heft 4 april 2011
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Heft 4 April 2011TRANSCRIPT
AgrArforschung schweiz
A p r i l 2 0 1 1 | H e f t 4
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op
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BLW
| S
HL
| A
GR
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A |
ETH
Zü
rich
Umwelt Erosionsrisikokarte im 2×2-Meter-Raster (ERK2) Seite 148
Pflanzenbau Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie Seite 176
Gesellschaft Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen stärken für soziale
Leistungen in der Landwirtschaft Seite 184
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil
ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART)
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bernb Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofenb Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften
Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro-nomique Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]
Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: [email protected]
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Sibylle Willi (ACW), Gerhard Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder [email protected]
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS
Berner FachhochschuleHaute école spécialisée bernoiseSchweizerische Hochschulefür Landwirtschaft SHLHaute école suisse d’agronomie HESA
InhaltApril 2011 | Heft 4
Bodenerosion führt zum Verlust von wertvollem Ober-boden und kann Gewässer mit Sediment oder Nähr- und Schadstoffen verunreinigen. Neu entwickelte Erosionsrisiko karten der landwirtschaft lichen Nutz-fläche der Schweiz zeigen das potenzielle Erosionsrisiko je nach Standortfaktoren wie Relief, Boden und Nieder-schlag. (Foto: Thomas Ledermann, CDE Bern)
147 Editorial
Umwelt
148 Erosionsrisikokarte im 2×2-Meter-Raster (ERK2)Simon Gisler, Hans Peter Liniger und Volker
Prasuhn
Umwelt
156 Identifizierung von Flächen, die über-proportional zur Gewässerbelastung beitragenMartin Frey, Nadine Konz, Christian Stamm
und Volker Prasuhn
Umwelt
162 Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020Simon Peter
Umwelt
170 Haltungssysteme und Messkonzept für Ammoniakemissionen bei freier LüftungSabine Schrade, Margret Keck, Kerstin Zeyer
und Lukas Emmenegger
Pflanzenbau
176 Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der AgrarmeteorologiePierluigi Calanca, Pascalle Smith, Annelie Holz-
kämper und Christof Ammann
Gesellschaft
184 Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen stärken für soziale Leistungen in der LandwirtschaftErnst Bolliger
190 Porträt
191 Aktuelles
195 Veranstaltungen
Editorial
147Agrarforschung Schweiz 2 (4): 147, 2011
Anton Candinas, Bundesamt für Landwirtschaft BLW
Liebe Leserin, lieber Leser
Zielgerichtetes Handeln setzt ausreichende Information voraus. Dazu gehört
das Wissen darüber, wohin wir wollen. Wir müssen aber auch wissen, wo wir
heute stehen und welche Handlungsmöglichkeiten uns zur Verfügung ste-
hen. Werfen wir einen Blick auf den Boden.
Gemäss UNO-Prognosen müssen im Jahr 2050 neun Milliarden Menschen
ernährt werden. Das sind pro Jahr 80 Millionen mehr als heute, gleich viel
wie die Einwohnerzahl von Deutschland. Mit dem Einkommen steigt in den
Schwellenländern auch der Konsum tierischer Produkte. Damit steigt der
Bedarf an Produktionsfläche überproportional.
Bedrohte Böden
Dem steht weltweit eine begrenzte Fläche produktiver Böden gegenüber.
Grössere Landreserven gibt es nur noch in wenigen Ländern. Die vorhande-
nen Flächen sind zudem vielfältigen Bedrohungen ausgesetzt. Millionen
Hektaren sind von Erosion bedroht, von Versalzung, Verdichtung, Schadstoff-
eintrag und anderen Gefahren. Jährlich gehen zwei Millionen Hektaren
allein durch die Siedlungstätigkeit verloren.
Bezogen auf die Ernährung der Welt mag die Produktion von Nahrungs-
mitteln in der Schweiz unbedeutend erscheinen. Wir verfügen jedoch im
Mittelland über fruchtbare Böden und genügend Wasser für eine hohe Pro-
duktion. Das Mittelland gehört im weltweiten Vergleich zu den Gunstlagen.
Dieses Potenzial gilt es zu erhalten. Heute geht pro Stunde in der Schweiz
die Fläche verloren, die es für die Ernährung eines Menschen braucht. Das
hat auch damit zu tun, dass nebst der Landwirtschaft noch ganz andere,
mächtige Interessengruppen mit entscheiden.
Erosionsrisiken in der Schweiz
Bei anderen Problemen im Zusammenhang mit dem landwirtschaftlich
genutzten Boden sieht es anders aus. Ein gutes Beispiel ist die Erosion. Das
Ziel ist klar, Erosion bedroht die Fruchtbarkeit der Böden und muss deshalb
vermieden werden. Die Möglichkeiten, Erosion zu vermeiden, sind bekannt.
Seit kurzem kennen wir die Orte und das Ausmass des Problems. Eine Karte
zeigt das potenzielle Erosionsrisiko auf Parzellenniveau detailliert auf (siehe
Artikel Seiten 148 bis 155 in dieser Ausgabe). Es liegt in der Hand der Land-
wirtinnen und Landwirte, durch angepasste Bewirtschaftungsmassnahmen
dafür zu sorgen, dass Erosion die Fruchtbarkeit der Böden nicht vermindert.
Diese Karte ist ein interessanter Vorschlag, mögliche Probleme in der
Landwirtschaft anzugehen. Dank guten Informationen unter anderem über
die Topografie, die Niederschläge und den Boden können die potenziell ero-
sionsgefährdeten Flächen identifiziert werden. Massnahmen zur Verbesse-
rung der Situation können auf diese Flächen beschränkt und zielgerichtet
aufgeführt werden. Voraussetzung dazu sind ausreichende Informationen.
Gute Information – Voraus setzung für zielgerichtetes Handeln
148 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 148–155, 2011
U m w e l t
Simon Gisler1, Hans Peter Liniger1 und Volker Prasuhn2
1Centre for Development and Environment CDE, Universität Bern, 3012 Bern2Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich
Auskünfte: Volker Prasuhn, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 377 71 45
Erosionsrisikokarte im 2x2-Meter-Raster (ERK2)
nahmen verlangt. Die Umsetzung von Erosionsschutz-
massnahmen ist in der Praxis allerdings häufig ungenü-
gend. In der EU ist der Erosionsschutz neu im Rahmen
von «Cross Compliance» geregelt. Seit dem 01.07.2010
müssen zum Beispiel in Deutschland gemäss Direktzah-
lungen-Verpflichtungenverordnung in allen Bundeslän-
dern parzellenscharfe potenzielle Erosionsgefährdungs-
karten vorliegen und im Vollzug eingesetzt werden
(sogenanntes Erosionskataster). Eine vergleichbare
Regelung existiert in der Schweiz bisher nicht. Mit der
Erosionsgefährdungskarte der Schweiz, die kürzlich
erstellt worden ist (Friedli 2006, Prasuhn et al. 2007),
liegt zwar eine digitale Gefährdungskarte vor, diese ist
aber von der räumlichen Auflösung her (Hektarraster)
nur für nationale Übersichtszwecke, nicht aber für par-
E i n l e i t u n g
Bodenerosion führt zum Verlust von wertvollem Ober-
boden und kann Gewässer mit Sediment oder Nähr- und
Schadstoffen verunreinigen. Der Erhalt der Bodenfrucht-
barkeit ist im ureigenen Interesse jedes Landwirtschafts-
betriebes. Trotzdem werden die Folgen von Bodenero-
sion häufig nicht als vordringliches Problem eingestuft.
Die Bäuerinnen und Bauern werden zwar vom Gesetzge-
ber dazu aufgefordert, Erosion auf ihren Böden zu ver-
hindern. In der Verordnung über Belastungen des
Bodens (VBBo) sind Richtwerte für Bodenerosion auf
Ackerflächen festgeschrieben, und in der Direkt-
zahlungsverordnung (DZV) wird bei wiederholtem
Bodenabtrag auf Ackerflächen die Umsetzung von Mass-
Bodenerosion führt zur Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit. (Foto: ART)
Erosionsrisikokarte im 2x2-Meter-Raster (ERK2) | Umwelt
149
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Agrarforschung Schweiz 2 (4): 148–155, 2011
Die hoch aufgelöste Erosionsrisikokarte der
landwirtschaftlichen Nutzfläche der Schweiz
zeigt das potenzielle Erosionsrisiko aufgrund
der Standortfaktoren Relief, Boden und
Niederschlag – unabhängig von der jeweili-
gen Nutzung (Acker-, Dauergrünland oder
Reben) und Bewirtschaftung. Stark erosions-
gefährdete Bereiche innerhalb einer Parzelle
oder eines Hanges wie beispielsweise Tal-
wege können in der Karte gut identifiziert
werden. Erosionsschadenskartierungen im
Feld, Vergleiche mit anderen Erosionsrisiko-
karten und Diskussionen mit Landwirtinnen
und Landwirten haben die Plausibilität der
Karte bestätigt. Insgesamt wurden 44 % der
landwirtschaftlich genutzten Fläche im
Talgebiet auf der Basis eines 2x2-Meter-
Rasters als potenziell erosionsgefährdet
klassiert. Allerdings werden 38 % aller
Flächen im Talgebiet als Dauergrünland
genutzt und haben insofern kein reales
Erosionsrisiko. Eine digitale Karte der Acker-
flächen liegt derzeit nicht vor, so dass eine
Aufteilung in Acker- und Dauergrünland
nicht vorgenommen werden konnte. Mit der
ERK2 liegt nun eine für die ganze Schweiz
einheitliche Grundlage zur Beurteilung des
potenziellen Erosionsrisikos auf der Skala
Parzelle vor. Sie erlaubt, dass Landwirte und
die kantonale Beratung Flächen mit poten-
ziellem Erosionsrisiko frühzeitig wahrneh-
men, gemeinsam vor Ort beurteilen und
allfällige Massnahmen planen können. Eine
Überprüfung des modellierten Erosionsrisi-
kos im Feld bleibt aber unumgänglich.
zellenscharfe Massnahmenpläne geeignet. Daher wurde
im Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW)
nun eine hoch aufgelöste Erosionsrisikokarte im
2x2-Meter-Raster (ERK2) erstellt (Gisler et al. 2010). Fol-
gende Anforderungen wurden an die Karte beziehungs-
weise das Modell gestellt:
•• wissenschaftlich abgesichert und anerkannt,
•• schweizweit möglichst einheitlich,
•• vergleichbar mit entsprechenden Karten aus EU-
Ländern,
•• digital bzw. GIS-basiert,
•• frei verfügbares und weit verbreitetes Programm,
•• möglichst einfach, d. h. mit vorhandenen Daten
realisierbar,
•• anwenderfreundlich, d. h. für Vollzug und Praxis
geeignet und akzeptiert,
•• hoch aufgelöst, d. h. auf Parzellenebene einsetzbar.
Einerseits soll die ERK2 helfen, potenziell erosionsge-
fährdete Gebiete zu lokalisieren, andererseits soll sie
durch ihre detaillierten Informationen bei einem bestä-
tigten Verdacht mögliche Ansätze für geeignete Mass-
nahmen aufzeigen. Die ERK2 ist ein Hilfsmittel für den
Landwirt und Behörden. Sie ersetzt jedoch keinesfalls
detaillierte Feldabklärungen vor Ort.
M e t h o d e n
Das Erosionsmodell AV-Erosion
Für die Berechnung des potenziellen Bodenabtrags
wurde die Software AVErosion 1.0, eine frei verfügbare
Extension für das ESRI GIS-Programm ArcView 3.x, ver-
wendet (Schäuble 2005). Das Modell wurde von
Schäuble (1999) entwickelt und wird derzeit von der
Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) im
Rahmen von Cross Compliance eingesetzt (Bischoff und
Gullich 2009). In der Schweiz wurde es in zwei Diplom-
arbeiten getestet (Chisholm 2008, Gisler 2009). AVEro-
sion berechnet auf Basis der «Modified Universal Soil
Loss Equation» (MUSLE) respektive der «Allgemeinen
Bodenabtrags gleichung» (ABAG) den langjährigen
mittleren Bodenabtrag (A) aus der Multiplikation der
Faktoren:
R = Regen- und Oberflächenabflussfaktor, Niederschlags-
erosivität
K = Bodenerodierbarkeitsfaktor
L = Grösse des Einzugsgebietes
S = Hangneigungsfaktor
C = Bedeckungs- und Bearbeitungsfaktor
P = Erosionsschutzfaktor
Umwelt | Erosionsrisikokarte im 2x2-Meter-Raster (ERK2)
150 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 148–155, 2011
Bei AVErosion erfolgt die Berechnung der Relief-
faktoren (L und S) in Einzugsgebietsdimension, das heisst
unter Einbezug von Nachbarschaftsbeziehungen aller
2x2-Meter-Rasterzellen und unter Berücksichtigung von
Hangrichtungswechseln. Sie beruht auf dem «Unit Contri-
buting Area Concept» und verwendet «Multiple-flow-
Algorithmen», im Gegensatz zur klassischen USLE, die auf
dem «Regular Slope Concept» beruht und «Single-flow-
Algorithmen» verwendet. Dadurch werden die Fliess-
wege des Wassers in Geländemulden (Talwege) besser
abgebildet. AVErosion benötigt fünf Eingabedatensätze:
•• Schlagraster (Berechnungseinheit)
•• Digitales Höhenmodell (DHM)
•• Raster mit den R-Faktordaten
•• Raster mit den K-Faktordaten
•• Raster mit den C-Faktordaten.
Schlagraster und Feldblöcke
Das Schlagraster gibt die zu berechnende Fläche vor.
Innerhalb seiner Grenzen werden die einzelnen Fakto-
ren generiert und zur resultierenden Erosionsabschät-
zung verrechnet. Schlagraster können Anbauparzellen,
Feldblöcke, Besitzparzellen, Feldstücke oder andere
abgrenzbare Einheiten sein. Für die ERK2 wurden Feld-
blöcke verwendet. Ein Feldblock ist eine zusammen-
hängende landwirtschaftlich genutzte Fläche, die von
relativ stabilen, in der Natur erkennbaren Aussengren-
zen (zum Beispiel Wald, Strassen, Siedlungsflächen,
Gewässer) umgeben ist. Ein Feldblock kann durch einen
oder mehrere Landwirte bewirtschaftet werden. Er kann
also mehrere Anbauparzellen oder auch Grundbuchpar-
zellen beinhalten sowie unterschiedliche Nutzungsarten
(Ackerland/Dauergrünland/Reben oder verschiedene
Ackerkulturen) kombinieren. Ein Feldblock stellt eine
Art geschlossenes hydrologisches Einzugsgebiet dar, in
dem alle Rasterzellen innerhalb des Feldblockes hydrolo-
gisch verbunden sein können (sofern das Gefälle dies
ermöglicht) und sich somit bezüglich Erosion beeinflus-
sen können. Andere Feldblöcke oder Flächen ausserhalb
eines Feldblockes können die Wasserflüsse und Erosion
innerhalb des Feldblockes nicht beeinflussen. Ein Fremd-
wasserzufluss ist im Modell also nicht möglich. Als Min-
destgrösse für einen Feldblock wurden 25 Aren fest-
gelegt (Ausnahme: Reben). Flächen, welche dieses
Mindestmass unterschritten, wurden eliminiert und
somit von der Berechnung ausgeschlossen.
Die Feldblöcke wurden für die ganze Schweiz ein-
heitlich aus der Vector25-Karte erstellt. Der Datensatz
Vector25 ist das digitale Landschaftsmodell der Schweiz
und wird aus der Pixelkarte der 1:25 000er Landeskarte
und hinzugezogenen fotogrammetrisch ausgewerteten
Daten erstellt. Es gibt neun thematische Ebenen, wobei
Abb. 1 | Beispielhafte Darstellung der Faktoren S (Hangneigung), L (Einzugsgebietsgrösse und Hanglänge), K (Bodenerodierbarkeit) und R (Niederschlagserosivität). Die Multiplikation der Faktoren ergibt das potentielle Erosionsrisiko (siehe Abb. 2 und 3).
Massstab KantonFläche
(ha)Fläche (%) von
LN ERK2
1:5000 AG 1428
1:5000 BL/BS 17 890
1:5000 GL 990
1:5000 LU 4011
1:5000 SO 9020
1:5000 ZG 8782
1:5000 ZH 64 080
Total 1:5000 106 203 12,0
1:10 000 LU 3925
1:10 000 SG 35 469
Total 1:10 000 39 395 4,4
1:25 000 LU 17 307
Total 1:25 000 17 307 2,0
1:50 000 TG 44 396
1:50 000 GE 11 261
Total 1:50 000 55 658 6,3
Total Bodenkarten 218 564 24,7
Gesamte LN ERK2 886 661
Tab. 1 | Detaillierte digitale Bodenkarten, welche für die Berech-nung des Erosionsrisikos genutzt werden konnten.
Niedrig Hoch
Einzugsgebietsgrösse
Niedrig Hoch
Hangneigung
Niedrig Hoch
NiederschlagserosivitätBodenerodierbarkeit
Niedrig Hoch
Hangneigung Einzugsgebietsgrösse
Bodenerodierbarkeit Niederschlagserosivität
Niedrig hoch Niedrig hoch
Niedrig hoch Niedrig hoch
Erosionsrisikokarte im 2x2-Meter-Raster (ERK2) | Umwelt
151Agrarforschung Schweiz 2 (4): 148–155, 2011
ten abgedeckt werden (Tab. 1). Für die restliche Fläche
wurden die aus der Bodeneignungskarte 1:200 000 abge-
leiteten K-Faktoren verwendet (Prasuhn et al. 2010).
Berechnungsgebiet der ERK2
Das berechnete Gebiet umfasst alle Flächen in der Tal-
und Hügelzone (zusammengefasst als Talgebiet bezeich-
net) gemäss den landwirtschaftlichen Zonengrenzen. In
einem erweiterten Datensatz sind die Bergzonen I und II
zusätzlich enthalten. Die Bergzonen III und IV sowie
das Sömmerungsgebiet wurden grundsätzlich von den
Berechnungen ausgeklammert. Aus dem Datensatz
Vector25 wurden im verbleibenden Gebiet anschliessend
alle nicht landwirtschaftlichen Nutzungen wie Wald,
Siedlungsflächen, Gewässer, Strassen, Hecken etc. ausge-
schnitten, zusätzlich wurden auch Obstanlagen und gar-
tenbaulich genutzte Flächen eliminiert. Um Strassen,
Gewässer, Hecken und Wald wurden Pufferstreifen
gelegt und ebenfalls eliminiert. Das erweiterte Berech-
nungsgebiet umfasst mit einer Fläche von 886 661 ha
rund 84 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzflä-
che der Schweiz.
Klassengrenzen der ERK2
In Deutschland bestehen durch die Direktzahlungen-
Verpflichtungenverordnung (DirektZahlVerpflV) im Rah-
men von Cross-Compliance Bestimmungen zum Schutz
der Böden vor Wassererosion. Bis zum 01.07.2010 muss-
ten die Bundesländer alle Ackerflächen nach dem Grad
der Erosionsgefährdung einteilen und dies den Bewirt-
schaftern mitteilen. In der Anlage 1 dieser Verordnung
sind die Gefährdungsklassen beschrieben. Die Bestim-
mung der Faktoren S, L, R und K soll dabei in Anlehnung
an DIN19708 (2005) erfolgen. Für die ERK2 wurde die
deutsche Klassierung übernommen (Tab. 2).
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Die Resultate der Erosionsrisikoberechnungen werden in
zwei Varianten angeboten. Die erste Karte liefert die
Einteilung in die drei Gefährdungsstufen gemäss
Tabelle 2. Diese Karte soll einen raschen Überblick über
die sogenannten Primärflächen die landwirtschaftlich
genutzten Flächen beinhalten. Eine Trennung von
Ackerland und Dauergrünland ist mit den derzeit ver-
fügbaren digitalen Datensätzen nicht möglich. Insge-
samt wurden 180 920 Feldblöcke ausgeschieden. Der
Mittelwert der Feldblockgrösse beträgt 5,0 ha, der
Median 2,4 ha.
Digitales Höhenmodell DTM-AV
Das verwendete DTM-AV ist das Digitale Terrainmodell
der amtlichen Vermessung (swisstopo). Es wurde zwi-
schen 2000 und 2007 mittels »Airborne Laser Scanning»
erhoben. Aus den Rohdaten (Punktdaten) wurde ein Git-
termodell mit 2 × 2-m-Raster interpoliert. Die Genauig-
keit liegt im offenen Gelände bei ± 50 cm. Das DTM-AV
deckt die ganze Schweiz bis zu einer Höhe von 2000 m. ü.
M. ab. Das Höhenmodell bildet die Grundlage für die
Berechnung der Relieffaktoren L und S des Erosionsmo-
dells und gibt die Rasterzellengrösse vor (Abb. 1). Durch
die hohe Auflösung ermöglicht es eine sehr gute Abbil-
dung erosionsrelevanter, kleinräumiger Strukturen wie
Geländemulden oder -stufen.
Raster mit R-, K- und C-Faktoren
Das R-Faktorraster gibt die Niederschlagserosivität, also
die Verteilung erosionswirksamer Niederschlagsenergie
der Schweiz wieder und wurde von Friedli (2006) ohne
Änderungen übernommen (Abb. 1).
Das K-Faktorraster beinhaltet Informationen zur
Bodenerodierbarkeit. Es wurde aus der K-Faktorkarte
von Friedli (2006) und ergänzend aus detaillierten kan-
tonalen Bodenkarten erstellt (Abb. 1). Dazu wurden die
Kantone nach digitalen Bodenkarten angefragt. Aus
den Angaben zu Körnung, Humus- und Skelettgehalt
wurde die Erodierbarkeit für die verschiedenen Boden-
karten berechnet. Nur rund ein Viertel der von uns
berechneten Fläche konnte durch detaillierte Bodenda-
Klasse BeschreibungWert (S x L x K x R)
Darstellung
1 Keine Erosionsgefährdung 0–30 grün
2 Erosionsgefährdung 30–55 gelb
3 Hohe Erosionsgefährdung >55 rot
Tab. 2 | Wassererosionsgefährdungsklassen der ERK2 in Anlehnung an die gesetzlichen Vorgaben der deutschen Direktzahlungen-Ver-pflichtungenverordnung.
Abb. 2 | Ausschnitt der ERK2 mit einer Klassierung in drei Gefähr-dungsstufen (gleicher Ausschnitt wie Abb. 1 und 3).
Gefährdungsstufen
1 keine Gefährdung
2 Gefährdung
3 hohe Gefährdung0 250 500
Meter
Umwelt | Erosionsrisikokarte im 2x2-Meter-Raster (ERK2)
152 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 148–155, 2011
die Erosionsdisposition des gewählten Ausschnittes bie-
ten (Abb. 2). Der hinterlegte Datensatz enthält keine
absoluten Zahlenwerte für den potenziellen Bodenab-
trag, sondern nur die drei Klassenwerte für das Erosions-
risiko. Dies ermöglicht einfache statistische Auswertun-
gen für beliebige Ausschnitte. So kann zum Beispiel für
eine Parzelle, einen Feldblock oder eine Gemeinde der
relative Flächenanteil der drei Klassen im GIS leicht
berechnet werden.
Die zweite Karte beinhaltet den Originaldatensatz
mit absoluten Werten für den potenziellen Bodenabtrag
pro Rasterzelle. Die vorgegebene Klassierung in neun
Klassen orientiert sich sowohl bei den Werten als auch
bei der Farbgebung an den Vorgaben von Tabelle 2.
Die stärkere Unterteilung ergibt eine detaillierte Dar-
stellung und ist deshalb für die Ursachenanalyse einer
einzelnen gefährdeten Parzelle gut geeignet (siehe
Abb. 3 und 5).
Überblick über die ERK2
Einen schweizweiten Überblick über das modellierte
potenzielle Erosionsrisiko der landwirtschaftlichen Nutz-
fläche des Talgebiets zeigt die Karte in Abb. 4. Das Ero-
sionsrisiko wurde in neun Klassen dargestellt, eingeteilt
nach dem berechneten langjährigen mittleren poten-
ziellen Bodenabtrag in t/(ha*a). Die Einteilung und Farb-
gebung wurde dabei an die oben definierten Klassen
(Tab. 2) angepasst. Die aktuelle Flächenangabe zur
Ackerfläche der Schweiz (inklusive Kunstwiesen) beläuft
sich auf 405 214 ha sowie 13 084 ha Reben. Davon befin-
den sich 90 % (377 567 ha) im Talgebiet (SBV 2009). Daher
wurden in Abbildung 4 die Bergzonen I und II, welche
zwar auch berechnet wurden, nicht abgebildet. Die dar-
Abb. 3 | Ausschnitt der ERK2 mit einer Klassierung in neun Klassen für den potenziellen Bodenabtrag (gleicher Ausschnitt wie Abb. 1 und 2).
