harnsäure - mehr als gicht
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1
Harnsäure – Folgen für die Niere
und das kardiovaskuläre Risiko
Dr.med. Kai Hahn
Internist/Nephrologe
2
Patient H. F. (58 Jahre, 170 cm, 102 kg, BMI 34)
1. Arterielle Hypertonie RR 150/85 mmHg2. Diabetes mellitus 2b HbA1c 7,3%
3. Fettstoffwechselstörung TC 243 mg/dl LDL 166 mg/dl
HDL 37 mg/dl TG 200 mg/dl
4. Hyperuricämie HS 7,8 mg/dl
5. Niereninsuffizienz Krea 1,4 mg/dl eGFR 54 ml/min
Weitere Begleiterkrankungen/Symptome: diffuse KHK, LVH, Claudicatio
Medikation: RASB, CCB, Diuretikum, ASS, Statin, Metformin
Würden Sie die Hyperuricämie bei diesem
Patienten therapieren und wenn ja, warum?
3
Kaiser Augustus Heinrich VIIILudwig XIV
Gicht - eine Krankheit der Könige
Nachweis von Gicht schon in Skeletten ägyptischer Mumien vor 4000 Jahren
seit dem 1. Jahrhundert bis noch vor kurzem als Folge, bzw. unmittelbare Bestrafung, für
übermäßiges Essen und Trinken sowie ein liederliches Leben betrachtet
4
Epidemiologie
• Verbreitetes medizinisches Problem, von dem 1–2 % aller Erwachsenen in
Industrieländern betroffen sind1–3
– Allgemeine Prävalenz von 1,39 % in Allgemeinarztpraxen in Großbritannien2
• Häufigste entzündliche Arthritis bei Männern
• Stärker verbreitet bei Männern – Verhältnis Männer:Frauen 4:1 bis 9:1
• Prävalenz nimmt mit steigendem Alter zu
– >7 % bei Männern und fast 3 % bei Frauen >75 Jahre (Daten aus
Großbritannien)
• Im Vergleich hierzu beträgt die Prävalenz der rheumatoiden Arthritis in der
allgemeinen Erwachsenenbevölkerung 0,5–1 %4
1. Zhang E et al. Ann Rheum Dis 2006; 65:1301-1311. 2. Mikuls TR et al. Ann Rheum Dis 2005; 64:267-272. 3. Annemans L et al. Ann Rheum Dis 2008; 67(7):960-966. 4. Alamanos Y und Drosos AA. Autoimmun Rev 2005; 4:130-136.
Gichtarthritis, Gichtknoten oder Harnsäuresteine sind als offensichtliche Folgen
einer Hyperuricämie bislang Hauptindikationen zur Harnsäuresenkung
6
Shoji A et al. Arthritis Rheum 2004; 51(3):321-325.
0%
20%
40%
60%
80%
100%
5 (0.30) 6 (0.36) 7 (0.42) 8 (0.48) 9 (0.54) 10 (0.60)
Mittlerer Serumharnsäurepegel während des gesamten Untersuchungszeitraums in mg/dl (mmol/l)
% In
zid
enz
wie
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G
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meh
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Jah
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ers
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Bes
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jed
es
Pat
ien
ten
BeobachtetLogistische Regression
n=267
Uratlöslichkeit bei:
37 oC
Beeinflussbarer Risikofaktor für Gicht: Hyperurikämie
in kühleren u. wenig durchbluteten
Arealen (z.B. Extremitäten) schon bei
niedrigeren Serumspiegeln
7
Harnsäurebildung: Purinstoffwechsel
Xanthin Hypoxanthin
Guanin
Xanthin-oxidase
UratXanthin-oxidase
Guanin- desaminase
Inosin
Adenosin
Adenosindesaminase
Nukleosid-phosphorylasen
Purine = heterozyklische aromatische organische Verbindungen
2 von 4 Desoxyribonukleotiden (Adenosin + Guanin) Bausteine der DNS
UricaseX
8
Woher kommt die Harnsäure heute?
Endogene Purinquellen: de novo Synthese oder Nukleinsäurebau (ca. 600 mg/Tag)
Exogene Purinquellen: dietätische Zufuhr, insbesondere Fleisch/Fisch (ca.100 mg/Tag)
Im Steady State wird täglicher Harnsäureanfall von ca. 700 mg durch Auscheidung in
gleicher Mengen kontrolliert: ca. 30% über den Darm mithilfe bakterieller Uricolyse,
70% (ca. 500 mg/Tag ) müssen über die Nieren ausgeschieden werden.
