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KAMPFMITTELVORERKUNDUNG Der schwer bombardierte Fliegerhorst Neuruppin am 14.04.1945 (Flugnummer: 7-100C, #3089, Ausgangsmaßstab ca. 1 : 13.000) „NEURUPPIN, WITTSTOCKER ALLEE

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KAMPFMITTELVORERKUNDUNG

Der schwer bombardierte Fliegerhorst Neuruppin am 14.04.1945

(Flugnummer: 7-100C, #3089, Ausgangsmaßstab ca. 1 : 13.000)

„NEURUPPIN, WITTSTOCKER ALLEE“

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LUFTBILDDATENBANK DR. CARLS GMBH - SIEBOLDSTR. 10 - 97230 ESTENFELD

TEL.: +49 (0)93 05 / 90 00 20 - FAX: +49 (0)93 05 / 90 00 23 - [email protected]

1

AUSWERTUNGSPROTOKOLL

Kampfmittelrisikoprüfung durch kombinierte Luftbild- und Aktenauswertung

Stufe 1: Kampfmittelvorerkundung

Auftraggeber:

Projekt:

Datum des Auftrages:

Abgabedatum:

1. Gutachter:

2. Gutachter:

Historische Recherche:

Unser Zeichen:

Sachverständigenbüro Arlt

Neuruppin, Wittstocker Allee

07.06.2019

08.08.2019

Birgit Hanika, M. Sc.

Dipl. Geogr. Wolfgang Müller

Marcel Haas, M. Sc.

190604406

Dieses Gutachten bleibt unbeschadet des Nutzungsrechtes des Auftraggebers geistiges Eigentum der

LUFTBILDDATENBANK DR. CARLS GMBH. Die projektbezogene Weitergabe darf ausschließlich als Gesamtwerk in

unveränderter Form erfolgen.

Eine Veröffentlichung (z.B. online) bedarf der Rücksprache mit der LUFTBILDDATENBANK DR. CARLS GMBH.

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Inhaltsverzeichnis

1. ZUSAMMENFASSUNG .......................................................................................... 3

2. AUFGABENSTELLUNG .......................................................................................... 3

3. AUSWERTUNGSGRUNDLAGEN ............................................................................. 4

3.1 Akten, Fachliteratur und sonstige Quellen ...................................................... 4

3.2 Luftaufnahmen ............................................................................................ 4

3.3 Bewertung der Auswertungsgrundlagen .......................................................... 5

4. ERGEBNISSE DER AUSWERTUNG ........................................................................... 5

4.1 Akten, Fachliteratur und sonstige Quellen ...................................................... 5

4.2 Luftaufnahmen ............................................................................................ 6

5. FAZIT .................................................................................................................. 8

6. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS ................................................................. 9

6.1 Quellen ..................................................................................................... 9

6.2 Literatur...................................................................................................... 9

6.3 Internetdokumente ....................................................................................... 9

ANHANG I: DOKUMENTIERTE LUFTANGRIFFE AUF NEURUPPIN ....................................... 10

ANHANG II: METHODIK DER LUFTBILDAUSWERTUNG ..................................................... 13

Ziel der Luftbildauswertung ................................................................................... 13

Ursachen der potentiellen Kampfmittelbelastung ...................................................... 13

Arbeitsgrundlagen und deren Beschaffung .............................................................. 13

Vorgehensweise ................................................................................................... 14

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1. ZUSAMMENFASSUNG

Das vorliegende Gutachten zum Projektgebiet „Neuruppin, Wittstocker Allee“ wurde im Rahmen

der historischen Kampfmittelvorerkundung erstellt. Es liefert Erkenntnisse über eine mögliche

Belastung mit Kampfmitteln. Die Auswertung stützt sich auf 28 Luftaufnahmen vom 10.05.1944 bis

20.04.1945 sowie schriftliche Quellen und führt zu folgendem Ergebnis:

Im Projektgebiet „Neuruppin, Wittstocker Allee“ konnte eine potentielle Kampfmittelbelastung

ermittelt werden.

Im gesamten Projektgebiet besteht das Risiko auf blindgegangene Sprengbomben zu stoßen.

Beim Laufgraben und dem Löschwasserteich besteht zudem die Möglichkeit auf entsorgte Kampfmittel

zu stoßen.