0 250 500Meter
Erosionsrisikoin t/(ha*a)
< 20
20 – 30
30 – 40
40 – 55
55 – 100
100 – 150
150 – 250
250 – 500
> 500
Abb. 4 | Die Erosionsrisikokarte (ERK2) für die landwirtschaftlich genutzten Flächen im Talgebiet der Schweiz. Die Karte zeigt das poten-zielle Erosionsrisiko ohne Berücksichtigung von Nutzung und Bewirtschaftung.
Erosionskarte der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Schweiz (ERK2)ohne Bergzonen und Sömmerungsgebiete
Erosionsrisiko in t/(ha*a)
< 20
20 – 30
30 – 40
40 – 55
55 – 100
100 – 150
150 – 250
250 – 500
< 500
0 40 80km
Erosionsrisikokarte im 2x2-Meter-Raster (ERK2) | Umwelt
153Agrarforschung Schweiz 2 (4): 148–155, 2011
gestellte Fläche im Talgebiet umfasst 606 233 ha. 38 %
der abgebildeten Flächen sind Dauergrünland und 62 %
Ackerland oder Reben. Dies ist bei der Interpretation der
Resultate unbedingt zu berücksichtigen. 56 % der Fläche
wurden als nicht erosionsgefährdet klassiert, 12 % als
potentiell erosionsgefährdet und 32 % als stark poten-
ziell erosionsgefährdet. Viele der als stark potenziell ero-
sionsgefährdet klassierten Flächen befinden sich am
Übergang der Tal- zur Bergzone. Hier dürften viele Flä-
chen als Dauergrünland genutzt werden, was deren
aktuelles Erosionsrisiko praktisch unerheblich macht.
Validierung der ERK2
Die Validierung des Modells AVErosion erfolgte mit den
zehnjährigen Messdaten der Erosionsschadenskartierun-
gen vom Frienisberg für 203 Parzellen (Prasuhn 2011). Es
konnte eine befriedigende Übereinstimmung vor allem
für die hoch erosionsgefährdeten Parzellen gefunden
werden. Weiterhin wurde das Modell in diversen Gebie-
ten auf Plausibilität geprüft. In den Gebieten Estavayer
le Lac und Oberaargau, in denen von Ledermann et al.
(2010) zweijährige Erosionsschadenskartierungen durch-
Abb. 5 | Ausschnitt aus der ERK2 für einen Feldblock mit einer Geländemulde in Ge-fällsrichtung (schwarze Linien = Feldblock grenzen). Längs- und Querprofil charakteri-sieren die Mulde. Die Muldenstruktur ist durch das erhöhte Erosionsrisiko in der ERK2 gut erkennbar.
geführt wurden, stimmten die kartierten Erosionsschä-
den – vor allem Talwege – ebenfalls gut mit den Modell-
vorhersagen überein. Der Vergleich der ERK2 mit den
bestehenden Hinweiskarten 1:25 000 für die erosionsbe-
dingte Bodengefährdung in den Kantonen Solothurn,
Luzern und Genf ergab gute bis sehr gute visuelle Über-
einstimmungen. Von Frey et al. (2010) wurde AVErosion
auf vier sehr unterschiedlichen Betrieben eingesetzt.
Alle Betriebsleiter haben die Resultate akzeptiert bezie-
hungsweise für richtig befunden. Zusätzlich wurden die
mit einem anderen Ansatz (Noll et al. 2010) gemachten
Erosionsrisikoabschätzungen für die Gebiete Avenches
(VD) und Boiron de Morges (VD) mit den Vorhersagen
der ERK2 verglichen. In Avenches lagen dabei ebenfalls
Feldbeobachtungen zur Bodenerosion vor, um die ERK2
auf Plausibilität zu prüfen. Auch hier wurden weitge-
hende Übereinstimmungen festgestellt.
Interpretationsmöglichkeiten der ERK2
Da das Erosionsrisiko in hohem Masse von der Geländeto-
pologie bestimmt wird, kann man aus der Erosionsrisiko-
karte auch annähernd das vorliegende Relief abschätzen
Erosionsrisiko in t/(ha*a) Hillshade aus DTM-AV (swisstopo)
< 20
20 – 30
30 – 40
40 – 55
55 – 100
100 – 150
150 – 250
250 – 500
< 500
Profil Blau Profil Schwarz
569,5569
568,5568
567,5567
566,5
595590585580575570565560
0 10 20 30 40 50 60 70 200 150 100 50 0Skalen in Meter Skalen in Meter
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Umwelt | Erosionsrisikokarte im 2x2-Meter-Raster (ERK2)
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 148–155, 2011
Hinweise für den Anwender
Auch in einem weltweit vielfach verwendeten und vali-
dierten Modell wie der ABAG wird die Realität immer
abstrahiert und vereinfacht. Das heisst, das prognosti-
zierte potentielle Erosionsrisiko in der ERK2 kann in eini-
gen Fällen nicht richtig beurteilt worden sein. So kann es
vorkommen, dass es in Gebieten, die auf der Karte als
nicht erosionsgefährdet eingestuft sind, in der Realität
trotzdem zu Erosionsereignissen kommt, oder dass
Gebiete noch stärker von Erosion betroffen sind, als dies
in der Karte dargestellt wird. Mögliche Ursachen dafür
sind zum Beispiel Fremdwasserzufluss von Strassen,
defekte Drainagen, Hangwasseraustritte. Andererseits
werden viele der als potentiell erosionsgefährdet klas-
sierten Flächen in der ERK2 vom Landwirt bereits ange-
passt bewirtschaftet (Dauergrünland oder konservie-
rende Bodenbearbeitung usw.), so dass dort nicht mit
realen Erosionsschäden zu rechnen ist. Eine Überprü-
fung der jeweiligen Situation im Feld wird in jedem Fall
angeraten.
AusblickWeiterführende Arbeiten zur Verbesserung der ERK2
wären die Ausscheidung von Dauergrünland und effektiv
ackerbaulich genutzten Parzellen. Eine Differenzierung
der jeweiligen Fruchtfolgen und Bodenbearbeitungsver-
fahren aufgrund genauerer Kenntnisse der Bewirtschaf-
tung würde es erlauben, den C-Faktor in die Bodenerosi-
onsgleichung einzubeziehen und damit die effektiv
gefährdeten Parzellen auf Grund der heutigen Nutzung
zu ermitteln. Weiterhin könnte der Anschluss an das
Gewässernetz modelliert werden, um mögliche Gewässer-
belastungen durch Bodenerosion abschätzen zu können. n
beziehungsweise den Grund dafür erkennen, ob oder
warum eine Erosionsgefährdung vorliegt. Dies hilft bei
der Interpretation der Darstellung des potenziellen Erosi-
onsrisikos in der ERK2. Wo sind Geländemulden? Wie ist
die grobe Form des Geländes? Wo befinden sich konkave
oder konvexe Hänge? In welche Richtung fliesst das Was-
ser? Wo liegen beispielsweise Hecken, Böschungen? Sol-
che Strukturen lassen sich aus der ERK2 oft sehr detailliert
abschätzen und erlauben eine erste Ursachenanalyse.
Beispiel Geländemulde
Geländemulden sind Vertiefungen im Gelände, welche
den Wasserfluss kanalisieren und ableiten (sogenannte
Talwege). Die zusammenfliessenden Wassermassen er-
höhen die Abflussenergie und den L-Faktor; deshalb
drücken sich solche Geländeformen in einem stark
erhöhten Erosionsrisiko aus (siehe Abb. 5, links). Die
Muldenstruktur (blaues Profil) mit dem entsprechenden
Längsgefälle (schwarzes Profil) führt zu diesem Effekt.
Bei solchen in der ERK2 gut erkennbaren und typischen
Strukturen wird eine detaillierte Überprüfung der Situa-
tion im Feld dringend angeraten, da solche Strukturen
häufig zu hohen Bodenabträgen (Talwegerosion) füh-
ren. Weitere Beispiele für gut erkennbare Geländestruk-
turen finden sich in Gisler et al. (2010).
Vergleich mit realen Erosionsereignissen
Der Vergleich zwischen Foto und Karte soll zeigen, wie man
sich einen Kartenausschnitt der ERK2 in der Realität vorstel-
len muss. Das Beispiel in Abbildung 6 zeigt einen stark ero-
sionsgefährdeten Hangabschnitt mit typischen Erosionsfor-
men und den entsprechenden Ausschnitt aus der ERK2.
Weitere Beispiele finden sich in Gisler et al. (2010).
Abb. 6 | Vergleich von fotografisch festgehaltenen Erosionsschäden mit ERK2-modelliertem Ero-sionsrisiko. Die Mulde mit Talwegerosion wird vom Modell gut abgebildet. (Foto: Thomas Leder-mann, CDE Uni Bern)
Erosionsrisikoin t/(ha*a)
< 2020 – 3030 – 4040 – 5555 – 100100 – 150150 – 250250 – 500> 500
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Erosionsrisikokarte im 2x2-Meter-Raster (ERK2) | Umwelt
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Agrarforschung Schweiz 2 (4): 148–155, 2011
Carta ad alta risoluzione del rischio di erosione
con reticolo a celle di 2×2 m (CRE2)
La carta ad alta risoluzione del rischio di erosione
(CRE2) della superficie agricola utile della Svizzera
mostra il potenziale rischio di erosione, basandosi
su fattori locali quali rilievo, suolo e precipitazioni,
indipendentemente dalla forma di utilizzazione
(superficie campicola, prato permanente o
vigneto) e di gestione. Sulla carta possono essere
identificate distintamente le zone fortemente a
rischio di erosione all'interno di una parcella o su
un pendio, come per esempio i thalweg. La
pertinenza della CRE2 è stata confermata dalla
cartografia sul campo dei danni provocati dall'ero-
sione, dai confronti con altre carte sul rischio di
erosione e dai colloqui intrattenuti con gli
agricoltori. Sulla base di un reticolo a quadrati di
2×2 metri è stato classificato come potenzial-
mente a rischio d'erosione, il 44 % della superficie
agricola utile in zona di pianura. Tuttavia, il 38 %
di tutte le superfici in pianura è sfruttato come
superficie permanentemente inerbita e non è,
pertanto, a rischio reale di erosione. La CRE2
rappresenta una base unificata, valida per tutta la
Svizzera per individuare potenziali rischi di
erosione a livello di parcellare. Essa consente ad
agricoltori e consulenti cantonali di intervenire
tempestivamente in caso di rischio di erosione, di
condurre una valutazione comune sul campo e di
prendere eventuali misure. Una verifica sul campo
del rischio di erosione rilevato sulla base di
modelli resta, tuttavia, indispensabile.
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Erosion risk map in a 2×2-meter grid (ERM2)
The high-resolution erosion risk map (ERM2) of
Switzerland’s utilised agricultural area shows
potential erosion risk based on the locational
factors of relief, soil and precipitation – irrespective
of particular land use (arable land, permanent
grassland or vines) or crop management. Areas at
high risk of erosion within a plot or on a hillside,
such as talwegs for example, are easy to identify on
the map. Erosion damage mapping in the field,
comparisons with other erosion risk maps and
discussions with farmers have confirmed the
validity of the map. Altogether, 44 % of the utilised
agricultural area in the valley region was classified
as a potential erosion risk on the basis of a
2×2-meter grid. 38 % of all the land in the valley
region is used as permanent grassland, however,
and to this extent poses no real erosion risk. A
digital map of arable land is not currently available,
so the land could not be broken down into arable
and permanent grassland. ERM2 now provides a
standard basis for assessing the potential erosion
risk on plot scale for the whole of Switzerland. It
enables farmers and cantonal advisors to identify in
advance the land at risk of potential erosion, assess
it jointly in situ and plan the requisite action. It
remains essential, however, to carry out a field
inspection of the erosion risk modelled.
Key words: soil erosion, erosion risk map,
modeling.
156 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 156–161, 2011
Oberflächenabfluss von intensiv genutzten Graslandflächen führt zu hohen Phosphorabschwemmungen. (Foto: Volker Prasuhn, ART)
E i n l e i t u n g
In der Landwirtschaft eingesetzte Pflanzenschutzmittel
(PSM) und Nährstoffe – insbesondere Phosphor (P) und
Stickstoff (N) – können vom Boden abgeschwemmt oder
ausgewaschen werden und Gewässer verschmutzen.
PSM können empfindliche Organismen in den Gewäs-
sern beeinträchtigen und ein übermässiger Nährstoff-
eintrag führt zu Eutrophierung in Seen. Sedimentein-
trag aus Bodenerosion kann zur Kolmation der
Gewässersohle führen, das heisst zur Verstopfung der
Poren, wodurch Laichplätze für Fische zerstört werden.
Aus Sicht der Landwirtschaft werden Massnahmen
zur Verminderung der Gewässerbelastungen gesucht,
die eine grosse positive Wirkung im Gewässer bei mög-
lichst geringen Kosten und Einschränkungen der land-
wirtschaftlichen Produktion haben. Aus dieser Perspek-
tive ist die Erkenntnis aus der Hydrologie bedeutsam, die
besagt, dass nur ein kleiner Teil eines Einzugsgebietes
während eines Regenereignisses zum Abfluss beiträgt
(Hewlett und Hibbert 1967). Da die Gewässer belasten-
den Stoffe hauptsächlich mit dem Wasser transportiert
werden, liegt es nahe, dass auch zur stofflichen Gewäs-
serbelastung nur ein Teil eines Einzugsgebietes beiträgt.
Damit bietet sich die Möglichkeit, mit gezielten Mass-
nahmen auf wenigen, ausgewählten Teilflächen eine
wesentliche Verbesserung der Gewässerbelastung her-
beizuführen, ohne Landwirtschaftsflächen grossflächig
mit zusätzlichen Auflagen zu belegen.
In der wissenschaftlichen Literatur ist dieses Konzept
bereits verbreitet. Flächen mit grossem Verlustpotenzial
werden als beitragende Flächen (engl. critical source
areas, contributing areas oder hydrologically sensitive
areas) bezeichnet. Flächen sind dann beitragende Flä-
chen, wenn sie hydrologisch aktiv und mit dem Gewäs-
sernetz verbunden sind und zusätzlich eine Stoffquelle
vorhanden ist. Da das Verlustrisiko von Stoffen stark von der aktuellen
Bewirtschaftung abhängt, wird zwischen dem aktuellen –
von der Fruchtfolge, Düngung, Bodenbearbeitung und
ähnlichem abhängigen – und dem potenziellen, stand-
ortspezifischen Risiko unterschieden. Letzteres ist nur von
den zeitlich weitgehend konstanten Standorteigenschaf-
ten (Boden, Relief, Klima, Gewässernetz) abhängig.
Im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt BAFU
haben wir untersucht, wieweit es der heutige Wissens-
stand erlaubt, das Konzept der beitragenden Flächen für
Nährstoffe, PSM und Erosion flächenhaft in der Schwei-
Martin Frey1, Nadine Konz2, Christian Stamm1, Volker Prasuhn2
1Eawag, 8600 Dübendorf2Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich
Auskünfte: Christian Stamm, E-Mail: [email protected], Tel. +41 58 765 55 65
Identifizierung von Flächen, die über-proportional zur Gewässerbelastung beitragen
U m w e l t
Identifizierung von Flächen, die über proportional zur Gewässerbelastung beitragen | Umwelt
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Zusa
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Agrarforschung Schweiz 2 (4): 156–161, 2011
Sedimenteinträge durch Erosion sowie
Abschwemmungen von Pflanzenschutzmit-
teln und Nährstoffen aus der Landwirtschaft
belasten unsere Gewässer. Verschiedene
Feldstudien weisen darauf hin, dass die
Flächen, von denen diese Einträge stammen,
räumlich begrenzt sind. Insbesondere
Phosphor, Pflanzenschutzmittel und Sedi-
mente gelangen vorwiegend durch schnelle
Abflussprozesse auf einem geringen Anteil
der landwirtschaftlichen Fläche in die
Gewässer. Diese sogenannten beitragenden
Flächen betragen im Schnitt etwa 20 % der
Gesamtfläche. Am besten abgesichert ist das
Konzept der beitragenden Flächen bei der
Erosion, bei der die Verluste nach Regener-
eignissen noch gut zu erkennen sind. Bei
Phosphor ist dieses Konzept vor allem im
Ausland weit verbreitet, wird jedoch nur
durch wenige Messdaten bestätigt. Weit
weniger Daten liegen für Pflanzenschutzmit-
tel vor. Nicht geeignet ist das Konzept für
Stickstoff. Um beitragende Flächen zu
identifizieren, stehen verschiedene Werk-
zeuge zur Verfügung. Wir haben einige
davon auf vier Betrieben getestet. Insbeson-
dere die Identifikation von Flächen, die zur
Erosion beitragen, wurde von den Landwir-
ten als realistisch eingeschätzt. Beitragende
Flächen für Erosion und Abschwemmung
sind oft nicht deckungsgleich. Die Identifika-
tion von beitragenden Flächen wird limitiert
durch die begrenzten räumlichen Informatio-
nen. In der Schweiz stehen nur für wenige
Gebiete Bodeninformationen mit genügend
hoher Auflösung zur Verfügung.
zer Landwirtschaft zur Verminderung der diffusen
Gewässerbelastung einzusetzen. Um das Konzept in der
landwirtschaftlichen Beratung und Kontrolle umsetzen
zu können, müssen beitragende Flächen mit verfüg-
baren Daten verlässlich ausgeschieden werden können.
Wir zeigen deshalb auf, mit welchen Werkzeugen bei-
tragende Flächen identifiziert werden können und wel-
che Grundlagen dazu benötigt werden. Beispielhaft
wurden diese Werkzeuge bei vier Testbetrieben ange-
wendet. Diese Erfahrungen lassen wir in Empfehlungen
für das weitere Vorgehen einfliessen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Werkzeuge zur Kartierung beitragender Flächen
Erosionsmodell AVErosion
Im Bereich der Erosion sind Vorhersagemodelle am wei-
testen entwickelt. Es gibt eine Vielzahl von Studien zur
Evaluation dieser Werkzeuge. Einfache Ansätze zur Vor-
hersage beitragender Flächen basieren auf der Allge-
meinen Bodenabtragsgleichung (ABAG, engl. Universal
Soil Loss Equation USLE). Eine Abwandlung davon ist das
Modell AVErosion, das aktuell in der Schweiz verwendet
wurde, um eine flächendeckende, hoch aufgelöste Erosi-
onsgefährdungskarte zu erstellen (Gisler et al. 2010).
P-Index
Auch für beitragende Flächen für P-Verluste stehen ver-
schiedene Werkzeuge zur Verfügung. Weitverbreitet ist
der sogenannte P-Index, der in den USA entwickelt
wurde und heute in vielen Ländern in angepasster Form
verwendet wird (Gburek und Sharpley 1998). Dabei wer-
den räumliche Eigenschaften zu Transportrisiko und
P-Quellen in Risikokategorien eingeteilt, gewichtet und
aggregiert. Der resultierende Index kann benutzt wer-
den, um die Risikoanfälligkeit verschiedener Felder zu
vergleichen.
Pflanzenschutzmittel
Dem P-Index analoge Indices für PSM-Verluste gibt es
bisher nicht. Da die Transportprozesse für P und PSM
sehr ähnlich sind, kann aber auf die Erfahrung im
P-Bereich zurückgegriffen werden. Potenzielle Risikoflä-
chen für die Abschwemmung von Pflanzenschutzmitteln
sind hydrologisch aktive Flächen. Zur Identifizierung sol-
cher Flächen gibt es verschiedene Ansätze (Agnew et al.
2006 oder Srinivasan und McDowell 2009). Vielverspre-
chend ist der Ansatz, das Transportrisiko in ein Risiko für
sättigungsbedingten Abfluss und ein Risiko für Abfluss
aufgrund einer Infiltrationshemmung aufzuteilen. Das
sättigungsbedingte Risiko wird dabei mit dem Topoin-
dex (Beven und Kirkby 1979) abgebildet, der die Lage im
Relief widerspiegelt und das Infiltrationsrisiko durch die
Bodenkarte. In einem ähnlichen Ansatz werden anhand
von Boden- und Reliefinformationen ermittelt, wo wel-
che Abflussprozesse zu erwarten sind (engl. dominant
runoff processes, DRP; z. B. Schmocker-Fackel et al.
2007). Risikoflächen für PSM-Abschwemmungen sind
Flächen, die schnell reagieren und Oberflächen- oder
Drainagenabfluss auslösen. In der Schweiz gibt es für
den Kanton Zürich schon eine komplette DRP-Karte.
Umwelt | Identifizierung von Flächen, die über proportional zur Gewässerbelastung beitragen
158 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 156–161, 2011
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Überlegungen zu Frachtdynamik und Massenbilanz
Feldmessungen zeigen, dass P, PSM und Sedimente vor-
wiegend während grossen Abflussereignissen in Gewäs-
ser gelangen. Dabei sind vor allem schnelle Abflusspro-
zesse wie Oberflächenabfluss oder Transport durch
Grobporen in Drainagen aktiv. Diese Prozesse treten
räumlich begrenzt auf. Im Unterschied dazu gelangt N
hauptsächlich mit dem Basisabfluss, der sich aus dem
Grundwasser speist, in Oberflächengewässer.
Eine grobe Abschätzung der minimalen Ausdehnung
der beitragenden Flächen für die verschiedenen Stoffe
kann aus einfachen Massenbilanzüberlegungen gewon-
nen werden. Messungen im Ausfluss von Einzugsgebie-
ten zeigen, dass häufig grosse Mengen – teilweise über
30 % der im Einzugsgebiet eingesetzten N-Menge – im
Ausfluss gefunden werden können. Beim P betragen die
Verluste hingegen meist nur 3 bis 5 % und bei den PSM
liegen sie sogar häufig unter 1 % der ausgebrachten
Menge. Abschwemmungen von P und PSM können sich
also auf einen kleinen Teil des Einzugsgebietes beschrän-
ken. Beim N hingegen muss eine relativ grosse Fläche
beitragend sein. Bei der N-Belastung handelt es sich des-
halb um ein flächenhaftes Problem, das mit angepass-
tem Management auf einem kleinen Teil des Gebietes
meist nicht gelöst werden kann.
Analyse bestehender Felduntersuchungen
Erosion
Es ist nicht einfach, die im Abfluss gemessenen Stoffver-
luste beitragenden Flächen im Einzugsgebiet zuzuord-
nen. Bei der Erosion gelingt die Identifikation am besten,
da Erosionsspuren auch nach einem Niederschlagsereig-
nis noch gut erkennbar sind (Abb. 1). Die langjährige
Erosionsstudie in der Region Frienisberg zeigt, dass der
von Erosion betroffene Flächenanteil im Mittel pro Jahr
ungefähr 16 % betrug (Prasuhn et al. 2007). Bei einzel-
nen Abtragsereignissen lag der Anteil häufig erheblich
niedriger. Weltweit liefern Erosionsuntersuchungen
ähnliche oder tiefere Werte. Wird der Anschluss an ein
Gewässer einbezogen, verringert sich der Flächenanteil
beitragender Flächen noch einmal stark, da schon kleine
topographische Barrieren den Sedimenteintrag ins
Gewässer aufhalten können.
Phosphor
Im Gegensatz zur Erosion können die Verluste bei gelös-
ten Stoffen nachträglich kaum zurückverfolgt werden,
da keine Spuren des Transportvorgangs erhalten blei-
ben. Es existieren deshalb nur wenige Feldstudien, die
das Konzept der beitragenden Flächen empirisch bestä-
tigen. Aufschlussreich sind verschiedene Studien zur
P-Abschwemmung in Pennsylvania (USA), wo die P-Ver-
luste wie bei uns während wenigen starken Regenereig-
nissen stattfinden. Dabei wird der Abfluss hauptsächlich
durch Oberflächenabfluss auf gesättigten Flächen ent-
lang des Gewässers gebildet (Gburek und Sharpley 1998).
Grosse Niederschlagsereignisse bei bereits hohen Boden-
wassergehalten führen zu einer grossen Ausdehnung.
Für durchschnittlich grosse Abflussereignisse, die alljähr-
lich vorkommen, betrug der Anteil beitragender Flächen
zirka 20 %. Sie waren für rund die Hälfte der totalen
P-Verluste während einer zehnjährigen Messreihe ver-
antwortlich. Bei zwei Extremereignissen trug praktisch
das ganze Gebiet zum Abfluss bei.
Die räumliche Variation der Verluste von PSM wurde
im Greifenseegebiet intensiv analysiert. Messungen
zeigten, dass aus den Maisfeldern eines Untereinzugsge-
bietes, die 44 % der Maisfläche des gesamten Einzugsge-
bietes ausmachen, 76 % der Verluste stammen (Leu et al.