Urat = Harnsäure wird vollständig glomerulär filtriert aber die fraktionelle Exkretion des
filtrierten Urats ist < 10%, d.h. Reabsorption von Harnsäure durch Urat-transportierende
Proteine ist dominanter Prozeß
9
Harnsäurestoffwechsel in den Nieren
Enomoto A et al. Nature 2002; 417(6887):393-395.
Harnsäure
98%-100% REABSORPTION
Glomerulus
Proximaler gewundener
Tubulus
Netto-Reabsorption von 90 % der gefilterten Harnsäure
GLOMERULÄRE FILTRATION
100%
0%-2%
SEKRETION50%
S1
S2
S3 Ausscheidung8%-12%
40%-48% REABSORPTION
10
Urat Transporter im proximalen Tubulus sowie exprimierende Gene sind identifiziert
URAT1 (SLC22A1Z Gen) = 1. identifiziertes tubuläres Transportprotein für Harnsäure,
in apikaler Membran prox. Tubuluszellen exprimiert, transportiert
Harnsäure im Anionenaustausch aus Tubulus zurück ins Blut, bei
Mutation resultiert Hypouricämie, Uricosuria (Probenecid, Benzbromaron,
Losartan, Furosemid) inhibieren URAT1 Enomoto A Nature 2002;417:447-52
GLUT9 (SLC2A9 Gen) = tubuläres Transportprotein für Harnsäure (+ Glucose, Fructose)
Verlustmutation resultiert in kompletter Blockade der Harnsäureausschleusung
Vitart V Nat Genet 2008;40:437-42 Döring A Nat Genet 2008;40:430-6
UMOD (Uromodulin), REN u. HNF1ß Mutationen führen zu Gicht im Kindesalter u.
progredientem Nierenversagen Rampoldi L Hum Mol Gent 2003;12:3369-84
Urat-Transporter regulieren Harnsäurespiegel
11
Hyperuricämie und Komorbiditäten
Assoziation von Gicht mit Hypertonie, Diabetes, Nierenerkrankungen und
kardiovaskulären Erkrankungen wird seit dem 19. Jahrhundert beobachtet
In einer „Presidential Address to the American Medical Association“ schrieb Dr. Davis 1897
übersetzt: „ Der hohe arterielle Druck bei Gicht wird teilweise von
Harnsäure oder anderen toxischen Substanzen im Blut verursacht, die
den Tonus der renalen Arteriolen erhöhen.“
Mittlerweile konnte in vielen epidemiologischen Studien eine Relation zwischen
Harnsäure-Spiegeln u. verschiedenen kardiovaskulären Erkrankungen gezeigt
werden: Hypertonie Cannon PJ NEJM 1966;275:457-64, Metabolisches Syndrom Ford ES
Circulation 2007;115:2526-32, KHK Tuttle KR Am J Cardiol 2001;87:1411-4, CAVK Lehto S Stroke 1998;29:635-9,
Vaskuläre Demenz Schretlen DJ Neurology 2007;69:1418-23, Präeklampsie Roberts JM Hypertension
2005;461:1263-9, Nierenerkrankungen Siu YP ALKD 2006;47:51-9 Talaat KM Am J Nephrol 2007;27:435-40
12
Hyperuricämie und Hypertonie
Feig DI et al. N Engl J Med 2008;359:1811-1821.
Hyperuricämie und Risiko der Hypertonie-Entstehung
13
Hyperuricämie wahrscheinlicher bei essentieller Hypertonie
Harnsäurespiegel bei Kindern mit primärer-, sekundärer-,
Weißkittelhypertonie u. normotonen Kontrollen
HS > 5,5 mg/dl bei 89% der essentiellen Hypertoniker, bei
30% sek. Hypertonie, 0% Weißkittelhypertonie u.NormotoneKorrelation von Harnsäurespiegel u.
systol./diastol. Blutdruck bei Kindern mit
primärer Hypertonie u. NormotonenFeig DI Hypertension 2003;42:247-52
14
Mehr Harnsäure – höherer Blutdruck
Menschen u. Affen haben höhere Harnsäurespiegel als andere Säugetiere, da ihnen
das hepatische Enzym Uricase fehlt, was Harnsäure zu Allantoin degradiert
Im Rattenmodell Gabe eines Uricase-Inhibitors notwendig, um Hyperuricämie zu
erzeugen, erst dadurch Studien zum kausalen Effekt von Harnsäure in Hypertonie-
entstehung u. bei kardiovask. Erkrankungen möglich
Mazzali M et al. Hypertension 2001;38:1101-1106
Ratten unter Uricasehemmer Oxonsäure 2%
entwickeln trotz milder Salzrestriktion erhöhte
Blutdruckwerte und Hyperuricämie vs .Blut-
druckabfall bei Kontrolltieren
15
Harnsäuresenkung verhindert Hypertonie Entstehung
Mazzali M et al. Hypertension 2001;38:1101-1106
Harnsäuresenkung mit Allopurinol
senkt Blutdruck bei Oxonsäure-
behandelten Ratten
Harnsäuresenkung mit Benziodaron
(Uricosuricum) senkt Blutdruck in
ähnlichem Ausmaß
Einfluß verschiedener Agenzien auf
Blutdruck und Harnsäurespiegel
Dosissteigerung
von Benziodaron
Wie verursacht Harnsäure Hypertonie?
