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“Mi žalimo ...”Weihnachtliche Lieder und Bräuche im Unteren Gailtal

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Die Herausgabe dieser Publikation wurde durch nachstehende Institutionen gefördert:

Kärntner BildungswerkAmt der Kärntner Landesregierung

Gemeinde Feistritz an der Gail

sowieStadtgemeinde Hermagor-Pressegger See

Gemeinde St. Stefan im GailtalMarktgemeinde NötschGemeinde Hohenthurn

Herausgeber: Bezirksleitung Hermagor des Kärntner BildungswerkesDruck: Mohorjeva-Hermagoras, Adi-Dassler-Gasse 4, 9073 Viktring

Layout & Design: Hermagoras DruckereiLektorat: Annelies Wernitznig, Gitta Zwitter

Korrektur der Liedsätze: Gerald Karnel© Eigenverlag der Bezirksleitung Hermagor des Kärntner Bildungswerkes 2014

ISBN 978-3-7086-0832-7– Alle Rechte vorbehalten –

“Mi žalimo ...”Weihnachtliche Lieder und Bräuche im Unteren Gailtal

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“Mi žalimo ...”Weihnachtliche Lieder und Bräuche im Unteren Gailtal

Lieder gesammelt und aufgezeichnetvon Franz Mörtl

Volkskundliche Beiträgevon Peter Wiesflecker

Herausgegebenvon Annelies Wernitznig

im Auftrag der Bezirksleitung Hermagordes Kärntner Bildungswerkes

Franz Mörtl / Peter Wiesflecker

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“Mi žalimo” 5

InhaltsverzeichnisZum Geleit 7

Vorwort der Herausgeberin 9

Volkskundliche Beiträge (Peter Wiesflecker) 10

Bräuche, Riten und Dämonen. Weihnachtsbrauchtum im Unteren Gailtal – eine Einführung 10Advent – Allumfassende Enthaltsamkeit und Messen mit besonderem Gewicht 14Von Weihnachten bis Neujahr – Helle und dunkle Zeiten 22„Kaleda“ – Die morgenländischen Majestäten und ihr Gefolge 30Die Perchtra – Die vielen Gesichter einer (nicht nur) dämonischen Gestalt 46Von Dreikönig bis Lichtmess – Bauernfeiertage und Hochzeiten 52

Liedteil (Franz Mörtl) 60

Kaleda aus Egg (Männerchor) 62Kaleda aus Egg (Gemischter Chor) 63Kaleda aus Mellweg (Männerchor) 64Kaleda aus Görtschach (Männerchor) 66Kaleda aus Förolach (Männerchor) 69Kaleda aus Köstendorf (Männerchor) 72Kaleda aus St. Stefan (Männerchor) 75Kaleda aus Matschiedl (Männerchor) 78Kaleda aus Tratten (Männerchor) 81Kaleda aus Kerschdorf (Männerchor) 84Kaleda und Tratəca aus Wertschach (Männerchor) 86Kaleda aus St. Georgen (Männerchor) 88Dreikönigslied aus Labientschach (Männerchor) 90Kaleda aus St. Paul (Männerchor) 92Dreikönigslied aus Nötsch (Männerchor) 96Kaleda aus Saak (Männerchor) 98Kaleda aus Vorderberg (Männerchor) 100Kaleda und weihnachtlich Lieder aus Feistritz 103

Mi žalimo (Gemischter Chor) 104Mi žalimo (Männerchor) 105Pastircə na puələ (Oberchor) 106Pastircə na puələ (Männerchor) 107Pastircə grado (Oberchor) 108Pastircə grado (Männerchor) 109Tam stoji pa hlevček (Gemischter Chor) 110Poslušajte vsi ljudje (Gemischter Chor) 111Poslušajte vsi ljudje (Männerchor) 112En angel priletil (Gemischter Chor) 113En angel priletil (Männerchor) 114Kaj se vam zdi (Gemischter Chor) 115Kaj se vam zdi (Männerchor) 117Schönstes Kindlein (Oberchor) 119Schönstes Kindlein (Männerchor) 120