Gemäß Baufachlicher Richtlinien Kampfmittelräumung besteht weiterer Erkundungsbedarf

(KATEGORIE 2).1

Wir empfehlen die Einmessung der Befunde (vgl. Stufe 2 unseres Angebotes) zur

Lageermittlung sowie die Konsultation des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Brandenburg, eines

Fachplaners KMR oder einer Fachfirma für die Kampfmittelbeseitigung. Letztere muss über die

Zulassung nach § 7 SprengG und entsprechendes Personal mit Befähigungsschein nach § 20

SprengG verfügen.

2. AUFGABENSTELLUNG

Gegenstand der Luftbild- und Aktenauswertung ist das Flurstück 620 an der Wittstocker Allee in

Neuruppin im Landkreis Ostprignitz-Ruppin, Brandenburg, vgl. Abb. 1:

Abb. 1: Lage des Flurstücks (hellblau markiert) mit hinterlegtem aktuellem Luftbild (©Microsoft Corporation).

1 BMI & BMVG 2018, BFR KMR, S. 46, Web [1].

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Zur Prüfung der potentiellen Kampfmittelbelastung werden Unterlagen zum Zweiten Weltkrieg

systematisch auf folgende Verursachungsszenarien untersucht: Luftangriffe, Bodenkämpfe,

Munitionsvernichtung, militärischer Regelbetrieb, Munitionsproduktion und -lagerung.2

Dazu zählen

unter anderem Blindgängerverdachtspunkte, Bombentrichter, bombardierte Flächen,

Gebäudeschäden, Spuren von Bodenkämpfen, militärisch genutzte Areale oder potentielle

Entsorgungsbereiche.

3. AUSWERTUNGSGRUNDLAGEN

3.1 Akten, Fachliteratur und sonstige Quellen

Für die Ermittlung historischer Daten der für die Kampfmittelvorerkundung wesentlichen

Kriegsereignisse greift die Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH auf umfangreiche Bestände an Text-

und Bilddokumenten verschiedener nationaler und internationaler Archive sowie eine eigene, ständig

aktualisierte Bibliothek mit über 550 Titeln zurück. Neben der Auswertung einschlägiger Literatur

ermöglicht eine interne datenbanktechnische Aufarbeitung von Archivalien einen umfassenden und

schnellen Zugriff auf aussagekräftige Quellen; sie dient als Ausgangspunkt für weitere

Nachforschungen in Internetdokumenten, Fachdatenbanken, Katalogen, Archiven und

Sammlungen. Zur weiteren Erfassung kampfmittelrelevanter Informationen werden historische

Vereine, lokale Experten und eventuelle Zeitzeugen kontaktiert.

Die Bestände folgender Archive werden für das vorliegende Gutachten „Neuruppin, Wittstocker

Allee“ als ausschlaggebend erachtet und herangezogen (vgl. Kap. 4.1):

• U.S. National Archives and Records Administration (NARA, College Park MD, US-

amerikanisches Nationalarchiv)

• U.S. Air Force Historical Research Agency (AFHRA, Maxwell AL, Archiv der US-

amerikanischen Luftstreitkräfte)

• The National Archives (TNA, Kew, britisches Nationalarchiv)

• Ike Skelton Combined Arms Research Library (CARL, Fort Leavenworth KS, Bibliothek der

US-amerikanischen Streitkräfte)

3.2 Luftaufnahmen

Die Recherche der historischen Bildflüge erfolgte in den britischen Archivbeständen des Joint Air

Reconnaissance Intelligence Centre (JARIC) und der Allied Central Interpretation Unit (ACIU), der

amerikanischen NARA, dem deutschen Bundesarchiv (BArch), der kanadischen National Air Photo

Library Ottawa (NAPL), den niederländischen Luftbildsammlungen Kadaster und Wageningen sowie

dem firmeneigenen Bestand der Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH (LBDB).

Für das Projekt „Neuruppin, Wittstocker Allee“ wurden die in Tabelle 1 aufgelisteten Luftbildserien

ausgewertet. Die Aufnahmen liegen als digitale Scans in einer Auflösung von 1.200 dpi vor, um alle

Bilddetails erfassen zu können.3

Die Bildpaare können zu stereoskopischen Auswertungszwecken

verwendet werden:

2 BMI & BMVG 2018, BFR KMR, S. 151-182, Web [1].

3 BMI & BMVG 2018, BFR KMR, S. 200, Web [1].

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Tab. 1: Liste der verwendeten Luftbilder