16
Harnsäure verursacht Arteriolosklerose
Hyperuriämie verursacht renale small-vessel disease, Allopurinol u.
Benzodiaron vermindern Blutdruck u.Gefäßwanddicke
Mazzali M et a l. Am J Physiol Renal Physiol 2002;282:F991-F997
Normouricämische Kontrolle
Hyalinose
Hyperuricämische Ratte
Verdickte aff. Arteriolenwand alpha-smooth-actin
Färbung verstärkt
Vimentin Färbung verstärkt
in Intralobular Arterien
Kontrolle Kontrolle
17
Harnsäure verursacht glomeruläre Hypertonie
Sánchez-Lozada L G et al. Am J Physiol Renal Physiol 2002;283:F1105-F1110
Glom. Kapillardruck (PGC) korreliert mit S-Harnsäure PGC korreliert mit systolischem Blutdruck (SBP)
Arterioläre Gefäßwanddicke korreliert mit PGC
Serum Harnsäure verursacht arterioläre Gefäßwandverdickung
(5 Wo. Oxonsäure behandelte Ratten)
Kontrollratte low-salt Hyperuricämische Ratte Hyperuricämie + XOH
18
Hyperuricämie reduziert NOS, stimuliert Proliferation, RAAS, Wachstumsfaktoren (PDGF), Chemokine (MCP-1)
Harnsäure reduziert Macula Densa NOS-1 + renale eNOS-3
Khosla UM KI 2005;67:1739-42
Kanellis J Hypertension 2003;41:1287-93
Harnsäure steigert MCP1 Expression in VSMCs zeit- u.
dosisabhängig
Harnsäure triggert AngII Produktion in Mesangialzellen
Albertoni G Exp Biol Med 2010;235:825-32
19
Harnsäure-induzierte Gefäßwandveränderungensind Blutdruck unabhängig aber Ang II vermittelt
Mazzali M et al. Am J Physiol Renal Physiol 2002;282:F991-F997
Arterioläre Gefäßwandicke in hyperuricämischen
Ratten ist unabhängig von Blutdruckkontrolle
Harnsäure-induzierte VSMC Proliferation
ist z.T. Angiotensin II abhängig
20
Vermuteter Mechanismus der Hyperuricämie-vermittelten Hypertonie
Feig DI et al. N Engl J Med 2008;359:1811-1821.
21
Uricase Mutation bewirkte Überlebensvorteildurch Salzkonservierung und Blutdruckerhalt
Niedrig Salzdiät
VSMC Proliferation
(MAP Kinase, PDGF, COX-2 abhängig)RAS Aktivierung
Harnsäure
Uricase Mutation
Salz Sensitivität
Blutdruck
Chronische Effekte
Erhalt von Blutvolumen
Blutdruck
Na-Reabsorption
Blutdruck
Akute Effekte
Mod. nach Watanabe S Hypertension 2002;40:3550
vor 13-24 Mio Jahren
22
Vermuteter Mechanismus der Hyperuricämie-vermittelten Hypertonie
Feig DI et al. N Engl J Med 2008;359:1811-1821.
23
Exkurs: Reduzierte Nephronzahl und Hypertonieentstehung
Kongenitale Reduktion der Nephronzahl ist spezifisch für primäre Hypertonie Keller G NEJM 2003;348:101-8
Verminderte Nephronzahl führt zu Anstieg
der absoluten proximalen Reabsorption Murakami K Clin Exp Pharmacol Physiol 1992;20(suppl):61-3
Harnsäure-Reabsorption ist an
Natrium-Reabsorption gekoppelt
Schmidt/Thews Physiologie des Menschen 2005,682
Was verursacht kongenitale Verminderung der Nephronzahl ?