2004). Dank einer weiteren Studie im gleichen Gebiet
konnten die beitragenden Flächen weiter eingeschränkt
werden (Gomides Freitas et al. 2008). Dabei wurde
gezeigt, dass auf wenigen Aren eines Feldes die Verlust-
rate bis zu 30-mal höher sein kann als auf dem Rest des
Feldes. Diese Untersuchungen haben gezeigt, dass hyd-
Abb. 1 | Die über Bodenerosion zur Gewässerbelastung beitragen-den Flächen lassen sich im Feld gut kartieren. Erosionsrille, die in einen Einlaufschacht und über diesen ins Gewässer mündet. (Foto: Thomas Ledermann, CDE Uni Bern)
Identifizierung von Flächen, die über proportional zur Gewässerbelastung beitragen | Umwelt
159Agrarforschung Schweiz 2 (4): 156–161, 2011
Arbeiten deuten darauf hin, dass hier erhebliche Unsi-
cherheiten bestehen. Die Konnektivität zum Gewässer
wird oft ganz vernachlässigt. Messungen auf Feldskala
mit Anschluss ans Gewässer liegen kaum vor und die
Anzahl Messungen ist meist gering.
Bei den P-Verlusten muss zudem zwischen partikulä-
rem und gelöstem P unterschieden werden. Partikulärer P
wird als Bestandteil des Bodens erodiert, gelöster P in der
Wasserphase abgeschwemmt und ist für die Eutrophie-
rung von Gewässern massgebend. Da die Erosionsvorher-
sagen weit fortgeschritten sind können, Risikoflächen für
den partikulären P-Transport identifiziert werden.
Pflanzenschutzmittel
Für PSM haben wir im Rahmen dieser Studie Risikovor-
hersagen mittels Topoindex und DRP durchgeführt. Die
mit diesen Verfahren ermittelten beitragenden Flächen
sind plausibel. Die verfügbaren Daten zu PSM-Verlusten
lassen aber nur eine qualitative Evaluation der Ansätze
zu. Die Risikovorhersagen der beiden Ansätze (Topoin-
dex und DRP) sind in der Abbildung 4 beispielhaft für ein
Gebiet im Zürcher Weinland abgebildet.
Anwendung auf Testbetrieben
Die Werkzeuge wurden auf vier Testbetrieben in der
Schweiz getestet. Für die Erosionsvorhersagen wurde
das Modell AVErosion verwendet, für P der P-Index aus
Pennsylvania und für PSM der Topographische Index und
der DRP-Ansatz. Um die Vorhersagen zu plausibilisieren,
wurde auf die Erfahrungen der Landwirte zurückgegrif-
fen, da diese ihre Parzellen bezüglich Vernässung und
Erosion in der Regel sehr genau kennen.
rologische Verbindungen zwischen Feldteilen und
Gewässersystem entscheidend sind (Frey et al. 2009).
Kleinräumige topographische Barrieren können verhin-
dern, dass abgeschwemmte PSM ins Gewässer gelangen.
Im untersuchten Gebiet war insgesamt lediglich ein Drit-
tel der Fläche mit dem Gewässer verbunden (Abb. 2).
Das zurückgehaltene Wasser reinfiltrierte in den Boden.
Bei drainierten Böden kann so ein Teil davon über Mak-
roporen und die Drainage ins Gewässer gelangen.
Insgesamt zeigt die durchgeführte Literaturrecher-
che, dass das Konzept der beitragenden Flächen für Ero-
sion, P- und PSM-Verluste empirisch erhärtet ist. Die vor-
handenen Daten zeigen, dass in vielen Fällen zirka 80 %
der Verluste von rund 20 % der Fläche stammen. Beim
Stickstoff hingegen ist meist von einem flächenhaften
Problem auszugehen.
Evaluation bestehender Werkzeuge
Erosion Um die Genauigkeit des Erosionsmodells AVErosion abzu-
schätzen, wurden die Modellvorhersagen mit den zehn-
jährigen Erosionsmessreihen auf 203 Flächen in der Region
Frienisberg verglichen. Risikoflächen mit hohen Erosions-
verlusten konnten dabei gut vorher gesagt werden.
Phosphor
Zur Evaluation der verschiedenen P-Indices ist die Daten-
lage deutlich schlechter als für Erosion. Dies geht aus
unserer Analyse von veröffentlichten Studien hervor, die
wir in Abbildung 3 zusammengefasst haben. Die Abbil-
dung zeigt, wie gut die jeweiligen P-Indices beitragende
Flächen – hier als die 20 % der Flächen mit den grössten
Verlustraten definiert – vorhersagen konnten. Studien
auf Testparzellen betrachten meist nur den Einfluss des
P-Gehaltes des Bodens und der Düngung, jedoch nicht,
wie gut das Transportrisiko vorhergesagt wird. Einzelne
Abb. 2 | Der Fahrweg bildet eine topographische Barriere, die ver-hindert, dass Oberflächenabfluss vom Feld links in den Bach auf der rechten Seite der Strasse fliessen kann. (Foto: Martin Frey, Eawag)
Gesamt-P P gelöst
AUC
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
NA NA NA NA NA NA
PerfektesModell
Modell ohneInformations-gehalt
*
**Unterschiede im
Transportrisikovorhergesagt
Abb. 3 | Evaluation verschiedener P-Indices für Gesamt-P und gelösten P anhand von publizierten Studien in der Literatur. NA: keine Werte verfügbar. AUC: ein Gütemass der Vorhersage («Area under the curve»).
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Umwelt | Identifizierung von Flächen, die über proportional zur Gewässerbelastung beitragen
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 156–161, 2011
Die Qualität der Vorhersagen von beitragenden Flä-
chen ist stark von den verwendeten Inputdaten abhän-
gig. Die Schweiz verfügt über ein flächendeckendes digi-
tales Höhenmodell im 2×2-Meter-Raster. Daten zur
Landnutzung sind ebenfalls von guter Qualität (Vector25,
Arealstatistik). Bodendaten sind dagegen sehr heterogen
(z. B. Massstab 1: 5000 bis 1:200 000). In allen Gebieten
wurde die beste verfügbare Bodeninformation verwendet.
Die räumlichen Erosionsvorhersagen wurden von
den Landwirten durchwegs als realistisch beurteilt. Die
Risikovorhersagen mit dem verwendeten P-Index sind
stark mit der Erosion gekoppelt. Gute Erosionsvorher-
sagen führen so zu realistischen Risikoflächen für den
partikulären P-Transport. Felder mit Abschwemmung
von gelöstem P werden im verwendeten P-Index aber
zu wenig berücksichtigt. Bei den Risikoflächen für Ab-
schwemmungen von PSM gab es keine offensichtlichen
Fehlklassifizierungen, wenn sich die Landwirtinnen und
Landwirte auf ihre lokale Kenntnisse bezüglich Vernäs-
sung von Feldern und allenfalls beobachtete Abschwem-
mungen während Niederschlagsereignissen abstützen.
Bei hochaufgelösten Bodendaten liefern der Topoin-
dex- und der DRP-Ansatz für PSM-Verluste ähnliche Risi-
koflächen (Abbildung 4). Bei unzureichenden Bodenda-
ten ist die räumliche Differenzierung beim DRP-Ansatz
stark eingeschränkt. Mit der topographischen Informa-
tion allein kann die räumliche Verteilung von Oberflä-
chenabfluss auf gesättigten Flächen identifiziert werden,
infiltrationslimitierter Oberflächenabfluss wird aber
nicht erfasst. Die Vorhersage solcher Flächen ist nur mit
guten Bodendaten möglich und beinhaltet auch dann
noch grosse Unsicherheiten, da sie stark von der Bewirt-
schaftung abhängen.
Beim Vergleich der beitragenden Flächen für Erosion,
P und PSM fällt auf, dass sie häufig nicht deckungsgleich
sind. Erosion und partikulärer Transport finden meist in
steilen Hanglagen statt, während Abschwemmung vor
allem am Hangfuss auftritt, wo es oft flach ist.
Praktische UmsetzungBeitragende Flächen können für Erosion, P- und PSM-
Verluste empirisch nachgewiesen werden. Bei der
Bewirtschaftung der Flächen sollte deshalb darauf
geachtet werden, dass spezifische Massnahmen zur
Verminderung der diffusen Gewässerbelastung getrof-
fen werden.
Einen wichtigen Schritt stellt hierbei die Fertigstel-
lung der hoch aufgelösten Erosionsgefährdungskarte
dar, die seit Kurzem für die landwirtschaftlich genutzte
Fläche der Schweiz zur Verfügung steht (Gisler et al.
2010). Sie liefert zuverlässige Resultate für die relative
Einstufung des Erosionsrisikos.
Auch beim P und bei den PSM können vorhandene
Methoden zur Vorhersage von beitragenden Flächen die
Beratung unterstützen. Risikokarten eignen sich sehr
gut als Visualisierungsmittel. Anpassungen an die
Schweizer Verhältnisse sind jedoch noch notwendig.
Parallel zur Weiterentwicklung dieser Methoden ist
die Datenlage zur Charakterisierung der Bodeneigen-
schaften zu verbessern. Alle Methoden zur Vorhersage
der beitragenden Flächen benötigen parzellenscharfe
Bodeninformationen, die bislang nur für wenige Flä-
chen in der Schweiz in ausreichender Qualität zur Verfü-
gung stehen: Für über die Hälfte der landwirtschaftli-
chen Nutzfläche der Schweiz gibt es derzeit keine
geeignete Bodenkarte, nur für 12 % liegt eine detail-
lierte digitale Karte im Massstab 1:5000 vor, für weitere
4 % existieren digitale Karten im Massstab 1:10 000. Die Untersuchungen auf vier Testbetrieben haben
gezeigt, dass beitragende Flächen für Erosion und
Abschwemmung nicht unbedingt deckungsgleich sind.
Dies erschwert die spezifische Bewirtschaftung beitragen-
der Flächen. Für die Berücksichtigung beitragender Flä-
chen in der landwirtschaftlichen Praxis könnte deshalb
eine Anpassung der Schlagstruktur im Rahmen überbe-
trieblicher Zusammenarbeit eine Chance bieten. n
Abb. 4 | Risikovorhersagen für den Gewässereintrag von Pflanzenschutzmitteln mit dem Topo-index-Ansatz (links) und dem DRP-Ansatz (rechts).
Topoindex-Ansatz DRP-AnsatzRisikosehr geringgeringmittelhochsehr hoch
500 m
161
Identifizierung von Flächen, die über proportional zur Gewässerbelastung beitragen | Umwelt
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Identification of critical source areas for diffuse
water pollution
Input into streams due to erosion and runoff of
pesticides and nutrients from agricultural fields
pose a threat to our water bodies. Field studies
indicate that these losses originate from limited
parts of a given catchment. This holds especially
for fine sediments, pesticides and phosphorus,
which are mainly transported by fast flow
processes that are generated only on certain
locations. These critical source areas (CSAs) seem
to cover in many cases about 20 % of the total
area. The best empirical evidence for CSAs exists
for erosion, where losses can be observed after
an erosive event. For P losses, the concept is also
used fairly wide-spread in many countries
outside Switzerland. However, the empirical data
base supporting the concept is rather limited.
Even less data exist for pesticides. For nitrogen,
the CSA concept is not appropriate. For identify-
ing CSA in space, several tools are available. We
have tested some of them on four different test
farms. The risk areas for erosion agreed well
with the field experience of the local farmers.
The risk areas for runoff and erosion did not
overlap in many situations. Identifying risk areas
in Switzerland is in many situations severely
hampered by the coarse soil maps that are
available.
Key words: critical source area, water pollution,
phosphorus, pesticides, soil erosion.
Identificazione di aree che contribuiscono in
modo sproporzionato all'inquinamento delle
acque
Le immissioni di sedimenti dovute all'erosione
e al convogliamento di prodotti fitosanitari e
sostanze nutritive provenienti dall'agricoltura
inquinano i nostri corsi d'acqua. Diversi studi
sul campo evidenziano che queste immissioni
provengono da aree circoscritte. In particolare
il fosforo, i prodotti fitosanitari e i sedimenti
giungono nei corsi d'acqua principalmente a
causa del rapido ruscellamento che interessa
aree ristrette delle superfici agricole. Queste
aree a rischio, le cosiddette critical source areas
(CSA), rappresentano mediamente il 20 per
cento circa della superficie totale. La migliore
prova empirica delle CSA esiste in relazione
all'erosione, dove le perdite possono essere
osservate in seguito a precipitazioni. Per il
fosforo questo concetto è ampiamente diffuso
soprattutto all'estero, ma è confermato solo da
poche misurazioni Ancor meno dati sono
disponibili per i prodotti fitosanitari. Il con-
cetto non è adatto per quanto concerne
l'azoto. Per identificare le CSA si può ricorrere
a diversi strumenti. Ne abbiamo testati alcuni
in quattro aziende. Gli agricoltori hanno
valutato realistica soprattutto l'identificazione
di aree che contribuiscono all'erosione. Le CSA
per l'erosione e quelle per il convogliamento
spesso non coincidono. L'identificazione di
queste aree è limitata dalle scarse informazioni
territoriali. Cartine dei suoli con una risolu-
zione sufficientemente elevata in Svizzera
sono disponibili solo per poche regioni.
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 156–161, 2011
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162 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 162–169, 2011
E i n l e i t u n g
Das Angebot an Stickstoff (N) ist ein limitierender Faktor
bei der Ertragsbildung landwirtschaftlicher Kulturen.
Folglich bestimmt die N-Zufuhr auf landwirtschaftlichen
Böden massgeblich die Höhe des Pflanzenertrages. Ein
Teil des in der Landwirtschaft eingesetzten Stickstoffs
gelangt in die organische Substanz von pflanzlichen und
tierischen Produkten oder des Bodens. Ein anderer Teil
geht aus Sicht der Landwirtschaft unproduktiv verloren
– entweder in der Form von ökologisch unproblemati-
schem elementarem Stickstoff (N2) oder aber in der Form
von umweltschädlichem Ammoniak (NH3), Nitrat (NO3),
Lachgas (N2O) oder Stichoxid (NOx) (BLW 2008). Bei drei
der vier umweltrelevanten N-Formen – Ammoniak, Nit-
rat und Lachgas – ist die Landwirtschaft gesamtschwei-
zerisch gesehen die Hauptemittentin. Folglich kommt
der Landwirtschaft eine spezielle Verantwortung zur
Minderung der umweltschädlichen N-Emissionen zu,
wobei Ammoniak und Nitrat rein mengenmässig gese-
hen die bedeutsamsten landwirtschaftlichen N-Fraktio-
nen sind (Abb. 1).
Umweltschutz, Tierwohl, Wirtschaftlichkeit und Reduktion des Arbeitsanfalls. Leider gibt es keine Stickstoffminderungsmassnahmen, die sich auf alle Zielebenen positiv auswirken. Der Einsatz einer Massnahme erfordert deshalb stets ein Abwägen aller Wirkungen.
Simon Peter, Institute for Environmental Decisions IED, ETH Zürich
Auskünfte: Simon Peter, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 632 48 28
Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020
U m w e l t
Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020 | Umwelt
163
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 162–169, 2011
Bestehende Ziellücken
Die Bundesämter für Umwelt (BAFU) und für Landwirt-
schaft (BLW) haben für die Landwirtschaft in diversen
ökologisch relevanten Bereichen Umweltziele formu-
liert, welche aus Gesetzen, Verordnungen, internationa-
len Abkommen und Bundesratsbeschlüssen hergeleitet
worden sind. Die im Bericht Umweltziele Landwirtschaft
(BAFU/BLW 2008) festgelegten Ziele zeigten auf, dass
gerade im Bereich der landwirtschaftlichen Stickstoffe-
missionen teilweise beträchtliche Lücken zwischen den
gesetzlich festgehaltenen Umweltzielen und der Ist-Situ-
ation bestehen. Beim Ammoniak beispielsweise, müss-
ten die Emissionen aus der Landwirtschaft von gegen-
wärtig rund 48 kt N (Kupper et al. 2009) auf 25 kt N
(BAFU/BLW 2008) annähernd halbiert werden, damit
eine substanziell schädigende Wirkung in sensiblen Öko-
systemen verhindert werden kann. Auch bei den Zielset-
zungen für die nationale Nitratfraktion ist die Lücke
beträchtlich.
Vor diesem Hintergrund hat das BLW die Gruppe
Agrar-, Lebensmittel- und Umweltökonomie der ETH
Zürich mit der Durchführung einer quantitativen Studie
beauftragt (Peter et al. 2010). Die Arbeit soll Entschei-
dungsgrundlagen zur Beantwortung der Frage liefern,
welche agrarökologischen Etappenziele im N-Bereich bis
im Jahr 2020 realistischerweise angepeilt werden könn-
ten. Dies mit Blick auf die langfristigen Umweltziele
Landwirtschaft (UZL) aber auch unter Berücksichtigung
der dabei anfallenden Kosten und der zu erwartenden
Auswirkungen auf die Agrarproduktion.
Die Landwirtschaft ist Hauptemittentin der
drei reaktiven Stickstoffverbindungen
Ammoniak, Nitrat und Lachgas. Deshalb
kommt ihr eine spezielle Verantwortung zur
Minderung der umweltschädlichen Stickstoff-
emissionen zu. Dies umso mehr, weil in
diesem Bereich teilweise beträchtliche
Lücken zwischen den gesetzlich festge-
haltenen Umweltzielen und der Ist-Situation
bestehen. Im vorliegenden Artikel geht es
deshalb um die Frage, welche agraröko-
logischen Etappenziele im N-Bereich bis im
Jahr 2020 angepeilt werden könnten. In der
durchgeführten Studie wurden ausgewählte
technisch-organisatorische Minderungsmass-
nahmen in ein bestehendes agrarwirtschaft-
liches Allokationsmodell implementiert.
Damit konnte das Potenzial einer landwirt-
schaftlichen Emissionsreduktion und deren
sektorspezifischen Kosten berechnet werden.
Die Modellergebnisse zeigen, dass mit den
untersuchten Massnahmen im Rahmen des
Ressourcenprogramms der «AP2011» eine
maximale Emissionsreduktion von rund 10 %
beim Ammoniak, Nitrat und den anderen
umweltrelevanten N-Emissionen erwartet
werden darf. Darüber hinausgehende
Emissionsreduktionen scheinen ohne weitere
Massnahmen lediglich über eine Extensivie-
rung bzw. über einen Produktionsrückgang
erreichbar. Dies würde jedoch mit uner-
wünscht starken Auswirkungen auf das
landwirtschaftliche Einkommen einhergehen.
Deshalb spielt das realisierbare Zusatzpoten-
zial von bisher unberücksichtigten Minde-
rungsmassnahmen eine zentrale Rolle, wenn
es darum geht, Etappenziele für das Jahr
2020 festzulegen. Das Erreichen der formu-
lierten Langfristziele dürfte noch längere Zeit
eine Herausforderung für Forschung, Politik
und Praxis bleiben.
47,5 (52%) 37,7 (41%)
3,2 (4 %) 2,5 (3 %)
Ammoniak
Nitrat
Lachgas
Stickoxide
Abb. 1 | Umweltrelevante N-Verluste [kt] der Schweizer Landwirt-schaft im Jahr 2007. Quelle: Kupper et al. (2009 und eigene Berech-nungen (Peter et al. 2010)
Umwelt | Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020
164 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 162–169, 2011
M e t h o d e n u n d A n n a h m e n
Modell
Für die quantitativen Betrachtungen im Rahmen der
Studie wurde das agrarwirtschaftliche Allokations -
modell S_INTAGRAL verwendet (Peter 2008). S_INTAG-
RAL berücksichtigt die wichtigsten tierischen und
pflanzenbaulichen Aktivitäten und die landwirtschafts-
spezifischen Systemdynamiken (z.B. Entwicklung der
Stallkapazitäten oder der Tierbestände, Futter- und
Nähr stoffbilanzen). Ergänzt wird der Modellansatz mit
ausgewählten technisch-organisatorischen Minderungs-
massnahmen, um deren Reduktionspotential auf natio-
naler Ebene abzuschätzen (z.B. Schleppschlaucheinsatz).
Die Emissionsberechnung selbst basiert im Ammoniak-
Bereich auf der von der Schweizerischen Hochschule für
Landwirtschaft (SHL) entwickelten Methodik Agrammon
(Kupper et al. 2009). Im Nitrat-Bereich kommt ein kultur-
spezifischer Ansatz der ART zum Einsatz (Braun et al.
1994), welcher diverse Korrekturfaktoren für zusätzliche
Einflussgrössen wie z.B. den Zwischenfutteranbau oder
die Weidehaltung mitberücksichtigt (Spiess und Prasuhn
2006).
Massnahme Indikator
Verbreitungsgrad
2000 2007 2020
Worst Referenz Best
Schleppschlauch Anteil Schleppschlauch [% der Gülle] 9% 13% 25% 38% 58%
Stickstoff (N) und Phosphor (P) reduziertes Futter (NPr-Futter)
Anteil NPr bei Mastschwein [% des Tierbestandes] 0% 47% 70% 80% 95%
Güllelagerabdeckung
Anteil abgedeckt (fest/perf.) [% der Gülle] 84% 82% 83% 84% 88%
Anteil offen [% der Gülle] 16% 18% 16% 13% 7%
Anteil Schwimmfolie [% der Gülle] 0% 0% 1% 3% 5%
Gülleverdünnung1 zu 1 verdünnt [% der Gülle] 100% 100% 100% 100% 100%
1 zu 2 od. 1:3 verdünnt [% der Gülle] 0% 0% 0% 0% 0%
NH3-arme StallsystemeNH3-armer Laufstall für KüheNH3-armer Stall für Schweine
[% der Laufställe] 0% 0% 5% 10% 15%
[% der Schweineställe] 0% 0% 10% 15% 20%
Gülleausbringung am Tagam Abend (nach 18.00 Uhr)
[% der Gülle] 84% 81% 90% 85% 80%
[% der Gülle] 16% 19% 10% 15% 20%
Misteinarbeitungbis 1 Tag nach Ausbringungspäter als 1 Tag n. Ausbringung
[% des Mists] 21% 24% 21% 29% 40%
[% des Mists] 79% 76% 79% 71% 60%
Stallsystem Milchvieh Anteil Lauf- und Anbindeställe
modellendogene Entwicklung, in Abhängigkeit der wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen
Weidemanagement Anteil keine Weide, Halbtagesweide oder Ganztagesweide
Kraftfuttereinsatz Anteil 6 %, 20 % oder 30 % des Energiebedarfs (Milchvieh)
Milchleistung Anteil 5000kg, 7000kg oder 9000kg Jahresleistung
Zwischenkulturen Anbaufläche
Tab. 1 | Berücksichtigte Massnahmen zur Ammoniakreduktion und ihre geschätzten Verbreitungsgrade. Quelle: Peter et al. (2010)
Preise und Direktzahlungen
Die Modellresultate basieren auf einem Szenario wel-
ches gegenüber heute von gleich bleibenden Agrarprei-
sen ausgeht. Die Direktzahlungen orientieren sich an
den Beitragsansätzen der «AP2011». Folglich sind in der
vorliegenden Analyse noch keine aktuellen Überlegun-
gen zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems
(WDZ) mit eingeflossen.
Massnahmenauswahl
Die für die Modellrechnungen berücksichtigten tech-
nisch-organisatorischen Minderungsmassnahmen (Tab. 1)
entsprechen in etwa dem Massnahmenkatalog des Res-
sourcenprogramms der «AP2011» zur Reduktion der
Ammoniakemissionen. Das bedeutet, dass nicht alle in
der Literatur (z.B. Keck et. al 2006) diskutierten Mass-
nahmen berücksichtigt werden, entweder aus Gründen
fehlender Praxisreife oder infolge unvollständiger
Datenbasis.
Bei den Nitratemissionen gibt es keine einfach
anwendbaren technischen Minderungsmassnahmen wie
beispielsweise der Schleppschlaucheinsatz beim Ammo-
niak. Hier besteht der effektivste Weg darin, das land-
Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020 | Umwelt
165Agrarforschung Schweiz 2 (4): 162–169, 2011
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Emissionsentwicklung
Die Berechnungen für das Jahr 2020 ergaben gegenüber
dem Jahr 2007 einen Rückgang der Ammoniakemissio-
nen um 11 % respektive 5,3 kt N im Best-Case-Szenario
(Abb. 3). Davon werden allerdings lediglich 3,9 kt NH3-N
durch die ausgewählten Massnahmen reduziert. Die
übrigen 1,4 kt (bzw. 25% der Emissionsminderung) erge-
ben sich aus einem geringen Rückgang des Rindviehbe-
standes bis 2020, welcher infolge des Zuchtfortschritts
bei der Milchleistung stattfindet. Die Nitratemissionen
werden durch die berücksichtigten Minderungsmassnah-
men kaum beeinflusst, da sich Letztere hauptsächlich auf
die Ammoniakemissionen auswirken. Die Nitratfracht
liegt deshalb in allen drei Szenarien auf etwa demselben
Niveau von rund 33,5 kt NO3-N (ca. -4 kt bzw. -10 % gg.
