informelles lernen im jugendalter 97
TRANSCRIPT
INFORMELLES LERNEN IM JUGENDALTERVernachlässigte Dimensionen der Bildungsdebatte
Zum Buch
Herausgeber: Thomas Rauschenbach Wiebken Düx Erich Sass
Inhalt
Einleitung
I Forschungsstand und konzeptionelle Debatten
II Außerschulische Lernorte und -kontexte•Der Lernort Familie und die Bildungsbedeutsamkeit der Familie im Kindes- und Jugendalter •Lernen im Nebenjob•Cliquen und Peers als Lernort im Jugendalter
III Lernen im freiwilligen Engagement – empirische Befunde
Einleitung (1)
Begriff „informelles“ Lernen viel verwendet (kaum Forschung)
Interesse am möglichen Kompetenzerwerb in informellen Lernkontexten und ihrer Bedeutung
•Erziehungswissenschaft•Psychologie•Soziologie
•Politik•Wirtschaft
Einleitung (2)
Lernen: formal nonformal informell
Informelles Lernen ist einerseits Voraussetzung und andererseits Fortsetzung formaler und nonformaler Lernprozesse.
Anteil an Kompetenzentwicklung? Wechselbeziehung?
Einleitung (3)
Begrifflichkeiten: Bildung Lernen Entwicklung Sozialisation Qualifikation Kompetenz Wissen
Einleitung (4)
Kernfrage: Wo und wie können junge Menschen die für ein
selbstbestimmtes und sozial verantwortliches Leben notwendigen Erfahrungen und Kompetenzen in einer sich beschleunigt verändernden Gesellschaft erwerben?
Abschnitt II des Buches (Außerschulische Lernorte und -kontexte) „Der Lernort Familie und die Bildungsbedeutsamkeit
der Familie im Kindes- und Jugendalter“
Der Lernort Familie und ihre Bildungs-bedeutsamkeit im Kindes- und Jugendalter
Bildung beginnt mit der Geburt und umfasst sowohl das Lernen innerhalb als auch außerhalb von Bildungsinstitutionen, also formale, nonformale und informelle Bildung. formal (meist vormittags in der Schule) nonformal (eher am Nachmittag oder am Wochenende:
Hausaufgabenbetreuung, Kinderkulturaufgaben, Sport) informelle Bildung (in der Familie, unter Gleichaltrigen)
Der Lernort Familie und ihre Bildungs-bedeutsamkeit im Kindes- und Jugendalter
Resultat: Lebensbewältigung Selbstständigkeitsentwicklung Identitätsfindung Erwerb von Basiskompetenzen soziale Schlüsselqualifikationen kulturelle Teilhabefähigkeit soziale Anschlussfähigkeit
Der Lernort Familie und ihre Bildungs-bedeutsamkeit im Kindes- und Jugendalter
Familie: erster (biografisch gesehen) und wesentlicher Ort des
Bildungserwerbes Bildungsinstitution eigener Art
grundlegende Fertigkeiten und Fähigkeiten Orientierungen und Einstellungen Auswirkungen auf Wahl der Schulform und Schulerfolg
Wie werden Bildung und Kultur in familialen Zusammenhängen weitergegeben?
Der Lernort Familie und ihre Bildungs-bedeutsamkeit im Kindes- und Jugendalter
Vergleich zweier Familien (Mehrgenerationen-perspektive): Welche Bildungsleistungen erbringt die Familie im
Rahmen der Bildungsbiografieverläufe der Großeltern- Eltern- und Enkelgeneration?
Welche familialen Gelegenheitsstrukturen und Unterstützungspotentiale tragen dazu bei, dass biografische Etappen und bildungsrelevante Weichenstellungen mehr oder weniger erfolgreich bewältigt werden?
Der Lernort Familie und ihre Bildungs-bedeutsamkeit im Kindes- und Jugendalter
Arbeitermilieu bildungsfern
sozialer Aufstieg durch Bildung
Familie Fink Familie Schramm
Familie Fink
Formale Bildungsabschlüsse und ihre Wertschätzung als Zugangsvoraussetzung zu gewünschten beruflichen und sozialen Positionen haben keine Tradition.
Nach Schulpflicht: arbeiten Berufliches Können zählt mehr als ein formaler
Bildungsabschluss vorrangig: praktisches Erfahrungswissen
Familie Fink
Enkelinnen sollen es besser haben und daher HS-Abschluss erwerben
HS-Abschluss hat jedoch durch Bildungsinflation eine Abwertung erfahren
Idee des LLL wird von Familie Fink nicht akzeptiert, sondern als Zumutung abgelehnt (Bildungsunlust)
Devise: „Halt‘s Maul und geh schaffe“ funktioniert nicht mehr
Familie Fink
Enkelinnen: geringe Motivation zum Schulbesuch, erinnert an Bildungsbiografieverlauf der Mutter
Mutter fühlt sich mit alltäglichen Erziehungsaufga-ben überfordert Vermittlung bildungsrelevanter Basiskompetenzen sprachliches Ausdrucksvermögen Literalität Frustrationstoleranz Konfliktfähigkeit Selbstdisziplinierung
Familie Fink
Nadja: Probleme in der Schule („Krieg, purer Hass“) werde geschlagen Minderheitenstatus als Deutsche unter Migranten-
jungendlichen HS als Auffangbecken für Kinder aus den gesellschaft-
lich benachteiligten Gruppen
Familie Fink
Lösungsansätze Nadja: Schulwechsel (scheitert an Ortsverbundenheit; mütter-
liche Tradition) Möglichkeit einer Mutterschaft wird mehrfach erwägt Heirat mit einer möglichst guten Partie
Familie Schramm
bereits in Großelterngeneration höhere Bildungs-ambitionen erkennbar
aus Erzählungen der Großmutter wird deutlich, dass neben der formalen auch die nonformale und informelle Bildung hohen Stellenwert haben Mitgliedschaft in freikirchlicher Gemeinde geistig sinnvolle Freizeitgestaltung Lernen von Maschinenschreiben und Stenografie in der
Freizeit (vom Stehberuf zum Sitzberuf)
Familie Schramm
Großvater Laienprediger hohes Ansehen beide Söhne werden in Gesprächsrunden der
Erwachsenen miteinbezogen; Vorleser (Selbstbewusst-sein; Bildungsambitionen werden entwickelt)
bildungsbetonte Lebensweise beide Söhne: Gymnasium trotz Schulgeld
Familie Schramm
Großeltern ergänzen formale Bildung um nonformale Freizeitaktivitäten: Förderung von Lesen und Schreiben vor Schuleintritt privater Musikunterricht gezieltes Fördern der Leseneigung: Kaufen von Büchern Geigenunterricht Klavierstundenwichtiges kulturelles Kapital
Familie Schramm
Vater in Retrospektive: kulturelle Familientraditionen in Kindheit einengend Erinnerung emotional überwiegend negativ getönt studierte in fremder Stadt, weit weg von Familie kirchliche Studentengruppe: aktive Mitwirkung an der
Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen lernt seine spätere Frau kennen
Familie Schramm
Mutter: Eltern legten Wert auf Familie Bildung wichtig sehr, sehr viel lesen Musikunterricht Teilnahme an Jugendfreizeiten Auslandsaufenthalte in England und Frankreich („zu der
Zeit etwas Besonderes“)
Familie Schramm
Vater und Mutter Schramm legen Wert auf: Lesen und Vorlesen gemeinsame Gespräche kreative oder politische Aktivitäten Selbsterfahrungsaktivitäten
Familie Schramm
Enkelgeneration: problemloser formaler Bildungsweg deutliche Betonung nonformaler Bildung und informeller
Lernprozesse Studium wird finanziell und durch ständige Beratungs-
gespräche der Eltern unterstützt
Resümee
Bildungsferne Familie Fink kann sich nur schwer auf die historisch veränderten Rahmenbedingungen und den daraus resultierenden höheren Stellenwert formaler Bildungsnachweisen einstellen.
Erforderliche Habitus-Eigenschaften wie eigen-verantwortliche und flexible Lebensplanung und Lebensgestaltung sind bei Familie Fink nur unzureichend.
Resümee
Kontinuitäten im Hinblick auf Bildungsbiografiever-läufe konnten festgestellt werden, ebenso ein komplexes Zusammenspiel von formalen, nonformalen und informellen Bildungszusammen-hängen innerhalb und außerhalb der Familie.
Eine Bedeutungszunahme des Stellenwertes von nonformalen und informellen Bildungskomponenten in Verbindung mit dem Erwerb von höherer formaler Bildung ist erkennbar.
Resümee
Habitus der Familie Schramm: innerweltliche Askese Reflexivität
Nicht nur die Anstrengungen der älteren Generation sind wichtig, entscheidend ist die kindliche Aneig-nungsseite.
Resümee
Bei der Weitergabe und Aneignung von Bildung und Kultur scheinen bedeutend: Wechselwirkung zwischen formalen Bildungsprozessen
und der Wahrnehmung einer Vielzahl von nonformalen und informellen Bildungsmöglichkeiten, die sich jeweils gegenseitig ergänzen und verstärken
Bildungsnähe der Familie über mehrere Generationen
Danke für die Aufmerksamkeit!