Lfd. Nr. Flug-Nr. Flugdatum Maßstab

[ca. 1 : X] Bild-Nr. Menge Bildpaare

1 106W-0349 10.05.1944 10.000 3056-3058 3 2

2 106G-0828 13.06.1944 9.500 4020-4021 2 1

3 106G-1258 06.07.1944 14.000 3022-3023 2 1

4 106G-1972 06.08.1944 9.000 3115-3116 2 1

5 106G-4847 16.03.1945 9.000 3046-3048 3 2

6 106G-5234 08.04.1945 14.000 3053-3056 4 3

7 7-100C 14.04.1945 13.000 3088-3090 3 2

8 33-2915 19.04.1945 10.000 2025-2026 2 1

9 7-141D 20.04.1945 8.000 3163-3165

4134-4137

3

4

2

3

Summe: 28 18

3.3 Bewertung der Auswertungsgrundlagen

Die Datenbasis (Luftbilder, Akten, Literatur und Internetquellen) ist sehr gut. Eine belastbare

Aussage zur potentiellen Kampfmittelbelastung kann somit getroffen werden.

An schriftlichen Quellen stehen für Neuruppin alliierte Akten aus der NARA sowie regionale

Fachliteratur zur Verfügung. Diese Grundlagen liefern detaillierte Informationen zum Luft- und

Bodenkrieg in der Gegend.

Es liegen neun Luftbildserien ab Mai 1944 vor. Die Situation nach der Einnahme wird nicht durch

Luftaufnahmen dokumentiert. Daraus resultierende potentielle Erkenntnislücken können mit den

Ergebnissen aus Kapitel 4.1 aufgrund der kampflosen Einnahme relativiert werden.

4. ERGEBNISSE DER AUSWERTUNG

4.1 Akten, Fachliteratur und sonstige Quellen

Die Analyse der Unterlagen führte zu dem Ergebnis, dass Neuruppin zwischen dem 06.03.1944

und dem 01.05.1945 insgesamt zehnmal Ziel strategischer und gegen Kriegsende auch taktischer

alliierter Luftangriffe war. Die strategischen Bombardements wurden von der Eighth (8th

) Air Force

(AF) der United States Army Air Forces (USAAF), die Tieffliegerangriffe von russischen Einheiten

geflogen und galten dem Militärflugplatz (teils im Projektgebiet) und dem Bahnhof (1 km südwestlich

des Areals). Zum Einsatz kamen Spreng- und Brandbomben sowie Bordwaffen. Eine detaillierte

Angriffsliste zu Neuruppin ist ANHANG I zu entnehmen.

Das Projektareal war von den folgenden beiden Bombardierungen betroffen (vgl. auch Kap. 4.2).

• Am 10.04.1945 fand ein schwerer Angriff mit 449 x 1.000 lb, 192 x 500 lb und

959 x 250 lb Sprengbomben statt.4

• Im Zuge einer Attacke am 20.04.1945 mit 5 x 1.000 lb und 545 x 500lb Sprengbomben

fielen erneut Bomben auch auf das Flughafenareal und zerstörten einige Gebäude.5

4 US 8

TH

AF: Interpretation Report 10.04.1945, NARA [2]; SCHULTZE 1995, S. 188.

5 US 8

TH

AF: Interpretation Report 20.04.1945, NARA [3]

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Die Stadt Neuruppin und der Flugplatz wurden am 01.05.1945 kampflos an russische Einheiten

der Roten Armee übergeben.6

4.2 Luftaufnahmen

Die Lage des Flurstücks (vgl. Abb. 1-4, hellblaue Markierung) wurde näherungsweise auf die

historischen Luftbilder übertragen und mit einem Sicherheitspuffer von 50 m versehen (vgl. Abb. 2-4,

dunkelblaue Markierung).

Abb. 2: Das Flurstück (hellblau markiert) mit dem um 50 m gepufferten Auswertungsgebiet (dunkelblau) am 06.07.1944

(Flug-Nr. 106G-1258, #3022, Ausgangsmaßstab ca. 1 : 14.000).

Aus der visuellen Interpretation der in Tabelle 1 aufgeführten Luftaufnahmen lassen sich folgende

Aussagen ableiten (vgl. Abb. 2-4):

1. Das Auswertungsgebiet war zur Zeit des Zweiten Weltkrieges bereits bebaut und Teil des

Militärflugplatzes in Neuruppin, die Wittstocker Allee bestand ebenfalls. Zwischenzeitlich

wurden sämtliche Gebäude rückgebaut und das Areal liegt bis heute brach (vgl. Abb. 1-2).

