgesetzten unsere Arbeit kontrol-liert, möchte ich mei-ne Bewegungen noch ruckhafter und meinen Schlag noch lauter aus-führen.

Wie es der allseits bekannte Vorfüh-rungseffekt so mit sich bringt, klappt das dann natürlich weniger gut als in den Proben. Ich hoffe nur, dass alles klappt, wenn es wirk-lich darauf ankommt. Donnerstag nächster Woche ist unsere Pro-tokollabnahme. Mein Kamerad und ich wer-den als Ehrenposten einzeln abgenommen werden. Bei der Be-notung handelt es sich um Noten, die wie in der Schule von Eins bis Sechs gehen.

Wir simulieren schon mal eine Pro-tokollabnahme auf dem Übungsplatz. Eigentlich entspricht dieser Durchgang genau dem, was wir zuvor etliche Male geübt haben – allerdings mit einem Un-terschied: diesmal ist ein Klemmbrett da-bei.

Nachdem unser Anleiter das Klemm-brett gezückt hat, geht alles schief, was nur schief gehen kann. Naja: im Groben und Ganzen hat es schon geklappt – doch mein Ehrenposten-Kamerad und ich sind alles andere als zufrieden. Wieder hat uns unsere Nervosität einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Es liegt wohl daran, dass wir beide versuchen, so synchron wie möglich zu agieren und dabei vernachlässigen wir offenbar die Konzentration auf die ganz eigenen Bewegungen. Am Ende des Durchlaufs gehen wir mit der Note „gut“ in unser Wochenende und obwohl sich viele damit sicher zufrieden gegeben hät-ten, bin ich mit meiner Leistung nicht zu-frieden. Jetzt wo ich Ehrenposten werden soll, reicht mir eine Zwei einfach nicht mehr aus. Deshalb heißt es nun für mich: Weiterüben. Donnerstag nächster Woche ist unsere Protokollabnahme. Und wir sind hier schließlich nicht in der Biwak-Woche…

Die Schritte sitzen – ich fühle mich schon relativ sicher…

Weiterüben!

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Mein Protokolltagebuch

Fünfte Woche: Endspurt

In dieser Woche geht es noch einmal heiß her. Da werden Anzüge gebügelt, gefaltet, Krawatten gebunden und Knöp-fe angenäht. Angefangen haben wir mit unserem Protokollanzug des Heeres. Die Temperaturen sind in dieser Woche in die Höhe geschossen. Das macht alles nicht einfacher. Auch unabhängig vom Wetter liegen unsere Nerven blank.

Alle fiebern dem Donnerstag entge-gen. Dann zeigt sich endlich, ob sich das harte Training ausgezahlt hat.

Weiter geht es in dieser Woche mit der Anprobe des Protokollanzugs der Luftwaffe. In dem machen wir dann am Dienstag eine Art Generaldurchlauf der Protokollabnahme. Dabei werden die Wege, die zu Laufen sind, auf das Bun-deskanzleramt in Berlin und die Hardt-höhe in Bonn angepasst. Mein Ehrenpos-ten-Kamerad und ich müssen das nicht

mitüben, da wir am Tag der Abnahme unseren gesonderten Protokoll-

dienst vorzeigen müssen.Nach dem Generaldurch-

lauf stärkt der Protokollfeldwebel unser Selbstbewusstsein: Bis auf einige Fein-heiten war alles schon sehr gut. Wir müs-sen nur noch die Anpassung der Hände und das Timing beim Aufgrifftempo ver-bessern – und die Stärke des Schlags auf das Gewehr erhöhen. Dieser ist im Ideal-fall sehr abgehackt und ruckartig. um eine bestimmte Härte zu erreichen.

Im Laufe der Woche üben wir dann auch noch in unserem Feldanzug Prot auf dem Explatz. Erneut wird auf die Hand-haltung und die Körperspannung geach-tet. Dieser Durchlauf ist besonders wich-tig, weil die Bedingungen, unter denen wir geübt haben, genau mit denen über-einstimmen, unter denen wir am Donners-tag agieren müssen.

Am Abend vorher werden wir früh schlafen gehen, damit wir am nächsten Tag wirklich fit sind. Alle gehen früh schlafen – auch, wenn es mit dem Ein-schlafen dauert: wir sind alle wahnsinnig nervös. Die Biwak-Woche war ein Kin-derspiel…

Alle fiebern dem Donnerstag entgegen – dann zeigt sich endlich, ob sich das harte Training ausgezahlt hat…

Früh ins Bett!

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Die Protokollabnahme: Jetzt gilt‘s!

Am Donnerstag müssen wir noch frü-her aufstehen als sonst. Wir sollen uns in Ruhe fertig machen. Wir sollen nicht in Hektik geraten. Um sieben Uhr soll es mit der Protokollabnahme losgehen. Zum Frühstück gehen wir noch im Sportanzug. Dann ziehen wir den Paradeanzug Heer an.

Da das Wetter sehr schlecht aussieht, tragen wir statt der Jacke, den Mantel. Bei der Hose muss darauf geachtet werden, dass der Hosenbeinsitz unten auf Kol-bennasenhöhe des Karabiners ist. Wenn der Karabiner auf dem Boden steht, sieht auch die allerkleinste Differenz nicht gut aus.

Über das Unterhemd müssen wir ein blaues Hemd und den dazugehörigen Langbinder anziehen. Vollendet wird un-sere Uniform durch den Mantel, über den wiederum die Weißkoppel gezogen wird – und natürlich durch die Protokollstiefel.

Nachdem wir vollständig angezo-gen sind, gehen wir zur Waffenkammer, wo wir unsere Karabiner empfangen. Draußen auf dem Platz treten wir an und empfangen die Truppenfahne. Dann mar-schieren wir gemeinsam zum Explatz. Dort werden erst einmal unsere Anzüge kontrolliert, damit beim Eintreffen des Kommandeurs alles richtig sitzt. Nach-dem der Kommandeur angekommen ist, stellen sich alle Züge einzeln hin und alle, die wegen Krankheit oder ähnlichem

nicht an der Protokollabnahme mitma-chen können, kontrollieren gemeinsam mit unseren Ausbildern noch einmal un-sere Uniformen. Die sind der erste Teil der Abnahme. Also werden hier noch ein paar Flusen entfernt oder da eine Naht ge-rade gerückt, bis alle zufrieden sind.

Der Stabsfeldwebel, der Kommandeur und der General gehen durch die Reihen und jeder von uns wird einzeln betrachtet und auf Fehler hingewiesen. Bis auf ein paar Kleinigkeiten wird zum Glück nichts Schwerwiegendes festgestellt: der erste Teil ist bestanden!

Im Anschluss daran gehen die einzel-nen Züge zu ihren Aufenthaltsbereichen und die Ehrenposten müssen sich schon mal warm greifen, da wir jetzt benotet werden sollen. Wir müssen uns aufstellen und unser Oberfeldwebel kündigt uns bei den Vorgesetzten an. Dann treten die ein-zelnen Ehrenpostenpärchen nacheinander vor und gehen zu ihren Plätzen. Mein Ehrenposten-Kamerad und ich treten als Fünfte vor.

Da alle Blicke auf uns gerichtet sind, sind wir extrem nervös. Beim Präsentie-ren schleichen sich kleine Fehler in un-sere Bewegungen ein – auf die wir im Anschluss hingewiesen werden. Das ist eigentlich nicht weiter dramatisch, trotz-dem ärgern wir uns im Nachhinein sehr darüber. Wir wissen: wären wir nicht so nervös gewesen, hätten wir es besser

gemacht. Alle Ehrenposten-pärchen beste-hen trotz Ein-schränkungen und kleiner Fehler mit ei-nem guten Re-sultat.

N a c h d e m die Ehrenpos-ten fertig sind, treten wir vom Explatz ab – und die Kom-panie muss vortreten und mit ihrer Pro-tokol labnah-me beginnen.

Wir Ehrenposten können uns also eine kleine Pausen gönnen und die Züge an-sehen, wie sie bei der Protokollabnahme abschneiden. Sie schneiden gut ab. Am Ende bekommen wir ein Feedback des Kommandeurs: der erste Durchgang war besser, da die Konzentration im zweiten Durchgang etwas nachgelassen hat. Der dritte Zug geht als der Beste hervor und bekommt einen Pokal.

Nachdem die Protokollabnahme fertig ist, fällt alle Anspannung von uns ab. Wir marschieren zu unserem Gebäude zurück, händigen die Waffen aus, ziehen unsere Protokollanzüge aus und den Feldanzug wieder an. Gemeinsam können wir den Tag mit einem kühlen Blonden ausklin-gen lassen. Oder sind es zwei?

Nach einem schönen Tagesabschluss müssen wir am Freitag dann noch den am Vortag getragenen Protokollanzug Heer aufbereiten. Dazu gehört das Ausbügeln der entstandenen Falten, das Stiefelput-zen und das Überprüfen der Uniform auf Vollständigkeit.

Zeit für eine Bilanz der fünf Wochen Protokollausbildung: sie war sehr an-strengend, aber auch sehr lehrreich. Wir wissen noch nicht, was uns in Zukunft erwartet – aber die Ausbildung hat uns alle in unserer persönlichen und beruf-lichen Ausbildung weiter gebracht.

Die Biwak-Woche war dage-gen ein Erholungsurlaub…

Nachdem wir vollständig angezogen sind, gehen wir zur Waffenkammer, wo wir unsere Karabiner empfangen…

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Meine ersten Monate als Gardist

Mit einem ganzen Infanteriezug in einer StubeVon Hans A. Vogel

Der Weg: Kaum hatte ich als gelernter Stahlbauschlosser (IHK Köln) nach dem parallel verlaufenden Besuch einer Be-rufsaufbauschule (Abendschule) und der Leistung von Praktika als Maurer und Be-tonfachwerker die Zugangsberechtigung zum Eintritt in eine Staatliche Ingenieur-schule für Bauwesen am 10. Mai 1961 erhalten, meldete sich auch schon wenig später das Kreiswehrersatzamt Köln II mit einer Einladung zur Musterung am Mittwoch, 31. Mai 1961, bei mir.

Ohne weitere (Wehrdienst-) Bera-tung, nur auf meinen Wunsch hin, wenn, dann eine Einberufung als Wehrpflichti-ger (W 12) zu einem Heerestruppenteil im Rheinland zu erhalten, wurde mir das WachBtl BMVg [hier: 4. Kompanie in ge-planter Neuaufstellung ab 01. Juli 1961] im rechtsrheinischen Siegburg offeriert. Ich stimmte dem zu.

Bald danach lag mir, wiederum vom Kreiswehrersatzamt Köln II, der „Ein-

berufungsbescheid“ zur Grundaus-bildung für das Wach Btl BMVg

in der Pionier-Ausbildungs-

kompanie 4 / 7 in Höxter/Weser ab dem 01. beziehungsweise ab Montag, 03. Juli 1961, vor – dem ich natürlich folgte.

Zunächst erfuhren wir dort über einen Zeitraum von acht Wochen eine infante-ristische Grundausbildung: mehrmalige Vermessung der Lüchtringer-Heide in Körperlängen und Verlegung per Bahn zur Schießausbildung nach Hammelburg zur Infanterie-Schule. Dann Rückverle-gung und weitere vier Wochen, bis zum 28. September 1961, Pionierausbildung in den Grundzügen Geländesperren, Spreng-ladungen, Gewässerdienst – einschließ-lich der „Pioniertaufe“ mit Weserwasser.

Beide Ausbildungsabschnitte wur-den mit Besichtigungen der Leistung durch den Kommandeur Pionierbataillon 7 Höxter sichtbar abgeschlossen. Die Verlegung der für das WachBtl BMVg vorgesehenen Soldaten stand bevor. Par-allel hierzu trafen, ebenfalls am 01. Juli 1961, allerdings in der Siegburger Brück-berg-Kaserne, die zukünftigen Führer und Unterführer der nun aufgestellten 4. Kompanie des WachBtl BMVg ein. Es

begann deren Ausbildung zum Ausbilder und Vorgesetzten von Wach- und Proto-kollsoldaten unter Leitung des KpChefs (Hauptmann Rottländer) und seinem Spieß (HFw Krog, sen.); Kommandeur des Bataillons war Oberstleutnant Erwin Koch.

Wir sind da: So wurden wir am Mon-tag, 02. Oktober 1961, in Siegburg inner-halb eines tristen Barackengevierts, von dem heute nur noch die SanBaracke steht, vom wohl vorbereiteten Stammpersonal der ersten (kompletten) Wehrpflichtigen-Kompanie des Wachbataillons freundlich empfangen. Natürlich lagen die Zug- und Gruppeneinteilung sowie der Stubenbele-gungsplan vor – der Dienstplan hing am schwarzen Brett. Ich landete im 3. Zug. Zugführer: Stabsunteroffizier Kauer; mein Gruppenführer: Gefreiter Unteroffi-zieranwärter W. Schulz.

Wir, das waren junge, zum Teil voll-jährige Soldaten aus allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland, die an un-terschiedlichen Standorten und in unter-schiedlichen Heerestruppenteilen ihre

Tagtäglich über Stunden Exerzieren wie Antreten…

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Uniformen, persönlichen Ausrüstungs-gegenstände und ihre soldatische Grund-ausbildung erhalten hatten und nun in der Vollausbildung zum Wach- und Proto-kollsoldaten, zum Soldaten in der Grup-pe auf infanteristischer Basis ausgebildet werden sollten.