Kaleda aus Achomitz (Männerchor) 121Kaleda aus Göriach (Oberchor) 122

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“Mi žalimo” 7

Zum Geleit

Gerade in einer Zeit der zunehmenden Verunsicherung der Menschen in vielen Lebensbereichen durch feh-lende Orientierung und Bindung entsteht und besteht die Sehnsucht nach Bewährtem und nach überlieferten Formen der Lebenskultur. Bräuche und Rituale geben den Menschen Halt, schaffen Vertrauen und Verläss-lichkeit durch den regelgerechten Vollzug derselben, auch wenn ihr eigentlicher Sinn oft schon verblasst ist. Dieses kulturelle Erbe ist daher nicht nur modern und zeitgemäß, sondern wird durch die häufige mystische Verklärung in seiner Wirkung sogar gesteigert. Somit ist die vorliegende Publikation über weihnachtliche Lieder und Bräuche im Unteren Gailtal eine äußerst wertvolle Form der Dokumentation regionaler Kultur. Durch solche Arbeiten wird das örtliche Bewusstsein zum Erhalt solcher Kulturformen nicht nur nachhaltig geschärft, sondern erfährt auch eine Belebung und eine Neuinterpretation.

Dies war Mag. Annelies Wernitznig und Prof. Franz Mörtl schon während ihrer aktiven Zeit in der Sing-gemeinschaft Oisternig ein besonderes Anliegen. Beide waren neben der eigentlichen Chorarbeit be-müht, Liedgut als Teil des regionalen Kulturgutes neu zu beleben, zu erforschen und zu sichern. Univ.-Doz. DDr. Peter Wiesflecker hat sich unter dem Aspekt der nachhaltigen Überlieferung und Verdeutlichung in seinen wissenschaftlichen Arbeiten wiederholt mit der Geschichte und Volkskunde seiner engeren Heimat

befasst. Dies beweist nicht nur für alle drei Beteiligten die Verankerung im Kulturleben des Unteren Gailtales, sondern auch ihr hohes Verantwortungsbewusstsein gegenüber den überlieferten unterschiedlichen Äu-ßerungen der regionalen Kultur.

Mit der nun vorliegenden Publikation wird die sog. „Kaleda“, eine besondere Form des Dreikönigsbrauch-tums, nicht nur einem allfälligen Vergessen entrissen, sondern erhalten und für die Zukunft nachhaltig gesi-chert. Gegenüber vielen anderen, die die überlieferte Kultur ausschließlich pflegenden Gruppen überlassen, wird hier Kultur gelebt und bleibt im Jahreskreislauf und im Dörflichen verankert. Besonders zu danken ist daher der Initiatorin dieses Buches, der Bezirksobfrau des Kärntner Bildungswerkes, Mag. Annelies Wernitz-nig, Prof. Franz Mörtl für die Liedaufzeichnung und Bearbeitung sowie Univ.-Doz. DDr. Peter Wiesflecker für seine Darstellung des Brauchtums zwischen Ad-vent und Lichtmess und dessen Einbettung in den historisch-volkskundlich-religionswissenschaftlichen Rahmen.

Ich darf daher im Namen des Kärntner Bildungswer-kes zu dieser großartigen Publikation gratulieren und ihr eine breite und interessierte Leserschaft wünschen sowie den Kultur schaffenden Menschen weiterhin viel Freude und Begeisterung im Vollzug dieses einzigar-tigen Brauchtums.

Dr. Klaus FillaferLandesobmann des Kärntner Bildungswerks

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8 “M i ž alimo”

Autoren und Herausgeberin sind einer Reihe von Personen und Institutionen zu besonderem Dank verpflichtet.