2007). Die Begründung für den Rückgang beim Nitrat
liegt erstens in der abnehmenden Futtergetreide- und
Körnermaisanbaufläche, zweitens in einer Zunahme der
Ökoausgleichsflächen sowie drittens in einem Rückgang
beim Mineraldüngereinsatz infolge der abnehmenden
Ackerfläche. Die gesamten umweltrelevanten N-Verluste
gehen in der Summe ebenfalls um rund 11 % zurück (-9,5
kt N). Insgesamt unterscheiden sich die umweltrelevan-
ten N-Emissionen zwischen den drei Szenarien nur
geringfügig. Dies liegt daran, dass sich die Worst- und
Best-Case-Annahmen bezüglich der zu erwartenden
Massnahmenverbreitung nur unwesentlich von denjeni-
gen im Referenz-Szenario unterscheiden (Tab. 1).
wirtschaftliche Portfolio entsprechend anzupassen (z.B.
weniger Ackerbau, mehr Zwischenfutteranbau, extensi-
vere Wiesenbewirtschaftung).
Massnahmenverbreitung
Um die Unsicherheit bei der Verbreitung der ausge-
wählten Massnahmen bis im Jahr 2020 zu berücksichti-
gen, wurden durch Fachexperten des BLW’s und der
SHL drei Szenarien mit unterschiedlichen Verbreitungs-
graden definiert (Tab 1). Im Referenz-Szenario wird für
jede berücksichtigte Massnahme eine – der Einfachheit
halber – lineare, zeitliche Entwicklung angenommen,
welche aus heutiger Optik und unter Berücksichtigung
der Förderanreize im Rahmen des Ressourcenpro-
gramms am wahrscheinlichsten ist. Neben diesem Refe-
renz-Szenario werden zusätzlich ein Worst-Case Szena-
rio mit einer pessimistischen Zunahme der ausgewähl-
ten Minderungsmassnahmen und ein Best-Case Szena-
rio mit einer optimistischen Verbreitung bis im Jahr
2020 definiert (Abb. 2, Beispiel Schleppschlauch).
In Abbildung 2 wird die Verbreitung des Schlepp-
schlaucheinsatzes schematisch dargestellt. Daraus
geht hervor, dass es sich beim Best-Case Szenario nicht
um das technisch gesehen maximal mögliche Umset-
zungspotential (‹maximum technical feasible reduc-
tion›, mtfr) handelt, sondern um die bestmöglich
anzunehmende Verbreitung der berücksichtigten
Massnahmen bis im Jahr 2020. Dies gilt es bei der
Interpretation der Modellergebnisse entsprechend zu
berücksichtigen.
Abb. 2 | Verbreitungsgrad des Schleppschlauchverteilers im Referenz-, Best- und Worst-Case Szenario. Quelle: Peter et al. (2010)
20202000 2007
Zeit
50%
100%
75%
25%
Best-Case
Referenz
Worst-Case
maximum technicalfeasible reduction (mtfr = 100 %)
Mas
snah
men
verb
reitu
ng
Umwelt | Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020
166 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 162–169, 2011
Der Grund für die mit rund 10% relativ geringe Emissi-
onsminderung bis im Jahr 2020 liegt darin, dass
•• gewisse praxisfähige und kostengünstige Massnah-
men heute schon zu einem teilweise beträchtlichen
Anteil umgesetzt sind (z.B. Güllelagerabdeckung zu
83 %, NPr-Einsatz zu 50 %, Schleppschlaucheinsatz zu
13 %),
•• das Verbreitungspotenzial aufgrund topographischer,
agronomischer oder organisatorischer Einschränkun-
gen nicht bei 100% liegt, sondern tiefer (z.B. Schlepp-
schlauch, Gülleausbringung am Abend, sofortige
Misteinarbeitung, Weidegang wegen fehlender
Arrondierung),
•• sich der aus N-Sicht unerwünschte Trend zu mehr
Laufställen und weniger Anbindeställen auch künftig
fortsetzten dürfte und weil
•• gewisse Massnahmen nicht schlagartig, sondern
lediglich im Laufe der Erneuerung von Produktionska-
pazitäten mit vernünftiger Kostenfolge umsetzbar
sind (z.B. Bau emissionsarmer Laufställe)
Vermeidungskosten
Da die längerfristigen Zielsetzungen bezüglich Emissi-
onsminderungen gemäss BAFU/BLW (2008) deutlich über
eine 10 %-ige Reduktion hinausgehen, wurde mittels
einer Sensitivitätsanalyse zudem eruiert, zu welchen
Kosten eine solche Reduktion im Jahr 2020 erreichbar
wäre. Hierzu wurden die marginalen Vermeidungskos-
ten – ausgedrückt als sektorale Einkommenseinbusse je
reduzierte N-Einheit – berechnet.
Der Verlauf der Vermeidungskosten in Abbildung 4
zeigt, dass die Ammoniakemissionen bis zu einer rund
10 %igen Reduktion mit 3 – 12 CHF/kg N günstiger
re duziert werden können, als die Nitratemissionen
(10 – 12 CHF/kg N). Dies kommt daher, dass die Ammoni-
akemissionen dank dem Einsatz der berücksichtigten
Minderungsmassnahmen billiger reduzierbar sind, als
die Nitratemissionen, bei denen praktisch keine techno-
logischen Minderungsmassnahmen zur Verfügung ste-
hen. Sobald aber im Ammoniakbereich das Minderungs-
potenzial der berücksichtigten Massnahmen von rund
10% ausgeschöpft ist, steigen die Vermeidungskosten
46,5 44,6 43,3 41,2
37,7 33,4 33,6
33,8
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
2007 2020: Worst-Case
2020: Referenz
2020: Best-Case
umw
eltr
elev
ante
N-V
erlu
ste
[kt N
]
dir. Lachgas und Nox Nitrat (NO3) Ammoniak (NH
3)
Abb. 3 | Emissionsentwicklung im Referenz-, Worst- und Best-Case Szenario. Quelle: Peter et al. (2010)
Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020 | Umwelt
167Agrarforschung Schweiz 2 (4): 162–169, 2011
vermehrt extensiven, nitratarmen Grünlandbewirt-
schaftung vollzogen wird. Diese Grünlandbewirtschaf-
tung zeichnet sich durch einen kleineren Arbeits- und
Kapitaleinsatz aus als im Ackerbau und teilweise auch
durch höhere Direktzahlungen. Damit ist die gewählte
Strategie zur Nitratreduktion mit deutlich geringeren
Einkommenseinbussen beziehungsweise Vermeidungs-
kosten verbunden, als eine entsprechende Ammoniak-
reduktion.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Substanzielle Emissionsreduktionen von mehr als 10 %
gegenüber 2007 scheinen ohne weitere technische Mass-
nahmen lediglich über eine Extensivierung beziehungs-
weise einen Produktionsrückgang erreichbar. Vor die-
sem Hintergrund ist die Frage nach weiteren
Minderungstechnologien und -ansätzen, welche in der
Literatur zusätzlich diskutiert werden, von zentraler
Bedeutung. Denn der starke Anstieg der Vermeidungs-
kosten im Ammoniakbereich könnte durch weitere Mass-
viel stärker an als beim Nitrat. Sie betragen bei einer
40 %igen Emissionsreduktion fast 80 CHF/kg N, was mit
einer sektoralen Einkommenseinbusse von gut 600 Mio
CHF pro Jahr einhergehen würde. Demgegenüber liegen
die Vermeidungskosten einer 40 %igen Nitratreduktion
bei lediglich 20 CHF/kg N beziehungsweise rund 200 Mio
CHF jährlich.
Sobald die berücksichtigten Minderungsmassnah-
men im Ammoniakbereich ausgeschöpft sind, wird eine
zusätzliche Reduktion der Ammoniakemissionen
wesentlich teurer als eine Reduktion der Nitratemissio-
nen. Der Grund dafür liegt darin, dass für weiterge-
hende Ammoniakreduktionen ein Abbau der wert-
schöpfungsstarken tierischen Aktivitäten erforderlich
würde (Rindvieh- und/oder Schweinebestand). Dies
hätte grosse Einkommenseinbussen zur Folge, was wie-
derum den starken Anstieg der Vermeidungskosten
beim Ammoniak erklärt. Demgegenüber kann Nitrat
relativ kostengünstig reduziert werden. Dies geschieht
im Modell, indem ein Wechsel von einer emissionsin-
tensiven, ackerbaulichen Bodennutzung hin zu einer
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100%
98%
96%
94%
92%
90%
88%
86%
84%
82%
80%
78%
76%
74%
72%
70%
68%
66%
64%
62%
60%
47 46 45 44 43 42 41 40 39 38 38 37 36 35 34 33 32 31 30 29 28,6
35 35 34 33 33 32 31 31 30 29 29 28 27 27 26 25 25 24 23 23 22
Mar
gina
le V
erm
eidu
ngsk
oste
n
[CHF
/kg
N]
Emissionsniveau [in % und in kt N/a]
(100% = Stand im Jahr 2020 ohne Technologieeinsatz)
Ammoniak Nitrat
Abb. 4 | Marginale sektorale Vermeidungskosten einer Ammoniak- und Nitratreduktion. Quelle: Peter et al. (2010)
168
Umwelt | Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 162–169, 2011
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nahmen umso mehr hinausgezögert werden, je kosten-
günstiger zusätzliche beziehungsweise in dieser Studie
unberücksichtigte Massnahmen sind und je grösser deren
technisches Verbreitungspotential wäre. Zur Abschät-
zung dieses Zusatzpotentials wäre als nächster Schritt die
Erarbeitung einer vollständigen und von allen Seiten
anerkannten Datengrundlage bezüglich Minderungspo-
tenzial und Minderungskosten solcher zusätzlichen Mass-
nahmen angezeigt (Forschungsbedarf).
Potenzial zusätzlicher Massnahmen ist entscheidend
Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Ausführun-
gen wird klar, dass die für das Jahr 2020 anzustrebenden
Etappenziele in hohem Masse davon abhängen, wie
gross das Zusatzpotenzial von bisher unberücksichtigten
Minderungsmassnahmen eingeschätzt wird.
Ohne ein derartiges Zusatzpotential, wäre eine Emis-
sionsreduktion lediglich durch die in dieser Studie
berücksichtigten technisch-organisatorischen Massnah-
men und durch ‹automatisch› stattfindende Portfolio-
Veränderungen bei Weiterführung der aktuellen Agrar-
politik erreichbar (weniger Futterbau, mehr extensive
Wiesen). In diesem Fall fielen die formulierbaren Etap-
penziele gegenüber dem Jahr 2007 eher defensiv aus (je
ca. 10 % gegenüber 2007 bei Ammoniak, Nitrat und den
totalen umweltrelevanten N-Verlusten, i.A. an die Ent-
wicklung gemäss Best-Case Szenario).
Demgegenüber können die Etappenziele für das Jahr
2020 umso offensiver ausfallen, a) je grösser das ange-
sprochene Potenzial zusätzlicher Minderungsmassnah-
men ist, welche im Rahmen dieser Arbeit nicht berück-
sichtigt werden konnten und b) je grösser ein allfälliger
Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion sein darf
(z.B. Anreize für Produktionssenkungen in tierintensiven
Regionen).
Langfristziel bleibt Herausforderung
Auch wenn man davon ausgeht, dass beim Ammoniak
mit zusätzlichen Minderungsmassnahmen eine mehr als
10 %ige Reduktion realisierbar wäre, wird voraus sichtlich
eine beträchtliche Ziellücke zum UZL-Langfristziel von
25 kt NH3-N verbleiben. Es kann deshalb nicht ausge-
schlossen werden, dass das UZL-Ziel – selbst längerfristig
betrachtet – mit einer Aufrechterhaltung des gegenwär-
tigen landwirtschaftlichen Portfolios nicht erreichbar ist.
Gleiches gilt für die Reduktion der Nitratemissionen, wo
es kaum einfache beziehungsweise ohne Zielkonflikte
anwendbare technische Minderungsmassnahmen gibt.
In diesem Bereich wäre eine substanzielle Emissionsre-
duktion deshalb hauptsächlich durch eine starke Verla-
gerung von Acker- und Kunstwiesenflächen in Natur-
wiese und damit mit einer empfindlichen Reduktion des
Selbstversorgungsgrades bei den Ackerkulturen erreich-
bar.
Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen wird
deutlich, dass es keine eindeutige Antwort auf die Frage
nach den ‹richtigen› Etappenzielen für das Jahr 2020
gibt. Denn die zu veranschlagenden Etappenziele hän-
gen neben der Frage nach dem Minderungspotenzial
zusätzlicher Ansätze auch stark davon ab, wie ökologi-
sche, landwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Inter-
essen gewichtet und bewertet werden. Das Festlegen
von konkreten Etappenzielen im N-Bereich wird deshalb
Gegenstand der Weiterentwicklung der Agrarpolitik
bleiben und sollte unter Beteiligung aller darin invol-
vierten Institutionen erfolgen. n
169
Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-Emissionen bis im Jahr 2020 | Umwelt
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 162–169, 2011
Development of agricultural nitrogen
emission until 2020
Agriculture is the main emitter of three
reactive nitrogen (N) compounds: ammo-
nia, nitrate and nitrous oxide. Therefore,
the agricultural sector is especially in
charge for contributing to the mitigation
of environmentally harmful N emissions.
This is even accentuated by the fact that
considerable gaps can be observed
between the long term goals stated by
law and the current situation. In this
article, we investigate which interim
emission targets could be aimed for in the
year 2020. To this end, we implemented
selected mitigation practices into an
already existing agricultural allocation
model. We applied the model in order to
assess the mitigation potential of an
agricultural nitrogen reduction and the
corresponding sector related abatement
cost. Model runs show that only a 10 %
reduction of ammonia, nitrate and the
further N compounds can be expected
until 2020, given the selected measures
within the «Resources program» of the
current agricultural policy regime. Without
any additional mitigation measures,
further emission reductions seem only to
be attainable via an extensification or via
a decline in agricultural production. But
this would go along with undesired impli-
cations on sectoral income. The interim
emission targets to be set for 2020 are
therefore highly depending on the
realizable potential of mitigation practices
that have not been taken into account so
far. However, the achievement of the
stated long-term goals will remain a
challenge for research, policy and praxis.
Key words: nitrogen emissions, mitigation
practices, agriculture, abatement cost.
Previsioni di sviluppo delle emissioni
d’azoto in agricoltura fino al 2020
L‘agricoltura è la principale emittente dei
tre composti azotati reattivi: ammoniaca,
nitrato e protossido d’azoto. Per questo
motivo l’agricoltura ha una responsabilità
particolare e deve preoccuparsi che queste
emissioni siano ridotte, tanto più che in
questo settore vi sono a volte notevoli
lacune tra gli obiettivi imposti dalla legge e
la situazione attuale. Nel presente articolo
è posta la domanda, a quali obiettivi
agroecologici intermedi, nell’ambito delle
emissioni di azoto, sia possibile mirare
entro il 2020. Questo studio ha implemen-
tato in un modello d’allocazione d’econo-
mia agraria, delle misure selezionate di
riduzione nel campo tecnico-organizzativo.
In questo modo è stato possibile calcolare il
potenziale di una riduzione delle emissioni
agricole e i suoi costi conseguenti settoriali-
specifici. I risultati del modello mostrano
che con le misure di riduzione esaminate
nel contesto dei programmi delle risorse
«PA2011», ci si può attendere una riduzione
massima del 10 % d’ammoniaca, nitrato ed
altre importanti emissioni con azoto. Senza
misure aggiuntive, maggiori riduzioni
sembrano essere raggiungibili unicamente
attraverso produzioni meno intensive,
rispettivamente diminuendo la produzione.
Purtroppo, la conseguenza di questa
riduzione provocherebbe un impatto
indesiderato sul reddito dell’agricoltura. Per
questa ragione, la valutazione del poten-
ziale addizionale di misure non ancora
considerate è di grande importanza quando
si definiscono gli obiettivi intermedi per
l’anno 2020. Il raggiungimento degli
obiettivi a lungo termine rimarrà ancora
per molto tempo una sfida per la ricerca, la
politica e la pratica.
170 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 170–175, 2011
Die häufigste Situation der Laufstallhaltung von Milchvieh in der Schweiz: Liegeboxenlaufstall mit planbefestigten Laufflächen und Laufhof am Rand. (Foto: ART)
U m w e l t
E i n l e i t u n g
Sowohl aus landwirtschaftlicher als auch aus umweltpo-
litischer Sicht besteht ein vordring licher Bedarf an aktu-
ellen Emissionsdaten von Ammoniak (NH3) aus der
Milchviehhaltung. Diese die nen für den Vergleich, die
Bewer tung und die Optimierung von Haltungssystemen
sowie als Bei trag für Emissions inven tare. Zur Ableitung
von Emissionsfaktoren und zur Hochrechnung der NH3-
Emissionen sind einerseits aktuelle Angaben zur Verbrei-
tung der Haltungssysteme und andererseits aussagekräf-
tige Emissionswerte notwendig. Um die Datengrundlage
für NH3-Emissionen zu verbessern, sind Messanordnung
und Messmethoden auf künftig in der Schweiz relevante
Haltungssysteme abzustimmen. Weiter muss für eine
belastbare Datenqualität das Messkonzept die Anforde-
rungen zur Ableitung von Emissionsfaktoren erfüllen.
H a l t u n g s s y s t e m e f ü r R i n d v i e h
Die bestehenden Informationen zur Verbreitung von
Haltungssystemen sind ungenügend. Verschiedene
Quellen liefern zwar punktuelle Angaben, welche
jedoch zu wenig differenziert und teilweise wider-
sprüchlich sind. Solche Widersprüche entstehen zum Bei-
spiel, weil die Tierzahlen nicht den gebauten Tierplätzen
entsprechen. Zunächst wurde eine externe Ex perten-
befragung bei kantonalen Ämtern, Beratungsorganisa-
tionen, Firmen und Verbänden durchgeführt. Ergänzend
dazu wurden Expertinnen und Experten der Forschungs-
anstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART befragt und
darauf basierend die Entwicklung von Anbinde- und
Laufstallhaltung bei den einzelnen Rindviehkategorien
bestimmt.
In der Milchviehhaltung dominieren bisher noch
An bindeställe. Der Trend geht jedoch bei allen Rindvieh-
kategorien hin zu Laufställen (Abb. 1). Steigende
Be standesgrössen, arbeitswirtschaftliche und ergonomi-
sche Vorteile sowie die ver mehrte Teilnahme an den
beiden Tierhaltungsprogrammen «Besonders tierfreund-
liche Stallhaltungssysteme (BTS)» und «Regelmässiger
Aus lauf von Nutztieren im Freien (RAUS)» verstärken
diese Ent wicklung. Bei Milchvieh betrug 2009 die
Be teiligung am BTS-Programm rund 34 %, und am RAUS-
Programm rund 80 % der Grossvieheinheiten (Bundes-
amt für Landwirtschaft 2010). Ausgehend von der
Anzahl Grossvieheinheiten im RAUS-Programm sind
jedoch keine detaillierten Rückschlüsse auf die Verbrei-
tung einzelner Haltungssysteme, das Flächenangebot,
die Ausführung oder die zeitliche Nutzung von Laufhö-
fen möglich.
Häufigste Situation Laufstall für Milchvieh
Die folgende Charakteri sierung relevanter Laufstall-
systeme betrifft die Haltung von Milchkühen, da diese in
den letzten Jahren mit 64 bis 73 % der Grossvieheinhei-
ten den Rindvieh bestand dominierten. Differenzierte
Angaben zur Ver breitung von bau lichen und ver fahrens-
technischen Details sowie von Management aspekten lie-
Sabine Schrade1, Margret Keck1, Kerstin Zeyer2 und Lukas Emmenegger2 1Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen 2Empa, 8600 Dübendorf
Auskünfte: Sabine Schrade, E-Mail: [email protected], Tel. +41 52 368 33 33
Haltungssysteme und Messkonzept für Ammoniakemissionen bei freier Lüftung
Haltungssysteme und Messkonzept für Ammoniakemissionen bei freier Lüftung | Umwelt
171
Zusa
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enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 170–175, 2011
Um die Datengrundlage für Ammoniakemissionen
(NH3) aus der Rindviehhaltung zu verbessern,
müssen die relevanten Haltungssysteme und ein
geeignetes Messkonzept definiert werden.
Statistiken und eine Expertenumfrage zeigten,
dass der Anteil von Laufställen und Laufhöfen in
der Schweiz von 5 % im Jahr 1990 auf rund 40 %
im Jahr gestiegen ist. Als häufigste Situation bei
Laufstallhaltung für Milchvieh benannten
Expertinnen und Experten einen freigelüfteten
Eingebäudestall mit Liegeboxen, plan befestigen
Laufflächen und einem am Rand angeordneten
Laufhof. Ein Messkonzept zur Quantifizierung
von Emissionen muss so gestaltet sein, dass
Emissionen von freibelüfteten Ställen und
Laufhöfen erfasst werden, ohne die Tieraktivität
oder das Stallklima zu beeinflussen. Die Tracer-
Ratio-Methode ist für Messungen in freigelüfte-
ten Ställen etabliert. Sie ermöglicht Echt-Zeit-
Messungen unter Praxisbedingungen. Zur
Ableitung von Emissionsfaktoren sind Messungen
auf mehreren Praxisbetrieben notwendig. Die
grosse klimatische Variation von Aussen-
klimaställen im Jahresverlauf kann durch syste-
matisch übers Jahr verteilte Messungen erfasst
werden. Messungen über jeweils 24 Stunden
sowie eine hohe zeitliche Auflösung bilden
Tagesverläufe oder kurz zeitige Ereignisse ab. Die
Interpretation dieser Emissionsdaten bedingt
schliesslich die Erfassung relevanter Begleitpara-
meter mit Informationen zu den Tieren, zur
Fütterung, Haltung und Laufflächenverschmut-
zung sowie zu Management und Klima.
ferte eine Experten schätzung im Jahr 2006. Diese wurde
in mehreren Schritten durchgeführt. Zunächst wurden
für wichtige Parameter grobe Schätzwerte bestimmt.
Diese Werte wurden dann Expertinnen und Experten der
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
und des Bundesamtes für Veterinär wesen (BVET) zur
Bestätigung oder Korrektur vorgelegt. In einem weite-
ren Schritt validierten Fachpersonen aus Stallbaufirmen
und Beratungsorganisationen diese überarbeiteten
Schätzwerte.
Gemäss der differenzierten Schätzung von Expertin-
nen und Experten sind Laufställe überwiegend als Ein ge-
bäude ställe konzipiert, nicht wärmegedämmt und frei-
gelüftet (Abb. 2). Während bisher die Trauf-First-Lüftung
(60 %) domi nierte, gewinnen in Zukunft offenere Sys-
teme mit First-, Quer- und Längslüftung an Be deutung.
Damit ein her geht der Trend zu einem höheren Anteil
von durchlässigen Wandausführungen (Windschutz-
netze, Space boards, Curtains) sowie offenen Fassaden.
Etwa 85 % der Milchkühe im Laufstall werden in Liege-
boxen gehalten, und etwa 90 % haben ständig oder zeit-
weise Zugang zu einem Laufhof. Integrierte Laufhöfe,
angeordnet zwischen Liege- und Fress bereich, kommen
seltener vor als Laufhöfe am Rand. Planbefestigte Lauf-
flächen dominieren sowohl im Fress- und Liege bereich
als auch im Laufhof. Die plan befestigten Laufflächen im
Fress- respektive Liegebereich werden vorwiegend mit
Schieber ent mistungs an lagen (70 bzw. 60 %) mehrmals
täglich entmistet. Wesentlich seltener erfolgt die Ent-
mistung von plan befestigten Lauf höfen am Rand, meist
mit manuellen oder mobilen Verfahren. Da die Ställe
häufig nicht voll belegt sind, stehen 60 % aller Milch-
0
25
50
75
100
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19
95
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20
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20
Milchvieh Jungvieh Zucht & Nutzung
Ammen- & Mutterühe
Tiere Grossviehmast
Mastkälber
Ante
il Ti
ere
[%]
Laufstall Anbindestall
Tierkategorie
Abb. 1 | Verlauf der Anteile von Rindvieh in Anbinde- und Lauf ställen basierend auf Statistiken (Schwei-zerischer Bauernverband 1991 – 2008) und einer Expertenschätzung.
Umwelt | Haltungssysteme und Messkonzept für Ammoniakemissionen bei freier Lüftung
172 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 170–175, 2011
kühe mehr als ein Kuhplatz zur Verfügung. Die Gesamt-
fläche entspricht bei 90 % der Betriebe mindestens den
Anforderungen des RAUS-Programms.
