megablase-goldpolitik

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Dimitri Speck Geheime Goldpolitik Warum die Zentralbanken den Goldpreis steuern ' des Titels »Geheime Goldpolitik« (ISBN 978-3-89879-514-2) 2010 by FinanzBuch Verlag GmbH, München Nhere Informationen unter: http://www.finanzbuchverlag.de

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  • Dimitri Speck

    Geheime

    GoldpolitikWarum die Zentralbanken den Goldpreis steuern

    des Titels Geheime Goldpolitik (ISBN 978-3-89879-514-2)2010 by FinanzBuch Verlag GmbH, MnchenNhere Informationen unter: http://www.finanzbuchverlag.de

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    DIE WUNDERBARE WELT DER BLASEN

    In den Sechzigern htte man sich diese Entwicklung wohl kaum vorstel-len knnen, aber damals begann sie, weil man aus heutiger Sicht mini-male Fehlentwicklungen nicht korrigierte. Die grte Fehlentwicklung lag allerdings nicht im Auenhandel, sondern in der stetig zunehmenden Ver-schuldung. Wir wollen uns nun der Verschuldung zuwenden. Verschul-dung ist dabei immer nur die eine Seite der Medaille, zu jeder Schuld ge-hrt ein Guthaben, eine Forderung. Die Forderung ist die Gegenseite der Schuld. Bei Schuld, Forderung und dem neutralen Begriff Kredit geht es um das Gleiche, sie meinen aber jeweils etwas anderes davon. Wenn man von Verschuldung spricht, legt man auch die Betonung auf die Mhe des Bedienens der Schuld. Die Finanzminister klagen, wenn die Verschul-dung steigt, denn sie mssen im Folgejahr mehr fr die Bedienung der Zinsen aufbringen. Die Mhen des Bedienens einer Schuld knnen eine groe Last darstellen und fr persnliche Schicksale den Sturz in groes Unglck bedeuten, gesamtwirtschaftlich sind die potenziellen Probleme auf der Forderungsseite ungleich grer.

    Denn jeder Forderung ist eine Forderungsmacht inne, das Potenzial, im Markt Gter nachzufragen und eine Inflation in Gang zu setzen, aber auch eine Forderungsohnmacht, das Risiko, auszufallen, eine Kettenre-aktion des Nachfragerckgangs in Gang zu setzen und einen deflation-ren Kollaps auszulsen. Beide, drohende inflationre Entwertung oder drohender deflationrer Kollaps, sind die Schatten, die jede Volkswirt-schaft begleiten, in der Forderungen auftreten. Seitdem in Gesellschaften Forderungen in gesamtwirtschaftlich relevanter Gre auftreten, gibt es diese Probleme. Rund um den Globus und durch die Geschichte gab es Tausende von Flle, in denen diese Schatten ihre Wirkung entfalteten. Es entstanden forderungetriebene Blasen und sie platzten. Es kam zu Rezes-sionen, Krisen und zu totalen Kollapsen. Von allen Geld- und Kreditpro-

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    blemen ist das der Blase das einzige, das bisher nicht gelst ist. Es ist auch das einzige, das nicht grundstzlich lsbar ist. Man kann es aber besser machen. Es gehrt daher zum Wichtigsten in der konomie, forderungs-getriebene Blasen zu verstehen.

    Als Alan Greenspan 1987 den Vorsitz der Fed bernahm, stand ausge-rechnet er als entschiedener Befrworter einer freien Wirtschaft der obers-ten Regulierungsbehrde vor. Als Greenspan 1987 den Vorsitz der Fed bernahm, wurde er sogar Chef einer Einrichtung, deren Existenz er aus-weislich eines 1966 erschienenen Artikels frher entschieden abgelehnt hatte.83 Das Leben ist immer wieder fr berraschungen gut. 1966 war er Befrworter des regelmigen Abbaus von bermigem Kredit-wachstum durch anschlieende Rezessionen. Jetzt leitete ausgerechnet er eine Institution, die genau diese Rezessionen vermeiden sollte und so das Kreditwachstum frderte. Indem er bei jeder Krise ausreichend Liquidi-tt zur Verfgung stellte (was man dann sogar Greenspan-Put nannte), betrieb er intensiv das Gegenteil seiner frheren Auffassung. In der prak-tischen Politik angekommen, schaute er auf zeitnahe Lsungen.