Hypothese: Maternaler u. placentaler Harnsäureeinfluß inhibiert Zellproliferation,
stört Nephronentwicklung
24
Exkurs: Harnsäure und Präeklampsie
- Harnsäureanstieg im 3. Trimester bei Präeklampsie korrespondiert gut mit Phase der
gestörten Nephronentwicklung bei Kindern mit niedrigem Geburtsgewicht Konje JC Clin Sci (Lond) 1996;91:169-75
- Kinder von Müttern mit Präeklampsie entwickeln vermehrt Hypertonie im späteren
Lebensalter Shammas AG Saudi Med J 2000;21:190-92 Aber GM Nephron 1978;21:297-309
- Hohe Harnsäurewerte in präeklamptischen Müttern korrelieren besser mit schlechtem
fetalen Outcome als maternale Blutdruckwerte Sagen N Acta Obstet Gynecol Scand 1984;63:71-5
Redman CW Lancet 1976;1:1370-73
- Harnsäurewerte im fetalen Nabelschnurblut sind invers korreliert mit Geburtsgewicht
Chang FM Biol Res Pregnancy Perinatol 1987;8:35-9
Definition Präeklampsie: starker Anstieg der Serum-Harnsäure im 3.Trimester bei
Mutter, erhöhte Harnsäurespiegel beim Fetus, IUGR u. geringes Geburtsgewicht
25
Geburtsgewicht – Harnsäure und Hypertonie
Geburtsgewicht korreliert mit Hypertonieform im
Adoleszentenalter: Pat. mit prim. Hypertonie
hatten geringeres Geburtsgewicht
Retrospektive Analyse von 95 Kindern
S-Harnsäurewerte im Erwachsenenalter sind
invers mit individuellem Geburtsgewicht korreliert
Feig DI Kidney Int 2004;66:281-78
26
Allopurinol senkt Blutdruck bei Kindern mit essentieller Hypertonie
Feig DI KI 2004;66:281-87
Kinder mit essentieller Hypertonie ohne vorangegangene Hochdruckmedikation, Harnsäure
> 6 mg/dl, normale Nierenfunktion unter 200 mg Allopurinol über 4 Wo. u. 6 Wo. Wash-out
27
Hyperuricämie, geringe Nephronzahl und Hypertonie
Hypothetischer Mechanismus der Hypertonieentstehung bei Kindern
Feig DI Kidney Int 2004;66:281-87
Mutter Fetus Kind
3. TrimesterHarnsäure Harnsäure
Gestörte
Nephron-
entwicklung
Nephron
Anzahl
Salz-resistente Hypertonie
Renal unabhängig
Salz-sensitive Hypertonie
Renal abhängig
Endotheliale Dysfunktion
Renin Expression
Renale Ateriolopathie
Interstitielle Inflammation
Genetik
Umwelt Kindl. Harnsäurespiegel
Placenta
Endotheliale
Proliferation
28
Vermuteter Mechanismus der Hyperuricämie-vermittelten Hypertonie
Feig DI et al. N Engl J Med 2008;359:1811-1821.
29
Softdrinks mit Fructose steigern Harnsäure
Sugar‐sweetened soft drinks, diet soft drinks, and serum uric acid level: The third national health and nutrition examination survey
Verdoppelung der Gicht Prävalenz + Inzidenz in letzten Dekaden korreliert
mit Anstieg des Softdrink + Fructosekonsums Choi JW Arthritis Rheum 2008;59:109-16
Fructose-haltig
30
Fructosekonsum steigert Harnsäure Syntheseüber akzellerierten Nucleotid-Katabolismus
Fructose
Sorbit, Xylit
Fructokinase
ATP
ADP AMP
IMP
Inositmonophosphat
Fructose-1-
Phosphat
Harnsäure
AMP-Desaminase
ATP-Verbrauch Pi
nach Nakagawa 2005
Verminderte ATP Synthese oder rapider Verbrauch
über normale Synthesekapazität hinaus führt zu
vermehrter Degradation u. Akkumulation von Adenin-
Nukleotiden ADP u. AMP, Abbau zu verschiedenenen
Purin-Metaboliten, Anstieg von Harnsäure
Fructose-Phosphorylierung in Leber
31
Fructose-induzierte Hyperuricämie verursacht MetS
Effekte von Allopurinol (AP) bei Hyperuricämie
(nach 9 Wo.) auf metabolische Parameter in
Fructose-gefütterten (Fr) Ratten
Nakagawa T et al. Am J Physiol Renal Physiol 2006;290:F625-F631
32
Gestörter Glucose-Metabolismus durch Fructose-induzierte Hyperuricämie
Nakagawa T et al. Am J Physiol Renal Physiol 2006;290:F625-F631
Effekt von Allopurinol auf Glucose Metabolismus
in Fructoes gefütterten (Fr) Ratten
33
Effekte von Fructose auf Harnsäuresynthese
Nakagawa T et al. Am J Physiol Renal Physiol 2006;290:F625-F631
Blockade der Hyperuricämie in Fructose-gefütterten
Ratten mit Allopurinol reduziert Nüchtern-Glucose und
Hypertriglyceridäämie
34
Fructose-induzierte Hyperuricämie beeinflußt Vasoreaktion