M e s s k o n z e p t
NH3-Emissionsdaten für Milchviehhaltung
Die Literatur für NH3-Emissionen weist bei Laufställen
ohne Laufhof eine grosse Streubreite auf und deckt die
Jahreszeiten nicht systematisch ab. Häufig schmälern
unterschiedliche Mess konzepte und Mess methoden
sowie eine unzureichende Beschreibung der Mess-
situation die Datenqualität und erschweren die Ver-
gleichbarkeit der Werte. Stallsysteme mit freier Lüftung
und Laufhof waren bisher nicht untersucht. Die fehlen-
den Emissions daten bei freier Lüftung und von Flächen-
quellen sind im Wesentlichen auf Schwierig keiten bei
der Ermittlung der Luftwechselrate zurückzuführen.
Methodenübersicht für freie Lüftung
Für die Quantifizierung von Emissionen aus Ställen sind
verschiedene Ansätze aus der Literatur bekannt. Die
Druckdifferenz-Methode und die Bestimmung des Luft-
volumenstroms mit Messventilato ren in Abluft schächten
eignen sich nur für Ställe mit Zwangs lüftung (Mosquera
et al. 2005). Methoden zur Quanti fi zierung von Emissio-
nen oder des Luftvolumenstroms aus Haltungssystemen
mit freier Lüftung unterscheiden sich im Messprinzip
sowie in der Abgrenzung des erfassten Bereichs (Tab. 1).
Kammertechniken sind kostengünstig, relativ einfach zu
handhaben und eignen sich für ver gleichende Kurzzeit-
messungen (Hensen et al. 2006). Eine direkte Übertrag-
barkeit der Werte auf den Praxis massstab ist nicht mög-
lich, da lediglich Teilflächen beprobt werden können
und mit dem Aufsetzen der Kammer in das System ein-
gegriffen sowie die Tieraktivität ausgeschaltet wird
(Greatorex 2000).
Die Kalkulation der Luftrate in freigelüfteten Ställen mit
Bilanz methoden (Wärme, Wasserdampf) ist nach Peder-
sen et al. (1998) lediglich bei wärme ge dämmten Ställen
in Situationen mit grossen Temperaturgradienten zwi-
schen innen und aussen möglich. Für nicht wärmege-
dämmte Ställe kommt allenfalls die CO2-Bilanzierung in
Frage. Hauptschwierigkeit dabei ist jedoch, die vielfälti-
gen Quellen (Tiere, verschmutzte Laufflächen, Liege-
flächen, Futter usw.) und Senken zuverlässig zu erfassen
(Scholtens und Van't Ooster 1994). Mit der Grösse der
0% 25% 50% 75% 100%
Anordnung
Anordnung Laufhof
Lüftung
Liegebereich
Liegeboxen
Lauffläche Fressgang
Lauffläche Liegegang
Lauffläche Laufhof
Wärme-dämmung
Güllelager getrennt vom Stall, im Stall und unterm Laufhof
beides
Eingebäudestall Mehrgebäudestall
am Rand
keine
freie Lüftung
Liegeboxen
Stroh-Mist-Matratze
planbefestigt
planbefestigt
planbefestigt
getrennt vom Stall
integriert
Komfortmatte
perforiert
perforiert
perforiert
nicht strukturiert
vorhanden
zwangsbelüftet
nur Dach
beides
planbefestigt und perforiert
im Stall und unterm Laufhof
Abb. 2 | Verbreitung und Ausführung von Laufställen für Milchvieh in der Schweiz; Ergebnisse einer Experten-schätzung, angegeben als Median des relativen Anteils der Milchkühe [%].
Messkonzept • Messungen für ein Haltungssystem auf mehreren Praxisbetrieben • Untersuchungen in mehreren Jahreszeiten bzw. klimatischen Situationen • Einzelmessungen über 24 Stunden, zeitlich hoch aufgelöst • Erhebung relevanter Begleitparameter zeitlich abgestimmt auf Zielparameter
Messmethoden • Tracer-Ratio-Methode • Grosser dynamischer Messbereich
(5 ppb bis 20 ppm Ammoniak) • Online (Quasi-kontinuierlich) • Robuste Messtechnik, stalltauglich • Schutz der Messeinrichtungen
vor Tieren, Witterung und Schmutz
Messanordnung • Repräsentative Probenahme:
hohe räumliche Auflösung, hohe Zeitanteile pro Messort
• Gaskonzentration und Luftvolumen- strom gleichzeitig erfassen
• Differenzierung von Stallbereich und Laufhof
Abb. 3 | Anforderungen an das Messkonzept, die Messanordnung
und Messmethoden bei freigelüfteten Ställen mit Laufhof.
Haltungssysteme und Messkonzept für Ammoniakemissionen bei freier Lüftung | Umwelt
173Agrarforschung Schweiz 2 (4): 170–175, 2011
Berry et al. 2005). Ein bekannter Massenstrom eines Tra-
cergases wird im Gebäude bzw. an der emittierenden
Quelle injiziert. Die Emission wird indirekt über den
bekannten Massen strom des zudosierten Tracergases
und mit dem Konzentrations verhältnis der Tracergase
zum emittierenden Gas NH3 über das Massenerhal-
tungsgesetz berechnet. Grund voraus setzung ist eine
gute Abbildung der Emissionsquelle durch das Tracergas
und ein vergleichbarer Transport von Tracergas und NH3
von der Emissionsquelle bis zum Probenahmeort.
Messkonzept und Messanordnung
Für aussagekräftige Emissionswerte bei Haltungssyste-
men mit freier Lüftung zur Modellierung von Emissions-
faktoren gelten folgende konzeptionelle Anforderun-
gen (verändert nach Schrade, 2009):
•• Zur Ableitung von Emissionsfaktoren sind Messungen
auf Praxisbetrieben notwendig. Ergebnisse aus
Versuchen im Labor, im halbtechnischen Massstab, von
Teilflächen sowie aus sauberen neuen Ställen oder
Versuchs ställen sind nicht auf das absolute Emissions-
niveau unter Praxisbedingungen übertragbar.
Stall öffnungen und somit der Luftaus tausch rate nimmt
auch die Ungenauigkeit zu. Für Haltungs systeme mit
Laufhof sowie für Situationen ohne Tierbelegung eig-
nen sich Bilanz methoden nicht.
Mit mikrometeorologischen Methoden (Eddy-Kor-
relation, Eddy-Akkumulation, Gradientenmethode),
Fencing und Rück wärts modellierung können Emissio-
nen eines Gesamtsystems wie Stall mit Laufhof, Gülle-
und Festmistlager bestimmt werden. Eine Differenzie-
rung der Emissionen nach den einzelnen Bereichen ist
jedoch nicht möglich. Bei einer Studie in den Nieder-
landen war insbesondere bei kleineren Betrieben zwis-
chen modellierten und gemessenen Werten die Diffe-
renz mit bis zu einem Faktor drei enorm hoch (Hensen
et al. 2006). Weiter schränken instabile Wetterlagen,
geringe Windgeschwindigkeiten sowie die gegliederte
Topographie die Anwendung dieser Methoden in der
Schweiz stark ein (Flesch et al. 2005; Mosquera et al.
2005).
Die Tracer-Ratio-Methode ist ein etabliertes Verfa-
hren zur Quantifizierung von Emissionen aus freigelüf-
teten Ställen sowie von Flächenquellen (Greatorex 2000;
Methode Abgrenzung, Prinzip Bewertung
Kammertechnik Statische Kammer(Haube, Closed Chamber)
Dynamische Kammer (Windtunnel, Flux Chamber, Open Dynamic Chamber)
Teilflächen Kammer steht luftdicht auf emittierender Fläche; berechnen der Emission über Anstieg der Gaskon-zentration bezogen auf Fläche
Luft wird mit definiertem Volumenstrom durch Kammer gesaugt; Emissionsberechnung aus Kon-zentrationsdifferenz zwischen eintretender und austretender Luft in Verbindung mit dem Luft-durchsatz
+ Kostengünstig + Einfache Handhabung - Eingriff in System - Beeinflussung der Tieraktivität - Nur Teilflächen ➡ Keine Übertragung auf Praxis und absolutes Emissionsniveau➡ Nur kurzzeitige Vergleichsmessungen
BilanzierungCO2-Bilanz Wasserdampfbilanz Wärmebilanz
Stallgebäude Berechnung des Luftvolumenstroms anhand des Konzentrationsgradienten von CO2, Wasserdampf oder Wärme in und ausserhalb des Stalls sowie deren theoretische Abgabe durch die Tiere unter Berücksichtigung klimatischer Bedingungen
+ Schnell einsetzbar + Kostengünstig - Wärmebilanz nur bei grosser Temperaturdifferenz zwischen innen und
aussen möglich - Vollständige Erfassung aller Quellen und Senken erforderlich - Unzuverlässig ➡ Für Ställe mit grossen Öffnungen und Laufhof nicht geeignet
Tracer-Ratio-Methode Abklingmethode Konstante Konzentration Konstante Zudosierung
Flächenquellen: Stall, Laufhof, Hofdüngerlager Abbildung der Emissionsquelle anhand eines zu-dosierten Tracergases; Berechnung der Emission aus dem zudosierten Tracergas-Massenstrom und dem Konzentrationsverhältnis von Tracergas zu emittierendem Gas
+ Praxisbedingungen + Echt-Zeit-Messung + Nachvollziehbarkeit + Etabliert bei freier Lüftung - Kosten und Arbeitsaufwand hoch ➡ Geeignet für freigelüftete Stallsysteme mit Laufhof
Rückwärtsmodellierung
Fencing
Mikrometeorologie (Eddy-Korrelation,Eddy-Akku-mulation, Gradientenmethode)
Gesamtsystem: Stall, Laufhof, Hofdünger lager Messung der Konzentrationen bzw. Gradienten in definierten Distanzen bzw. der Abluftfahne; Berechnung der Quellstärke unter Berücksichti-gung der meteorologischen Bedingungen
+ Praxismassstab + Rückwärtsmodellierung: kostengünstig - Fencing: teuer - Für gegliederte Topographie nicht geeignet - Stabile Wetterlagen und hohe Windgeschwindigkeiten nötig - Rückwärtsmodellierung erfordert Validierung - Keine Differenzierung der Bereiche Stall, Laufhof und Lagerung ➡••Nur bei hoher Quellstärke, stabiler Wetterlage, hohen
Windgeschwindigkeiten und klarer Topographie möglich
Tab. 1 | Methodenübersicht zur Bestimmung der Emissionen bzw. des Luftvolumenstroms bei freier Lüftung und von Flächenquellen (verändert nach Schrade (2009))
174
Umwelt | Haltungssysteme und Messkonzept für Ammoniakemissionen bei freier Lüftung
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 170–175, 2011
Literatur b Berry N. R., Zeyer K., Emmenegger L. & Keck M., 2005. Emissionen von Staub (PM10) und Ammoniak (NH3) aus traditionellen und neuen Stallsys-temen mit Untersuchungen im Bereich der Mastschweinehaltung. Agroscope FAT Tänikon, Ettenhausen und Empa, Dübendorf, 108.
b Bundesamt für Landwirtschaft, 2010. Agrarbericht. b Flesch T. K., Wilson J. D., Harper L. A. & Crenna B. P., 2005. Estimating gas emissions from a farm with an inverse-dispersion technique. Atmos-pheric Environment 39 (27), 4863–4874.
b Greatorex J. M., 2000. A review of methods for measuring methane, nit-rous oxide and odour emissions from animal production activities. JTI - Institutet för jordbruks- och miljötknik, JTI-rapport Lantbruk & Industri 274, Uppsala, 30 S.
b Hensen A., Groot T. T., van den Bulk W. C. M., Vermeulen A. T., Oelsen J. E. & Schelde K., 2006. Dairy farm CH4 and N2O emissions, from one square metre to the full farm scale. Agriculture, Ecosystems and Environment 112, 146–152.
b Mosquera J., Monteny G. J. & Erisman J. W., 2005. Overview and assess-ment of techniques to measure ammonia emissions from animal houses: the case of the Netherlands. Environmental Pollution 135, 381–388.
b Pedersen S., Takai H., Johnsen J. O., Metz J. H. M., Groot Koerkamp P. W. G., Uenk G. H., Phillips V. R., Holden M. R., Sneath R. W., Short J. L., White R. P., Hartung J., Seedorf J., Schröder M., Linkert K. H. & Wathes C. M., 1998. A comparison of three balance methods for calculating ventilation rates in live-stock buildings. Journal of Agricultural Engineering Research 70 (1), 25–37.
•• Von Messungen nur auf einem einzelnen Betrieb ist
keine Übertragung der Emissionsdaten auf ein
gesamtes Stallsystem möglich. Erst Messungen eines
Stall systems auf mehreren Betrieben ermöglichen
belastbare Werte. Damit kann der Betriebseffekt
zumindest aufgezeigt werden.
•• Um die klimatische Variation in vom Aussenklima
beeinflussten Ställen zu berück sichtigen, sind mehrere
Messungen übers Jahr verteilt zwingend.
•• Aufgrund tages zeitlicher Schwankungen der Emissio-
nen durch Klima, Nutzung und Manage ment aktivi-
täten sollten Einzel messungen stets mindestens
24 Stunden abdecken. Um Tages ver läufe, relevante
Einflussgrössen oder die Wirkung von kurzzeitigen
Ereignissen zu er fassen, ist eine hohe zeitliche
Auflösung erwünscht.
•• Für eine repräsentative Probenahme in Praxisställen
mit grossen Flächen und Volumina ist eine hohe
räumliche Auflösung der Probenahme er forder lich.
•• Um Emissionen aus freigelüfteten Ställen mit dynami-
scher Luftströmung repräsentativ abzubilden, sind an
jedem Probenahmeort möglichst hohe Zeitanteile zu
erfassen. Dabei müssen Gaskonzentration und
Luftvolumenstrom zeitgleich erfasst werden.
•• Um einerseits tiefe NH3-Konzentrationen bei beispiels-
weise tiefen Temperaturen oder starker Verdünnung
und andererseits Ereignisse mit hohen Konzentratio-
nen wie Entmistungsvorgänge zu erfassen, ist ein
grosser dynamischer Messbereich notwendig.
•• Da sich die Stallbereiche Stall und Laufhof deutlich
hinsichtlich der Nutzung, der Ver schmutzung, der
klimatischen Bedingungen sowie des Emissionspoten-
zials unter scheiden, sich jedoch auch gegen seitig
beeinflussen, ist eine Zuordnung der Emissionen zu
Stallbereichen erwünscht.
•• Weiter muss die Hintergrundkonzentration der
Messparameter bestimmt werden.
•• Zur Einordnung der Emissionswerte, als Bezugsgrössen
und mit Blick auf Einflussgrössen auf die NH3-Emission
müssen relevante Begleitparameter wie Tierzahl,
Fütterung, Management, Fläche, Klima, Nährstoffge-
halte der Exkremente etc. erfasst werden.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Ausschlaggebend bei der Wahl der Messmethoden, des
Messkonzepts und der Messanordnung ist unter ande-
rem das zu unter suchende Haltungssystem sowie die
Verwendung der Messergebnisse (Abb. 3). Zur Quantifi-
zierung von NH3-Emissionen beim derzeit meist gebau-
ten Haltungssystem Laufstall mit freier Lüftung und
Laufhof eignet sich die Tracer-Ratio-Methode. Mit
Online-Analytik können zeitlich hochaufgelöst kurzzei-
tige Ereignisse und Tagesverläufe abgebildet werden.
Messungen unter Stallbedingungen erfordern robuste
und zuverlässige Messmethoden. Die Messeinrichtungen
müssen vor Tieren und Schmutz geschützt werden. Eine
repräsentative Erfassung der Emissionen in offenen Stäl-
len erfordert aufgrund der Dynamik der Luftströmung
eine geeignete räumliche Auflösung der Probe-
nahmeorte mit jeweils hoher Messdauer. Zur Ableitung
von NH3-Emissionsfaktoren für ein Haltungssystem sind
Untersuchungen auf mehreren Praxisbetrieben systema-
tisch übers Jahr verteilt nötig. Zur Beschreibung und
Interpretation der jeweiligen Messsituation müssen rele-
vante Begleitparameter erhoben werden. Für eine bes-
sere Vergleichbarkeit und Absicherung von Emissionsda-
ten ist es zudem wünschenswert, Messkonzepte und
Messmethoden international abzustimmen. n
Dieses Projekt wurde finanziell vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) unterstützt.
175
Haltungssysteme und Messkonzept für Ammoniakemissionen bei freier Lüftung | Umwelt
Ria
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Agrarforschung Schweiz 2 (4): 170–175, 2011
Housing systems and a concept to measure
ammonia emissions in case of natural ventilation
The relevant housing systems and a suitable
measuring concept have to be defined in order to
improve the data base for ammonia emissions (NH3)
from cattle farming. Statistics and an expert survey
show that the proportion of loose housing facilities
and outdoor exercise areas in Switzerland increased
from 5 % in 1990 to around 40 % in 2010. Experts
identified the most common situation in dairy
cattle loose housing as a naturally ventilated
single-building stable with cubicles, solid floors and
an outdoor exercise yard alongside. The design of a
measuring concept to quantify emissions should
represent emissions from naturally ventilated
stables and outdoor exercise areas without
influencing livestock activity or the stable climate.
The tracer ratio method is established for measure-
ments in naturally ventilated stables. This enables
real-time measurements under practical conditions.
To derive emission factors, measurements on
several commercial farms are required. The great
climatic variation in outdoor climate housing
systems over the course of the year can be recorded
by means of measurements spread systematically
throughout the year. Measurements were taken
over 24 hour periods as well as high temporal
resolution map daily patterns and short-term
events. The interpretation of these emission data
requires to record relevant accompanying param-
eters with information on the animals, feeding,
housing and traffic area soiling as well as on
management and climate.
Key words: ammonia emissions, dairy cattle,
natural ventilation, measuring concept, measuring
methods.
Sistemi di detenzione e concetto di misurazione
delle emissioni di ammoniaca in caso di ventila-
zione naturale
Per migliorare i dati di base sulle emissioni di
ammoniaca (NH3) riconducibili alla detenzione di
bovini, è necessario definire i sistemi di deten-
zione rilevanti e un adeguato concetto di
misurazione. Le statistiche e un sondaggio
condotto tra gli esperti hanno dimostrato che in
Svizzera la quota di aree di camminamento e di
stalle a stabulazione libera è aumentata, dal 1990
ad oggi, dal 5 al 40 per cento. Quale situazione
più frequente di detenzione a stabulazione libera
per bestiame da latte, gli esperti hanno indicato
la stalla, costituita da un unico edificio con
ventilazione naturale, dotata di lettiera, di
superfici di camminamento con rivestimento e di
una corte limitrofa. Un concetto di misurazione
per quantificare le emissioni va impostato in
maniera da registrare le emissioni delle aree di
camminamento e delle stalle a ventilazione
naturale, senza interferire sull'attività degli
animali o sul clima della stalla. Il tracer-ratio è il
metodo che si è affermato per le misurazioni
nelle stalle a ventilazione naturale. Esso consente
di effettuare misurazioni in tempo reale e in
condizioni analoghe a quelle che si riscontrano
nella pratica. Per la definizione di coefficienti di
emissione sono necessarie misurazioni in diverse
aziende. La grande variazione climatica delle
stalle con clima esterno nel corso dell'anno può
essere rilevata attraverso misurazioni sistemati-
che. Delle misurazioni 24 ore su 24, nonché
un'alta risoluzione temporale permettono di
rappresentare sia l'andamento giornaliero, sia gli
avvenimenti di breve durata. L'interpretazione di
questi dati sulle emissioni richiede, in definitiva,
la registrazione di parametri secondari rilevanti,
con informazioni sugli animali, sul foraggia-
mento, sulla detenzione, sul grado di sporcizia
delle superfici di camminamento nonché sulla
gestione e sul clima.
b Scholtens R. & Van't Ooster A., 1994. Performance and accuracy of me-thods for measuring natural ventilation rates and ammonia emissions from naturally ventilated livestock houses. In: European Society of Agri-cultural Engineers (EurAgEng). International Conference on Agricultural Engineering, 29 August to 01 September 1994.
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b Schweizerischer Bauernverband 1991 – 2008: Statistische Erhebungen und Schätzungen über Landwirtschaft und Ernährung. Diverse Jahrgänge. Brugg.
176 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 176–183, 2011
E i n l e i t u n g
Die potenzielle Verdunstung ist ein wichtiger Term des
terrestrischen Wasserkreislaufes. Sie bezeichnet die maxi-
mal mögliche Verdunstung, unabhängig von der Wasser-
menge, die den Pflanzen tatsächlich zur Verfügung steht.
Sie gilt als Indikator einer optimalen Pflanzenentwick-
lung und spielt für die Bewertung der Klimaeignung eine
zentrale Rolle (Calanca und Holzkämper 2010). Speziell
wird sie für die Einschätzung des Bewässerungsbedarfs in
der Landwirtschaft benötigt (Fuhrer und Jasper 2009).
Eine genaue Definition der potenziellen Verduns-
tung ist nicht unproblematisch (Brutsaert 1982), denn
das Verdunstungspotenzial hängt nicht nur von den
Bedingungen in der Atmosphäre und im Boden, sondern
auch von den Vegetationseigenschaften ab. Aus diesem
Grund führte die Food and Agriculture Organisation of
the United Nations (FAO) in ihrem Bewässerungs- und
Pierluigi Calanca, Pascalle Smith, Annelie Holzkämper und Christof Ammann,
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich
Auskünfte: Pierluigi Calanca, E-Mail: [email protected], Tel.+41 44 377 75 12
Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie
P f l a n z e n b a u
Blick von Norden auf das Versuchsfeld in Oensingen (gemähte Wiese mit Traktor), wo mehrjährige Verdunstungsmessungen durchgeführt wurden. (Foto: ART)
Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie | Pflanzenbau
177
Zusa
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enfa
ssu
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Agrarforschung Schweiz 2 (4): 176–183, 2011
Der Klimawandel stellt die Landwirtschaft
vor neue Herausforderungen. Für die
Planung von Anpassungsmassnahmen
spielt die Beurteilung des Wasserbedarfs von
Wiesen, Weiden und Ackerflächen – auf
Grund des Verdunstungspotenzials – eine
zentrale Rolle. Die Referenzverdunstung,
ein Konzept, das von der Food and Agri-
culture Organization (FAO) in den 1990er
Jahren eingeführt wurde und in dieser Arbeit
vorgestellt wird, definiert das Verduns-
tungspotenzial einer reichlich mit Wasser
versorgten Standardvegetation. Sie wird
auf der Basis der so genannten Penman-
Monteith-Gleichung bestimmt und kann, wie
hier gezeigt, den Verlauf der unter nahezu
optimalen Bedingungen beobachteten
Verdunstung einer Wiese im Schweizer
Mittelland sehr genau abbilden.
Entwässerungsbericht 56 (Allen et al. 1998)1 das Konzept
der Referenzverdunstung (ET0) ein, das heisst der Ver-
dunstung eines idealisierten Grasbestands (Kasten 1),
dem uneingeschränkt Wasser zur Verfügung steht.
Aus der Referenzverdunstung ET0 werden in der
FAO-Methode in zwei weiteren Schritten die tatsächli-
chen Verdunstungsverluste von Wiesen und Ackerkultu-
ren abgeleitet. Im ersten Schritt werden Kenntnisse der
Vegetationsverhältnisse (Höhe des Bestandes und Blatt-
flächenindex) benötigt, um den sogenannten Vegetati-
onskoeffizienten KC zu bestimmen, und damit die Ver-
dunstung des jeweiligen Bestands bei gut bewässerten
Bedingungen. Im zweiten Schritt wird auf der Basis einer
vereinfachten Wasserbilanz der Wurzelzone eine allfäl-
lige Limitierung der Verdunstung durch Trockenheit ein-
bezogen.
Die Berechnung von ET0 erfolgt mit Hilfe der Pen-
man-Monteith-Gleichung (PM-Gleichung), welche in vie-
lerlei Hinsicht als Standard gilt und von der FAO (Allen et
al. 1998) als einzige Bestimmungsformel empfohlen
wird. Dennoch bleiben empirische Ansätze in der Praxis
sehr beliebt, so auch in der Schweiz, wo die Formeln von
Primault (1962 u. 1981), beziehungsweise Turc (1961),
von MeteoSchweiz, respektive AGROMETEO2, der inter-
netbasierten Beratungsplattform von Agroscope, noch
heute eingesetzt werden.
Empirische Bestimmungsmethoden sind bezüglich
Eingangsvariablen weniger anspruchsvoll als die PM-
Gleichung (siehe Kasten 2) und können durchaus gute
Kasten 1 | Eigenschaften der Referenzoberfläche
nach Allen et al. (1998)
Höhe des Bestandes, h: 12 cm ≡ 0,12 m
Blattflächenindex, LAI: 24 h, mit h in m ≡ 2,88 m2 m–2
Albedo, α: 0,23 ≡ 23 %
Stomatärer Widerstand rl: 100 s m–1
Oberflächenwiderstand rs: 2rl / LAI ≡ 70 s m–1
Aerodynamischer Widerstand ra: 208 / u2 s m–1
1 Der Bericht ist auch im Internet unter http://www.fao.org/docrep/x0490e/
x0490e00.htm oder www.kimberly.uidaho.edu/ref-et/fao56.pdf verfügbar.2 http://www.agrometeo.ch
Pflanzenbau | Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie
178 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 176–183, 2011
Resultate liefern, vorausgesetzt, dass eine Anpassung der
Parameterwerte an die lokalen Gegebenheiten stattge-
funden hat. Problematisch ist aber ihre Anwendung aus-
serhalb des parametrisierten Gültigkeitsbereichs.