Dazu mussten wir zunächst unsere farblich unterschiedlichen Kragenspie-gel durch einheitlich grüne ersetzen las-sen; ein zweites Paar Marschstiefel (mit Absatzbeschlag), komplettes „Blauzeug“ mit einem schwarzen Lederkoppel und einem Parade-Kunststoffhelm (später noch das sogenannte Weißzeug) empfan-gen – und dann wurde uns ein belgisches FN-Gewehr (Infanteriewaffe) sowie der Mauserkarabiner >K 98 k< (Exerzier- be-ziehungsweise Protokollwaffe) überge-ben.

Nachdem wir das Zusammenleben in hauptsächlich fremdbestimmter Ge-meinschaft „gelernt“ hatten, war die Un-terbringung in der Brückberg-Kaserne zu Siegburg in diesem Barackengeviert gewöhnungsbedürftig – hinsichtlich Stu-bengrößen (rund ein Infanteriezug in einer Stube), der Raumbeheizungen (stinkende Öl-Einzelöfen) und der spärlich vorhan-den Sanitäreinrichtungen „über den Hof“.

Sie entsprachen in keinem Fall den gewohnten Standards von solchen Ge-

meinschaftsanlagen, die beispielsweise die Industrie (auch) zu dieser Zeit zur Verfügung stellte (Stichwort: Schwarz-/Weißanlagen, Waschkauen).

Davon unabhängig begann nun die bereits erwähnte Ausbildung zum Wach- und Protokollsoldaten: Reihenfolge = Rangfolge. Tagtäglich über Stunden Ex-erzieren wie Antreten, Grundstellung (mit NATO-Faust), Wendungen, Marsch, Richtungsänderungen (mit Gewehr K 98 k), Griffe (preußischer Infanteriegriff). Einzelner, Gruppe, Zug, Kompanie (Ba-taillon).

Dann: Wachbelehrung, Unterrichte (rechtliche Rahmenbedingungen, Waf-fengebrauch, Festnahmen), Ausweisar-ten zum Betreten der Liegenschaften des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg), Einzelheiten zu den Örtlichkei-ten der Liegenschaften des BMVg, auch Sport (Leichtathletik, Gewehrgymnastik) –und Schießausbildung auf der Hardthö-he in Bonn.

Höhepunkte waren die gelegentli-chen infanteristischen Eroberungen des „Feldherrnhügels“ in der Wahner Hei-de; ein Truppenübungsplatzaufenthalt in Schwarzenborn – samt Unterbringung der gesamten Kompanie im Festsaal (mit Em-pore) des Schwarzenborner Gemeinde-hauses. Meine Begeisterung für die Viel-

falt dieser Ausbildung hielt sich in sehr engen Grenzen; einer von mir beantrag-ten Versetzung wurde nicht stattgegeben. Meine Ausbilder in dieser Zeit waren, dies möchte ich hier unbedingt heraushe-ben, in der Sache unerbittlich – aber keine sturen Schleifer.

So in der dritten Dezemberwoche 1961 hatte unser Kompaniefeldwebel zum Schluss der Befehlsausgabe noch eine „frohe“ Botschaft“ aus dem Bundestag für uns: Das Parlament habe dort, infolge des Mauerbaus in Berlin vom 13 August 1961, eine Erhöhung der Wehrpflichtdau-er von zwölf auf 18 Monate beschlossen – und dass unser Einberufungs-Quartal (ab 01. Juli 1961) als erstes davon betroffen sei! Unbändige Freude brach nicht aus…

Zielerreichung: Das Hauptausbil-dungsziel, das des Wach- und Proto-kollsoldaten erreichte die 4. Kompanie letztlich, nach der Exerzierabnahme durch den Bataillonskommandeur, Oberstleut-nant Erwin Koch, mit ihrem ersten öf-fentlichen Auftritt am Freitag, 05. Januar 1962, anlässlich der Feierlichkeiten des 86. Geburtstages des damaligen Bundes-kanzlers Dr. Konrad Adenauer vor seinem Amtssitz – auf der Auffahrt zum Palais Schaumburg in Bonn.

„Hermann Löns – die Heide ruft!“ Mit dieser Parole verließ die 4. Kompa-nie am 19. Februar 1969 ihren Standort Heide und marschierte in die vorläufig letzte Liegenschaft nach Bergisch Glad-bach. Dort in der Hermann-Löns-Kaserne bekamen die Soldaten endlich eine echte soldatische Unterkunft. Außer den drei vorhandenen Kompanie-Blocks für die 2./, 3./ und die Ausbildungskompanie 708 war ein umfangreicher technischer Bereich vorhanden. Die körperliche Leistungsfähigkeit der Gardegrenadiere wurde auf einer schönen Sportanlage mit Sporthalle und einer gut ausgelegten Hin-dernisbahn ständig überprüft und erhöht.

Für die älteren Baujahre war eine kleine Tennisanlage vorhanden. Der Mit-telpunkt der Kaserne war der große Ex-erzierplatz: die Galopprennbahn der Gre-nadiere. Hier verbrachte der Gardist sein halbes Soldatenleben mit seiner Braut,

dem Karabiner 98 K. Sie war schlank und rank, alle beweglichen Teile waren geölt, der Riemen lag eng an und der Soldat hat-te immer einen Finger am Drücker.

Es war so schön, Soldat zu sein. Bei ungünstiger Witterung fand die Formal-ausbildung im „Greifer Vatikan“ statt: unter dem Schleppdach mit der guten Akustik im technischen Bereich. Im schlichten militärgotischen Baustil be-fand sich hinter dem Offizierkasino eine kleine Standortkirche, der sogenannte Gardisten-Tempel. Als Grenadiere der 4. Kompanie kamen die Soldaten 1969 nach Bergisch Gladbach – und als Jäger der 3. Kompanie verließen sie den Ort 1990 (siehe hierzu Artikel „Dritte? Vierte? Was denn nun?“ auf Seite 10/11). Endgültig bezogen die Gardisten nun die neu erbauten Unterkünfte in der Sieg-burger Brückberg-Kaserne.

Günter Christiansen

Galopprennbahn und Gardisten-Tempel Umzug nach Bergisch Gladbach

Das Kompanierevier in Bergisch Gladbach: Es war so schön, Soldat zu sein…

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Als Wehrpflichtige(r) beim Wachbataillon

Am 05. Januar 1976 begann ein neuer Abschnitt in meinem Leben. Ich wurde zum Wachbataillon einberufen. Meine Vorstellung über die Bundeswehr und die Aufgaben des Wachbataillons waren sehr karg. Den ersten Eindruck bekam ich von einem Unteroffizier der Ausbildungskompanie 708, der uns am Bahnhof empfing. Die strenge militärische Art stand in keinem Verhältnis zu unserer bisherigen zivilen Arbeitsatmosphäre. Es musste in jeder Beziehung kürzer getreten werden.

Die ersten Tage gehörten der Eingewöhnung. Wir wurden richtig eingeordnet, bekamen von den älteren Kameraden spezielle Beinamen und fielen sofort durch unser ziviles Verhalten überall auf. Dieses sollte sich bald ändern

– denn in der Ausbildungskompanie 708 machte man uns zu richtigen

Soldaten. Die Ausbildung war von Anfang an auf Drill

ausgerichtet. So langsam wurde jedem von uns klar, dass Kameradschaft, die wir aus dem Zivilleben kaum kannten, im Soldatenleben eine große Rolle spielt. Viele Probleme wurden leichter gelöst, wenn ein guter Zusammenhalt vorhanden war. Nach der Grundausbildung kamen wir in unsere Stammeinheit, die 3. Kompanie. Der erste Tag in der Protokoll-Kompanie machte auf uns noch einen erfreulichen Eindruck.

...doch dann kamen Papphelm und Karabiner

Doch nach dem Empfang von Papphelm und Karabiner bekam manch einer von uns Sehnsucht zur Ausbildungskompanie 708. Der Exerzierplatz wurde von nun an unsere zweite Heimat. Keiner hatte sich träumen lassen, dass es eine solche Ausbildung in der Bundeswehr gibt. Nur wenige Kameraden sahen in

der Formalausbildung, in Laufschule, Gymnastik und Sport einen Sinn. Doch nach dem ersten Einsatz begriffen wir die Zusammenstellung dieser Ausbildung. Nach dreimonatiger Ausbildung kam der Tag der Besichtigung. Es gab auch bei uns Kameraden, die „schwer von Begriff waren“. Sie konnten mit der „Erna“ – das war der Kosename für den Karabiner K98 – einfach nichts anfangen. Jeder von uns, der den Griff beherrschte, wurde dann mit der Überreichung des Gardisten-Diploms in die Gemeinschaft der Prot-Soldaten aufgenommen und bekam als Anerkennung einen Tag Sonderurlaub.

Trotz der persönlichen Opfer, trotz der Einschränkungen der Freizeit durch protokollarische Einsätze oder den Wachdienst, bei aller strengen Ausbildung zu Disziplin und Ordnung – ich bin der Meinung, dass während meiner Dienstzeit im Wachbataillon die positiven und angenehmen Seiten überwogen haben.

Wenn der Exerzierplatz zur zweiten Heimat wirdVon Peter Junker, Gerd Ries und Günter Christiansen

Das Kompanierevier in Bergisch Gladbach: Der erste Tag in der Protokoll-Kompanie machte auf uns noch einen erfreulichen Eindruck…

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50 Jahre 3. Kompanie im Gespräch

Junge, hier ist alles anders!Von Klaus Pokatzky*

Wachbataillon – Die Erste: Damals, das erste Mal im Wachbataillon. Mit der Personalakte unter dem Arm, durch die Wache gegangen – und da marschierte ein Zug der 3./ vorbei, mit eingesetztem Karabiner. Mein Gott. Erstens: falsche Waffe. Zwotens: falsche Trageweise. Jun-ge, hier ist alles anders!

Eine kleine Anekdote? Anfang 1988 in Paris, vier Tage lang. Auch im Dom, wo Napoleon begraben liegt. Tolle Be-treuung durch die Franzosen: für jeden eine Tüte vom Stadtkommandanten von Paris mit Postkarten und Kugelschreiber,

Ticket für die Metro und Eintrittskarte für den Eiffelturm. Nach dem ers-

ten Mittagessen war das geplante Vorüben nicht mehr so richtig

möglich: Rotwein, Weißwein, Was-ser. Der normale Franzose trinkt na-türlich Wasser und Wein in geringen Maßen gemischt. Nicht so der deut-sche Soldat, der glaubt: jetzt werde ich hier verwöhnt, jetzt ist Gott in Frankreich. Der Wein musste dann beim Abendessen weg gelassen wer-den – sonst hätte es gar kein richtiges Vorüben mehr ge-geben.

Der ideale Pro-tokollsoldat: Der muss eine hohe ge-sundheitliche Eig-nung mitbringen, eine körperlich hohe Leistungsfä-higkeit und er muss

abschalten können. Er muss, zumindest in der Protokollausbildung, blinden Ge-horsam an den Tag legen. Und Gelassen-heit braucht er! Er muss absolut gelassen sein; er muss eine dreiviertel Stunde auf einem Flughafen im Pulverschnee aus-halten können, ohne sich zu bewegen. Abschalten können muss er, völlig ab-schalten. Sich konzentrieren können, to-tal konzentrieren. Dafür weiß der ideale Protokollsoldat, dass er an tollen Sachen teilnimmt und kann am Wochenende in der Kneipe oder zu Hause der Oma sagen: „Hier ist der Bundespräsident, und hier ist der König von Spanien, und hier – das bin ich.“

Das Wachbataillon ist einzigartig – weil: Weil es den protokollarischen Auf-

trag hat, den gibt es sonst nirgendwo in der Bundeswehr: Hochkarätige Gäste für die Bundesrepublik Deutschland begrüßen. Als militärische und friedfertige Visiten-karte aller Deutschen. Auge in Auge mit Präsidenten und Königen stehen und sie durch das Verhalten der Gardisten denken lassen: „Donnerwetter das muss aber ne Armee sein“. Und einen deutschen Papst auf deutschem Boden hat man ja auch nicht so oft.

Noch eine kleine Anekdote? In Hei-de damals gab es den längsten Protplatz der Welt. Weil es nämlich keinen Explatz gab, musste auf einem Waldweg geübt werden, aber immer nur höchstens mit ei-nem Zug. Und wenn die Kompanie übte, musste der Kompaniechef ständig in den Wald treten, damit er ein bisschen Ab-stand von der Crew hatte – aber es war eine wunderschöne Zeit. Und da gab es dann den Kompaniechef aus altem Adel. Der wohnte auch da, genau gegenüber seiner Kompanie in einem kleinen Häus-chen. Und einmal hat sich der Bataillons-kommandeur aus Siegburg zur Dienstauf-sicht angemeldet. Morgens früh gleich. Das war damals so üblich, dass vorher anstandshalber angerufen wurde. Das war um 07:30 Uhr und der Kommandeur hat-te sich schon auf den Weg gemacht nach Heide. Der Kompaniefeldwebel, der den Anruf aus Siegburg entgegennahm, wuss-te aber, dass sein Kompaniechef nie vor 9:00 Uhr zum Dienst erschien. Also hat er seinen Gefreiten aus dem Geschäfts-zimmer im Laufschritt gegenüber ins Wohnhaus vom Hauptmann von B. ge-schickt: der Kommandeur nähere sich,

* Mit Dank an die Gesprächsrunde ehe-maliger und jetziger Angehörigen der 3. Kompanie des Wachbataillons: Dietmar Eckhart, Günther Harmsen, Radoslaw Lejczak, Stephan Schäfer, Thomas Stahl, Peter Wallraf.