2. Die Bodensicht ist auf den Freiflächen uneingeschränkt, partiell führen Gebäude zu

Beeinträchtigungen (vgl. Abb. 2-4). Aufgrund der unterschiedlichen Aufnahmezeitpunkte der

Luftbildserien (vgl. Tab. 1) können durch Schattenfall bedingte Erkenntnislücken minimiert

werden.

3. Mit Flug 7-100C vom 14.04.1945 lassen sich im Auswertungsgebiet drei

Blindgängerverdachtspunkte, zahlreiche Bombentrichter und zerstörte Gebäude nachweisen,

die auf den schweren Luftangriff vom 10.04.1945 zurückzuführen sind. Die

Trichterdurchmesser von 5-13 m bestätigen den Abwurf von 250 bis 1.000 lb

Sprengbomben (vgl. Kap. 4.1, Abb. 3, ANHANG I).

6 SCHULTZE 1995, S. 189; DZIENIAN 2015a&b, o. S. Web [2-3].

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4. Am 20.04.1945 (Flug 7-141D) sind ein weiterer Blindgängerverdachtspunkt sowie

Bombentrichter und ein Gebäudeschaden im Westen des Areals festzustellen, die aus dem

Angriff vom selben Tag resultieren (vgl. Kap. 4.1).

5. In einem Umkreis von 50 m um die ermittelten Bombardierungseinwirkungen muss mit

blindgegangenen Sprengbomben gerechnet werden. Dies betrifft das gesamte Flurstück.

Abb. 3: Flächenhafte Bombardierung im Auswertungsgebiet resultierend aus dem Luftschlag vom 10.04.1945 im Luftbild

vom 14.04.1945 (Flug-Nr. 7-100C, #3089, Ausgangsmaßstab ca. 1 : 13.000).

Abb. 4: Die Blindgängerverdachtspunkte im Luftbildausschnitt vom 14.04.1945 (Flug-Nr. 7-100C, #3089,

Ausgangsmaßstab ca. 1 : 13.000).

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6. Mit dem 13.06.1944 (Flug-Nr. 106G-0828) kann ein Laufgraben sowie ein

Löschwasserteich im Projektgebiet identifiziert werden (vgl. Abb. 2). Der Laufgraben wurde

jedoch noch vor der Einnahme wieder verfüllt (nachweisbar ab 08.04.1945). Ein weiterer

Laufgraben am Ostrand, feststellbar ab 14.04.1945 (vgl. Abb. 4), wird durch die

Bombardierung vom 20.04.1945 überprägt. Bei diesem Laufgraben sowie im

Löschwasserteich kann es zu Entsorgungen gekommen sein.

5. FAZIT

Für das Projektgebiet „Neuruppin, Wittstocker Allee“ konnte nach Auswertung der vorliegenden

Luftbildserien und Unterlagen eine potentielle Kampfmittelbelastung ermittelt werden.

Auf dem gesamten geplanten Bauareal besteht das Risiko auf blindgegangene Sprengbomben zu

stoßen (Verursachungsszenario Luftangriffe).

Beim Laufgraben und dem Löschwasserteich besteht zudem die Möglichkeit auf entsorgte

Kampfmittel zu stoßen.

Gemäß Baufachlicher Richtlinien Kampfmittelräumung besteht weiterer Erkundungsbedarf

(KATEGORIE 2).7

Wir empfehlen die Einmessung der Befunde (vgl. Stufe 2 unseres Angebotes) zur

Lageermittlung sowie die Konsultation des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Brandenburg, eines

Fachplaners KMR oder einer Fachfirma für die Kampfmittelbeseitigung. Letztere muss über die

Zulassung nach § 7 SprengG und entsprechendes Personal mit Befähigungsschein nach § 20

SprengG verfügen.

(B. Hanika)

M. Sc.

1. Gutachter

(W. Müller)

Dipl. Geogr.

2. Gutachter

(M. Haas)

M. Sc.

Historische Recherche

7 BMI & BMVG 2018, BFR KMR, S. 46, Web [1].

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6. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

6.1 Quellen

National Archives Records Administration (NARA), College Park MD

[1] EIGHTH AIR FORCE: Interpretation Report S.A. 3560, Attack on Targets in Germany on

28.03.1945, 29.03.1945. In: USSBS: Damage assessment photo intelligence reports

of European targets - Neuruppin (Sec 4/3a/2019). NARA RG 243 Entry 27 Box 117.