Harnsäure inhibiert Ach-vermittelte Vasodilation in Aortenarteriensegmenten
Nakagawa T et al. Am J Physiol Renal Physiol 2006;290:F625-
F631
35
Effekte von Fructose auf Harnsäuresynthese
- Minuten nach Fructose Infusion steigen Plasma-Harnsäure- und später -Urinspiegel
Fox ICH Metabolism 1972;21:713-21 Sestoft L Acta Anaesthesiol Scand 1985;29:19-29
- Hyperinsulinämie steigert Natrium- u. damit auch Harnsäure-Reabsorption
- Fructose steigert neben Purin Nukleotid Depletion auch Purin de-novo Syntheserate
u. potentiert Harnsäureproduktion Phillips MI Biochem J 1985;228:667-71
- Fructose erhöht Harnsäurespiegel indirekt durch Stimulation der Synthese von lang-
kettigen FS mit Hypertriglyceridämie, Induktion von Insulinresistenz mit erhöhten
zirkulierenden Insulinspiegel Mayes PA Am J Clin Nutr 1993;58:754-65 Wu T Am J Clin Nutr 2004;80:1043-49
- gesteigerte Fettsäureverbrennung resultiert in Ketonkörperbildung mit Reduktion der
Harnsäureausscheidung über Aktivierung von URAT-1 (gesteigerte Rückresorption)
36
Febuxostat senkt Harnsäure, Triglyceride, Insulin und Blutdruck
Sanchez-Lozada LG Am J Physiol Renal Physiol 2008;294:F710-18
Febuxostat reduziert Harnsäure, TG,
Insulin u. Blutdruck bei Fructose Diät
37
Bei ATP-Degradation entsteht Hyperuricämie
- Verstärkte ATP-Degradation bei Überschreiten der Re-Synthesekapazität:
Alkoholkonsum führt zu akzelerierter ATP-Degradation zu AMP bei Umwandlung von Ethanol
über Acetat u. Acetyl-CoA Faller J NEJM1982;307:1598-602 Puig JG J Clin Invest 1984;74:936-41
- Verstärkte ATP-Degradation auch nach zu starken körperlichen Belastungen:
> 40% ATP-Abfall im Muskel u. 300%iger Anstieg der Hypoxanthin-Plasmaspiegel sowie
erhöhte Urinexkretion von Inosin, Hypoxanthin u. Xanthin nach erschöpfender Belastung
Knochel JP Ann Intern Med 1974;81:321-8 Nasralla S J Appl Physiol 1964;19:246-8 Sutton JR Meatbolism 1980;29:254-60
-Verstärkte ATP-Degradation auch bei „Energiekrisen“ in anderen Geweben:
dramatischer Anstieg von Hypoxanthin, Xanthin, Inosin u. Harnsäure-Spiegeln bei Pat. mit
akuten Erkrankungen (ARDS) u. Hypoxie-bedingter mitochondrialer ATP-Synthesestörung
Woolliscroft JO Am J Med 1982;72:58-62 Grum CM Chest 1985;88:763-7
38
Hypoxanthin (Fructose, ATP-Degradation, Ischämie) aktiviert Superoxid- u. Peroxid-Radikalbildung
Umwandlung von D-Form in O-Form bei reduziertem Blutfluß u. Gewebe-Ischämie
mit verminderter O2-Verfügbarkeit für ATP-Synthese
ATP-Depletion resultiert in erhöhten AMP-Spiegeln, die zu Adenosin, Inosin, Hypo-
xanthin katabolisiert werden (oxidierbare Purinsubstrate für Xanthin-Oxidase)
Roy RS in: Grreenwald R Oxy radicals and their scavenger systems Vol.2 Cellular and molecular aspects
New York Elsevier Science 1983;145-53
Hauptquelle von Superoxid in postischämischen Geweben ist Xanthin-Oxidase
ursprünglich als Xanthin-Dehydrogenase(D-Form) synthetisiert = 90% der Gesamtenzym-
aktivität in gesundem Gewebe, reduziert Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid (NAD+):
Xanthin + H2O + NAD Harnsäure + NADH + H+
konvertiert schnell zu Xanthin-Oxidase (O-Form) bei Ischämie
Xanthin-Oxidase produziert Superoxid (O2-) oder Wasserstoff-Peroxid (H2O2):
Xanthin + H2O + 2 O2 Harnsäure + 2 O-2 + 2 H+
39
Unkontrollierte Xanthinoxidase Aktivität bewirkt Radikalproduktion (ROS)
Ischämie resultiert in neuer starker Enzym-Aktivität (Xanthin-Oxidase) mit Bildung
notwendiger Substrate (Purine)
Reperfusion bringt molekularen O2 als weiteres Substrat für Oxidationsreaktion
mit massiver Produktion von Superoxid-u. Peroxid-Radikalen
ATP
AMP
Adenosin
Hypoxanthin O2-
Xanthin-
Dehydrogenase
Xanthin-
Oxidase
O2
Ca++ ProteaseIsch
ämie
Reoxygenierung
McCord JM NEJM 1985;312:159-63
Im Ileum nahezu komplette
Konversion innerhalb 10 Sek.,
im Herz Verdoppelung Oxidase
alle 8 Min., in Lunge, Leber,
Niere in 30 Min.