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er möge doch bitte kommen. Doch der Hauptmann frühstückte gerade und sagte nur zum Gefreiten: „Ein Hauptmann von B. kommt nie vor 9:00 Uhr.“ Das wurde dem Kommandeur so mitgeteilt, und der hat das akzeptiert.

Ein Lieblingseinsatz: Die Festung Ehrenbreitstein zum Volkstrauertag. Im-mer am Ehrenmal des Heeres. Antreten mit einem Ehrenzug für alle gefallenen Soldaten. 130, 140 Generäle mit dabei. Dann das „Lied vom guten Kameraden“ auf der Trompete solo – ganz oben, hinten irgendwo auf der Mauer. Das läuft einem wirklich kalt den Rücken runter.

Der ideale Unteroffizier: Der ist ein Phänomen. Der muss tagtäglich bei der Protausbildung acht Stunden am Tag, bei jedem Wetter draußen stehen. Wenn es heiß ist, wenn es kalt ist und wenn es schneit und wenn es dunkel ist, noch früh am Morgen und spät abends. Unter einem Schleppdach, in einer Halle, auf einem Exerzierplatz. Und er muss immer wieder die gleichen Kommandos geben. Jahrelang – jahrelang! Immer weiter, immer weiter. Zum fünfhundertsten Mal zum Gefreiten Müller sagen: „Linkes Ohr tiefer! Müller in der Schulter nach rechts einknicken! Rechtes Ohr tiefer, Schulter nach vorne!“ Wochenlang, wochenlang immer wieder, ohne dem Gefreiten Mül-ler irgendetwas Böses zu wollen, der kann ja nichts dafür. Und in der sechsten oder siebten Woche dann sehen: Mensch, der Gefreite Müller, der steht! Das sind die Erfolgserlebnisse. Da färbt einfach eine starke äußere Disziplin das Innere ab. Die Unteroffiziere und Feldwebel des Wachbataillons – die sind das Rückgrat, da können die Offiziere tun und machen was sie wollen, die können das nie so gut wie die. Die Unteroffiziere und Feldwebel bestimmen den Wert der Ausbildung und das Auftreten der Protokollsoldaten.

Das Wachbataillon ist einzigartig – weil: Weil es das nur einmal gibt – jedes Bataillon hat eine Nummer, das Wachba-taillon nicht. Und weil wir das gotische „W“ am Barett tragen und unser Ärmel-band haben, zumindest am Ausgehanzug und am Paradeanzug – das macht stolz. Und wenn die Jungs im Drill-Team sind, dann treten sie in der ganzen Welt auf – und üben und üben und üben mit dem

K98, auch abends noch, solange, bis es passt.

Noch eine Anekdote? Biwak im Wald für 14 Tage. Es war in den frühen achtziger Jahren, im März und eisig kalt mit Schnee. Viele Zelte: Mannschaftszel-te und die Gefechtszelte der Kompanie-führungsgruppe. Und um den Komfort für die zwei Wochen etwas zu erhöhen, brachte der Kompanietruppführer einen bequemen Campingtisch von daheim für sein Zelt mit. Und als er einmal auf Kon-trolle fuhr, die mehrere Stunden dauerte, stellte er seinen Ölofen auf volle Pulle,

damit es im Zelt auch schön warm ist, wenn er zurück kommt. Und unten am Boden im Zelt ist es dann natürlich zwei Grad über Null und in der Höhe unter dem Zeltdach ist es 70 Grad über Null. Und als der Kompanietruppführer zurück kam, war der schöne bequeme Camping-tisch kein Tisch mehr, sondern sah aus wie Eifel-Hunsrück und Rheintal zusam-men. Der war geschmolzen. So heiß ist das gewesen.

Das Wachbataillon ist einzigartig – weil: Weil es schon Streitkräftebasis war, als noch kein Mensch die Abkürzung SKB kannte: Heer, Luftwaffe, Marine – alle Teilstreitkräfte unter einem Dach. Weil es im Wachbataillon einen besonderen Geist gibt: uns stehen auch die angetrete-ne Zweisterne- oder Dreisterne-Generäle Auge in Auge gegenüber. Und wenn wir dann gemeinsam schon 20 oder 25 Mi-nuten auf den Staatsgast warten, machen

selbst die hohen Generäle ein Späßchen mit – und wir sehen: das sind ja auch nur Soldaten.

Eine Anekdote? Nochmal Biwak im Wald im März. Fünfzig Meter entfernt war eine Kreuzung mit einem Bilderstock mit Kreuz und Jesus und Mutter Maria. Und in der ersten Woche kommt abends ein Zivilauto angefahren, der Fahrer hält am Bilderstock und stellt eine Kerze auf. Und dann hat er erzählt, dass seine Toch-ter im Krankenhaus operiert werden soll und, wie im Rheinland üblich, will er nun für diese Operation eine Kerze aufstellen.

Die Soldaten: „Okay, das ist kein Prob-lem, wir passen darauf auf, dass die Ker-ze nicht aus geht.“ Und da hat er gleich noch mehrere Kerzen da gelassen. Und einen Tag später kommt das gleiche Auto wieder angefahren und im Kofferraum sind drei Riesentabletts mit geschmierten Brötchen für die Soldaten: Dankeschön für die Kerzenwacht am Hain!

Der ideale Politiker: Der zum Wach-bataillon ausgesprochen freundlich ist. Der egal, ob es donnert, blitzt oder schneit – der immer die Kompanie begrüßt, die angetreten ist. Der sich einfach die Zeit nimmt. Und früher, als die Minister noch auf der Hardthöhe in diesem kleinen Bun-galow gewohnt haben, innerhalb des Are-als: wenn die Ministerfrau am Sonntag Kuchen gebacken hat für die Soldaten des Wachbataillons an der Wache und der Minister den Kuchen zur Wache gebracht hat.

Das Wachbataillon bleibt bei Dir – Dein Leben lang: Semper Talis! Sieben Köpfe für ein Gespräch über das gotische „W“: Dietmar Eckhart, Peter Wallraf, Klaus Pokatzky, Stephan Schäfer, Günther Harmsen, Thomas Stahl, Radoslaw Lejczak (v.l.n.r.)

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Eine Anekdote? Am schlimmsten war früher immer die Wachwoche wäh-rend der Karnevalszeit. Ganz schlimm! Das war ein Drama! Eine Zitterpartie für den Spieß, der dann den Wachplan erstellen musste. Jeden Morgen beim Frühstück: Hoffentlich sind sie alle da. Und wenn das Telefon ging, wusste man schon Bescheid: „Herr Hauptfeldwe-bel...“ Der ist nicht gekommen und der ist nicht gekommen und der auch nicht. Da musste man den Wachzug dauernd neu zusammenstellen. Und abends waren die Kasernen trotzdem voll, am Wochenende auch. Damals gab es noch keinen Frei-fahrtschein für die Bahn. Und ein Auto hatte auch nicht jeder. Jeden Abend war dann in der Karnevalszeit High-Life in der Kaserne. Und wenn das dann auch noch kurz vor der Entlassung war, dann ließ der Kantinenwirt um viertel vor zehn unter größtem Trara die Rollläden runter und rief den Spieß an. Der hatte dann den Schwarzen Peter – und musste die Kanti-ne räumen von 150, 180 Wilden. Da war nichts mehr mit Befehl und Gehorsam. Da konnte der Spieß nur auf den Tisch klettern: „Kommt Jungs, wir singen noch einen zusammen, ich trink mit euch auch noch ein Bier. Das letzte Abschlussbier und dann machen wir hier einen Abflug gemeinsam.“ Und das klappte in der Re-gel auch.

Ein Lieblingseinsatz: Die Verab-schiedung der Westalliierten aus Berlin – die Souveränität Deutschlands. Große Parade am Denkmal der Luftbrücke, wo erstmals ein deutscher Offizier ausländi-sche angetretene Truppenteile komman-diert. Abends der Große Zapfenstreich am Brandenburger Tor. Da war der Gardist stolz: darauf, dass das Wachbataillon an diesem historischen Tag dabei war.

Eine Anekdote? Bundespräsident Ri-chard von Weizsäcker ist in seinen letz-ten Amtstagen. Anruf vom Bundespräsi-dialamt an Kommandeur Wachbataillon BMVg: Donnerstag nachmittag in der Villa Hammerschmidt melden. Komman-

deur fährt vor – eine halbe Stunde vor der Zeit ist des Gardisten Pünktlich-

keit. Doch: kein anderes Auto da und es kommt auch kein ande-

res Auto. Kommandeur ganz alleine beim Bundespräsidenten? Kommandeur macht Kontrollanruf im Büro des Bundespräsi-denten: „Bin ich denn hier richtig?“ – „Ja, ja, das ist schon richtig und der Termin stimmt.“ Also Villa Hammerschmidt, Fo-yer. Bundespräsident von Weizsäcker be-grüßt Kommandeur: „Folgen sie mir, jetzt gehen wir ins Empfangszimmer, wo sonst immer die Staatsgäste sitzen, da können Sie sich jetzt hinsetzen. Was wollen Sie denn trinken?“ – „Was trinken Sie denn, Herr Bundespräsident?“ – „Ja, ich trinke Tee.“ – „Ja das ist ja mein Lieblingsge-tränk!“ Kommandeur trinkt ganz allein eine Stunde lang mit dem scheidenden Bundespräsidenten Tee. Mit einem tollen, lockeren Gespräch.

Das Wachbataillon ist einzigartig – weil: Weil es so leicht in der sonstigen Bundeswehr unterschätzt wird. Da sa-gen einige andere Soldaten gerne: „Tja, Paradehaufen. Keine Ahnung, nur Griffe kloppen und im Warmen sein.“ Das sind die, die das Wachbataillon noch nie selbst erlebt haben. Und beim Tag der deutschen Infanterie stehen dann auf einmal Fall-schirmjäger am Stand des Wachbataillons und sagen fassungslos: „Ja, das gibt es doch gar nicht; das kann ja gar nicht wahr

sein, das sollen Wehrpflichtige sein? Don-nerwetter, das ist ja super.“ Und dann sa-gen sie plötzlich: „Das ist unser Wachba-taillon. Das ist unser Aushängeschild der Bundeswehr – nicht nur der Bundeswehr, der Bundesrepublik Deutschland.“ Und dann sind auch die Fallschirmjäger stolz auf das Wachbataillon. Auf ihr Wachba-taillon.

Wachbataillon – Die Letzte: Du gehst vielleicht mit falschen Vorstellun-gen in Deine Verwendung beim Wachba-taillon. Mein Gott. Erstens: Paradesolda-ten. Zwotens: nur Griffe kloppen. Junge, hier ist alles anders! Aber Du wirst dann selber geprüft: körperlich, geistig und vom Charakter her. Und wenn Du die Prüfung bestehst, wirst Du zum Gardisten befunden. Das prägt dich dein Leben lang und bringt dich auch weiter – in der Ar-mee, aber auch Privat. Wenn Du mal die alt gedienten Feldwebel, besonders die Kompaniefeldwebel betrachtest: da ist ja fast jeder Oberstabsfeldwebel geworden. Jeder Kompaniechef ist ja mindestens Oberstleutnant, Oberst, sogar General ge-worden. Und das macht das Wachbatail-lon so anders, so besonders – es bleibt bei Dir, Dein Leben lang.

„Längster Protplatz der Welt“ - zumindestens Gefühlt: Formaldienstausbildung in Heide 1963

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Das Infanterie-Regiment 48 hat seine Heimat im Wachbataillon gefunden / Von Günter Christiansen

In militärisch feierlicher Form über-nahm die ehemalige 4. und jetzige 3. Kompanie des Wachbataillons BMVg am 12. September 1966 in Lohmar-Heide die Tradition des Infanterie-Regimentes 48. Rund 150 ehemalige Soldaten der Infan-terie-Regimenter 24, 48 und 172 waren gekommen. Unter ihnen Major Cordt von Brandis, der fast schon legendäre Erstür-mer der Panzerfeste Fort Douaumont aus dem Ersten Weltkrieg, der damals mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet wurde – sowie General Engel, der letzte Chef der 12. Infanterie-Division, General a.D. Stumm und Oberst a.D. Demuth.

Unter den Klängen des preußischen Präsentiermarsches schritten General a.D. Stumm, Oberstleutnant Blumenthal und Hauptmann von Prondzynski die Front der angetretenen Ehrenkompanie ab. Am Schluss seiner Begrüßungsrede sagte Ge-neral Stumm: „Regimenter sind oft aufge-löst worden, geblieben sind aber die Tu-genden des deutschen Soldaten – Treue, Kameradschaft und Aufopferung für das Vaterland.“ Danach erfolgte die Übergabe der alten Traditionsfahne des Infanterie-Regimentes 48 sowie der Traditionsabzei-chen an den Kompaniechef Hauptmann von Prondzynski.

Nach der feierlichen Übergabe konn-ten die Gäste die Unterkünfte der „Hei-der Kompanie“ besichtigen. Aber auch Waffen und Fahrzeuge waren zur Besich-tigung freigegeben. Der erste Tag endete am späten Abend mit einem Manöverball im Hause Kettwig in Seelscheid. Dass der zweite Tag der Traditionsübernahme und des Kameradschaftstreffens der 48er in Heide noch so große Überraschungen barg – damit hatte wohl keiner mehr ge-rechnet. Eine Schwimmbadeinweihung besonderer Art fand bei der Vierten statt. In voller Montur sprang Hauptmann von Prondzynski in das neue 20-Meter-Schwimmbecken und trank dort ein Glas Sekt auf das Wohl seiner Kompanie und des Traditions-Regimentes 48.