[2] EIGHTH AIR FORCE: Interpretation Report S.A. 3560, Attack on Neuruppin Airfield on

10.04.1945, 11.04.1945. In: USSBS: Damage assessment photo intelligence reports

of European targets - Neuruppin (Sec 4/3a/2019). NARA RG 243 Entry 27 Box 117.

[3] EIGHTH AIR FORCE: Interpretation Report S.A. 3607, Attack on Neuruppin Marshalling

Yard on 20.04.1945, 21.04.1945. In: USSBS: Damage assessment photo intelligence

reports of European targets - Neuruppin (Sec 4/3a/2019). NARA RG 243 Entry 27 Box

117.

6.2 Literatur

BÖTHIG, P.; WALTHER, P. (Hrsg., 2011): Die Russen sind da – Kriegsalltag und Neubeginn 1945 in

Tagebüchern aus Brandenburg. – Berlin.

DAVIS, R.G. (2006): Bombing the European Axis Powers: A Historical Digest of the Combined

Bomber Offensive, 1939-1945. – Maxwell AL.

FREEMAN, R.A. (1986): Mighty Eighth War Diary, 3. Aufl. – London.

MEHNER, K. (Hrsg., 1984): 1. Januar 1945 - 9. Mai 1945. (=Die geheimen Tagesberichte der

Deutschen Wehrmachtführung im Zweiten Weltkrieg 1939-1945, Band 12). – Osnabrück.

SCHULTZE, J. (1995): Geschichte der Stadt Neuruppin. – Berlin.

6.3 Internetdokumente

[1] BUNDESMINISTERIUM DES INNEREN, FÜR BAU UND HEIMAT (BMI) & BUNDESMINISTERIUM DER

VERTEIDIGUNG [BMVG] (Hrsg., 2018): Baufachliche Richtlinien Kampfmittelräumung –

Arbeitshilfen zur Erkundung, Planung und Räumung von Kampfmitteln auf

Liegenschaften des Bundes (BFR KMR). – Berlin & Bonn. Online abrufbar unter:

http://www.arbeitshilfen-kampfmittelraeumung.de, [Letzter Zugriff: 08.08.2019].

[2] DZIENIAN, D. (2015a): Als Neuruppin büßen musste. Online abrufbar unter:

https://www.moz.de/landkreise/ostprignitz-ruppin/neuruppin/neuruppin-

artikel/dg/0/1/1383723/, [Letzter Zugriff: 07.08.2019].

[3] DZIENIAN, D. (2015b): Neuruppiner trotzten dem Wahnsinn des Krieges. Online

abrufbar unter: https://www.moz.de/landkreise/ostprignitz-

ruppin/neuruppin/neuruppin-artikel/dg/0/1/1386472/, [Letzter Zugriff: 06.08.2019].

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ANHANG I: DOKUMENTIERTE LUFTANGRIFFE AUF NEURUPPIN

Abkürzungen:

Bewaffnung:

Angabe Beladung "Anzahl" x "Gewicht" "Abwurfmittel" ("Zünder vorne" x "Zünder hinten")

z.B.: 10 x 100 lb GP (NN x 1/100)

oder

"Gewicht" "Abwurfmittel"

z.B.: 2,5 t HE

oder

„Bewaffnung“

z.B.: Bordwaffen

Gewicht

lb Gewichtsangabe Pfund

t Gewichtsangabe Tonne

Abwurfmittel

GP General Purpose, Sprengbomben

IB Incendiary Bombs, Brandbomben

Napalm Brandbombe

Einheiten:

US 8 AF Eighth Air Force der United States Army Air Forces USAAF

Flugzeuge:

B-17 Schwerer Bomber B-17 Flying Fortress

B-24 Schwerer Bomber B-24 Liberator

Mosquito Jagdbomber Mosquito, Bordwaffenmunition explosiv

Lfd.

Nr. Datum Einheit

Anzahl/

Typ der

Flug-

zeuge

Bewaffnung Ziel Bemerkung Quelle

1 06.03.1944 US 8 AF 1 2,5 t IB Neuruppin,

Industrie Luftangriff auf Industrieanlagen. DAVIS 2006

2 22.03.1944 US 8 AF 1 2,1 t IB Neuruppin.

