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DER AUTOR Martin Ehret Prokurist Bereichsleiter Entwicklung Fluid Veritas AG www.website.de Hannover Messe | Stand D35, Halle 9 Industrielle Revolution 4.0 EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE BITKOM, VDMA, ZVEI DIE ZUKUNFT DER PRODUKTION

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DER AUTOR

Martin EhretProkurist BereichsleiterEntwicklung FluidVeritas AG

www.website.de Hannover Messe | Stand D35, Halle 9

Industrielle Revolution 4.0EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE BITKOM, VDMA, ZVEI

DIE ZUKUNFT DER PRODUKTION

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Industrielle Revolution 4.0 | EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE BITKOM, VDMA, ZVEI

Inhalt

Editorial

Termine

Gemeinsame Chancen für Industrie und IKT-Wirtschaft

Wettbewerbsvorteil für den Mittelstand

Was nicht transparent ist, lässt sich nicht steuern

Aus Daten wird Wissen, aus Wissen wird Nutzen

Eine Vision in Zahlen

Informationsfl uss statt Datenfl ut

Industrie 4.0 – nur alter Wein in neuen Schläuchen?

Keine Zeit zu jeder Zeit

Industrie 4.0 aus OstWestfalenLippe

Von der Vision zur Realität

Gute Produkte allein reichen nicht aus

An den Anwender denken

Eine Schnittstelle für alle Fälle

Die Zukunft hat begonnen – der Rechtsexperte ist gefragt!

Erfolgsfaktoren für den Standort Deutschland

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technik. Industrie 4.0 bietet uns man-nigfache Chancen: Diese reichen von einer intelligenten Vernetzung von Mensch und Produktion in den Smart Factories der Zukunft über neue Mög-lichkeiten der Arbeitsgestaltung bis hin zu zusätzlichen Wertschöpfungs-potenzialen etwa bei nachgelagerten Dienstleistungen.

Wandel braucht aber Gestaltung – selbstverständlich auch in unserer industriellen Welt. Geschwindigkeit und Erfolg von Industrie 4.0 hängen unmittelbar von der Umsetzungsdy-namik in der Industrie ab. Dafür sind forcierte Forschungsanstrengungen in der Industrie essenziell. Zugleich ist die staatliche Innovationspolitik gefordert: Der forschungspolitische Dreiklang muss aus einer breitenwirk-samen Produktionsforschung, einer gestärkten industriellen Gemein-schaftsforschung und einer steuerli-chen Forschungsförderung bestehen,

GrußwortIndustrie 4.0 – eine Vision nimmt Gestalt an!

K eine Frage, die industrielle Welt ist im Umbruch. Die Treiber für diese Entwicklung in vie-

len Industrieländern sind global: das Wachstum der Weltbevölkerung, eine älter werdende Gesellschaft, knapper werdende Ressourcen und der rasante technische Fortschritt. Deutschland ist davon nicht ausgenommen. Vielmehr werden gerade auch bei uns, dem weltweit führenden Industriestandort, Innovationen gebraucht, um Wohl-stand und Arbeitsplätze zu sichern. In-dustrie 4.0 steht als begriffl iche Klam-mer genau dafür. Denn der Ansatz der viel beschworenen „vierten Industri-ellen Revolution“ lautet, IT-Techno-logien mit Produktionstechnologien zu verschmelzen. Menschen, Maschi-nen, Produktionsmittel und Produkte werden in Zukunft direkt miteinander kommunizieren. Eine intelligente und effi ziente Produktion ist möglich.

Der deutsche Maschinenbau ist für diesen aufziehenden Zeitenwechsel gut positioniert. Bereits heute kommt der IT eine wichtige Rolle zu: Etwa 30 Prozent der Herstellungskosten für ein Maschinenbauprodukt entfallen auf IT-Lösungen und Automatisierungs-

Termine IMPRESSUMEine Sonderveröffentlichung der AD HOC Gesellschaft für Public Relations mbH in Koope-ration mit den Industrieverbänden Bitkom e.V., VDMA e.V. und ZVEI e.V.

Konzeption undredaktionelle UmsetzungAD HOC Gesellschaft für Public Relations mbH,Berliner Straße 107, 33330 Gütersloh

GeschäftsführerFrank Rettig (V.i.S.d.P.)

ProjektleitungChristian HornTelefon: 05241 903933E-Mail: [email protected]

LayoutLars HaberlTelefon: 05241 903990E-Mail: [email protected]

RedaktionChristian Horn, Marco Stapelmann

Titelfoto© Sergey Nivens - Fotolia.com

Alle Beiträge dieser Sonderveröffentlichung sind Auftragspublikationen und spiegeln nicht zwingend die Meinung der Heraus-geber wider.

WAS: BITKOM Innovation Area Industrie 4.0WANN: 7. bis 11. April 2014WO: Hannover Messe Industrie, Digital

Factory, Halle 7, Stand C04WEB: www.bitkom.org

WAS: Forum Industrial IT Veranstaltet von BITKOM, DMAG, VDMA und ZVEIWANN: 7. bis 11. April 2014WO: Hannover Messe Industrie, Halle 8,

Stand D19WEB: www.hannovermesse.de

WAS: 6. MES-Tagung – MES in der Praxis 2014

WANN: 9. April 2014, 13 bis 17 UhrWO: Convention Center (CC), Saal 3 AWEB: www.hannovermesse.de

WAS: ZVEI Jahreskongress 2014WANN: 25. Juni 2014WO: BMW-Welt, MünchenWEB: www.zvei.org

WAS: 2. Markt&Technik Summit Industrie 4.0WANN: 14./15. Oktober 2014WO: Kempinski Hotel Airport MünchenWEB: www.industrie4-summit.de

WAS: Deutscher Maschinenbaugipfel 2014WANN: 21./22. Oktober 2014WO: BerlinWEB: www.maschinenbau-gipfel.de

WAS: BITKOM-TrendkongressWANN: 25. November 2014WO: STATION, BerlinWEB: www.bitkom-live.de

die auch in Deutschland endlich ein-geführt werden sollte. Und natürlich brauchen wir für eine Industrie 4.0 nicht nur beste Technologien, sondern gleichfalls Menschen – Ingenieure wie Facharbeiter –, die innovieren und an-wenden können.

In der Gesamtschau ist das Industri-eland Deutschland für die Zukunft her-vorragend aufgestellt. Denn Ingeni-eurskunst, Innovationskraft sowie die einzigartigen Branchennetzwerke aus Industrie und Wissenschaft differenzie-ren uns erfolgreich im globalen Wett-bewerb. Unser Ziel ist kein geringes, aber es ist machbar: Die neue Welt-sprache einer intelligenten Produktion wird aus Deutschland kommen.

Dr. Reinhold FestgeVDMA-Präsident

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EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE

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Maschine, jedes Werkstück und jedes CPS über das Internet weltweit eindeutig anzusprechen.

Die Industrie von morgen wird bei der internetba-sierten Vernetzung die Anforderungen an die IT-Si-cherheit grundlegend überdenken müssen. Indust-riespionage und Internetkriminalität berühren vor allem die Vertraulichkeit von Daten. Zur Sicherstel-lung eines reibungslosen Produktionsablaufs müs-sen Integrität und Verfügbarkeit relevanter Daten gewährleistet sein. Bei der technischen Weiterent-wicklung ist die begleitende Einbeziehung von IT-Si-cherheit ein Muss. Hier ist neben der IT-Wirtschaft auch die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass der Schutz sensibler Daten umfassend gewährleistet ist. Dies ist nicht nur im In-teresse der smarten Fabriken, sondern eröffnet auch der deutschen IT-Sicherheitswirtschaft neue wirt-schaftliche Chancen.