In dieser Arbeit möchten wir die Berechnung der
Referenzverdunstung kurz erläutern und die Anwen-
dungsmöglichkeiten darlegen. Wir zeigen, wie gut ET0
die unter nahezu optimalen Bedingungen gemessene
Verdunstung abbilden kann. Weiter diskutieren wir,
inwiefern dies mit den vereinfachten Ansätzen von
Priestley und Taylor (1972), Primault (1962 u. 1981) und
Turc (1961) gelingt. Zum Vergleich verwenden wir Mes-
sungen der Verdunstung und der bestimmenden Varia-
blen, die in Oensingen (Mähwiese, 47°17’N, 07°44’E,
450 m über Meer, mittlere Jahrestemperatur 9 °C, mitt-
lerer Jahresniederschlag 1100 mm) im Rahmen unseres
mehrjährigen Feldexperimentes erhoben wurden
(Ammann et al. 2009).
Es ist nicht unsere Absicht, eine ausführliche Abhand-
lung der Theorie und eine vollständige Zusammenstel-
lung von empirischen Formeln zu präsentieren. Dafür sei
auf die Publikationen von Brutsaert (1982), Schrödter
(1985) und Jensen et al. (1990) verwiesen.
Historischer Abriss
Der Begriff der potenziellen Verdunstung wurde ver-
mutlich von Thornthwaite (1948) eingeführt (Brutsaert
1982). Unter Berücksichtigung der damaligen Datenver-
fügbarkeit, entwickelte er eine rein empirische Formel,
die noch heute in den USA bei der Überwachung von
Dürreereignissen im Einsatz ist.3
Es waren aber Penman (1948) und später Monteith
(1965), die die theoretischen Grundlangen für die Ent-
wicklung einer physikalischen Berechnungsmethode lie-
ferten. Die nach ihnen benannte PM-Gleichung (Kas-
ten 2) stellt noch heute die Basis für die modellmässige
Behandlung des Verdunstungsprozesses dar, so auch für
die von der FAO entwickelte Methode (Allen et al. 1998).
Sie berücksichtigt sowohl die durch die Energiebilanz
vorgegebenen Bedingungen an der Erdoberfläche als
auch die Austauschprozesse, die den Wasserdampfstrom
zwischen Vegetation und Atmosphäre bestimmen.
Etwa zur gleichen Zeit publizierten Slatyer and McIl-
roy (1961) eine Monographie, in welcher sie den Begriff
Penman-Monteith:
Priestley-Taylor (1972):
Turc (1961):
Primault (1962 und 1981):
In diesen Gleichungen ist λ = 2,5 MJ kg–1
die latente Wärme der Verdunstung, Cp = 1,004x10–3 MJ
kg–1 °C–1 die spezifische Wärme bei konstantem Druck,
Δ (kPa °C–1) die Steigung der Sättigungsdampfdruck-
kurve als Funktion der Temperatur T (°C) (Gleichung 3),
γ (kPa °C–1) die psychrometrische Konstante (Glei-
chung 2), RN (MJ m–2 d–1) die Nettostrahlung, G (MJ m–2
d–1) der Bodenwärmefluss, ρa (kg m–3) die Luftdichte, ra
(s m–1) der aerodynamische und rc (s m–1) der Bestandes-
widerstand, es (kPa) der Sättigungs- und ea (kPa) der
aktuelle Dampfdruck, RS (MJ m–2 d–1) die Globalstrah-
lung, RH (%) die relative Feuchte, SSD (h d–1) die Son-
nenscheindauer, j (–) ein Saisonalitätsfaktor und C (–)
eine Höhenkorrektur. Die numerischen Werte sind in al-
len Formeln so gewählt, dass für die Verdunstung Ein-
heiten von (mm d–1) resultieren. Die Gleichung von Pri-
mault (1962 und 1981) wurde ebenso für Berechnungen
auf Tagesbasis umgeschrieben.
Kasten 2 | Ausgewählte Formeln zur Berechnung der potenziellen Verdunstung
3 http://drought.unl.edu/dm/monitor.html
Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie | Pflanzenbau
179Agrarforschung Schweiz 2 (4): 176–183, 2011
Formel von Turc (1961) im Gebrauch (Kasten 2). Obwohl
sie als empirische Gleichung gilt, kann gezeigt werden,
dass sie im Prinzip eine Form der Gleichgewichtsverduns-
tung darstellt und somit äquivalent zur Gleichung von
Priestley und Taylor (1972) ist.
Die FAO56-Gleichung
Die PM-Gleichung (Kasten 2) kann unter Berücksichti-
gung der Eigenschaften der Referenzoberfläche (Kasten
1), in folgende Form (FAO56) gebracht werden:
wobei RN die Strahlungsbilanz oder Nettostrahlung (MJ
m–2 d–1) bezeichnet, G den Bodenwärmefluss (MJ m–2 d–1),
T die Lufttemperatur (°C), es und ea den Sättigungs- res-
pektive den aktuellen Dampfdruck (kPa) und u2 die
Windgeschwindigkeit (m s–1). Weiter sind
die psychrometrische Konstante (kPa °C–1) als Funktion
des atmosphärischen Druckes p (kPa) mit Parametern
Cp = 1,004x10–3 MJ °C–1 kg–1 (spezifische Wärme bei kon-
stantem Druck), ε = 0,622 (Verhältnis der Molmassen
von Wasserdampf und trockener Luft) und
λ = 2,5 MJ kg–1 (latente Wärme der Verdampfung), sowie
die Steigung der Sättigungsdampfdruckkurve als Funk-
tion der Temperatur (kPa °C–1).
Für die Auswertung von Gleichung (1) werden Stunden-
oder Tageswerte der Eingangsvariablen benötigt. Wäh-
rend Messungen von T (und folglich es), ea, u2 und p in
Rahmen der Messnetze von MeteoSchweiz und AGRO-
METEO standardmässig erhoben werden, werden Strah-
lungsbilanz und Bodenwärmefluss nur selten direkt
beobachtet. Dementsprechend müssen sie möglichst
genau geschätzt werden, da sie typischerweise etwa
zwei Drittel des Verdunstungspotenzials bestimmen.
Eine Formelsammlung für die Berechnung von RN und G
aus Wetterstationsdaten findet man ebenfalls in Allen et
al. (1998). Aus der Perspektive der Praxis wären aber ein-
fachere Verfahren wünschenswert. Für die Bestimmung
von RN bietet sich in erster Linie der Ansatz von Davies
(1967) an, der – beschränkt auf die Vegetationszeit –
einen vom Klima unabhängigen linearen Zusammen-
hang zwischen Globalstrahlung RS und Nettostrahlung
RN postulierte. Der Grund für die Linearität ist darin zu
suchen, dass die langwelligen Strahlungsflüsse (als Funk-
der Gleichgewichtsverdunstung einführten. Es handelt
sich um die bei konstanter Energiezufuhr mögliche Was-
serabgabe an eine Atmosphäre, die im Gleichgewicht
mit ihrem Untergrund steht. Dieses Konzept lieferte
eine theoretische Basis für weitere Entwicklungen, ins-
besondere die Untersuchungen zur Verdunstung bei
minimaler Advektion von Priestley und Taylor (1972). Die
von ihnen vorgeschlagene Formel (Kasten 2) hat sich
sowohl in der Praxis als auch in der Forschung bewährt.
Die ersten systematischen Studien zur potenziellen Ver-
dunstung in der Schweiz gehen auf Primault (1962)
zurück. Überzeugt, dass weder der Ansatz von
Thornthwaite (1948) noch derjenige von Penman (1948)
unter Schweizer Verhältnissen zu brauchbaren Resulta-
ten führen4, entwickelte er eine eigene Berechnungsfor-
mel, die noch heute in leicht angepasster Form (Primault
1981), von MeteoSchweiz operationell eingesetzt wird
(Kasten 2). In der Schweiz ist desweiteren auch noch die
Abb. 1 | Beziehung zwischen a) Netto- (RN) und Globalstrahlung (RS), und b) Bodenwärmefluss (G) und Nettostrahlung in Oensingen. Beobachtete Tagesmittelwerte der Monate April bis Oktober für die Jahre 2005 bis 2009. Die durchgezogenen Linien stellen die Regressionsgeraden dar: a) RN = 0,529 RS – 0,466, r2 = 0,89;b) G = 0,159 RN – 0,987, r2 = 0,48. Zudem ist in a) die Beziehung von Davies (1976, Gl. 4) als strichpunktierte Linie eingetragen.
4 Primault war sich vielleicht nicht bewusst, dass die schlechten Resultate mit der
Gleichung von Penman (1948) vor allem auf eine ungenügende Parametrisie-
rung zurückzuführen waren. In der Tat aktualisierte Penman zu jener Zeit mehr-
mals die Parameterwerte (siehe z. B. Brutsaert, 1982)
R N [M
J m-2 d
-1]
20
15
10
5
0
0 10 20 30
0 5 10 15 20
G [M
J m-2 d
-1]
3
2
1
0
-1
-2
-3
RN [MJ m-2 d-1] (2)
(3)
(1)
RS [MJ m-2 d-1]
Pflanzenbau | Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie
180 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 176–183, 2011
M e t h o d e
Evaluation
Wir haben Gleichung (1) getestet, indem wir die berech-
neten ET0-Werte mit Messungen der aktuellen Verduns-
tung am Standort Oensingen verglichen haben (Abb. 2).
Es handelt sich um Daten für das Jahr 2006, die mit Hilfe
der sogenannten Eddy-Kovarianz-Technik (Neftel et al.
2005) erhoben wurden, und mit einem relativen Fehler
von zirka 15 % behaftet sind.
Die Wahl des Jahres 2006 lässt sich zum einen
dadurch begründen, dass in diesem Jahr praktisch über
die gesamte Vegetationsperiode hinweg nahezu opti-
male Bodenfeuchteverhältnisse herrschten und die
Umweltbedingungen somit jenen der Definition der
Referenzverdunstung entsprachen. Ausserdem war der
Blattflächenindex selten höher als 3 m² m–2, das heisst
häufig im Bereich der in der Definition der Referen-
zoberfläche festgelegten 2,88 m² m–2 (Kasten 1).
Die Resultate in Abbildung 2 zeigen, dass für die Zeit
von April bis Oktober die gemessene Verdunstung durch
ET0 gut reproduziert wird. In diesem Sinn kann die Refe-
renzverdunstung vorbehaltlos für die Praxis empfohlen
werden. Dennoch stellt sich die Frage, ob einfachere
(z.B. Priestley und Taylor 1972) oder empirische (Turc 1961;
Primault 1962 und 1981) Berechnungsverfahren ebenso
gute Ergebnisse liefern könnten. Abbildung 3 zeigt in
Form von Streudiagrammen einen direkten Vergleich der
tion der vierten Potenz der absoluten Temperatur) zeit-
lich viel weniger stark variieren als die kurzwellige Ein-
strahlung. Auch kann die Albedo einer grasbedeckten
Oberfläche unter schneefreien Bedingungen als relativ
konstant betrachtet werden.
Basierend auf Daten von 14 Stationen weltweit und
umgerechnet in Einheiten von (MJ m–2 d–1) schlug Davies
(1967) folgende Gleichung vor:
RN = 0,617 RS – 1,004
welche in dieser Form die im Schweizer Mittelland beob-
achtete Beziehung am Standort Oensingen recht gut wie-
dergibt (Abb. 1a). Eine bessere Übereinstimmung kann
durch Anpassung der Regressionsparameter an lokale
oder regionale Messdaten erreicht werden (RN = 0,529 RS
– 0,466, r2 = 0,89), was ebenfalls in Abb. 1a zu sehen ist.
Bezüglich des Bodenwärmeflusses empfehlen Allen
et al. (1998) bei Bestimmung von ET0 auf Tagesbasis G
gleich Null zu setzen, was sich dadurch begründen lässt,
dass der Wärmestrom zwischen Tag und Nacht in entge-
gengesetzte Richtungen fliesst und es so zu einem Aus-
gleich kommt. Die Daten von Oensingen zeigen jedoch,
dass es sinnvoller ist, G als lineare Funktion von RN auszu-
drücken (Abb. 1b). Die entsprechende Regressionsge-
rade (G = 0,159 RN – 0,987, r2 = 0,48) ist mit der in der
Mikroklimatologie oft benutzten Faustregel G ≈ 0,1 RN
weitgehend konsistent.
Abb. 2 | Verlauf der täglichen Verdunstung am Standort Oensingen in der Zeit von April bis Oktober 2006. Grau: Beobachtungsbereich unter Annahme einer relativen Unsicherheit der Messungen von ± 15 %; rot: Referenzverdunstung.
ET [m
m d
-1]
6
5
4
3
2
1
0
100 150 200 250 300
Tag des Jahres
Messungen
ETo
(4)
Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie | Pflanzenbau
181Agrarforschung Schweiz 2 (4): 176–183, 2011
dunstungsmessungen, die Primault ursprünglich für die
empirische Anpassung seiner Formel zur Verfügung
standen, wahrscheinlich mit relativ grossen Unsicherhei-
ten behaftet. Eine neue Evaluation der Parameterwerte
wäre aus diesem Grund opportun.
Für die Beurteilung einer allfälligen Bewässerungs-
bedürftigkeit (Fuhrer und Jasper 2009) ist ein Vergleich
der verschiedenen Ansätze bezüglich der kumulierten
Verdunstungsverluste während der Vegetationsperiode
von Interesse. Für die Zeit von April bis Oktober 2006
ergaben die Messungen in Oensingen eine Summe von
501 mm. Entsprechende Summen der Referenzverduns-
tung nach FAO56, einerseits mit lokaler Parametrisie-
rung für RN und G, andererseits mit RN nach Davies (1967)
und G = 0, belaufen sich auf 483 und 566 mm. Analoge
Berechnungen mit den Formeln von Priestley-Taylor
(1972), Turc (1961) und Primault (1962 u. 1981) ergeben
jeweils Werte von 574, 596 und 337 mm. Dies zeigt, dass
die Referenzverdunstung auch im Bezug auf die Gesamt-
verluste die kleinste Abweichung von den Messungen
aufweist.
verschiedenen Bestimmungsformeln mit den Messungen
in Oensingen. Es lassen sich einige Tendenzen erkennen.
Die Formel von Priestley und Taylor (1972) weist ein
recht ähnliches Verhalten wie die FAO56-Gleichung auf.
Dies ist nicht erstaunlich, da der Strahlungsterm in Glei-
chung (1) etwa zwei Drittel zum Verdunstungspotential
beiträgt, was indirekt mit dem Faktor 1,26 in der Formel
von Priestley und Taylor (1972) berücksichtigt wird. Auch
die Formel von Turc (1961) liefert recht ähnliche Resul-
tate. Wir haben aber im historischen Abriss bereits dar-
auf aufmerksam gemacht, dass Turc (1961) und Priestley
und Taylor (1972) im Prinzip äquivalent sind. Insofern, ist
auch dieses Ergebnis nicht überraschend.
Es bleibt der Ansatz von Primault (1962 u. 1981), wel-
cher die beobachtete Verdunstung am wenigsten gut zu
reproduzieren vermag. Die Gründe dafür können unter-
schiedlicher Natur sein. Einerseits spielt die Wahl der
bestimmenden Variablen eine Rolle. Die Sonnenschein-
dauer, früher die einzige operationell gemessene Strah-
lungsgrösse, hat einen weniger direkten Einfluss auf die
Verdunstung als RS oder RN. Anderseits waren die Ver-
Abb. 3 | Vergleich der Resultate von vier Bestimmungsformeln mit der gemessenen Verdunstung am Standort Oensingen. Tagesmittelwerte für die Zeit zwischen April und Oktober 2006. a) Referenzverdunstung (r2 = 0,88); b) Priestley-Taylor (r2 = 0,91); c) Turc (r2 = 0,87); und, d) Primault (r2 = 0,67). Die Evaluation der Referenzverdunstung und von Priestley-Taylor erfolgte auf der Basis der Parametrisierungen für RN und G aus Abb. 1.
ETTu
[mm
d-1]
ET0 [
mm
d-1]
ETPT
[mm
d-1]
ETPr [m
m d
-1]
6
5
4
3
2
1
0
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3 4 5 6 0 1 2 3 4 5 6
0 1 2 3 4 5 6 0 1 2 3 4 5 6
6
5
4
3
2
1
0
6
5
4
3
2
1
0
gemessene ET [mm d-1] gemessene ET [mm d-1]
182
Pflanzenbau | Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 176–183, 2011
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Wir haben das Konzept der Referenzverdunstung erläu-
tert und die Anwendung der FAO56-Gleichung disku-
tiert. Wir haben gezeigt, dass dieser Ansatz die unter
nahezu optimalen Bedingungen gemessene Verduns-
tung einer Wiese (Abb. 4) im Schweizer Mittelland gut
abzubilden vermag.
Für praktische Anwendungen können empirische
Formeln durchaus zu brauchbaren Ergebnissen führen,
wie am Beispiel von Oensingen gezeigt wurde. Sogar
die Formel von Primault, die hier am schlechtesten
abschnitt, könnte durch eine neue Evaluation der Para-
meter und Korrekturfaktoren (jahreszeitliche und
Höhenabhängigkeit der Verdunstung, siehe Kasten 2)
zu deutlich besseren Resultaten führen. Schwierigkeiten
mit solchen Ansätzen sind aber absehbar, wenn es
darum geht, das zukünftige Verdunstungspotenzial auf
der Basis von Klimaszenarien zu beurteilen, denn die
Gültigkeit der heutigen Parametrisierungen ist in die-
sem Fall nicht gewährleistet.
Im Zusammenhang mit dem Klimawandel gibt es vier
Aspekte, die zu beachten sind: (i) die Erhöhung der Tem-
peratur; (ii) die damit einhergehende mögliche Abnahme
der Luftfeuchte tagsüber; (iii) eine mögliche Änderung
des Strahlungsregimes; (iv) die Effekte der zunehmen-
den CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre, welche
eine effizientere Wassernutzung der Pflanzen ermögli-
chen. Die PM-Gleichung kann alle diese Faktoren ohne
weiteres berücksichtigen. Dasselbe gilt für die daraus
abgeleitete FAO56-Gleichung, sofern eine Anpassung
der numerischen Parameter im Hinblick auf eine CO2-
bedingte Reduktion des stomatären Widerstandes (Kas-
ten 1) vorgenommen wird5.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Empirische Ansätze hatten früher, angesichts der
beschränkten Datenverfügbarkeit, durchaus ihre Berech-
tigung. Eine Umstellung auf physikalischen Bestim-
mungsmethoden sollte aber heute kein Thema mehr
sein, denn die nötigen Inputdaten sind entweder direkt
verfügbar oder können mit hinreichender Genauigkeit
aus operationellen Messgrössen abgeleitet werden, wie
wir hier zeigen konnten.
Im Kontext dieser Arbeit war eine erweiterte Evalua-
tion der Verdunstung nach Allen et al. (1998) unter Ein-
bezug eines Vegetationskoeffizienten KC nicht nötig, da
während der ausgewählten Periode die Vegetationsei-
genschaften in etwa denjenigen der Referenzoberfläche
entsprachen. Dies muss aber von Fall zu Fall beurteilt
werden. Auch bleibt zu untersuchen, ob sich die FAO-
Methode standardmässig für die Bewertung des Wasser-
bedarfs im Obst- und Rebbau eignet, in Situationen also,
in denen die Anordnung der Pflanzen sowohl die Ober-
flächen- als auch die aerodynamischen Eigenschaften
der verdunstenden Fläche beeinflussen. n
Unsere Untersuchungen zum Verdunstungsregime von Grün- und Ackerland fin-
den teilweise im Rahmen der folgenden Projekte statt: ACQWA (7. EU-Rahmen-
programm), AGWAM (Nationales Forschungsprogramm NFP61, Nachhaltige Was-
sernutzung) und AGRISK (Nationaler Forschungsschwerpunkt Klima, NCCR
Climate). Wir danken dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (Meteo-
Schweiz) für die Bereitstellung von operationellen Wetterdaten.
Abb. 4 | Eddy-Kovarianz-System zur Messung der Verdunstung im Feld, bestehend aus einem Ultraschall-Windmesser und einem Inf-rarot-Sensor für Wasserdampf und CO2 (weiss). (Foto: ART)
5 Für die Abschätzung der tatsächlichen Verdunstung nach FAO (Allen et al. 1998)
ist auf Grund der verbesserte Wassernutzungseffizienz zudem eine Anpassung
des Vegetationskoeffizienten Kc erforderlich.
183
Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der Agrarmeteorologie | Pflanzenbau
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 176–183, 2011
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b Calanca P. & Holzkämper A., 2010. Agrarmeteorologische Bedingungen im Schweizer Mittelland von 1864 bis 2050. Agrarforschung Schweiz 1 (9), 320–325.
b Davies J.A., 1967. A note on the relationship between net radiation and solar radiation. Quart. J. Roy. Meteor. Soc. 93, 109–115.
b Fuhrer J. & Jasper K., 2009. Bewässerungsbedürfigkeit von Acker- und Grasland im heutigen Klima. Agrarforschung 16, 396–401.
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b Priestley C.H.B & Taylor R.J., 1972. On the assessment of surface heat flux and evaporation using large-scale parameters. Monthly Weather Review 100, 81–92
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b Turc L., 1961. Evaluation des besoins en eau d’irrigation, évapotranspira-tion potentielle, formule simplifiée et mise à jour. Ann. Agron. 12, 13–49
L'evapotraspirazione di riferimento e
la sua applicazione nella me-teorologia
agricola
Il cambiamento climatico pone
l'agricoltura di fronte a nuove sfide.
Considerato il potenziale di eva-
porazione, nel programmare le misure
d'adeguamento è particolarmente
importante valutare il fabbisogno
idrico di prati, pascoli e superfici
campicole. L'evapotraspirazione di
riferimento, un concetto introdotto
negli anni novanta dall'Organizzazione
delle Nazioni Unite per l'alimentazione
e l'agricoltura (FAO) e presentato nella
presente pubblicazione, definisce il
potenziale di evaporazione da una
vegetazione standard abbondante-
mente approvvigionata d’acqua. Essa
viene calcolata sulla base della cosid-
detta formula di Penman-Monteith e,
come mostrato in questo lavoro,
riproduce fedelmente l’evapotra-
spirazione osservata in condizioni
pressoché ottimali in un prato dell'Alti-
piano svizzero.
Reference evaporation and its applica-
tion in agrometeorology
Climate change places the agriculture
in front of new challenges. An assess-
ment of the water requirement of
grassland, pasture and arable land on
the basis of the evapotranspiration
potential plays a central role in the
planning of adaptation measures. The
reference evaporation, a concept
introduced in the 1990’s by the Food
and Agriculture Organization (FAO)
and presented in this paper, defines
the evaporation potential of standard
vegetation with an abundant water
supply. It is determined on the basis of
the so-called Penman-Monteith
equation and, as demonstrated here, is
able to accurately reproduce the
evolution of the evaporative flux from
grassland as observed on the Swiss
Plateau under virtually optimum
conditions.
Key words: reference evapotranspira-
tion, evapotranspiration potential,
Penman-Monteith equation, crop
water requirements, climate change.
184
E i n l e i t u n g
Wie es zum Weiterbildungsangebot kam
Angeregt durch einen Vorschlag am Eggiwiler Sympo-
sium 1998 treffen sich im Mai 1999 im Emmental an
einem Kurs der AGRIDEA (früher LBL) gut zwei Dutzend
Frauen und Männer. Ihr gemeinsames Thema heisst
«Betreuung auf dem Bauernhof». An dieser Tagung wird
ersichtlich, dass einerseits eine steigende Nachfrage
nach Betreuungsplätzen besteht und anderseits viele
Bäuerinnen und Bauern sich eine Weiterbildung wün-
schen, in der sie sich notwendiges Wissen aneignen und
ihre Erfahrungen reflektieren können.
Nach Projekt-Vorarbeiten durch die AGRIDEA im Ver-
bund mit weiteren Akteuren aus dem sozialen Umfeld
bietet das Inforama Emmental zusammen mit der Berufs-
Fach- und Fortbildungsschule BFF 2001 einen Pilotkurs
«Ausbildung Betreuungsleistungen» an.
Dieser Pilotkurs orientiert sich grundsätzlich am
Modell der von der Schweizer Pflegekinderaktion und
des VHPG (Verein heilpädagogischer Grossfamilien)
angebotenen Weiterbildung.