Industrie Luftangriff auf Industrieanlagen. DAVIS 2006.

3 07.03.1945 Bordwaffen Neuruppin,

Flugplatz

„Fl. Horst Neuruppin: 23:15

Bowa. Kein Schaden.“ (S.255) MEHNER 1984.

4 28.03.1945 US 8 AF 13 500 lb GP,

250 lb IB Neuruppin

„At least six H.E. bursts are seen

in the lake immediately East of

the town of NEURUPPIN.“

Abwurf eines Teils der Gesamt-

beladung auf Neuruppin.

Gesamtbeladung:

104 x 500 lb GP

52 x 250 lb IB

NARA [1].

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Lfd.

Nr. Datum Einheit

Anzahl/

Typ der

Flug-

zeuge

Bewaffnung Ziel Bemerkung Quelle

5 10.04.1945 US 8 AF 132 B-

17

449 x 1.000 lb.

GP,

192 x 500 lb GP,

959 x 250 lb GP

Neuruppin,

Flugplatz

„Six concentrations and many

groups of bursts totalling at least

700 are visible across the South-

east and the Southwest portion of

the

landing area with four of the five

main hangars receiving direct

hits,

while smaller units were hit as

well. Of 87 aircraft visible at the

time of the attack, three were

probably damaged or de-

stroyed.“

Bombardierung des Flugplatzes

Neuruppin.

[A]m frühen Nachmittag [näher-

ten sich] wieder große amerikani-

sche Fluggeschwader in Richtung

Berlin […]. Aber sie stoppten vor

der Stadt, Rauchfahnen gingen

nieder, und bald begannen die

Bomben zu krachen. Das nächste

Ziel war der Flugplatz, aber es

wurden auch Wohnviertel, die

Siedlung zwischen Gentzstraße

und Wittstocker Allee getroffen.“

(SCHULTZE 1995, S. 188)

NARA [2],

SCHULTZE

1995.

6 14.04.1945 US 8 AF

1

Mosquito

8 B-24

6 x Napalm Neuruppin,

Flugplatz

„8AF 950 was an experimental

bombing operation by 1 492BG

Mosquito and B-24s against

Neuruppin A/F, unsuccessful.“

(FREEMAN, S. 488)

Bombardierung des Flugplatzes

Neuruppin.

“At Neuruppin all six drop tanks

containing fifty gallons of napalm

gel exploded near the hangars

and engulfed the airfield in

flames and smoke.” (BOWMAN, S.

123)

Bombardierung des Flugplatzes

Neuruppin mit Napalm.

„Fast vergessen ist ein kleiner An-

griff bei Nacht zwischen dem 14.

zum 15. April. Die Amerikaner

kamen mit nur fünf Maschinen

und warfen unter anderem Na-

palm auf den Flugplatz. Es kam

FREEMAN

1986,

DAVIS 2006,

BOWMAN

2006, Web [2]

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12

Lfd.

Nr. Datum Einheit

Anzahl/

Typ der

Flug-

zeuge

Bewaffnung Ziel Bemerkung Quelle

zu mehreren Explosionen. Zer-

stört wurde auch ein Wohnhaus

in der Wittstocker Allee, von den

Einheimischen "das schmale

Handtuch" genannt.“ (Web [2]).

7 20.04.1945 US 8 AF 58 5 x 1.000 lb GP,

545 x 500 lb GP

Neuruppin,

Güterbahn-

hof

„Bursts totalling over 215 are

seen on the marshalling yard, its

facilities, and the adjacent town

area. Photographs taken later in

the attack show the three diverg-

ing lines at the Southwestern end

of the yard to be cut, and the

junction of these lines to be dam-

aged by direct hits; fires are seen

burning in the locomotive depot

and the goods depot.

One concentration of approxi-

mately 75 bursts is visible across

the building area and a small

portion of the previously daaged

landing area of NEURUPPIN AIR-

FIELD, with hits on at least eight

buildings and a hangar which is

seen burning fiercely late in the

attack.“

Bombardierung des Güterbahn-

hofs, der Wohnbebauung und

des Flugplatzes in Neuruppin.

NARA [3].

8 29.04.1945 Bordwaffen Neuruppin

„Nachmittags viel russische Flie-

ger, […] [dann] ging über mir

das Schießen los. [Es] dauerte [..]

nicht lange, aber in der Hauptstr.

soll es Tote und Verwundete ge-

geben haben.“ (S. 107)

BÖTHIG,

WALTHER 2011

9 30.04.1945 Bordwaffen Neuruppin

„[M]orgens […] kamen schon

wieder russische Flieger und

schossen, und das Gerassel auf

der Straße bei uns ist furchtbar.“

(S. 109)

BÖTHIG,

WALTHER 2011

10 01.05.1945 Bordwaffen Neuruppin

„Die Nacht war furchtbar, Schie-

ßen, große Detonationen hielten

uns die ganze Nacht in Atem.

[…] [Es] gab Erschütterung[en],

die eine Schaufensterscheibe

kostete.“ (S. 112)

BÖTHIG,

WALTHER 2011

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13

ANHANG II: METHODIK DER LUFTBILDAUSWERTUNG

Ziel der Luftbildauswertung

Die vorliegende Luftbildinterpretation im Zuge der Kampfmittelvorerkundung hat die Erfassung und

Lokalisierung von luftsichtigen Kriegsschäden und Belastungen des Untergrundes infolge von

Kriegsereignissen des Zweiten Weltkriegs zum Ziel.

Ursachen der potentiellen Kampfmittelbelastung

Die Ursachen für mögliche Belastungen des Untergrundes mit Kampfmitteln lassen sich in erster

Linie auf Angriffe der alliierten strategischen und taktischen Bomberverbände zurückführen. Aufgrund

des hohen Gefahrenpotentials, das auch heute noch besonders von Sprengbombenblindgängern

ausgeht, ist in den von diesem Bombentyp betroffenen Bereichen von einer hohen potentiellen

Kampfmittelbelastung auszugehen. Im Gegensatz dazu ist die Gefährdung, die durch Blindgänger

von Brandbomben verursacht wird, als wesentlich geringer einzuschätzen.

Aus der Fachliteratur geht hervor, dass ca. 10-15 % aller im Zweiten Weltkrieg abgeworfenen

Sprengbomben nicht zur Detonation gelangten. In einem nachweislich bombardierten Gebiet muss

deshalb immer mit Blindgängern gerechnet werden, auch wenn sie luftsichtig nicht (mehr) zu

erkennen sind. Die bei der Luftbildauswertung ermittelten Sprengbombeneinwirkungen (Blindgänger-

verdachtspunkte, Bombentrichter, zerstörte Bausubstanz, bombardierte Flächen) werden in der Regel

um 50 m gepuffert, um eine erhöhte Sicherheit der Befunde gewähren zu können. In dieser

Kampfmittelverdachtsfläche Bombardierung muss mit Blindgängern gerechnet werden, die in das

Erdreich eingedrungen sein können. Der Puffer kann in begründeten Fällen, z.B. aufgrund einer

großen Streuung der Bombardierung, erweitert werden. Bei Brandbomben, insbesondere in

dichtbesiedelten Gebieten, ist zu berücksichtigen, dass diese auflösungsbedingt oder infolge

eingeschränkter Bodensicht anhand der Luftbilder nicht immer nachgewiesen werden können.

Neben den Auswirkungen der Luftangriffe müssen im Rahmen einer räumlich differenzierten

Beurteilung der möglichen Kampfmittelbelastung auch kampfmittelrelevante Flächennutzungen

berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich insbesondere um Teilflächen, auf denen mit Munition

bzw. konventionellen Sprengstoffen jedweder Art umgegangen wurde oder umgegangen worden

sein könnte. Aus diesem Grund werden bei der Erfassung der potentiellen Kampfmittelbelastung

auch militärisch genutzte Areale (Flakstellungen, Kasernen, Übungsgelände, etc.) und potentielle

Entsorgungsbereiche (z.B. Hohlformen, geschobene Flächen, Bombentrichter) sowie Bodenkämpfe

berücksichtigt. Generell ist zu berücksichtigen, dass Brücken im Vorfeld der Einnahme häufig zur

Sprengung vorbereitet und an den Widerlagern Sprengmittel angebracht, jedoch nicht gezündet

wurden. Bei gesprengten Brücken – diese werden um 50 m gepuffert – besteht die Möglichkeit, auf

nicht detonierte oder versprengte Explosivstoffe zu stoßen.

Arbeitsgrundlagen und deren Beschaffung

Luftbilder

Für die multitemporale Luftbildauswertung werden, soweit verfügbar, mehrere Luftbildserien aus

der Zeit des Zweiten Weltkrieges als hochaufgelöste Scans (1.200 dpi) beschafft.