Die Bundesregierung hat Industrie 4.0 zum Zu-kunftsprojekt der Hightech-Strategie 2020 gemacht. Zur Umsetzung leistet das Bundeswirtschaftsminis-terium mit dem neuen Technologieprogramm „Au-tonomik für Industrie 4.0“ einen wichtigen Beitrag. Die Plattform Industrie 4.0 der Verbände VDMA, ZVEI und BITKOM ist zudem eine ausgezeichnete Basis für die erforderliche branchenübergreifende Kooperation und den Austausch mit Wissenschaft und Politik. Wir haben uns bei Industrie 4.0 eine gute Ausgangsposition im weltweiten Wettbewerb geschaffen. Neue Chancen und Herausforderungen in der Industrieproduktion zeichnen sich bei den Themen wie 3-D-Druck und „Future Internet“ ab. Jetzt liegt es in der Hand von Wirtschaft und Politik, diese Position zu festigen und die vierte industrielle Revolution am Standort Deutschland zum Erfolg zu führen. Auf dem nächsten Nationalen IT-Gipfel am 21. Oktober in Hamburg wollen wir die erreichten Fortschritte vorstellen.

Unser erklärtes Ziel ist es, dass der Indus-triestandort Deutschland auch im Zeitalter der vierten industriellen Revolution – Indus-

trie 4.0 – bestehen und sich im Wettbewerb mit anderen Standorten behaupten kann. Hierzu ist es notwendig, das Know How aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Automatisierungstechnik, der Lo-gistik, der Elektrotechnik sowie den Informations- und Kommunikationstechnologien noch besser zu bündeln und Synergien zu schaffen.

Die grundlegende Idee der vierten industriellen Revolution basiert auf so genannten cyber-physika-

lischen Systemen (CPS). In erster Linie ist damit die

Verbindung von Kom-ponenten und Ma-schinen – also der physischen Welt – mit dem Inter-net gemeint. Cy-ber-Physikalische

Systeme werden in den kommenden

Jahren immer fl exib-lere Produktion in der

Industrie er-

möglichen. Wertschöpfungsprozesse werden sich verändern, neue Geschäftsmodelle werden entste-hen. Individualisierte Produkte und Dienstleistungen werden verstärkt auf dem Markt angeboten und den Kundenwünschen immer gerechter.

In der Welt der Industrie 4.0 verfügen Werkstücke über ein elektronisches Produktgedächtnis und elek-tronische Intelligenz. Sie führen selbst die nötigen In-formationen über erforderliche Bearbeitungsschritte mit sich und lösen eigenständig Bearbeitungsaufträ-ge aus. Intelligente Maschinen koordinieren eigen-ständig deren Abwicklung und initiieren Logistik-aufträge zur Bereitstellung notwendigen Materials. Diese werden von intelligenten Transportsystemen eigenständig erledigt. Alles das spielt sich nicht zwangsläufi g nur in einer einzelnen Fabrikhalle ab. Aus der Kombination intelligenter Fabriken (Smart Factories) können vielmehr unternehmens- und län-derübergreifende Produktionsnetzwerke entstehen. Dieses Bild ist sicher noch eine Vision, aber es ent-hält viele Elemente, die heute schon verfügbar sind. Und es verdeutlicht die enorme Tragweite von In-dustrie 4.0.

DIE POLITIK IST GEFORDERT

In der Industrie 4.0 geht es nicht um menschenlee-re Fabriken. Die Beschäftigten übernehmen neue Aufgaben und treffen grundlegende Entscheidun-gen in der Produktion. Maschinen assistieren mit intelligenten Fähigkeiten. Es entstehen neue For-men der Arbeitsorganisation, die neue Ausbil-

dungs- und Qualifi kationsprofi le erfordern. Die Industrie 4.0 benötigt hervorragend ausgebil-

dete Fachkräfte.Wenn das Internet die grundlegende Kom-

munikationsinfrastruktur für Industrie 4.0 werden soll, dann ist jetzt eine Einigung

der Industrie zum Übergang auf das IPv6-Protokoll für die weitere Entwick-

lung entscheidend. Das standardisier-te IPv6-Protokoll zur Übertragung von Daten im Internet könnte zukünftig die Basis für die übergreifende Vernet-zung von Produzenten, Prozessen und

Produkten darstellen. Es erlaubt, jede

Deutschland gehört weltweit zu den konkurrenzfähigsten Industriestandorten.

Hierzulande hängen rund 15 Millionen Arbeitsplätze direkt und indirekt von

der produzierenden Wirtschaft ab.

Gemeinsame Chancen für Industrie und IKT-Wirtschaft

Brigitte ZypriesParlamentarische Staatssekretärinbeim Bundesminister für Wirtschaft und Energie

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Industrielle Revolution 4.0 | EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE BITKOM, VDMA, ZVEI

Wett bewerbsvorteil für den Mitt elstand

Was nicht transparent ist, lässt sich nicht steuern

Industrie 4.0 schafft gemeinsames Verständnis für Chancen der Automatierungstechnik.

Elektrotechnikspezialist Weidmüller

präsentiert eine Steuerungseinheit zur

Umwandlung analoger Maschinen-

daten in digitale.

D urch das Internet getrieben wachsen reale und virtuelle Welt immer weiter zu einem Internet der Dinge zusammen. Die vierte in-

dustrielle Revolution steht bevor und wird sich durch die starke Individualisierung der Produkte unter den Bedingungen einer hoch fl exibilisierten (Großseri-en-) Produktion und die weitgehende Integration von Kunden und Geschäftspartnern in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse auszeichnen.

Als Mitglied des Zentralverbands Elektrotechnik und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI) bringt Wago sich aktiv in die Plattform Industrie 4.0 ein, um dieses Projekt voranzutreiben. Die vielen, in den letzten zehn bis 15 Jahren von unterschiedlichsten Unter-nehmen bearbeiteten Themen zur Industrieauto-matisierung auf dem Gebiet der Smart Factory be-kommen durch die Initiative Industrie 4.0 eine neue

kollektive Ausrichtung. Es entsteht

ein gemeinsames Verständnis für die Entwicklungsrichtung der Automatisierungstech-nik zwischen der Automatisierungs- und Informatik-branche, das neue Potenziale offenlegen wird. Die

Geschwindigkeit der Entwicklung neuer Anwendun-gen wird dadurch massiv zunehmen.

Doch die vierte industrielle Revolution wird nicht plötzlich kommen, sondern vielmehr mit jeder neuen vernetzten Anwendung evolutionär wachsen. Dieser Wandel wird gerade mittelständischen Unterneh-men durch die Vernetzungsmöglichkeiten dezentra-ler Einheiten Wettbewerbsvorteile verschaffen. Als Hersteller von Hard- und Softwarelösungen für die Automatisierung legt Wago die Basis, um einfache Produktionssysteme zu integralen Bestandteilen ei-nes Internet der Dinge weiterzuentwickeln. Innova-tive Entwicklungsprojekte, die nahtlos in die Ziele von Industrie 4.0 eingegliedert werden können, sind

bereits in der Vergangenheit auf Basis unserer Pro-dukte realisiert worden.