Einen Ehrenplatz hat der Widerständler Graf von Sponeck

Mit einem gemeinsamen Feldgottes-dienst endete die Traditionsübernahme zwischen einem ehemaligen Wehrmachts-truppenteil, dem Infanterie-Regiment 48, und der 4. Kompanie des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidi-gung. Seit der Übernahme findet jedes Jahr ein Traditionstreffen mit den ehe-

maligen Soldaten und deren Angehö-rigen statt. In einer kameradschaftlich-herzlichen Atmosphäre treffen sich die „alten“ und die „jungen“ Kameraden zum Preisschießen mit Pistole und Gewehr, zu Vorträgen und Filmvorführungen über die Bundeswehr und das Wachbataillon – und natürlich zum gemütlichen Beisammen-sein.

Jedes Jahrestreffen endet mit einer Kranzniederlegung am Gedenkstein für die gefallenen und verstorbenen Kamera-den vor dem Kompanieblock der Dritten in Bergisch Gladbach. Zur Erinnerung an das Traditionsregiment sind im Kompa-nierevier der Dritten Erinnerungsstücke der 48er von der Aufstellung am 01. Ok-tober 1934 in Döberitz bis zur Auflösung des Regimentes 1945 ausgestellt. Einen Ehrenplatz in der Traditionskompanie hat der erste Kommandeur des Infanterie-Re-gimentes Döberitz, des späteren Infante-rie-Regimentes 48, Generalleutnant Hans Graf von Sponeck. Der Generalleutnant wurde als Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 am Morgen des 22. Juli im Wehrmachtsgefängnis Germersheim auf Befehl des SS-Führers Hein-rich Himmler ohne Verfahren er-schossen.

Die Traditionsfahne des Infanterie-Regimentes 48 nun im Wachbataillon

Traditionspflege

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Als Grüner in der blauen Uniform – mit einem fröhlichen Lachen...Von Oberst a.D. Stephan Schäfer

Es geschah zu der Zeit, als für den Protokolleinsatz noch nicht bei allen Sol-daten des Wachbataillons im Spind die Uniformen jeder Teilstreitkraft lagen. Wenn die „blaue“ 5. Kompanie gerade ihre wehrpflichtigen Soldaten entlassen hatte und mit der Protokoll-Ausbildung des neuen Rekrutenjahrgangs begann, war die 3. Kompanie zuständig für die dann notwendigen „Luftwaffeneinsätze“.

Dazu die Anekdote Nr. 1: Die Hee-reskompanien des Wachbataillons trugen das grüne Barett der Infanterie schon seit Ende der siebziger Jahre. Die Luftwaf-fenkompanie trug das blaue Schiffchen zum Dienst- und Ausgehanzug. War die 5. Kompanie zum Protokolleinsatz be-fohlen, musste nach wie vor der Helm getragen werden. Prot-Anzug und Schiff-chen passten nicht zusammen – und die Schiffchen wären auf der stets windigen Hardthöhe bestimmt auch öfters „fliegen gegangen“. Bei Staatsempfängen mit Bataillonseinsatz musste auch das Heer wieder den Helm tragen, denn Barett beim Heer und Helm bei der Luftwaffe –

das passte schon gar nicht zusammen. Nach langer Überlegung zwischen

der Bataillonsführung und der 5. Kompanie wurde entschie-

den, auch für die Luftwaffenkompanie ein Barett zu beantragen. Dies löste nun einen langen Abstimmungs- und Mit-zeichnungsprozess im Führungsstab der Luftwaffe und im Bundesministerium der Verteidigung aus. Aber Anfang 1980 war es dann tatsächlich soweit: Die 5. Kompa-nie des Wachbataillons war die erste Ein-heit der Luftwaffe, die das blaue Barett tragen durfte. Und sie blieb es innerhalb der Luftwaffe auch für lange Zeit.

Den ersten Einsatz mit „neuer Kopf-bedeckung“ als Luftwaffenkompanie auf der Hardthöhe konnte nun leider nicht die 5. Kompanie selbst durchführen, denn – so siehe oben: es war die 3. Kompanie! Natürlich löste dieser Auftritt mit dem neuen Luftwaffen-Barett bei den anwe-senden Generalen und dem Inspekteur der Luftwaffe heftiges Interesse aus. So kam es, dass ich nach dem Einsatz zum Inspekteur der Luftwaffe befohlen wurde. Allerdings hatte niemand der Luftwaffen-Führung gemeldet, dass nicht die echten, sondern nur „umgezogene“ Soldaten der 3. Kompanie des Wachbataillons den Pro-tokolldienst durchführten.

Überzeugt davon, den Kompaniechef seiner Luftwaffen-Kompanie vor sich zu sehen, befragte mich der Inspekteur, wie denn das neue blaue Barett bei den Solda-ten der 5. Kompanie „ankomme“. – „Wie es bei der fünften Kompanie ankommt Herr General, das kann ich heute noch nicht sagen, der dritten Kompanie und mir gefällt es aber gut“, antwortete ich.

Nach kurzem Erstaunen und meiner anschließenden Erklärung warum und wieso endete der erste Auftritt des neuen Luftwaffen-Baretts in Bonn mit einem fröhlichen Lachen – teilstreitkraftüber-greifend.

Dazu auch die Anekdote Nr. 2: Verab-schiedet durch den Inspekteur der Luft-waffe wurde auf der Hardthöhe in Bonn der damalige Oberbefehlshaber der 4. AlliedTacticalAirForce, der britische Air Marshal Sir Peter Hunt. Der Einsatzbe-fehl dazu traf bei der 3. Kompanie ein. Wegen: siehe oben! Allerdings wurde durch das Protokollreferat im Verteidi-

gungsministerium versäumt, den Hinweis aufzunehmen: „In Luftwaffen-Uniform“. In der S3-Abteilung des Wachbataillons fiel dies Fehlen niemandem auf.

So marschierte die 3. Kompanie in Heeresuniform mit dem klingenden Spiel des Stabsmusikkorps auf den Appellplatz vor dem Hochhaus 207. Die Parade lief ohne Probleme ab, aber irgendwem im Führungsstab der Luftwaffe muss die „falsche Uniform“ sauer aufgestoßen sein. Kaum zurück in der Hermann-Löns-Kaserne in Bergisch Gladbach, lag der Einsatzbefehl für die internationale Para-de zur Verabschiedung des Air Marshal in seinem Hauptquartier in Rheindalen am nächsten Tag vor. Fettgedruckt stand da zu lesen: „Lw-Uniform“!

Die Zeremonie im Hauptquartier der 4. ATAF erfolgte nach den Vorgaben des britischen Protokolls. Das hieß unter an-derem, zwischen dem 1., dem 2. und dem 3. Glied der Ehrenformation war ein Ab-stand von jeweils zwei Schritt befohlen. Dies ermöglichte dem Abnehmenden das Abschreiten aller drei angetretenen Glieder und nicht nur des 1. Gliedes wie sonst üblich. Dies tat dann auch der Air Marshal. Gemessen Schrittes und jedem Soldaten der Kompanie in die Augen schauend, mit seinem Marschallstab un-ter dem Arm, ging Air Marshal Sir Peter Hunt die angetretenen Ehrenformationen der vier Nationen ab. Nach dem Ende des Abschreitens kam er zur 3. Kompanie und zu mir in der blauen Uniform zurück. Er schaute mich nochmals genau an und sag-te dann schmunzelnd: „You look much better now!“ Natürlich musste ich später wieder zum Rapport beim Inspekteur der Luftwaffe antreten. Er selbst hatte die 3. Kompanie ja vor zwei Tagen auf der Hardthöhe in Heeresuniform bei der Ver-abschiedung erlebt und war auch bei der Parade in Rheindalen anwesend. Er woll-te nun wissen, was denn der Air Marshal nach dem Abschreiten im Hauptquartier noch mit mir zu reden hatte. Auch mein Bericht über dieses Erlebnis der 3. Kom-panie in der Uniform der Luftwaffe ende-te im gemeinsamen fröhlichen Lachen.

„Luftwaffeneinsätze“

„You look much better now!“ Die 3./ führt das blaue Barett der Luftwaffe im Wachbataillon ein.

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„Draußen ist halt wirklich draußen…“

Wenn Soldaten des Wachbataillons vom Auslandseinsatz berichten…Von Klaus Pokatzky*

Wenn die Soldaten der dritten Kom-panie vom Auslandseinsatz träumen, was hin und wieder vorkommt, dann können auch Tote in den Träumen vorkommen. Aber auch immer wieder taucht der „Bä-cker des Vertrauens“ in den Träumen auf. Den afghanischen Bäcker des Vertrauens gibt es überall. Den gibt es in den großen deutschen Feldlagern. Den gibt es aber auch da, wo die Soldaten des Wachbatail-lons etwa bei der afghanischen Armee in einem Infanteriebataillon eingesetzt sind. Fünf deutsche Soldaten – 350 Kilometer entfernt von den nächsten deutschen See-len; mitten in einer afghanischen Kom-panie mit 120 Mann. Und wenn dann der Soldat auf Stube in der heimischen Brückberg-Kaserne Nächtens von sei-nem Afghanistan träumt, sind das nicht unbedingt Alpträume. Da taucht dann der Kühlschrank wieder auf, den der Spieß doch tatsächlich über die 350 Kilometer zu seinen Deutschen in den afghanischen Außenposten geschafft hat: fast zwei

Meter hoch und prall gefüllt mit Käse und Salami. Was der Spieß nicht

bedacht hatte, war, dass es dort in der Einöde kein stabiles

Stromnetz gab. Bei Temperaturen von 55 Grad im Schatten. Und wenn die Soldaten dann vom Außeneinsatz zurück kamen und das Stromnetz wieder ausgefallen war, dann musste der ganze Kühlschrank eben schnell leer gegessen werden: „ Jetzt müssen wir aber alle hier im Feldlager verpflegen, weil der Käse und die Salami sonst vergammeln“. Wenn der Strom aber normal lief und der Kühlschrank funktio-nierte, gab es ein schönes Ritual: die Vor-bereitung der Käse-Salami-Wurstplatte. Die einen sind Brot holen gefahren zum Brotbäcker des Vertrauens in das nächst-gelegene Dorf und haben sich mit dem mit Händen und Füßen verständigt. Und in der Zeit hat einer, nach einem bestimm-ten Ritus, die Salami vorbereitet, so wie sie geschnitten werden musste.

Den Brotbäcker des Vertrauens gibt es aber eben auch in den deutschen Feld-lagern. 350 Kilometer weiter, wo viele deutsche Seelen wohnen. Man ist ja ir-gendwann die reguläre Verpflegung etwas Leid und freut sich auch mal über etwas, das nicht aus der Dose oder einer Plastik-tüte kommt. Und das afghanische Brot ist schon echt lecker. Man kann es sehr

gut kombinieren mit deutschen Wurstwa-ren. Und wenn dann ein Hauptgefreiter im Trupp ist, dessen Eltern eine Land-schlachterei und Metzgerei im Schwarz-wald besitzen, dann kommen natürlich regelmäßig die Pakete aus Deutschland: mit Schwarzwurst und Leberwurst, mit Blutwurst, Schinkenspeck und den ver-schiedenste Salamisorten. Und damit harmoniert das afghanische Brot vom Bäcker des Vertrauens ganz hervorragend – besonders mit frisch geschnittenem af-ghanischen Knoblauch. Das wird dann schnell zum Standard-Ritus im deut-schen Feldlager. Und davon träumt man doch gern, später wieder, auf Stube in der Brückberg-Kaserne.

Es gibt aber daheim in Deutschland auch die dunklen Träume. Von dem Ge-fecht etwa, in dem damals drei Kame-raden gefallen sind. Und der Soldat des Wachbataillons, der einen Trupp im Feu-ergefecht führte, hat im Traum auf einmal seine Tochter auf dem Arm und kann des-

* mit Dank an die Soldaten der 3. Kompanie, die von ihrem Auslandsein-satz berichtet haben.

Das bekommt man nicht aus dem Kopf: die Gefahr, dass man angesprengt wird.

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wegen mit dem G36 nicht richtig zielen. Und das regt ihn tierisch auf und so

flucht er im Traum die ganze Zeit vor sich hin: „was die verdammte Scheiße jetzt soll, weil ich kann ja so nicht rich-tig kämpfen, das kann ja nicht wahr sein.“ Das lässt den Soldaten eben nicht mehr los, diese Fragerei, die in den Träumen kommt: ist etwas falsch gelaufen, hätte ich irgendwo schneller reagieren können, was hätte ich besser machen können? Es ist schlimm, wenn der Soldat die drei Ge-fallenen besonders gut gekannt hat. Sie waren auf dem TPZ (Transportpanzer Fuchs). Und der Soldat, der jetzt von ih-nen träumt, wurde damals bei dem Feuer-gefecht mit seinem Trupp aus drei Rich-tungen beschossen, auf kurze Distanz. Er und seine Männer waren der letzte Trupp, der abgesessen noch gekämpft hat. Sie saßen in einer gefährlichen Position fest und kamen nicht mehr raus aus dem Feu-ergefecht – standen unter Kalaschnikow-Feuer, intensiv, aus mehreren Richtungen. Der Rest des Zuges war schon weg, aber ein TPZ hat dann noch einmal gewendet und ihm Deckungsfeuer gegeben, damit er aufschließen konnte zu den anderen abgesessenen Kameraden. Und dabei hat es dann den TPZ erwischt. Und der Soldat muss denken: ohne die drei, die da gefal-len sind auf dem TPZ, wäre ich vielleicht

jetzt nicht mehr hier. Er redet viel mit anderen Kameraden von da-mals darüber. Und er weiß dann immer, dass sie damals alles Hun-dertprozent richtig gemacht haben. Doch im Traum ist es halt immer so, dass man denkt: hätte man ir-gendetwas anders machen können? Hätte man...?