Für die Unterstützung bei den Forschungen:Daniela Assek (NMS Nötsch), Rudi Bacher sen. und Rudi Bacher jun. (beide Matschiedl),

Robert Druml (Köstendorf), Fred Fischer (Wertschach), DI Martin Fischer (Förk), Hermann Fritz (St. Paul), Albin Hebein (Mellweg), Johanna Hebein (Potschach), Alois Jarnig (Labientschach), Dieter Jarnig (Görtschach),

Gerald Karnel (Villach), Vinzenz Kleewein (St. Stefan), Klaus Krieber (Latschach), Ludwig Lackner (St. Stefan), Daniel Mešnik (Göriach), Ferdinand Mörtl (Saak), Herbert Pitzler (Förolach), Kaspar Popotnig (Görtschach),

Ursula Rausch (Göriach), Annemarie Robin (Egg), Othmar Schoitsch (Tratten), Slowenische Studienbibliothek/Slovenska študijska knjižnica (Klagenfurt/Celovec),

Hannelore Thurner (Micheldorf), Florian Tschmelitsch (Latschach), Ferdinand Vielgut (St. Georgen), Hermann Wiegele (Köstendorf), Paula Wiesflecker (Feistritz), Günther Zimmermann (Vorderberg),

Gitta Zwitter (Achomitz)

Für ihre Mitwirkung an den Bezirksabenden:Bergmännischer Gesangsverein Bad Bleiberg Kreuth (Leitung: Norbert Lipautz),

Familienmusik Waldner, „4tissimo“ (Leitung: Stefanie Gastinger), Frauentrachtengruppe Feistritz/Gail (Leitung: Erika Nessmann),

Gemischter Chor St. Lorenzen im Gitschtal (Leitung Gerald Waldner), Gregor Martin, Jugendblasorchester der Musikschule Hermagor (Leitung: Gerald Waldner,

Gerald Schwager und Christoph Glantschnig), Kindervolkstanzgruppe Liesing (Leitung: Michaela Stemberger), Eva Kreuzberger mit den Schülerinnen der HLW Hermagor,

Lesachtaler StreichXång (Leitung: Stefan Lexer), MGV Morgensonne Bleiberg Kreuth (Leitung: Christoph Glantschnig),

Reisacher Dorfmusikanten (Leitung: Otto Driessler), Sängerrunde Würmlach (Leitung: Gerd Zebedin), Trachtengruppe Mauthen (Leitung: Elfi Zankl), Vokalkreis Karnia (Leitung: Hans Hohenwarter),

Volkstanzgruppe Hermagor (Leitung: Andreas Leitner), Volkstanzgruppe Maria Luggau (Leitung: Helene Freiberger),

„Young Oisternig“ (Leitung: Christina Zwitter)

Dem Beirat und den Mitgliedern der Bezirksleitung Hermagor des Kärntner Bildungswerkes, die das Projekt in jeder Weise unterstützt und mitgetragen haben:

Andrea Kucher-Moritsch, Stefan Lexer, Benjamin Martin, Ulrike Pedarnig, Karin Pirker, Manfred Wandaller und Karoline Warmuth

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Vorwort

Immer wieder haben unterschiedlichste Geisteshal-tungen und Ideologien, von der Aufklärung bis zu den sog. kritischen 1968-er Jahren, Brauchtum, Wissen um Brauchtum und Bewusstsein für Brauchtum in man-cher Hinsicht für nicht zeitgemäß und veraltet erklärt und dadurch auch den Eindruck verstärkt, dass vie-les bereits vergessen oder zumindest verschüttet und verschollen ist. Am deutlichsten hat sich das vielfältige Brauchtum über alle Jahrhunderte in den bäuerlichen Strukturen des alpenländischen Raums erhalten. In-zwischen ist an einer jüngeren Generation wieder ein verstärktes Interesse für verschiedene Bräuche zu bemerken. Diese werden bewusst aufrechterhalten, gelebt oder auch wiederbelebt, sind demnach wie-der „in“. Man sucht nach den Quellen und will wissen, woher dieser oder jener Brauch kommt, weil Herkunft und „Sinn“ nicht mehr bekannt sind und Erklärungen fehlen.

Mit dem Feistritzer Liederforscher Prof. Franz Mörtl und dem ebenfalls aus Feistritz/Gail gebürtigen His-toriker Univ.-Doz. DDr. Peter Wiesflecker ist bereits während meiner 20-jährigen Tätigkeit als Obfrau der Singgemeinschaft Oisternig ein Brauchtums- und Lie-derbuch mit dem Titel „a Jåhr. Brauchtumslieder aus Feistritz an der Gail und Umgebung“ herausgegeben worden. Damals schon wurde angedacht, das Weih-nachtsbrauchtum mit den Schwerpunkten der sog. „Kaledalieder“ (Dreikönigs- oder Sternsingerlieder) und der mythischen Gestalt der „Percht/Perchtra“ ge-sondert und ausführlicher in einer eigenen Publikation darzustellen und zu veröffentlichen. Das nun vorlie-gende Buch gibt u.a. Zeugnis von den vielfältigen örtlichen Ausprägungen und Unterschiedlichkeiten der heute noch gesungenen Kaledalieder. Mit der Ver-öffentlichung dieser Lieder und der Darstellung des nicht minder vielfältigen Brauchtums des Unteren Gail-tals zwischen Advent und Fasching sind diese auch für die Nachwelt gesichert.

Die Herausgabe dieses Buches erfolgt in meiner neuen Funktion als Bezirksobfrau des Kärntner Bil-dungswerks für den Bezirk Hermagor. Die Kosten für die Drucklegung wurden durch Veranstaltungen des Bildungswerkes, die sog. Bezirksabende, an denen zahlreiche Vereine des Gail-, Gitsch-, Lesach- und Bleiberger Tales unentgeltlich mitgewirkt haben, auf-gebracht. An dieser Stelle sei daher allen Sängerinnen und Sängern, Volkstänzerinnen und Volkstänzern, Mu-sikerinnen und Musikern und Trachtengruppen ein großer und herzlicher Dank ausgesprochen, denn sie waren es, die die Vorbereitungen und die Durchfüh-rung der Bezirksabende mitgetragen und für deren positive Aufnahme durch die Besucherinnen und Be-sucher gesorgt haben. In Zeiten knapper werdender öffentlicher Ressourcen war diese Eigeninitiative, zu der die einzelnen Vereine unseres Bezirks nachhaltig beigetragen haben, die einzige Möglichkeit, das Pro-jekt verwirklichen zu können.

Ein herzlicher Dank gilt auch dem Land Kärnten mit seinem Kulturreferenten Landesrat Dipl. Ing. Chris-tian Benger für die finanzielle Unterstützung bei der Drucklegung. Großartig gestaltete sich die Zusam-menarbeit mit der Fotografin Ursula Rausch; auch ihr sei an dieser Stelle herzlichst gedankt. Die von ihr für die Publikation unentgeltlich zur Verfügung gestell-ten Aufnahmen stellen eine wunderbare Ergänzung der Lieder und Texte des Buches dar.

Mein allergrößter Dank gilt aber Prof. Franz Mörtl und Univ.-Doz. DDr. Peter Wiesflecker, die beide sen-sibel und mit großem Gespür Liedgut und Brauchtum in ihren individuellen Ausprägungen aufgezeichnet und damit festgehalten haben.

Schlussendlich ist all jenen Menschen im Unteren Gailtal zu danken, die diese Lieder und Bräuche zwi-schen Advent und Dreikönig über die Jahre vollzogen und bewahrt, weitergegeben und damit erhalten haben.

Mag. Annelies WernitznigBezirksobfrau des Kärntner Bildungswerks Hermagor

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Bräuche, Riten und Dämonen. WeIHnAcHtsBRAUcHtUM IM UnteRen GAILtAL – eIne eInFüHRUnG

Der Mensch der vergangenen Jahrhunderte fühlte sich weit stärker verschiedensten „Mächten“, die in sein Leben eingriffen oder zumindest eingreifen konnten, ausgesetzt. Als solche mochte er die geistliche und weltliche Obrigkeit, die gesellschaftlichen und sozia-len Zwänge, die harte Arbeit, Naturkatastrophen, Elementarereignisse oder Krankheiten empfinden, demnach Faktoren, die sein Leben bestimmten. Ge-gen die Obrigkeit konnte man aufbegehren oder ihr zumindest mit Renitenz begegnen, gegen die Gebote der Kirche konnte man verstoßen, gesellschaftlichen Wandel konnte man einfordern und vielleicht sogar gestaltend mittragen, den harten Alltag musste man annehmen und nach Katastrophen versuchen, einen Neuanfang zu setzen.

Doch neben diesen „Mächten“ gab es in seiner Vorstellung solche, die sich nicht mit herkömmlichen Mitteln beschreiben ließen und denen auch nicht mit herkömmlichen Mitteln beizukommen war. Um sie ab-zuwehren, bedurfte es Riten und Rituale, die auf uralten, in graue Vorzeiten zurückreichenden Traditionen und Vorstellungen beruhten. Sie waren die Grundlage, aus der die Volksfrömmigkeit und der Volksglauben jene Abwehrmechanismen schöpften, die zum Teil bis heute, wenngleich unbewusst, „angewendet“ und in den sog. rites de passage (Übergangsriten) besonders deutlich werden. Den Begriff hat der französische Ethnologe Arnold van Gennep vor mehr als einem Jahrhundert geprägt. Sie bezeichnen im weitesten Sinn magisch-religiöse Handlungen, die ein Mensch oder auch eine Gruppe an konkreten biologischen (z.B. Geburt, Tod)

oder sozialen Marksteinen (z.B. Eintritt ins Erwachse-nenalter, Hochzeit) des Lebens oder zu Zeitenwenden (z.B. Jahresbeginn) setzt. Gennep hielt dazu fest: „Im-mer sind neue Schwellen zu überschreiten; die Schwelle des Sommers oder die des Winters, der Jahreszeit oder des Jahres, des Monats oder der Nacht; die Schwelle der Geburt, der Adoleszenz oder der Reife; die Schwelle des Todes und – für die, die daran glauben – die Schwelle zum Jenseits.“

Fest und feiern bedeuten ein sich Herausnehmen oder ein Herausgenommenwerden aus seiner Zeit und seinem Raum, banal gesprochen, aus seinem Alltag. Der deutsche Philosoph und Staatsrechtler Josef Isen-see brachte dies mit seinem Satz „Das Fest durchbricht die Herrschaft des Alltags, aber es hebt sie nicht auf!“ auf den Punkt.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein war die Festtagskultur durch den Jahreslauf gekennzeichnet, insbesondere durch das Kirchenjahr. Neben den kirchlichen Hochfes-ten und den gebotenen Feiertagen gab es auch eine Reihe von sog. ungebotenen oder Bauernfeiertagen. Letztere wurden in der damals noch überwiegend ag-rarisch bestimmten Welt mit leichterer Arbeit und mit Kirchen oder sogar Gasthausbesuch begangen. Sie wa-ren zugleich so etwas wie die freie Zeit des Menschen der agrarisch-archaischen Welt, und hier vor allem der Dienstboten.

1817 berichtet uns der Pfarrer von Göriach über die Art und Weise, wie man diese Bauernfeiertage ver-brachte, Folgendes: Das Volk erscheint keineswegs so zahlreich zur Messe. Im Sommer, Frühjahr nicht einmal

Im verweilenden Umblick gewahren wir,dass in dem einen und dem anderen der kleinen Kinderdie Züge des Großvaters und die Züge der Großmutter

im Antlitz sichtbar und lebendig werden.Sie leben weiter, sie kommen immer wieder,

die Ahnen in den Enkeln.Sie werden auch dieses Land weiter tragen,

auch wenn ihre Kleider anders aussehen als die Kleider,die ihre Großeltern getragen haben,

und wenn ihr Blick weiter in die Welt und das Weltall hineinreicht,als es jenen vergönnt gewesen ist.

Hanns Koren

Zur Ausstattung der Drei Könige aus Vorderberg gehören ein weißes Hemd mit Gailtaler Seidentuch und Brosche sowie Kronen. Hier die Krone, die der Darsteller von König Kaspar trägt (Foto: Ursula Rausch)