Ein Jahr später folgen zwei weitere Weiterbildungs-
angebote in der Ostschweiz und im Aargau, beide als
Partnerschaft zwischen Organisationen der landwirt-
schaftlichen Weiterbildung und der sozialen Ausbildung.
Landwirtschaftliche Beraterinnen beim jährlichen Erfa-Treffen.
Ernst Bolliger, AGRIDEA Lindau, 8315 Lindau
Auskünfte: Ernst Bolliger, E-Mail: [email protected], Tel. +41 52 354 97 23
Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen stärken für soziale Leistungen in der Landwirtschaft
G e s e l l s c h a f t
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 184–189, 2011
Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen stärken für soziale Leistungen in der Landwirtschaft | Gesellschaft
185
Zusa
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enfa
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Seit mehr als zehn Jahren bieten regionale
landwirtschaftliche Bildungszentren jeweils im
Verbund mit einer sozialen Fach(hoch)schule
die «Weiterbildung Betreuungsleistungen» an.
Die regionalen Angebote unterscheiden sich in
der Dauer und in der Ausrichtung auf einzelne
oder mehrere Betreuungsgruppen – entspre-
chend den regionalen Gegebenheiten. Alle
Angebote streben ein gemeinsames Ziel an:
Befähigung zur kompetenten Betreuung von
«Gastpersonen» in der eigenen Familie unter
fachkundiger Begleitung einer ausgewiesenen
Organisation. Die regionalen Angebote
orientieren sich an Werten und Qualitätskrite-
rien, die in einer gemeinsam formulierten
Charta festgehalten sind.
In den meisten Regionen sind unter den
Absolventinnen und Absolventen Arbeits-
kreise entstanden, in denen sie ihre Erfahrun-
gen austauschen und reflektieren. Gesamt-
schweizerisch treffen sich die in diesem
Weiterbildungsangebot engagierten landwirt-
schaftlichen Beraterinnen jährlich einmal zur
Koordination, Reflexion und Weiterentwick-
lung des Angebots.
Betreuungsleistungen sind in einigen Regio-
nen der Schweiz für viele Landwirtschaftsbe-
triebe zu einem bedeutenden Element
geworden. Betreuungsleistungen sind nicht
nur wirtschaftlich von Bedeutung, sie wirken
sich auch auf den Tagesablauf und die Präsenz
des Betriebsleiterpaares aus.
Dieser Bericht basiert auf Erfahrungswissen
und Erfahrungslernen – Praxisreflexion als
spezielle Form der Forschung verstanden.
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 184–189, 2011
Damit ist einerseits die Nähe zur Landwirtschaft / dem
ländlichen Raum und anderseits die Professionalität im
sozialen Bereich sichergestellt. Regionale Begleitgrup-
pen sichern die Vernetzung des Weiterbildungsangebots
mit kantonalen Behörden, Platzierungsorganisationen
und weiteren Interessengruppen.
Die AGRIDEA unterstützt den Wissens- und Erfah-
rungsaustausch unter den regionalen Anbietern: In jähr-
lichen Treffen feilen die Anbieter an der Qualität ihrer
Lehrgänge. Die Charta «Weiterbildungsangebote
Betreuungsleistungen» ist die nach aussen sichtbare und
nach innen wirkende Qualitätsrichtlinie (siehe Kasten 1).
Schwerpunkte in den regionalen Weiterbildungs-Angeboten
Regionale Angebote bestehen im Kanton Bern, in der
Ostschweiz und im Aargau. In der Romandie sind Bestre-
bungen im Gang, eine entsprechende Weiterbildung
anzubieten. Die regionalen Angebote unterscheiden
sich in ihrer Ausrichtung auf verschiedene Zielgruppen
und in ihrer Dauer. Zielgruppen können Kinder und
Jugendliche, betagte Menschen, Menschen mit einer
Behinderung oder psychischen Problemen, ehemals
suchtabhängige oder straffällige Menschen oder Men-
schen aus anderen Kulturen umfassen. Die Dauer der
Weiterbildungen variiert im Bereich zwischen 30 und
40 Kurstagen entsprechend der in der Charta festgehal-
tenen Empfehlungen.
Fokussiert auf Kinder und Jugendliche gibt es zwei
weitere Angebote: Curaviva (Luzern) bietet in Zusam-
menarbeit mit den landwirtschaftlichen Beratungs-
diensten der Zentralschweiz einen 15-tägigen praxisbe-
gleitenden Lehrgang an. Der Verein «tipiti» zusammen
mit der Schweizer Pflegekinderaktion und zwei weite-
ren Vereinen bietet eine Ausbildung an verschiedenen
Orten der Schweiz in einer etwa 45 Tage dauernden
Version an.
Neben der Vermittlung und Erarbeitung von Theorie
und Fachwissen bauen die Weiterbildungen auf den
Erfahrungen und Fragen der Teilnehmenden auf.
Kosten der Weiterbildung und Vergütung der Betreu-
ungsleistungen
Die regionalen Weiterbildungsangebote finanzieren sich
aus Teilnehmergebühren, Sponsoring und Leistungsauf-
trägen der Kantone. Die TeilnehmerInnen bezahlen je
nach Region zwischen Fr. 1500.– und 6000.– für die ganze
Weiterbildung, also Fr. 50.– bis 150.– pro Weiterbildungs-
tag. Einzelne TeilnehmerInnen haben Weiterbildungssti-
pendien von Stiftungen in Anspruch nehmen können.
Die Vergütungsansätze für erbrachte Betreuungsleis-
tungen sind je nach Kanton und betreuten Personen
sehr unterschiedlich; sie bewegen sich in der Grössen-
ordnung von Fr. 60.– bis 130.– pro Tag. Es gibt eine Viel-
zahl von Platzierungsorganisationen; verbindliche Richt-
linien für die Vergütung fehlen. AbsolventInnen der
Weiterbildung können tendenziell höhere Vergütungen
aushandeln, verglichen mit Anbieterinnen ohne eine
entsprechende Qualifizierung.
Gesellschaft | Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen stärken für soziale Leistungen in der Landwirtschaft
186 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 184–189, 2011
Kasten 2 | Weiterbildung im Überblick
(Beispiel Kanton Bern)
Die Weiterbildung umfasst 40 Kurstage auf vier Semester
(2 Jahre) verteilt.
• Im ersten Semester stehen Rolle und Auftragsklärung,
Aufenthaltsplanung, Alltagsgestaltung, Vernetzung,
Kommunikation und Zusammenarbeit mit Fachstellen
und Behörden im Zentrum.
• Im zweiten Semester treten die Themen Lebenszyklus,
pädagogische Grundannahmen und das System Familie
in den Vordergrund.
• Das dritte Semester geht auf die spezifischen Bedürfnis-
se der einzelnen Betreuungsgruppen ein; der Alltagsge-
Kasten 3 | Das Weiterbildungsziel
(Beispiel Kanton Bern)
Die Kursabsolventinnen können Menschen
mit besonderen Bedürfnissen in der eigenen
Familie unter Anleitung einer professionellen
Platzierungsstelle fach- und situationsgerech-
te Betreuung, Begleitung und Unterstützung
anbieten. Sie sind vorbereitet auf die Verän-
derungen, die das Zusammenleben mit einer
familienfremden Person in der eigenen Fami-
lie auslösen kann.
Kasten 1 | Charta «Weiterbildungsangebote Betreu-
ungsleistungen»
Die Charta umfasst einleitende Bemerkungen zum Zweck
der Charta und der Bedeutung der Betreuung in (Bauern-)
Familien auf dem Land. Sie unterscheidet anschliessend die
verschiedenen bei einer Betreuung beteiligten Akteure mit
ihren spezifischen Rollen und trägt damit zu einem Ver-
ständnis des vernetzten Systems bei.
Bezüglich der Weiterbildung hält sie Ziele und angestrebte
Kompetenzen der Teilnehmenden fest und formuliert vier
Werte, die für das Weiterbildungsangebot im Zentrum ste-
hen. Ein abschliessendes Kapitel widmet sich den Qualitäts-
merkmalen der Weiterbildungsan gebote. Die Weitebil-
dungsanbieter haben die Charta diskutiert und inhaltlich
gutgeheissen; verbindliche Unterschriften stehen noch aus.
Inhaltsverzeichnis der Charta «Weiterbildungsange-
bote Betreuungsleistungen»
1. Zweck der Charta
2. Bedeutung der Betreuung in (Bauern-) Familien auf
dem Land
3. Die Beteiligten: Klärung der Rollen und
Verantwortlichkeiten:
Die Betreuten/Herkunftsfamilie/Betreuungsfami-
lie/Vermittlungsstelle (Platzierungs-Organisation)/
Weiterbildungs anbieter/Öffentliche Stelle (einwei-
sende Stelle, Sozialamt, etc)/Bewilligungs- und
Kontrollinstanz
4. Das Weiterbildungsangebot Betreuungsleistungen
4.1 Ziele und angestrebte Kompetenzen
4.2 Werte, auf denen das Weiterbildungsan gebot auf-
baut:
Praxisnah, fundiert, unabhängig, verbindlich
4.3 Qualitätsmerkmale des Weiterbildungs angebots:
Kursleitung/ReferentInnen/Teilnehmende/ Begleit-
gruppe & Aufsichtsgremium: Transparenz/Umgang
mit Konflikten/Evaluation & Kontrolle/Weiterbil-
dung & Erfahrungsaustausch nach dem Abschluss/
Vernetzung auf nationaler Ebene
5. Verpflichtung der Weiterbildungsanbieter
staltung kommt vor allem als Reflexion des eigenen
Handelns eine grosse Bedeutung zu.
• Das vierte Semester schliesslich wendet sich der Quali-
tätssicherung und dem Umgang mit schwierigen Situa-
tionen (Konflikte, Gewalt) zu, beinhaltet eine Ab-
schlussarbeit und bietet Raum für Vertiefungsthemen.
Eine Vorsaussetzung für das Weiterbildungszertifikat
sind eine mindestens sechs Monate dauernde Betreuung
während der Weiter bildung, eine Präsenz von 85 %, posi-
tiv bewertete Zwischen- und Abschlussarbeiten sowie
eine positive Gesamtbeurteilung.
Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen stärken für soziale Leistungen in der Landwirtschaft | Gesellschaft
187Agrarforschung Schweiz 2 (4): 184–189, 2011
Kurs Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 Total = 15
Dauer
Emmental 40 Tage 21 18 19 22 16 12 12 10 130
Aargau 30 Tage 13 15 10 11 49
Ostschweiz 40 Tage 25 21 13 59
Tab. 1 | KursabsolventInnen nach Regionen
Ruth und Werner Kobel-Hofer und Stefan
Kasten 4 | Was hat uns die Ausbildung gebracht?
Ruth und Werner Kobel-Hofer leben mit ihren drei Kin-
dern und der Grossmutter (Werner's Mutter) auf einem
Bauernhof im Emmental. Stefan lebt seit drei Jahren bei
ihnen. Stefan hat eine Behinderung; er kam über die
OGG, eine Berner Organisation im sozialen Bereich, zu
ihnen. Stefan interessiert sich ausschliesslich für den
Landwirtschaftsbetrieb, nicht für den Haushalt.
«Damit müssen wir uns arrangieren. Gerade Behinderte
haben ebenfalls das Recht mitzuentscheiden. Nichts be-
rechtigt uns, über sie zu verfügen und ihnen unseren
Willen aufzudrängen. Klar müssen genaue Strukturen
und Regeln eingehalten werden. Die tägliche Körper-
pflege, die Manieren, der Anstand sind alles Punkte,
über die bei uns jeden Tag gesprochen wird. Das be-
trifft aber alle Familienmitglieder und nicht nur unsere
betreute Person.»
«In der Betreuungsarbeit und im Alltag gab und gibt
es immer wieder Momente, wo mir das nötige «know-
how» fehlte, um im Affekt an gemessen zu agieren
und zu reagieren. Unter anderem deshalb habe ich
mich entschlossen, die Aus bildung zur Betreuungsleis-
tung im ländlichen Raum (ABL) in Angriff zu nehmen.»
«Die ABL hat mir viel gebracht. Das erarbeitete Wissen in
den Bereichen Sozial- und Heilpädagogik, Psychologie
und Soziologie, aber auch der Austausch mit anderen
Betreuenden hat mir sehr viel gebracht. Deshalb habe
ich mich entschieden, im Arbeitskreis Betreuungsarbeit
mitzumachen. Wir vertiefen bereits Vorhandenes, erar-
beiten Neues, festigen uns mit gegen-seitigem Erfah-
rungsaustausch. Im AK stellen wir mit unserer Leiterin,
Marlies Budmiger, ein Jahresprogramm zusammen, das
auf unsere Bedürfnisse und Interessen abgestimmt ist.»
188
Gesellschaft | Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen stärken für soziale Leistungen in der Landwirtschaft
R e s u l t a t e
Alle Weiterbildungen stellen Zertifikate aufgrund einer
Beurteilung der TeilnehmerInnen aus. Die Weiterbil-
dungsziele umfassen sowohl für die Betreuungsarbeit
unentbehrliches Wissen und Fähigkeiten wie auch
Aspekte der persönlichen Eignung.
Bisher haben über 200 Personen (ca. 80 % Frauen) in
insgesamt 15 Kursen eine regionale Ausbildung abge-
schlossen. Nach anfänglichen Klassengrössen von ca.
20 Personen ist die durchschnittliche Teilnehmerzahl auf
unter 15 gesunken, was sich auf den Kostendeckungs-
grad der Weiterbildungen negativ auswirkt.
Fokus Qualitätssicherung
Die verschiedenen Anbieterinnen der «Weiterbildung
Betreuungsleistungen» haben sich zur Qualitätssiche-
rung immer wieder Gedanken gemacht. Dazu hat jede
Region Vertreter von Behörden, Platzierungsorganisati-
onen und weiteren Interessengruppen in eine Begleit-
gruppe eingeladen. Als wichtigste Fragen der Qualitäts-
sicherung traten wiederholt Rollenklarheit und
Transparenz in den Fokus der Aufmerksamkeit. Rollen-
klarheit heisst in diesem Zusammenhang: Die verschie-
denen Akteure konzentrieren sich auf ihre Aufgabe:
Behörden auf die Entscheide und den rechtlichen Rah-
men, die Platzierungsorganisationen auf die Auswahl
geeigneter Familien und deren Begleitung, die Weiter-
bildungsanbieter auf die Weiterbildung und die Betreuer
auf die Betreuung.
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 184–189, 2011
Hinweis zur Methode
Die in diesem Artikel dargestellten Erfahrungen basieren auf den Erfahrungen
und Erkenntnissen, die landwirtschaftliche Beraterinnen in ihrer Funktion als
Anbieterinnen der Weiterbildung Betreuungsleistungen an ihren jährlichen Tref-
fen zusammentragen und reflektieren, um daraus Schlussfolgerungen für ihre
weitere Arbeit zu ziehen. Bei den Treffen geht es um eine Reflexion der Weiterbil-
dung, vom pädagogischen Konzept über die Vernetzung mit wichtigen Partneror-
ganisationen, finanziellen und rechtlichen Aspekten der Weiterbildung bis hin zu
Fragen der Qualitätssicherung. Kooperation und Konkurrenz sind Themen, die
dabei nicht ausgeschlossen sind.
Zur Weiterbildung gehören dann auch Arbeitskreise,
in denen die Betreuungsanbieterinnen ihre Erfahrungen
austauschen können; die Begleitung am Wohnort der
Familie ist jedoch Aufgabe der Platzierungsorganisation.
Jede Qualitätsnorm kommt nur dann zum Tragen, wenn
erbrachte Leistungen (Weiterbildung, Betreuung, Be-
gleitung) für Dritte transparent sind.
Als wesentliches Instrument zur Qualitätssicherung
der Weiterbildungen haben die Anbieterinnen der Wei-
terbildung eine Charta «Weiterbildungsangebote Be-
treuungsleistungen» erarbeitet. Sie basiert auf eigenen
Erfahrungen und jener von andern Weiterbildungsan-
bietern und dient als Richtschnur. Sie hat einen empfeh-
lenden, keinen verbindlichen Charakter.
Die Charta steht in einer Analogie zu den Richtlinien
der INTEGRAS («Anforderungen an Familienplatzie-
rungs-Organisationen im Bereich Kinder- und Jugend-
hilfe» sowie «Label FPO – Sicherheit in der Platzierung in
Familien»). Die Aufsichtsfunktion über die regionalen
Weiterbildungen fällt den kantonalen Sozialämtern zu.
n
Bild 1:Beziehung
Betreuung oder Arbeitskraft? Arbeitsbeziehung oder Beziehungsarbeit?
Bild 2:Kundengruppen
Betreuung: Betagte und Behinderte Erziehung: Jugendliche und Pflegekinder Re-Integration: Ex-Drögeler und Strafentlassene
Bild 3:Phänomen Entwurzelung (eine Analogie)
Bei Pflanzen haben beschädigte Wurzeln einen Einfluss auf das Wachstum, auf die Blühkraft und auf die Krankheitsanfälligkeit.Beim Umtopfen von Pflanzen braucht es besondere Aufmerksamkeit in der Anwachsphase, am Wochenende und in den Ferien (Giessen), beim Überwintern und beim späteren Auspflanzen ins Freie.
Bild 4:Betreuung auf dem Bauern-hof – Besonderheiten
Soziales Engagement und Zusatzeinkommen sind beide wichtig.Bauernfamilien nutzen ihr «soziales Kapital» (Familienstruktur, soziale Fähigkeiten, Raum-Reserven, aktive Integration im Dorf/Gemeinde).Arbeit mit Menschen erlaubt kein wildes Experimentieren.Betreuung verlangt Dauer-Präsenz (Weekend, Ferien, Abend, ...).Erfolg misst sich in besonderen Einheiten und stellt sich oft erst spät ein.Betreuungsarbeit hat Auswirkungen auf das soziale Netz (Nachbarn, Dorf, Gemeinde).
Bild 5:Betreuung = Arbeit in einem Netzwerk
Die Bauernfamilie und die betreute Person stehen im Zentrum einer Netzwerkbeziehung mit der Herkunftsfamilie, Platzie-rungsorganisationen, Fürsorgestelle, Sozialamt, Jugendamt, Ausbildungsinstitution, Erfa-Gruppe, Schule, AHV/IV, Weekend-Ablöser, etc. Das verlangt von der Bauernfamilie eine offene Kommunikationsfähigkeit.
Bild 6:Drum prüfe gut ...
UVP Die «Umweltverträglichkeitsprüfung» in drei Stufen:• PEP Persönliche Eignungs Prüfung• FIT Familien Integrations Test• SACH Sozialer Auswirkungs Check
Tab. 2 | Sechs Bilder zum Thema "Soziales Engagement als Nebenerwerb"
189
Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen stärken für soziale Leistungen in der Landwirtschaft | Gesellschaft
Ria
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nto
Sum
mar
y
Formazione continua nei servizi di assistenza:
rafforzare le competenze per le prestazioni
sociali in agricoltura
Da più di dieci anni, i centri regionali per la
formazione agricola, in collaborazione con le
scuole pedagogiche superiori, offrono una
formazione mirata a fornire conoscenze e
competenze per l’accoglienza di persone con
bisogni specifici. I corsi di formazione dei
centri regionali si distinguono nella durata e
si rivolgono a uno o più gruppi, in funzione
delle necessità regionali. Tutte le offerte
hanno un unico obbiettivo: acquisire la
capacità per prendersi cura in modo compe-
tente di un «ospite» nella propria famiglia,
accompagnati da esperti di un’organizzazione
designata. Le offerte regionali si basano su
valori e criteri di qualità che devono essere
definiti congiuntamente in una Charta. Nella
maggior parte delle regioni della Svizzera, i
partecipanti hanno creato dei gruppi di lavoro
per condividere e le proprie esperienze. Le
consulenti agrarie di tutta la Svizzera,
impegnate in questi progetti di formazione
continua, si incontrano ogni anno per
coordinare, discutere ed ampliare l'offerta
formativa. Questi servizi di accoglienza sono
diventate in alcune regioni della Svizzera una
risorsa importante per molte aziende agri-
cole. Il loro impatto non è confinato solo alla
sfera economica ma va a toccare anche lo
svolgimento della giornata lavorativa ed
influisce sulla presenza dei gestori. Questo
rapporto si basa su esperienze applicative e
conoscitive e riflessioni pratiche intese come
forma di ricerca particolare.
Literatur b Wirz Handbuch, Band 2 Betrieb und Familie, 2010. "Betreuung auf dem Bauernhof" (Seite 386 bis 390). Wirz Verlag Basel, 2009.
b Integras: Anforderungen an Familienplatzierungs-Organisationen im Be-reich der Kinder- und Jugendhilfe http://www.integras.ch/pdf/20060628AnforderungenJuni2006.PDF
b Integras: Label FPO – Sicherheit in der Platzierung in Familienhttp://www.integras.ch/pdf/20100316LabelFPO_Kriterien.pdf
b Inforama: Konzept der Ausbildung Betreuung im ländlichen Raum (ABL)http://www.vol.be.ch/site/kurskonzept_11 – 12.pdf
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 184–189, 2011
Advanced training for caring services at the
farm
For more than ten years some regional
agricultural training and extension centers in
cooperation with a college of social studies
offer an advanced training on «green care»
(caring services at the farm).
The regional trainings differ in their duration
and in the orientation to one or several focus
groups of people to be taken care of –
according to the regional context. All offers
are striving for the same goal: competency
development for a high quality care of
«guest persons» in the own family under
professional coaching of a recognized
organisation. The regional trainings are
based on the same values and quality
criteria that are stipulated in a commonly
formulated Charta.
In most of the regions, the graduates started
to form quality circles to share and reflect
their own experience. From all over Switzer-
land, the agricultural extension staffs
(women) engaged in this training meet
annually to coordinate, reflect and further
develop the training concept.
In several regions of Switzerland, caring
services at the farm have evolved into an
important element in the puzzle of the
farming system. Not only is caring at the
farm financially important, it also has a
major impact on the daily rhythm and the
presence at home of the farming family.
Knowledge and learning from experience
are the source of this report – reflecting
practical experience understood as a special
form of research.
Key words: caring services at farm, training,
coaching, quality standards,
out-of-home child and youth care.
190
«Völlig genervt schnitt ich der Kuh die verdreckte
Schwanzquaste ab», erinnert sich Sabine Schrade. «Dies
war an der Gesellenprüfung in Ostfriesland.» Das Blut
steigt Sabine Schrade noch heute leicht ins Gesicht: «Die
Kuh war auktionsfertig zu machen und hielt einfach
nicht still», erklärt sie ihr Vorgehen. Dennoch ist sie froh,
dass sie nach dem Abitur zuerst eine Ausbildung zur
Landwirtin absolvierte. So kennt sie die Betriebsabläufe
und weiss, wie es in der landwirtschaftlichen Praxis
zugeht. «Auf meinem Lehrbetrieb wurde viel getüftelt
und improvisiert. Diese Erfahrung hilft mir auch im
Versuchs wesen, wenn stalltaugliche Lösungen für
Versuchs einrichtungen gefragt sind», insofern bereue
sie den Umweg über die Lehre und damit auch die Erfah-
rung mit der Schwanzquaste nicht.
Nach der Lehre begann Sabine Schrade das Studium
der Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim.
Ihre Masterarbeit über Arbeitszeitbedarf in der Mutter-
kuhhaltung führte sie 2004 in die Schweiz an die For-
schungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART. Die
praxisnahe Forschung in Tänikon hatte es ihr angetan:
Diverse Nachdiplompraktika im Bereich Verfahrenstech-
nik Tierhaltung und schliesslich die Dissertation zum
Thema «Ammoniak- und PM10-Emissionen im Laufstall
für Milchvieh mit freier Lüftung und Laufhof anhand
einer Tracer-Ratio-Methode» folgten. Diese schloss sie
2009 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ab.
Die Emissionsmessungen, die in Zusammen arbeit mit der
Empa auf sechs Milchviehbetrieben durchgeführt wur-
den, erforderten ihren Einsatz im Stall und Labor pha-
senweise fast rund um die Uhr. Die enge Verknüpfung
zwischen Wissenschaft und Praxis gefiel Sabine Schrade.
Bessere Luft dank verbesserter Entmistungstechnik
Zurzeit bearbeitet Sabine Schrade als Wissenschaft liche
Mitarbeiterin an ART das Projekt Emissionsminderung
im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt BAFU. Ziel ist,
Ammoniakverluste aus Ställen so stark wie möglich zu
senken. Dazu ist ein Modellversuchsstall für Rindvieh zur
Messung von Emissionen in Planung, erzählt die junge
Frau. Dieser soll es ART in Zusammenarbeit mit Firmen
erlauben, technische und bauliche Massnahmen zur
Emissionsminderung zu entwickeln und zu untersuchen.