Lange hat den Soldaten be-schäftigt, von wo aus sie damals genau beschossen worden sind. Das konnte er ums Verrecken nicht aufklären. Und das hat ihm so lan-ge keine Ruhe gelassen, auch im Traum nicht, bis er irgendwann, wieder daheim, über Google die Karte von der Gegend des Feuer-gefechts aufgemacht hat. Und dann hat er seine eigene alte Karte noch einmal raus geholt und das alles mit den Bildern in seinem Kopf von der Gegend verglichen. Und so hat er heraus gefunden, dass auf einem Gelände 25 Meter entfernt, wo ein Landarbeiter vorher auf

dem Feld gearbeitet und ihm sogar noch zu gewunken hatte – dass genau von da geschossen worden ist. Das ist wichtig für ihn, dass er das jetzt weiß. Das hilft ihm bei seinen Träumen. Meistens.

Ja, wie kommt man damit klar? Es ist differenziert zu sehen, das kann man jetzt nicht einheitlich sehen. Jeder ist ja auch anders, jeder geht damit anders um, je-der erlebt das anders für sich selber. Und jetzt zu sagen: es gibt ein Schema F, was einfach überall aufgesetzt wird und das funktioniert – das gibt es ja so nicht. Es gab welche, die haben das gut verkraftet. Es gab Leute, die haben das weniger gut verkraftet. Und wenn dann eine Kompa-nie im Einsatz ganz bunt aus Standorten in ganz Deutschland zusammengewürfelt wird – dann haben die nach der Rückkehr aus dem Einsatz natürlich nicht den tägli-chen Zusammenhalt wie die, die alle aus einem Verband kommen. Die sind dann einfach besser dran. Und wenn die dann auch noch einen guten Truppenarzt oder einen guten Truppenpsychologen vor Ort haben, machen die natürlich viel möglich. Da wird dann viel getan und auch nach-gedacht: Wie reagiert der einzelne Soldat, der im Einsatz gewesen ist, auf die und die Situation jetzt im alltäglichen Dienst-betrieb in der Heimat – und dann wird auch reagiert: „Okay, da muss man noch

einmal Nachsteuern.“ Und anderswo läuft es eben, sagen

wir mal, eher „suboptimal“ – da, wo die Bürokratie einfach zu viel greift, und der Verwaltung vielleicht gar nicht richtig klar ist: dem Mann ist das und das passiert, das und das sind die offensichtlichen Verwun-dungen die er hat. Und die Betreuung,

Der Umgang und die Versorgung der Familien der Gefallenen – das alles ist auch ausbaufähig durch die Bundeswehr, das könnte länger und intensiver sein. Da klappen die selbst organisierten sozialen Netzwerke von betroffenen Familien viel besser, die schon Soldaten im Einsatz ver-

loren haben. Da fahren dann Abordnungen am Todestag eines gefallenen Kameraden zu seiner Grabstätte und auch zu der Mut-ter und unterhalten sich mit ihr und küm-mern sich um sie.

Im Einsatzland selbst kann man nach Gefechten mit Gefallenen und Verwunde-ten ein Debriefing bekommen – also ein Treffen mit dem Truppenpsychologen, wo noch einmal über alles geredet wird. Das kann sehr hilfreich sein. Aber es gibt auch Situationen, wenn zum Beispiel ein Zug fünf Verwundete durch einen Selbst-mordanschlag hat – dann wollen die Soldaten des Zuges kein Debrie-fing. Die wollen dann, wenn

350 Kilometer entfernt von den nächsten deutschen Seelen – mitten in einer afghanischen Kompanie mit 120 Mann…

…und zwischendurch mal auftanken im ameri-kanischen Feldlager.

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sie danach ins Feldlager reinkommen, einfach nur ihre Ruhe. Die wollen dann auch nicht mit anderen Kameraden, die nicht dabei waren, darüber sprechen – auch, wenn die es ja nur gut meinen. Und dann zieht sich eben der gesamte Zug in seinen eigenen abgeschotteten Bereich zurück; für ein, zwei Tage komplett ab-geschottet. Und macht das mit sich selbst aus. Kümmert sich um die verwundeten Kameraden im San-Bereich. Sitzt zusam-men und redet da drüber. Ohne Psycho-logen. Das muss auch möglich sein. Gut

ist auch, wenn etwa der Zugführer ausge-bildeter Peer ist, ein Gleichgestellter, der einen besseren Zugang zu den Kamera-den finden kann, da er „einer von Ihnen“ ist und weiß, was es heißt, im Gefecht zu stehen.

Damit kann auch vieles aufgefangen werden, ohne dass gleich immer mit dem Psychologen geredet werden muss. Und viele kickern sich auch den Frust und die Probleme von der Seele. Wenn man zum Beispiel als einer von fünf deutschen Sol-daten in einem afghanischen Bataillon 350 Kilometer von den nächsten deut-schen Seelen entfernt ist, und dann mal

für ein paar Tage in ein amerikanisches Feldlager zum seelischen Auftan-

ken kann und da ein Kicker steht: dann wird da die Seele frei ge-

kickert. Da ist man dann ja sehr oft und sehr lange draußen, sehr weit draußen. Und im amerikanischen Feldlager kann man dann endlich mal wieder abschalten. Kann sich auch sagen: „Alles klar, ich be-finde mich wieder in einem Umfeld, das ich von zu Hause vielleicht gewohnt bin“. Das ist dann beim Kicker sozusagen ein geschützter Bereich. Das ist dann sozusa-gen Frieden. Und man merkt dann, dass selbst erwachsene Männer sich wie bei ei-nem Schulausflug benehmen können – so ausgelassen ist dann die Stimmung. Da-

nach sind die fünf dann wieder im afgha-nischen Nirwana. Sechs Monate. Sechs Monate am Stück.

Im ISAF-Einsatz gibt es ja das „Partnering“-Konzept. Also: alle Operati-onen sollen mit der afghanischen Polizei oder der afghanischen Armee gemeinsam gefahren werden. Dazu gibt es keine Al-ternative.

Da gibt es aber auch unterschiedliche Erfahrungen. Es gab die einen Afghanen, die beim ersten Schuss weg waren – die sind verschwunden, da waren die Deut-schen dann auf einmal alleine vor Ort auf breiter Flur. Und dann gab es die anderen, die waren Top, die haben alles abgespro-chen mit den deutschen Kompaniechefs und Zugführern und dann lief das rund. Das waren eben sehr mutige afghani-

sche Soldaten, die wirklich Ihren Auftrag durchgesetzt haben, mit den wenigen Mit-teln die sie haben.

Und mit denen lief es einfach. Aber: Es war eben gemischt, man konnte nie sicher sagen, es läuft oder es läuft nicht, wenn es hieß: „Es kommt wieder ein KANDAK von den Afghanen“. KAND-AK ist das afghanische Wort für „Batail-lon“. Kilo, Alpha, November, Delta, Al-pha, Kilo.

Sie haben aber auch eine andere Zeit-Vorstellung als wir. Die arbeiten ja auch

ganz anders als wir. Zeit hat da keine Be-deutung. Wenn man da sagt, man hat mor-gens um fünf Uhr eine Operation geplant, dann heißt das für einen deutschen Solda-ten: der ist um fünf Uhr abmarschbereit, alle sind aufgesessen, es kann los gehen. Morgens um fünf Uhr heißt bei einem Af-ghanen nicht morgens um fünf Uhr. Der kommt entweder um fünf, um sechs oder um sieben Uhr.

Die Afghanen haben ein Sprichwort dafür: „Ihr habt die Uhr und wir haben die Zeit!“ wenn ein deutscher Soldat das das erste Mal hört, denkt er nur: „Hä!? – was soll das denn heißen!“.

Und wenn dann also um neun Uhr eine gemeinsame Operation mit Afghanen be-ginnen soll, wird daraus dann zehn Uhr, dann elf Uhr – und dann wird gemel-

Die Afghanen haben ein Sprichwort dafür: „Ihr habt die Uhr und wir haben die Zeit!“

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det, dass der Kommandeur der Afghanen Kopfschmerzen hat und heim gefahren ist und die kommen erst morgen früh wieder. Und dann steht man da im Niemands-land, ganz alleine. Man kann sich da auch schon mal verarscht vorkommen.

Oder wenn die Patrouille auf einen Polizeiposten zu fährt. Da fragt man sich immer: sind das jetzt wirklich afghani-sche Polizisten, an denen wir gleich vor-bei fahren, oder sind das schon Aufständi-sche? Weil man eben nie sicher sein kann: ist das einer, der uns wohlgesonnen ist, oder eben doch ein verkleideter Aufstän-discher?

Und dann die IED-Bedrohung – die bekommt man nicht aus dem Kopf: die Gefahr das man angesprengt wird. Das begleitet einen dort vom ersten bis zum letzten Tag. Dauernd hört man im Feld-lager, wenn es nachts draußen mal kurz knallt – und dann einen lauten, tiefen, dumpfen Rums. Am nächsten Morgen fährt man raus und findet nur noch Lei-chenteile. Da haben sie Sprengfallen ver-graben und dabei ist irgendetwas schief gegangen.

Sicher: eine gewisse Grundspannung verliert man nie. Aber man gewöhnt sich an vieles; es gibt eben Dinge, an die muss man sich gewöhnen. Das dauert je nach Situation unterschiedlich. Manchmal geht das Gewöhnen recht schnell. Zum Bei-spiel, wenn man die ersten beiden Wo-chen nur im Freien draußen pennen kann, neben den Fahrzeugen, an irgendwelchen Brücken.

Daran gewöhnt man sich sehr schnell: Wagen geparkt, Plane neben dem Fahr-zeug abgespannt, Feldbetten hin, drauf

gelegt und gepennt. Und wenn dann in der dritten Woche noch diese schwarzen Camping-Solarduschen kommen, umso besser: Wasser rein, warm werden lassen, kurz ab duschen.

Aber erst nach drei Wochen. Bis die Duschen kommen, wäscht man sich dann eben in irgendwelchen Bächen oder Brun-nen. Oder zwischendurch, wenn mal kurz Zeit ist: Flasche genommen, abgelaufenes Wasser, passt, Deckel auf und abgespült. Nass gemacht, eingeseift, abgeduscht. Geht alles.

Wenn man aber 350 Kilometer von den anderen deutschen Seelen mit fünf Mann im Nirwana ist und zu einer Kom-panie mit 120 Afghanen gehört, dann muss man auch sehr schnell und sehr nah an der afghanischen Lebenskultur dran sein. Da ist man dann auch viel draußen. Und draußen ist dann halt wirklich drau-ßen. Wer da Afghanen ausbilden will, der muss sich auch auf ihre Kultur einlassen. Sonst wird es mit der Vertrauens-Bildung nicht klappen.

Und die afghanische Lebenskultur ist schwer zu beschreiben, die muss man er-leben. Man muss Rituale mit aufnehmen. Wenn man zum Beispiel einen afghani-schen Gegenpart hat und der will einem deutlich zeigen, dass der deutsche Sol-dat bei ihm wirklich anerkannt ist, dann nimmt er den deutschen Soldaten an die Hand und beide gehen Hand in Hand an den anderen Soldaten vorbei und unter-halten sich.

Das ist für den deutschen Mann so in der Erziehung eigentlich ja nicht vor-gesehen. Aber der deutsche Soldat kann das schon in der Einsatzvorbereitung in

Deutschland lernen: wie man mit einem anderen Mann Hand in Hand herumläuft. Jedenfalls dann, wenn man dafür vorge-sehen ist, dass man später in die afgha-nische Armee eingegliedert wird. In der Ausbildung in Deutschland, abends beim Bier, macht man natürlich Witze darüber. Der erste Afghane, der den deutschen Sol-daten dann am Hindukusch an die Hand genommen hat, das war ein Oberleutnant – und der ist dann mit dem deutschen Sol-daten Hand in Hand an den afghanischen Soldaten vorbei gelaufen. Da war der deutsche Soldat froh über seine Einsatz-vorbereitung: ja, es kann nur so funktio-nieren – sonst kannst du deinen Auftrag nicht erfüllen. Es ist aber wirklich ein komplett anderer Kulturkreis. Allein die ganze Lebensweise. Zum Beispiel beim Essen: alle essen aus einem Topf mit den Fingern. Dabei ziehen sie sich die Schuhe aus und kratzen sich an den Füßen – und danach greifen sie wieder in den Topf. Es ist ein komplett anderer Kulturkreis. Wirklich. Er war nie ganz weg, sagen wir mal so, ein Unbehagen. Es hängt ja auch davon ab, was letztendlich aufgetischt wurde. Der deutsche Soldat hat dann halt auch nur selektiv gegessen. Es hat alles dann eine Anlaufphase gedauert. Aber nach so drei Wochen, vier Wochen war das überhaupt kein Problem mehr.