Im Rahmen des Spitzenclusters it’s OWL arbeitet Wago gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut und einem Hersteller von Sondermaschinen und Monta-getechnik an der Entwicklung von intelligenten Auto-matisierungskomponenten, die für unterschiedliche Netzwerkstandards einsetzbar sind und sich selbst-ständig an die Produktionsbedingungen anpassen. Ziel ist es, Aufwand und Kosten bei der Automatisie-rung von Maschinen und Anlagen über den gesam-ten Lebenszyklus zu reduzieren.

gezeigte Anwendung zur energieeffi zienten Prozess-optimierung durch Condition Monitoring und Diag-nose erlaubt es Anlagenbetreibern, analoge Produk-tionsdaten zu digitalisieren und anschließend in die Cloud zu übertragen und auszuwerten.

DAS DIGITALE ZEITALTER HAT BEGONNEN

Im digitalen Zeitalter wird die schnellere, kundenin-dividuelle und fl exiblere Fertigung immer wichtiger. Dabei soll das Endprodukt nicht mehr kosten als heute. Aktuelle und jederzeit abruf- und kontrollier-bare Produktionskosten oder der Zustand des Ferti-gungsprozesses sind von zentraler Bedeutung in der modernen Fertigung: Liegt der Fertigungsprozess im Optimum? Was sind die Produktionskos-ten? Wie ist der Zustand der Maschinen und Anlagen? Und was ist der optimale Kompro-miss aus Produktionsleistung und Energie-kosten? All diese Fragen sind nur zu beant-worten, wenn jederzeit sämtliche Daten zur Verfügung stehen, und zwar für alle Syste-me, die darauf zurückgreifen müssen. In der heutigen betrieblichen Realität der meisten Unternehmen ist das zwar in einigen Fällen so – doch bei vielen Produktionsanlagen werden noch nicht alle relevanten Daten bereitgestellt. Und was nicht transparent ist, lässt sich auch nicht steuern und optimieren.

Mit der Applikation präsentiert Weidmül-ler in Hannover eine Steuerungseinheit, die die Umwandlung analoger Maschinenda-

ten in digitale erlaubt. Nach der Umwandlung können sie anschließend in der Cloud bereitgestellt und analysiert werden. Und auch die Alltagstauglichkeit der Applikation ist garantiert: Weidmüller nutzt in der eigenen Produktion schon heute eine baugleiche Anlage zur Herstellung von Spritzgussteilen.

D ie Hannover Messe widmet sich in diesem Jahr der Integrated Industry – also komplett vernetzten Produktionsanlagen für individu-

alisierte, hochfl exible und sich selbst steuernde Fer-tigungseinheiten. Bereits 2013 präsentierte Weid-müller praxisrelevante Industrie-4.0-Technologien, auf deren Basis eine Stanz-Biege-Maschine Schwan-kungen im laufenden Fertigungsprozess erkennt und sich eigenständig optimiert. In diesem Jahr geht das Unternehmen aus Detmold einen Schritt weiter – ge-treu dem Motto der Hannover Messe next steps. Die

DER AUTOR

Dr. Thomas AlbersTechnische Leitung Automation,Wago Kontakttechnik

DER AUTOR

Dr. Jan Stefan MichelsLeiter Standard- und Technologieentwicklung, Weidmüller

www. wago.com

www.weidmueller.de

Hannover Messe | Stand C64, Halle 11

Hannover Messe | Stand B60, Halle 11

Intelligente Automatisierungskomponenten der Smart Factory passen sich selbstständig an neue Produktionsbedingungen an.

Ein weiterer Schritt zur Industrie 4.0: intelligentes Condition Monitoring

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Aus Daten wird Wissen,

aus Wissen wird Nutzen

Dabei senden Produkte oder Transportbe-hälter über RFID-Etiketten (radio frequency identifi cation) per Funksignal Zustandsdaten

über ihren aktuellen Ort oder ihr aktuelles Ziel an eine digitale „Sammelstelle“. Diese stets aktuellen und damit qualitativ hochwertigen Daten können mit Hilfe von Software ausgewertet werden. Die auf-gezeigten Zusammenhänge und Wirkmechanismen helfen bei der weiteren Optimierung des Gesamtsys-tems. Eine wesentliche Funktion der „Sammelstelle“ stellt der unternehmensübergreifende Datenaus-tausch dar. Standardisierte Daten können problem-los und in Echtzeit über Unternehmensgrenzen hin-weg ausgetauscht und geteilt werden. Damit ist die ganzheitliche Optimierung von Produktions- und Liefernetzwerken möglich. Zulieferer und Kunden öffnen und verknüpfen ihre Prozesse fortan für- und miteinander. „Die Vision der Datendurchlässigkeit in der industriellen Lieferkette wird so Realität“, sagt Dr. Stefan Asenkerschbaumer, stellvertretender Vor-sitzender der Bosch-Geschäftsführung. In der Pilot-anwendung bei Bosch im saarländischen Homburg konnte die Effi zienz der Logistik beispielsweise be-reits um rund zehn Prozent gesteigert werden.

ERSTES RFID-CENTER OF COMPETENCE GEGRÜNDET

Der erstmals durchgängig standardisierte Daten-austausch baut auf den Ergebnissen des RAN-For-schungsprojekts (RFID-based Automotive Network) auf. In diesem Projekt wurden neue Steuerungskon-

zepte für Netzwerke der Automobilindustrie entwi-ckelt. Am Standort Homburg hat Bosch ein erstes Center of Competence für RFID im Geschäftsbe-reich Diesel Systems gegründet. Dessen Mitarbeiter überführen die Forschungsaktivitäten in produktive Lösungen und koordinieren den Roll-out an wei-

Erstmals bildet Bosch seine physi-

schen Warenbewegungen in Echtzeit

in einer intelligenten Softwareplatt-

form virtuell ab.

teren Bosch-Standorten. Ein zentrales Center of Competence ist für die weltweite Standardisierung der RFID-Lösungen an den mehr als 250 Standor-ten von Bosch verantwortlich. „Die Veränderungen der industriellen Fertigung, die insbesondere in Deutschland unter dem Stichwort Industrie 4.0 zu-sammengefasst werden, haben längst begonnen. Sie werden nun in ersten Anwendungen Realität und damit sichtbar“, erklärt Asenkerschbaumer, in der Bosch-Geschäftsführung auch für die Bereiche Einkauf und Logistik verantwortlich. Bislang lag der Fokus auf der Optimierung von physischen Produk-tions- und Logistikprozessen, also dem, was in der realen Welt geschieht. Dabei wurde der physische Warenfl uss zeitversetzt mit viel Auf-wand manuell in ein IT-System übertragen. Die Fehleranfäl-ligkeit war hoch, die Daten nie aktuell. Neue IT-Tech-nologien ermöglichen es, diese Prozesse und Wa-renströme zu virtualisieren. Durch die Standardisierung von Datenströmen über Unternehmensgren-zen hinweg ist es nun möglich, weitere Geschäfts-partner in die Prozessoptimierung einzubeziehen. Im Pilotwerk hat Bosch beispielsweise erste Anwen-dungen mit Kunden und Lieferanten realisiert.

Neben der Verbreitung von Anwendungen an eigenen Fertigungsstandorten wird parallel an der Weiterentwicklung der technischen Lösungen gear-beitet. Heute sind RFID-Tags die gängigen Informa-tions- und Datenträger. Zukünftig werden zusätzlich internetfähige Sensoren die Statusinformationen von Objekten übermitteln. Quantität und Qualität der Daten wird weiter zunehmen. Als einer der welt-weit führenden Sensorproduzenten kann Bosch auf eigene Produkte zurückgreifen. Das unternehmens-eigene Software- und Systemhaus Bosch Software Innovations stellt maßgeschneiderte Softwarelösun-

gen zur Verfügung. „Durch die Kombination unse-res Prozess-, Sensorik- und Software-Know-hows können wir unsere eigene Wertschöpfung und die unserer Partner weiter optimieren. Wir sehen uns auf dem Weg zur vernetzten Produktion als Leitanwen-der und Leitanbieter von Soft- und Hardware“, sagt Asenkerschbaumer.

KOOPERATION MIT DER VOLKSWAGEN AG

Darüber hinaus arbeitet Bosch seit Jahren erfolg-reich mit der Volkswagen AG am unternehmensüber-greifen RFID-Einsatz. Das Vorseriencenter der Marke Volkswagen hat im Rahmen des Projekts „Gläserner Prototyp“ einen Standard für die konzernweite Kennzeichnung logistischer Objekte entwickelt und

in zahlreichen RFID-Pro-jekten erprobt. Die Ergeb-nisse werden seit Mitte vergangenen Jahres un-ternehmensübergreifend auf Serienprozesse über-

tragen. „Das eindeutige Beschreiben der physikali-schen Warenströme ist ein entscheidender Schritt in Richtung Industrie 4.0, der vernetzten Produktion“, so Hanno Wolff, Leiter der Vorserienlogistik Mar-ke Volkswagen. Parallel zur unternehmensinternen Optimierung arbeitet Volkswagen mit Bosch am unternehmensübergreifenden Datenaustausch und der virtuellen Abbildung der Lieferketten. Fester Bestandteil dieser gemeinsamen Initiative ist unter anderem das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt ViLoMa (Visual Logistics Manage-ment). Ziel ist die zielgruppenspezifi sche Visualisie-rung von Materialstrom- und Event-Daten, um ein kollaboratives Logistikmanagement entlang der gesamten Lieferkette zu etablieren.

DER AUTOR

Andreas MüllerManager Center of Competence for RFID in logistics

www.bosch.de

Automatische Erfassung der Ware im Fluss.

Vernetzte Produktion – Virtuelles Abbild der Lieferkette

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Industrielle Revolution 4.0 | EINE SONDERVERÖFFENLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE BITKOM, VDMA, ZVEI

Eine Vision in Zahlen

Smart Mobility

152 Mrd. €1

Smart Factory

178 Mrd. €2

Die Entwicklung zur Industrie 4.0

1. Industrielle RevolutionEinführung mechanischer Pro-duktionsanlagen mit Hilfe von Wasser- und Dampfkraft

Informations-, Kommunikations- und Automatisierungslösungen sollen den Industriestandort Deutschland in den kommenden Jahren revolutionieren. Die smarte Vernetzung von Produkten, Maschinen und Anwendern zum globalen Internet der Dinge birgt ein enormes wirtschaftliches Potenzial. Einige Zahlen:

2. Industrielle RevolutionEinführung arbeitsteiliger Mas-senproduktion mit Hilfe von elektrischer Energie

3. Industrielle RevolutionEinsatz von Informations- und Elektrotechnik zur weiteren Auto-matisierung der Produktion

4. Industrielle RevolutionIntelligente Produktion und Produkte auf Basis Cyber-Physikalischer Systeme

1784 1870 1969 Heute

1 Prognose bis 2020: Internet-of-Things Market, Value Networks, and Business Models: State of the Art Report (2013), Universität Jyväskylä2 Prognose bis 2018: Global Forecast & Analysis 2013-2018 (2013), Markets and Markets

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Smart Electronics

387 Mrd. €1

Smart Health

66,8 Mrd. €1

1,3 Weltweiter Umsatz mit

vernetzten Geräten in

Billionen Euro1.

Maschinen- und Anlagenbau

207ITK

166Elektrotechnik166,6

Maschinen- und Anlagenbau

988.000ITK

917.000Elektrotechnik839.000

Beschäft igte und Umsätze

nach Branchen 2013

in Mrd. Euro

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Industrielle Revolution 4.0 | EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE BITKOM, VDMA, ZVEI

Industrie 4.0 – nur alter Wein in neuen Schläuchen?

Informationsfl uss statt Datenfl ut

Umfangreiche Lösungen zur optimalen Ausschöpfung von Potenzialen in den

Bereichen Operational Excellence und Ressourceneffi zienz

Die Leistungsfähigkeit eines Produktionssystems wird maßgeblich durch die Verfügbarkeit aller Anlagenteile bestimmt.

Um diese zu verbessern, rücken Strategien des intelligenten Condition Monitorings in den Fokus.

durchaus der Defi nition von Cyber Physical Produc-tion Systems. Man könnte also annehmen, Industrie 4.0 gäbe es seit den 1980-er Jahren.

Doch Industrie 4.0 ist weit mehr - ein weiterfüh-render Ansatz, der auf Standardisierung, Kommu-nikation und der intelligenten Ein-bindung von Ser-vices beruht. Die Konzepte umfas-sen die Prozesse ganzheitlich und in der gesamten Wertschöpfungs-kette. Während traditionell also Integrationen nur unternehmensintern erfolgten, steht nun die Opti-mierung des Datenfl usses und der Produktionssteue-rung über die gesamte Lieferkette im Fokus. Moder-ne Internettechnologien, unterstützt durch drahtlose Netzwerke, erlauben es, wechselnde Marktbedürf-nisse nahezu in Echtzeit zu melden. Lagerbestände werden geprüft und Produktionsprozesse automa-tisch initiiert. Durch Bündelung oder Split der Auf-träge erfolgt eine optimale Auslastung der Anlage,

– auch mit Blick auf gesamte Produktionssysteme.Anwendungsfälle für das intelligente Condition

Monitoring sind beispielsweise kontinuierliche Pro-zesse in der chemischen Industrie oder Batch-Pro-zesse in der Pharmaproduktion. Die Herausforde-rung: Bei den langen Laufzeiten kontinuierlicher Prozesse müssen schleichende Veränderungen des Systemverhaltens oder Verschleißerscheinungen zu-verlässig lokalisiert werden. Für diese Art von Pro-zessen nutzt das Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) lernfähige

Data-Mining-Methoden, sogenannte Selbst-organisierende Karten.

Im Gegensatz zu kontinuierlichen oder zu Batch-Prozessen werden in der Stückgutfer-tigung diskrete Ereignisse der Anlage wie beispielsweise Schaltzustände überwacht.

Durch die zunehmende Automatisierung der Ferti-gung und mit steigender Anzahl von Sensoren fallen in immer kürzeren Zeitabschnitten immer größere Datenmengen an. Diese überfordern den Benutzer – und werden schließlich kaum genutzt. Unser Ansatz: das Verhalten der Anlagen auf Basis dieser Daten zu simulieren, statt entsprechende Modelle manu-ell zu erstellen. Das Fraunhofer IOSB nutzt hierfür

wodurch ein effi zienter Einsatz der benötigten Res-sourcen möglich ist. Materialbestellungen werden durch die Produktionsanlage ausgelöst und machen präzise Prognosen zu Lieferterminen möglich. Prä-diktive Asset Management-Strategien vermeiden unvorhergesehene Ausfälle. Mustererkennungen registrieren Prozess- bzw. Qualitätsabweichungen. Die Produkte selbst werden intelligent und tragen ihren elektronischen Stammbaum auf RFID oder Barcode mit sich. Im Rahmen von Kundenprojekten haben wir in den letzten Jahren erkannt, dass das erklärte Ziel einer Machine-to-Machine-Kommunika-tion durch eine intensive Einbindung der jeweiligen ERP- oder MES-Systeme begleitet werden muss.

Zur optimalen Ausschöpfung der hieraus entstehenden

Potenziale in den Berei-chen Operational Excel-lence und Ressourcen-effi zienz entwickeln wir umfangreiche Lösungen,

die die Integration von Pro-duktionsanlagen mit über-

lagerten betriebswirtschaft-lichen Systemen über die gesamte Supply Chain und den Lebenszyklus der Anlagen und Produkte umfassen. Zur Weiterentwicklung der Kompetenzen besteht seit Ende 2013 eine intensive Zusammenar-beit mit IBM Deutschland.

hybride, zeitbehaftete Automaten. Diese können Anlagenzustände lernen, Verhalten von Maschinen und Anlagen modellieren sowie Energiedaten auf-nehmen und analysieren. Intelligent ist dieser Ansatz auch deshalb, weil sich die Ergebnisse anwender-freundlich visualisieren und einfach in bestehende Instandhaltungsstrukturen integrieren lassen. Die durchgängige Systemunterstützung erlaubt so ein einheitliches Datenmanagement vom Sensor bis in die Datenbank.

Durch vertikale Integration werden zum Da-tenaustausch seit 30 Jahren intelligente Automatisierungssysteme mit überlagerten

Systemen der Unternehmensleitebene vernetzt. Je nach Interpretation entsprechen diese Systeme

Durch die zunehmende Verfügbarkeit intel-ligenter Feldgeräte vollzieht sich ein Trend zu immer umfassender instrumentierten Pro-

zessen. Die Herausforderung liegt darin, Daten über komplette Fabriken oder verteilte Produktionsanla-gen zu sammeln, auszuwerten – und sie nutzbrin-gend zu interpretieren.

Dank intelligenter Diagnose- und Prognose-Ver-fahren können Anlagenbetreiber aus der Datenfl ut Informationen über den Zustand beliebiger Anlagen

und ihrer Komponenten ab-

leiten. So können sie schlei-chende Veränderungen oder drohende Ausfälle frühzeitig erkennen, ungeplante Maschinenstillstän-de vermeiden und die Anlagenverfügbarkeit verbes-sern. Statt der einfachen korrektiven Instandhaltung einzelner Maschinen oder Aggregate erlauben intel-ligente Datenanalyse-Systeme zudem vorausschau-ende Wartungs- oder weitere Handlungsvorschläge

DER AUTOR

Rüdiger TrobischLeiter Manufacturing and Business IntegrationM+W Process Automation GmbH

www.pa.mwgroup.net

www.iosb.fraunhofer.de

Hannover Messe | Stand E39, Halle 7

Hannover Messe | Stand B10, Halle 7

Roboter mit SAP-Integration beim Lesen/Schreiben von RFID-InformationenIndustrie 4.0 Demo für die Hannover Messe 2014

DER AUTOR

Dr. Olaf SauerStellvertreter des Institutsleiters Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung

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Keine Zeit zu jeder Zeit

Die Zeit ist nicht nur für die Logistik ein wert-volles Gut und sie wird immer wertvoller: Wir verbringen nicht mehr eine Stunde mit dem

Schreiben eines Briefes, sondern Minuten mit dem Schreiben einer E-Mail oder Se-kunden bei der Übermittlung eines Bildes auf WhatsApp. Ähnlich rasant haben sich auch die Ansprüche an Online-Bestellungen und damit an die Logistik entwi-ckelt. Konsumenten erwarten die Lieferung ihrer individu-ellen Sendung immer schneller direkt an den Wunschort.

Diese Entwicklung rückt nicht nur unser persönli-ches Verständnis von Zeit in eine andere Dimension: Beherrschte während der ersten industriellen Revo-lution noch der Takt des mechanischen Webstuhls den Menschen, war es in den Jahren der zweiten industriellen Revolution der schnellere Takt des Fließbandes, der anschließend vom noch schnelle-ren Takt der Computer und Roboter abgelöst wur-de. In Zeiten von Internet, E-Commerce und Social Media werden sich weder Produktion noch Logistik weiterhin in einen Takt zwingen lassen. In der Welt der »Sofortness« heißt es: alles immer überall und individuell.

DER WEG IN EINE »TAKTLOSE« ZEIT

Ermöglicht wird dies durch autonome cyberphysi-sche Systeme, die permanent miteinander, mit dem Internet und dem Menschen agieren. Sie erkennen über 3-D-Kameras ihre Umwelt, unterhalten sich da-rüber, wer welchen Auftrag übernimmt und ordnen sich untereinander selbstständig neu. Bereits heute existieren einige solcher cyberphysischen Systeme: Fahrzeuge, die sich spontan zur gewünschten För-dertechnik zusammensetzen, intelligente Regale, die ihrem Kommissionierer entgegenfahren oder in-telligente Behälter, die die Teile zählen, die in ihnen liegen. Dennoch ist dies erst eine »vorindustrielle« Zeit. Die vierte industrielle Revolution hat noch nicht stattgefunden. Anders als zu den Anfängen des Internet der Dinge im Jahr 2000 halten wir heute jedoch alle Technologien in Händen, um eine Welt cyberphysischer Systeme und sozialer Maschinen Wirklichkeit werden zu lassen.

Internethandel und Soziale Medien haben die Logistik vor neue Herausforderungen gestellt. Der resultierende Wandel

wird auch unseren Zeitbegriff nachhaltig verändern. »Keine Zeit zu jeder Zeit« ist die Maxime einer Logistik, die gefordert

ist, die am Morgen bestellte Ware noch am gleichen Tag zu Mann und Frau zu bringen.

Doch auch wenn die vierte industrielle Revolution zu einer tiefgreifenden Umgestaltung der wirtschaftli-chen Verhältnisse führen wird, und damit letztlich ih-ren Namen mehr als verdient, so wird die Einführung ihrer Systeme evolutionär geschehen. Eine Migrati-

on in Rich-tung Indust-rie 4.0 muss Schritt für Schritt mög-lich sein, um erfolgreich zu

sein. Hierzu müssen cyberphysische Systeme einen Teil ihrer Intelligenz nutzen, um sich selbst in die be-stehende Welt zu integrieren.

DER MENSCH IM MITTELPUNKT

Auch für überlagerte Software-Systeme und das Sup-ply Chain Management wird es kein Big-Bang-Sze-nario geben. Dennoch wird der Wandel grundle-gend sein, denn im Zeichen von Industrie 4.0 wird nicht nur eine technische Innovation, sondern auch eine Transformation der Geschäftsmodelle erfolgen. Hierarchische Management-Modelle werden durch dezentrale, hoch agile Strukturen ersetzt werden.

Der Wandel rund um Industrie 4.0 wird auch weitreichende Folgen für die Beschäftigten nach sich ziehen. Alleine in Deutschland arbeiten in der

Logistik 2,8 Millionen Menschen, die nicht einfach durch Roboter ersetzen werden können und sollen. Vor diesem Hintergrund erscheint das Paradigma »Keine Zeit zu jeder Zeit« genauso unmenschlich wie die mechanistischen Menschenbilder vergangener industrieller Revolutionen. Der Menschen darf nicht zum Befehlsempfänger zentraler Rechnersysteme degradiert werden. Es gilt ihn sinnvoll in die Welt der Industrie 4.0 einzubinden und seine Individua-lität zu respektieren und sinnvoll einzusetzen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Mensch sich mit cyberphysischen Systemen und sozialen Maschinen unterhalten und mit ihnen interagieren kann. Hierzu sind ähnliche technische Entwicklungen erforderlich wie für die Maschinen. Die Voraussetzungen da-für hat das Fraunhofer IML beispielsweise mit dem »Coaster«, einem ständigen elektronischen Beglei-ter, geschaffen. Eine innovative Mensch-Maschi-ne-Schnittstelle, mit der der Mensch in Zukunft aktiv am Geschehen teilnimmt und nicht nur Knöpfe im Takt der Maschinen drückt.

DER AUTOR

Prof. Dr. Michael ten HompelGeschäftsführender InstitutsleiterFraunhofer-Institut Materialfl uss und Logistik

www.iml.fraunhofer.de

Hannover Messe | Stand C64, Halle 11

DER COASTER: VERBINDUNG ZWISCHEN MENSCH UND INDUSTRIE 4.0?

• Der Coaster ist ein Smart Assistant Device in der Größe

eines Bierdeckels.

• Das Gerät ist eine industriegeeignete Schnittstelle zwischen

Mensch und Maschine, die sich einfach bedienen lässt und

kostengünstig ist.

• Über Apps eröffnet der Coaster eine neue Dimension für kun-

denspezifi sche Anwendungen. Geplant sind unter anderem

Apps für Sprachausgabe, Google Glass und vieles mehr.

• Dank einer hochaufl ösender Kamera nimmt er seine Umwelt

wahr und erkennt Barcodes, Menschen und Maschinen.

• Er vernetzt sich mit cyberphysischen Systemen einer

Industrie 4.0, mit der Cloud und mit sozialen Netzwerken.

Page 10: industrielle revolution druck - Fraunhofer IOSB · 3 Maschine, jedes Werkstück und jedes CPS über das Internet weltweit eindeutig anzusprechen. Die Industrie von morgen wird bei

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Industrielle Revolution 4.0 | EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE BITKOM, VDMA, ZVEI

Erfolgsfaktoren für den Standort Deutschland

Industrie 4.0 aus OstWestfalenLippe

Die Aachener Perspektive von Industrie 4.0

Spitzencluster Intelligente Technische Systeme (it’s OWL) liefert konkrete Bausteine für die Praxis

So können beispiels-weise über Product-Lifecycle-Management-Software (PLM) vielfälti-ge Informationsbedürf-nisse unterschiedlicher Entwicklungspartner gebündelt und zielge-richtet eingesetzt wer-den, um schließlich den Entwicklungsprozess zu beschleunigen.

In der Produktion gilt es ebenfalls, die Ge-schwindigkeit hoch zu halten und Kosten zu

sparen: Return on Production. Dafür sind revolutionär kurze Wertschöp-fungsketten not-

wendig, was durch neue Fertigungstechno-logien wie „Selective Laser Melting“ realisiert

werden kann. Ferner sind die Produktionssyste-me so zu gestalten, dass sie sich selbst optimieren und dadurch leistungsfähiger werden. In dem For-schungsprojekt ProSense, das aus dem Exzellenz-cluster heraus entwickelt wurde, vom BMBF geför-

dert und vom PTKA betreut wird, steht beispielsweise die Nut-zung hochaufl ösender Produktionsdaten unter Verwendung von Sen-sorik im Mittelpunkt. Mit Hilfe dieser Projek-tergebnisse ist es mög-lich, in der Produktion szenariobasiert zu agie-ren, statt nur zu reagie-ren.

Die Aachener Pers-pektive zur Realisierung von Industrie 4.0 wird im Fokus des diesjährigen Aachener Werkzeug-maschinenkolloquiums (AWK) stehen. „Return on Engineering“ und

„Return on Production” – das sind die Erfolgsfak-toren zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland.

eine der größten Initiativen für Industrie 4.0.

Kern von it’s OWL sind un-sere Weltmarktführer in der Automatisierungstechnik wie Beckhoff, HARTING, KEB, Lenze, PHOENIX CONTACT, WAGO und Weidmüller. Sie erarbeiten gemeinsam mit den regionalen Forschungs-einrichtungen neue Verfah-ren für intelligente Auto-matisierung, maschinelles Lernen, wandlungsfähige Produktion, selbstkorrigie-rende Fertigung und intuitive Bedienung.

Diese Technologien wer-den für produzierende Un-

ternehmen verfügbar gemacht. So entwickelt z. B. Kannegiesser eine selbstoptimierende Großwäsche-rei, in der der Ressourcenverbrauch in erheblichem Maße gesenkt wird. DMG MORISEIKI virtualisiert die Arbeitsvorbereitung und optimiert so die Einstellun-gen und Wartungsplanung von Werkzeugmaschi-nen. CLAAS sorgt für eine intelligente Vernetzung und Umfelderkennung von Landmaschinen. Und die Knetmaschinen von Kemper können wie die Hände eines Bäckers die Teigqualität „erfühlen“.

Mit it’s OWL haben wir eine einzigartige Technolo-gieplattform, mit der wir Industrie 4.0 auch in kleine und mittelständische Unternehmen bringen – wie beispielsweise durch 120 Transferprojekte.

Auf dem Weg zur vernetzten Produktion von morgen gilt es noch viele Herausforderungen zu be-wältigen, wie die Verarbeitung großer Datenmen-gen oder die Sicherheit der Kommunikation. Doch wir sind gerüstet, den Weg zur vierten industriellen Revolution Schritt für Schritt weiter zu gehen. Denn OstWestfalenLippe gehört zu den fünf innovativsten Regionen in Deutschland – so das

Ergebnis eines Wettbewerbs des Bundeswirtschaftsministeriums. Über-zeugen Sie sich selbst und erleben Sie Industrie 4.0 zum Anfassen auf dem OWL Gemeinschaftsstand auf der Hannover Messe.

D ie verstärkte Einbindung von Informations- und Kommunikationstechnik ermöglicht es Unternehmen, ihre Kollaborationsprodukti-

vität zu steigern. Darunter ist das Zusammenwirken von Mitarbeitern und Maschinen, aber auch deren Interaktivität untereinander zu verstehen. In der Stu-die „Industrie 4.0 – Steigerung der Kollaborations-produktivität“ wurden im Rahmen des von der DFG geförderten Exzellenzclusters „Integrative Produk-tionstechnik für Hochlohnländer“ Handlungsfelder und Maßnahmen zur Steigerung der Kollaborations-produktivität identifi ziert.

Return on Engineering – so lautet die Maßgabe für den Entwicklungsprozess. Prozesse zur Produktent-stehung werden radikal verkürzt, so dass schon sehr früh erste Prototypen z. B. mittels

3-D-Drucker entstehen und damit der gesamte Entwicklungsprozess be-schleunigt wird. Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass virtuelle Wertschöpfungsketten die Entscheidungs-fähigkeit der Unternehmen signifi kant steigern.

Alle reden über Industrie 4.0 – wir bieten Lö-sungen. Im Netzwerk it’s OWL entwickeln Unternehmen und Forschungseinrichtungen

neue Technologien für intelligente Produkte und Produktionsverfahren. Dadurch können sich Ma-schinen, Anlagen und Fahrzeuge an die Umgebung und den Benutzer anpassen, Ressourcen sparen und zuverlässig arbeiten. Ausgezeichnet im Spit-zencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gilt it’s OWL bundesweit als

www.production-research.de

www.its-owl.de

Hannover Messe | Stand A10, Halle 16

Hannover Messe | Stand A04, Halle 16

Dr.-Ing. Roman DumitrescuGeschäftsführer it’s OWL Clustermanagement GmbH

DER AUTOR

Intelligente Automatisierungslösungen aus dem Spitzencluster it’s OWL können beispielsweise den Recourcenverbrauch in Großwäschereien erheblich reduzieren.

Prof. Günther SchuhWerkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen

DER AUTOR

Erhöhung der Transparenz durch Verwendung hochaufl ösender Produktionsdaten.

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An den Anwender denken

Von der Visionzur Realität

Eine Schnitt stellefür alle Fälle

Gute Produkte allein reichen nicht aus

Die vierte industrielle Revolution stellt klare

Anforderungen, denen es zu begegnen gilt.

Die SmartFactoryKL zeigt: Die Zukunft von

Industrie 4.0 hat bereits begonnen.

Universal Machine Connectivity for MES (UMCM)

beschreibt sowohl Transport- als auch Anwendungsschicht.

Deutschlands Unternehmen müssen zu digitalen

Leitanbietern bei Smart Services werden.

In allen Szenari-en zu Industrie 4.0 lässt sich

ein zentrales The-ma identifi zieren: die Kommunikation zwischen allen Teilnehmern in den vernetzten Anlagen der Zukunft. Maschinen, Maschinen-verbände und Fabriken werden künftig autonom untereinander Daten austau-schen. Es gilt also, Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität sicherzustellen. In der IT sind entsprechende Verfahren in einigen Branchen seit Jahren etab-liert. Die Industrie muss vorhandene Verfahren künftig adaptieren und auf die Anforderungen der Automatisierung anpassen, deren höchstes Gut die Ver-fügbarkeit und Integrität der Anlage ist.

Branchenverbände, Hersteller und die Bundesregierung als Initiator der Zu-kunftsstrategie müssen sich dieser Herausforderung stellen und den offenen Austausch untereinander und mit Anwendern suchen. Der Ansatz, die Bran-chenverbände über die Plattform Industrie 4.0 einzubinden, ist vielverspre-chend. Bei der Entwicklung konkreter Lösungswege müssen die Partner aber vor allem die Anforderungen der Anwender in Betracht ziehen, die aus viel-fältigen Branchen und Unternehmensstrukturen kommen. Nur so kann die In-dustrie 4.0 eine Revolution für den Standort Deutschland und Europa werden.

Gemeinsam mit rund einem Dutzend namhafter Industriepartner und Branchengrößen hat die SmartFactoryKL des Deutschen Forschungs-zentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) erstmalig eine vollständige

Produktionslinie realisiert, in der die einzelnen Module unterschiedlicher Her-steller mit verschiedenen Steuerungsarchitekturen nahtlos zusammenarbeiten.

Die dezentral gesteuerten Abläufe in der Fertigung werden durch digitale Produktgedächtnisse erreicht und ermöglichen die kundenindividuelle Ferti-gung verschiedener Produktvarianten. Durch die Beschränkung auf wenige Standards und die Entwicklung einer intelligenten Infrastruktur werden beste-hende Hersteller- und Systemgrenzen aufgelöst.

Die automatische Erkennung der Anlagentopologie ermöglicht eine hochfl exible Produktionsanlage, die im laufenden Be-

trieb umgebaut oder durch neue Module erweitert werden kann – und innerhalb von Minuten wieder einsatzfähig ist.

Im Zuge der immer stärkeren Vernetzung in der Produktion gewinnt die Standardisierung von Schnittstellen stetig an Bedeutung. Mit der Universal Machine Connectivity for MES geht der MES D.A.CH Verband einen ers-

ten, bedeutenden Schritt in diese Richtung. Anders als gesetzte Standards wie beispielsweise Object Linking and Embedding for Process Control (OPC) beschreibt UMCM sowohl den Einsatz einer standardisierten Transportschicht (zum Beispiel Extensable Markup Language oder OPC-Unifi ed Architecture) als auch die Anwendungsschicht und ihren logischen Aufbau.

UMCM übergibt dazu Informationen wie Maschinenstatus, Mengen, Zähler-stände oder Prozessdaten inklusive Zeitstempel in einfachen Datentelegram-men an das Manufacturing-Execution-System (MES). Ziel dieser Entwicklung ist ein Quasi-Plug&Work-Standard zur unkom-plizierten und zeit-sparenden Ankopp-lung von Maschinen und Anlagen.

Mit dieser uni-versellen Maschi-nenschnittstelle un-terstützt der MES D.A.CH Verband auch das Leitmotto der Hannover Messe Integrated Industry. Dahinter steht eine Vision vom Produkti-onsstandort Deutschland, die man hierzulande auch Industrie 4.0 nennt.

In der Produktion und den angrenzenden Branchen hat die vierte industriel-le Revolution bereits begonnen: In der intelligenten Fabrik kommunizieren Menschen, Maschinen und Produkte bruchfrei wie in einem sozialen Netz-

werk. Geschäfts- und Produktionsprozesse sind dynamisch, trans-parent und jederzeit anpassbar. Die Fabrik wird dadurch effi zienter und res-sourcenschonender. Sie kann individuelle Produkte zum Preis der Massenferti-gung herstellen.

Industrie 4.0 endet jedoch nicht an Fabrikzäunen. Sie in-tegriert Wertschöpfungsnetzwerke von der Zulieferung über die Produktion bis zur Wartung und zum Recycling. Riesige Datenmengen – intelligent verknüpft und analysiert – ermöglichen innovative Dienstleistungen. Diese Smart Services bezeichnen ein neues Paradigma: Intelligente Produkte werden mit physischen und digitalen Dienstleistungen kombiniert und den Konsumenten bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt. Volkwirtschaften, die die dafür benötigten digitalen Infrastrukturen bereitstellen, haben einen entschei-denden Wettbewerbsvorteil. Industrie 4.0 und die Smart Service Welt sind des-halb von essenzieller Bedeutung für den deutschen Wirtschaftsstandort.

www.safety-network.org

www.smartfactory.dewww.dfki.de www.acatech.de/smart-service-welt

www.mes-dach.deHannover Messe | Stand D17, Halle 9

Hannover Messe | Stand D20, Halle 8

Hannover Messe | Stand A17, Halle 7

DER AUTOR

Prof. Dr. Detlef Zühlke Wissenschaftlicher Direktor des DFKI-Forschungsbereichs Innovative Fabriksysteme (IFS)

Jochen StreibVorstandsvorsitzender Safety Network International e. V.

DER AUTOR

Prof. Dr.-Ing. Jürgen KlettiVorstandsvorsitzenderMES D.A.CH Verband e. V.

DER AUTOR

Prof. Dr. Henning KagermannPräsident acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e. V.

DER AUTOR

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Industrielle Revolution 4.0 | EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER INDUSTRIEVERBÄNDE BITKOM, VDMA, ZVEI

Die Zukunft hat begonnen – der Rechtsexperte ist gefragt!

» Spitze der technologischen Entwicklung«

Jedem Manager, der sich im Rahmen von Industrie 4.0 mit neuen Geschäftsmodellen beschäftigt, drängt sich die Frage nach

den rechtlichen Rahmenbedingungen auf: Können autonom handelnde Maschinen einen Vertrag abschließen? Welches

Haftungsregime gilt bei grenzüberschreitend vernetzten Geräten und Diensten? Dürfen Daten unternehmens- und länder-

übergreifend transferiert und genutzt werden?

Manche Frage klingt wie aus einer fernen, in der Zukunft liegenden Welt, viele Frage-stellungen sind jedoch schon heute praxis-

relevant. Bei Industrie 4.0 geht es eben nicht nur um visionäre Geschäftsmodelle. Gerade im Zusammen-hang mit datenbasierten Dienstleistungen wie dem Condition Monitoring sind schon heute Geschäfts-modelle der Zukunft marktreif.

Dazu ein vereinfachtes Beispiel aus dem Umfeld der Industrie: Der Kunde nutzt ein Aggregat zur Erzeugung von Gasen, um den Bedarf an Gasen in seiner eigenen Produktion

zu decken. Ein zentrales Element des Aggregates sind leistungsfähige elektrische Antriebe, die einem Ver-schleiß unterliegen und gewartet werden müssen. Mit Hilfe eines Fernzugangs werden Vibrationen der Antriebe gemessen. Die so gewonnenen Big Data werden in einem Datencenter zentral ausgewertet und zu neuem Wissen verknüpft (Smart Data). In ei-nem Servicebericht erhält der Kunde Empfehlungen, welche Einzelteile präventiv auszutauschen sind, um einen Ausfall des Aggregats zu vermeiden. Wenden wir uns näher einem für einen solchen Smart Service praxisrelevanten Themenkreis zu: Wem gehören Big Data? Wie steht es um die wirtschaftliche Verwert-barkeit der Smart Data in weiteren Kundenprojek-ten?

Die Frage nach der Eigentümerstellung an Daten ist nicht ohne Weiteres zu beantworten. Es gibt keine ausdrückliche gesetzliche Regelung dazu. Aus Sicht des Serviceanbieters ist das letztlich nicht entschei-

dend. Er will sicherstellen, dass

die vom Kunden übermittelten Big Data für seine Vibrationsanalyse verwendet und die von ihm generierten Smart Data zur Verbesse-rung der Analysequalität und für all seine Kunden genutzt werden können. Hier bedarf der Servicean-bieter der Unterstützung durch einen Juristen, der die technischen Zusammenhänge versteht und kom-plexe Vorgänge ganzheitlich betrachtet. Dieser Ju-rist wird mit dem Projektteam ein Modell erarbeiten, so dass die Big Data des Kunden nicht mit personen-

bezogenen Daten „infi ziert“ werden und damit nicht in den Anwendungsbereich des Datenschutzrechts mit den hohen gesetzlichen Anforderungen fallen. Schließlich ist im Vertrag zwischen dem Servicean-bieter und dem Kunden eine „Nutzungsklausel“ zu vereinbaren, nach der mit Bezug auf den Kunden anonymisierte Smart Data in anderen Kundenprojek-ten verwendet werden können: Dies ist unabdingbar für den Serviceanbieter und zum Vorteil des Kunden, da durch umfassende Analysen die Servicequali-

tät signifi kant verbessert werden kann. Die rechtli-chen Fragestellungen werden komplexer, wenn ein Cloud-Computing Service länderübergreifend be-reitgestellt wird.

Es zeigt sich bereits bei diesem kleinen Ausschnitt der aufgeworfenen Rechtsfragen: Der Rechtsexperte für Industrie 4.0 ist schon heute gefragt!

Worin bestehen die Anforderungen an die

moderne Produktion?

Im Grunde sind die Anforderungen an produzierende

Industrieunternehmen seit Jahrzehnten die gleichen:

Produktivität, Geschwindigkeit und Flexibilität müs-

sen ständig erhöht werden. Hinzu kommt die immer

stärkere Individualisierung der Produkte. Das alles

verlangt nach einer Produktion, die auf alle Anfor-

derungen reagieren kann. Industrie 4.0 gibt dafür

genau die richtigen Antworten.

Alle sprechen von Industrie 4.0 –

kann man es heute schon kaufen?

Viele Elemente dieser Vision sind heute schon ver-

fügbar. Ich denke da an Themen wie Kommunikation

und Vernetzung, die Datendurchgängigkeit von

Produktentwicklung und Produktionsablauf, die In-

tegration von virtueller und realer Welt. All das sind

Bausteine von Industrie 4.0. Das eigentliche Zeitalter

von Industrie 4.0 haben wir noch vor uns – Wir er-

warten dass die Entwicklung dahin in etwa 15 Jahren

abgeschlossen sein wird.

Können Sie Beispiele nennen, wo heute

schon so gearbeitet wird?

Da gibt es viele – hier mal exemplarisch zwei sehr

unterschiedliche: Mit unserer PLM Software hat das

Jet Propulsion Laboratory der NASA den Mars Ro-

ver Curiosity entwickelt; eine Pionierleistung für ein

einmaliges Produkt, dessen Funktionieren in einer

besonders herausfordernden Umgebung nur durch

vorherige intensive Simulation sichergestellt werden

konnte. Zusammen mit VW haben wir eine 17 Jahre

alte Pressenstraße modernisiert. Wir haben diese

mit unserer Software komplett simuliert und so pro

Minute zwei Extra-Hübe realisiert – das sind pro

8-Stunden-Schicht etwa 1000 Teile mehr, und das bei

gleichzeitig 40% Energieeinsparung.

In welchen Bereichen gibt es

noch Handlungsbedarf?

Viele der offenen Fragen sind identifi ziert worden, al-

lein es fehlen noch Antworten und mitunter auch die

Treiber, die danach suchen. Auch das ist ein Grund

dafür, dass Industrie 4.0 nicht plötzlich „fertig“ sein

wird. Da liegen schon noch einige Jahre harter Arbeit

vor allen Beteiligten. Aus meiner Sicht muss vor allem

an den Themen der teilautonomen Optimierung, der

physischen und der IT-Sicherheit, semantischer Stan-

dards und Kooperationen gearbeitet werden. Aber

auch Themen der Ausbildung und des „lebenslan-

gen Lernens“ sind noch weiter auszubauen.

Wo steht Deutschland im

internationalen Vergleich?

Unternehmen aus Deutschland – große Firmen ge-

nauso wie der eher mittelständisch geprägte Maschi-

nenbau – geben weltweit den Ton an und werden mit

ihrer ausgeprägten Exportorientierung hochqualita-

tive Produkte verfügbar machen. Im internationalen

Vergleich steht Deutschland damit an der Spitze der

technologischen Entwicklung – sowohl was die An-

bieterseite angeht als auch die Anwendung in den

eigenen Werken.

Olaf Schneider LL.M. General Counsel, Siemens Industry

www. siemens.com/de

Prof. Siegfried Russwurm, Mitglied des Vorstands der Siemens AG und CEO Siemens Industry, über Herausforderungen und konkrete Lösungen von Industrie 4.0.

Hannover Messe | Stand D35, Halle 9

Dr. Bernd DudelGeneral Counsel, Siemens Industry Customer Services

DER AUTOR

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