40
Harnsäure – Antioxidans und Oxidans
Harnsäure fungiert als Antioxidans u. steigt bei vermehrter
Lipid-Peroxidation (z.B. bei Krafttraining, Alkoholkonsum)
Harnsäure ist besserer Radikalfänger als Ascorbinsäure
Ames BN Proc Natl Acad Sci USA 1981;11:6858-62
42
Ist Harnsäure nur kardiovaskulärer Risikomarker?
Harnsäurespiegel korrelieren mit bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren:
- Alter
- männlichem Geschlecht
- Hypertonie
- Diabetes mellitus
- Hypertriglyzeridämie
- Adipositas
- Insulin-Resistenz
Assoziation zwischen Hyperurikämie und kardiovaskulären Erkrankungen
wurde daher lange als „Epiphänomen“ angesehen, ist aber nicht nur
Risikomarker, sondern auch Risikofaktor!
43
Wie verursacht Harnsäure kardiovaskuläre Endorganschäden?
Harnsäure steigt durch Ernährung, bei Ischämie u.a. kardiovask. RF:
- generiert ROS (reaktive oxygen species) durch Aktivierung NADPH-Oxidase u.
Xanthin Oxidase Strazzullo P Nutr Metab Cardiovasc Dis 2007;17:409-41 Khosla UM Kidney Int 2005;67:1739-42
Hayden RM Nutr Metab 2004;1:1-10
- bewirkt Hochregulation von proinflammatorischen Mediatoren in VSMCs Johnson R Hypertension 2003;41:161-8 Leyva F Eur Heart J 1998;19:1814-22
- verursacht Oxygenierung von LDL u. bewirkt Lipid Peroxidation mit nachfolgender
Intimaverdickung u. Atherosklerose Becker T Rheum Dis Clin North Am 2006;32:275-93
Bagnati M Biochem J 1999;340:143-52 Rao GN J Biol Chem 1991;266:8604-8
Wolin MS Arterioscler Thromb Vasc Biol 2000;20:1430-42
- induziert Hypertonie durch Aktivierung des RAAS Corry DB J Hypertens 20008;26:269-75
- erhöht Plättchen-Adhäsion Emmerson BT Aust NZ J Med 1979;9:451-4 Newland H Med Hypothes 1975;1:152-5
- führt zu mechano-energetischer Entkoppelung, Myozyten Apoptose u.nachfolgender
Herzinsuffiizienz Duan X Med Hyp 2008;70:578-81 Toschi V Int Emerg Med 2004;2:320-21
44
Xanthin-Oxidase-Hemmung vermindert Ateriosklerose
Ligierte Ratten Carotisarterien zeigen Zunahme
der Mediadicke u. Neointimabildung
verminderte Neointimaformation unter Allopurinol
Kein Effekt bei Kontrolliteren durch Allopurinol
Yamamoto Y Hypertens Res 2006;29:915-21
45
Pathophysiologischer Mechanismus:Atherosklerose, Hypertonie, Herzinsuffizienz
PMN = Polymorphonucleäre Leukozyten
ET-1 = Endothelin-1
ADMA = asymetr.Dimethylarginin
ICAM = intrazell Adhäsionsmoelkül
Balakumar P Curr Hypertens Rev 2009;5:1-6
Hyperuricämie
Endotheliale Dysfunktion
ICAMTNF-a
VCAMRho-Kinase
PTP-aseAkt
ET-1Ang II
PMN Adhärenz
Reduzierter Blutfluß
ADMA
Inflammation
eNOS Expression
NO-GenerationOxidativer Stress (ROS)
ApoptoseTranskriptionsfaktor(NF-KB)
Ox-LDL
AtheroskleroseHypertonie
Herzinsuffizienz
46
Assoziation von Harnsäure und kardiovaskulären Erkrankungen ist gut dokumentiert
48
Hyperuricämie und kardiovaskuläres Risiko
Fang, J. et al. JAMA 2000;283:2404-2410
Anstieg für Gesamtrisiko, CVD, ischäm. HD
pro 1 mg/d höhere Harnsäure
Risikoanstieg pro 1 mg/dl höherer Harnsäure
in verschiedenen Altersgruppen
Wegfall der uricosurischen Östrogenwirkung
NHANES 1 (1971-92): Harnsäure ist potenter Prädiktor der CV Mortalität über 16-J. follow-up(adjust. für Alter, Rasse, BMI, Rauchen, Alkohol, Cholesterin, Diuretika, Hypertonie, Diabetes)