Ja, Afghanistan ist wirklich ganz an-ders als der Einsatz auf dem Balkan, im Kosovo etwa. Kosovo ist wirklich Wie-deraufbau. Da haben wir so eine Art Ent-wicklungshilfe gemacht. Und im Kosovo ist es ruhig. Aber der Soldat, der in Af-ghanistan war, würde sich niemals darü-ber lustig machen, wenn zu der gleichen Zeit jemand aus seiner Kompanie im friedlicheren Kosovo war oder bei der Pi-ratenjagd oder wo auch immer auf dieser Welt. Es kann nur immer jeder das erzäh-len, was er selber erlebt hat.

Oft kann er selber ja nicht beeinflus-sen, in welches Einsatzland er geschickt wird. Doch, wenn er mal in Afghanistan war, und dann irgendwann die Abfrage kommt, ob er auf einen Balkan-Einsatz gehen würde, dann sagt er lieber Nein. Aber zu ISAF? Da ist er jederzeit wieder bereit.

…dann wird da die Seele frei gekickert. Das ist dann beim Kicker sozusagen ein geschützter Bereich. Das ist dann sozusagen Frieden.

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Frankreich

LourdesFontaine

USA

Virginia

Kanada

Hallifax

Belgien

Brüssel

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Weltweite Einsatzorte

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Afghanistan

Mazar e SharifKunduz

Ungarn

Militär-wettkampf

Italien

Rom

Kosovo

Belgien

Brüssel

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„Die Hölle heißgemacht…“

Wintex-Übung am Bunker MarienthalVon Babak Zand

Laut krächzen die Sirenen im Tunnel des Regierungsbunkers in Marienthal, dem Ausweichsitz der Bundesregierung. Innerhalb von Sekunden schließen sich die schweren Betontore der Schließanla-ge hinter den Bewohnern des Bunkers. Die Mitglieder des Notparlaments, das im Verteidigungsfall für die Regierungs-fähigkeit der Bundesrepublik Deutsch-land verantwortlich ist, sind bereits nach einem Alarmplan in die Anlage gebracht worden. Nach einem atomaren Angriff ist die Kommunikation mit der Außenwelt so gut wie abgeschnitten. Man versucht, Kontakt zu den Nachbarstaaten aufzu-nehmen. Der Bundeskanzler bestellt sein Kabinett im Sitzungsraum für eine Kri-sensitzung ein. Alle führenden Ministeri-en sind vertreten; gemeinsam wird über-legt, wie der Erhalt der Bundesrepublik gesichert werden kann.

So ähnlich dürften die Abläufe wäh-rend der „Winter Exercise“, kurz „Win-

tex“, stattgefunden haben. Die NA-TO-Stabsrahmenübung wurde

alle zwei Jahre durchgeführt.

Ziel war es, das Szenario eines Atomkrie-ges so realistisch wie möglich darzustellen, um die Handlungsfähigkeit der Bundesre-gierung in einem Ernstfall sicherzustellen. Das Szenario war in Zeiten des Kalten Krieges für die meisten eine reale Bedro-hung. Man ging davon aus, dass Truppen des Warschauer Paktes in Jugoslawien eingefallen waren. Nach Einmischung der NATO-Streitkräfte eskalierte die poli-tische Lage und es kam zum Einsatz von Atombomben. „Man ging damals da-von aus, dass nicht nur der Köln-Bonner Raum angegriffen wurde“, so Heike Holl-under, Leiterin der Dokumentationsstätte Regierungsbunker, „sondern dass nach einem atomaren Angriff in Mitteleuropa in Deutschland nur noch 3000 Menschen hätten überleben können.“

Der Regierungsbunker wurde so kon-zipiert, dass im Falle eines atomaren An-griffes 3000 Personen 30 Tage lang autark überleben konnten. Doch vieles basierte auf theoretischen Vermutungen. „Der Bunker war ohnehin nie sicher“, erklärt Frau Hollunder, „da die Waffenentwick-

lung so schnell voranschritt, dass man mit dem Nachrüsten der Bunkeranlage gar nicht hinterherkam.“

Anfang der 1960er Jahre gingen die Ingenieure noch von einer atoma-ren Sprengkraft mit 20 Kilotonnen aus, ähnlich der Nagasaki-Bombe im Zwei-ten Weltkrieg – auch, wenn die Sowjets damals schon bei der Erprobung einer 50-Megatonnen-Bombe waren, also ei-nem Vielfachen dessen, wofür der Bunker ausgelegt war. Heike Hollunder: „Also hat man sich gesagt, wir glauben nicht, dass der Feind willens und in der Lage ist, uns mit diesen Waffen anzugreifen und den Bunker zu zerstören.“

Für die militärischen Einheiten au-ßerhalb der Bunkeranlage, darunter auch die 3. Kompanie des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung, wäre dies ohnehin nur ein schwacher Trost gewesen. Sie hatten den Auftrag, die Außenanlagen des Bunkers zu sichern. „Die Soldaten des Wachbataillons durften niemals in den Bunker hinein, die waren ja nicht sicherheitsüberprüft“, erinnert

Der Ausweichsitz der Bundesregierung im Kriegsfall: eng mit der militärischen Geschichte der 3. Kompanie verknüpft.

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sich Paul Groß, der als Techniker mehr als 36 Jahre in Marienthal gearbeitet hat: „Für die innere Sicherheit waren zivile Wachdienste und der Bundesgrenzschutz zuständig, die äußere Sicherheit übernah-men die Soldaten.“

Daran kann sich Günter Christiansen, Stabsfeldwebel a.D. und in jenen Jahren unter anderem Zugführer in der 3. Kom-panie des Wachbataillons, gut erinnern. „Wir durften zwar nicht in den Bunker, waren jedoch trotzdem mit unserem Kommandeur drin“, schmunzelt Christi-ansen heute: „Wir wollten ja wissen, was wir überhaupt da draußen bewachen. Un-ser Kommandeur hat die Zugführer um sich versammelt, denen Kurierausweise gegeben, und ist dann mit allen in das In-nere des Bunkers rein.“

Christiansens eigentlicher Auftrag aber war die Sicherung des äußeren Ver-teidigungsringes –im Schwerpunkt beim Haupteingang Ost des Bunkers. Seit 1966 nahmen Soldaten des Wachbataillons, da-runter war immer die 3. Kompanie, regel-mäßig an den NATO-Übungen teil. Die erste Übung 1966 wurde noch „Fallex“ genannt – für Fall Exercise: Herbstübung. Sie waren Vorläufer der ersten Winter-übung „Wintex“ 1971, die aber im Kern das gleiche Szenario behandelte: die Si-cherung des Notparlamentes nach einem atomaren Angriff.

Günter Christiansen war insgesamt sieben Mal bei „Wintex“ dabei, auch 1983. Damals verlegten die Infanteriezüge zum Einsatzraum und wurden aufgeteilt, so dass man zwei verstärkte Züge hatte, Erd-staffeln genannt. Dann wurden zuerst die Zugführer in die Räume eingewiesen, an-schließend die Unterführer. In den Stel-lungen, die die 3. Kompanie übernehmen sollte, lagen noch die Verteidiger einer Bundesgrenzschutz-Einheit.

„Und die haben wir dann aus den Stel-lungen herausgelöst. Und das bei Nacht war ein schwieriges Unterfangen“, betont Christiansen. Nachdem die Stellungen übernommen wurden, begann das infan-teristische Handwerk der Soldaten. Wir-kungs- und Beobachtungsbereiche wur-den zugeteilt, Sperren und Alarmposten um den Zuggefechtstand ausgelegt: „Und dann begann die Übung. Feinkomman-dos, die aus Soldaten des Wachbataillons bestanden, griffen uns jede Nacht an. Und die haben uns die Hölle heißgemacht.“

In einem Beitrag für den „Gardisten“

(Ausgabe Nr. 12 vom Juni 1983) schrieb Christiansen seine noch frischen Ein-drücke auf: „Am Morgen des 14. März 1983 begann dann der Großkampftag für die Truppe. Eine Feindmeldung jagte die andere. Im Bereich der Luftlandewiese wurden belgische Fallschirmspringer ab-gesetzt, feindliche Luftlandetruppen an

mehreren Stellen eingeflogen, sodass es im Kampfgebiet von Stunde zu Stunde heißer wurde.

Die erste Feindberührung wurde von Stabsunteroffizier Moss, Führer der Siche-rungskräfte am Antennenfeld, gemeldet. Minuten später war der Feuerkampf im vollen Gange. Die Übermacht der ‚belgi-schen Jäger‘ war so groß, dass auch der Einsatz der Zugreserve nicht den erhoff-ten Erfolg brachte. Die Reserve musste wenig später im Schutz der im Objekt liegenden Kräfte ausweichen. Das Anten-nenfeld fiel dem Feind in die Hände.“

Das Antennenfeld konnte jedoch wie-der zurückgewonnen werden. Warum die Belgier aber so genau wussten, wo die Stellungen der Gardesoldaten lagen, kann sich Christiansen erklären. „Die bel-gischen Jäger waren zwei Tage vorher als Spaziergänger getarnt durch unsere Ge-fechtstände gewandert, und wussten ganz genau, wo wir unsere Stellungen hatten“, ärgert er sich noch heute, 28 Jahre später: „Und die hatten somit leichtes Spiel. Wir durften den Übungsraum um den Bunker herum ja nicht für Zivilisten sperren.“

Eine andere Zeit erlebte Hauptfeldwe-bel Thomas Stahl in den neunziger Jah-ren. Er selbst hat keine „Wintex“-Übung im Rahmen der NATO noch mitgemacht. Allerdings wurde zur Führerweiterbil-dung auch nach dem „Wintex“-Ende je-des Jahr eine taktische Übung im Raum Marienthal durchgeführt.

„Von militärischer Seite aus wurde der Bereich nicht mehr mit der Volltruppe beübt“, so der altgediente Gardist: „Aber er war aus den Gedanken noch nicht weg. Der Verteidigungsauftrag des Wachba-taillons blieb ja unverändert – im soge-nannten V-Fall den Regierungssitz der Bundesregierung zu verteidigen. Und darum wurde er, wenn auch nur taktisch, zumindest mit dem Führungspersonal weiter beübt. Die letzte Übung war dann 1998.“

Die Bedrohungslage sah zu diesem Zeitpunkt ja auch anders aus. „Anfang der neunziger Jahre ging man gar nicht mehr im Schwerpunkt von einer atoma-ren Bedrohung aus, sondern man sah die Gefahr eher durch Kommandounterneh-men, die in den Bunker eindringen woll-ten. Wir sind in unseren Szenarien davon ausgegangen, dass es verdeckte feindliche Operationen wie Aufklärungsversuche und Sabotage geben würde.“ Der Auftrag des Wachbataillons war es, diese Ein-dringversuche zu verhindern. „189“ war die Bezeichnung einer der Lüftungsschächte, die unter

Seit 1966 nahmen Soldaten des Wachbataillons, darunter war immer die 3. Kompanie, regelmäßig an den NATO-Übungen teil.

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anderem durch das Wachbataillon gesi-chert wurden.

Diese Außenanlagen wurden nach einem Operationsplan bewacht, der je nach Wichtigkeit durch Soldaten ständig gesichert – oder zumindest regelmäßig bestreift wurde.

„Die Zuluftschächte waren der wun-de Punkt der Anlage“, erinnert sich Paul Groß, 36 Jahre lang Techniker und Ver-antwortlicher für die Lüftungsschächte im Bunker: „Wenn da einer was reingeworfen hätte, wäre es schlimm ausgegangen. Aber dahinzukommen war aufgrund der guten Überwachung fast unmöglich.“

Die Anlagen waren großräumig ein-gezäunt, die Kampfstände waren mit Sta-cheldraht umzäunt, der zivile Wachschutz machte seine Kontrollgänge mit insge-samt vierundzwanzig Schäferhunden. Wenn irgendwo unerlaubt eine Tür oder eine Öffnung bei den Schächten aufge-macht wurde, dann konnte die Komman-dozentrale des Bunkers sofort sehen, wo genau der vermutete Eindringling war.

Bei Auslösen eines Alarms schlos-sen sich innerhalb von Millisekunden die schweren Schutzdeckel der Zuluft-

schächte. Paul Groß: „Wenn da einer zwischen gesteckt hätte, der wäre

zermalmt worden. Die Deckel wogen mehrere Tonnen, das

war lebensgefährlich.“ Aber Spionage war vielleicht die re-

alste Bedrohung. Markus Wolf, Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung der DDR, schrieb in einem Bericht einmal: „Bereits vor der Inbetriebnahme des Bunkers im Jahr 1972 lag unserer Auswertung eine ausführliche Dokumentation und Analyse des Bauwerkes vor.“ Heike Hollunder, die

Leiterin der Dokumentationsstätte Regie-rungsbunker, hat auch ihre Einblicke in die Spionagegeschichte des Bunkers:

„Wir haben auch Kontakt zu einem Spion, dessen Lebensgefährte im Vertei-digungsministerium gearbeitet hat, und der Inhalte der Übung direkt an seinen Partner, und dieser dann an die Aufklä-rung der DDR weitergeleitet hat. Das ging über Jahre so.

Es handelte sich hierbei um einen westdeutschen Staatsbürger, der für die DDR spioniert hatte, und einer seiner Top-Agenten war.“

Der Regierungsbunker, der Ausweich-sitz der Bundesregierung in einem Kri-sen- beziehungsweise Verteidigungs-Fall, ist eng mit der militärischen Geschichte der 3. Kompanie, aber auch mit den ande-ren Teilen des Wachbataillons verknüpft. Über Jahrzehnte gehörten die Übungen „Wintex“, im Bataillon auch „Sicheres Heim“ genannt, fest zum militärischen Auftrag.