    Anfangs, als Greenspan 1987 den Vorsitz der Fed bernahm, war er noch fr eine straffe Geldpolitik. Er war der Einzige, der erkannte, dass sich an den Aktienmrkten eine Blase entwickelt hatte. Seine Kollegen und der aus 200 Finanzexperten bestehende Beraterstab waren ahnungslos. Green-span bemerkte, dass der Anstieg der Vermgenspreise die Leute sich rei-cher fhlen und zustzliche Ausgaben ttigen lie, was zu einer berhit-zung der Wirtschaft fhrte und zu drohender Geldentwertung. Greenspan setzte deshalb im September 1987 die erste Diskontsatzerhhung seit drei Jahren durch, um einen weiteren Anstieg der Aktien zu bremsen. Wenig spter kam es zum Aktiencrash, vielleicht war das eine prgende Erfahrung und Anlass, fortan von straffer Geldpolitik Abstand zu nehmen.

    Als Greenspan 1987 den Vorsitz der Fed bernahm, waren die USA in ei-ner Situation, in der gesamtwirtschaftlich die Schulden relativ zu einer re-

    83 Greenspan, Alan: Gold and Economic Freedom, in: Rand, Ayn: The Objectivist, Bd. 5, Nr. 7, 1966, nach der bersetzung von Deutsch, Reinhard: Gold und wirtschaftliche Freiheit www.goldseiten.de/content/kolumnen/artikel.php?storyid=96.

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    alwirtschaftlichen Gre wie dem Bruttoinlandsprodukt im historischem Vergleich hoch waren und in der allenfalls eine von allen relevanten Krf-ten getragene Bemhung, diese zu reduzieren, noch gefruchtet htte. Er htte allein eine Reduzierung des Kreditniveaus im Sinne seines Artikels von 1966 nicht vornehmen knnen.

    Als Greenspan 1987 den Vorsitz der Fed bernahm, wurde er Teil einer Ins-titution, welche die gesetzlichen Ziele der Preisstabilitt und des nachhalti-gen Wirtschaftswachstums hatte, nicht aber einer Begrenzung der Menge der Kredite. Vielleicht hatte er die Begrenzung im Sinn, vielleicht hing er noch seinen in den Sechzigern gettigten berlegungen der Notwendigkeit des Abbaus von zu grozgig gewhrten Krediten nach, als er sich als Einzi-ger 1987 fr die Erhhung des Diskontsatzes einsetzte und diese dann auch durchsetzte. Seine uerungen kreisten aber um die daraus drohende In-flation. Seine Prioritten lagen bei der Geldwertstabilitt, dem Wirtschafts-wachstum und dann vielleicht noch dem Abbau staatlicher Schulden, kaum noch bei dem Abbau der Schulden der brigen Sektoren der Wirtschaft.

    Als Greenspan 1987 die Fed bernahm, drfte er weiterhin mit dem Gold-standard sympathisiert haben. Dafr spricht die Deutlichkeit und Durch-dachtheit seiner Thesen in seinem Aufsatz von 1966 sowie die Tatsache, dass er 1981 und brigens auch noch 1998 mit dem Goldstandard sympathisier-te. Dabei hat sich aber anscheinend sein Fokus von der Kreditmenge weg auf die Geldwertstabilitt hin verlagert.84 Eine derart gefestigte Haltung gibt man nicht binnen weniger Jahre so nebenbei einfach auf. Er wre aber nicht in der Position gewesen, den Goldstandard gegen die Politik durchzusetzen.