49
Hyperuricämie – Risikofaktor für Myokardinfarkt u. Apoplex
Bos MJ Stroke 2006;37:1503-07
Rotterdam-Studie 4385 Pat. >55 J. ohne vorangegangenen MI oder Apoplex
Starke Assoziation zwischen baseline Harnsäure u. Risiko für MI / Apoplex
nur geringer Einfluß anderer kardiovask. RF, stärker bei Frauen u. Pat. mit Hpertonie
50
Hyperuricämie - Risikomarker bei Herzinsuffizienz
Kaplan-Meier Überlebenskurve für 182 Patienten mit CHF
Anker S D et al. Circulation 2003;107:1991-97
HS 565 ymol/ = 9,5 mg/dl
Harnsäure > 9,5 mg/dl ist bester
Prädiktor für Mortalität nach 1 J.
Hyperuricämie ist starker, unabhäng.
Prognosemarker bei moderater u.
schwerer Herzinsuffizienz
51
Effekt von Hyperuricämie in der LIFE-Studie
Hoiggen A KI 2004;65:1041-49
Assoziation von S-HS (SUA) u. komb. Endpunkt zu Anfang der
LIFE-Studie u. im Losartan-Therapiearm
52
Effekt der Harnsäuresenkung in LIFE-Studie
Losartan = einziger ARB mit HS-senkendem Effekt.
Beitrag von HS zum Therapieeffekt von Losartan
auf komb. Endpunkt (CV Tod, nicht-tödl./tödl. MI + Apoplex)
beträgt geschätzt 29% (stärker bei Frauen als bei Männern)
LIFE-Studie =
1. Studie mit Assoziation von Harnsäure Senkung u.
Benefit für Outcome bei Pat. mit Hypertonie u. LVH
Hoieggen A KI 2004;65:1041-49
53
Effekte der Hyperuricämie auf Nierenfunktion
Entwicklung sign. Nierenfunktionseinschränkung bei 40% der Gichtpatienten vor Einführung
von Harnsäure-senkenden Therapien, bei 18-25% Nierenversagen als Todesursache
Berger L Am J Med 1975;59:605-13 Talbot JH Medicine 1960;39:405- 68
Assoziation zwischen Hyperuricämie u. renalem Gefäßwiderstand Messerli FH Ann Intern Med 1980;93:817-
21
Erhöhte S-Harnsäurespiegel reflektieren frühzeitige renale Gefäßveränderungen mit reduziertem
kortikalem Blutfluß und verminderter tubulärer Sekretion von Harnsäure durch reduzierten
Harnsäure-Zustrom an sekretorischen Tubulus-Abschnitten
Erhöhte Sympathikusaktivität bei Niereninsuffizienz vermindert renale Harnsäure Exkretion
Ferris TF Am J Med 1968;44:359-65
Hyperinsulinämie steigert Sympathikusaktivität und vermindert Harnsäure- u.Natriumausscheidung
durch reduzierte Tubulussekretion und/oder gesteigerte Reabsorption Quinones Galvan A Am J Physiol 1995;268:E1-5 Reaven GM NEJM 1996;334:374-8
54
Hyperuricämie hat Voraussagewert für ESRD
Edwards NL Cleveland J Med 2008;75(suppl5):S13-16
Edwards LN Cleveland J Med 2008;75(suppl5):S13-16
Hyperuricämie und Niereninsuffizienz
56
Harnsäure und Niereninsuffizienz
Nakagawa T Am J Physiol Renal Physiol 2006;290:F625-31
Remnant Kidney Ratten (Subcapsuläre Nephrektomie re.+Resektion oberes
+ unteres 1/3 li.) mit Oxonsäure hyperuricämisch gemacht u. mit
Allopurinol, Benzodiaron behandelt
Hyperuricämie akzeleriert Glomerulosklerose u. tubulo-
interstitielle Fibrose via Hypertonie u. COX-2-vermittelter
Thromboxan-induzierter Gefäßschädigung
A Role for Uric Acid in the Progression of Renal Disease
Änderung
Harnsäure
Änderung
Blutdruck
58
Harnsäure und CKD-Progression
High-Normal Serum Uric Acid Increases Risk of Early Progressive
Renal Function Loss in Type 1 Diabetes Ficcocielo LH Diabetes Care 20102;33:1337-43