Heute ist der Regierungsbunker eine Dokumentationsstätte und ein Dokument der jüngeren Geschichte Deutschlands. Es lohnt sich, diese Gedenkstätte einmal zu besuchen. Unter www.dokumentationss-taette-regierungsbunker.eu gibt es Infor-mationen über die Termine von Führun-gen und weitere Kontaktdaten.

So konzipiert, dass im Falle eines atomaren Angriffes 3000 Personen 30 Tage lang autark überleben konnten…

Heike Hollunder, Leiterin der Dokumentationsstätte: „Der Bunker war ohnehin nie sicher, da die Waffenentwicklung so schnell voranschritt, dass man mit dem Nachrüsten der Bun-keranlage gar nicht hinterherkam.“

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Hansi, der Gaul

Mein Dank gilt allen aus der zweiten Schule des LebensVon Josef Mahr

Hardthöhe. Es wird wohl ein Freitag gewesen sein. Einer, an dem man sich nicht auf das Heimatwochenende freuen durfte. Wir mussten schließlich Dienst schieben. Wir, die Jungs vom Wach-bataillon, 4. Kompanie. 1967 sind wir eingezogen worden. An diesem Freitag (irgendwann zwischen 1967 und 1969) überlegten wir, wie wir den Abend ge-stalten würden. Auf der Bude hocken? Darauf hatte keiner von uns sechs Mann

Lust. Unsere Kaserne, ein umgebau-

tes ehemaliges Mormonenklos-ter lud nicht gerade dazu ein,

die Wochenenden hier mit Bibelstun-den zu verbringen. Also beschlossen wir, uns einen locke-ren Abend im nahe-gelegenen Örtchen Heide (das hatte wirklich etwas von einem Örtchen) zu verleben. Nun denn – mit den letzten Barschaften auf zum Festzelt. Die finan-ziellen Mittel waren damals nicht gerade üppig.

Oder anders for-muliert: wir sind fast „blank“ zum Festzelt marschiert. Aber der „Bund“ war ja schon immer beim Volke hoch angesehen, so dass wir uns mit ei-nigen Runden über Wasser halten konn-ten. Dank einiger älterer Herrschaften, denen wir „Jungs“ wohl irgendwie leid taten.

Die Stimmung stieg, unsere Schlag-zahl an Getränken auch, da startete eine Tombola. Mit den letzten drei Groschen, die der Autor dieser Geschichte in der Ta-sche hatte, wurde ein Los aus der Tombo-la gekauft.

Der gewonnene Preis war zwar kein Opel Kadett oder eine Kreidler Florett, aber immerhin ein Reservekanister, mit fünf Liter Fassungsvermögen. Was mach-ten wir mit dem wertvollen Stück? Klar, Kanister, Flüssigkeit: der musste gefüllt werden.

Wie mit einem „Klingelbeutel“ lief unser Kamerad Grabe damit rum – und

wieder hatten viele Leute ein Herz für uns. Hier ein Schnäpschen, da ein Wein-chen, dort ein Bierchen, hier ein Asbach-Uralt – ein bisschen Limo und Cola drauf, die Plörre wurde immer schlimmer. Aber Jungs wie wir sind tapfer:

Wir haben den teuflischen Mix ge-schluckt wie einst unsere Kaba-Rationen in der Schule. Irgendwann zeigte der leicht nach Kommoden-Lack schmecken-de „Drink“ noch mehr Wirkung. Also beschlossen wir: Jungs, es ist Schlafens-zeit. Möglichst auf der eigenen Bude (wir waren ja zum Teil frisch verheiratet und dachten gar nicht an „andere Möglichkei-ten“).

Die Nacht wäre sicherlich ganz nor-mal verlaufen, wenn wir nicht unserem „Hansi“ (der hieß wirklich so) über den Weg gelaufen wären. Hansi, ein Hafflin-ger-Gaul stand ganz friedlich auf seiner Koppel. Ich glaube er (oder sie – dass wissen wir heute nicht mehr) mochte uns.

Denn wir beschlossen von jetzt auf gleich: „Wenn dem Hansi kalt ist, kommt er mit auf die Bude!“ Natürlich nicht in unsere. Ein staatlicher Gaul wie er sollte schon die UvD-Bude kriegen. Das waren wir ihm schuldig. Der Zossen machte auch gar nicht erst die Verweigerungshal-tung, der lief direkt mit. Ein imposanter Zug setzte sich mitten in der Nacht in Richtung „Mormonen-Kaserne“ in Gang.

Die Herren Vorgesetzten nächtig-ten komplett bei ihren Familien. Es gab deshalb keine Barrieren, unseren neuen „Talisman“ mit ins Haus zu nehmen. Das einzige Problem, über das wir jetzt noch schwer nachdachten: der Kanister war um viereinhalb Liter unseres hochexplosiven Gemisches leichter. Aber wie kriegen wir diese gefühlte Tonne lebenden Pferdeflei-sches die Treppe zur UvD-Bude rauf?

Mit dem Glück, das nun mal Besoffe-ne und kleine Kinder sprichwörtlich ha-ben, gelang uns diese schwierige Aufga-be. Der Hottimax war in „Schmidtchens“ (Hauptmann Schmidt) Domizil angekom-men. Tja, und wir hatten nun das Gefühl, die personifizierten Siegermächte zu sein. Wir klatschten uns ab und streckten unse-re durchtrainierten Körper:

Mit solchen Jungs gewinnst Du je-den Krieg! Ob Hansi – im Gefühl seiner

Und abends in den Driescher Hof…(Anzeige aus: „Der Gardist“ 1968, Nummer 1.)

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Beförderung zum „Kompaniechef“ – fröhlich abgewiehert oder die Bude mit Freudenschissen durchzogen hat, wuss-ten wir nicht. Die Nacht war schon weit fortgeschritten – oder anders formuliert: draußen wurde es schon helle. Nach ei-ner guten Stunde Schlaf mussten wir alle antreten. Schmidtchens schneidige Stimme hat uns in Windeseile erst in die Klamotten und anschließend vor die Tür gebracht.

Unser Chef war so erfreut, dass er sich für unseren Ideenreichtum eine tol-le Belohnung erdacht hatte. Wir durften mit vollem Marschgepäck zweimal zur Wahnbach-Talsperre abdampfen.

Das wäre kein großes Problem gewe-sen, wenn die Talsperre nicht sieben Kilo-meter entfernt gewesen wäre. Zeit, unter-wegs Fotos zu machen oder die herrliche Landschaft zu genießen oder Lunchpake-te zu verkimmeln, ließ man uns übrigens nicht.

Kamerad Theo Weinhold kam dieser „fröhliche Ausflug“ übrigens besonders gelegen. Er verlor seine Körperflüssig-keiten nicht nur über die Drüsen, nein, er nutzte auch die oralen Möglichkeiten zum anfallartigen Flüssigkeitsverlust.

Die Geschichte hat sich – wie vieles im Leben – nie so richtig geklärt.

Als Bundeswehrsoldat hat man eben

das eine oder andere kleine Geheimnis. General Steinhoff hat mich mal persön-lich gefragt: „Mahr, sind Sie gerne Sol-dat?“ – „Natürlich“, habe ich ihm geant-wortet. Ich habe ihm die Wahrheit gesagt. Diese Zeit meines Lebens hat mir neue Erfahrungen in Sachen Menschenkennt-nis schon in jungen Jahren gebracht. Man entwickelt mehr Verantwortung für den Mitmenschen, der Respekt vor dem ande-ren wächst.

Man wird geradliniger. Insofern ist es die zweite Schule des Lebens – in der ich gerne gelernt habe. Von Schmidtchen, von Christiansen, vom Zimmernachbarn. Mein Dank gilt allen.

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„Moritz II“…

…oder der Tod eines Maskottchens

Von Hans A. Vogel

Im Februar 1962, nach dem Umzug der 4. (der späteren 3.) Kompanie in die neue Unterkunft in Lohmar-Heide, die im Rückblick auf die Unterbringungsenge im Baracken-geviert der Brückberg-Kaserne keine nennenswerte Besserung brachte, übergaben die Unteroffiziere des Batail-lons anlässlich eines Umtrunks denen, die nun in Lohmar-Heide wohnten oder dienten, ein Maskottchen in Gestalt einer kleinen männlichen Bergziege mit Name „Moritz“. Sie stammte aus den Beständen des Bataillonsgeheges um die Oberziege „Kuno“ vis-à-vis des Offizierheimes.

Die Bataillonsunteroffiziere über-gaben das Tier, wohl mit frommen Wünschen, in die Obhut des Kompa-niefeldwebels der 4./WachBtl BMVg, Hauptfeldwebel Krogsen. Dieser über-antwortete wiederum Moritz, an einer Schnur führend, einem Soldaten der Kompanie, dem Grenadier D. aus dem 3. Zug, der, wie ich, ein Mitbewohner im Bungalow war.

Dieser brachte nun das Tierchen in eine, sich im rückwärtigen Unterkunfts-gelände befindliche, rundum verglaste und beleuchtbare Voliere mit Kegel-dach und mittiger Dachstütze unweit des Schwimmbades. Als sich der kleine Zie-genbock nun im spiegelnden Glas der Vo-liere sah, glaubte er einen Konkurrenten zu sehen und nahm den Kampf auf – er schlug mit der Stirnpartie seines Kopfes zu. Grenadier D. befürchtete nun, das Tier könne die Scheibe(n) zertrümmern und sich dabei verletzen. Er band es mit der Führleine an der Dachstütze so fest, das es nicht bis zum Glas gelangen konnte. Er verließ die Voliere und ging zur Un-terkunft – zum Bungalow, wo er mich an-traf und mir von dem neuen Maskottchen erzählte. Er schloss mit der Frage, ob ich mir den Moritz mit ihm zusammen „mal

eben ansehen“ wolle…Damit war ich einverstanden

und wir stiefelten los. Wir ka-men zur beleuchteten Voliere

und sahen, das Moritz, um sich seinem vermeintlichen Gegner nähern zu kön-nen, wohl immer wieder um die Stütze gelaufen war, bis sich die Führleine so verkürzt hatte, dass sie ihm die Atemluft abgeschnürt hatte.

Er hing am Halse mit heraushängen-der Zunge an der Dachstütze. Sofortige Loslösung der Schnur und Wiederbele-bungsversuche unsererseits, konnten un-serem Maskottchen nicht mehr helfen – es war tot. Punkt.

Mein Kamerad D. war auf der Stelle blass. Eine jetzt notwendige, mündlich-persönliche Todesmeldung könne er ge-genüber dem Hauptfeldwebel Krogsen jetzt nicht abgeben. Er bat mich dies zu übernehmen, ich sei am Ableben des Mo-ritz ja nicht schuld und er liefe dem Kom-paniefeldwebel noch früh genug über den Weg. So verblieben wir – ich meldete.

Herr Hauptfeldwebel Krogsen nahm meine Meldung entgegen. Kamerad D. hatte Recht, er hätte diese Meldung „nicht überlebt“. Nachdem er sich beruhigt hat-te durfte ich gehen. Überlegungen erga-ben, dass letztlich ein Problem blieb. Wie konnte verhindert werden, dass die Unter-offiziere des Bataillons vom Ableben des

jungen Maskottchens erfahren würden; Lösung: der Kauf einer ähnlichen jungen Ziege an Stelle von Moritz, gegebenen-falls im Bonner Kinderzoo an der Römer-straße.

Am nächsten Morgen wurden ich und mein Kamerad D. beauftragt, mit öffent-lichen Verkehrsmitteln (Bus und Bahn, eben ohne Fahrbefehl) von Lohmar-Heide (Franz-Häuschen) nach Bonn und, wenn möglich, mit „Moritz II“ zurück zu reisen. Ob wir dies in Uniform oder in Zivilklei-dung unternahmen, weiß ich nicht mehr.

Wir fanden im Bonner Kinderzoo ei-nen entsprechenden kleinen Ziegenbock, den wir für wenig Geld erwarben. Die Rückfahrt mit Moritz II wurde ein Erleb-nis der besonderen Art. Wir trugen ihn abwechselnd in den Armen, dabei zap-pelte der kleine Ziegenbock unentwegt und schrie dabei laut und jämmerlich sein Leid in Welt – in Bahn und Bus bis Franz-Häuschen. Aber die Unteroffiziere der 4. /WachBtl BMVg hatten ihr Maskottchen wieder.

Nach einigen Monaten erkannten wir, dass es nicht gut sei, einen Ziegenbock allein zu halten – ihm wurde eine junge Zicke beigegeben.

Lohmar-Heide zu Zeiten der Ziegen Moritz I und Moritz II – mit einem Moritz III, aus dem Internet heruntergeladen…

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Chronik der 3. KompanieVon Siegburg nach SiegburgVon Michael Fritzsche

Am 1. Juli 1961 beginnt unter Haupt-mann Rottländer, dem ersten Kompanie-chef, mit einem Vorauspersonal von 17 Mann, die Aufstellung der 4. Kompanie. Nachdem diese anfänglich in den Bara-cken der Brückberg-Kaserne in Sieg-

burg untergebracht sind, ziehen sie in ein ehemaliges Jugendheim nach

Lohmar-Heide. Am 1. Septem-ber nimmt die Kompanie

mit dem Einzug von Wehrpflichtigen den Tagesdienst auf und feiert im Palais Schaumburg für Bundeskanzler Dr. Kon-rad Adenauer, zu dessen 85. Geburtstag, erfolgreich ihren protokollarischen Ein-stand.

Im folgenden Jahr wird durch die noch junge 4. Kompanie bereits der fünfte Geburtstag des gesamten Wachbataillons zelebriert.

Das Jahr 1964 beginnt mit der Ab-schaffung des weißen Koppelzeugs und der weißen Handschuhe, was dem proto-kollarischen Ehrendienst, nach Einschät-zung von Zeitzeugen, den gewohnten Glanz nimmt. Das sieht man im Bundes-ministerium der Verteidigung ähnlich und somit werden weißes Koppelzeug und weiße Handschuhe wenige Jahre später wieder eingeführt.

Im September 1964 ist Hauptmann Rottländer bereits am Ende seiner Ver-wendungszeit angelangt und übergibt sein Amt an Hauptmann von Prondzyn-ski. Dieser führt die Kompanie auch am 7. Januar 1965, als Bundespräsident Heinrich Lübke dem Feldwebel Kreuser aus der 4. Kompanie die Truppenfahne Nummer 1 des Wachbataillons überreicht, und Feldwebel Kreuser damit erster Fah-nenträger des Bataillons und zugleich der Bundeswehr wird. Das gesamte Bataillon nimmt an diesem feierlichen Zeremoniell im offenen Karree teil. Am 12. September übernimmt die Vierte die Tradition des In-fanterieregimentes 48, das sich um die Er-stürmung der französischen Festung Fort Douaumont verdient gemacht hat. Dabei wird gleichzeitig das Schwimmbad in der Truppenunterkunft in Heide eingeweiht. In das dortige Schwimmbecken macht der Chef, Hauptmann von Prondzynski, einen Kopfsprung, um danach mit seinen Offizieren auf beide Anlässe feierlich mit einem Glas „leckeren Kaltgetränks“ an-zustoßen. Dieser Anblick blieb einem Fo-tografen nicht verborgen, der eine unver-gessliche Aufnahme davon macht (Foto siehe Seite 12). Die Traditionstreue zum IR 48 ist bis heute dem Wappen der Vier-ten zu entnehmen. Kurz darauf übernahm am 1. Oktober 1966 Hauptmann Schmidt die Kompanie und Oberfeldwebel Jaku-beit, der seit 1961 in der Kompanie dient, wird zum Kompaniefeldwebel.

Kurz bevor die Vierte in die Hermann-Löns-Kaserne umzieht, wechselt wieder die Führungsriege der Kompanie. Am 1. Oktober 1968 übernimmt der ehemalige S1 Oberleutnant Feldmann die Kompa-nie und kurz darauf wird Oberfeldwebel Grosser vom Kompanietruppführer zum Spieß. Nach sieben Jahren Wartezeit zieht die Kompanie am 19.02.1969 mit „Sack

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und Pack“ nach Bergisch Gladbach und hat fortan dort ihr Hauptquartier.

Am 8. Mai 1971 fällt das zehnjäh-rige Bestehen der Vierten mit einem Tradi t ionstreffen Ehemaliger des IR 48 zusammen und wird ordentlich ge-feiert. Im September ist dann die Stehzeit des Kompaniechefs vorüber und Haupt-mann Czarnecki übernimmt.

Im Jahr 1972 fin-det eine Verkürzung des Wehrdienstes statt, was die Auflö-sung und Versetzung von zwei Zügen zur Folge hat. Statt der bisherigen 18 Mona-te, müssen die Grundwehrdienstleisten-den nun nur noch 15 Monate dienen.

1973 ist für die bisherige Vierte ein besonders interessantes Jahr. Nach eini-ger Umstrukturierung wird die „alte“ drit-te Kompanie aufgelöst und die Soldaten werden zur „alten“ Vierten versetzt. Da sie die drittälteste Kompanie ist, wird sie fortan zur Dritten.

Ab dem 1. Oktober tritt diese Rege-lung in Kraft, welche auch beinhaltet, dass die Nummer 4 fortan der Marinesi-cherungskompanie des Bataillons zu Ei-gen wird. Alles klar? Die 4./ heißt jetzt 3./, sonst ändert sich aber nichts – bitte! Doch: Hauptmann Czarnecki wird Kom-paniechef der Ersten und die Dritte steht ab sofort unter Führung des Hauptmann Fulst.

Im Mai 1974 wird die infanteristische Ausbildung kurz durch Traditionstreffen unterbrochen, an dem erstmals der Sem-per Talis Bund, die Ehemaligen des IR 48 sowie die Ehemaligen des WachBtl BMVg teilnehmen. Noch im selben Jahr wird das WachBtl BMVg aus dem Ver-band des Wehrbereichskommandos III herausgelöst und untersteht sodann dem Sicherungs- und Versorgungsregiment BMVg.

Das lange Bestehen der Dritten wird besonders deutlich, weil sie 1976 den

Generalinspekteur General Wust ins Amt einführt und 34 Jahre später, durch zwei Oberleutnante der Dritten begleitet, im Oktober 2010, zu Grabe trägt.

Am 23. September 1977 findet das Bataillons-Unteroffizierschießen statt. Der Kompaniechef Hauptmann Fulst be-legt den ersten Platz beim Gewehrschie-ßen und der Kompaniefeldwebel Haupt-feldwebel Grosser den zweiten beim Pistolenschießen.

Nach seiner knapp fünfjährigen Ver-wendung als Kompaniechef wird Haupt-mann Fulst im Januar 1978 von Haupt-mann Schäfer abgelöst. Noch im gleichen Jahr im November wird das grüne Barett an die Heeressoldaten übergeben, welches mit dem gotischen „W“ bestückt ist. Das Barett wird seitdem zu protokollarischen Einsätzen, aber auch im Tagesdienst ge-tragen. Außerdem wird Hauptfeldwebel Christiansen, seit der Aufstellung Ange-höriger der Dritten, als erstem Soldaten des Bataillons das Abzeichen für Leistun-gen im Truppendienst in der Stufe Gold mit fünf Wiederholungen verliehen.

Wie die Zeit vergeht, erkennt man, als die Dritte am 1. Juli 1981 ihren zwan-zigsten Geburtstag feiert – und das mit vielen geladenen Gästen und Ehemaligen der Dritten beziehungsweise der Vierten. Wie nicht anders zu erwarten, wird die

Bei Wind und Wetter: Soldaten des Wachbataillons trotzen dem Wetter und stehen stramm

Dritte beim Bataillonssportfest erneut die punktbeste Kompanie. Unvergesslich für 19 Soldaten wird die Einladung anläss-lich des 200. Jahrestages der Schlacht bei Yorktown (Virginia/USA) gewesen sein. Sie dürfen als Abordnung der Bun-deswehr am umfangreich gestalteten Be-treuungsprogramm teilnehmen, was unter anderem ein Schießen mit den Amerika-nern und die Besichtigung verschiedener Sehenswürdigkeiten beinhaltet.

Ende März 1982 nimmt die Kompa-nie Abschied von ihrem Kompaniechef Hauptmann Schäfer, der eine neue Ver-wendung als Chef einer Fallschirmjäger-kompanie antritt. Zur Freude der Kompa-nie kehrt er später als Kommandeur des Wachbataillons BMVg noch einmal zum Bataillon zurück. Er wird durch Herrn Hauptmann Graf von Westerholt abge-löst.

Erstmals geht es in diesem Jahr auch per Eisenbahntransport auf den Übungs-platz Sennelager, an den Fuß des Teuto-burger Waldes. Neben den zahlreichen Protokolleinsätzen, die die Kompanie mit Bravour absolviert, gewinnt die Dritte beim Bataillonssportfest den Wanderpo-kal für die beste Leistung.

Der Kompaniefeldwebel Hauptfeldwebel Wallraff erhält in Beisein des Bataillons das

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Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber. Noch ein Höhepunkt folgt für Hauptfeld-webel Christiansen kurz vor der Jahres-wende, als er das Ehrenkreuz der Bundes-wehr in Gold verliehen bekommt.

Die folgenden Jahre vergehen mit zahlreichen protokollarischen Einsätzen, die die Dritte zumeist mit äußerstem Er-folg absolvieren. 1985 löst Hauptmann Schättinger den Kompaniechef ab, der 1987 wiederum von Hauptmann Wieser abgelöst wird. Dieser ist Chef, als für die Kompanie eine erwähnenswerte Verän-derung im April 1990 in Kraft tritt. Nach langjähriger Bauzeit werden neue Unter-kunftsgebäude in der Brückberg-Kaserne fertiggestellt und die Dritte zieht zum zweiten, zumindest bis heute auch zum vorerst letzten Mal, seit ihrem Bestehen um. Durch die neuen Gebäude ist das Ba-taillon nun fast vollständig , abgesehen von der Ausbildungskompanie 902, in der Brückberg-Kaserne in Siegburg vertreten.

Eine Veranstaltung, an die sich auch der derzeitige Spieß, Stabsfeldwebel Jan-sen, gern zurück erinnert, ist die Unterof-fizierverabschiedung, zu der der damalige amtierende Verteidigungsminister Volker Rühe eingeladen wird. Wider Erwarten kommt dieser der Einladung gern nach und so wird bei so manchem „Kaltge-tränk“ gemeinsam gefeiert.

Im Februar 1994, Hauptmann Röper ist mittlerweile drei Jahre Kompaniechef, verlegt das Bataillon in einer 35 Kilome-ter langen Marschkolonne auf den Trup-penübungsplatz Schwarzenborn. Immer unter den wachsamen Augen des Kom-mandeurs, der das Ganze aus der Luft im eigenen Hubschrauber begutachtet. Doch nicht nur dies ist ungewöhnlich: auf dem Truppenübungsplatz findet ein Gelöbnis für neue Rekruten im Feldanzug statt, wo-bei die Dritte die Ehrenformation stellt.

Das Jahr 1995 wartet nicht nur mit dem Chefwechsel in der Dritten von Hauptmann Röper zu Hauptmann Grund-mann, sondern auch mit dem Umzug mit Teilen des Bataillons nach Berlin in die Julius-Leber-Kaserne. Der Umzug wird nötig, da mittlerweile viele protokolla-rische Einsätze in Berlin stattfinden und

die Reisen für Musikkorps und die Wachkompanien zu anstrengend,

aber auch zu kostenintensiv wer-den.

1997 übergibt Hauptmann Grund-mann die Kompanie an Hauptmann Hou-ben, einen im Wachbataillon gewachse-nen Offizier, der seine Ausbildung zum Protokollsoldaten in der Fünften erhalten hat.

Im Januar 1999 verlegt die Dritte dann als erste Kompanie des Wachbataillons zum Regionalen Übungszentrum Infan-terie nach Hammelburg und beweist dort, dass das Wachbataillon nicht nur Exper-ten im Infanteriegriff sind, sondern sich auch im Gefechtsdienst herausragend schlagen und dies bei widrigsten Witte-rungsbedingungen. Dies ist einer der letz-ten Höhepunkte für den Kompaniechef, der im Juni die Kompanie an Hauptmann Faul, einen Offizier der Gebirgsjägertrup-pe, übergibt.

Während im Jahr 2000 durch den Um-zug der Fünften nach Berlin nunmehr die Hälfte des Bataillons in Berlin stationiert ist, hält die Dritte ihre Stellung in Sieg-burg – und das bis heute, wie wir wissen.

Nach rund drei Jahren Dienstzeit kommt die Kompanie im November 2002 in die Obhut von Hauptmann Doert. Die Jahre verstreichen mit Höhepunkten wie den Öffentlichen Gelöbnissen in Siegen oder auf dem Siegburger Marktplatz, wie es auch im Februar 2011 wieder durchge-führt wurde.

Auch die Dienstzeit des Hauptmann Doert geht vorüber und es übernimmt im Februar 2005 Oberleutnant Volkmann,

der von der Siebten zur Dritten versetzt wird. Ein Highlight dieses Jahres ist die Weiterbildung des Führerkorps der Drit-ten, die in Sonthofen durchgeführt wird und ganz im Zeichen des „Drahtesels“ steht, mit dem die Ausbilder einige Kilo- und Höhenmeter zurücklegen.

Hauptmann Volkmann wird von Ober-leutnant Jänicke abgelöst, der von der Siebten zur Dritten versetzt wird. Im Feb-ruar 2011 übernimmt Oberleutnant Lejcz-ak, ehemaliger Zugführer in der Sechsten, die Kompanie und führt diese bis heute. Fakt ist: die dritte Kompanie des Wach-bataillons beim Bundesministerium der Verteidigung kann auf eine ereignisreiche fünfzigjährige Geschichte zurückblicken. Unzählige protokollarische Einsätze – da-runter auch für US-Präsident John F. Ken-nedy und Papst Johannes Paul II. – blei-ben den Beteiligten unvergesslich.

Doch die Herausforderungen werden nicht weniger: im Gegenteil. Die aktuelle Strukturreform und die damit verbunde-ne Aussetzung der Wehrpflicht führen zu einem Personalengpass, an deren Besei-tigung sowohl auf Kompanieebene, als auch auf Bataillonsebene fieberhaft gear-beitet wird.

Zuversichtlich hofft das derzeitige Stammpersonal auf weitere fünfzig Jah-re dritte Kompanie – und das am liebsten auch in der Heimat: der Garnisonstadt Siegburg.

Ein Tag beim Wachbataillon: Soldaten des Salutzuges bei der Arbeit

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57Semper Talis!

Semper Calix...

Semper Salus...

Semper Urgens...

Semper Patientia...

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