«Konkret könnte man hier zum Beispiel tierfreundliche
automatische Entmistungsschieber nennen, die auf das
Material der Stallböden abgestimmt sind und die Lauf-
flächen häufiger und besser reinigen», nennt die 32-Jäh-
rige Entwicklungsideen beim Namen. Diese Forschung
stützt sich auf die vom BAFU und dem Bundesamt für
Landwirtschaft BLW 2008 formulierten Umweltziele,
die unter anderem eine Senkung der Ammoniakemissi-
onen um 40 Prozent festgelegt haben. Ergänzt werden
diese Bestrebungen durch die Ressourcenprogramme
der Kantone.1 «Ammoniak kommt überwiegend aus
der Nutztierhaltung. Neben der Ausbringung und
Lagerung trägt der Stall wesentlich zu den Ammoniak-
emissionen bei», erklärt die Wissenschaftlerin.
Sabine Schrade ist in einem kleinen Dorf auf der
Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg aufgewach-
sen. Die Mitarbeit auf dem Betrieb der Grosseltern
gehörte von Kindesbeinen zum Alltag. Noch heute hilft
sie dort bei Bedarf gerne im Stall oder bei Feldarbeiten
aus. Obwohl sie regelmässig in Richtung Schwäbische
Alb fährt, gefällt es Sabine Schrade im Thurgau sehr gut.
Die Nähe zu den Bergen kommt der begeisterten Skifah-
rerin und Klettersteiggeherin entgegen. Bei ihren Berg-
touren sind Kühe auf der Alp ihr häufigstes Fotomotiv,
erzählt Sabine Schrade und ergänzt, dass sie trotz der
Sache mit der abgeschnittenen Schwanzquaste diese
eigentlich sehr möge.
Etel Keller-Doroszlai, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-
Tänikon ART, 8356 Ettenhausen
Wissenschaft nah am Stallgeruch
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 190, 2011
P o r t r ä t
1Weitergehende Informationen unter www.blw.admin.ch > Themen >
Nachhaltige Ressourcennutzung (Ressourcenprogramm)
Aktuell
191
Im Editorial der «Agrarforschung Schweiz» vom Februar 2011 habe ich mich auf das Buch «SystemInnovation – die
Welt neu entwerfen» von Bruno Weisshaupt abgestützt. Leider habe ich im Editorial versehentlich nicht darauf
Bezug genommen. Dafür entschuldige ich mich. Der Autor ist Geschäftsführer der Firma origo AG und plädiert in
seinem lesenswerten Buch für eine neue Denkweise und Systemsicht, die sich konsequent an den Bedürfnissen des
Marktes und der Benutzer orientiert – und so innovatives Potenzial tatsächlich freilegt. Das 2006 publizierte Buch ist
erhältlich beim Verlag Orell Füssli.
Urs Gantner, BLW
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 191–195, 2011
Unterlassener Buchhinweis – Entschuldigung
Aktuell
A k t u e l l
Aktuelle Forschungsergebnisse
für Beratung und Praxis:
Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal
im Jahr Forschungsergebnisse über
Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft,
Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und
Gesellschaft.
Agrarforschung ist auch online verfügbar
unter: www.agrarforschungschweiz.ch
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AGrArForSchUNG Schweiz
rechercheAGroNomiqUeSUiSSe
Talon einsenden an:Redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 PosieuxTel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00E-Mail: [email protected] | www.agrarforschungschweiz.ch
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Unterschrift
Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die zeitschrift
der landwirtschaft lichen Forschung von
Agroscope und ihren Partnern. Partner der
zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirt-
schaft, die Schweizerische hochschule für
Landwirtschaft ShL, die Beratungszentralen
AGriDeA, die eidgenössische Technische
hochschule eTh zürich, Departement Agrar-
und Lebensmittelwissenschaften und Agro-
scope, die gleichzeitig herausgeberin der
zeitschrift ist.
Die zeitschrift erscheint auf Deutsch und
Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen
aus Forschung, industrie, Lehre, Beratung
und Politik, an kantonale und eidgenössische
Ämter und an weitere Fachinteressierte.
192 Agrarforschung Schweiz 2 (4): 191–195, 2011
A k t u e l l
ART-Bericht 737
Die Anzahl der Betriebe mit Direktvermarktung ist unter
den Betrieben der Zentralen Auswertung seit den
1990er-Jahren stark angestiegen. Seit dem Jahr 2003 ist
die Entwicklung jedoch nicht mehr so dynamisch ver-
laufen. Direktverkauf wird aufgrund der Nähe zu Agglo-
merationen oder Tourismus vor allem in der Tal- und
Bergregion betrieben. Biobetriebe verkaufen ihre Pro-
dukte mehr über die Direktvermarktung denn Nichtbio-
betriebe, und bei den Betriebstypen heben sich speziali-
sierte Betriebe mit Obst und Gemüse sowie Betriebe mit
Schwerpunkt Fleischproduktion hervor. Auf Verkehrs-
milch oder Mutterkuhhaltung spezialisierte Betriebe mit
Direktverkauf erreichen keinen Einkommensvorteil
gegenüber ihren Berufskolleginnen oder -kollegen.
Betriebe mit Direktvermarktung unterscheiden sich in
erster Linie in ihrer Kosten- und Leistungsstruktur von
den übrigen Betrieben, und sie erzielen meist eine
höhere Rohleistung, wobei sie aber auch höhere Fremd-
kosten bei höherem Arbeitskostenanteil haben.
Dierk Schmid, ART,
Peter Lenggenhager, Bischofszell Nahrungsmittel AG,
Emil Steingruber, Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL
ART-Bericht 737
Wirtschaftlichkeit der Paralandwirtschaftam Beispiel der Direktvermarktung
Impressum
Herausgeber:Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ARTTänikon, CH-8356 Ettenhausen,Redaktion: Etel Keller, ART
Die ART-Berichte/Rapports ARTerscheinen in rund 20 Nummernpro Jahr. JahresabonnementFr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern:ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31F +41 (0)52 365 11 [email protected]: www.agroscope.ch
ISSN 1661-7568
Autoren
Schmid Dierk, ART,[email protected],Peter Lenggenhager, BischofszellNahrungsmittel AG, CH-9220Bischofszell,Emil Steingruber, SchweizerischeHochschule für LandwirtschaftSHL, CH-3052 Zollikofen
Oktober 2010
Die Anzahl der Betriebe mit Direktver-marktung ist unter den Betrieben der Zen-tralen Auswertung seit den 1990er-Jahrenstark angestiegen. Seit dem Jahr 2003 istdie Entwicklung jedoch nicht mehr sodynamisch verlaufen. Direktverkauf wirdaufgrund der Nähe zu Agglomerationenoder Tourismus vor allem in der Tal- undBergregion betrieben. Biobetriebe verkau-fen ihre Produkte mehr über die Direktver-marktung denn Nichtbiobetriebe, und beiden Betriebstypen heben sich speziali-sierte Betriebe mit Obst und Gemüse sowie
Betriebe mit Schwerpunkt Fleischproduk-tion hervor. Auf Verkehrsmilch oder Mut-terkuhhaltung spezialisierte Betriebe mitDirektverkauf erreichen keinen Einkom-mensvorteil gegenüber ihren Berufskolle-ginnen oder -kollegen. Betriebe mit Direkt-vermarktung unterscheiden sich in ersterLinie in ihrer Kosten- und Leistungsstruk-tur von den übrigen Betrieben, und sieerzielen meist eine höhere Rohleistung,wobei sie aber auch höhere Fremdkostenbei höherem Arbeitskostenanteil haben.
Der Umsatz des Direktverkaufs hat bei vielen Betrieben eine sehr kleine Bedeutung.Foto: Dierk Schmid, ART
Wirtschaftlichkeit der Paralandwirtschaftam Beispiel der Direktvermarktung
ART-Bericht 736
Bäume sind weit mehr als nur Holz- und Fruchtliefe-
ranten. Sie prägen die Landschaft und erbringen wich-
tige Umweltleistungen. In den letzten Jahrzehnten
jedoch sind viele Bäume, insbesondere Hochstamm-
Obstbäume, aus der Landschaft verschwunden. Um
die landwirtschaftlich genutzte Fläche wieder mit
Bäumen zu bereichern, werden moderne Agroforst-
systeme entwickelt. In diesen stehen die Bäume meist
in Reihen im Acker oder auf Grünland und dienen der
Wertholz- oder Fruchtproduktion. ModerneAgroforst-
systeme er-bringen teilweise ähnliche Umweltleistun-
gen wie traditionelle Hochstamm- Obstgärten. Bäume
speichern Kohlenstoff, schützen vor Bodenerosion und
verringern Nährstoffund Pestizideinträge in Grund-
wasser und Oberflächengewässer. Die Zielregionen, in
welchen Agroforstwirtschaft ökologisch von Nutzen
sein kann, liegen vor allem in den Ackerbaugebieten
des Mittellands. Bäume im Kulturland können die
Artenvielfalt erhöhen. Eine Gestaltungshilfe in Form
einer Checkliste zeigt, wie Agroforstsysteme für Vögel
der Obstgärten und Waldränder sowie für den Natur-
schutz wertvoll gestaltet werden können. Bäume und
eine ansprechende Gestaltung des Systems werten die
Landschaft auf.
Alexandra Kaeser,
João Palma (ISA-UTL, Lissabon),
Firesenai Sereke, Felix Herzog, ART
Impressum
Herausgeber:Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ARTTänikon, CH-8356 Ettenhausen,Redaktion: Etel Keller, ART
Die ART-Berichte/Rapports ARTerscheinen in rund 20 Nummernpro Jahr. JahresabonnementFr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern:ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31F +41 (0)52 365 11 [email protected]: www.agroscope.ch
ISSN 1661-7568
ART-Bericht 736
Umweltleistungen von Agroforstwirtschaft
Die Bedeutung von Bäumen in der Landwirtschaft für Gewässer- und Bodenschutz, Klima,
Biodiversität und Landschaftsbild
Autoren
Alexandra Kaeser, João Palma(ISA-UTL, Lissabon), FiresenaiSereke, Felix Herzog, [email protected]
November 2010
Bäume sind weit mehr als nur Holz- undFruchtlieferanten. Sie prägen die Land-schaft und erbringen wichtige Umwelt-leistungen. In den letzten Jahrzehntenjedoch sind viele Bäume, insbesondereHochstamm-Obstbäume, aus der Land-schaft verschwunden.Um die landwirtschaftlich genutzte Flächewieder mit Bäumen zu bereichern, werdenmoderne Agroforstsysteme entwickelt(siehe Abbildung 1 ). In diesen stehen dieBäume meist in Reihen im Acker oder aufGrünland und dienen der Wertholz- oderFruchtproduktion. ModerneAgroforstsys-teme erbringen teilweise ähnliche Um-weltleistungen wie traditionelle Hoch-stamm-Obstgärten.
Bäume speichern Kohlenstoff, schützen vorBodenerosion und verringern Nährstoff-und Pestizideinträge in Grundwasser undOberflächengewässer. Die Zielregionen, inwelchen Agroforstwirtschaft ökologischvon Nutzen sein kann, liegen vor allem inden Ackerbaugebieten des Mittellands.Bäume im Kulturland können die Arten-vielfalt erhöhen. Eine Gestaltungshilfe inForm einer Checkliste zeigt, wie Agroforst-systeme für Vögel der Obstgärten undWaldränder sowie für den Naturschutzwertvoll gestaltet werden können. Bäumeund eine ansprechende Gestaltung desSystems werten die Landschaft auf.
Abb. 1: Im Acker in Reihen auf Blühstreifen gepflanzte Vogelkirschen zur Wertholzproduk-tion in Deutschland (Foto: Alexander Möndel, Landratsamt Konstanz).
Umweltleistungen von Agroforstwirt-schaft
N e u e P u b l i k a t i o n e n
Aktuell
193
UntertitelLauftext
A k t u e l l
Untertitel Lauftext
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 191–195, 2011
ART-Schriftenreihe 15
Der Tagungsband zur dritten Tänikoner Melktechnikta-
gung zeigt Möglichkeiten einer optimierten Milchge-
winnung unter schweizerischen Bedingungen auf. Für
das Monitoring in der Milchgewinnung steht eine Viel-
zahl technischer, elektronischer und organisatorischer
Möglichkeiten zur Verfügung. Hierzu zählen neben den
bekannten Sensoren zur Messung von Milchfluss und
Milchmenge mittlerweile auch komplexere Verfahren
zur Steuerung des gesamten Melkprozesses und zur
Qualitätssicherung.
Die Diagnostik dient in der Milchgewinnung dazu,
bestehende Fehler in der gesamten Milchproduktion
eines Landwirtschaftsbetriebes zu erkennen und zu
beheben. Diese Fehler können einerseits bauseits vor-
liegen. Andererseits können es technisch verursachte
Fehler sein. Letztlich kann aber auch die Betriebslei-
tung selbst aufgrund einer falschen Arbeitsorganisa-
tion die Fehlerursache darstellen. Die Grundlage der
Diagnostik ist immer eine Prozesserfassung bei der
eigentlichen Melktechnik, am Tier, oder bei der Arbeits-
erledigung durch den Menschen.
Zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Milch-
produktion unter schweizerischen Bedingungen ist die
Effizienz ein wesentliches Kriterium. Hierbei geht es
darum, aus der Kombination von Monitoring und Diag-
ART-Schriftenreihe 15
3. Tänikoner Melktechniktagung
Der Tagungsband zur dritten Tänikoner Melktechniktagung zeigt Möglichkeiten einer optimierten Milchgewinnung unter schweizerischen Bedingungen auf.
Für das Monitoring in der Milchgewinnung stehen eine Vielzahl technischer, elektron-ischer und organisatorischer Möglichkeiten zur Verfügung. Hierzu zählen neben den bekannten Sensoren zur Messung von Milchfluss und Milchmenge mittlerweile auch komplexere Verfahren zur Steuerung des gesamten Melkprozesses und zur Qualitätssi-cherung.
Die Diagnostik dient in der Milchgewinnung dazu, bestehende Fehler in der gesa-mten Milchproduktion eines Landwirtschaftsbetriebes zu erkennen und zu beheben. Diese Fehler können einerseits bauseits vorliegen. Andererseits können es technisch verursachte Fehler sein. Letztlich kann aber auch die Betriebsleitung selbst aufgrund einer falschen Arbeitsorganisation die Fehlerursache darstellen. Die Grundlage der Diag-nostik ist immer eine Prozesserfassung bei der eigentlichen Melktechnik, am Tier, oder bei der Arbeitserledigung durch den Menschen.
Zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Milchproduktion unter schweizerischen Bedingungen ist die Effizienz ein wesentliches Kriterium. Hierbei geht es darum, aus der Kombination von Monitoring und Diagnostik einzelbetriebliche Schwachstellen aufzu-decken, Optimierungsmöglichkeiten aufzuzeigen und Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten. Bei dieser Prozessoptimierung ist eine standardisierte Vorgehensweise anzus-treben um den Effekt der einzelnen Optimierungsschritte gesichert zu erkennen. Hierzu bieten sich Versuchsmelkstände und bedingt auch Praxismelkstände an. Im Versuchs-melkstand können vorwiegend physikalische und technische Parameter exakt analysiert und optimiert werden. Dagegen können im Praxismelkstand die physiologischen Param-eter an der Kuh und die menschliche Arbeit optimal untersucht werden.
Ausgehend vom Ziel einer optimierten Milchgewinnung versteht sich die Tagung als aktiver Beitrag zur Wissensentwicklung und Wissensvermittlung in der Melktechnik.
ISSN 1661-7584 ART-SchriftenreiheISBN 978-3-905 733-19-8Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ARTTänikon, CH-8356 [email protected], www.agroscope.ch
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3. Tänikoner MelktechniktagungOptimierte Milchgewinnung
Redaktion: Pascal Savary und Matthias Schick, ART
ART-Schriftenreihe 15 | März 2011
3. Tänikoner Melktechniktagung
nostik einzelbetriebliche Schwachstellen aufzudecken,
Optimierungsmöglichkeiten aufzuzeigen und Handlungs-
empfehlungen daraus abzuleiten. Bei dieser Prozessopti-
mierung ist eine standardisierte Vorgehensweise anzu-
streben um den Effekt der einzelnen Optimierungsschritte
gesichert zu erkennen. Hierzu bieten sich Versuchsmelks-
tände und bedingt auch Praxismelkstände an. Im Ver-
suchsmelkstand können vorwiegend physikalische und
technische Parameter exakt analysiert und optimiert wer-
den. Dagegen können im Praxismelkstand die physiologi-
schen Parameter an der Kuh und die menschliche Arbeit
optimal untersucht werden.
Ausgehend vom Ziel einer optimierten Milchgewin-
nung versteht sich die Tagung als aktiver Beitrag zur
Wissensentwicklung und Wissensvermittlung in der
Melktechnik.
Diese Schriftenreihe ist nur in Deutsch mit Zusammen-
fassungen in Französisch und Englisch verfügbar.
Pascal Savary und Matthias Schick, ART
194
M e d i e n m i t t e i l u n g e n
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen
Aktuell
M e d i e n m i t t e i l u n g e n
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 191–195, 2011
28.03.2011 / ACW Hefepilze beeinflussen Edelbrand-Aroma Hefepilze sind der Motor der alkoholischen Gärung.
Unbestritten ist, dass es die richtigen Hefepilze braucht,
damit dieser Prozess einwandfrei abläuft. Ob aber eine
Hefe das Edelbrand-Aroma beeinflusst oder nicht, war
bisher unklar. Experten der Forschungsanstalt Agroscope
Changins-Wädenswil ACW konnten nun beweisen, das
Hefepilze tatsächlich auch einen wichtigen Beitrag zu
einem vortrefflichen Edelbrand-Aroma leisten.
08.03.2011 / ACW Gen-Analysen sollen die Züchtung neuer Obst-sorten beschleunigen Neue Obstsorten sollen in Zukunft schneller gezüchtet
werden als heute. Dazu wird das Erbgut der Pflanzen
analysiert. Bei der Apfelzüchtung an vorderster Front
mit dabei ist die Forschungsanstalt Agroscope Changins-
Wädenswil ACW, zusammen mit internationalen Part-
nern im Rahmen des jetzt gestarteten EU-Forschungs-
projekts Fruit Breedomics. Das Ziel: erwünschte
genetische Eigenschaften bezüglich Krankheitsresistenz
und Fruchtqualität bereits im Sämlings-Stadium erken-
nen. So sparen die Züchter Jahre – die Obst-Produzenten
verfügen schneller über resistente Pflanzen und die Kon-
sumenten kommen rascher in den Genuss von neuen
Apfelsorten.
03.03.2011 / ARTQualitäts-Saatgut für die Schweiz Saatgut bildet eine wichtige Grundlage für unsere
Ernährung. Wie seine Qualität und Produktion sicherge-
stellt werden kann, behandelt die Tagung «Unsere Saat-
gutproduktion – fit auch in der Zukunft» bei Agroscope
Reckenholz-Tänikon ART.
28.02.2011 / ACWNavigationssysteme für den Gemüsebau Im schweizerischen Feldgemüsebau haben einige grös-
sere Betriebe Traktoren mit GPS-Empfängern ausge-
rüstet. Diese Technik funktioniert ähnlich wie Navigati-
onssysteme im Auto, benutzt aber zusätzlich
Korrektursignale einer Bodenstation, um genauer zu
sein. Damit ist es möglich, Gemüsebeete präziser anzu-
legen, zu bepflanzen und zu bearbeiten. So können Zeit
und Geld gespart werden. Die Forschungsanstalten
Agroscope Changins-Wädenswil ACW und Reckenholz-
Tänikon ART stellen Informationen zur GPS-Technologie
im Gemüsebau den Produzenten und kantonalen Bera-
tern zur Verfügung.
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen
Aktuell
195
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Agrarforschung Schweiz 2 (4): 191–195, 2011
V e r a n s t a l t u n g e n
April 2011
15.04.2011Sechste Jahrestagung Netzwerk Pferdeforschung SchweizSchweizerisches Nationalgestüt SNGAvenches
Mai 2011
05.05.2011Fachtagung: Zukunftsträchtige Futtermittel und ZusatzstoffeGemeinsame Veranstaltung der ETH Zürich, der Vetsuissefakultäten Universität Zürich und Bern und Agroscope Liebefeld-Posieux ALPETH Zentrum, Zürich
11.05.20112nd Swiss FoodTech DaySwiss Food ResearchSisseln
Juni 2011
15. – 16.06.2011Agrartechniktage Tänikon Agroscope Reckenholz-Tänikon ARTTänikon
17. – 19.06.2011Nutri11Gemeinsame Veranstaltung des Landwirtschaftlichen Instituts Grangeneuve (LIG), der Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Vetsuisse Bern und der Schweiz. Hochschule für Landwirtschaft (SHL)Posieux
Juli 2011
06. – 09. 07.2011International Symposium on Medicinal, Aromatic and Nutraceutical Plants from Mountainous AreasInternational Society for Horticultural Science (ISHS) und Agroscope Changins-Wädenswil ACWSaas-Fee
I n t e r n e t l i n k s
Karte zum potenziellen Erosionsrisiko landwirtschaftlicher Böden in der Schweiz
www.agri-gis.admin.ch
Die Karte steht Landwirtinnen und Landwirten, Kantonen und
weiteren interessierten Kreisen zur Verfügung und soll dazu
anregen, sich schweizweit mit dem Thema Bodenerosion aus-
einanderzusetzen. Landwirtinnen und Landwirte können
damit die Bodenbewirtschaftung noch besser auf die Gefähr-
dung der Äcker durch Erosion abstimmen. Die Karte zeigt auf-
grund von Standortfaktoren eine Gesamtbeurteilung der
potenziell erosionsgefährdeten Gebiete in der Landwirtschaft,
ohne dabei die Nutzung oder die Bewirtschaftungsweise des
Bodens zu berücksichtigten. Um das tatsächliche Erosions-
risiko abschätzen zu können, muss zusätzlich die Bewirtschaf-
tung der gefährdeten Flächen mit einbezogen werden.
Mai 2011 / Heft 5
•• Projekt «Weidekuh-Genetik»: Problemstellung und
Beschreibung des Versuchs, Valérie Piccand et al. SHL,
ALP, Veterinärmedizinische Universitat Wien und
Universität Zürich
•• Stichprobeneffekt – Wie aussagekräftig ist der Ver-
gleich mit dem Vorjahr? Andreas Roesch ART
•• Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Sorte und Fungizidschutz
in der Getreideproduktion, Raphaël Charles et al. ACW
•• Feuchtglutengehalt der Weizensorten im Extenso-
und ÖLN-Anbau, Geert Kleijer et al. ACW, Fachschule
Richemont, JOWA , Swissmill und swissgranum
•• Phänologischer Rückblick ins Jahr 2010, Claudio Defila
Meteoschweiz
•• Erfassung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln:
Entwicklungen in der EU und in der Schweiz, Simon
Spycher et al. ACW und BLW
•• Liste der empfohlenen Winterrapssorten für die Ernte 2012
Im Projekt Weidekuh-Genetik auf Vollweidebetrieben mit saisonaler Abkalbung Ende Winter wurde die Gesamtleistung der drei Schweizer Hauptrassen (Fleckvieh, Braunvieh und Holstein) mit derjenigen neusee-ländischer Holstein-Friesian vergli-chen.
V o r s c h a u
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Donnerstag, 5. Mai 2011
Zukunftsträchtige Futtermittel und Zusatzstoffe
Themen:
• Die neuen Rahmenbedingungen
• Highlights aus der Forschung
• Zukunftsträchtige Futtermittel und Zusatzstoffe
Ort:
Zürich, ETH Zentrum, Hauptgebäude, Rämistrasse 101Auditorium Maximum (HG F 30)
Anmeldung:
Bis spätestens Dienstag, 26. April 2011an die folgende Adresse:
ETH ZürichInstitut für AgrarwissenschaftenSekretariat / LFW B 58.18092 ZürichSchweiz
E-Mail: [email protected]
EidgenössischesVolkswirtschaftsdepartement EVDForschungsanstaltAgroscope Liebefeld-Posieux ALP
ALP gehört zur Einheit ALP-Haras
Schweizerische EidgenossenschaftConfédération suisseConfederazione SvizzeraConfederaziun svizraUniversität
ZürichUZH
17 |18 |192011Posieux FR
juinJuni
www.nutri11.ch
Öffnungszeiten: 9 - 17 Uhr
Erleben Sie das Thema Ernährung in all seinen Facetten!
Demonstrationen
Erlebnisparcours
Vorträge
Rahmenprogramm für Kinder
Festwirtschaft
Ouverture: 9h00 - 17h00
Découvrez toutes les facettes de la nutrition!
Démonstrations
Parcours découverte
Conférences
Programme cadre pour les enfants
RestaurationLanu
trition
rassem
ble
Ernä
hrun
gve
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Bien
venu
eàtoutes
etàtous
Herzlichwillko
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