Prospektive Kohorten-Studie an 355 Pat. mit Typ1 Diabetes ohne Proteinurie über 4-6 Jahre
zeigt
dose-response Relation zwischen S-HS u. frühem GFR-Verlust (Cystatin-C Bestimmung, Adjustierung
für mehrere Confounder). Pro 1 mg/dl Anstieg der HS 40% Risikoanstieg für frühen GFR-
Verlust,
GFR-Verlust bei 1/5 der Pat. bereits vor Auftreten einer Proteinurie, keine Assoziation zwischen
S-HS u. Progression/Regression der Albumin-Ausscheidung
Progression
Alb/Krea Ratio
Regression
Alb/Krea Ratio
Risiko früher
GFR-Verlust
Risiko CKD
Progression
59
Xanthinoxidase Hemmung bremst Nierenfunktionsverlust
Effect of Allopurinol in Chronic Kidney Disease Progression and Cardiovascular Risk
113 Pat. mit eGFR <60 ml/min, stabiler renaler Funktion, unter 100 mg Allopurinol
Goicoechea M CJASN 2010;5:1388-93
Änderungen Harnsäurespiegel u. GFR am Studienende Effekt von Allopurinol auf kardiovask. Ereignisse
Log rank: 4.25; P 0.039.
Allopurinol vermindert CRP u. verzögert Progression der Niereninsuffizienz bei CKD Pat.
u. reduziert zusätzlich kardiovaskuläres Risiko u. Hospitalisierungen
61
Assoziation von Hyperuricämie mit anderen kardiovaskulären Risikofaktoren ist kausal
Assoziation zwischen Hyperurikämie und kardiovaskulären Erkrankungen
ist pathophysiologisch erklärbar!
Feig DI et al. N Engl J Med 2008;359:1811-1821.Xanthinoxidasehemmung ist pathophysiologisch
begründbare Therapieoption zur Senkung des
kardiovaskulären Risikos
62
Febuxostat -Neuartiger selektiver Nicht-Purin-Hemmer der Xanthinoxidase
1. SmPC Adenuric®. Abschnitt 5.1 Pharmacodynamic properties2. Elion GB. Ann Rheum Dis. 1966;25:608-614. SmPC 3. Khosravan R et al. Br J Clin Pharmacol 2008; 65:355-63.
Febuxostat (in Studien nachgewiesen):
- ist wirksamer als Allopurinol Febuxostat Ki (Hemmkonstante) = <0,001 M1 Allopurinol Ki = 0,7M2
- hemmt sowohl oxidierte als auch reduzierte Form des Enzyms Xanthinoxidase
- hemmt keine andere am Purin- / Pyrimidinstoffwechsel beteiligte Enzyme1
- wird nach einzelner/mehreren oralen Einnahmen schnell und gut absorbiert1
- Kann unabhängig von Mahlzeiten u. mit Antazida eingenommen werden1,3
- Verstoffwechslung in Leber über UGT-Enzymsystem u. Oxidation über CPY-450
- Ausscheidung über Leber u. Niere, keine Dosisanpassung bei leichter Leber- oder
leicht-mittelgradiger Niereninsuffizienz
- keine Dosisanpassung bei Einnahme von Indometacin, HCT, Colchicin, Warfarin
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Hyperuricämie: Wichtige Aussagen
• Häufige Stoffwechselstörung, Inzidenz nimmt zu.
• Zusammenhang mit purinreicher Ernährung, starkem Alkoholkonsum
Fructosereicher Nahrung, Hyperinsulinämie.
• Zunehmende Evidenz für Harnsäure als kardiovaskulärer Risikofaktor.
• Hyperuricämie verursacht Hypertonie durch Arteriolosklerose.
• Harnsäure ist kausaler Faktor bei Entwicklung von kardiovaskulären
Endorganschäden und Prognosemarker für Mortalität.
• Hyperuricämie ist Risikofaktor für Entwicklung und Progression von
chron. Niereninsuffizienz
• Therapie mit Xanthin-Oxidasehemmern reduziert Harnsäure, Hypertonie und
kardiovaskuläre Endorganschäden
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit