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Informationen für Rat und Verwaltung Heft 6 · 29. Juni 2010 Mitgliederversammlung 2010 des Städtetages NRW „Städte in Not – Leistungen für die Bürger erhalten“ Neusser Erklärung Bericht von der Mitgliederversammlung Ansprache von Staatssekretär Manfred Palmen Rede von OB Norbert Bude, Vorsitzender Impulsreferat von Geschäftsführer Dr. Stephan Articus Schlusswort von OB Peter Jung, neuer Vorsitzender Erwartungen und Forderungen des Städtetages NRW an den neuen Landtag und die neue Landesregierung

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Informationen für Rat und Verwaltung

Heft 6 · 29. Juni 2010

Mitgliederversammlung 2010 des Städtetages NRW „Städte in Not – Leistungen für die Bürger erhalten“

Neusser Erklärung

Bericht von der Mitgliederversammlung

Ansprache von Staatssekretär Manfred Palmen

Rede von OB Norbert Bude, Vorsitzender

Impulsreferat von Geschäftsführer Dr. Stephan Articus

Schlusswort von OB Peter Jung, neuer Vorsitzender

Erwartungen und Forderungen des Städtetages NRW an den neuen Landtag und die neue Landesregierung

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Beiträge des Deutschen Städtetages zur Stadtpolitikehemals Neue Schriften des Deutschen Städtetages

Bestellungen nimmt der Deutsche Städtetag, Hauptgeschäftsstelle Köln, Bereich wG, Postfach 51 06 20, 50942 Köln, Tel. (02 21) 37 71-223, Fax (02 21) 37 71-128, entgegen.

Sozialleistungen der Städte in NotZahlen und Fakten zur Entwicklung kommunaler Sozialausgaben. Heft 93. 2010. 32 Seiten.

Städtisches Handeln in Zeiten der KriseDokumentation der 35. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages in Bochum. Heft 92. 2009. 158 Seiten.

Erwartungen und Forderungen des Deutschen Städtetages an den neuen Bundestag und die neue BundesregierungHeft 91. 2009. 54 Seiten.

Städte schaffen Integration – Stadtpolitik in Zeiten der GlobalisierungDokumentation der 34. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages in München. Heft 90. 2008. 152 Seiten.

Kommunales Schuldenmanagement – Auf dem Weg zu mehr EffizienzVon Dr. Birgit Frischmuth und Dr. Hansjürgen Bals (Hrsg.). Heft 89. 2007. 188 Seiten.

Die Nutzungsordnung des öffentlichen RaumesZur Auflösung von Straßennutzungskonflikten durch den Aufenthalt sozialer Randgruppen im Stadtbereich. Von Maya Baußmann. Heft 88. 2007. 246 Seiten.

100 Jahre Deutscher Städtetag: Die Zukunft liegt in den Städten Dokumentation der 33. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages in Berlin. Heft 87. 2005. 196 Seiten.

Städte sind Zukunft Dokumentation der 32. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages in Mannheim. Heft 86. 2003. 198 Seiten.

Die Zukunft unserer Städte gestalten – Chancen aus Krisen Von Utz I. Küpper, Dietrich Henckel, Erwin Rothgang und Folkert Kiepe (Hg.). Heft 85. 2003. 258 Seiten.

Städtefeindlichkeit in der deutschen GeschichteVon Dr. Bruno Weinberger, Heft 84. 2003. 176 Seiten.

Denkmalpflege in den Städten – Stadtbau- kunst, Stadtökologie, StadtentwicklungVon Dr. Helmut Lange (Hrsg.), Heft 83. 2003. 340 Seiten.

Der Rechtsschutz der Gemeinden gegen fachaufsichtliche WeisungenVon Bernhard Joachim Scholz. Heft 82. 2002. 188 Seiten.

Fachplanung im Sozialstaat Durchsetzungskraft fachplanerischer Vorhaben am Bei spiel des kommunalen Personennahverkehrs. Heft 80. 2000. 230 Seiten.

Vernetzte PR – städtische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im InternetVon Dirk Furchert. Heft 79. 2000. 412 Seiten.

Die Bodenwertsteuer – eine praxisorientierte Untersuchung zur Reform der Grund steuer. Heft 78. 2000. 266 Seiten.

Stadtkonzeption liveErfahrungsberichte aus neun Städten. Heft 76. 1999. 132 Seiten.

Kultur in der StadtEmpfehlungen, Hinweise und Arbeitshilfen des Deutschen Städtetages 1987 bis 1998. Heft 75. 1998. 156 Seiten.

Die deutsche kommunale Selbst- verwaltung in der Europäischen UnionVon Dr. Thomas Schäfer. Heft 74. 1998. 412 Seiten.

Die kleinen kommunalen SteuernVon Kay-Uwe Rhein. Heft 72. 1997. 240 Seiten.

Gelebte Demokratie – Festschrift für Manfred RommelHeft 71. 1997. 404 Seiten.

Konfliktmanagement in der kommunalen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Von Dirk Furchert. Heft 70. 1996. 184 Seiten.

Städte in NotDokumentation der außerordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetages in Bonn. Heft 67. 1993. 64 Sei ten.

Bauland durch städtebauliche EntwicklungsmaßnahmenVon Dr. Franz-Josef Lemmen. Heft 66. 1993. 292 Seiten.

Kommunale Baugestaltungssatzungen – rechtliche Bedeutung und praktischer EinsatzVon Dr. Martin Klein. Heft 64. 1992. 340 Seiten.

Die Einführung und Erhebung neuer Steuern aufgrund des kommunalen SteuererfindungsrechtsVon Helmut Mohl. Heft 63. 1992. 220 Seiten.

Städte und AltlastenhaftungVon Dr. Ralf Leinemann. Heft 61. 1991. 178 Seiten.

Die Konzessionsabgaben der Gemeinden als Lenkungs- und FinanzierungsinstrumentVon Christian Kastrop. Heft 60. 1991. 200 Seiten.

Auf schmalem Pfad – Texte zur Politik des Deutschen StädtetagesVon Dr. Bruno Weinberger. Heft 54. 1986. 216 Seiten.

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In Heft 6 2010

Städte in Not – Leistungen für die Bürger erhalten „Neusser Erklärung“ des Städtetages Nordrhein-Westfalen

anlässlich der Mitgliederversammlung am 10. Juni 2010

Aufsätze und Berichte: Bericht von der Mitgliederversammlung 2010 des Städtetages Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Ansprache von Staatssekretär Manfred Palmen, Innenministerium des Landes NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Rede von Oberbürgermeister Norbert Bude, Vorsitzender des Städtetages NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Impulsreferat zu den Themen Sozialausgaben und kommunaler Finanzausgleich von Dr. Stephan Articus, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Schlusswort von Oberbürgermeister Peter Jung, neuer Vorsitzender des Städtetages NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Zentrale Erwartungen und Forderungen des Städtetages NRW an den neuen Landtag und die neue Landesregierung . . . . . . . . . . . . . . 24

Mitteilungen:

Auslandsangelegenheiten 109/2010 . Deutschland .und .Indien .2011 .– .2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

110/2010 . Deutsche .Städte .unterstützen .Haiti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Frauen- und Gleichstellungs- angelegenheiten 111/2010 . Situation .Alleinerziehender .in .der .Stadt .Düren . . . . . . . . . . . . . . 28

112/2010 . Broschüre .„Beruf .Feuerwehrfrau“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Personal und Organisation 113/2010 . Endspurt .für .den .Deutschen .Bürgerpreis .2010 . . . . . . . . . . . . . . 29

114/2010 . Seminarangebote .des .Studieninstituts .Niederrhein .für .August .2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Sozialwesen 115/2010 . Elternbrief .Zwangsheirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

116/2010 . Tagung .„Einmal .Familie, .Beruf .und .zurück .– .vom .Spagat .zwischen .Kindern, .Arbeit .und .Pflege“ . . . . . . . . . . . 30

117/2010 . Interkulturelle .Woche .2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

118/2010 . 46 .000 .Scheidungen .in .Nordrhein-Westfalen .im .Jahr .2009 . . . . 30

Gesundheitspflege 119/2010 . Landesgesundheitsbericht .2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Stadtentwicklung, Bau- und Wohnungswesen 120/2010 . Kongress .zur .Nationalen .Stadtentwicklungspolitik . . . . . . . . . . . . 31

121/2010 . Dokumentation .des .Robert-Jungk-Preises .2009 . . . . . . . . . . . . . 31

Fortsetzung auf der nächsten Seite

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Verkehr 122/2010 . Meinungsbefragung .zur .Zufriedenheit .mit .öffentlichen .Verkehrsmitteln .in .75 .europäischen .Städten . . . . . . . . . . . . . . . . 32

123/2010 . Richtlinien .für .Lichtsignalanlagen .(RiLSA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Finanzen 124/2010 . 15 . .Kongress .„Neues .Haushalts- .und .Rechnungswesen .– .Transparenz .trotz .schlechter .Zeiten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Informationsmanagement 125/2010 . „Junge .Erwerbsfähige .in .Essen“ .– .Beiträge .zur .Stadtforschung .53 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

RechtsprechunginNRW: Inhalt .und .Umfang .des .Fragerechts .von .Ratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . 34

Rechtmäßigkeit .eines .Planfeststellungsbeschlusses .bzgl . .einer .Bundesfernstraße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

NRW-Kaleidoskop

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StädtetagNordrhein-Westfalen

Informationen für Rat und Verwaltung

gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Heft 6 · 29. Juni 2010

Städte in Not – Leistungen für die Bürger erhalten„Neusser Erklärung“ des Städtetages Nordrhein-Westfalen anlässlich der Mitgliederversammlung am 10. Juni 2010

Kommunale Daseinsvorsorge für die Bürger unersetzbar – seit Jahrzehnten aber unterfinanziert

Die Städte nehmen als bürgernächste Ebene mit ihren Leistungen der Daseinsvorsorge in den Bereichen Infrastruktur, Versorgung, Soziales, Kultur und Bildung in unserem Staatsgefüge eine Schlüsselposi-tion ein. Die Zukunftschancen unseres Landes hängen damit ganz entscheidend gerade auch von der Leistungsfähigkeit der Städte ab. Die städtischen Haushalte leiden aber seit vielen Jahren unter einer chronischen Unterfinanzierung, die sich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise weiter verschärft hat. Trotz intensiver Haushaltskonsolidierung konnte es den Städten nicht gelingen, ihre Finanzprobleme allein aus eigener Kraft zu lösen. Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass die Städte ihre Leistungen verlässlich und in gewohnt hoher Qualität erfüllen. Außerdem müssen die Städte ihre Rolle als wichtiger Investor wahrnehmen und die öffentliche Infrastruktur angemessen sanieren können.

Wo Städte infolge ihrer Finanznot über keinerlei Handlungsspielräume mehr verfügen, sind sie nicht mehr in der Lage, die örtlichen Angelegenheiten voranzubringen. Ohne wirkliche Gestaltungsmöglich-keiten werden sich immer weniger Bürgerinnen und Bürger für die Belange ihrer Städte engagieren; die kommunale Selbstverwaltung verkommt zur Leerformel. Handlungsunfähige Städte sind eine ernste Gefahr für die politische und soziale Stabilität in Deutschland wie auch in Nordrhein-Westfalen.

Hilfen zur gesellschaftlichen Teilhabe sind besonders wichtig, in Städten mit den größten sozialen Problemen jedoch besonders gefährdet

Für den Zusammenhalt und die soziale Entwicklung der Gesellschaft sind eine Reihe von öffentlichen Dienstleistungen elementar. Die Betreuung und Förderung von Kindern, die Bildung und Ausbildung von Jugendlichen, die Qualifizierung und Eingliederung von Langzeitarbeitslosen, die Förderung von Migranten mit mangelhaften Sprachkenntnissen und Bildungsdefiziten sind unverzichtbar für eine ge-lingende Integration in unserer Gesellschaft. Familien mit vielen Kindern, Familien Alleinerziehender, Langzeitarbeitslose oder Migranten sind in der Krise weit überdurchschnittlich von Armut bedroht. Ge-rade die Städte mit den größten sozialen Problemen, mit der höchsten Arbeitslosigkeit, mit den größten Armutsrisiken und den schlechtesten Sozialprognosen aber haben auch weniger Wirtschaftskraft und die geringsten finanziellen Handlungsspielräume. Sie können nur mit großen Anstrengungen und hohen Krediten überhaupt die gesetzlichen Leistungsansprüche befriedigen.

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Wachsende Soziallasten erdrücken die Handlungsfähigkeit der Städte insgesamt

Von Fallzahlen- und Kostensteigerungen in allen Bereichen der sozialen Ausgaben sind die Städte aus-nahmslos betroffen. Der stetig wachsende Kostenblock der Sozialausgaben bei zugleich sinkenden Einnahmen ist eine wesentliche Ursache für die desaströse Haushaltssituation in den Städten. Die Aus-gaben der Kommunen für soziale Leistungen sind bundesweit in nur zehn Jahren von rund 26 Milliarden Euro im Jahr 1999 auf über 40 Milliarden Euro im Jahr 2009 gestiegen. Die nordrhein-westfälischen Städte sind von dieser Entwicklung besonders stark betroffen. Fast 30 Prozent der bundesweiten Sozi-alausgaben der Kommunen entfallen auf Nordrhein-Westfalen.

Fehlentwicklungen einer nicht auskömmlichen Finanzausstattung durch das Land wirken sich verheerend aus

In dieser Situation wirken sich die Fehlentwicklungen einer nicht auskömmlichen Finanzausstattung durch das Land zusätzlich verheerend aus. Kürzungen und Mängel im kommunalen Finanzausgleich, Missachtung des Konnexitätsprinzips, Überfrachtung mit Aufgaben ohne finanziellen Ausgleich und eine nicht tragfähige Abrechnung der einheitsbedingten Lasten sind wesentliche Ursachen der strukturellen Unterfinanzierung. Zusammen mit den genannten Entwicklungen macht dies die kommunale Finanzsi-tuation aussichtslos.

Städte im Zustand der Handlungs unfähigkeit und einer drohenden bilanziellen Überschuldung

Die Befunde der Finanznot sind erdrückend. Eine Finanzausstattung, die schon seit langem nicht einmal mehr die Erfüllung kommunaler Pflichtaufgaben sicherstellt, sowie ein steter Substanzverlust bei der kommunalen Finanzierungsbasis kennzeichnen die Situation, in der sich eine wachsende Zahl von Städten befindet. Im Jahr 2009 haben gerade einmal zehn Prozent aller Kommunen in Nordrhein-Westfalen einen echten Haushaltsausgleich erreicht. 40 Kommunen befinden sich in einem Zustand der drohenden bilanziellen Überschuldung; in einzelnen Städten und Gemeinden ist sie schon eingetreten.

Eine zunehmende Zahl von Städten ist gezwungen, die Finanzierung der ihnen durch Bundes- und Lan-desrecht zugewiesenen Aufgaben in immer höherem Volumen über Kassenkredite sicherzustellen. Diese sind allein im Jahr 2009 bundesweit explosionsartig um mehr als fünf Milliarden Euro angewachsen. Auf die Kommunen in Nordrhein-Westfalen entfallen inzwischen 17,3 Milliarden Euro Kassenkredite und damit die Hälfte der bundesweiten Summe von 34,8 Milliarden Euro. In dieser Situation können die Städte zusätzliche Steuersenkungen ohne einen vollen finanziellen Ausgleich definitiv nicht verkraften.

Keine neue Aufgabenübertragung ohne finanziellen Ausgleich

Um die Kommunalfinanzen vor weiteren Verwerfungen zu schützen, muss die Übertragung neuer Auf-gaben von Bund und Land ohne vollen finanziellen Ausgleich gestoppt werden. Die Ebene, die eine Auf-gabe initiiert, hat auch die Finanzierung dieser Aufgabe sicherzustellen. Die Probleme der städtischen Haushalte in Nordrhein-Westfalen haben sich über Jahrzehnte so entwickelt, weil die Beziehungen zwi-schen Bund, Ländern und Kommunen intransparent und asymetrisch sind. Bund und Länder legen fortwährend Aufgabenerweiterungen der Kommunen und damit immer neue Leistungsansprüche der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Kommunen fest. Die daraus resultierenden Ausgabenverpflich-tungen müssen die Kommunen allein aus ihren nur begrenzt steigerungsfähigen Einnahmen decken. Die Städte dürfen diesem Mechanismus nicht länger schutzlos ausgeliefert sein.

Entschuldungshilfen für Städte, die sich nicht mehr selbst helfen können

Für Kommunen, die aufgrund wirtschaftlicher und sozialer Problemlagen seit Jahren strukturell unter-finanzierte Haushalte und infolgedessen enorme Altschulden haben, sind schnelle, zielgerichtete und

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nachhaltige Entschuldungshilfen und weitere Maßnahmen des Landes erforderlich, um ihre Handlungs-fähigkeit wiederherzustellen. Es muss verhindert werden, dass sich die finanzielle Schieflage dieser Städte verfestigt und eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird.

Ausreichend dotierten und gerechten Finanzausgleich sicherstellen

Die Städte erwarten von Landtag und Landesregierung, dass diese die kommunale Finanzmisere zu einem Schwerpunkt ihres Handelns machen. Die Kommunen brauchen eine finanzielle Mindestausstat-tung, die ihnen unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes in der Landesverfas-sung garantiert werden sollte. Das Land steht in der Verantwortung, einen ausreichend dotierten und gerechten Finanzausgleich sicherzustellen, der den zentralörtlichen Funktionen der Städte und ihren besonderen Belastungen aufgrund von sozialen Leistungen Rechnung trägt. Dazu gehören auch die Rücknahme der Kürzungen des Finanzausgleichs und eine neue, tragfähige, inhaltlich sowie rechtlich überzeugende Abrechnung der einheitsbedingten Lasten.

Belastbare Konnexitätsregeln und verlässliche Mitwirkungsrechte für die Kommunen an der Gesetzgebung von Land und Bund schaffen

Die Kommunen können nur dann wirksam vor einer Aufgabenübertragung ohne finanziellen Ausgleich geschützt werden, wenn das Konnexitätsprinzip strikt beachtet wird und die Kommunen verlässlich an der kommunalrelevanten Gesetzgebung beteiligt werden. Dazu gehört auch eine Einbeziehung der Städte bei der Meinungsbildung des Landes im Vorfeld von Entscheidungen des Bundesrates. Garan-tierte Anhörungsrechte und ein Mitwirkungsrecht an der Kostenfolgenschätzung im Gesetzgebungs-verfahren von Bund und Land sind die unverzichtbare Voraussetzung für einen wirksamen Schutz der Kommunen vor weiteren finanziellen Belastungen sowie für eine bessere Gesetzgebung.

Beispielsweise im Hinblick auf den Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren bis hin zum Rechtsanspruch auf Betreuung ab 2013 erwarten die Städte, dass das Land die Geltung des Konnexitätsprinzips anerkennt und eine auskömmliche Finanzierung der Angebote gewährleistet. Trotz des erheblichen finanziellen Einsatzes der Städte für den Ausbau lassen sich die vorgegebenen Ziele bis 2013 nur erreichen, wenn sich das Land deutlich stärker an dieser Aufgabe beteiligt. Sollten Bund und Länder die Finanzierung gemeinsam mit den Kommunen nicht rasch klären, tragen sie die Verant-wortung dafür, wenn der Rechtsanspruch auf Betreuung für Einjährige ab 2013 nicht umgesetzt werden kann.

Unterstützung in der Gemeindefinanz kommission des Bundes durch das Land

Die Städte erwarten vom Land, dass es in der Gemeindefinanzkommission des Bundes die kommunalen Anliegen unterstützt. Die Städte brauchen dringend eine spürbare Entlastung bei den Sozialausgaben und Gewissheit über die Zukunft der Gewerbesteuer. Nicht die Abschaffung, sondern die Modernisie-rung der Gewerbesteuer sollte nach Auffassung der Städte der Ausgangspunkt der steuerpolitischen Reformüberlegungen auf Bundesebene sein. Darüber hinaus ist eine Verankerung verbindlicher Beteili-gungsrechte bei der kommunalrelevanten Gesetzgebung des Bundes unverzichtbar.

Die Städte sind bereit, nach Kräften ihren Beitrag zur Überwindung der Krise zu leisten. Es ist aber zu-gleich unerlässlich, dass Land und Bund unverzüglich wirkungsvolle Maßnahmen zur Lösung der struk-turellen Unterfinanzierung der Kommunen auf den Weg bringen, die von einem verantwortungsvollen Umgang mit den Kommunen zeugen. Unser Gemeinwesen kann sich keine Städte leisten, die finanziell und personell handlungsunfähig sind.

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Aufsätze und Berichte

„Städte in Not – Leistungen für die Bürger er-halten“ war das Motto der Mitgliederversamm-lung 2010 des Städtetages Nordrhein-Westfalen am 10. Juni 2010 in der Stadthalle von Neuss, an der rund 500 Delegierte und Gäste teilnahmen. Angesichts der dramatischen Finanzsituation der Städte in Nordrhein-Westfalen betonte der kommunale Spitzenverband die Bedeutung der öffentlichen Dienstleistungen und forderte Land und Bund auf, die Handlungsfähigkeit der Städte wieder herzustellen und nachhaltig zu stärken. Die Delegierten verabschiedeten eine „Neusser Erklärung“ mit den wichtigsten Forderungen und Schwerpunkten (siehe auch Seite 3 ff.).

Die Delegierten wählten den Wuppertaler Ober-bürgermeister, Peter Jung, zum neuen Vorsit-zenden des Städtetages Nordrhein-Westfalen. Der CDU-Politiker ist seit vier Jahren Mitglied des Vorstandes. Der bisherige Vorsitzende, Oberbürgermeister von Mönchengladbach, Nor-bert Bude, SPD, wurde zu seinem Stellvertreter gewählt.

Der gastgebende Oberbürgermeister Herbert Napp wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass in Neuss bereits seit gut 2000 Jahren über Fi-nanzen und Steuern debattiert und mit den je-weiligen Landesherren gestritten werde. Ein kre-ativer Umgang mit dem Thema helfe zuweilen.

Der parlamentarische Staatsekretär im Innenmi-nisterium von NRW, Manfred Palmen, bestätigte in seiner Ansprache (siehe auch Seite 9 ff.) die prekäre Haushaltssituation von vielen NRW-Kommunen und kündigte zu vier Kernthemen Maßnahmen der Landesregierung an:

• Palmen betonte, dass die steigenden Sozi-allasten Sprengstoff für die kommunalen Haus-halte seien und forderte Entlastung durch den Bund. Insbesondere setze sich die Landesre-gierung in der Gemeindefinanzkommission dafür ein, dass die Berechnungsformel für die Unter-kunftskosten im SGB II sich an den tatsächli-chen Kosten orientieren müsse.

• Er verwies auf die Arbeit der Ifo-Kommission. Der hoffentlich einvernehmlich beschlossene Abschlussbericht werde voraussichtlich über 40 Empfehlungen ausweisen und eine gute Grund-lage für Entscheidungen der neuen Landesregie-rung sein.

• Palmen bekräftigte die Zusage des Landes für einen Konsolidierungsfonds in dreistelliger Milli-onenhöhe für Kommunen in besonders schwie-riger Haushaltslage. Dabei seien noch Fragen zu klären über die Kriterien zur Voraussetzung und Vergabe. Er sagte, dass es für die Hilfeempfänger kein leichter und kurzer Weg der Entschuldung sein werde.

• Des Weiteren berichtete Palmen von guten Erfahrungen bei der Umsetzung des Konjunktur-pakets II als Beispiel der funktionierenden Zu-sammenarbeit von Landesregierung und Kom-munen.

Im Anschluss an die Ansprache von Staatsse-kretär Palmen machte am Vormittag der Städte-tagsvorsitzende Bude deutlich, dass die Städte einen elementaren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten können, indem sie den Menschen ihre öffentlichen Dienstleistungen in der be-währten verlässlichen Weise anbieten. Aber für viele Städte werde es immer schwieriger, diese Leistungen selbst zu sichern bei sinkenden Ein-nahmen und steigenden Ausgaben (siehe auch Seite 11 ff.).

Er appellierte an die neue Landesregierung, die Handlungsfähigkeit der Städte wiederherzu-stellen und nachhaltig zu stärken. Das Land dürfe die Kommunen mit ihren Problemen nicht alleine lassen. Ziel müsse es sein, die strukturellen Mängel und die Unterfinanzierung der kommu-nalen Ebene zu beseitigen und den nötigen Fi-nanzierungsspielraum für freiwillige kommunale Aufgaben zu schaffen. Dieser Appell wurde von den Delegierten mit starkem Applaus bekräftigt.

In Bezug auf den Ausbau der Kinderbetreuung forderte Bude das Einhalten des Konnexitäts-prinzips ein. Um das von Bund und Ländern

Bericht von der Mitgliederversammlung 2010 des Städtetages Nordrhein-Westfalen Von Daniela Schönwälder, Städtetag Nordrhein-Westfalen

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beschlossene Ausbauziel – eine Versorgungs-quote von 35 Prozent und die Erfüllung eines Rechtsanspruchs – erreichen zu können, seien die Städte zwingend darauf angewiesen, dass Bund und Länder sich im erforderlichen Maß an den Ausbaukosten beteiligen.

Der Städtetags-Vorsitzende betonte beim Thema Einheitslasten, dass trotz neuem Einheitslasten-abrechnungsgesetz eine einvernehmliche Lö-sung mit den Kommunen nicht in Sicht sei. Sollte die neue Landesregierung nicht zu Korrekturen bereit sein, hätten sich die Städte entschlossen,

Mitglieder des Vorstands des Städtetages Nordrhein-Westfalen nach der Mitgliederversammlung 2010 in Neuss

Vorsitzender: Oberbürgermeister Peter Jung, Wuppertal

Stellvertretender Vorsitzender: Oberbürgermeister Norbert Bude, Mönchengladbach

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied: Dr. Stephan Articus, Geschäftsstelle

Oberbürgermeister Frank Baranowski, Gelsenkirchen

Oberbürgermeister Peter Clausen, Bielefeld

Oberbürgermeister Jörg Dehm, Hagen

Oberbürgermeister Dirk Elbers, Düsseldorf

Bürgermeister Rolf Fliß, Essen

Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann, Hamm

Bürgermeisterin Angelica Maria Kappel, Bonn

Oberbürgermeister Gregor Kathstede, Krefeld

Beigeordneter Wilfried Kruse, Düsseldorf

Ständige Stellvertreterin des Geschäftsführers Monika Kuban, Geschäftsstelle

Bürgermeister Paul Larue, Düren

Oberbürgermeister Markus Lewe, Münster

Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, Mülheim a.d. Ruhr

Bürgermeister Herbert Napp, Neuss

Bürgermeister Peter Nebelo, Bocholt

Bürgermeister Wolfgang Pantförder, Recklinghausen

Oberbürgermeister Reinhard Paß, Essen

Oberbürgermeister Marcel Philipp, Aachen

Oberbürgermeister Jürgen Roters, Köln

Oberbürgermeister Adolf Sauerland, Duisburg

Bürgermeisterin Hilde Scheidt, Aachen

Stadträtin Barbara Schmidt, Bielefeld

Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz, Bochum

Oberbürgermeister Ulrich Sierau, Dortmund

Oberbürgermeister Klaus Wehling, Oberhausen

Bürgermeister Manfred Wolf, Köln

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erneut den Weg vor das Verfassungsgericht an-zutreten.

Bude bekräftigte die Bedeutung der kommu-nalen Unternehmen. Diese hätten sich in der Krise als einer der stabilisierenden Anker er-wiesen. Am Beispiel Energieversorgung seien es gerade die kommunalen Unternehmen, die für den Wettbewerb sorgen, den die Landesregie-rung mit ihrer Verschärfung des § 107 erzeugen wollte. Er appellierte an die neue Landesregie-rung, die Verschärfung des § 107 wieder rück-gängig zu machen.

Nach der einstimmigen Wahl zum neuen Vorsit-zenden machte Oberbürgermeister Peter Jung aus Wuppertal im Rahmen einer Pressekonfe-renz folgende Schwerpunkte seiner zweijährigen Amtszeit deutlich: die weitere Beteiligung des Bundes an den Sozialausgaben und eine aufga-bengerechte Finanzausstattung durch das Land einzufordern sowie die Entschuldungshilfe für besonders finanzschwache Kommunen fachge-recht zu begleiten. Jung betonte, dass die Kom-munen umso mehr Gehör fänden, wenn sie mit starker und mit gemeinsamer Stimme gegenüber Land und Bund ihre Interessen vortragen. Dafür wolle er sich besonders einsetzen.

Geschäftsführer Dr. Stephan Articus führte an-schließend in die „Neusser Erklärung“ ein und stellte die Analyse der finanziellen Situation der Städte und die daraus resultierenden Forde-rungen dar. Er sagte, in Sachen Konsolidierung und Modernisierung seien die Städte die Meister und nicht Schüler, denn sie seien der Ausgangs-punkt vieler Modernisierungsprozesse bisher gewesen. Aber man müsse ihnen die Luft zum Atmen lassen sowie die Kraft zur Modernisie-rung, statt ihnen diese zu nehmen. Deswegen stünden die Forderungen an die Adresse des Landes und damit zugleich an die Adresse des Bundes im Mittelpunkt der Neusser Erklärung.

Im zweiten Teil der Mitgliederversammlung wurde das Thema “Städte in Not“ inhaltlich vertieft. Dr. Articus unterstrich mit Zahlen und Fakten das ungebremste Wachstum und die besondere Dy-namik der kommunalen Sozialausgaben, die die städtischen Haushalte immer mehr belasten. Be-schleunigtes Wachstum sei beispielsweise pro-grammiert: • für die Unterkunftskosten für Langzeitarbeits-lose,• für die Erziehungshilfen für problembelastete Kinder und ihre Familien,• für die Kindertagesbetreuung und den Ausbau der Angebote für Unter-Dreijährige,• für die Hilfen für behinderte Menschen,

• für die Grundsicherung im Alter, wenn die Rente nicht reicht,• und für die Hilfe zur Pflege, wenn die Pflege-versicherung nicht reicht.

Dr. Articus machte deutlich, dass gerade wirt-schafts- und strukturschwache Städte mit un-terdurchschnittlichen Steuereinnahmen durch Sozialausgaben besonders hoch belastet seien. Wenn die sozialen Aufgaben der Kommunen nicht grundsätzlich solide finanziert sind, ge-raten wirtschaftlich schwächere Kommunen mit überdurchschnittlichen Sozialleistungen und unterdurchschnittlichen Einnahmen früher oder später unvermeidbar in Haushaltsnotstand.

Was die Kommunen brauchen, seien verbind-liche Kostenfolgenabschätzungen von Geset-zesvorhaben und verbriefte Beteiligungsrechte der Kommunen bei Gesetzesinitiativen sowie vor Entscheidungen. Sonst bleibe es bei dem „Casino Föderal“, das heißt, der praktizierten Intransparenz von Entscheidungsverantwortung des Bundes und der Länder zu Lasten der Kom-munen (siehe auch Seite 18 ff.).

Im Anschluss präsentierte Professorin Dr. Gisela Färber von der Deutschen Hochschule für Verwal-tungswissenschaften in Speyer ihre Thesen zum Thema Überschuldung und Entschuldung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Sie betonte, dass eine Entschuldung nur der letzte Schritt sei und nur dann erfolgreich sein werde, wenn vorher die strukturellen Probleme analysiert und aus dem Weg geräumt wurden. Beispielsweise müsste die Richtung eingeschlagen werden: weg von Zweckzuweisungen hin zu Schlüssel-zuweisungen für die Kommunen. Zudem sollte eine Effizienzkontrolle eingeführt werden bei der Umsetzung von Bundes- und Landesgesetzen durch die Kommunen. Außerdem reiche eine Kostenfolgenabschätzung im Gesetzgebungs-verfahren nicht aus, da sich die Parameter des Gesetzvollzuges auch ändern könnten. Des-halb müssten die Kostenfolgenbelastungen von Bundes- und Landesgesetzen regelmäßig überprüft und entsprechende Verfahren entwi-ckelt werden. Zum Abschluss wurde ihr Aufruf an die Delegierten und Gäste in Bezug auf die Umsetzung von bestimmten Verordnungen und Gesetzen: „Seien Sie doch einmal ungehorsam!“ mit Applaus bedacht.

Professor Dr. Wolfram Höfling von der Univer-sität zu Köln erläuterte die verfassungsrechtli-chen Leitlinien des Konnexitätsprinzips, nach dem Entscheidungsverantwortung und Finan-zierungslast grundsätzlich in einer Hand liegen müssen, um Verzerrungen des politischen Pro-zesses vorzubeugen. Keine Ebene solle auf

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Kosten einer anderen Ebene Entscheidungen treffen können. Dies diene dem Schutz der kom-munalen Selbstverwaltungsgarantie. Anschlie-ßend ging er auf die Grundsatzentscheidungen des Verfassungsgerichtshofs NRW vom 23. März 2010 zur Kommunalisierung der Versorgungs- und Umweltverwaltung ein, die die Anwendung des Prinzips und seiner Schutzfunktion relati-viert habe und in der Folge zum Verfahren der Kostenfolgenabschätzung mehr Fragen als Ant-worten aufwerfe.

Als letzter Redner der Diskussion ging Professor Dr. Ulrich Battis von der Humboldt-Universität zu Berlin auf Optimierungs- und Entwicklungs-hemmnisse in föderalen Strukturen ein. Seine Thesen: Die Föderalismusreform I habe partiell nach dem Motto „Entflechtung durch Verflech-tung“ mehr geschadet als genutzt. Die Födera-lismusreform II werde durch die strenge Schul-denbremse für die Länder auf die Gemeinden durchschlagen. Eine Möglichkeit für einen neu konzipierten Finanzausgleich könnte die Ins-

titutionalisierung einer Finanzausstattung von Ländern und Gemeinden nach dem Vorbild der Schweiz sein. Es gebe Entwicklungen, die den Kommunen Mut machen können, wie beispiels-weise die Rechtsprechung der Landesverfas-sungsgerichte zum Konnexitätsprinzip gegen die Länder sowie die Umkehr des Trends zur Priva-tisierung kommunaler Daseinsvorsorge auf der europäischen Ebene.

Zum Abschluss der Mitgliederversammlung machte der neue Vorsitzende, Oberbürger-meister Jung noch einmal deutlich, dass das Land Nordrhein-Westfalen handlungsfähige Städte brauche. Daran führe kein Weg vorbei (siehe auch Seite 22 ff.).

Weitere Informationen über die Mitgliederversammlung

finden Sie im Internet unter www.staedtetag-nrw.de

Ansprache von Staatssekretär Manfred Palmen, Innenministerium des Landes NRW

Ich überbringe Grüße der Landesregierung in einer schwierigen Zeit. Die Landesregierung ist seit gestern nur geschäftsführend tätig – eine neue Landesregierung ist derzeit nicht in Sicht. An dieser Stelle will ich keine Bewertung des Landtagswahlergebnisses vornehmen, auch will ich mich nicht äußern zum Stand der Gespräche zwischen den demokratischen Parteien im Landtag – dies mag den Gesprächen im Foyer vorbehalten bleiben. Aber: wie Berthold Brecht sagt: Der Vorhang geschlossen – und alle Fragen offen.

Im Interesse des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger hoffe ich darauf, dass eine neue Lan-desregierung so schnell wie möglich gebildet und dass diese neue Landesregierung so schnell wie möglich handlungsfähig wird. Etliche Themen er-lauben eigentlich keinen Aufschub – dazu gehört an vorderster Stelle der äußerst schwierige Zu-stand der kommunalen Haushalte.

Letzter Stand unserer Erkenntnisse:

– 60 Prozent aller NRW-Kommunen (= 254) werden in 2010 über die Ausgleichsrücklage hi-naus ihr Eigenkapital angreifen (müssen),

– 40 Prozent aller NRW-Kommunen (= 168) sind sogar so weit, dass sie haushaltssicherungs-pflichtig werden,

– 30 Prozent aller NRW-Kommunen (= 135) sogar ohne Aussicht auf eine Genehmigung des HSK im Nothaushaltsrecht.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist damit auch im letzten Winkel unseres Landes angekommen. Innen- und Finanzministerium arbeiten seit ge-raumer Zeit daran, Wege aus der Krise zu ent-wickeln.

Gemeindefinanzkommission

Die Gemeindefinanzkommission Bund ist im April maßgeblich auf Initiative der NRW-Landes-regierung zustande gekommen. Aufgaben der Kommission sind:

1.) auf der Basis einer Bestandsaufnahme Lö-sungsvorschläge zu den drängenden Problemen des kommunalen Finanzsystems zu erarbeiten und zu bewerten und

2.) darüber hinaus Handlungsempfehlungen zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung zu erarbeiten.

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kleinen oder armen und reichen Kommunen her-zustellen – beide Gruppen sind nicht identisch.

Konsolidierungshilfe des Landes

Meine Zusage – gemeinsam mit dem Finanz-ministerium in der Gemeindefinanzkommission des Landes abgegeben – steht: Das Land wird eine Konsolidierungshilfe an Kommunen in sehr schwierigen Haushaltslagen leisten.

Viele offene – und alles andere als triviale – Fragen sind noch zu klären: Wer erhält wie viel Hilfe? Welche Kriterien sollen bei dieser Entscheidung herangezogen werden? Sollen ausgelagerte Vermögenswerte berücksichtigt werden? Wenn ja, wie? An welche Bedingungen wird die Hilfe geknüpft und wie wird ihre Einhaltung kontrol-liert? Wie wird die Hilfeleistung aufgebracht und organisiert? Wie wird Haushaltskonsolidierung unumkehrbar gemacht?

Klar ist, dass Mittel für die Konsolidierungshilfe bereits im Landeshaushalt 2011 vorgesehen werden und damit vom kommenden Jahr an zur Verfügung stehen sollen. Klar ist weiter, dass es sich um einen mindestens dreistelligen Millio-nenbetrag handeln muss, dessen genaue Höhe aber noch nicht feststeht. Und klar ist schließlich auch, dass es nicht mit einem einmaligen Be-trag getan ist. Ich gehe vielmehr davon aus, dass der Abbau der Fehlentwicklungen der letzten 20 Jahre deutlich mehr als eine Legislaturperiode beanspruchen wird.

Ein deutlicher Hinweis schon jetzt: Für die Hilfe-empfänger wird der „Konsolidierungspfad“ kein leichter Weg und kein kurzer Weg – erhebliche eigene Anstrengungen bleiben erforderlich – auch, um die Hilfeleistungen gegenüber denje-nigen zu rechtfertigen, die die Mittel dafür mit aufbringen müssen.

Zur Klärung der vielen noch offenen Fragen soll ein Gutachten beitragen, das hoffentlich bald vergeben werden kann. Die Fragestellungen sind inzwischen mit allen drei kommunalen Spitzen-verbänden einvernehmlich abgestimmt worden. Es ist vereinbart, dass die kommunalen Spit-zenverbände über die Arbeit der Gutachter in-formiert werden. Das Gutachten soll möglichst Anfang November vorliegen.

Konjunkturpaket II

Mit 84 Prozent der Mittel hat das Land Nord-rhein-Westfalen den bundesweit höchsten Pro-zentsatz an die Kommunen weiter geleitet – nir-gendwo sonst wurde das Konjunkturpaket so kommunalfreundlich, schnell und wirkungsvoll

Wichtigster Punkt aus NRW-Sicht: Zur Be-grenzung der ständig steigenden Ausgaben für soziale Leistungen muss es eine nachhaltige finanzielle Beteiligung des Bundes geben. Sozi-allasten sind der „Sprengsatz“ für die kommu-nalen Haushalte.

Im Übrigen: Im Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch II ist es ganz wesentlich dem Einsatz der Landesregierung zu verdanken, dass der Bundesrat mit Zweidrittel-Mehrheit den Ver-mittlungsausschuss angerufen hat. Ich setze darauf, dass auch die künftige Landesregierung sich im kommunalen Interesse weiter dafür ein-setzen wird, dass sich die Anpassungsformel für die Bundesbeteiligung an den tatsächlichen Kosten orientiert wird. Wir werden uns natür-lich auch die Folgen des neuen Sparpaketes für unser Land und unsere Kommunen dabei an-sehen.

Die Ergebnisse der Gemeindefinanzkommis-sion Bund sollen noch in diesem Jahr vorgelegt werden. NRW hat als einziges Land zusätzlich eine Gemeindefinanzkommission auf Landes-ebene eingesetzt. Die Landeskommission hat die gleiche Struktur wie die Bundeskommission, seitens der Landesregierung sind IM, FM und MAGS vertreten. Die Aufgaben sind: Vorberei-tung der Arbeit in der Kommission auf Bundes-ebene und Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden. Ich stelle fest: die Zusam-menarbeit läuft gut.

Modernisierung des kommunalen Finanz-ausgleiches / Umsetzung der Ergebnisse der ifo-Kommission

Die ifo-Kommission hat nach 12 langen Sitzungen in 21 Monaten ihre Arbeit abgeschlossen. Es war eine sehr konstruktive Zusammenarbeit der Kommissionsmitglieder: Abgeordnete aller Frak-tionen, der drei kommunalen Spitzenverbände, der Landschaftsverbände und Vertreter von In-nenministerium und Finanzministerium.

Erfreulich: die ifo-Kommission spricht im Ab-schlussbericht weit über 40 Empfehlungen aus – offensichtlich ist in vielen Fällen gelungen, zu gemeinsamen Einschätzungen zu gelangen. In-nenstaatssekretär Brendel als Kommissionsvor-sitzender wird den Abschlussbericht noch im Juni dem Landtag zuleiten. Die Arbeit der Kom-mission ist eine gute Grundlage für die nun an-stehenden Umsetzungsentscheidungen, die die neue Landesregierung und der neue Landtag zu treffen haben. Ziel bleibt ein fairer Interessen-ausgleich unter anderem zwischen großen und

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umgesetzt. Ich bin durchaus auch ein wenig stolz darauf, dass wir gemeinsam Regelungen gefunden haben, die es allen Kommunen unab-hängig von ihrer Haushaltslage ermöglichen, von dem Programm zu profitieren.

Wie ist der Umsetzungsstand heute? Bisher sind in 7103 Maßnahmen 2,5 Milliarden Euro, das heißt 88 Prozent, gebunden und inzwischen 515 Millionen Euro ausbezahlt für 770 abgeschlos-sene Maßnahmen.

Gern nutze ich die Gelegenheit, mich beim Städ-tetag insbesondere bei Herrn Dr. Articus und Frau Kuban für seine Kooperation zu bedanken – nicht nur im Zusammenhang mit der eben er-wähnten Gutachtenvergabe, sondern auch für die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit, sei es in der Gemeindefinanzkommission, in der ifo-Kommission, beim Konjunkturpaket II oder in an-deren Zusammenhängen.

Die Amtierende Landesregierung wird sich nicht hinter dem Wahlergebnis verstecken, sie wird sich den aktuellen Problemen nicht entziehen – sie wird sich im Gegenteil allen Herausforde-rungen stellen – Probleme verlangen Lösungen eher heute als morgen.

Mir liegt daran, möglichst viel von dem vorzube-reiten, was die künftige Landesregierung benö-tigt, um Entscheidungsgrundlagen zu haben – es soll jedenfalls nicht an unserer geschäftsfüh-renden Landesregierung liegen, wenn die Dinge ins Stocken geraten.

Kommunen brauchen schnelle Wege aus der Krise – deshalb wünsche ich uns allen im In-teresse der Bürgerinnen und Bürger schnelle und nachhaltige Erfolge, Ihnen eine gute Hand in 2010 und gute Beratungen und das notwen-dige Augenmaß bei allen anstehenden Entschei-dungen und Wahlen.

„Städte in Not - Leistungen für die Bürger erhalten“Rede von Oberbürgermeister Norbert Bude, Mönchengladbach, Vorsitzender des Städtetages NRW

„Städte in Not – Leistungen für die Bürger er-halten“ ist das Motto unserer diesjährigen Mit-gliederversammlung. Wer in der Vergangenheit Aufmerksamkeit für die Not der städtischen Haushalte gewinnen wollte, der musste sich oft anhören, das Thema besitze nun wahrlich keinen Neuigkeitswert mehr. Das hat sich geändert. In den Verwerfungen der gegenwärtigen globalen Finanz- und Wirtschaftskrise hat das Bewusst-sein für die Leistungen des Gemeinwesens vor Ort enorm zugenommen. Und auf einmal er-fahren die städtischen Leistungen und ihre Fi-nanzierung eine sehr große Aufmerksamkeit.

Prognose

Die Prognosen für die finanzielle Entwicklung der städtischen Haushalte in diesem und dem kommenden Jahr sind düster. Auf der Einnah-menseite haben die steuerstarken Jahre 2007 und 2008, in denen die kommunale Ebene in Nordrhein-Westfalen Überschüsse von 754 bzw. 546 Mio. Euro verzeichnen konnte, den Ab-wärtstrend – bei einigen, nicht bei allen Städten – vorübergehend bremsen können. Als Ergebnis der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise bre-

chen die Steuereinnahmen der Städte massiv ein. Rekorddefizite und explodierende Verschul-dung durch kurzfristige Kredite sind aber nicht allein den wegbrechenden Einnahmen infolge konjunkturbedingter Steuerausfälle und Minder-einnahmen geschuldet. Zentrales Problem der kommunalen Finanzsituation ist die Entwick-lung der Ausgaben für soziale Leistungen. Diese weisen eine Dynamik auf, die die Handlungsfä-higkeit vieler Städte in Frage stellt. Die Sozial-ausgaben der Kommunen sind bundesweit in nur zehn Jahren von rund 26 Milliarden Euro im Jahr 1999 auf über 40 Milliarden Euro im Jahr 2009 gestiegen. Die nordrhein-westfälischen Städte sind von dieser Entwicklung besonders stark betroffen. Eine zunehmende Zahl von Städten ist gezwungen, die Finanzierung der ihnen durch Bundes- und Landesrecht zugewiesenen Auf-gaben in immer höherem Volumen über Kassen-kredite sicherzustellen.

Den jüngsten Schätzungen des Deutschen Städ-tetages zur Folge ist in diesem Jahr mit einem Defizit der kommunalen Haushalte in einer Grö-ßenordnung von etwa 15 Milliarden Euro bundes-weit zu rechnen. Allein in Nordrhein-Westfalen

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hat der Stand der Kassenkredite zum Jahres-ende 2009 die Rekordmarke von 17 Milliarden Euro überschritten und nach jüngsten Schät-zungen rechnen rund 40 Kommunen kurz- bis mittelfristig mit der bilanziellen Überschuldung.

Handlungsnotwendigkeiten

Aus all diesen Entwicklungen entstehen in oh-nehin schwierigen Zeiten zusätzliche Handlungs-notwendigkeiten für die Städte. Bei dramatisch sinkenden Einnahmen steigen die Belastungen und Anforderungen. Als Folgen sind vor allem steigende Arbeitslosigkeit, Integrationspro-bleme, Sekundärprobleme wie Lehrstellen-mangel und die Gefahr der Zunahme extremer Gruppierungen, zu nennen. Familien mit Kindern, Familien in besonderen sozialen Problemlagen und Familien mit Migrationshintergrund sind von den mit der Wirtschaftskrise zunehmenden sozi-alen Integrationsproblemen besonders bedroht.

Die Zunahme der Bedeutung öffentlicher Dienstleistungen

Die Bedeutung öffentlicher Dienstleistungen in kommunaler Umsetzungsverantwortung nimmt in der Krise daher besonders deutlich zu; die Leistungen zu sichern wird aber gleichzeitig sehr viel schwieriger.

Die Städte können einen elementaren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten, indem sie den Menschen ihre öffentlichen Dienstleistungen in der gewohnten und bewährten verlässlichen Weise anbieten. Denn diese Leistungen stellen ein Sicherheitsnetz dar, das den Menschen grundlegende Dienstleistungen sozialer, wirt-schaftlicher und kultureller Art bereit stellt. Die Städte sind damit ein unverzichtbarer Teil des Sozialstaates in Deutschland, indem sie ent-weder eigene Leistungen anbieten oder mit ihren Behörden die bundes- und landesrechtlich gere-gelten Leistungsansprüche gegenüber den Men-schen vor Ort administrieren.

Darauf konnte man sich bisher verlassen. Und das muss auch für die Zukunft gesichert werden.

Die Qualität und Verlässlichkeit kommunaler Leistungen entscheidet ganz stark darüber, in welchem Maß sich die Menschen in unserem Land mit dem Gemeinwesen als Ganzem identi-fizieren. Gerade in schwierigen Zeiten nimmt die Bedeutung öffentlicher Dienstleistungen noch zu.

Die Menschen spüren Kürzungen und Ein-schnitte bei den Leistungen unmittelbar – wenn der Bus vor Ort nicht mehr im Zehn- sondern

Zwanzig-Minuten-Takt fährt, wenn Bäder ge-schlossen und die Öffnungszeiten der Biblio-thek eingeschränkt oder Theater gar ganz abge-wickelt werden. Wir alle wissen, dass dies die Lebensqualität der Bevölkerung vor Ort direkt beeinflusst. Die Gebühren für den Kindergarten oder die Abfallentsorgung sind im Portemonnaie der Menschen vor Ort spürbar.

Wenn Bund und Länder trotz der schlechten Einnahmesituation der öffentlichen Hand sogar Steuerentlastungen – zulasten kommunaler Haushalte – beschlossen haben, wie sollen wir dann den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort diese Einschnitte erklären? Gleichwohl haben wir uns bislang der Verantwortung der Haushaltskonso-lidierung immer wieder gestellt. Viele Städte und Gemeinden hier in Nordrhein-Westfalen haben eine Sparrunde nach der anderen hinter sich. Öf-fentliche Leistungen wurden reduziert oder ver-stärkt in die Hände der Bürgerinnen und Bürger vor Ort gelegt und manches Projekt auf den Prüfstand gestellt. Und doch haben wir immer wieder feststellen müssen, dass – kaum war das Sparpaket geschnürt – Veränderungen auf Bundes- oder Landesebene diese Einsparungen regelrecht „aufgefressen“ haben.

Appell an eine neue Landesregierung

Die Landtagswahl liegt erst wenige Wochen zurück. Die Chance, mich hier im Rahmen un-serer Mitgliederversammlung auch direkt an Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Land-tagsabgeordnete, zu wenden, will ich nicht un-genutzt lassen. Mein Appell soll aber nicht inner-halb der Stadthalle verbleiben, sondern sich an alle – auch an die heute hier nicht anwesenden – Abgeordneten des Landtags, der sich gerade gestern konstituiert hat, und an die Verantwort-lichen einer neu zu bildenden Regierung richten.

Die Städte in Nordrhein-Westfalen spielen eine zentrale Rolle für die Entwicklungschancen un-seres Landes. Dieser Rolle muss – gerade in Zeiten der Krise – eine besonders hohe Aufmerk-samkeit gelten.

Wir brauchen eine Politik, die die Handlungsfä-higkeit der Städte wiederherstellt und sie künftig und nachhaltig stärkt. Das Land darf die Kom-munen mit ihren Problemen nicht alleine lassen. Ziel muss es sein, die strukturellen Mängel und die Unterfinanzierung der kommunalen Ebene zu beseitigen und den nötigen Finanzierungs-spielraum für freiwillige kommunale Aufgaben zu schaffen.

Der Bedeutung der Städte ist auch auf Bundes-ebene Ausdruck zu verleihen. Das Land kann über sein Stimmverhalten im Bundesrat wesent-

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lichen Einfluss auf bundespolitische Vorhaben ausüben. Vergessen Sie nicht: Nordrhein-West-falen ist das bevölkerungsreichste und auch das städtereichste Bundesland. Deshalb begrüßen wir auch, dass eine Gemeindefinanzkommission auf Landesebene eingesetzt wurde. Wir erwarten vom Land, dass es die Anliegen seiner Kom-munen in der Gemeindefinanzkommission des Bundes unterstützt.

Thema Föderalismus/Beteiligung

Auf Dauer noch wichtiger ist aber eine unmittel-bare Einbindung der kommunalen Ebene in die Gesetzgebung von Land und Bund. Die Kom-munen können als maßgebliche Verwaltungs-ebene ihre Erfahrungen und Erkenntnisse hier fruchtbar einbringen. Es ist daher absolut richtig, dass jetzt auf Bundes- und Landesebene über verbesserte Beteiligungsmöglichkeiten der Kom-munen bei der Bundesgesetzgebung diskutiert wird. Bisher haben die Kommunen häufig „am Katzentisch“ gesessen. Bund und Länder haben neue Aufgaben beschlossen oder die Standards in der Aufgabenwahrnehmung erhöht – bezahlen mussten das vielfach die Städte. Als letztes Glied in der Kette können sie die Belastungen letztlich nur noch an die Bürger weiterreichen.

Thema Konnexitätsprinzip

Große Hoffnungen ruhten daher auf der Veran-kerung des strikten Konnexitätsprinzips in die Landesverfassung Nordrhein-Westfalens und in das Konnexitätsausführungsgesetz. Damit sollte endlich gewährleistet werden, dass der, der be-stellt, auch bezahlt. Tatsächlich entfalten beide Regelungen eine gewisse Schutzfunktion. Ganz so leicht ist es für Bund und Land nicht mehr, den Kommunen zusätzliche Aufgaben zu über-tragen. Und doch ist der Schutz beileibe nicht lückenlos. Er hilft nicht gegen die Kostenexplo-sion im Sozialbereich, denn hierbei handelt es sich weitgehend um bestehende Aufgaben.

Und auch dort, wo das Konnexitätsprinzip greift, wie beispielsweise bei der Kommunalisierung der Aufgaben der Versorgungs- und Umweltver-waltung, liegt noch ein weiter Weg vor uns. Die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs in dieser Sache unterstreichen zwar die Bedeutung des Konnexitätsprinzips, sie zeigen aber auch, dass seine Anwendung noch nicht zum gesetz-geberischen Alltag gehört. Mit großer Aufmerk-samkeit wird man daher die jetzt anstehende Evaluation des Kostenausgleichs verfolgen. Hier wird sich letztlich beweisen müssen, ob die Kommunen tatsächlich das Geld erhalten, das

zur Umsetzung der übernommenen Aufgaben erforderlich ist.

Für die nordrhein-westfälischen Städte ist die effektive Umsetzung des Konnexitätsprinzips je-denfalls unverzichtbar. Das ist auch der Grund, weshalb ein weiterer Anwendungsfall zurzeit vor dem Verfassungsgerichtshof anhängig ist. Ich spreche von der Umsetzung des Kinderförde-rungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen. Wir alle sind uns einig, dass der Ausbau der Betreuung der unter dreijährigen Kinder ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Familien ist. Um aber überhaupt das von Bund und Ländern beschlossene Aus-bauziel – eine Versorgungsquote von 35 Prozent zur Erfüllung eines Rechtsanspruchs – erreichen zu können, sind die Städte zwingend darauf an-gewiesen, dass Bund und Länder ihrer Verant-wortung gerecht werden und sich im erforderli-chen Maß an den Ausbaukosten beteiligen.

Wir haben aber erleben müssen, dass das Land die von Seiten des Bundes bereitgestellten Be-triebskostenzuschüsse nicht nur nicht an die Kommunen weitergeleitet hat, es hat darüber hinaus auch jegliche Konnexitätsrelevanz des U-3-Ausbaus bestritten. Mit der Einführung eines Rechtsanspruchs und den verbindlichen Betreuungsquoten wird hier aber eine neue Aufgabenqualität geschaffen – mit erheblichen Belastungen für die kommunalen Haushalte. Entsprechend dem Grundsatz „Wer bestellt, be-zahlt!“ ist nicht hinnehmbar, dass die Kommunen den Löwenanteil der gesetzlich in Stufen fest-gelegten Ausbauverpflichtung von Betreuungs-plätzen und des Rechtsanspruchs ab dem Jahr 2013 zu tragen haben. Darüber hinaus zeichnet sich schon jetzt ab, dass die angestrebte Ver-sorgungsquote von 35 Prozent nicht ausreichen wird, um den Rechtsanspruch auf Betreuung si-cherzustellen.

Thema Finanzen

Die Städte und Gemeinden sind „Keimzellen der Demokratie“. Unsere Städte sind Arbeits-markt und Ideenzentren. Als zentrale Orte der Kultur, der Kommunikation und der Bildung setzen sie Impulse für die Entwicklung des ge-samten Landes. Es gilt daher, eine aufgabenge-rechte Finanzierung der nordrhein-westfälischen Städte endlich sicherzustellen. Das war und ist ein Kernanliegen in der Arbeit des Städtetages Nordrhein-Westfalen. Ein zentrales Augenmerk gilt dabei dem kommunalen Finanzausgleich. Seit Mitte 2008 haben wir über das Gutachten des in München ansässigen ifo-Instituts disku-tiert. In der neuen Legislaturperiode wird es jetzt darum gehen, die notwendigen Umsetzungs-

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schritte einzuleiten. Auch hier liegt ein Großteil des Weges noch vor uns. Das gilt auch mit Blick auf die Beteiligung der Kommunen an den Einheitslasten. Nachdem der Verfassungsgerichtshof Ende 2007 die bisherige Regelung verworfen und den Landesgesetz-geber verpflichtet hatte, die Überzahlung des kommunalen Beitrags auszugleichen, hatte es mehrere Gutachten und intensive Diskussionen gegeben. Seit Anfang dieses Jahres ist nun das neue Einheitslastenabrechnungsgesetz in Kraft, doch von einer einvernehmlichen Lösung sind wir nach wie vor weit entfernt. Mit dem Gesetz wird ein neuer Berechnungsmodus für die Jahre bis 2019 geschaffen; ein Berechnungsmodus, der erhebliche Belastungen der kommunalen Familie zur Folge hat. Angesichts der ohnehin leeren Kassen kann ein solches Vorgehen nicht akzeptiert werden. Sollte die neue Landesregie-rung hier nicht zu Korrekturen bereit sein, haben sich die Städte entschlossen, erneut den Weg vor das Verfassungsgericht anzutreten. In Zeiten, in denen Bürger sich mit der Überschuldung ihrer Stadt auseinandersetzen müssen, sind die anderenfalls drohenden Lastenverschiebungen für uns nicht hinnehmbar. Als ein positives Gesetzesvorhaben in der Ver-gangenheit ist die Novellierung des Sparkas-sengesetzes zu nennen. Hier konnten in inten-siven und teilweise strittigen Verhandlungen gemeinsam mit den Sparkassenverbänden, den anderen kommunale Spitzenverbänden und wei-teren Mitstreitern im Ergebnis entscheidende Verbesserungen bei wichtigen Fragen erzielt werden. So hält das Gesetz auch zukünftig an der kommunalen Trägerschaft der Sparkassen fest und schließt eine Einbeziehung der Spar-kassen in die Kommunalbilanzen aus.

Thema BildungDer bereits offen gelegte Befund unzureichender Finanzausstattung lässt sich vielerorts beklagen. So wichtig Einsparungen sind: Das Prinzip „Rasenmäher“ – wie es die Medien so treffend beschreiben – kann nicht überall angewandt werden. Schwerpunkte müssen gesetzt werden und Investitionen in zukunftsträchtigen Berei-chen weiterhin gewährleistet sein. Dies gilt ins-besondere für den Bereich der Bildung. Insofern ist der Bundeskanzlerin beizupflichten: Wer den Bereich der Bildung vernachlässigt, setzt die Zu-kunft unseres Landes aufs Spiel.

In den vergangenen Jahren wurden im Schulbe-reich viele wichtige Reformvorhaben auf den Weg gebracht. So wurde der – zunächst für Schulen der Sekundarstufe I geförderte – Ausbau ge-bundener Ganztagsschulen auf die Gymnasien

und Realschulen ausgeweitet. Darüber hinaus werden allen Schulen der Sekundarstufe I Res-sourcen für eine pädagogische Übermittagsbe-treuung sowie für zusätzliche freiwillige außer-unterrichtliche Ganztagsangebote zur Verfügung gestellt.

Die „Ganztagsoffensive“ der Landesregierung Nordrhein-Westfalen wurde vom Städtetag als erster Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Der dafür zur Verfügung gestellte Finanzierungs-beitrag der Landesregierung ist aber unange-messen gering. Dies gilt insbesondere für den vorgesehenen Zuschuss in Höhe von maximal 100.000 Euro je Schule für den Bau von Mensen und Aufenthaltsräumen. Eine an den realisti-schen Kosten orientierte Aufstockung des Inves-titionsprogramms ist hier sehr wichtig. Zur Zeit besteht auch auf diesem Gebiet wieder einmal ein eklatantes Missverhältnis zwischen den Zu-wendungen des Landes und den kommunalen Eigenmitteln.

Problematisch erscheint darüber hinaus, dass sich der überall abzeichnende Systemwechsel von der klassischen Halbtagschule zum unter-richtlichen bzw. außerunterrichtlichen Ganztags-betrieb im nordrhein-westfälischen Schulgesetz bisher nicht abbildet. Die zentralen Ziele, das heißt, die inhaltliche, pädagogische, räumlich-sächliche, personelle (Lehrer und Sozialpäda-gogen umfassende) und organisatorische Aus-gestaltung des schulischen Ganztagsbetriebs sowie dessen Finanzierung sind derzeit in einer Flut von – mittlerweile auch von Fachleuten kaum noch zu überblickenden – Erlassen geregelt. Hier bedarf es einer gesetzlichen Regelung der wich-tigsten Parameter des Ganztagsbetriebs.

Es ist richtig, dass das Land in Bildung und Be-treuung investiert, die Lasten tragen aber auch die Kommunen. Gleichzeitig wird den Städten aber die Möglichkeit zur Gestaltung der örtli-chen Schullandschaft verwehrt. Angesichts der demografischen Entwicklung, des veränderten Schulwahlverhaltens der Eltern und des Prob-lemdrucks vor Ort benötigen die Städte jedoch mehr Entscheidungs- und Gestaltungsrechte, insbesondere bei der flexiblen und bedarfsge-rechten Schulorganisation. Durch Bildung von Verbundschulen in unterschiedlicher Form bis hin zur Zusammenfassung der weiterführenden Schulen mit Ausnahme des Gymnasiums zur er-weiterten Sekundarschule (Zwei-Säulen-System) könnten den Kommunen die notwendigen Hand-lungsmöglichkeiten vor Ort eingeräumt sowie mehr Durchlässigkeit im Schulsystem erreicht werden. Eine Schulpolitik mit eigenverantwort-lichem Handlungsspielraum der Städte verbes-

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sert die Ausbildung und die Chancen aller Kinder in unseren Städten.

Große Herausforderungen für die Schul struktur und Schulorganisation sehen wir auch im Rah men der Umsetzung der UN-Behinderten-rechtskonvention. Wir fordern auch hier, dass sich das Land nicht aus der Verantwortung stiehlt. Das Land hat ein Konzept zur schritt-weisen Umsetzung der Verpflichtung aus der UN-Behindertenrechtskonvention, behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam zu unter-richten, vorzulegen und im Rahmen der Schulge-setzgebung umzusetzen. Dieses Konzept muss die pädagogischen Leitlinien, die entsprechende Fortentwicklung der Lehreraus- und -fortbildung sowie die notwendige Finanzierungsgrundlage beinhalten. Die Kommunen dürfen nicht zu kon-nexitätsbedingten Ausfallbürgen des Landes werden. Hauptleidtragende wären auch die be-troffenen Kinder und Jugendlichen, die sich zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund der Auswir-kungen der UN-Behindertenrechtskonvention in nicht dafür gerüsteten Schulen und mit nicht darauf vorbereiteten und ausgebildeten Lehrern wiederfinden könnten.

Bei der Förderung und dem Ausbau von Bil-dungs- und Freizeitangeboten, insbesondere für Kinder und Jugendliche, spielt auch der Sport eine nicht unerhebliche Rolle. Basis für eine ge-deihliche kommunale Sportpolitik ist die enge Zusammenarbeit zwischen den ehrenamtlich geführten Vereinen und den kommunalen Ent-scheidungsträgern. Unter dem Titel „Starker Sport – starke Städte und Gemeinden in Nord-rhein-Westfalen“ konnte erfreulicherweise im März dieses Jahres eine Kooperationsverein-barung zwischen dem Landessportbund, dem Städte- und Gemeindebund und dem Städtetag Nordrhein-Westfalen abgeschlossen werden. Mit dieser Vereinbarung wird das ohnehin gute Ver-hältnis auf eine neue Basis gestellt.

Thema Stadtentwicklung/Wohnen/Verkehr

Umfassende und qualifizierte Betreuungs-, Bil-dungs- sowie Freizeitangebote sind aber nur ein Bestandteil lebenswerter Städte. Ausrei-chender und bezahlbarer Wohnraum spielen dabei ebenso eine wichtige Rolle. Städte mit angespannten Wohnungsmärkten benötigen daher dringend die erforderlichen Instrumente und Fördermittel um eine aktive Wohnungspo-litik zu gewährleisten, die den Bestand an Sozi-alwohnungen sowie altengerechtem Wohnraum sicherstellt. Eine gute und nachhaltige Stadtent-wicklungspolitik zeichnet sich vor allem dadurch aus, die Städte als lebenswerte Orte für alle Be-

völkerungsgruppen zu gestalten. Der Verkauf der LEG Landesentwicklungsgesellschaft ist vor diesem Hintergrund als problematisch zu be-werten. Dies schafft zusätzliche städtebauliche und wohnungspolitische Probleme, weil der neue Eigentümer – anders als die LEG – das Angebot an preiswertem Wohnraum, die Investitionen in die Modernisierung und das Engagement in den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf deutlich reduziert hat. Damit fällt ein wichtiger Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit be-zahlbarem Wohnraum, zur Stadterneuerung und zur sozialen Stabilisierung in benachteiligten Wohnquartieren aus.

Das Land ist aufgefordert, die im Rahmen der Leipzig Charta zwischen Bund, Ländern und Kommunen verabredete Gemeinschaftsinitia-tive für eine integrierte Stadtentwicklungspolitik auch in Nordrhein-Westfalen stärker zu nutzen. Die Städte brauchen ressortübergreifend abge-stimmte Hilfen des Landes, um die großen He-rausforderungen des demografischen Wandels, des energetischen Stadtumbaus und der Globa-lisierung mit einer nachhaltigen Strategie bewäl-tigen zu können. Grundlage hierfür können nur eine engere Abstimmung und Maßnahmebünde-lungen der einzelnen betroffenen Fachsektoren und Ministerien sein.

Dabei verfolgen wir eine Stadtentwicklungspo-litik, die die Städte als Zentren stärkt. Nur eine Infrastrukturpolitik, die auf die Städte ausge-richtet ist, kann der richtige Weg sein, weil sich der ländliche Raum nur entwickeln kann, wenn er starke Städte als Zentren hat. Dabei ist eine Verkehrspolitik unverzichtbar, die neben der notwendigen Mobilität in den Städten auch die Erreichbarkeit der Stadtzentren aus dem Um-land garantiert. Dazu ist es erforderlich, dass das Land die Förderung der kommunalen Ver-kehrsinfrastruktur zumindest im bisherigen Um-fang auch nach 2013 festschreibt und dabei analog dem ÖPNV-Gesetz auch für den Bereich des kommunalen Straßenbaus eine gesetzliche Grundlage schafft, die die Möglichkeit zur Ver-wendung dieser Mittel auch für Erneuerungsin-vestitionen enthält.

Funktionsfähige und lebendige Innenstädte mit ihrer lokalen Eigenständigkeit, Unverwechsel-barkeit und Funktionsmischung sind das, was unser Land prägt. Doch der großflächige Ein-zelhandel auf der „grünen Wiese“ macht den Innenstädten unablässlich starke Konkurrenz. In der Vergangenheit wurden viele wichtige Initia-tiven und Projekte auf den Weg gebracht: „Ab in die Mitte!“ - Die City-Offensive NRW oder das Programm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ – um nur zwei von ihnen zu nennen. Dies ist aber

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nicht genug. Es bedarf zwingend umfassender Regelungen zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels. Nachdem maßgebliche Bestim-mungen im Landesentwicklungsprogramm vom nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshof sowie vom Bundesverwaltungsgericht für nichtig erklärt wurden, sind nun schnellst möglich lan-desplanerische Neuregelungen auf den Weg zu bringen.

Die Stadtentwicklungspolitik sieht sich aber auch angesichts des demografischen Wandels vor großen Herausforderungen. Der demografi-sche Wandel wird künftig mehr als bisher eine bedeutende Rahmenbedingung der Entwicklung in den nordrhein-westfälischen Städten sein.

Dabei ist der Wandel ein äußerst vielschich-tiges Phänomen und wird einzelne Städte unter-schiedlich stark treffen. In stark schrumpfenden Städten wird man eventuell „zurückbauen“ müssen, wenn etwa der Bedarf an Schulen oder Freizeiteinrichtungen langfristig sinkt. Aber auch insgesamt wird unsere städtische Infrastruktur seniorengerechter gestaltet werden müssen.

Auf eines möchte ich aber besonders hinweisen: Trotz allen Augenmerks auf die langfristigen Aus-wirkungen des demografischen Wandels dürfen wir den Zusammenhang zur Migration und den sich daraus ergebenden Herausforderungen an die Integration von Zuwanderern nicht aus dem Blick verlieren. Ich bin überzeugt, dass Migra-tion den Schrumpf- und Alterungsprozess der Bevölkerung abmildern wird. Aus der Zuwande-rung wird sich aber auch eines der drängendsten Probleme unserer Bevölkerung ergeben: das der gelingenden Integration.

Thema Integration

Von der Bedeutung des Themas der Integration in Nordrhein-Westfalen brauche ich hier wohl niemanden zu überzeugen. Die Städte beschäf-tigen sich seit Jahren – wenn nicht Jahrzehnten – und das meine Damen und Herren, möchte ich hier ausdrücklich betonen – mit zunehmendem Erfolg mit den Herausforderungen gelingender Integration. Gerade anhand der vor allem in Nordrhein-Westfalen geführten Diskussionen um den Bau von Moscheen wird deutlich, wie sen-sibel und fragil das Zusammenleben von Men-schen aus unterschiedlichen Kulturen sein kann.

Warum Integration wichtig ist, liegt auf der Hand: Gelingende Integration ist die Voraussetzung für sozialen Frieden, für die Teilhabechancen von Zuwanderern im Bildungssystem und am Ar-beitsmarkt und damit auch ein nicht zu unter-schätzender Beitrag für die Stärkung des Wirt-

schaftsstandorts. Wir können es uns weder in sozialer, in moralischer, noch in wirtschaftlicher Hinsicht erlauben, dass sich Menschen mit Mi-grationshintergrund aus dieser Gesellschaft aus-geschlossen fühlen und keinen Anschluss an Bil-dung und Beruf finden. Dies gilt gleichermaßen für sozial schwache Familien ohne Migrations-hintergrund.

Wir alle wissen: Integration muss in den Städten stattfinden. Das heißt aber nicht zugleich, dass die Städte alleine Integration schaffen können: Nein, sie brauchen dabei vielfältige Unterstüt-zung, durch Bund und Länder, aber auch durch die Wirtschaft und alle Akteure der Zivilgesell-schaft. Dies gilt in Zeiten der Krise umso mehr. Noch nicht hinreichend gelungene gesellschaft-liche Integration gerät gerade in Zeiten der Krise besonders „unter Stress“ und bedarf deswegen besonderer politischer und gesellschaftlicher Aufmerksamkeit und Förderung.

Thema kommunale Wirtschaft

Ein Feld, in dem nach meiner Auffassung Poten-ziale für die Stadtpolitik der Zukunft liegen, ist die kommunalwirtschaftliche Betätigung. Momentan sind die Rahmenbedingungen für kommunale Unternehmen nicht die besten. Gegen unseren und den Rat vieler Fachleute – und, wenn man den Gerüchten glauben darf, auch gegen die Überzeugung eines größeren Teils der Koali-tionsfraktionen – haben Landesregierung und Landtag im Jahr 2008 die Gemeindewirtschafts-klausel des § 107 der Gemeindeordnung erheb-lich verschärft. Seitdem sind die Rahmenbedin-gungen für kommunale Unternehmen – und im Übrigen auch der konkrete Verwaltungsvollzug durch die Bezirksregierungen – die schärfsten in ganz Deutschland. Und dies zu einem Zeitpunkt, in dem kommunale Unternehmen so wichtig sind wie kaum in ihrer Geschichte zuvor.

Gerade in den Zeiten der Wirtschaftskrise hat sich die hervorragende öffentliche, besonders durch die kommunalen Unternehmen geprägte Infrastruktur als einer der stabilisierenden Anker erwiesen, den privatwirtschaftliches Handeln braucht. Im Übrigen sind es gerade bei der Ener-gieversorgung die kommunalen Unternehmen, die für den Wettbewerb sorgen, den die Landes-regierung angeblich mit ihrer Verschärfung des § 107 erzeugen wollte. Dass die Wirtschaftsmi-nisterin der scheidenden Landesregierung dies – wenn auch zu spät – erkannt hat und unmit-telbar vor der Wahl eine Initiative zur Lockerung der gerade eben erst fester angezurrten Fesseln der Kommunen – allerdings beschränkt auf den Energiebereich – ergriffen hat, lässt uns hoffen,

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dass eine neue Landesregierung die seinerzei-tige unsinnige Verschärfung des § 107 rück-gängig machen wird.

Ein positives Ergebnis war bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie mit deren be-rühmt-berüchtigten Einheitlichen Ansprechpart-nern zu verzeichnen. Der Städtetag begrüßt, dass Landesregierung und Landtag die Auf-gabe des Einheitlichen Ansprechpartners auf die Kreise und kreisfreien Städte – und nicht auf die Kammern übertragen haben. Das Land ist damit den Ergebnissen eines gerade vom Städ-tetag NRW angeregten Planspiels gefolgt. Doch in der konkreten Umsetzung mussten wir einige „Kröten“ schlucken. Die Beschränkung der An-zahl der Einheitlichen Ansprechpartner auf 18 in ganz Nordrhein-Westfalen sowie die Ausgestal-tung als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Wei-sung schränken Handlungsfähigkeit und Organi-sationshoheit der kommunalen Aufgabenträger erheblich ein. Wir erwarten, dass die neue Lan-desregierung die Evaluation des Gesetzes zur Bildung von Einheitlichen Ansprechpartnern in Nordrhein-Westfalen nutzt, das Gesetz kommu-nalfreundlich zu novellieren, um einen möglichst mittelstandsfreundlichen Wirtschaftsservice auf-bauen zu können.

Thema Kultur

Meine Ausführungen haben gezeigt, dass von der dramatischen Situation der städtischen Haushalte ausnahmslos alle Bereiche betroffen sind.

Die Folge eines in den vergangenen Jahren stetig engeren Spielraums für eine aktivierende Stadtpolitik war sicher im Bereich der Kultur-politik mit am schmerzlichsten zu erfahren. Fi-nanzielle Spielräume zur Kulturfinanzierung sind kaum vorhanden. Bei allem Konsolidierungs-zwang darf aber die Bedeutung von Kunst und Kultur für das Zusammenleben in den Städten nicht in den Hintergrund geraten. Kulturelle Ein-richtungen prägen das Zusammenleben in der Stadt. Das kreative Potential unserer Städte ist eine der großen Zukunftsperspektiven unserer Gesellschaft.

Angesichts der Finanzkrise und des im Länder-vergleich unterdurchschnittlichen Landesanteils an der Kulturfinanzierung sollte das Land einen stärkeren Beitrag als bisher zur kulturellen Infra-struktur in den Städten leisten. Wir halten eine Debatte über langfristig tragfähige Strukturen in der Kultur und deren Finanzierung durch Land und Kommunen für sinnvoll.

Ziel sollte daher sein, die kulturelle Infrastruktur und die Vielfalt der Kulturlandschaft auch bei schwieriger Finanzlage möglichst umfassend zu erhalten. Dass es sich lohnt, kann kaum ein an-deres Beispiel als die Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 eindrucksvoller zeigen. Aber auch – im Gegensatz hierzu – kleinere Programme wie „Jedem Kind ein Instrument“ leisten einen wich-tigen Beitrag, die Vielfalt der Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens zu sichern.

Es gibt noch weitere positive Aspekte und sie sollen bei der heutigen Bilanz nicht fehlen.

Thema Kommunalverwaltung

Als ein Beispiel für eine positive Zusammenarbeit mit dem Land will ich den Bereich der Kommu-nalverwaltung nennen. In Nordrhein-Westfalen ist es im Zusammenwirken von kommunalen Spitzenverbänden und Landesregierung ge-lungen, ein einheitliches System leistungsorien-tierter Bezahlung für Kommunalbeamte wie für kommunale Angestellte auf den Weg zu bringen. Damit wurde eine langjährige Forderung des Städtetages erfolgreich umgesetzt.

Thema Konjunkturpaket II

Vor allem aber die Umsetzung des Konjunktur-pakets II kann wohl als das Musterbeispiel einer erfolgreichen Zusammenarbeit von Land und Kommunen bezeichnet werden. Durch verbind-liche und transparente Verfahrensabsprachen konnte das Konjunkturpaket rasch seine Wir-kung entfalten und viele zusätzliche kommunale Investitionen anschieben. Die amtierende nord-rhein-westfälische Landesregierung hat sehr schnell und sehr kommunalfreundlich gehandelt. Der in Nordrhein-Westfalen gefundene Weg, der den Kommunen vor Ort eine große Flexibilität aber auch Verantwortung einräumt, hat weit über das Land hinaus Beachtung und teils Nachah-mung gefunden.

Schluss

Handlungsfähige, lebenswerte, vielfältige und tolerante Städte sind Garanten für eine gute Zu-kunft unseres Landes.

Die Herausforderungen der Krise können aber nur gemeinsam gemeistert werden. Wir als Städtetag erheben daher nicht nur einfach Forderungen an Land und Bund. Wir wollen gemeinsam mit dem Land Ideen und Konzepte entwickeln, um die Krise zu überwinden und bieten der neuen Landesregierung dafür ausdrücklich unsere Un-terstützung an. Damit dies gelingt müssen wir

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aber als gleichberechtigter Gesprächspartner auf Augenhöhe betrachtet werden.

Unser Gemeinwesen kann sich keine handlungs-unfähigen Städte leisten. Ich wünsche uns allen, dass die neue Landesregierung gemeinsam mit

den Städten gerade in diesen schweren Zeiten und angesichts der bevorstehenden Herausfor-derungen entschlossen für lebenswerte Städte eintritt.

Vielen Dank!

Impulsreferat zu den Themen Sozialausgaben und kommunaler Finanzausgleich Von Dr. Stephan Articus, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetages NRW

Zum Auftakt unserer Beratungen am heutigen Nachmittag möchte ich mich mit zwei Themen befassen, in denen die wesentlichen Ursachen für die desaströse Finanzlage der Städte in Nordrhein-Westfalen zu suchen sind. Sie bieten demzufolge auch die wichtigsten Ansatzpunkte, wenn es darum geht, die Finanzsituation unserer Städte zu verbessern. Ich meine zum einen die geradezu atemberaubende Entwicklung der kommunalen Soziallasten und zum anderen die Finanzausgleichspolitik des Landes hier in Nord-rhein-Westfalen.

Ungebremstes Wachstum der Sozialausgaben

In der Vergangenheit ist oft unterschätzt worden, in welchem Maß das Wachstum der kommunalen Sozialausgaben zur gegenwärtigen Finanzkrise der Städte beigetragen hat. Gerade in der öffent-lichen Darstellung sind ja oft die Steuerausfälle infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise und – das wurde schon wesentlich seltener angeführt – infolge der Steuerrechtsänderungen etwa durch das sogenannte Wachstumsbeschleunigungs-gesetz als entscheidender Grund dafür genannt worden, dass es den Städten so schlecht geht wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepu-blik Deutschland.

Nein, welche Brisanz in der Entwicklung der Sozialausgaben steckt, ist in der Tat lange Zeit nicht richtig erkannt worden. Ich will mich und Sie nun nicht lange damit aufhalten, Zahlen zur Entwicklung der einzelnen Kostenblöcke vorzu-tragen.

Einige Zahlen möchte ich aber doch in aller Kürze vorstellen: Die Personalausgaben der Kommunen sind seit den frühen 90er-Jahren nur

moderat gestiegen (1992: 39,7 Milliarden Euro; 2007: 40,5 Milliarden Euro; 2009: 44,3 Milliarden Euro). Die kommunalen Investitionen sind im selben Zeitraum um mehr als ein Drittel einge-brochen (1992: 33,5 Milliarden Euro; 2007: 20 Milliarden Euro; 2009: 21,9 Milliarden Euro).

Ganz anders entwickelt haben sich dagegen die sozialen, meist als Rechtsanspruch aus-gestalteten Leistungen der Kommunen. Ihre Entwicklung verläuft unbeschadet verstetigter Haushaltsdefizite ungebremst nach oben: von 22 Milliarden Euro im Jahr 1992 über 37,6 Milli-arden Euro im Jahr 2007 auf 40 Milliarden Euro im Jahr 2009.

Der Aufwuchs der sozialen Leistungsausgaben nimmt kontinuierlich an Tempo zu; sie steigen bundesweit mittlerweile jährlich fast um 2 Milli-arden Euro. Die Belastung der Städte in Nord-rhein-Westfalen mit Sozialausgaben liegt dabei noch über dem bundesweiten Durchschnitt. Fast 30 Prozent der bundesweiten Sozialausgaben der Kommunen entfallen auf Nordrhein-West-falen.

In allen dabei relevanten Leistungsbereichen sind die Aufgaben und Ausgaben aus vielerlei belegbaren Ursachen auf weiteres beschleu-nigtes Wachstum programmiert. Das gilt

– für die Unterkunftskosten für Langzeitarbeits-lose,

– für die Erziehungshilfen für problembelastete Kinder und ihre Familien,

– für die Kindertagesbetreuung und den Ausbau der Angebote für Unter-Dreijährige,

– für die Hilfen für behinderte Menschen,

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– für die Grundsicherung im Alter, wenn die Rente nicht reicht,

– und für die Hilfe zur Pflege, wenn die Pflege-versicherung nicht reicht.

All diese Fakten können Sie nachlesen in der vor kurzem veröffentlichten Broschüre des Deut-schen Städtetages mit dem Titel „Sozialleis-tungen der Städte in Not“, die wir heute hier an Sie verteilt haben.

Welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die Handlungsfähigkeit unserer Städte hat, wissen Sie alle aus Ihrer eigenen Erfahrung in Ihren Städten nur zu gut. Insbesondere unter den größeren und großen Städten mit der ganzen Palette sozialer, infrastruktureller und kultureller Aufgaben wächst rasch die Gruppe derer, die aussichtslos defizitär und überschuldet sind.

Besonders Besorgnis erregend ist folgende Erkenntnis: Gerade wirtschafts- und struktur-schwache Städte mit unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen sind durch Sozialausgaben besonders hoch belastet. Davon gibt es in Nordrhein-Westfalen eine besonders große Zahl. Die Spielräume für eine kluge, präventive Sozi-alpolitik – und dazu zähle ich ausdrücklich auch die kommunale Bildungspolitik – sind also ge-rade dort am geringsten, wo die Menschen ge-rade in Krisenzeiten am dringendsten auf eine zukunftsgerichtete kommunale Standort- und Wirtschaftspolitik, auf Hilfen zur sozialen Unter-stützung, zur Fortbildung und zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt – kurz: zur Teilhabe am ge-sellschaftlichen und beruflichen Leben – ange-wiesen sind.

Wenn die sozialen Aufgaben der Kommunen nicht grundsätzlich solide finanziert sind, geraten wirtschaftlich schwächere Kommunen mit über-durchschnittlichen Sozialleistungen und unter-durchschnittlichen Einnahmen früher oder später unvermeidbar in Haushaltsnotstand. Wenn solche Entwicklungen nicht über eine begrenzte Zahl von Jahren, sondern wie in Deutschland über zwei Jahrzehnte andauern, sind die Eigen-kräfte dieser Kommunen ausgezehrt.

Die kommunalen Spitzenverbände auf Bundes-ebene haben mit einiger Skepsis zur Kenntnis genommen, dass die von der Bundesregie-rung eingesetzte Gemeindefinanzkommission zunächst vor allem auf der Einnahmeseite an-setzen und insbesondere den Ersatz der Gewer-besteuer prüfen sollte.

Auf Drängen der kommunalen Spitzenverbände ist es gelungen, den Fokus auch stärker auf die Ausgabenseite zu lenken, und hier nicht nur auf den Abbau belastender Standards, sondern

auch auf das Problem der immer erdrückender werdenden kommunalen Soziallasten. Dabei haben wir – und das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich positiv erwähnen – wertvolle Unter-stützung durch das Land Nordrhein-Westfalen erfahren.

Es ist klar: Ohne Korrekturen der kommunalen Soziallasten sind die Finanzierungsprobleme der Kommunen nicht zu lösen. Jede Suche nach Lösungen muss zuerst bei der Frage beginnen, wie es eigentlich zu einer derart dramatischen Entwicklung der kommunalen Sozialausgaben kommen konnte.

1. Wie konnte es zu diesen Fehlentwicklungen kommen?

– Es gibt keine verbindliche Kostenfolgenab-schätzung von Gesetzesvorhaben.

– Es gibt keine kommunalen Beteiligungsrechte bei der Meinungsbildung der Länder vor Bun-desratsentscheidungen.

– Es gibt keine ausreichenden Beteiligungs-rechte bei Gesetzesinitiativen des Bundestages.

– Es gibt keine praktisch belastbaren Konnexi-tätsregeln.

– Es gibt keinerlei generelle verbindliche Rege-lungen für die Korrektur einmal festgelegter, aber im Laufe der Jahre unzureichender Refinanzie-rungen.

Doch damit nicht genug: Wenn man nach Fest-stellung all dieser Verfahrenslücken in der Zu-weisung der kostspieligsten Aufgaben an die Kommunen auf die Rolle der Länder als Anwalt der kommunalen Finanzausstattung schaut, stoßen wir auf noch Schlimmeres, als keinen Verfahrensschutz zu genießen im Prozess der Aufgabenübertragung: Wir stoßen in den aller-meisten Fällen auf einen Sachwalter, dem es er-laubt ist, nicht nur eigene Belange den Belangen der Kommunen vorzuziehen, sondern der dabei sogar kommunale Lasten vergrößern kann statt sie auszugleichen.

Diesen Mechanismus mussten wir beispiels-weise im SGB II-Verfahren erleben. Er zeigte sich auch beim Ausbau der Kinderbetreuung: Nicht der Krippengipfel, bei dem die Kommunen betei-ligt wurden und darauf hingewiesen haben, dass für einen Ausbau auf 35 Prozent viel mehr Mittel nötig seien als von Bund und Ländern behauptet, hat den Rechtsanspruch abgestimmt – wie uns jetzt immer vorgehalten wird. Nein: Es war eine Verabredung zwischen Bund und Ländern unter Ausschluss der Kommunen. Die Länder haben dabei weder durchgesetzt, dass dafür die er-

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forderlichen zusätzlichen Mittel bereitstehen, noch hat ein einziges Land den Rechtsanspruch bisher als Konnexitätsfall und damit die Kosten-ausgleichspflicht anerkannt.

Stattdessen halten sich manche Länder sogar an dem vom Bund für die Kommunen bereit ge-stellten Geld für die Betriebskosten schadlos.

Fehlende Konnexitätsverfahren, fehlende Regeln zur kommunalen Beteiligung – sie machen es möglich, dass über Jahrzehnte Aufgaben über-tragen werden und Aufgaben teurer werden, ohne dass es überhaupt zu Finanzierungsver-handlungen kommt. Je mehr Bund und Länder selbst finanziell unter Druck stehen, desto we-niger kann es ihr Interesse sein, diese Strukturen oder Mechanismen zu ändern. Wäre den Kom-munen der Nachweis höherer Kosten im Gesetz-gebungsverfahren verlässlich möglich, würde das die politischen Möglichkeiten von Bund und Ländern nur noch mehr einengen.

Schließlich schützt sie die praktizierte Intrans-parenz – die jeweils Verantwortlichen bleiben unerkannt. Die Länder – 13 an der Zahl, wenn wir die halb zur kommunalen Familie zählenden Stadtstaaten ausnehmen – können bei jeder Fehlentwicklung auf unschuldig plädieren und sagen: „Ich war’s nicht“. Der Bund kann ange-sichts dieser undurchsichtigen Gefechtslage Un-wissenheit vorschützen und immer sagen: „Ich weiß nicht“.

2. Was sind die Perspektiven?

„Ich war’s nicht“ und „Ich weiß nicht“ – das sind die Namen der Chefcroupiers im „Casino Föderal“: Hier sind es die Glückstreffer, die be-stimmen, wer was gewinnt – und nicht die An-sprüche auf Beteiligung und Konnexität. Wenn wir nicht durch praktisch belastbare Konnexi-tätsregeln und eine verlässliche Beteiligung der Kommunen an der Gesetzgebung und an der Kostenfolgenabschätzung die intransparenten Glücksspiele überwinden, werden wir bei den Ausgaben, die uns Bund und Länder übertragen – insbesondere im Feld der Sozialpolitik – nie aus der Klemme kommen.

Auch wenn viele der Fehlentwicklungen, die ich gerade dargestellt habe, ihre Ursache in der Ver-gangenheit haben, dürfen wir sie nicht einfach „abhaken“: Bund und Länder müssen sich – in welcher konkreten Form auch immer – mehr an der Finanzierung der bestehenden Sozial-aufgaben beteiligen. Diese Beteiligungsregeln müssen dynamisch sein, weil klar geworden ist, dass wir an der Dynamik und Entwicklung alter Leistungsgesetze besonders zu tragen haben. Außerdem muss der Bund Leistungsbereiche –

etwa in Form eines eigenständigen Leistungs-rechts für Behinderte – übernehmen.

Bund und Länder müssen auch in eigenem Inter-esse erkennen, dass das unselige Spiel zulasten der Kommunen ein Ende haben muss. Den Zo-ckern und unredlichen Croupiers im „Casino Fö-deral“ muss schleunigst das Handwerk gelegt werden. Denn wenn wir nicht rasch wirksame Schutzmechanismen für die Kommunen be-kommen, drohen die Städte endgültig als bank-rotte Verlierer aus diesem Spiel hervorzugehen. Dazu darf es nicht kommen, denn mit völlig handlungsunfähigen Städten hieße es für unsere gesamte Gesellschaft und damit auch für Bund und Länder „Rien ne va plus.“

Kommunaler Finanzausgleich

Ich komme zu einem weiteren zentralen Thema im Ringen um eine bessere Finanzausstattung unserer Städte – Schauplatz ist jetzt nicht Berlin, sondern die Landespolitik in Düsseldorf: Es geht um den kommunalen Finanzausgleich.

Mitte 2008 ist dazu das von der Landesregierung in Auftrag gegebene Gutachten des ifo-Instituts zur Analyse und Weiterentwicklung des kommu-nalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen vorgelegt worden. Seitdem hat sich eine Kom-mission, an der alle im Landtag vertretenen Fraktionen, Vertreter verschiedener Ministerien und natürlich die kommunalen Spitzenverbände beteiligt waren, mit den Empfehlungen des Gut-achtens befasst. Es würde den heutigen Rahmen sprengen, wollte man ein vollständiges Bild der bisherigen Arbeit zeichnen. Ich will mich daher auf einige zentrale Aspekte und Kernanliegen des Städtetages konzentrieren:

Zu allererst gilt: Jede Reform muss gründlich durchdacht sein!

Der Finanzausgleich ist für die Aufgabenausstat-tung der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zu wichtig, als dass man hier nach dem Prinzip von „Versuch und Irrtum“ vorgehen könnte.

Ich will dies an zwei Funktionen des Finanzaus-gleichs erläutern:

1. Der kommunale Finanzausgleich hat zunächst die Aufgabe, die vor Ort vorhandene kommunale Finanzausstattung durch zusätzliche Zuwei-sungen in dem Maße aufzustocken, dass eine Finanzierung der vor Ort wahrzunehmenden Aufgaben möglich ist. Dafür kommt es ganz ent-scheidend darauf an, wie viele Mittel insgesamt in den „Topf“ des kommunalen Finanzausgleichs fließen.

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In der Vergangenheit haben wir hier leider mehr-fach Kürzungen erlebt. Diese Kürzungen müssen zurückgenommen werden! Es ist nicht hin-nehmbar, dass die kommunale Familie jährlich (!) einen Beitrag in Höhe von knapp 170 Millionen Euro zur Konsolidierung des Landeshaushalts leistet. Zuletzt haben wir erlebt, dass auch die seit Jahrzehnten unangetastete Verbundquote in Höhe von 23 von Hundert nicht mehr fix ist, son-dern dass der Gesetzgeber hier schmerzliche, implizite Kürzungen vorgenommen hat.

Die nordrhein-westfälischen Städte benötigen diese Zuweisungen, um ihre Aufgaben wahrzu-nehmen. Nur ein sehr kleiner Teil ihrer Aufgaben ist freiwillig. Die Kürzungspotentiale sind hier vielfach ausgereizt; weitere Kürzungen – bei-spielsweise bei der freiwilligen Jugendarbeit oder bei den Hilfen zur Integration ins Erwerbs-leben – würden sich zukünftig in Gestalt höherer Sozialtransfers bitter rächen.

Die Ausgabenbelastung der Städte in Nord-rhein-Westfalen hat außerdem kontinuierlich zu-genommen, ohne dass der kommunale Finanz-ausgleich mit diesem Aufgabenanstieg Schritt gehalten hätte. Das dürfte am Beispiel der ge-radezu explodierenden Sozialausgaben mehr als deutlich geworden sein.

Hohe Altschulden, die zunehmend die Hand-lungsfähigkeit der Städte gefährden, sind die Folge. Wir diskutieren zurzeit darüber, wie den betroffenen Städten geholfen werden kann. Und allen Beteiligten ist klar, dass für die Zukunft si-chergestellt werden muss, dass die betreffenden Kommunen nicht erneut in eine entsprechende Schieflage geraten. Hier ist der kommunale Fi-nanzausgleich eine zentrale Stellschraube. Er muss endlich wieder aufgabengerecht dotiert sein!

2. Der kommunale Finanzausgleich hat weiter eine Verteilungsfunktion. Durch den Finanzaus-gleich sollen einerseits Einnahmedifferenzen zwischen Gemeinden verringert werden, und an-dererseits soll dem jeweiligen konkreten Bedarf der Kommunen Rechnung getragen werden. Dieser Ausgleich dient dazu, möglichst gleich-wertige Lebensverhältnisse in unserem Land si-cherzustellen.

Wenn es um das Geld geht, dann hört die Freund-schaft auf – sagt eine Lebensweisheit. Das gilt zu einem Teil leider auch beim kommunalen Fi-nanzausgleich. Wenn es um die Verteilungskrite-rien im kommunalen Finanzausgleich geht, dann konkurrieren die Städte, Gemeinden und Kreise und teilweise auch verschiedene Fachinteressen untereinander.

Noch liegt kein Gesetzentwurf auf dem Tisch. Aber erste Modellrechnungen zeigen, welche Bedeutung die diskutierten Ansätze für die nordrhein-westfälischen Kommunen haben. Schon jetzt ist aber klar, dass es sehr gegen-sätzliche Erwartungshaltungen geben wird und dass wir sicher manchen „Strauß“ werden aus-fechten müssen. Daher an dieser Stelle noch einmal der Appell auch an die Verantwortlichen im Land [wer auch immer das künftig sein wird]: Die Finanzmisere der städtischen Haushalte be-rührt die Entwicklungschancen des gesamten Landes. Der kommunale Finanzausgleich muss deshalb zukunftsfest gestaltet sein; Operationen am offenen Herzen verbieten sich!

Als Städtetag Nordrhein-Westfalen werden wir uns daher dafür einsetzen, dass das neue Fi-nanzausgleichssystem der zentralen Rolle der Städte Rechnung trägt. Ziel muss es sein, die nordrhein-westfälischen Städte handlungsfähig und lebenswert zu erhalten und soziale Spaltung zu vermeiden.

Was heißt das nun konkret?

Erstens: Die unsägliche Debatte über die Abschaffung des Hauptansatzes und die darin vorgenommene Einwohnergewichtung muss endlich beendet werden!

Der in diesem Zusammenhang immer wieder vor-gebrachte Vorwurf, die unterschiedliche Gewich-tung von Einwohnern in kleinen und größeren Kommunen, die sogenannte Einwohnerverede-lung, widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, ist ebenso eingängig wie finanzwissenschaftlich falsch.

Dieses Instrument im Hauptansatz, das auch in den meisten anderen Finanzausgleichsgesetzen der Bundesländer zur Anwendung kommt, ist viel-mehr erforderlich, um die Sonderlasten größerer und großer Kommunen ausreichend abzubilden. Denn die Städte nehmen über die Stadtgrenzen hinaus auch für das Umland wichtige Funktionen wahr – als Arbeits- und Versorgungszentren, als zentrale Orte mit Kultur- und Bildungsangeboten und zahlreichen Infrastruktureinrichtungen.

Zweitens: Wir müssen endlich eine ehrliche Debatte über die Belastungen im Sozialbereich führen!

Auch im kommunalen Finanzausgleich kann nicht ignoriert werden, dass die Ausgaben im Sozialbereich in der Vergangenheit enorm ge-stiegen sind. Dem muss durch eine Anpassung des Soziallastenansatzes Rechnung getragen werden. Jüngste Rechenergebnisse zeigen,

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dass dieser Ansatz eigentlich einer Verdreifa-chung bedürfte.

Drittens: Ein Flächenansatz – wie er von den Ver-tretern des ländlichen Raums gefordert wird – ist mehr als fragwürdig!

Ein Flächenansatz, der die mit einem großzü-gigen Flächenverbrauch einhergehenden hö-heren Kosten abfedern würde, würde gerade unter ökologischen Aspekten völlig falsche An-reize setzen.

Viertens: Die Chancengleichheit zwischen Groß-städten und Umlandgemeinden muss auch bei der Finanzkraftbemessung gewahrt werden, d.h. keine nach Größenklassen differenzierten fiktiven Gewerbesteuerhebesätze.

Nur bei einem einheitlichen fiktiven Gewerbe-steuerhebesatz wird sichergestellt, dass alle

Gemeinden bei der Finanzkraftbestimmung im kommunalen Finanzausgleich gleich behandelt werden. Nur so wird sichergestellt, dass eine Gemeinde nicht zulasten des kommunalen Fi-nanzausgleichs Hebesatzpolitik betreibt. Als Städtetag Nordrhein-Westfalen werden wir daher jedem Versuch entgegentreten, größere Städte allein wegen ihrer Größe „reicher“ zu rechnen.

Das waren einige Kernpunkte zum kommu-nalen Finanzausgleich. Natürlich ist das Feld der Kommunalfinanzen und der Haushaltsnotlage der Städte zu weit, als dass allein der kommu-nale Finanzausgleich die Lösung aller Probleme bringen könnte. Die Vielfalt der heute angespro-chenen Probleme – Soziallasten, Konnexität, Einheitslasten – zeigt, dass der kommunale Fi-nanzausgleich nur eine Stellschraube ist – aus unserer Sicht aber eine sehr zentrale.

Schlusswort von Oberbürgermeister Peter Jung, neuer Vorsitzender des Städtetages NRW

Unsere Mitgliederversammlung nähert sich ihrem Ende. Ich danke Ihnen noch einmal sehr herz-lich für das Vertrauen, das Sie mir mit der heu-tigen Wahl zum Vorsitzenden entgegengebracht haben. Ihr Vertrauen ist mir ein Ansporn, in den nächsten zwei Jahren daran mitzuwirken, dass der Städtetag weiterhin eine kraftvolle Stimme im Lande bleibt.

Besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle meinem Vorgänger, dem Kollegen Bude aus Mönchengladbach, aussprechen. Sie haben in den vergangenen zwei Jahren mit großem Ein-satz für die Belange des Städtetages Nordrhein-Westfalen gearbeitet und den Städtetag hervor-ragend nach außen vertreten. Im Vorstand des Städtetages herrschte unter Ihrer Führung stets ein gutes und sachliches Arbeitsklima. Die Be-ratungen waren fortwährend geprägt von großer Sachkenntnis und dem über alle Parteigrenzen hinweg herrschenden Willen, sich gemeinsam für unsere Städte in Nordrhein-Westfalen ein-zusetzen. Sie sind nun Stellvertretender Vorsit-zender des Städtetages Nordrhein-Westfalen; zu dieser Wahl gratuliere ich Ihnen ganz herzlich. Ich freue mich, dass wir unsere gute Zusammen-arbeit in den nächsten zwei Jahren fortsetzen dürfen.

Ganz besonders freue ich mich auch auf die Zu-sammenarbeit mit den Kollegen im Vorstand. An dieser Stelle möchte ich den wiedergewählten Mitgliedern des Vorstandes, vor allem aber den neugewählten Mitgliedern zu ihrer Wahl recht herzlich gratulieren. Sie haben eine wichtige Aufgabe in einer für die Kommunen unruhigen Zeit übernommen. Ich bin überzeugt, dass Sie die Arbeit des Vorstandes in den kommenden zwei Jahren bereichern werden. Danke sage ich den ausgeschiedenen Mitgliedern und hier ins-besondere den Kollegen Dr. Langemeyer und Schramma, die in vielen Jahren die Arbeit des Vorstandes mitgeprägt haben.

Bund, Länder und Kommunen stehen ange-sichts der bestehenden größten Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit vor großen Herausforderungen. Dabei sind die Städte die Orte, in denen die Probleme des Landes am frühesten und am intensivsten zu Tage treten. Die Dramatik der Situation wurde heute an ver-schiedenen Stellen deutlich. Von den vierzig Mitgliedsstädten des Städtetages Nordrhein-Westfalen arbeiten nur noch wenige Städte ohne Haushaltssicherungskonzept. Die Höhe und der ständige Anstieg der Kassenkredite ist ein er-schreckender und beispielsloser Rekord. Eine

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zunehmende Zahl von Städten verfügt über kei-nerlei Handlungsspielräume mehr – für die kom-munale Selbstverwaltung im Grunde das Todes-urteil.

Das Land steht in der Verantwortung, eine aufga-bengerechte Finanzierung der nordrhein-west-fälischen Städte zum Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung endlich sicherzustellen. So möchte auch ich an dieser Stelle an alle Land-tagsabgeordneten und an die neue Landeregie-rung appellieren: Setzen Sie sich dafür ein, dass die Städte in unserem Land nicht in Nothaus-halten und bilanzieller Überschuldung versinken. Lassen Sie die Städte mit ihren Problemen nicht alleine!

Die Erfahrungen der Vergangenheit haben ge-zeigt, dass keine Ebene allein die großen Her-ausforderungen bewältigen kann. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass das Land zusammen mit den Kommunen an einem Strang zieht. Vor allem aber müssen Bund und Land aufhören, einfach über die Köpfe der Kommunen hinweg Gesetze und Reformvorhaben auf den Weg zu bringen. Intransparente und asymetrische Be-ziehungen zwischen Bund, Ländern und Kom-munen führen zu fortwährender Aufgabenüber-tragung auf die Kommunen und damit zu immer neuen Ausgabenverpflichtungen.

Was für die Zusammenarbeit der staatlichen Ebenen gilt, gilt auch für den Zusammenhalt in-nerhalb der kommunalen Familie. Am wirkungs-vollsten können wir die Anliegen der Kommunen und ihrer Bürgerinnen und Bürger dann vertreten, wenn sich alle drei kommunalen Spitzenver-bände gemeinsam für diese Anliegen einsetzen.

Der Städtetag ist eine starke Stimme in unserem Land. Wir werden mit Nachdruck und Hartnä-ckigkeit für die kommunale Selbstverwaltung eintreten. Vor allem aber werden wir uns dafür einsetzen, dass das Land seiner Verantwortung gerecht wird. Die Arbeit wird nicht immer be-quem sein.

Ein zentrales Gebiet in der Auseinandersetzung um eine bessere Finanzausstattung unserer Städte ist der kommunale Finanzausgleich. Hier steht das Land in der Verantwortung, einen besser dotierten und „in sich“ gerechten und tragfähigen Ausgleich zu schaffen. Ziel muss es sein, die Städte als Motoren der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung auch zukünftig leistungsfähig und lebenswert

zu erhalten. Das setzt aber voraus, dass diese besonderen Funktionen der Städte im Finanz-ausgleich auch ausreichend Berücksichtigung finden.

Zudem werden wir uns weiter für Korrekturen bei der Beteiligung der Kommunen an den Ein-heitslasten einsetzen – und notfalls dafür vor den Verfassungsgerichtshof in Münster ziehen. Hier drohen den nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinden in der Zukunft anderenfalls er-hebliche Belastungen, die wir angesichts der ohnehin prekären Haushaltslage nicht schultern können.

Gerade im Sozialbereich sind die Ausgaben ex-plodiert. Hier ist nicht nur der Bund, sondern auch das Land gefordert. Der Städtetag Nord-rhein-Westfalen wird sich daher für Entlastungen bei den Soziallasten und dafür einsetzen, dass existierende Belastungen im Finanzausgleich auch abgebildet werden.

Abschließend noch ein Thema, welches mir sehr am Herzen liegt: Seit Jahren sind die nordrhein-westfälischen Städte mit großem finanziellen Einsatz dabei, das Angebot an Betreuungs-plätzen für Kinder im Alter unter drei Jahren auszubauen. Ein echtes Zukunftsthema! Dieser Ausbau muss aber finanziell auch ausreichend abgesichert werden. Auch dieses Thema steht daher zu Recht weiter auf der Agenda des Städ-tetages.

Ich bin überzeugt, dass unsere heute hier verab-schiedete Neusser Erklärung für all diese Punkte ein wichtiges Signal setzt.

Bevor ich nun unsere diesjährige Mitglieder-versammlung schließe, möchte ich noch einige Worte des Dankes sagen. Ein herzlicher Dank gilt den Mitarbeitern in der Geschäftsstelle für die kontinuierlich gute Arbeit und die Vorbereitung dieser Versammlung. Selbstverständlich danke ich ganz herzlich meinem Kollegen Herrn Bür-germeister Napp, seinen Mitarbeitern und der Stadt Neuss für die Gastfreundschaft und die Organisation dieser Mitgliederversammlung. Wir haben uns sehr wohl bei Ihnen gefühlt.

Ihnen allen, meine Damen und Herren, danke ich schließlich für Ihre Aufmerksamkeit, Ihr Interesse und Ihre Teilnahme. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Heimweg und viel Erfolg bei Ihrer Arbeit in den Städten. Die Mitgliederversamm-lung ist geschlossen. Auf Wiedersehen!

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Einführung

Bund, Länder und Kommunen stehen ange-sichts der bestehenden größten Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit vor großen Herausforderungen. Trotz der auf allen Ebenen erforderlichen Haushaltskonsolidierung muss sichergestellt werden, dass die Städte als bür-gernächste Ebene ihre Leistungen für die Bür-gerinnen und Bürger verlässlich und in gewohnt hoher Qualität erfüllen und dringend erforder-liche Investitionen in die örtliche Infrastruktur tätigen können.

Den Städten kommt nicht nur aufgrund ihrer Leistungen der Daseinsvorsorge, sondern auch bei der Bewältigung der großen gesellschaftli-chen Aufgaben, wie Bildung, Armutsbekämp-fung, Integration und der Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf, eine Schlüsselfunktion zu. Ihre Handlungsfähigkeit ist für das Land Nordrhein-Westfalen von entscheidender Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund hat der Städtetag Nord-rhein-Westfalen die folgenden zentralen Erwar-tungen und Forderungen an den neuen Landtag und die neue Landesregierung formuliert.

Finanzielle Handlungsfähigkeit der Städte wiederherstellen

Eine Finanzausstattung, die schon seit langem nicht einmal mehr die Erfüllung kommunaler Pflichtaufgaben sicherstellt, sowie ein steter Substanzverlust beim kommunalen Vermögen kennzeichnen die Situation, in der sich eine wachsende Zahl von Städten befindet. 2009 haben gerade einmal zehn Prozent aller Kom-munen in Nordrhein-Westfalen einen echten Haushaltsausgleich erreicht. Die Finanzmisere der städtischen Haushalte und die daraus re-sultierende eingeschränkte Handlungsfähigkeit vieler Städte berühren aber die Entwicklungs-chancen des ganzen Landes. Erforderlich ist daher eine Garantie der finanziellen Mindestaus-stattung der Städte und Gemeinden, die nicht unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungs-fähigkeit des Landes steht. Die Städte erwarten daher von Landtag und Landesregierung zusätz-lich zu den auf Bundesebene notwendigen Maß-nahmen schnelle und wirkungsvolle Schritte, um eine aufgabengerechte Finanzierung städtischer Aufgaben sicherzustellen.

Zentrale Erwartungen und Forderungen des Städtetages an den neuen Landtag und die neue LandesregierungBeschlossen vom Vorstand des Städtetages NRW am 20. Mai 2010 in Köln

• Von zentraler Bedeutung ist ein ausreichend dotierter und gerechter Finanzausgleich, der den zentralörtlichen Funktionen der Kernstädte und ihren besonderen Belastungen aufgrund von so-zialen Leistungen Rechnung trägt. Dazu gehören auch die Rücknahme der Kürzungen des Finanz-ausgleichs und eine neue, tragfähige, inhaltlich sowie rechtlich überzeugende Abrechnung der einheitsbedingten Lasten.

• Dem Prinzip „Wer bestellt, bezahlt!“ muss ef-fektiv Rechnung getragen werden. Die Vorgaben der Landesverfassung und des Konnexitäts-ausführungsgesetzes dürfen nicht umgangen werden.

• Für Kommunen, die aufgrund wirtschaftlicher und sozialer Problemlagen seit Jahren strukturell unterfinanzierte Haushalte und als Folge enorme Altschulden haben, sind schnelle, zielgerichtete und nachhaltige Entschuldungshilfen und wei-tere Maßnahmen des Landes erforderlich, um ihre Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.

• Als Ergebnis der gemeinsamen Arbeit in der Gemeindefinanzkommission erwarten die Städte, dass das Land die kommunalen Anliegen auf Bundes- und Landesebene unterstützt. Dabei geht es insbesondere um die Reform der Gewerbesteuer, die Entlastung der Kommunen von Sozialausgaben und Regelungen für eine verbindliche kommunale Beteiligung in der Ge-setzgebung des Bundes.

Städte bei Sozialausgaben entlastenDie katastrophale Lage der städtischen Finanzen kann nicht alleine durch Reformen auf der Ein-nahmeseite verbessert werden. Der stetig wach-sende Kostenblock der Sozialausgaben ist eine wesentliche Ursache für die desaströse Haus-haltssituation in den Städten. Die Sozialaus-gaben sind bundesweit von rund 26 Milliarden Euro im Jahr 1999 auf über 40 Milliarden Euro im Jahr 2009 gestiegen.

Die nordrhein-westfälischen Städte sind von dieser Entwicklung besonders stark betroffen. Zu den maßgeblichen Belastungen zählen insbe-sondere die Kosten der Unterkunft im SGB II, die Kosten des Ausbaus für Betreuungsangebote für unter dreijährige Kinder, die Ausgaben für Hilfen zur Erziehung in der Jugendhilfe, die Kosten der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und die Kosten der Grundsicherung im Alter.

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Neuorganisation des SGB II umsetzen – Städte unterstützen

Bund und Länder haben sich politisch auf eine verfassungsrechtliche Absicherung der bishe-rigen Mischverwaltung und der zugelassenen kommunalen Träger geeinigt. Das Optionsmodell soll auf bis zu 25 Prozent der Träger ausgeweitet werden, so dass bis zu 110 Kommunen als Op-tionskommunen zugelassen werden können. Die Städte in Nordrhein-Westfalen erwarten von der neuen Landesregierung, dass sie die Kom-munen bei der Schaffung der neuen Strukturen unterstützt. Dazu gehört auch, dass sie bei der Bildung des neuen Steuerungsgremiums auf Landesebene, dem Kooperationsausschuss, be-teiligt werden. Die Rolle der Kommunen als Leis-tungsträger im SGB II und die große finanzielle Belastung durch die Leistungen für Unterkunft und Heizung machen eine gleichberechtigte Ein-bindung der Kommunen in alle relevanten Ent-scheidungsgremien neben der Bundesagentur für Arbeit unbedingt erforderlich. Darüber hinaus fordern die Städte die neue Landesregierung auf, sich für einen fairen Verteilungsschlüssel der neuen Optionskommunen zwischen den Bun-desländern einzusetzen, der die Interessen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen angemessen berücksichtigt.

Weitergabe der eingesparten Wohngeldmittel neu berechnen – Entlastung sichern

Der Kostenaufwuchs bei den Leistungen für Unterkunft bezieht sich mittlerweile nicht mehr nur auf eine steigende Fallzahl. Es wird vielmehr deutlich, dass auch die Kosten pro Bedarfsge-meinschaft stark steigen. Die Kommunen er-warten von der Landesregierung, dass die Ein-sparungen des Landes beim Wohngeld aktuell berechnet und die an die Kommunen weiter-geleiteten Landesmittel gegebenenfalls erhöht werden. Darüber hinaus müssen effektive Mög-lichkeiten zur Begrenzung des Verwaltungs-aufwands und des Kostenaufwuchses bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung geprüft werden.

Integration

Gelingende Integration vor Ort ist eine der großen Herausforderungen der Städte in Nordrhein-Westfalen. Probleme beim Zusammenleben mit Menschen anderer Kulturen und Herkunft ver-schärfen sich, kommen neben der Eigenschaft „Zuwanderer“ noch soziale Problemlagen wie Arbeitslosigkeit, Bildungsarmut und Perspek-tivlosigkeit hinzu. Darüber hinaus bestehende Sprach- und Kommunikationsprobleme sowie

Deshalb ist es dringend notwendig, die bereits begonnene Diskussion zur Begrenzung des Aus-gabenanstiegs und zur Entlastung der Städte von Sozialausgaben fortzusetzen und für eine ausreichende Abbildung der Soziallasten im Finanzsystem und im kommunalen Finanzaus-gleich Sorge zu tragen.

Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren finanziell absichern

Die Städte sind seit Jahren mit großem finan-ziellen Einsatz dabei, das Angebot an Betreu-ungsplätzen für Kinder im Alter unter drei Jahren auszubauen. Trotz dieses Engagements wird die angestrebte Versorgungsquote von 35 Prozent oder gar die Erfüllung eines Rechtsanspruchs auf Betreuung für Einjährige ab dem Jahr 2013 nicht umgesetzt werden können, wenn sich das Land nicht im erforderlichen Umfang an den Fi-nanzierungskosten beteiligt. Die Städte haben frühzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass das Land mit seiner Zustimmung im Bundesrat zum Rechtsanspruch und im Rahmen der lan-desrechtlichen Umsetzungsschritte die Konnexi-tätsfolgen zu beachten und für die notwendige finanzielle Hinterlegung des Ausbaus Sorge zu tragen hat. Diesen Verpflichtungen ist das Land bislang nicht nachgekommen. Zahlreiche Städte sahen sich daher gezwungen, Klage vor dem nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshof einzulegen. Der Ausbau steht zudem vor wei-teren Herausforderungen, wenn die von Seiten des Bundes zur Verfügung gestellten investiven Hilfen aufgebraucht sein werden.

Die neue Landesregierung wird eindringlich er-sucht, die Konnexitätsfolgen zu akzeptieren und gemeinsam mit den Städten auf eine auskömm-liche Finanzierung der Angebote hinzuwirken.

Das Kinderbildungsgesetz einer Revision unterziehen

Land, Kommunen, die freie Wohlfahrtspflege und die Kirchen haben sich im Gesetzgebungs-verfahren zum Kinderbildungsgesetz (Kibiz) gemeinsam darauf verständigt, das Gesetz im Jahr 2011 einer Überprüfung zu unterziehen. Das Überprüfungs- und Revisionsverfahren muss frühzeitig mit den Beteiligten abgestimmt werden. Die Wirkungen des Kibiz sind in einem transparenten, mit den Beteiligten abgestimmten Verfahren auf den Prüfstand zu stellen. Das gilt insbesondere auch für die unzureichenden Fi-nanzierungsregelungen zum Ausbau der Betreu-ungsangebote für unter dreijährige Kinder.

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Identifikationsdefizite stellen die Städte vor große Herausforderungen. Dabei sind Integrationsan-strengungen selten kostenlos. Notwendig sind der Abbau von Sprachbarrieren, die Förderung der sozialen Integration, die Teilhabe der Migran-tinnen und Migranten am wirtschaftlichen Leben, Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitikkon-zepte etc. Die Städte sehen es als notwendig an, dass das Land gemeinsam mit den Kommunen auch die Bemühungen um eine gelingende In-tegration weiter verstärkt. Dazu gehört auch die Sicherung der finanziellen Rahmenbedingungen. Nur in einem Zusammenwirken aller Ebenen im föderalen System können Fortschritte erreicht werden.

Kommunale Entscheidungsrechte im Schul-wesen ausweiten und Inklusionskonzept vorlegen

Angesichts der demografischen Entwicklung, des veränderten Schulwahlverhaltens der El-tern und des Problemdrucks vor Ort benötigen die Städte mehr Entscheidungs- und Gestal-tungsrechte, insbesondere bei der flexiblen und bedarfsgerechten Schulorganisation vor Ort. Künftig sollte der Schulträger über die jeweilige Schulorganisation bzw. Schulstruktur in einem gesetzlich definierten Rahmen eigenverantwort-lich entscheiden können. In diesem Rahmen sollte das bisher gegliederte Schulwesen stufen-weise in Richtung eines Zwei-Säulen-Modells, bestehend aus dem Gymnasium und einer „Se-kundarschule“, von den Schulträgern weiterent-wickelt werden können. Voraussetzung für ein erweitertes kommunales Engagement in der Bil-dung ist eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Finanzierungsgrundlagen im Schulwesen sowie die Wiederherstellung einer auskömmli-chen Finanzierung der Volkshochschulen bzw. der Weiterbildung durch das Land.

Der Städtetag erwartet vom Land die Vorlage eines Konzepts zur schrittweisen Umsetzung der Verpflichtung aus der UN-Behinderten-rechtskonvention, behinderte und nichtbehin-derte Kinder gemeinsam zu unterrichten. Dieses Konzept muss die pädagogischen Leitlinien, die entsprechende Fortentwicklung der Lehreraus- und -fortbildung sowie die notwendige Finanzie-rungsgrundlage beinhalten.

Integrierte Stadtentwicklung vorantreiben – städtische Zentren stärken

Um die großen Herausforderungen des de-mografischen Wandels, des energetischen Stadtumbaus und der Globalisierung mit einer nachhaltigen Strategie bewältigen zu können,

brauchen die Städte ressortübergreifend abge-stimmte Hilfen des Landes. Auf der Grundlage der Leipzig Charta sollte die Gemeinschaftsin-itiative von Bund, Ländern und Gemeinden zu einer integrierten Stadtentwicklungspolitik auch in Nordrhein-Westfalen stärker als bisher zu einer engen Abstimmung und zu Maßnahme-bündelungen der einzelnen betroffenen Fach-sektoren und Ministerien genutzt werden. Nur so kann das gemeinsame Ziel einer Revitalisie-rung der Stadt(teil)zentren und eine Stärkung des innerstädtischen Wohnens mit attraktiven, bezahlbaren und sozial stabilen Wohnquartieren erreicht werden.

Verkehrsfinanzierung sichern – ÖPNV stärken

Unter der dramatischen Lage der Kommunal-finanzen leidet auch die städtische Verkehrsin-frastruktur. Insbesondere die wachsenden Fi-nanzierungslasten bei der Grundsanierung, der wachsende Finanzierungsbedarf durch Anpas-sung an den demografischen Wandel, Vorgaben zum Umweltschutz und zur Barrierefreiheit sowie das Ende der Zweckbindung der Finanzmittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz stellen die Städte vor große Herausforderungen. Die Städte erwarten deshalb von der neuen Landesregierung, dass sie die Förderung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur zumindest im bisherigen Umfang auch nach 2013 festschreibt und die Landesfinanzhilfen auch für die Erneue-rungsinvestitionen öffnet.

Krankenhausfinanzierung sicherstellen

Das Land kann seinen Verpflichtungen zur in-vestiven Sicherstellung der Krankenhausfinan-zierung, die auf der Grundlage der dualen Fi-nanzierungsweise von Krankenhausleistungen bestehen, nur gerecht werden, wenn künftig ge-nügend Investitionsfördermittel in verlässlicher Weise zur Verfügung gestellt werden. Die Beteili-gungsquote der Kommunen an der Aufbringung der Investitionsfördermittel ist mit 40 Prozent bei weitem zu hoch und muss künftig auf ein erträg-liches Maß zurückgeführt werden.

Fesseln kommunalwirtschaftlicher Betätigung lockern

Bei dem geltenden § 107 GO NRW – der soge-nannten Gemeindewirtschaftsklausel – handelt es sich um die bundesweit strengste Regelung für die kommunalwirtschaftliche Betätigung. Gravierende negative Auswirkungen hat dies vor allem für die in der Energieversorgung tätigen kommunalen Unternehmen. Aus Sicht der Städte ist eine befriedigende Lösung nur möglich, wenn

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die Regelungen zur wirtschaftlichen Betätigung gelockert und die Handlungsspielräume ver-größert werden. Erforderlich sind insbesondere der Wegfall des Örtlichkeitsprinzips und die Ab-schwächung der Subsidiaritätsklausel.

Angesichts der sich verschärfenden Finanzlage der Städte sollte es das Land darüber hinaus durch Änderung insbesondere des § 108 GO NRW den Kommunen ermöglichen, im Bereich der sogenannten nicht-wirtschaftlichen Betäti-gung die Rechtsformen des privaten Rechts zu nutzen und sich damit auch unmittelbar oder mittelbar an in Privatrechtsform geführten Ei-genbedarfs- oder Einkaufsgesellschaften zu be-teiligen.

Klimaschutzziele umsetzen – Städte bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützenDas Land sollte sich als Motor einer effizienten Klimapolitik verstehen und die von den Städten auf lokaler und regionaler Ebene erarbeiteten Instrumente zur CO2-Senkung sachlich und fi-nanziell unterstützen. Zusätzlich sollte das Land wirksame Anreizsysteme erarbeiten sowie die Forschungsaktivitäten erhöhen. Neben dem Hochwas serschutz sowie der Wasserver-, Ab-fall- und Abwasserentsorgung betrifft dies vor allem eine effiziente und CO2-arme Energiever-sorgung. Die Anstrengungen zur Energieeinspa-rung müssen beibehalten und insbesondere im Verkehrsbereich verstärkt werden. Angesichts der angespannten Haushaltssituation in den Städten müssen Wege gefunden werden, um auch finanzschwachen Städten Investitionen in Anpassungsstrategien sowie Klimaschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen zu ermöglichen.

Kulturelle Infrastruktur in den Städten aus-kömmlich finanzierenArt. 18 der Landesverfassung verpflichtet Land und Kommunen zur Pflege und Förderung von Kunst und Kultur. Angesichts der Finanzkrise und des im Ländervergleich unterdurchschnittlichen Landesanteils an der Kulturfinanzierung sollte das Land einen stärkeren Beitrag als bisher zur kulturellen Infrastruktur in den Städten leisten. Wenngleich die Einführung einer kommunalen Pflichtaufgabe Kultur abzulehnen ist, müssen haushaltsrechtliche Vorgaben so gestaltet sein, dass auch Städte in prekärer Haushaltssitua-tion ihre Kulturaufgaben wahrnehmen können. Gleichzeitig ist eine Debatte über langfristig trag-fähige Strukturen in der Kultur und deren Finan-zierung durch Land und Kommunen zu führen. Die Stabilisierung der kulturellen Infrastruktur in den Städten erfordert sofortiges Handeln, um die Vielfalt der Kulturlandschaft in Nordrhein-West-

falen zu erhalten. Dies dient auch der Steige-rung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Nordrhein-Westfalen. Den Stadttheatern kommt dabei eine Ankerfunktion zu. Das Land wird auf-gefordert, seinen bisher marginalen Anteil an der Finanzierung der Betriebskosten der Theater deutlich zu erhöhen. Gleichzeitig sollte ein lan-desseitiger „Zukunftsfonds“ aufgelegt werden, der die gemeinsame bzw. interkommunale Auf-gabenerledigung als Möglichkeit zur Weiterent-wicklung der Theater in Nordrhein-Westfalen an-regt und unterstützt.

Öffentliches Dienstrecht modernisieren

Die Städte erklären sich bereit, die Reform des öffentlichen Dienstrechts gemeinsam mit der neuen Landesregierung weiter voranzutreiben. Für den Erhalt und den Ausbau leistungsfähiger Strukturen in den Kommunalverwaltungen ist eine Modernisierung des öffentlichen Dienst-rechts unverzichtbar. Ziel muss ein Dienstrecht sein, das attraktive Rahmenbedingungen und Perspektiven für die Beamtinnen und Beamten in den Stadtverwaltungen schafft, indem es Leis-tung stärker honoriert, Flexibilität fördert und den demografischen Herausforderungen unserer Zeit ebenso gerecht wird wie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Interkommunale Zusammenarbeit unterstützen

Sowohl bei Standortentscheidungen von Un-ternehmen und Investoren als auch bei der Erfüllung wesentlicher Aufgaben der kommu-nalen Daseinsvorsorge treten die kommunalen Gebietsgrenzen zunehmend in ihrer Bedeutung zurück, während die Region als Ganzes in den Mittelpunkt rückt. Deshalb muss neben der Grundsatzdebatte über die Aufgaben kommu-naler Selbstverwaltung und deren Finanzierung auch die Diskussion über bessere und neue Formen interkommunaler Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden in den jeweiligen Regi-onen geführt werden. Dabei sollten aus Sicht des Städtetages staatliche Regelungen reduziert und vereinfacht, generell staatliches Handeln auf das notwendige Maß beschränkt und stattdessen dezentrale Strukturen gestärkt werden. Die Neu-gestaltung der interkommunalen Zusammenar-beit in den Regionen ist als ein Diskussionspro-zess zu sehen, an dem sich das Land stärker als bisher beteiligen sollte. Eine Förderpolitik, die in-terkommunale Zusammenarbeit „belohnt“, kann den gegenseitigen Verflechtungen und Abhän-gigkeiten zwischen den Städten und Gemeinden in den Stadtregionen besser gerecht werden.

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Auslandsangelegenheiten

Deutschland und 109/2010 Indien 2011 – 2012

Die Bundesregierung plant, ab September 2011 das Deutschlandjahr „Deutschland und Indien 2011 bis 2012“ in Indien durchzuführen. Die Vorbereitungen hierzu werden sowohl von der Kultusministerkonferenz als auch vom Deut-schen Städtetag begleitet. Das Deutschlandjahr in Indien ist aus kommunaler Sicht von großem Interesse, weil sich die Mitglieder des Len-kungsausschusses darauf verständigt haben, insbesondere die dynamischen Transformati-onsprozesse in indischen Metropolen zum Aus-gangspunkt partnerschaftlicher Projekte zu ma-chen. Das Oberthema hierzu lautet „CitiesSpaces – Stadträume“. Mögliche Themen hierzu sind Mobilität, urbane Infrastruktur, Stadtentwicklung oder auch Kultur und Daseinsvorsorge. Auf Ini-tiative des Deutschen Städtetages werden inter-essierte Kommunen vom Auswärtigen Amt direkt in die Planungen eingebunden. So haben an der letzten Besprechung Anfang Mai Vertreter aus Köln, Halle und Werne teilgenommen.

Städte haben die Möglichkeit, Projekte in ver-schiedenen großen Städten Indiens zu prä-sentieren. Hierfür stellt die Bundesregierung modular gestaltete Veranstaltungsräume zur Verfügung. Projekte können bis Mitte Dezember bei der Projektleitung unter [email protected] eingereicht werden.

84.70.03 EildStNRW 29. 6. 2010

Deutsche Städte unterstützen Haiti 110/2010

Am 12.1.2010 erschütterte ein Erdbeben Haiti, bei dem 220.000 Menschen ums Leben und 250.000 verletzt wurden. 1,5 Millionen Menschen sind obdachlos geworden. In einigen Ortschaften wurden 90 Prozent der Gebäude zerstört.

Viele Städte haben für Haiti Spenden gesam-melt oder selber gespendet wie Regensburg, Schwedt, München, Marburg, Hagen und Glad-beck. Andere Städte wie Bonn, Düsseldorf, Bie-lefeld, Lüneburg und Dresden kooperieren mit Wohlfahrtsorganisationen oder gemeinnützigen Vereinen und unterstützen konkrete Projekte in Haiti. So unterstützt die Stadt Bonn z.B. Stra-ßenkinderprojekte und den Aufbau von Jugend-zentren in Haiti. Auch Düsseldorf und Bielefeld haben für konkrete Projekte im Bereich Kinder Gelder zur Verfügung gestellt. Die Landeshaupt-stadt Dresden ist gemeinsam mit der Hilfsorga-

nisation Arche NoVA in Haiti im Einsatz. Unter Beteiligung der Stadtentwässerungsbetriebe Dresdens werden rund 10.000 Menschen mit sauberem Wasser versorgt. Außerdem verteilen die Dresdener Nahrungsmittel, Medikamente und Nothilfepakete. Zurzeit plant die Landes-hauptstadt gemeinsam mit dem Verein nachhal-tige Entwicklungsprojekte auf Haiti.

84.01.00 EildStNRW 29. 6. 2010

Frauen- und Gleichstellungs- angelegenheiten

Situation Alleinerziehende 111/2010 in der Stadt Düren

Die Stadt Düren hat die Broschüre „Bedarfserhe-bung zur Situation Alleinerziehender in der Stadt Düren“ veröffentlicht.

Die Frauenbeauftragte der Stadt Düren initiierte mit dem Facharbeitskreis „Alleinerziehende in Stadt und Kreis Düren“ in Kooperation mit dem Institut für Soziologie der RWTH Aachen eine Studie, die über die Situation Alleinerziehender in Düren Aufschluss geben soll.

Die Kurzfassung der Ergebnisse zur empirisch quantitativen Untersuchung liegt jetzt vor. In-teressierte können sich an die Stadt Düren, Frauenbüro, Weierstr. 6, 52348 Düren, Tel.: 02421/252260 oder mail: [email protected] wenden oder die Ergebnisse unter www.du-eren.de im Internet downloaden.

15.08.27 D EildStNRW 29. 6. 2010

Broschüre „Beruf Feuerwehrfrau“ 112/2010

Das Netzwerk Feuerwehrfrauen e.V. hat anläss-lich des Karrieretages in Soest eine Broschüre über den Beruf Feuerwehrfrau veröffentlicht. Die Broschüre gibt einen Überblick über das Berufs-bild, Grundsätzliches zum Bewerbungsverfahren und Einstellungsvoraussetzungen, Informationen über den mittleren, gehobenen und höheren feu-erwehrtechnischen Dienst.

Die „Stufenausbildung“ als Direkteinstieg nach der Schule ohne vorherige Berufsausbildung wird auch behandelt. Des Weiteren gibt es auch Informationen zu den unterschiedlichen Aspekten des Einstellungstests, vor allem zum körperlichen Einstellungstest und zum entspre-chenden Training dafür.

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Die Broschüre kann auf der Homepage des Netzwerkes Feuerwehrfrauen e.V. herunterge-laden und auch als Papierversion unter [email protected] bestellt werden.

15.00.29 D EildStNRW 29. 6. 2010

Personal und Organisation

Endspurt für den Deutschen 113/2010 Bürgerpreis 2010

Am 30.6.2010 endet die Bewerbungsfrist für Deutschlands größten bundesweiten Ehren-amtspreis. Thema 2010: „Retten, helfen, Chan cen schenken“.

Bürgerschaftlich Engagierte, die Mitmenschen im Katastrophenschutz oder Rettungsdienst bei-seite stehen, Leben retten und schützen, aber auch jene, die Hilfsbedürftigen wie behinderten, kranken oder sozial benachteiligten Menschen Chancen auf ein besseres Leben ermöglichen, können noch bis zum 30.06. ihre Bewerbung für den Deutschen Bürgerpreis 2010 einreichen oder von Dritten vorgeschlagen werden. Auf die Gewinner warten Sachpreise im Gesamtwert von rund 30 000 Euro. Die nationalen Preisträger werden am 30.11.2010 im ARD-Hauptstadt-studio in Berlin im Rahmen einer feierlichen Ver-anstaltung ausgezeichnet und der Öffentlichkeit vorgestellt.

Bewerbungen und Vorschläge können einfach online unter www.deutscher-buergerpreis.de eingereicht werden.

Auszeichnung in vier Kategorien

Der Deutsche Bürgerpreis zeichnet ehrenamtli-ches Engagement in vier Kategorien aus: U21 ehrt Bewerber bis zu einem Alter von 21 Jahren und würdigt damit junges Engagement. Die Ka-tegorie Alltagshelden richtet sich an vorbildlich engagierte Personen und Projekte unab hängig vom Alter. In der Kategorie Engagierte Unter-nehmer können sich Inhaber von Unter nehmen bewerben, die persönlich Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen. Und der Bürgerpreis in der Kategorie Lebenswerk wird für mindes-tens 25 Jahre bürgerschaftliches Engagement verliehen.

Deutscher Bürgerpreis der Initiative „für mich. für uns. für alle.“

Die Initiative „für mich. für uns. für alle.“ ist ein deutschlandweites Bündnis zur Förderung des

bürgerschaftlichen Engagements. Ziel ist es, die mehr als 23 Millionen engagierten Men schen in Deutschland zu unterstützen und ihnen Aner-kennung und Dank für ihren Einsatz zukommen zu lassen. Die Initiative wurde im Jahr 2003 von engagierten Bundestagsabge ordneten, den Städten, Landkreisen und Gemeinden Deutsch-lands ins Leben gerufen und vereint mittlerweile mehr als 70 lokale und regionale Initiativen bun-desweit. Schirmherr der Initiative ist der Präsi-dent des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Nor-bert Lammert.

30.51.19 D EildStNRW 29. 6. 2010

Seminarangebote des Studien- 114/2010 instituts Niederrhein für August 2010

Das Studieninstitut Niederrhein hat seine Fortbil-dungsangebote für August 2010 veröffentlicht:

– Gelungene Kommunikation und persönliche Entfaltung mit NLP am 30.8.2010

– Das Zuwendungsrecht des Landes und der Gemeinden – Grundlagen am 30./31.8.2010

– Ordnungswidrigkeitenverfahren und Bußgeld-bescheide am 30./31.8.2010

– Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht am 31.8.2010

Bei diesen Angeboten handelt es sich um einen Auszug aus dem umfangreichen Seminar angebot des Studieninstituts Niederrhein. Weitere Semi-narangebote sind erhältlich unter http://www.krefeld.de/sinn.

Bei Rückfragen steht das StudienInstitut Nie-derrheiN, Theaterplatz 1, 47798 Krefeld zur Ver-fügung. Informationen erhalten Sie bei Frau Krip-pendorf-Wust. Telefon: +49 2151 861372, Fax: +49 2151 861375, mailto:[email protected].

87.10.22 N EildStNRW 29. 6. 2010

Sozialwesen

Elternbrief Zwangsheirat 115/2010

Im Auftrag des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen hat der Arbeitskreis Neue Erziehung e.V. im Auftrag der Landesregierung einen Elternbrief zum Thema Zwangsheirat her-ausgegeben. Der Elternbrief soll dazu beitragen, Zwangsverheiratungen entgegenzuwirken und

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die Gesellschaft für die Problematik zu sensibi-lisieren. Er enthält den Appell an Eltern, bei all ihren Entscheidungen dem Wohl ihrer Kinder oberste Priorität einzuräumen, und wirbt für Verständnis, Toleranz und elterliches Vertrauen. Neben den Eltern werden durch den Brief auch die potenziellen Opfer angesprochen und darin bestärkt, selbstbewusst für ihre Rechte einzu-treten.

Der Brief ist in den Sprachen Türkisch, Kurdisch, Arabisch, Albanisch und Englisch erhältlich und enthält parallel zur fremdsprachigen Fassung je-weils auch den deutschen Text. Die Elternbriefe können beim Arbeitskreis Neue Erziehung e.V. unter http://www.ane.de/bestellservice/zwangs-heirat-neu.html bestellt werden.

51.02.51 N EildStNRW 29. 6. 2010

Tagung „Einmal Familie, Beruf 116/2010 und zurück – vom Spagat zwischen Kindern, Arbeit und Pflege“

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. veranstaltet am 30.9./1.10.2010 in Berlin-Wannsee die Fachtagung „Einmal Fa-milie, Beruf und zurück – vom Spagat zwischen Kindern, Arbeit und Pflege“. Neben einem In-formations- und Erfahrungsaustausch zielt die Veranstaltung darauf ab, Rahmenbedingungen und Instrumente einer familienbewussten Per-sonalpolitik vorzustellen und zu diskutieren. Die Veranstaltung richtet sich an Mitarbeiter und Leitungskräfte von Verbänden und Kommunen, Kommunale Entscheidungsträger, Lokale Bünd-nisse für Familie, Gleichstellungs-, Frauen- und Familienbeauftragte, Leitungskräfte der Kinder- und Jugendhilfe, familienpolitische Experten und Expertinnen. Nähere Informationen sind unter der Internetadresse http://www.deutscher-verein.de/03-events/2010/gruppe2/f-240-10/ er-hältlich. Anmeldeschluss ist der 2.8.2010.

50.04.28 D EildStNRW 29. 6. 2010

Interkulturelle Woche 2010 117/2010

Die Interkulturelle Woche ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evange-lischen Kirche in Deutschland und der Grie-chisch-Orthodoxen Metropolie. Sie wird von Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, vielen Kommunen, Ausländerbeiräten und Integrati-onsbeauftragten, Migrantenorganisationen und Initiativgruppen unterstützt und mitgetragen.

Thematischer Schwerpunkt sollen Kettendul-dungen, Menschenrechte an Europas Grenzen

und die Ausgrenzung, Diskriminierung und Ab-wehr innerhalb der deutschen Gesellschaft sein. Zum Tag des Flüchtlings, der am 1.10.2010 begangen werden soll, lautet das Motto „Mit Diskriminierung macht man keinen Staat“. Am 3.10.2010 findet der Tag der offenen Moschee statt.

Die Aktionsformen im Rahmen der Interkultu-rellen Woche sind sehr vielfältig. Sie reichen von Lesungen, Musik-, Film-, Theater- und Tanzver-anstaltungen, Diskussionen, Workshops, Semi-nare, Sportveranstaltungen, Festen sowie Tagen der Offenen Türe bei Religionsgemeinschaften, Institutionen, Unterkünften und Schulen bis hin zu Gottesdiensten und Friedensgebeten sowie Andachten. Die Aktionen können in eine Daten-bank der Veranstalter eingestellt werden.

Die Interkulturelle Woche findet jährlich Ende September, von Sonntag bis Samstag vor dem Erntedankfest statt. Sie wird mit einer zentralen Auftaktveranstaltung bundesweit eröffnet. In diesem Jahr wird diese am 24.9.2010 in Essen stattfinden.

Der Ökumenische Vorbereitungsausschuss unterstützt die Akteure der „Woche“ mit ver-schiedenen Materialien, die zur inhaltlichen Ori-entierung sowie zur Verbreitung während der Interkulturellen Woche angeboten werden. Alle Materialien 2010 sowie das Plakat zum Tag des Flüchtlings können auf der Homepage www.in-terkulturellewoche.de unter „Materialien“ geor-dert werden.

32.46.09 D EildStNRW 29. 6. 2010

46 000 Scheidungen in 118/2010 Nordrhein-Westfalen im Jahr 2009

Im letzten Jahr wurden in Nordrhein-Westfalen 45 978 Ehen geschieden, 0,3 Prozent weniger als 2008. Wie das Statistische Landesamt mitteilt, wurde das bisherige Rekordergebnis mit 51 139 Scheidungen im Jahr 2004 erreicht. Nachdem die Ergebnisse des Jahres 2008 noch einen Wie-deranstieg der Scheidungen erkennen ließen, verringerte sich die Zahl der Scheidungen im Jahr 2009 um 120.

Die meisten Ehen wurden nach einer Dauer von sechs (2 737), fünf (2 694) bzw. sieben (2 691) Jahren geschieden. 5 354 Ehepaare ließen sich auch noch nach über 25 Jahren und 62 sogar nach 50 oder mehr Ehejahren scheiden. Da dem Gros (85,7 Prozent) der Scheidungen eine ein-jährige Trennungsphase vorausging, fand die ei-gentliche Trennung in den meisten Fällen bereits ein Jahr früher statt.

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Auch 2009 wurden Scheidungsverfahren in mehr als der Hälfte der Fälle (24 641 oder 53,6 Pro-zent) von der Frau beantragt. Bei 17 469 Ver-fahren ging die Initiative vom Mann aus und bei 3 868 Scheidungen von beiden gemeinsam.

Quelle: Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen

51.47.00 N EildStNRW 29. 6. 2010

Gesundheitspflege

Landesgesundheitsbericht 2009 119/2010

Der neu aufgelegte Landesgesundheitsbericht 2009 gibt mit wenigen Kernindikatoren einen Überblick über die gesundheitliche Situation in Nordrhein-Westfalen. Wie es hierin heisst, richtet er sich nicht nur an die Akteure im Ge-sundheitswesen, sondern an alle, die mit ihren Handlungen in anderen Politikfeldern die Ge-sundheit der Bevölkerung beeinflussen können. Im Landesgesundheitsbericht wird die aktuelle Situation im Land beschrieben, in ihrer zeitlichen Entwicklung dargestellt und – wo möglich – mit Deutschland und den anderen Bundesländern verglichen. Zudem wird bei den einschlägigen Indikatoren eine Verbindung zu den Gesund-heitszielen Nordrhein-Westfalen geschaffen. Die im Bericht dargelegten Informationen sollen die Ausgangsbasis für ein koordiniertes und ko-operierendes Handeln für die Verbesserung der Gesundheit im Lande stärken. Der Bericht ist abrufbar unter http://www.nordrheinwestfalendi-rekt.de/broschuerenservice/download/

53.02.07 N EildStNRW 29. 6. 2010

Stadtentwicklung, Bau- und Wohnungswesen

Kongress zur Nationalen 120/2010 Stadtentwicklungspolitik

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung lädt gemeinsam mit der Bau-ministerkonferenz der Länder, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Ge-meindebund zum 4. Bundeskongress zur Na-tionalen Stadtentwicklungspolitik am 27. und 28.9.2010 in Nürnberg ein.

Auf dem ehemaligen Quelle-Areal sollen Akteure und Interessierte aus Politik, Verwaltung, pla-

nenden Berufen, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenkommen und über Perspektiven und Herausforderungen städtischer Themen disku-tieren. Wie in den vergangenen Jahren wird auch dieses Jahr Gelegenheit zum aktiven Austausch bestehen.

Die Kongressteilnahme ist kostenfrei. Eine An-meldung per E-Mail an [email protected] ist bereits jetzt möglich. Das detail-lierte Kongressprogramm wird rechtzeitig an alle Interessierten und Angemeldeten versandt.

Für Rückfragen steht die Agentur sally below cultural affairs gerne zur Verfügung: sally below cultural affairs, Schlesische Straße 29-30, 10997 Berlin, Tel.: 030/69 53 70 8-0, Fax 030/69 53 70 8-20, [email protected].

Weitere Informationen unter www.nationale-stadtentwicklungspolitik.de

Dokumentation des Robert- 121/2010 Jungk-Preises 2009

Bereits zum sechsten Mal wurde im vergangenen Jahr der Robert-Jungk-Preis für Zukunftspro-jekte und Bürgerengagement vergeben. Unter der Überschrift „Wie wollen wir leben?“ suchten die Auslober – das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, das Städte-Netzwerk „So-ziale und kulturelle Infrastruktur „NRW und die Robert-Jungk-Stiftung Salzburg – unterstützt durch den Städtetag NRW und weitere Partner spannende Zukunftsprojekte im Quartier. Über 270 Projekte hatten sich auf den mit insgesamt 23 000 Euro dotierten Preis beworben. Auf der Preisverleihung am 8. Dezember 2009 im Düs-seldorfer Ständehaus wurden sechs Projekte mit Haupt- oder Sonderpreisen bedacht, weitere 23 Bewerber als Zukunftsprojekte ausgezeichnet. Alle haben ihren erfolgreichen Weg gefunden, den demografischen Wandel zu gestalten und werden in der Publikation „Ausgezeichnet!“ vor-gestellt.

Unter www.netzwerk.nrw.de können Sie die Do-kumentation online einsehen sowie die Möglich-keit zur Bestellung der Broschüre nutzen. Der nächste Robert-Jungk-Preis wird im Jahr 2011 ausgelobt. Nähere Informationen darüber finden Sie in Kürze auf der Website www.robertjungk-preis.nrw.de.

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Verkehr

Meinungsbefragung zur Zufrieden- 122/2010 heit mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 75 europäischen Städten

Im Rahmen einer Umfrage der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommission zur Lebensqualität in europäischen Städten wurden die Bürgerinnen und Bürger von 75 Städten u. a. auch nach Ihren Nutzungsgewohn-heiten sowie der Zufriedenheit mit öffentlichen Verkehrsmitteln befragt. Dabei wurden Unter-schiede hinsichtlich der Häufung der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, des haupt-sächlich genutzten Verkehrsmittel für die Fahrt zur Arbeitsstelle oder Ausbildungseinrichtung, der durchschnittlichen Pendeldauer sowie der Zufriedenheit explizit mit den öffentlichen Ver-kehrsmitteln abgefragt. Bei dem Merkmal Zu-friedenheit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ran-gieren deutsche Städte überwiegend im oberen Drittel der Zufriedenheitsskala.

Die Studie kann in der Hauptgeschäftsstelle (Herr Michelchen, Tel. +49 37711-703, Fax +49 37711-509, mailto: [email protected]) abgerufen werden.

66.30.35 D 66.10.04 D EildStNRW 29. 6. 2010

Richtlinien für Lichtsignal- 123/2010 anlagen (RiLSA)

Nach nunmehr 18 Jahren wird die Ausgabe 1992 der „Richtlinien für Lichtsignalanlagen“ RiLSA) einschließlich der Teilfortschreibung 2003 von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) durch die neuen RiLSA, Ausgabe 2010 ersetzt. Die Lichtsignalsteuerung ist eng mit der Entwicklung des Verkehrswesens im 20. Jahrhundert verknüpft und bestimmt maßgeblich die Verkehrssicherheit und die Ver-kehrsqualität in städtischen Straßennetzen, an Streckenabschnitten und an Knotenpunkten. Sie ist damit ein wichtiges Instrument im Rahmen übergeordneter Verkehrskonzepte, bei denen auch Maßnahmen zur Beschleunigung des öf-fentlichen Verkehrs, zur sicheren Führung des Fußgänger- und Radverkehrs und zur Bündelung der Kraftfahrzeugströme auf bestimmten Routen ineinander greifen. Als dynamisches Element ist die Lichtsignalsteuerung ein wichtiger Bestand-teil des Verkehrsmanagements.

Die Richtlinien enthalten grundlegende verkehrs-technische Bestimmungen und Empfehlungen für die Einrichtung und für den Betrieb von Licht-

signalanlagen und stellen den zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gültigen Stand der Technik dar. Die RiLSA sind zum unverzichtbaren Instrumen-tarium der Lichtsignalsteuerung in Deutschland geworden.

Die RiLSA behandeln folgende Bereiche:

– Entwurf des Signalprogramms

– Wechselwirkungen mit dem Straßenentwurf

– Steuerungsverfahren

– Sonderformen der Signalisierung

– Technische Ausführung

– Technische Abnahme und Betrieb sowie

– Qualitätsmanagement.

Der Titel ist zum Preis von 55,00 Euro (36,70 Euro für Mitglieder der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen) erhältlich beim FGSV Verlag, Wesselinger Straße 17, 50999 Köln, Fon: 0 22 36 / 38 46 30, Fax: 0 22 36 / 38 46 40, E-Mail: [email protected], Internet: www.fgsv-verlag.de.

66.25.10 D EildStNRW 29. 6. 2010

Finanzen

15. Kongress „Neues Haushalts- 124/2010 und Rechnungswesen – Transparenz trotz schlechter Zeiten“

Das Präsidium des Deutschen Städtetages hat in seiner Sitzung am 23. Februar 2010 in Ludwigs-hafen am Rhein ein Projekt zur Evaluierung der Reform des Haushalts- und Rechnungswesens beschlossen. Der Beschluss des Präsidiums for-muliert den Auftrag, Potenziale für eine verbes-serte Steuerung vor Ort zu eruieren.

Vor diesem Hintergrund hat die Hauptgeschäfts-stelle des Deutschen Städtetages mit der KGSt und den anderen kommunalen Spitzenverbänden einen gemeinsamen Fachkongress „Neues Haushalts- und Rechnungswesen – Transparenz trotz schlechter Zeiten“ für den 7. und 8.9.2010 in Berlin vorbereitet. Die Ausschreibung und das Programm sind der Hompeage der KGSt: http://www.kgst.de/themen/finanzmanagement/ zu entnehmen. Anmeldungen sind zu richten an: KGSt, Seminare & Kongresse, Postfach 51 07 20, 50943 Köln, Telefax: 02 21/3 76 89 – 89, E-Mail: [email protected].

20.22.20 D EildStNRW 29. 6. 2010

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Informationsmanagement

„Junge Erwerbsfähige in Essen“ 125/2010 – Beiträge zur Stadtforschung 53

Qualifizierte und gut ausgebildete junge Er-werbsfähige bereichern Bevölkerungsland-schaft und Arbeitsmarkt einer Stadt wie Essen. Des Weiteren ist die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte ein wichtiger Faktor für den Wirt-schaftsstandort. Daher ist es notwendig, sich dem Themenkomplex „Junge Erwerbsfähige“ aus Sicht der amtlichen Statistik zu nähern und zu fragen, welche Bedeutung junge Erwerbsfä-hige als potentielle Leistungsanbieter/-innen im Essener Wirtschaftsleben haben.

Als „junge Erwerbsfähige“ wird in dem Beitrag zur Stadtforschung 53 „Junge Erwerbsfähige in Essen“ die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen bezeichnet. Um eine eindeutige Positionierung Essens zu ermöglichen, wird die Stadt – wenn aufgrund der Datenquelle möglich – im Vergleich zum Land Nordrhein-Westfalen dargestellt.

Zunächst steht die Untersuchung der Entwick-lung der Bevölkerungsstrukturen junger Erwerbs-fähiger in den Jahren 1988, 1998 und 2008 im Mittelpunkt. Danach soll der Betrachtungsfokus auf die Bildungs- und Beschäftigungssituation der 18- bis 29-Jährigen gerichtet werden.

Betrachtet werden Daten zu den Themen Bevöl-kerungsstrukturen, Lebens- und Wohnsituation der Bevölkerung im Alter junger Erwerbsfähiger in Privathaushalten, Bildungssituation, Mobi-lität, Beschäftigungs- und Ausbildungssituation sowie Arbeitslosigkeit.

Der Bericht kann zum Selbstkostenpreis von 8,00 Euro zzgl. Versandkosten bestellt werden bei der Stadt Essen, Amt für Statistik, Stadtfor-schung und Wahlen, Kopstadtplatz 10, 45121 Essen, Tel.: 0201/88-12104, Fax: 0201/88-12012 oder e-mail: [email protected]

Interessierte Mitgliedsstädte des Städtetages NRW erhalten den Bericht kostenfrei.

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Inhalt und Umfang des Fragerechts von Ratsmitgliedern

OVG NRW, Beschluss vom 12.4.2010 – 15 A 69/09 –

Tatbestand:

Der Kläger gehörte in der letzten Wahlperiode dem beklagten Rat der Stadt H an. In dessen Sitzung am 9.11.2006 fragte der Kläger nach vorheriger schriftli-cher Ankün digung den Oberbürgermeister, wie hoch im Jahr 2005 die Kosten für die Beauftra gung von Beraterfirmen, Anwaltskanzleien, Agenturen etc. ge-wesen seien. Gleich zeitig begehrte er Auskunft dar-über, in welchen Bereichen, mit welcher Zielstellung und mit wem die Verträge abgeschlossen worden seien. Der Oberbürgermeister ent gegnete in der Sit-zung, dies sei nicht leistbar, die Beantwortung der An-frage binde Arbeitskraft und könne nicht nebenbei er-ledigt werden. Der Oberbürgermeister bat den Rat um einen entsprechenden Beschluss. Daraufhin stellte ein Mitglied des Be klagten fest, es handele sich nicht um eine Anfrage, sondern um einen Arbeitsauftrag an die Verwaltung. Daher beantrage er, die Anfrage nicht zu-zulassen. Dem stimmte der Beklagte mehrheitlich zu. Vor dem VG begehrte der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses. Der Beklagte trat der Klage entgegen und legte nunmehr erstmals vertiefend dar, aus welchen Gründen die Arbeitsfä-higkeit der Verwaltung im Falle der Beantwortung der Anfrage gefährdet gewesen wäre. Die Klage hatte vor dem VG Erfolg. Das OVG musste, nachdem es die Berufung zuge lassen hatte, nach Erledigung der Hauptsache nur noch über die Kosten entschei den. Diese legte es dem Beklagten auf.

Aus den Gründen:

Nachdem die Beteiligten die berufungsbefangene Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichti gung des bis-herigen Sach- und Streitstandes nur noch über die Kosten zu entscheiden.

Hier entspricht es billigem Ermessen, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da die Berufung nach dem bisherigen Verfahrensstand zurückzuweisen gewesen wäre. Der Beschluss des Beklagten vom 9.11.2006 zu Punkt 12 der Tagesordnung über die Nichtzulassung der Anfrage des Klägers hätte sich voraussichtlich als rechtswid rig erwiesen, weil er dessen Fragerecht wohl verletzt hat.

Das Fragerecht des Klägers als Mitglied des Be-klagten in der vergangenen Kommu nalwahlperiode wurzelt in seinem in § 43 GO NRW begründeten Status als Ratsmit glied, ist in § 47 Abs. 2 Satz 2 GO

NRW vorausgesetzt und wird zwischenzeitlich auch von § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW erfasst.

Der Gesetzgeber ermächtigt den Rat, in der Geschäfts-ordnung Inhalt und Umfang des Fragerechts der Ratsmitglieder zu regeln, § 47 Abs. 2 Satz 2 GO NRW. Dabei hat der Rat die Funktion des Fragerechts zu beachten. Es dient der sachlichen Auf gabenerfüllung des Ratsmitglieds. Dieses ist aufgrund seines Man-dats berufen, ei genverantwortlich an den Aufgaben mitzuwirken, die dem Rat obliegen. Das setzt voraus, dass es über die dafür erforderlichen Informationen verfügt. Diese besitzt es aber eher selten aufgrund ei-gener Kenntnis. Daher ist das Ratsmitglied in hohem Maße auf den Sachverstand der Stadtverwaltung an-gewiesen. Dabei darf es nicht auf die Informationen verwiesen werden, die die Stadtverwaltung von sich aus zur Verfügung stellt. Soll das Ratsmitglied sein Mandat nach seiner freien, nur durch Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmten Überzeugung ausüben, muss es selbst darüber befinden können, welche In-formationen es für die eigenverantwortliche Er füllung seiner Aufgaben bedarf.

Vgl. für das Fragerecht von Landtagsabgeordneten: VerfGH NRW, Urteile vom 19.8.2008 – 7/07 –, DVBl. 2008, 1380 ff., und vom 4.10.1993 – 15/92 –, NWVBl. 1994, 10 ff.

Entsprechend dem vorbeschriebenen Sinn und Zweck des Fragerechts ist der Bür germeister als Leiter der Stadtverwaltung dazu verpflichtet, die Fragen eines Rats mitglieds zu beantworten. Die Geschäftsord-nung kann eine Antwortpflicht also nicht prinzipiell ausschließen.

Vgl. für das Fragerecht von Landtagsabgeordneten: VerfGH NRW, Urteile vom 19.8.2008 – 7/07 –, DVBl. 2008, 1380 ff., und vom 4.10.1993 – 15/92 –, NWVBl. 1994, 10 ff.

Wie im Verhältnis zwischen Landtagsabgeordneten und Landesregierung unterliegt auch die Antwort-pflicht des Bürgermeisters vom Grundsatz her be-stimmten Grenzen. Da diese nicht von vornherein für alle in Betracht kommenden Fälle im Voraus be-stimmt werden können und sich bestimmte Grenzen namentlich aus formellen Bun des- und Landesrecht ergeben können, sind Geschäftsordnungen der Räte, die sol che Grenzen nicht (ausdrücklich) erwähnen, als insoweit nicht abschließend zu ver stehen.

Mit Blick auf die Verankerung des Fragerechts in der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen und einer damit korrespondierenden Antwortpflicht besteht grundsätzlich nur ein enger Entscheidungs-spielraum darüber, ob überhaupt eine Antwort ge-geben wird. Die Ablehnung, eine Frage überhaupt in der Sache zu beant worten, muss daher die Aus-nahme sein.

Vgl. für das Fragerecht von Landtagsabgeordneten: VerfGH NRW, Urteile vom 19.8.2008 – 7/07 –, DVBl. 2008, 1380 ff., und vom 4.10.1993 – 15/92 –, NWVBl.

Rechtsprechung in Nordrhein-Westfalen

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1994, 10 ff.; siehe ferner BayVerfGH, Entscheidung vom 26.7.2006 – Vf.11-IVa-05 –, NVwZ 2007, 204 ff.

Gegebenenfalls sind die Gründe für eine Ableh-nung anzugeben. Nur so erfährt der Fragesteller die Gründe der Antwortverweigerung und wird in die Lage versetzt, sie entweder nachzuvollziehen oder die Erfolgsaussichten einer Inanspruchnahme ge-richtlichen Rechtsschutzes einzuschätzen. Mit Blick auf diesen Zweck des Begrün dungserfordernisses kommt namentlich ein „Nachschieben“ von Gründen im verwal tungsgerichtlichen Verfahren nicht in Be-tracht. Der Antwortgeber muss sich daher an seiner angegriffenen Antwort nebst dazu gegebener Be-gründung festhalten lassen, sobald ein darauf bezo-genes gerichtliches Verfahren anhängig ist.

Vgl. für das Fragerecht von Landtagsabgeordneten: VerfGH NRW, Urteil vom 19.8.2008 – 7/07 –, DVBl. 2008, 1380 ff.

Beschränkungen der Antwortpflicht als solcher können sich zunächst aus der Funk tion des Frage-rechts ergeben. Es hat sich im Rahmen des Aufgaben-bereichs des Rates zu halten. Demgemäß kann sich die Antwortpflicht des Bürgermeisters nur auf solche Bereiche erstrecken, für die er unmittelbar oder mit-telbar verantwortlich ist und die den Zuständigkeits-bereich des Rates oder seiner Ausschüsse berühren. Eine weitere Grenze des Auskunftsanspruches ergibt sich aus der allen Kommunal organen und ihren Glie-derungen obliegenden Verpflichtung zu gegenseitiger Rück sichtnahme, das die Antwortpflicht des Bürger-meisters namentlich auf solche Infor mationen be-grenzt, die ihm vorliegen oder die mit zumutbarem Aufwand beschafft werden können.

Vgl. für das Fragerecht von Landtagsabgeordneten: VerfGH NRW, Urteil vom 19.8. 2008 – 7/07 –, DVBl. 2008, 1380 ff.

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit kann u. a. zu berücksichtigen sein, welches Zeitfenster die jewei-lige Geschäftsordnung für die Beantwortung einer Anfrage zur Verfügung stellt.

Die Pflicht zur Beantwortung von Anfragen durch Ratsmitglieder wird schließlich auch dadurch be-grenzt, dass sie als Ausübung öffentlicher Gewalt die grundrechtlich geschützten Positionen privater Dritter zu beachten hat.

Vgl. für das Fragerecht von Landtagsabgeordneten: VerfGH NRW, Urteil vom 19.8.2008 – 7/07 –, DVBl. 2008, 1380 ff.

Dabei hat die grundsätzlich gebotene Abwägung widerstreitender Interessen zu be achten, dass der grundrechtliche Datenschutz auf der Ebene des Ver-fassungsrechts und der Informationsanspruch des Ratsmitglieds „nur“ auf der Ebene des einfachen Rechts angesiedelt ist.

Grenzen des Informationsanspruchs bestehen auch in Bezug auf die Art und Weise der Antwort. Sie er-geben sich aus der bereits erwähnten Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, die auch die Res-pektierung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Stadtverwaltung gebietet. Zu deren Wahrung darf der Bürgermeister innerhalb einer rechtlich umgrenzten Einschätzungsprärogative über Art und Weise der

Antwort be finden. Dabei muss er sich an der Pflicht zu vollständiger und zutreffender Antwort orientieren.

Vgl. für das Fragerecht von Landtagsabgeordneten: VerfGH NRW, Urteil vom 19.8.2008 – 7/07 –, DVBl. 2008, 1380 ff.

Nach diesen Grundsätzen hätte sich der angegriffene Beschluss des Beklagten vom 9.11.2006 zu Punkt 12 der Tagesordnung über die Nichtzulassung der Anfrage des Klägers voraussichtlich als rechtswidrig erwiesen:

Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Um-fang eine Anfrage beantwortet werden soll, steht mit Blick auf den Adressaten und die Zielrichtung einer Anfrage an die Verwaltung alleine dem Bürgermeister zu (vgl. jetzt auch § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW). Die Verwaltung ist antwortpflichtig, nicht der Rat. Dort und nicht im Rat ist einzuschätzen, ob Gründe für eine Nichtbeantwortung vorliegen. Die Verwaltung hat die Ablehnung der Beantwortung einer Anfrage oder eine inhaltlich unzureichende Antwort ggf. in einem gerichtlichen Verfahren zu vertreten.

Dem Beklagten wiederum stand keine Befugnis zu, die Anfrage nicht zuzulassen. Ein solches Recht er-gibt sich weder aus der Gemeindeordnung NRW noch aus der Ge schäftsordnung des Beklagten. Wäre ein solches Recht in einer Ratsgeschäftsord nung ge-regelt, wäre dies rechtlich nicht unbedenklich, da es zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung bei-tragen könnte, wenn zunächst der Rat in eigener Ein schätzung eine Anfrage ganz oder teilweise nicht zulassen würde, das Ratsmitglied insoweit dann ggf. um Rechtsschutz nachsuchen müsste, um sich an-schließend an den Bürgermeister zu wenden, der aus anderen Erwägungen die Beantwortung der Anfrage verweigert und das Ratsmitglied deshalb wieder ein gerichtliches Verfahren anstrengen müsste. Eine aus einer entsprechende Konstruktion resultierende Ver-fahrensverzögerung könnte das Fragerecht regel-mäßig leerlaufen lassen, was der klaren gesetzlichen Zielsetzung, dem einzelnen Mitglied des Rates u. a. durch das Fragerecht seine am Gemeinwohl orien-tierte und im Interesse der Allgemeinheit ausgeübte Aufgabe zu ermöglichen und zu unterstützen, wi-dersprechen würde. Vor diesem Hintergrund könnte sich eine in der Geschäftsordnung des Rates gere-gelte Befugnis, Anfragen von Ratsmitgliedern an die Verwaltung zurückweisen zu können, u. U. als nicht vereinbar mit den Wertungen der Gemeindeordnung NRW erweisen.

Soweit dem Beschluss des Beklagten die auch in der Äußerung seines Mitglieds Dr. K. zum Ausdruck gekommene Einschätzung zugrunde gelegen haben sollte, es habe sich um einen Arbeitsauftrag an die Stadtverwaltung und nicht um eine Anfrage gehan-delt, weshalb durch einen Geschäftsordnungsbe-schluss die Zulassung der Anfrage habe verhindert werden dürfen, rechtfertigt dies keine andere Beur-teilung. Denn es handelte sich sowohl nach Form als auch nach Inhalt bei verständiger und lebensnaher Würdigung um eine Anfrage im klassischen Sinne, deren Beantwortung nicht durch eine – unzutreffende – abweichende Klassifizierung verhindert werden kann. Ein dahingehender Geschäftsordnungsbe-schluss wäre rechtswidrig.

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Im Übrigen trägt die in der Sitzung des Beklagten zum Ausdruck gebrachte und vor Einleitung des Kla-geverfahrens nicht weiter angereicherte inhaltliche Begründung der Nichtzulassung der Anfrage dem Informationsanspruch des Klägers nicht hinrei chend Rechnung. Soweit sich der Beklagte die im Protokoll seiner Sitzung vom 9.11.2006 festgehaltene Erwä-gung des Oberbürgermeisters der Stadt H. zu Eigen gemacht hat, die Beantwortung der Anfrage sei nicht leistbar, sie binde Arbeitskraft und könne nicht ne-benbei erledigt werden, reicht das nicht. Dass das damit in Bezug genommene Schutzgut der Arbeitsfä-higkeit der Verwaltung durch eine Beantwortung der gestellten Anfrage gefährdet gewesen wäre, ist so nicht belastbar vorgetragen (auch nicht innerhalb des für die Beantwortung der Anfrage in der Geschäfts-ordnung zur Verfügung gestellten Zeitfensters) und war mit Blick auf die Eingrenzung der An frage auf das Jahr 2005 vor Einleitung des Klageverfahrens auch sonst nicht ersicht lich. Vor diesem Hintergrund war der Kläger nicht ausreichend in die Lage versetzt, die Gründe der Antwortverweigerung nachzuvollziehen oder die Erfolgsaussichten einer Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes abzu-schätzen. Dass sich unter Umständen aus den Dar-legungen im Klageverfahren anderes erge ben könnte, ist unerheblich, da ein „Nachschieben“ von Gründen aus den im Maß stäblichen genannten Erwägungen nicht in Betracht kam.

Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungs-beschlusses bzgl. einer Bundesfernstraße

1. Ein Planfeststellungsbeschluss, der den Bau oder die Änderung einer Bundesfernstraße zum Gegenstand hat, ist verfahrensrechtlich nur dann rechtmäßig, wenn es sich bei der Straße auch materiell um eine Bundesfernstraße handelt.

2. Eine Straße, die nach ihrer bei der Planung vorausgesetzten Verkehrsfunktion die für eine spätere Einstufung zu einer Landesstraße in der Form einer Gemeindestraße – Hauptverkehrs-straße – maßgebenden Qualifikationsmerkmale erfüllen soll, darf im Grundsatz nur nach den planungsrechtlichen Vorschriften des Landes-straßenrechts, nicht aber nach Bundesfernstra-ßenrecht planfestgestellt werden.

3. Zur Anwendbarkeit des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW (notwendige Folgemaßnahmen) und des § 78 VwVfG NRW (Zusammentreffen meh-rerer planfeststellungs-bedürftiger Vorhaben) im Fall der Planfeststellung des Rückbaus einer Bundesstraße zu einer Gemeindestraße.

4. Die Rüge der fehlenden sachlichen Zustän-digkeit der Planfeststellungsbehörde unterliegt nicht der Präklusion.

5. Zur Anwendung des § 17e Abs. 6 FStrG bei (teilweise) fehlender sachlicher Zuständigkeit.

6. Zur Teilbarkeit eines fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses.

OVG NRW, Urteil vom 2.9.2009 – 11 D 33/08.AK -

Sachverhalt:

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungs-beschluss für den Neubau eines Abschnitts der A 40 in Dortmund, der teilweise in Tunnellage ausgeführt werden soll. Die A 40 dient der Entlastung der zur Zeit sechsstreifig ausgebauten B 1. Die B 1 soll an der Oberfläche mit je zwei Richtungsfahrbahnen zurück-gebaut und eine Gemeindestraße werden. Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das nördlich des geplanten Vorhabens liegt und für das Vorhaben in teilweise in Anspruch genommen werden soll. Das OVG hob den angefochtenen Planfeststellungsbe-schluss auf.

Aus den Gründen:

I. Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig.

1. Der Beklagte ist für die Feststellung der Zulässig-keit eines Teils des Vorhabens – den Rückbau der B 1 – sachlich nicht zuständig.

a) Der Beklagte ist als oberste Landesstraßenbau-behörde grundsätzlich – von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen – zuständig für die Planfest-stellung für den Bau und die Änderung von Bundes-fernstraßen (§§ 17 Satz 1, 17b Nr. 6 Satz 1, 22 Abs. 4 FStrG i. V. m. §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1a FStrG-DVO NRW). Hieraus folgt seine Zuständigkeit für die Plan-feststellung des Neubaus der A 40. Demgegenüber ist er für die Planfeststellung des Rückbaus der B 1 nach den zuvor genannten Bestimmungen nicht zu-ständig. Zwar ist die B 1 gegenwärtig als Bundes-straße (noch) eine Bundesfernstraße (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 FStrG), auch dürfen nach § 17 Satz 1 FStrG Bundesfernstraßen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Ein Planfeststellungsbeschluss, der den Bau oder die Änderung einer Bundesfernstraße zum Gegenstand hat, ist verfahrensrechtlich aber nur dann rechtmäßig, wenn es sich bei der Straße auch materiell um eine Bundesfernstraße handelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.11.1992 – 4 B 188.92 –, Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 20, S. 35).

Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weil die B 1 nach ihrem Rückbau zur Gemeindestraße abge-stuft werden soll. Die bauliche Veränderung der B 1, die entweder als „Umbau“ oder als „Rück-/Ausbau“ bezeichnet wird, ist Gegenstand des Planfeststel-lungsbeschlusses (wird ausgeführt). Der Umbau der B 1 wird hier jedoch nur unter dem Etikett „Bundes-straße“ geplant, was die Kläger bereits in ihrem Ein-wendungsschreiben gerügt haben. Sie sind mit dem Einwand einer sachlichen Unzuständigkeit des Be-klagten daher nicht ausgeschlossen. In dem vorge-nannten Einwendungsschreiben haben die Kläger der Sache nach hinreichend deutlich zum Ausdruck ge-

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bracht, dass die Planung des Rückbaus der B 1 eine gemeindliche Angelegenheit ist (wird ausgeführt). Im Übrigen unterliegt die Rüge der fehlenden sachlichen Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde ohnehin nicht der Präklusion, weil in Bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die unabhängig von den kon-kreten Rechten und Interessen der Betroffenen den rechtlichen Rahmen des Planfeststellungsverfahrens bilden, eine Mitwirkung der Betroffenen nicht erforder-lich ist. Hier besteht kein besonderer eigenständiger Bezug zu den Betroffenen. Dies gilt insbesondere für die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde, die sie in eigener Verantwortung zu wahren hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2006 – 7 ME 288/04 –, NVwZ-RR 2006, 378, 380).

Aus den planfestgestellten Unterlagen ergibt sich ferner eindeutig, dass die zurück- bzw. umgebaute B 1 nach Realisierung des insgesamt planfestgestellten Vorhabens den Status einer Bundesfernstraße ver-lieren und zu einer Gemeindestraße werden soll (wird ausgeführt).

Der Bund könnte dem Land allerdings keine Weisung zur Abstufung der B 1 zur Gemeindestraße erteilen. Denn hiermit würde vom Land nicht nur die Heraus-nahme der Straße aus einer Klasse nach Bundes-recht, sondern zwingend zugleich die Einstufung in eine Straßenklasse nach Landesrecht verlangt. Eine solche Weisung würde notwendig in den Gesetz-gebungs- wie in den Verwaltungsraum des Landes übergreifen. Dem Bund stünde lediglich die Möglich-keit offen, eine als Bundesfernstraße entbehrlich ge-wordene Straße in Ausübung seines Weisungsrechts zu entwidmen und dem Land nach Vereinbarung zur Übernahme zu überlassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 3.7.2000 – 2 BvG 1/96 –, BVerfGE 102, 167, 174 f.). Der Beklagte könnte zwar in einem Fall wie dem vor-liegenden die Abstufung einer Bundesstraße im Plan-feststellungsbeschluss mitverfügen (§§ 2 Abs. 4 und 6, 22 Abs. 4 FStrG, 1 Abs. 1 FStrG-DVO NRW) und ebenfalls eine Entscheidung über die Einstufung der Straße als Gemeindestraße treffen (§ 8 Abs. 6 StrWG NRW). Dahin gehende Entscheidungen sind hier aber noch nicht getroffen worden, vielmehr wird der „Rück-/Ausbau der B 1“ weiterhin als aufgrund Bun-desfernstraßenrechts planfeststellungsbedürftiges Vorhaben angesehen.

Der Anwendungsbereich der planungsrechtlichen Vorschriften des Bundesfernstraßengesetzes er-streckt sich gemäß § 17 Satz 1 FStrG aber unmit-telbar nur auf den Bau und die Änderung von Bundes-fernstraßen, d. h. auf diejenigen öffentlichen Straßen, die i. S. d. § 1 Abs. 1 FStrG als Bundesstraßen ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen be-stimmt sind. Soweit der Beklagte unter Hinweis auf die Literatur (Ronellenfitsch, in: Marschall/Schroeter/Kastner, FStrG, Kommentar, 5. Aufl. 1998, § 17 Rdnr. 33) ausführt, bei der Änderung vorhandener Straßen komme es bezüglich der Eigenschaft der Straße auf ihre Einstufung als Bundesfernstraße an, gilt dies nur dann, wenn die Straße auch in Zukunft diese Zweck-bestimmung als Bundesfernstraße weiterhin erfüllen soll. Hier verhält es sich indes so, dass die umge-baute B 1 nach der Zweckbestimmung im Verkehrs-netz nicht mehr einem weiträumigen Verkehr dienen

soll. Von Bedeutung für die Zuordnung einer Straße zu einer bestimmten Straßenklasse ist nicht bloß die Quantität der durch die Straße vermittelten Verkehrs-beziehungen, sondern auch die durch die Funktion im Verkehrsnetz bestimmte Qualität der Straße (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.10.1999 – 4 B 53.99 –, Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 123, S. 4; OVG NRW, Urteil vom 26.9.2003 – 11 D 53/00.AK –, juris, Rdnrn. 49 ff.).

Eine Straße, die nach ihrer bei der Planung voraus-gesetzten Verkehrsfunktion die für eine spätere Ein-stufung zu einer Landesstraße in der Form einer Ge-meindestraße – Hauptverkehrsstraße – maßgebenden Qualifikationsmerkmale erfüllen soll, darf im Grund-satz nur nach den planungsrechtlichen Vorschriften des Landesstraßenrechts, nicht aber nach Bundes-fernstraßenrecht planfestgestellt werden (vgl. zum umgekehrten Fall BVerwG, Urteil vom 23.1.1981 – 4 C 4.78 –, BVerwGE 61, 295, 297). Denn für die der Planung einer Bundesstraße zugrunde zu legende Abwägung sind andere Gesichtspunkte maßgeblich als bei der Planung einer Gemeindestraße. Dies gilt selbst dann, wenn – wie hier – die Bundesstraße Teil der Ortsdurchfahrt sein sollte (§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 5 Abs. 4 FStrG) und die Gemein-destraße eine Hauptverkehrsstraße – Überwiegen der Belange des Verkehrs (§ 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StrWG NRW) – werden soll. Die jeweiligen Planungen haben unterschiedliche Rechtswirkungen, etwa hinsichtlich der für Bundesstraßen auch in der Ortsdurchfahrt unter Umständen geltenden Anbau-verbotszonen und der Baubeschränkungszonen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FStrG. Darüber hinaus spielen bei Bundesstraßen und bei Gemeindestraßen andere Trassierungselemente – Ra-dien, Ausbau- und Verkehrssicherheitsanforderungen und ähnliches – eine Rolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.4.1986 – 4 C 53.82 –, Buchholz 407.4 § 18c FStrG Nr. 1, S. 5 f.). Hinzu kommt, dass die Zuständigkeit für eine Planfeststellung von Bundesstraßen einerseits und von nach Landesstraßenrecht planfeststellungs-bedürftigen Straßen andererseits unterschiedlich ist. Wie bereits dargelegt, liegt im ersten Fall die Zustän-digkeit bei der obersten Landesstraßenbaubehörde, d. h. dem für das Straßenwesen zuständigen Minis-terium. Im zweiten Fall ist die Bezirksregierung für die Planfeststellung zuständig (§ 39a Abs. 2 Satz 1 StrWG NRW).

b) Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten für die Planfeststellung des Rückbaus der B 1 ergibt sich entgegen der Begründung des angefochtenen Plan-feststellungsbeschlusses auch nicht aus § 78 VwVfG NRW, wie der Beklagte im gerichtlichen Verfahren zu-letzt selbst eingeräumt hat. Nach § 78 VwVfG NRW findet, wenn mehrere selbstständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vor-geschrieben sind, derart zusammentreffen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine ein-heitliche Entscheidung möglich und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich gere-gelt ist, für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt. Dabei richten sich gemäß Absatz 2 Satz 1 dieser Bestimmung Zustän-digkeiten und Verfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis

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öffentlich-rechtlicher Vorschriften berührt. Die Vor-aussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG NRW sind hier schon deshalb nicht gegeben, weil es bereits am Zu-sammentreffen mehrerer „selbstständiger Vorhaben“ i. S. d. Vorschrift fehlt. Der Neubau der A 40 und der Umbau der B 1 sind nie als selbständige Vorhaben betrieben worden, sondern immer einheitlich. Ebenso wenig sind zwei selbständige Vorhabenträger vor-handen. Seit Beginn des Planfeststellungsverfahrens ist der Landesbetrieb Straßenbau NRW als einziger Vorhabenträger aufgetreten. Konsequenterweise wird daher der verfügende Teil des Planfeststellungs-beschlusses mit der Formulierung eingeleitet: „Die Feststellung des vom Landesbetrieb Straßenbau, Betriebssitz Gelsenkirchen, Niederlassung Ruhr (Straßenbauverwaltung/Vorhabenträger/Träger der Straßenbaulast) aufgestellten Plans erfolgt gemäß § 17 FStrG i. V. m. §§ 72 ff. VwVfG NRW“. Wieso der Planfeststellungsbeschluss in seiner Begründung zur Frage der Anwendbarkeit des § 78 VwVfG NRW darauf abhebt: „Beide Vorhabenträger wollen gleich-zeitig Verkehrsbauten errichten, die in einem engen räumlichen Zusammenhang stehen“, wird nicht näher erläutert und erschließt sich auch nicht aus weiteren Begründungselementen.

§ 78 Abs. 1 VwVfG NRW würde auch dann nicht greifen, wenn man die Anwendbarkeit dieser Vor-schrift auf zwei selbstständige Vorhaben eines Vor-habenträgers bejahen wollte (so wohl in dem Fall BVerwG, Urteil vom 9.2.2005 – 9 A 62.03 –, Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10 – dort z. T. nicht veröffentlicht; vgl. den Tatbestand im Langtext bei juris, Rdnrn. 1 ff.). Denn in diesem Fall würde es zumindest an dem weiteren Erfordernis fehlen, dass für beide Vorhaben jeweils die Durchführung eines Planfeststellungsver-fahrens (zwingend) vorgeschrieben ist. Der Neubau der A 40 ist zwar gemäß § 17 Satz 1 FStrG plan-feststellungspflichtig. Für den Umbau der B 1 als Ge-meindestraße ist nach Landesstraßenrecht aber die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nicht vorgeschrieben. Nach § 38 Abs. 1 StrWG NRW ist ein Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung einer Gemeindestraße verpflichtend nur dann vorgeschrieben, wenn hierfür eine Umweltver-träglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Unabhängig davon, dass der Westfalendamm nicht gebaut, son-dern nur geändert werden soll, unterfällt dieses Vor-haben nicht der UVP-Pflicht. Es handelt sich weder um den Bau einer Schnellstraße im Sinne des Euro-päischen Übereinkommens über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs vom 15. November 1975 (Nr. 15 der Anlage 1 zu § 1 UVPG NRW), noch um den Bau einer neuen vier- oder mehrstreifigen Straße mit einer Länge von 5 km oder mehr (Nr. 16 der An-lage 1 zu § 1 UVPG NRW) oder um den Bau einer vier- oder mehrstreifigen Straße durch Verlegung und/oder Ausbau einer bestehenden Straße, deren geän-derter Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweist (Nr. 17 der Anlage 1 zu § 1 UVPG NRW). Nach Nr. 18 der Anlage 1 zu § 1 UVPG NRW ist beim Bau – nicht dem Umbau – einer sonstigen Straße nach Landesrecht nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorge-sehen. Abweichendes ergibt sich nicht aus § 38 Abs. 5 StrWG NRW, wonach für den Bau oder die Ände-rung von Gemeindestraßen im Außenbereich (§ 35

BauGB), für die keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, die Planfeststellung oder Plange-nehmigung zulässig ist. Zum einen ermöglicht diese Regelung nur die Durchführung eines fakultativen Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfah-rens, zum anderen liegt der gesamte Westfalendamm nicht im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB.

c) Genauso wenig könnte, unabhängig davon, dass sich der Beklagte hierauf von Anfang an nicht berufen hat, der Rückbau/Umbau der gesamten B 1 – unmit-telbare Anschlüsse der A 40 an die B 1 an der west-lichen bzw. östlichen Planfeststellungsgrenze außer Betracht gelassen – als notwendige Folgemaßnahme der Planfeststellung des Neubaus der A 40 im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW bewertet werden. Hiernach wird durch die Planfeststellung die Zuläs-sigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange fest-gestellt. Diese Vorschrift erstreckt die Planungskom-petenz der Planfeststellungsbehörde auf die not-wendigen Folgemaßnahmen, um dem Grundsatz der Problembewältigung Rechnung zu tragen. Hiernach sind in die Planung eines Straßenbauvorhabens in umfassender Weise alle planerischen Gesichtspunkte einzubeziehen, die zur möglichst optimalen Verwirk-lichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsauf-gabe, aber auch zur Lösung der vom Vorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Pro-bleme von Bedeutung sind. Werden durch das Vor-haben Maßnahmen an anderen Anlagen erforderlich, so ist dem im Planfeststellungsbeschluss Rechnung zu tragen. Zu den anderen Anlagen i. S. d. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW gehört auch das vorhandene Wegenetz. Das Vorhaben muss hiermit in Einklang ge-bracht werden. Das Gebot der Problembewältigung rechtfertigt es freilich nicht, Maßnahmen an anderen Anlagen dann mit zu erledigen, wenn es hierfür eines eigenen umfassenden Planungskonzepts bedarf. Notwendig i. S. d. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW sind nur solche Folgemaßnahmen, die dazu dienen, nachhaltigen Störungen der Funktionsfähigkeit vor-handener Straßen und Wege vorzubeugen. Aus dieser Beschränkung ergibt sich, dass die Maßnahmen über den Anschluss bzw. die Anpassung der anderen An-lagen nicht wesentlich hinausgehen dürfen. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW hat nach Maßgabe seines Re-gelungsgehalts eine kompetenzerweiternde Wirkung. Wahrt die Planungsbehörde die gezogenen Grenzen, so eröffnet ihr diese Vorschrift die Möglichkeit, in eigener Zuständigkeit Maßnahmen zu treffen, die an sich in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers fallen. Dieser gesetzlich angeordnete Zuständigkeitswechsel hat zur Folge, dass der Pla-nungsträger in die Position des nach der normalen Kompetenzordnung zuständigen Verwaltungsträgers einrückt. Soweit die Ermächtigung des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW reicht, bestimmt er anstelle des anderen, welche zur Problembewältigung erforderli-chen Änderungen und Anpassungen am vorhandenen Wegenetz vorzunehmen sind (vgl. etwa BVerwG Urteil vom 1.7.1999 – 4 C 27.98 –, BVerwGE 109, 192, 200 f., m. w. N.).

Von diesen Grundsätzen ausgehend, ist der als ein-heitliche Maßnahme geplante Rückbau der B 1 in seiner Gesamtheit keine notwendige Folgemaßnahme

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des Neubaus der A 40 im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Bereits der quantitative und qualitative Umfang der geplanten Maßnahmen verdeutlicht, dass es um erheblich mehr als nur um Anpassungs- und Anschlussmaßnahmen geht. Insbesondere auf Grund der Bedeutung des Westfalendamms für die Stadt Dortmund als einer Hauptverkehrsader und seiner vielfältigen Verflechtungen mit dem Ortsstraßennetz sind umfangreiche gemeindliche Interessen zu be-rücksichtigen, die ein weiträumiges städtebauliches Planungskonzept voraussetzen, das in die originäre Kompetenz der Stadt Dortmund fällt.

Es spricht zwar Vieles für die Annahme, dass es sich bei der Planung des Umbaus des Westfalendamms in der Tat um eine städtebauliche Planung handelt, die der Beklagte aus Anlass der Planfeststellung für den Neubau der A 40 nur „miterledigt“ hat. Darauf deuten bereits die Tatsache, dass Entwurfsverfasser der zeichnerischen Planunterlagen das Tiefbauamt der Stadt Dortmund ist, und die übrigen Randum-stände des Verfahrens hin. Wenngleich der Rückbau der B 1 ersichtlich auf Planungsabsichten der Stadt Dortmund beruhen bzw. jedenfalls hierdurch beein-flusst sein dürfte, so führt auch dies nicht zu einer rechtmäßigen Folgemaßnahme im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Nicht alles, was in Bezug auf die anderen Anlagen in der Folge eines Vorha-bens wünschenswert und zweckmäßig erscheint, darf der Vorhabenträger in eigener Zuständigkeit planen und ausführen. Das gilt auch dann, wenn der für die andere Anlage zuständige Planungsträger mit einer weitreichenden Folgemaßnahme einverstanden ist. Die gesetzliche Kompetenzordnung ist allen Hoheits-trägern vorgegeben. Sie können ihre Zuständigkeiten nicht ohne weiteres an andere abtreten (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.2.1988 – 4 C 54.84 –, Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 3, S. 3, und vom 9.2.2005 – 9 A 62.03 –, Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10, S. 6).

Wenn der Beklagte infolge des aus dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes – FStrAbG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.1.2005, BGBl. I S. 201) folgenden Planungsauftrags mit der Einstufung des Neubaus der A 40 in die Kategorie vordringlicher Bedarf aus fernstraßenrechtlichen Er-wägungen den Bau der A 40 für erforderlich hält, eine rechtzeitige Folgeplanung für die anderen Anlagen aber nicht erreicht oder abgewartet werden kann, so hätte er sich auf das zur Erhaltung der Funktionsfä-higkeit der anderen Anlagen unbedingt Erforderliche beschränken müssen. Auch provisorische Lösungen sind dann in Kauf zu nehmen, wobei allerdings Be-dacht zu nehmen ist, dass wünschenswerte Verbes-serungen realisierbar bleiben und optimale Lösungen nicht verbaut werden. Insofern gilt eine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber hinreichend konkreti-sierten und verfestigten Planungsabsichten, auch wenn diese noch nicht in rechtsverbindlicher Weise abschließend niedergelegt worden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.12.1989 – 4 B 224.89 –, Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 5, S. 6 f.).

d) Schließlich lässt sich die mangelnde sachliche Zu-ständigkeit des Beklagten für das mit dem Rückbau der B 1 zu einer Gemeindestraße verfolgte Pla-nungskonzept auch nicht vordergründig mit dem

Gesichtspunkt begründen, der Rückbau der B 1 sei eine naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme im Rahmen des Neubaus der A 40, wie es der Beklagte schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versucht hat darzustellen. Die mit dem Rückbau der B 1 verbundene Entsiegelung der nicht mehr benötigten Verkehrsflächen und die wiederum damit einhergehende „Minimierung des naturschutz-rechtlichen Eingriffs ´Autobahnbau´“ mag zwar ein durchaus erwünschter Nebeneffekt der Gesamtmaß-nahme sein, rechtfertigt aber nicht das ersichtlich im Vordergrund der Planung stehende Verkehrskonzept und den darin liegenden Eingriff in das planerische Kompetenzgefüge, wie es vorstehend beschrieben worden ist. Es braucht deshalb auch nicht weiter darauf eingegangen zu werden, wie der erwähnte nachträgliche Rechtfertigungsversuch des Beklagten im gerichtlichen Verfahren in Bezug auf den Plan-feststellungsbeschluss rechtlich einzuordnen ist und inwieweit seine jetzt gegebene Darstellung zum Aus-gleichskonzept im einzelnen im Einklang mit dem Planfeststellungsbeschluss steht.

2. Als Folge der mangelnden sachlichen Zuständig-keit des Beklagten für die Planfeststellung des Rück-baus der B 1 leidet der Planfeststellungsbeschluss im Übrigen auch an Abwägungsfehlern. Diese betreffen unter anderem die Gewichtung der jeweils in die Ab-wägung einzustellenden öffentlichen und privaten Belange durch eine teilweise sachlich unzuständige Behörde und damit letztlich auch die Gesamtabwä-gung.

Diese Abwägungsmängel sind nicht unerheblich. Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffent-lichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Die Abwägungsmängel sind hier offensichtlich, weil sie sich den Planunterlagen entnehmen lassen. Ihnen kann auch ein Einfluss auf das Abwägungsergebnis nicht abgesprochen werden. Denn es lässt sich nach den Umständen des Falles nicht ausschließen, dass die für die Maßnahme sachlich zuständige Behörde eine andere konzeptio-nelle Entscheidung getroffen hätte. Der Mangel der Zuständigkeit hätte sich aber zumindest auch auf das Ergebnis ausgewirkt haben können. Denn durch die Ermächtigung zur straßenrechtlichen Fachplanung ist der Planfeststellungsbehörde eine weitgehende planerische Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Diese der zuständigen Behörde zustehende eigene Gestal-tungsfreiheit lässt in aller Regel keinen verlässlichen Schluss darauf zu, wie die andere als die tätig gewor-dene, aber an sich zuständige Behörde entschieden hätte (vgl. OVG NRW, Urteile vom 23.1.1989 – 23 A 932/86 –, n. v., S. 18 f. des Urteilsabdrucks, und vom 7.8.1991 – 23 A 1130/89 –, n. v., S. 15 des Urteilsab-drucks; Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2006 – 7 ME 288/04 –, NVwZ-RR 2006, 378, 381).

Ebenso wenig ist die fehlende sachliche Zuständig-keit des Beklagten für die Planfeststellung von Teil-bereichen des Vorhabens nach dem von § 17e Abs. 6 Satz 2 zweiter Halbsatz FStrG unberührt bleibenden § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Auf den Fall der sach-lichen Unzuständigkeit ist § 46 VwVfG NRW nicht an-

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zuwenden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2006 – 7 ME 288/04 –, NVwZ-RR 2006, 378, 380).

Soweit man im Fehlen der sachlichen Zuständigkeit einen Verfahrensfehler im weiteren Sinne sieht, der nur dann zur Rechtswidrigkeit der Planungsentschei-dung führt, wenn sich der Mangel zumindest auch auf deren Ergebnis ausgewirkt haben kann, liegt diese Voraussetzung hier aus den vorstehenden Gründen vor.

3. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist damit auch insgesamt und nicht nur teilweise rechts-widrig. Die aufgezeigten Rechtsmängel betreffen nicht einen abtrennbaren Teil der Planung. Entschei-dende Voraussetzung für die Teilbarkeit einer Pla-nungsentscheidung ist zunächst, dass das Vorhaben tatsächlich in räumlicher Hinsicht aufgeteilt werden kann. Es muss darüber hinaus auch rechtlich in dem Sinne teilbar sein, dass der Verwaltungsakt auch ohne den abgetrennten, von dem Rechtsmangel er-fassten Regelungsteil eine selbstständige und recht-mäßige, vom Träger des Vorhabens sowie von der Planungsbehörde so gewollte Planung zum Inhalt hat. Für Planfeststellungsbeschlüsse bedeutet dies insbesondere, dass der aufrechterhalten bleibende Teil nach wie vor eine ausgewogene, die rechtlichen Bindungen einer planerischen Entscheidung einhal-tende Regelung ist, die überdies dem Planungsträger nicht ein (Rest-)Vorhaben aufdrängt, das er in dieser Gestalt gar nicht verwirklichen möchte. Wird dagegen durch den Wegfall einer Teilregelung das planerische Geflecht so gestört, dass ein Planungstorso zurück-bleibt oder dass jedenfalls infolge der veränderten Situation die zuständige Stelle eine erneute, die Ge-samtplanung erfassende planerische Entscheidung unter Beachtung der nunmehr maßgebenden Um-stände treffen muss, fehlt es an der rechtlichen Teil-barkeit. Der Rechtsfehler ergreift dann den gesamten Planfeststellungsbeschluss mit der Folge, dass ein Kläger die Aufhebung des ihn als untrennbare Ge-samtregelung in seinen Rechten verletzenden Verwal-tungsaktes beanspruchen kann (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 7.12.1988 – 7 B 98.88 –, Buchholz 451.22 AbfG Nr. 28, S. 15 f.).

Hiernach ist die vorliegende Planungsentscheidung rechtlich in dem Sinne nicht teilbar, dass der Planfest-stellungsbeschluss auch ohne die Regelungen zum Rückbau der B 1 eine selbstständige und rechtmä-ßige, vom Träger des Vorhabens sowie von der Pla-nungsbehörde auch so gewollte Planung zum Inhalt hätte, vielmehr würde ein Planungstorso verbleiben. Gründe für eine andere Einschätzung hat der Be-klagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geltend gemacht.

II. Die Kläger werden im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch den rechtswidrigen Planfeststellungs-beschluss in ihren Rechten verletzt. Sie werden mit Blick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 19 Abs. 2 FStrG) unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Auf das Eigentum darf durch einen Planfeststellungsbe-schluss nur dann mit enteignungsrechtlicher Vorwir-kung zugegriffen werden, wenn dies zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist (Art. 14 Abs. 3 GG). Da rechtswidriges Handeln dem Gemeinwohl nicht zu dienen vermag, braucht der unmittelbar betroffene Eigentümer nur eine in jeder Hinsicht rechtmäßige Enteignung hinzunehmen und kann dementspre-chend grundsätzlich eine gerichtliche Vollprüfung des mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung ausgestat-teten Planfeststellungsbeschlusses verlangen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24.9.1997 – 4 VR 21.96 –, NVwZ-RR 1998, 297, vom 16.1.2007 – 9 B 14.06 –, Buchholz 407.4 1 FStrG Nr. 11, S. 5 f., und vom 15.1.2008 – 9 B 7.07 –, Buchholz 406.25 § 41 BIm-SchG Nr. 48, S. 11 f., jeweils m. w. N.).

III. Eine Fehlerbehebung nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG kommt nicht in Betracht. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfah-rens- oder Formvorschriften führen danach nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG als Ausprägung des Grundsatzes der Planerhaltung ebenso wie die Vorgängerbestim-mung des § 17 Abs. 6c FStrG a. F. grundsätzlich einer Weiterentwicklung durch die Rechtsprechung zu-gänglich ist und anders als § 75 Abs. 1a VwVfG NRW über die §§ 45 und 46 VwVfG NRW hinaus grundsätz-lich die Behebung auch anderer Mängel durch Plan-ergänzung oder im ergänzenden Verfahren ermög-licht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.1.2007 – 9 C 1.07 –, BVerwGE 128, 76, 79), könnte hier der Beklagte den gegebenen Mangel der sachlichen Zuständigkeit hinsichtlich der Planung des Rückbaus der B 1 nicht selbst unter Aufrechterhaltung des Planfeststellungs-beschlusses beheben (vgl. zum Fehlen der örtlichen Zuständigkeit BVerwG, Beschluss vom 6.5.2008 – 9 B 64.07 –, Buchholz 316 § 3 VwVfG Nr. 10, S. 4 f.). Es wären vielmehr vollständig neue Planungen und Abwägungen für Teile des Vorhabens erforderlich, die durch die sachlich zuständige Behörde vorzunehmen sind.

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Der Eildienst erscheint monatlich im Selbstverlag des Städtetages Nordrhein-Westfalen, Lindenallee 13-17, 50968 Köln, Ruf 0221/37 71-0, Telefax 0221/3 71 04, Internet: http://www.staedtetag-nrw.de, eMail: [email protected],

Postanschrift: Postfach 5106 20, 50942 Köln. Die Beiträge enthalten nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers. Geschäftsführendes Vorstandsmitglied: Dr. Stephan Articus · Pressesprecher: Volker Bästlein

Redaktion: Franz Springer (verantwortlich) · Satzherstellung: Klaussner Medien Service GmbH, Köln

NRW-Kaleidoskop

Die Kulturhauptstadt „Unter freiem Himmel“ genießen: Das können Bewohner und Gäste der Metropole Ruhr beim Outdoor Programm des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Im Mit-telpunkt stehen dabei ungewöhnliche Pick-nicks an spannenden Orten des Emscher Landschaftsparks. Bis zum 2. Oktober wird von Duisburg bis Dortmund mit über 50 Events, künstlerischen Inszenierungen und Touren an 30 Orten gefeiert. In Picknickplätze werden der Landschaftspark Duisburg-Nord, die Tetraeder-Halde in Bottrop, der Stadtteil-park Mont-Cenis in Herne, die Halde Hohe-ward in Herten/Recklinghausen, der West-park an der Jahrhunderthalle Bochum oder die Kokerei Hansa in Dortmund verwandelt. Ziel des Erlebnisprogramms ist es, den Emscher Landschaftspark mit seinen vielfältigen Frei-zeitangeboten bekannter zu machen. Analog zur Route der Industriekultur wird der RVR als Träger des Parks demnächst Brammen auf-stellen, die zu den wichtigsten Standorten des Emscher Landschaftsparks informieren.

Um die Rechte der Kinder und Jugendlichen, die in Heimeinrichtungen leben, zu wahren, richtet die LVR-Jugendhilfe Rheinland eine un-abhängige Beschwerdestelle ein. Diese „Om-budsstelle“ soll helfen, Beschwerden zu for-mulieren und die Ursachen für Beschwerden abzustellen. Nun wird die erste ehrenamtliche Ombudsperson gesucht. Sie sollte Kenntnisse in der Jugendhilfe, insbesondere der Heimer-ziehung, sowie den rechtlichen Gegebenheiten haben und sich durch hohe soziale Kompe-tenz, persönliche Integrität sowie zeitliche Fle-xibiität und Mobilität auszeichnen. Die Person erhält eine Aufwandsentschädigung sowie ein Mobiltelefon. (Quelle: LVR)

Im Jahr 2009 nutzten in Nordrhein-Westfalen über 2,4 Milliarden Fahrgäste den Liniennah-verkehr der 101 größeren Unternehmen mit Sitz in NRW mit Bussen und Bahnen. Dies ent-spricht durchschnittlich 6,7 Millionen Fahrten täglich. Wie das Statistische Landesamt mit-teilt, sank die Zahl der Fahrgäste gegenüber 2008 um 0,3 Prozent. Die Beförderungsleis-tung lag um 1,6 Prozent niedriger als im Vor-jahr. Straßen-, Stadt- und U-Bahnen wurden

mit 726 Millionen Personen (+ 1,0 Prozent) häufiger genutzt als 2008. Der Omnibusnah-verkehr blieb mit fast 1,5 Milliarden Fahrgästen gegenüber dem Vorjahr konstant. Im Nahver-kehr mit Eisenbahnen (einschl. S-Bahnen) sank die Fahrgastzahl dagegen um 4,3 Prozent auf 319 Millionen Fahrgäste. Ursache für diesen Rückgang ist die Vergabe von Eisenbahn-Nahverkehrslinien in Nordrhein-Westfalen an Verkehrsunternehmen aus anderen Bundes-ländern. Diese Fahrgastzahlen werden seither an deren Unternehmenssitz gezählt.

Übrigens …

... Im Mai 2010 hat das NRW KULTURse-kretariat ein neues, höchst ungewöhnliches Programm zur Musikvermittlung an Schulen in NRW gestartet: „Haste Töne?“ will Schüle-rinnen und Schülern die oft als schwierig emp-fundene zeitgenössische Musik näherbringen. Im Verbund mit namhaften Künstlerpersön-lichkeiten erhalten Schüler und Lehrer wert-volle Impulse und Hilfestellungen – mit dem Ziel, als Komponierende eigene, neue Musik zu erschaffen und experimentelle Ausdrucks-formen zu entwickeln. Mehr als 20 Schulen unterschiedlicher Schultypen aus NRW haben an der Einführungsveranstaltung am 20. Mai 2010 in Köln teilgenommen. Sie alle wollen sich bis zum Ende des kommenden Schul-jahres aktiv an diesem einzigartigen Vermitt-lungsprojekt beteiligen. Namhafte Komponis-tinnen und Komponisten begleiten das Projekt als Mentoren, vermitteln Grundlagen verschie-dener Techniken zwischen Improvisation und Kammermusik, zwischen Elektronik und Vo-kalmusik und unterstützen die jungen Kom-ponisten mit Ratschlägen, kritischen Anmer-kungen und kompositionstechnischen Tricks. Die Schüler werden miterleben, wie die eigene Musik von einem professionellen Ensemble erarbeitet und schließlich einem Publikum präsentiert wird. Das studio musikFabrik Ju-gendensemble wird die komponierten Werke einstudieren und im Rahmen eines öffentli-chen Konzertes im Konzerthaus Dortmund im Sommer 2011 zur Uraufführung bringen.

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Reihe A – DST-Beiträge zur Kommunalpolitik

Heft 31: Interkommunale Kooperation – Möglichkeiten zur Verbesse-rung von Verwaltungsleistungen. 2003. 122 S. 21,00 Euro (14,00 Euro*).Heft 30: Verwaltungsmodernisierung – Baustelle ohne Ende? Doku-mentation der DST-Fachkonferenz am 12. 9. 2001 in Berlin. 2002. 156 S. 20,25 Euro (13,50 Euro*).Heft 29: Die telefonische Erreichbarkeit der Stadt. 2002. 89 S. 18,75Euro (12,50 Euro*).Heft 27: Verwaltungsmodernisierung: Warum so schwierig, wa rumso langsam? Eine Zwischenbilanz. 1998. 80 S. 10,17 Euro (7,62 Euro*).Heft 26: Verwaltungsmodernisierung – Dialog zwischen Praxisund Wissenschaft. 1997. 186 S. 19,94 Euro 15,08 Euro*).Heft 25: Verwaltungsmodernisierung – auf den Begriff gebracht!1997. 58 S. 6,90 Euro (4,86 Euro*).Heft 23: Produkte im Mittelpunkt – Städte auf dem Weg zu bes-seren Leistungen. 1996. 150 S. 14,57 Euro (10,48 Euro*).Heft 22: Städte auf dem Reformweg. Materialien zur Verwaltungs-reform. 1996. 218 S. 18,15 Euro (14,06 Euro*).Heft 21: Städte im Aufbruch. Fünf Jahre kommunale Selbstverwal-tung in den neuen Ländern. 1995. 140 S. 7,41 Euro.Heft 19: Personalwirtschaft der Städte in den neuen Bundeslän-dern – eine Arbeitshilfe. 1992. 206 S. 8,95 Euro.Heft 18: Die innerdeutschen Städtepartnerschaften. 1992. 96 S.6,14 Euro.Heft 17: Hunde in den Städten. Hundehaltung – Hunde -steuer – Gefährlichkeit von Hunden. 1992. 76 S. 3,32 Euro.

Reihe B – DST-Beiträge zum Kommunalrecht

Heft 6: Zum Neuaufbau kommunaler Feuerwehren und Rettungs-dienste – Recht und Organisation. Eine Arbeitshilfe. 1991. 128 S.7,41 Euro.

Reihe C – DST-Beiträge zur Bildungs- und Kulturpolitik

Heft 27: Ausländische Studierende in deutschen Hochschulstäd-ten: Fakten, Probleme, Handlungsfelder. 2002. 102 S. 14,25 Euro(9,50 Euro*).Heft 26: Ausländische Studierende – willkommene Gäste!? Doku-mentation einer Fachtagung zur Situation ausländischer Studierenderin deutschen Hochschulstädten. 2000. 88 S. 13,04 Euro (9,97 Euro*).Heft 25: Medien, Multimedia, Telekommunikation und Schulen.Hinweise des Deutschen Städtetages. 1999. 70 S. 10,23 Euro (7,16Euro*).Heft 23: Schule in der Stadt. 1996. 84 S. 8,95 Euro (6,90 Euro*).Heft 19: Geschichte in der Kulturarbeit der Städte. 1992. 144 S.8,95 Euro.Heft 18: Diskurs Kultur. Die Zukunft der Arbeitsgesellschaft und derKulturpolitik. 1991. 128 S. 7,41 Euro.Heft 17: Der kommunale Kulturauftrag. 1991. 152 S. 3,83 Euro.Heft 16: Satzungsmuster Kultur Schule Sport. Eine Arbeitshilfe fürdie Städte in den neuen Bundesländern. 1991. 56 S. 7,41 Euro.

Reihe D – DST-Beiträge zur Sozialpolitik

Heft 30: Arbeitslosigkeit – Herausforderung für die Städte. 1999.96 S. 10,74 Euro (8,18 Euro*).Heft 29: Personalsituation in Kindertageseinrichtungen in denneuen Ländern. 1994. 62 S. 4,86 Euro.Heft 28: Beschäftigung Schwerbehinderter in den Stadtverwal-tungen. 1993. 158 S. 8,95 Euro.Heft 27: Sozialpolitik unter veränderten Rahmenbedingungen.Perspektiven und Widersprüche. 1992. 88 S. 6,90 Euro.Heft 26: Bilanz und Perspektiven der Selbsthilfeförderung inStädten, Kreisen und Gemeinden. 1991. 110 S. 6,14 Euro.

Reihe E – DST-Beiträge zur Stadtentwicklung und zumUmweltschutz

Heft 32: Erbbaurechte und kommunales Bodenmanagement.2000. 196 S. 17,38 Euro (13,55 Euro*).

Heft 31: Die Städte und die Bahn. Bahnhöfe und Bahnliegenschaf-ten. 1999. 188 S. 17,38 Euro (12,53 Euro*).Heft 30: Zweckentfremdung von Wohnraum und Erhaltungssat-zung. 1999. 126 S. 12,53 Euro (8,95 Euro*).Heft 28: Stadt der Zukunft – Verwaltung der Zukunft – Aufgabender Stadtentwicklung. 1999. 90 S. 8,95 Euro (6,39 Euro*).Heft 27: Das Neue Städtebaurecht. Arbeitshilfe zum Bau- undRaumordnungsgesetz 1998 – BauROG. 1997. 60 S. 8,18 Euro (6,14Euro*).Heft 24: Städte für eine umweltgerechte Entwicklung. Materialienfür eine „Lokale Agenda 21“. 1995. 76 S. 5,37 Euro.Heft 22: Bodenordnung in der kommunalen Praxis. 1993. 96 S.7,93 Euro.Heft 19: Altlasten im Grundstücksverkehr. 1990. 105 S. 4,35 Euro.

Reihe F – DST-Beiträge zur Wirtschafts- und Verkehrspolitik

Heft 15: Novellierungserfordernisse im nationalen Personenbe-förderungsrecht. 2008. 160 S. 20,56 Euro (16,45 Euro*).Heft 14: Kosteneinsparung durch kommunales Energiemanage-ment. 2003. 152 S. 21,75 Euro (14,50 Euro*).Heft 13: Innovative Projekte der Wirtschaftsförderung. 2003. 74 S.15,30 Euro (10,20 Euro*).Heft 12: Gleisanschlüsse in den Städten. 2002. 118 S. 15,75 Euro(10,50 Euro*).Heft 11: Standortpolitik für die Städte – Kommunale Wirtschafts-und Beschäftigungsförderung in Deutschland. 2000. 82 S. 14,19 Euro(9,46 Euro*).Heft 10: Neue Regelungen zum Radverkehr. Umsetzung der StVO-Novelle in den Städten. 1998. 106 S. 9,97 Euro (7,41 Euro*).Heft 9: Verkehrskonzepte deutscher Städte. Erfahrungen aus derPraxis für die Praxis. 1997. 150 S. 13,29 Euro (9,97 Euro*).Heft 8: Satzungsmuster Versorgung und Entsorgung. EineArbeitshilfe für die Städte in den neuen Bundesländern. 1991. 148 S.7,93 Euro.

Reihe G – DST-Beiträge zur Finanzpolitik

Heft 14: Kommunales Zins- und Schuldenmanagement. Muster-dienstanweisungen, landesrechtliche Regelungen und Praxisbeispie-le. 2007. 224 S. 25,23 Euro (20,18 Euro*).Heft 13: €URO-READER. Texte und Materialien zum Euro. 1999.132 S. 13,04 Euro (9,46 Euro*).Heft 12: Euro-Leitfaden für die Städte. 1997. 296 S. 20,20 Euro(15,08 Euro*).

Reihe H – DST-Beiträge zur Statistik und Stadtforschung

Heft 45: Schritte auf dem Weg zum digitalen Rathaus. DST-Beitragzur Informationsgesellschaft und Stadtforschung. 2000. 74 S. 13,80 Euro (9,20 Euro*).Heft 44: Methodik kommunaler Bürgerumfragen. Eine Arbeits -hilfe zur Vorbereitung, Durchführung und Auswertung. 1997. 190 S. 18,15 Euro (13,55 Euro*).Heft 42:Kommunale Kommunikationsnetze – Neue Nutzungsper-spektiven. 1995. 68 S. 4,60 Euro.Heft 41: Standardindikatoren für kommunale Bürgerumfragen.Eine Arbeitshilfe. 1995. 60 S. 4,60 Euro.

Reihe L – DST-Beiträge zur Frauenpolitik

Heft 5: Frauen in Führungspositionen. Eine Neupositionierung derGeschlechter zwischen Anpassung und Widerstand. 2000. 168 S.16,62 Euro (12,53 Euro*).Heft 4: Frauen verändern ihre Stadt – Arbeitshilfe 3: Stadtent-wicklung. 1998. 176 S. 20,20 Euro (15,08 Euro*).Heft 3: Frauen verändern ihre Stadt – Arbeitshilfe 2: Verkehrspla-nung. 1995. 196 S. 12,27 Euro.Heft 2: Frauen verändern ihre Stadt – Arbeitshilfe 1: Wohnungs-politik. 1994. 156 S. 9,97 Euro.

DST-Beiträge

Bestellungen nimmt der Deutsche Städtetag, Hauptgeschäftsstelle Köln, Bereich wG, Postfach 51 06 20, 50942 Köln, Tel. (02 21) 37 71-223, Fax (02 21) 37 71-128, entgegen. Den oben angegebenen Preisen sind 7% MWSt hinzuzurechnen. (* Sonderpreis für unmittelbare Mitgliedsstädte.)