    Als Greenspan 1987 den Vorsitz der Fed bernahm, bestand bereits eine Blase, ein gesamtgesellschaftlicher Forderungsberhang, und Greenspan

    84 Time Magazine vom 5. Oktober 1981 All That Talk About Gold www.time.com/time/magazine/artic-le/0,9171,921073,00.htm, und United States. Congress. House. Committee on Banking and Financial Servi-ces. Subcommittee on Domestic and International Monetary Policy: Conduct of Monetary Policy: Report of the Federal Reserve Board pursuant to the Full Employment and Balanced Growth Act of 1978, P.L. 95-523, and The State of The Economy: Hearing before the Subcommittee on Domestic and International Monetary Policy of the Committee on Banking and Financial Services, U.S. House of Representatives, One Hundred Fifth Congress, Second Session, July 22, 1998. Washington 1998, S. 24, dort sagte Greenspan: I am one of the rare people who have still some nostalgic view about the old gold standard, as you know, but I must tell you, I am in a very small minority among my colleagues on that issue.

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    war Teil einer Institution, deren Macht gar nicht ausgereicht htte, die Ge-samtheit an Forderungen zu begrenzen oder gar abzubauen. Es war bei-nahe sogar umgekehrt. Wenn man die gesetzlichen Ziele der Fed, Preissta-bilitt und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, nicht aber die Begrenzung der Forderungen, konsequent umsetzt, fhrt das zur perfekten Blase. Die Ziele fhren nmlich zum Wachstum durch stetige Ausweitung der (vor-erst) nicht preiswirksam werdenden Forderungsmenge. So kam es denn auch seit den Neunzigern: Die Wirtschaft wuchs, die Beschftigungsra-te war hoch, die Preise waren stabil, die Vermgen stiegen. Das Paradies. War es ein Scheinparadies? Denn die Forderungsmenge wuchs. Sie knn-te den Keim fr knftige Probleme bergen. Doch sehen wir uns erst ein-mal an, wie eine Blase berhaupt funktioniert.

    Kreditfinanzierte Blasen entstehen durch kreditfinanzierte Kufe. Schau-en wir uns einen solchen Kauf einmal genau an: Sie haben 100 000 Euro auf dem Konto und wollen ein Haus kaufen, das 200 000 Euro kostet. Bei-de Parteien zusammen, Sie als knftiger Kufer und der sptere Verkufer, haben also ein Vermgen von 300 000 Euro. Jetzt gehen Sie zur Bank, lei-hen sich 100 000 Euro und kaufen das Haus. Die Vermgensbilanz beider Parteien lautet jetzt wie folgt: Sie besitzen das Haus fr 200 000 Euro und haben Schulden ber 100 000 Euro, nach Abzug der Schulden betrgt Ihr Vermgen somit 100 000 Euro. Der Verkufer hat nun die 200 000 Euro auf dem Konto. Das Gesamtvermgen beider Beteiligter betrgt so-mit erneut 300 000 Euro. Dies war zu erwarten, denn es wurden keine Werte geschpft.

    Soweit die statische Betrachtung eines Einzelfalls. Die reale Welt ist aber dynamisch und es gibt viele einzelne Flle. Betrachten wir den kreditfi-nanzierten Kauf deshalb erneut: Die Kreditfinanzierung hat den Kauf erst ermglicht, ohne sie wre es nicht dazu gekommen. Die Kreditfinanzie-rung selbst hat somit Nachfrage geschaffen. Zustzliche Nachfrage erhht aber nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage den Preis. Obwohl al-so im Einzelfall und in der statischen Betrachtung das Gesamtvermgen beider Beteiligter vor und nach dem Kauf gleich hoch war, ndert es sich in einer dynamischen Welt mit vielen kreditfinanzierten Kufen. Tatsch-lich sorgen kreditfinanzierte Kufe fr einen Anstieg des Preisniveaus.

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    Wenn also in einer Gegend viele Leute Kredite aufnehmen, um Huser zu erwerben, steigen die Preise der Objekte. Sie tun dies, ohne dass sich re-al etwas gendert htte. Die Kreditfinanzierung ist der einzige Grund des Preisanstiegs.

    Was aber bedeutet der Preisanstieg fr die Vermgensbilanz? Nehmen wir an, der Wert des Hauses steigt durch die vielen kreditfinanzierten Kufe in der Umgebung von 200 000 Euro auf, sagen wir, 300 000 Euro. Abzglich der Schulden haben Sie nun ein Vermgen von 200 000 Euro, der Ver-kufer hat weiterhin 200 000 Euro auf dem Konto.85 Das Gesamtverm-gen beider Beteiligter betrgt somit nun 400 000 Euro! Die zustzlichen Kufe, die durch zustzliche Kredite ermglicht wurden, sorgen im Bei-spiel fr einen Vermgenszuwachs von 100 000 Euro, ohne dass irgend-jemand den Finger gekrmmt und etwas Reales hergestellt htte. In einer kreditfinanzierten Blase kommt es also durch zustzliche kreditfinanzier-te Kufe zu einem Anstieg des Preisniveaus der Vermgen. Die Gesamt-heit aller Kreditfinanzierungen fhrt in einem dynamischen Prozess dazu, dass die Beteiligten einen Vermgenszuwachs buchen, ohne dass etwas geschaffen wurde. Sie fhlen sich reicher, ohne dass sich real etwas gen-dert hat.86

    Damit haben wir aber ein Entscheidungsproblem: Die Bcher spiegeln nicht die reale Welt wider! Durch bloe Finanzierungsvorgnge wurde aus einem Gesamtvermgen von 300 000 Euro eines von 400 000 Euro. In der Realwirtschaft htte dazu etwas produziert werden mssen, etwa das Haus um die Hlfte erweitert werden mssen. Das Problem ist nun aber nicht, dass real nichts geschaffen wurde, denn auch Gewinne in der Finanzwirtschaft knnen volks- und betriebswirtschaftlich Sinn ergeben. Das Problem bei der kreditfinanzierten Blase ist, dass alle Beteiligten rei-cher wurden, dass es also keinen Verlust gab, wo woanders ein Gewinn entstand. Wenn aber alle Beteiligten durch bloe Buchungsvorgnge ver-

    85 Zur Eruierung des Wirkmechanismus von Blasen wird hier so weit wie mglich vereinfacht. Der Zins etwa, der sich aufzudrngen scheint (Exponentialfunktion), ist beim Blasenphnomen erst sekundr von Bedeutung.

    86 Es kann auch nichtkreditfinanzierte Blasen geben, die nicht durch kreditfinanzierte Kufe, sondern durch Umschichtungen entstehen, wenn es etwa modebedingt zu einem Run auf bestimmte Gter kommt. Sie sind hier nicht Thema, da ihre finanziellen Folgen ebenfalls blo aus Umschichtungen bestehen.

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    mgender werden, wird eine magebliche Entscheidungsgrundlage be-einflusst. Denn die durch den Preisanstieg ausgewiesenen Gewinne wer-den zwar gebucht, haben aber keine Grundlage in realen nderungen der wirtschaftlichen Umstnde. Ihre einzige Grundlage sind die kreditfinan-zierten Kufe selbst.

    Indem in Blasen kreditfinanzierte Kufe das Preisniveau anheben und so eine Wohlstandsmehrung vortuschen, die es nur in den Bchern, aber nicht in der Realitt gibt, setzen sie die zeitnahen Regulierungskrfte des Marktes auer Kraft. Ein Markt kann nicht effizient sein, wenn bloe Bu-chungsvorgnge zu derselben nderung bei der Entscheidungsgrundlage fhren wie reale Produktionsttigkeiten. Der kreditfinanzierte Kauf, der sich selbst rentabel macht, ist von seiner Natur her Erschaffer eines Trug-bildes. Er ist nur gerechtfertigt, wenn es an anderer Stelle des Systems zu einer entsprechenden Rckfhrung eines anderen Kredits kommt, sodass sich durch dessen Rckzahlung die Gesamtmenge aller Kredite nicht er-hht (oder nur entsprechend dem Wirtschaftswachstum).

    Das Versagen der Markteffizienz durch Vortuschung eines Gewinns macht kreditfinanzierte Blasen zu Vorgngen, die nicht sofort, sondern hnlich wie Kettenbriefsysteme versptet korrigiert werden. Die Wirt-schaftsgeschichte ist voller Beispiele, in denen kreditfinanzierte Blasen erst zu einem Boom fhrten, der spter durch schmerzhafte Preisrck-gnge und Rezessionen korrigiert wurde. Der Zeitpunkt dieser Korrek-tur kann bereits ein Jahr nach Beginn der Blase erfolgen, oft sind es aber mehrere Jahre, mitunter sogar Jahrzehnte. Historisch kam es wohl immer zu dieser Korrektur, wenn sie nicht durch staatliche Eingriffe verhindert wurde.

    Eine solche Korrektur ist durch eine Umkehrung der Vorgnge gekenn-zeichnet, die das vorherige Entstehen der Blase begleiteten. Das angeho-bene Preisniveau kommt zurck und die Kreditmenge wird ebenfalls re-duziert. Letzteres geschieht durch Ausfall der Forderungen, also durch Schuldnerbankrott. Wie beim Entstehen einer Blase die durch Kredit-schpfungen ermglichten zustzlichen Kufe das Preisniveau anhoben, gibt es beim Platzen einer Blase Verkufe durch Kreditausflle und damit

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    eine Senkung des Preisniveaus (es wirken aber noch weitere Mechanis-men, weshalb es auch bereits vor Schuldnerausfllen zu einer Senkung des Preisniveaus kommt). Beim Platzen der Blase wird aber auch der Wohlstand, der zuvor blo gebucht und nicht geschaffen wurde, vernich-tet. Er verschwindet aus den Bchern, aber auch aus den Kpfen der Leu-te. Sie fhlen sich nun wieder rmer. Es ist letztlich der dem Menschen innewohnende Wunsch, reich zu sein, der fr das Entstehen von Blasen sorgt und der es so schwer macht, ihr Platzen zu akzeptieren.

    Nicht die Marktgesetze versagen, sondern deren Effizienz. Die Marktge-setze verschaffen sich auch in Perioden mit Blasen Geltung, sie tun dies nur mit Verzgerung. Whrend der Blasen kommt es aber zu vielfltigen Fehlentwicklungen. Einen eigenstndigen Sinn haben kreditfinanzierte Blasen in aller Regel nicht. Sie knnen zwar Trends beschleunigen, den-noch ist ihr Preis hher als ihr Nutzen, denn die dabei auftretenden Fehl-entwicklungen sind mannigfaltig (Details dazu gleich). Es gibt nur wenige Flle, bei denen kreditfinanzierte Blasen einen eigenstndigen Sinn auf-weisen, etwa wenn ein lokaler Preisanstieg vorweggenommen wird (et-wa bei Immobilien in einer abgeschlossenen Bucht, die durch eine Stra-e touristisch erschlossen wird). Allerdings ist dies auch nur dann der Fall, wenn der Anstieg der Kreditmenge an dieser Stelle einhergeht mit ei-ner Reduktion an anderer Stelle, es sich also um eine Umschichtung han-delt, oder er durch Wirtschaftswachstum untermauert ist. Sonst ist nm-lich letztlich doch die ganze Volkswirtschaft betroffen.

    Immer wenn eine kreditfinanzierte Blase den Forderungsbestand einer ganzen Volkswirtschaft erhht, weist sie den Charakter der sich selbst ren-tierenden Kreditschpfung auf. Dabei spielt es keine Rolle, wo die Blase stattfindet. Hufig sind Blasen an den Immobilienmrkten oder an den Aktienmrkten, also bei Unternehmen. Es gab aber historisch auch Bla-sen, die im Rckblick eher erstaunen, etwa bei Blumen wie in der Tul-penblase im 17. Jahrhundert. Blasen knnen auch von einem Gegenstand auf den nchsten berspringen, wie die Blase bei den Technologiewerten in den USA Ende der Neunziger des vorigen Jahrhunderts, die zum Jahr-tausendwechsel durch eine an den Immobilienmrkten abgelst wurde. Kreditfinanzierte Blasen knnen auch mehrere Anlageklassen gleichzeitig

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    erfassen, etwa Immobilien und Aktien wie in Japan Ende der Achtziger, oder sich letztlich auf die ganze Volkswirtschaft ausweiten.

    Kreditfinanzierte Blasen sind selbstrentabel. Daraus folgt das typische Blasenphnomen, dass sich Blasen selbst verstrken. Die Bewegung be-schleunigt sich dabei oft gegen Ende der Blase. Hintergrund ist, dass durch die Wertsteigerung objektbezogen eine Reduzierung der Schulden stattfindet zumindest ausweislich der Bcher. In obigem Beispiel war die Immobilie anfnglich 200 000 Euro wert und mit 100 000 Euro belie-hen. Nach Anstieg des Preisniveaus stand das Haus bei 300 000 Euro, die Schulden aber standen immer noch nur bei 100 000 Euro. Die Immobi-lie war also erst zu 50 Prozent beliehen, dann nur noch zu 33,33 Prozent.

    Ein jetziger Kufer dieser oder einer vergleichbaren Immobilie knnte bei gleicher Beleihung von 50 Prozent ein Darlehen von 150 000 Euro auf-nehmen und so seinen Beitrag dazu leisten, dass das Preisniveau ein wei-teres Mal angehoben wird. Dies fhrt zu einem Kreislauf, in dem die sich selbst rentierenden Kufe durch Kreditschpfung einander gegenseitig verstrken und das Preisniveau immer weiter anheben. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht den sich selbst verstrkenden Kreislauf bei einer kreditfinanzierten Aktienblase. Da die Wirkmechanismen nur den Wohl-stand in den Bchern, nicht aber den in der Realitt mehren, platzen kre-ditfinanzierte Blasen typischerweise nach einiger Zeit.

    Ein kurzer Rckblick auf den Gold-Carry-Trade: Er fhrte nmlich zur ersten inversen Blase der Geschichte! Der Blasenkreislauf beim Carry-Trade war genau invers zum blichen Blasenkreislauf: Gold wurde gelie-hen und verkauft bei der konventionellen Blase wird Geld geliehen und etwas anderes (wie Immobilien) gekauft. Das zustzliche Angebot fhrte zum Rckgang der Preise bei der konventionellen Blase fhrt die zustz-liche Nachfrage zum Anstieg der Preise. Der Rckgang der Preise fhrte zum Profit der Goldleiher allein durch die Verkufe des geliehenen Gol-des bei der konventionellen Blase fhrt der Anstieg der Preise zum Pro-fit der Geldleiher. Dieser Profit erffnet wiederum die Mglichkeit, noch mehr Gold zu leihen und den Blasenkreislauf in Gang zu setzen bei der konventionellen Blase wird entsprechend erneut Geld geliehen.

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    Konvenonelle Kreditblase

    Kauf von Immobilien auf Kredit

    Zustzliche Nachfrage lsst Kurs

    steigen

    Prot des Kredit-

    nehmers durch seine

    eigene Akon

    Abb. 70: Konventionelle Kreditblase

    Eine inverse Blase ist also genau spiegelbildlich zur konventionellen Bla-se. In den Neunzigern kam es so durch den Gold-Carry-Trade (und all-gemein formuliert durch die Goldleihe) zur ersten inversen Blase der Ge-schichte, sofern man Blasen (wie meist blich) auf die Preise von Gtern bezieht (und nicht etwa auf Whrungen oder auf eine einzelne Aktie). Vo-raussetzung war nmlich die hohe Verfgbarkeit der Gter, wie sie nur bei Gold durch die Lagerung eines Vielfachen des Jahresverbrauchs gegeben ist. Weitere Voraussetzung war die Einfhrung der Goldleihe nach Auf-hebung der Goldbindung ab Anfang der Achtzigerjahre. Die Hintergrn-de der zweiten Phase der Interventionen Ende der Neunziger sind nicht genau bekannt und wir knnen die Profite privater Bullionbanken als ein Hauptmotiv nur vermuten. Die Vorgnge sind aber leichter nachvollzieh-bar, wenn man bercksichtigt, dass eine inverse Blase vorlag. Der Rck-

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    gang des Goldpreises von 400 auf 250 Dollar je Unze Ende der Neunzi-gerjahre war der Hhepunkt und vom Kursverlauf her gesehen der Tiefpunkt der ersten inversen Blase der Geschichte.

    Inverse Blase des Gold-Carry-Trade

    Verkauf von geliehenem

    Gold

    Zustzliches Angebot lsst

    Kurs fallen

    Prot des Goldleihers durch seine

    eigene Akon

    Abb. 71: Inverse Blase des Gold-Carry-Trade