Dem Erwerb der Luftbilder geht eine EDV-gestützte Luftbildrecherche voraus. Die zugrunde

liegenden Daten stammen aus dem Bestand der nationalen und internationalen Luftbildarchive

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(englische Archive JARIC, ACIU, MAPRW, amerikanisches Archiv NARA, Archiv Kanada, Archiv

Holland, Bundesarchiv Koblenz und firmeneigener Bestand der Luftbilddatenbank).

Auf Basis der Recherche wird eine Bildauswahl getroffen, die eine möglichst gute zeitliche

Abdeckung (multitemporal) des gesamten Kriegszeitraums gewährleisten soll. Hierdurch können

Schäden an Gebäuden sowie Veränderungen der Bodenoberfläche dokumentiert werden, welche

einen Hinweis auf Bombardierungen liefern. Bombardierungsschäden wurden nach einem Luftangriff

teilweise sehr rasch behoben. Je länger die Zeitspanne zwischen einem Angriff und verfügbaren

Luftaufnahmen ist, umso schwieriger sind Bombardierungsschäden nachzuweisen. In manchen

Fällen wurden Schäden annähernd spurenlos beseitigt. Neben einer möglichst zeitlich differenzierten

Abdeckung wird die Beschaffung von Bildflügen kurz nach dokumentierten Bombardierungen

angestrebt. Erkenntnislücken können aus nicht verfügbaren Luftbildserien bzw. nicht beflogenen

Zeiträumen resultieren. Um die letzten Kriegseinwirkungen durch Bodenkämpfe innerhalb eines

Untersuchungsgebietes erfassen und den Endbombardierungszustand feststellen zu können, werden

– soweit verfügbar – frühestmögliche Bildflüge aus der Nachkriegszeit beschafft.

Quellen und Literatur

Zusätzlich zur Luftbildauswertung werden schriftliche Dokumentationen zu verschiedenen

Kriegsereignissen hinzugezogen sowie eine Internet- und Gemeinderecherche durchgeführt. Die

Ergebnisse liefern hilfreiche Ergänzungen zur multitemporalen Luftbildauswertung. Sie verhelfen zu

einem schlüssigen Gesamtbild der Kriegsgeschehnisse innerhalb einer Region bzw. einer Ortschaft.

Die historischen Akten des US-Nationalarchives (NARA), des britischen Nationalarchives (TNA) und

der Air Force Historical Research Agency (AFHRA) geben Informationen zu im Zweiten Weltkrieg

durchgeführten Aufklärungsflügen sowie zu strategischen und taktischen Luftangriffen. Zum Teil

wurden die Akten der taktischen Lufteinheiten verortet und können über ein geographisches

Informationssystem (GIS) abgefragt werden. In Kombination mit den gewonnenen Luftbildbefunden

dienen sie als wichtige Interpretationshilfe.

Vorgehensweise

Die visuelle Interpretation der Kriegsluftbilder erfolgt unter Verwendung des geographischen In-

formationssystems ArcGIS 10.6 (ESRI, digital). Mit Hilfe von Bildpaaren kann eine stereoskopische

Auswertung durchgeführt werden, wodurch Bildfehler aufgedeckt und Bombardierungsschäden

infolge des räumlichen Eindrucks gut identifiziert werden können. Im Vorfeld wird eine digitale

Aufbereitung der Luftbilder mittels Adobe Photoshop durchgeführt.

Im Fokus der Luftbildauswertung stehen neben Blindgängerverdachtspunkten unter anderem

Bombentrichter, beschädigte Gebäude, Flakstellungen, Flächen mit Hinweisen auf Artilleriebeschuss

und Laufgräben. Das hierbei abgeleitete Schadenspotential soll Hinweise auf räumliche

Schwerpunkte möglicher Belastungen mit Kampfmitteln geben. In manchen Fällen können bzgl. der

potentiellen Kampfmittelbelastung lediglich Verdachtsflächen festgehalten werden. Anschließend

werden die Befunde der Luftbildauswertung mit Hilfe des GIS digital in die Kartengrundlage

übertragen.

Die Ergebnisse der Luftbildauswertung werden mit den Ergebnissen der Akten- und Literaturaus-

wertung abgeglichen. Daraus erfolgt eine Bewertung der potentiellen Kampfmittelbelastung für das

Projektgebiet sowie eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen.