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zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe ist die neue Bundesre- gierung wenige Stunden im Amt. Somit beginnen wir das neue Jahr mit einem neuen Bundesge- sundheitsminister. Die nächsten Wochen werden zeigen, welche inhaltlichen Schwerpunkte man in der Gesundheitspolitik setzen möchte. Die Koalitionsvereinba- rungen zwischen CDU, SPD und CSU haben viele emen aufge- führt, lassen aber auch sehr viel Umsetzungsspielraum. So kann es sicherlich nicht schaden, dass das Schlagwort Geriatrie zumin- dest im Vertragstext verankert werden konnte. Sicher scheint es zu sein, dass es in dieser Le- gislaturperiode eine Pflegever- sicherungsreform geben wird. Wichtig ist, dass dabei die Be- züge zur Versorgung geriatri- scher Patienten ausreichend im Blick der Politik bleiben. Somit gilt auch für das Jahr 2014, dass wieder viele Aufgaben auf uns warten. Dies gilt nicht nur für die Po- litik, auch verbandsintern haben wir im neuen Jahr viele Projekte und emen auf der Agenda. So sollte eigentlich direkt mit Beginn des neuen Jahres die Zertifizie- rung Alterstraumatologischer Zentren als Gemeinschaſtspro- jekt mit der Deutschen Gesell- schaſt für Unfallchirurgie starten. Nach zwei Jahren Vorbereitungs- zeit ist das Projekt leider geschei- tert. Die Hintergründe erläutern wir Ihnen in dieser Ausgabe noch einmal etwas ausführlicher. Als Alternative werden wir jetzt eine separate Zertifizierung ent- wickeln, die kurzfristig für inter- essierte Kliniken verfügbar seien wird. Zum Jahresabschluss gab es noch eine positive Meldung aus dem Ministerium für Gesund- heit aus Nordrhein-Westfalen. Die Ministerin hat angekündigt, einen „Runden Tisch“ einzu- richten, in dessen Rahmen über die inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung der geriatri- schen Reha in NRW diskutiert werden soll. In Bayern gab es im vergangenen Jahr bereits einen ähnlichen „Runden Tisch“, bei dem die Gespräche sehr positiv für die Geriatrie verlaufen sind. Zuletzt noch ein Hinweis auf die diesjährige Mitgliederver- sammlung des Bundesverban- des. Diese wird voraussichtlich am 02./03.12.2014 in Essen statt- finden. Der Sitzungstermin fin- det somit in diesem Jahr wegen anderer Termine bzw. Veran- staltungen etwas später als sonst statt. Durch die turnusmäßig anstehenden Vorstandswahlen werden im Rahmen der Mitglie- derversammlung 2014 die Wei- chen für die Verbandsarbeit der kommenden Jahre gestellt. Bitte merken Sie sich diesen Termin bereits jetzt im Kalender vor. Somit starten wir – im Bereich der Alterstraumatologie etwas anders als geplant – ins neue Jahr und freuen uns auf die sicherlich gesundheitspolitisch wieder sehr spannenden zwölf Monate. Ihr Dirk van den Heuvel Geschäftsführer Liebe Mitglieder, sehr geehrte Damen und Herren, Mitteilungen des Bundesverbands Geriatrie 75 Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 1 · 2014 | Geschäftsstelle Bundesverband Geriatrie e. V. Reinickendorfer Straße 61 13347 Berlin Tel.: (030) 3 39 88 76 10 Fax: (030) 3 39 88 76 20 [email protected] www.bv-geriatrie.de Vorstandsvorsitzender Dipl. Kfm. Ansgar Veer Geschäftsführer St. Bonifatius Hospital Lingen/Ems [email protected] Geschäftsführer RA Dirk van den Heuvel [email protected] Z Gerontol Geriat 2014 · 47:75–78 DOI 10.1007/s00391-013-0601-x © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

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zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe ist die neue Bundesre­gierung wenige Stunden im Amt.

Somit beginnen wir das neue Jahr mit einem neuen Bundesge­sundheitsminister. Die nächsten Wochen werden zeigen, welche inhaltlichen Schwerpunkte man in der Gesundheitspolitik setzen möchte. Die Koalitionsvereinba­rungen zwischen CDU, SPD und CSU haben viele Themen aufge­führt, lassen aber auch sehr viel Umsetzungsspielraum. So kann es sicherlich nicht schaden, dass das Schlagwort Geriatrie zumin­dest im Vertragstext verankert werden konnte. Sicher scheint es zu sein, dass es in dieser Le­gislaturperiode eine Pflegever­sicherungsreform geben wird. Wichtig ist, dass dabei die Be­züge zur Versorgung geriatri­

scher Patienten ausreichend im Blick der Politik bleiben. Somit gilt auch für das Jahr 2014, dass wieder viele Aufgaben auf uns warten.

Dies gilt nicht nur für die Po­litik, auch verbandsintern haben wir im neuen Jahr viele Projekte und Themen auf der Agenda. So sollte eigentlich direkt mit Beginn des neuen Jahres die Zertifizie­rung Alterstraumatologischer Zentren als Gemeinschaftspro­jekt mit der Deutschen Gesell­schaft für Unfallchirurgie starten. Nach zwei Jahren Vorbereitungs­zeit ist das Projekt leider geschei­tert. Die Hintergründe erläutern wir Ihnen in dieser Ausgabe noch einmal etwas ausführlicher. Als Alternative werden wir jetzt eine separate Zertifizierung ent­wickeln, die kurzfristig für inter­

essierte Kliniken verfügbar seien wird.

Zum Jahresabschluss gab es noch eine positive Meldung aus dem Ministerium für Gesund­heit aus Nordrhein­Westfalen. Die Ministerin hat angekündigt, einen „Runden Tisch“ einzu­richten, in dessen Rahmen über die inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung der geriatri­schen Reha in NRW diskutiert werden soll. In Bayern gab es im vergangenen Jahr bereits einen ähnlichen „Runden Tisch“, bei dem die Gespräche sehr positiv für die Geriatrie verlaufen sind.

Zuletzt noch ein Hinweis auf die diesjährige Mitgliederver­sammlung des Bundesverban­des. Diese wird voraussichtlich am 02./03.12.2014 in Essen statt­finden. Der Sitzungstermin fin­

det somit in diesem Jahr wegen anderer Termine bzw. Veran­staltungen etwas später als sonst statt. Durch die turnusmäßig anstehenden Vorstandswahlen werden im Rahmen der Mitglie­derversammlung 2014 die Wei­chen für die Verbandsarbeit der kommenden Jahre gestellt. Bitte merken Sie sich diesen Termin bereits jetzt im Kalender vor.

Somit starten wir – im Bereich der Alterstraumatologie etwas anders als geplant – ins neue Jahr und freuen uns auf die sicherlich gesundheitspolitisch wieder sehr spannenden zwölf Monate.

Ihr

Dirk van den HeuvelGeschäftsführer

Liebe Mitglieder, sehr geehrte Damen und Herren,

Mitteilungen des Bundesverbands Geriatrie

75Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 1 · 2014 |

Geschäftsstelle Bundesverband Geriatrie e. V.Reinickendorfer Straße 6113347 BerlinTel.: (030) 3 39 88 76 10Fax: (030) 3 39 88 76 [email protected]

VorstandsvorsitzenderDipl. Kfm. Ansgar VeerGeschäftsführerSt. Bonifatius Hospital Lingen/[email protected]

GeschäftsführerRA Dirk van den [email protected]

Z Gerontol Geriat 2014 · 47:75–78DOI 10.1007/s00391-013-0601-x© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Liebe Mitglieder,sehr geehrte Damen und Herren,

in den letzten Tagen haben meh­rere Mitgliedseinrichtungen des Bundesverbandes per E­Mail ein Schreiben der Deutschen Gesell­schaft für Unfallchirurgie (DGU) zum Thema „Alterstraumatolo­gisches Zentrum“ erhalten.

In diesem Schreiben, welches von Herrn Dr. Fries unterzeich­net ist, wird aus Sicht der Un­fallchirurgie das Scheitern der Kooperationsverhandlungen mit den Vertretern der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, der Deutschen Gesellschaft für Ge­rontologie und Geriatrie sowie des Bundesverbandes Geriatrie dargestellt. Zudem wird den Kli­niken, die sich Anfang des Jahres an einer Pilotphase zur Zertifi­zierung von Alterstraumatolo­gischen Zentren beteiligt haben, eine baldige Zertifikatsvergabe in Aussicht gestellt.

Aus Sicht der Geriatrie wer­den hier durch Vertreter der Un­fallchirurgie die Hintergründe nur sehr selektiv und einseitig dargestellt und Geschichtsklitte­rung betrieben. Gleichzeitig wird versucht, die Einheit zwischen geriatrischen Fachgesellschaften und dem Bundesverband Geria­trie zu spalten.

Diese doch deutlich einsei­tige Sicht der Dinge kann nicht ohne Widerspruch bleiben. Wir möchten daher das Schreiben der DGU zum Anlass nehmen, Ihnen die Hintergründe des Scheiterns der Kooperationsverhandlungen mit den Vertretern der Unfall­chirurgie etwas ausführlicher zu erläutern. Dadurch wird der Text leider etwas umfangreicher.

Zudem möchten wir Sie über die geplante Einführung einer eigenen Zertifizierung für Al­terstraumatologische Zentren informieren.

Aus Sicht der Unfallchirurgie ist die geplante Kooperation zwi­schen Unfallchirurgie und Ger­iatrie ausschließlich an „juristi­schen“ und „verbandspolitischen“ Forderungen des Bundesverban­des Geriatrie gescheitert. „In­haltliche Gesichtspunkte“ seien nach Auffassung der DGU mehr und mehr in den Hintergrund gerückt. Diese Wahrnehmung entspricht weder dem fachlich­inhaltlichen Verhandlungsver­lauf noch spiegelt sie sich in den bis zum Scheitern der Verhand­lungen erreichten Ergebnissen wider. Sie ist daher – kurz gesagt – einfach falsch.

Zum besseren Verständnis möchten wir Ihnen die Struktur und den Verlauf der gemeinsa­men Entwicklungsarbeit mit der DGU skizzieren. Auf fachlich­in­haltlicher Ebene wurde zwischen den beteiligten Organisationen (Unfallchirurgie: DGU und Aka­demie der Unfallchirurgie (AUC); Geriatrie: DGG, DGGG und BV Geriatrie) ein Anforderungska­talog für Alterstraumatologische Zentren und der Entwurf einer Auditcheckliste als Grundlage für die geplante Zertifizierung dieser Zentren sowie ein erster, vorläufiger Item­Katalog für die Gestaltung des Alterstrauma­Re­gisters verhandelt. Dies geschah hauptsächlich durch eine kleine Unterarbeitsgruppe, in der sehr sachorientiert diskutiert und ge­arbeitet worden ist.

Als Ergebnis konnte ein An­forderungskatalog entwickelt werden, der anschließend in der Lenkungsgruppe einver­nehmlich konsentiert wurde. Die Lenkungsgruppe war das höchste „Beschlussorgan“, in dem die DGU durch vier Perso­nen vertreten war. Die DGG hat zwei Mitglieder gestellt und die DGGG bzw. der Bundesverband haben jeweils einen Vertreter ent­

sandt. In dieser Lenkungsgruppe wurden sowohl die inhaltlichen Ergebnisse abschließend erör­tert und konsentiert als auch die Grundlagen der Kooperation (der Inhalt des Kooperationsver­trages) diskutiert.

Die Entwicklung eines An­forderungskataloges, der an­schließend einstimmig von allen Vertretern der beteiligten Orga­nisationen angenommen wurde, zeigt sehr deutlich, dass die fach­lich­inhaltliche Arbeit sowohl aufseiten der Unfallchirurgie als auch der Geriatrie erfolgreich möglich war. Bei der Ausarbei­tung des Anforderungskataloges hat insbesondere Herr Dr. Fries sehr intensiv und einvernehm­lich u. a. mit den Vertretern des Bundesverbandes zusammen­gearbeitet. Insofern ist es doch sehr unverständlich, dass diese ergebnisorientierte und fachlich­inhaltliche Zusammenarbeit in dem Schreiben der DGU keine Erwähnung findet.

Die Gespräche und Diskussi­onen zur Gestaltung des Koope­rationsvertrages zwischen der DGU auf der einen Seite und den geriatrischen Fachgesellschaften bzw. dem Bundesverband auf der anderen Seite, beinhalteten insbesondere folgende Aspekte:

F Gestaltung und Besetzung der zukünftigen Entschei­dungsgremien

F Ausgestaltung und spätere Weiterentwicklung des Zerti­fizierungsverfahrens

F Einbindung eines Dienstleis­ters

F Einbindung eines Zertifizie­rungsunternehmens

F Regelung von Haftungsfra­gen

F Regelung wirtschaftlicher Fragen

Dieser Themenkatalog zeigt, dass es unumgänglich war, auch juris­tische bzw. fachpolitische Fragen in diesem Rahmen zu erörtern – was allerdings auch bei Koope­rationsverhandlungen der Nor­malfall ist. Außerdem war dieser Umstand allen Beteiligten früh­zeitig bekannt und wurde von den Vertretern der geriatrischen Fachgesellschaften und des Bun­

desverbandes gemeinschaftlich vertreten. Die Verhandlungen wurden deutlich schwieriger, als die DGU einen externen Rechts­anwalt mit einbezog und die Vertreter der Geriatrie den von diesem Rechtsanwalt vorgelegten Kooperationsvertragsentwurf so überarbeitet hatten, dass dieser einer in allen Belangen partner­schaftlichen Kooperation ent­sprach. Dabei waren den Vertre­tern der Geriatrie inhaltlich zwei Punkte besonders wichtig:

F eine paritätische Besetzung der Entscheidungsgremien und

F es musste sichergestellt sein, dass keine „Aufweichung“ der Anforderungen an die geriatrischen Versor­gungsstrukturen (die in das Alterstraumatologische Zen­trum eingebracht werden) erfolgen kann.

Als sich die Diskussionen ver­schärften, wurden die weiteren Verhandlungen auf eine separate Unterarbeitsgruppe übertragen. Seitens der Geriatrie war ein Vertreter der DGG und auch der DGGG eingebunden. Zusätzlich nahmen an diesen Gesprächen der Geschäftsführer und der Vorstandsvorsitzende des Bun­desverbandes teil. Dies erfolgte auf ausdrücklichen Wunsch der geriatrischen Fachgesellschaften, da mit dem Geschäftsführer des Bundesverbandes, als zugelasse­ner Rechtsanwalt, eine entspre­chende juristische Kompetenz eingebunden und gleichzeitig mit dem Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes bewusst die Erfahrung eines kaufmänni­schen Einrichtungsleiters genutzt werden konnte. Insofern gab es zu keiner Zeit ein vom Bun­desverband Geriatrie „einseitig herbeigeführtes Übergewicht“ in den Verhandlungen.

Die Gespräche spitzten sich insbesondere zu, als die DGU versuchte, im konsentierten Anforderungskatalog getroffene Festlegungen über den Koopera­tionsvertrag wieder aufzuheben. Dabei ging es konkret um die Frage, welche geriatrischen Ver­sorgungsstrukturen qualitativ als

Information an die Mitglieder zum Thema Kooperation im Bereich Alterstraumatologie

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Mitteilungen des Bundesverbands Geriatrie

Basis für die Anerkennung im Rahmen eines Alterstraumato­logischen Zentrums angesehen werden können. Als Stichwort seien an dieser Stelle nur „Wan­dergeriater“ oder „Geriater ohne therapeutisches Team“ genannt. Hier hätte sich die Geriatrie bei Zulassung dieser niedrigen „Zu­lassungsvoraussetzungen“ im direkten Widerspruch zu den allgemein anerkannten Quali­tätsanforderungen und dem ei­genen Selbstverständnis gestellt.

Vor dem Hintergrund, dass die DGU für den unfallchirur­gischen Teil eines Alterstrau­matologischen Zentrums als Mindestkriterium die Zertifizie­rung als DGU­Traumanetzwerk gefordert hat, haben hierzu die Vertreter der geriatrischen Fach­gesellschaften analog vorgeschla­gen, für die geriatrische Behand­lungseinheit das Qualitätssiegel Geriatrie bzw. die Mitgliedschaft im Bundesverband – vor dem Hintergrund der strengen Auf­nahmekriterien – als entspre­chende Grundlage im Kooperati­onsvertrag zu verankern. Ebenso diente die Bezugnahme auf eine bestehende Weiterbildungser­mächtigung der qualitativen Absicherung der geriatrischen Versorgungsstrukturen. Diese fachliche Begründung bzw. die Festlegung der Unfallchirurgie auf das DGU­Traumanetzwerk wird in dem Schreiben der DGU nicht genannt. Dabei ist zu be­achten, dass die DGU bzw. ihre hundertprozentige Tochter AUC das Verfahren zur Zertifizierung als Traumanetzwerk betreibt und dieses, im Gegensatz zum Qualitätssiegel Geriatrie, nicht ausschließlich an ein unabhängi­ges Zertifizierungsunternehmen vergeben wird.

Für die von der Unfallchirur­gie als ausschließlich „verbands­politisch“ bezeichneten Festle­gungen gibt es somit klare, fach­lich­inhaltliche Begründungen.

Um der Vielfalt der verschie­denen Versorgungsstrukturen im Einzelfall gerecht werden zu können, war im konsentierten Anforderungskatalog die Mög­lichkeit vereinbart, von der Vor­

gabe Qualitätssiegel/Mitglied­schaft im Bundesverband Aus­nahmen zuzulassen. Allerdings war ebenso vereinbart, dass über mögliche Ausnahmen ein pari­tätisch besetztes Gremium von Unfallchirurgen und Geriatern entscheidet. Im Entwurf des Ko­operationsvertrages war dann je­doch vorgesehen, dass ein nicht paritätisch besetztes Gremium faktisch über diese Ausnahmen entscheidet. Somit gab es eine klare Abweichung von dem im Rahmen des Anforderungskata­loges getroffenen Festlegungen. Seitens der Geriatrie haben wir auf die Einhaltung dieser Festle­gungen gedrungen.

Aus Sicht der Geriatrie ist dies auch in der Rückschau kein unangemessener Vorgang, wenn man sich in Verhandlungen auf bestehende Vereinbarungen be­ruft. Ergänzend haben wir meh­rere Formulierungsvorschläge gemacht, die als Kompromiss einen Ausgleich zwischen den Interessen der beteiligten Orga­nisationen bilden sollten. Letzt­lich ist jedoch die Unfallchirurgie nicht bereit gewesen, von ihrer Kernforderung (keine paritä­tische Besetzung) abzurücken. Die Aussage, es wären „paritä­tische Strukturen auf allen Ent­scheidungsebenen“ vereinbart worden, ist schlicht falsch.

Im Schreiben der DGU wer­den auch wirtschaftliche Fragen angesprochen. Es ist richtig, dass verschiedene wirtschaftliche Fragen Gegenstand der Diskus­sionen waren. Die Erfahrungen mit dem Traumanetzwerk der DGU und dem Qualitätssiegel Geriatrie zeigen, dass je nach Ausgestaltung durch entspre­chende Zertifizierungen nicht unerhebliche Umsätze generiert werden können.

Die Position der Unfallchi­rurgie bestand darin, dass ihre Tochtergesellschaft AUC das Verfahren betreiben sollte und das gesamte finanzielle Risiko übernimmt. D. h., sowohl die DGU als auch die geriatrischen Organisationen hätten nicht für evtl. Verluste aufkommen müs­sen. Gleichwohl wäre die Geri­

atrie jedoch auch bei möglichen Überschüssen nicht beteiligt gewesen. Die Position der Geri­atrie bestand darin, dass in einer gleichberechtigten Partnerschaft auch die Rechte und Pflichten bzw. Risiken in finanzieller Hin­sicht gemeinschaftlich wahrge­nommen werden. Dies wurde jedoch insbesondere von dem Vertreter der AUC als Einschrän­kung seiner unternehmerischen Freiheit gesehen.

Ein weiteres Ziel der Geriatrie war es, die finanzielle Belastung der Einrichtungen im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens auf einen vertretbaren Rahmen zu begrenzen. Seitens der Unfall­chirurgie war man diesbezüglich bereit verschiedene Formulie­rungen mit in den Vertrag aufzu­nehmen. Den Wunsch der Geri­atrie, den Satz „Eine Überschus­serzielung wird zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis auf Weiteres nicht angestrebt“ mit in den Vertrag aufzunehmen, wur­de jedoch kategorisch abgelehnt. Eine kalkulatorische Überprü­fung der Gebührenansätze wä­re für die Geriatrie daher nicht möglich gewesen. Allerdings sahen die Vertreter der Geriatrie auch an dieser Stelle bis zum Ab­bruch der Verhandlungen durch die Vertreter der Unfallchirurgie durchaus Einigungspotenzial.

Zudem gab es das Ansinnen einiger Vertreter der DGU, die Abrechnungsmöglichkeiten der Geriatrie im DRG­System über die Alterstraumatologie für die Unfallchirurgie, mit Zustim­mung der Geriatrie, erschließen zu wollen. Seitens der Geriatrie war von Anfang an die Grund­lage der Verhandlung, die kodifi­zierten Mindestvoraussetzungen des OPS nicht in Frage zu stellen.

Letztlich hat die DGU den Verhandlungsprozess einseitig beendet, sodass es doch zu­mindest etwas überraschend anmutet, wenn jetzt die Verant­wortung für den Abbruch der Verhandlungen ausschließlich beim Bundesverband Geriatrie gesehen wird.

Seitens der Geriatrie bedau­ern wir diese Entwicklung. Dies

gilt sowohl für die geriatrischen Fachgesellschaften als auch für den Bundesverband Geriatrie. Insofern ist auch das Antwort­schreiben auf die Kündigung der Verhandlungen durch DGU gemeinsam von den drei Organi­sationen an die DGU verfasst und unterschrieben worden.

Für die Geriatrie stehen jetzt nicht mehr die Verhandlungen der letzten Monate im Vorder­grund, wir möchten vielmehr nach vorne schauen und die Versorgungsstrukturen im Be­reich der Alterstraumatologie fördern bzw. qualitativ absi­chern. In vielen Einrichtungen gibt es funktionierende Ko­operationen zwischen Unfall­chirurgie und Geriatrie. Diese gelebten Kooperationen sehen wir fachlich als sehr sinnvoll an. Zudem sehen wir es als not­wendig und richtig an, qualitativ hochwertige Versorgungsstruk­turen von nur bedingt geeigne­ten Strukturen abzugrenzen und dies durch ein entsprechendes Zertifikat aufzuzeigen. Dabei haben für die Geriatrie folgen­de Eckpunkte eine besondere Bedeutung:

F sowohl auf unfallchirur­gischer als auch auf geria­trischer Seite müssen die jeweils kooperierenden Versorgungseinheiten eine klar definierte, sachlich an­gemessene fachspezifische Qualität aufweisen und die anerkannten Strukturvoraus­setzungen erfüllen

F die Prüfung muss durch ei­nen unabhängigen Zertifizie­rer erfolgen, der seinerseits durch eine entsprechend eigene Akkreditierung seine Qualifikation nachweisen kann und dabei über große Erfahrungen im stationären Bereich verfügt

F das Zertifizierungsverfahren muss sich von seiner Struk­tur an den gängigen QM­ bzw. QS­Verfahren im stati­onären Bereich orientieren und sich in diese einfügen lassen

F das gesamte Verfahren muss sich für die einzelne Einrich­

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tung wirtschaftlich darstellen lassen

Vor diesem Hintergrund arbeiten wir aktuell an der Umsetzung eines entsprechenden Zertifizie­rungsverfahrens. Voraussichtlich werden wir Anfang des Jahres dieses Verfahren interessier­ten Kliniken anbieten können. Ähnlich wie beim Qualitätssie­gel Geriatrie wird es dabei eine strikte Trennung zwischen dem Herausgeber (verantwortlich für die inhaltlichen Anforderungen) und dem unabhängigen Zertifi­zierungsverfahren (Prüfung der Anforderungen) geben. Dies dürfte auch zu einer Reduzierung der Kosten führen.

Von der Struktur her wird sich das Zertifikat voraussichtlich an der ISO 9001 orientieren, sodass es unproblematisch in die Mehr­zahl der bestehenden Qualitäts­sicherungssysteme der einzelnen Kliniken integrierbar ist.

Für die Geriatrie stehen die Kooperation und die patien­tengerechte Verknüpfung von unfallchirurgischer und geriatri­scher Kompetenz im Mittelpunkt der Kooperationen. Wir sehen eine überregionale Vernetzung nicht als den eigentlichen, zent­ralen Wert innerhalb der Zusam­menarbeit dieser Bereiche an. Diese Vernetzung muss sinnhaft und fachlich begründbar sein.

Vorrangig muss sichergestellt werden, dass innerhalb der Ein­richtung bzw. im lokalen Umfeld (Einzugsbereich der beteiligten Träger) sich die Kompetenzen ideal und regelhaft ergänzen. Insofern gibt es hier im Zertifi­zierungsverfahren eine andere inhaltliche Schwerpunktsetzung.

Es liegt uns fern, in einen „Wettstreit“ der Zertifikate einzu­treten. Wir möchten jedoch, dass jede Einrichtung zumindest die Möglichkeit hat, auch ein geri a­trieseitig gestaltetes Zertifikat zu wählen.

Mit Gemidas Pro begleiten wir datentechnisch seit Jahrzehn­ten die Versorgung geriatrischer Patienten. Diese werden wir zu­künftig selbstverständlich in ge­eigneter Art und Weise auch für den Bereich der Alterstraumato­logie anbieten.

Konkrete Informationen zum Zertifizierungsverfahren werden wir Ihnen in Kürze zur Verfü­gung stellen können.

Abschließend möchten wir noch kurz auf die von Herrn Dr. Fries in Aussicht gestellte Zerti­fikatsvergabe an die ehemaligen Piloteinrichtungen eingehen. Im Nachgang der durchgeführten Pilotverfahren hat es deutliche Veränderungen im Anforde­rungsprofil an Alterstraumato­logische Zentren gegeben. Aus

fachlicher Sicht halten wir es daher für befremdlich, wenn jetzt auf Basis der „Pilotvorga­ben“ vollwertige Zertifikate ver­geben werden sollen. Die ISO 9001 lässt ein solches Vorgehen z. B. nicht ohne Weiteres zu. Vor diesem Hintergrund erscheint das seitens der DGU immer wie­der geradezu gebetsmühlenartig vorgetragene ausschließliche In­teresse an der Absicherung der Versorgungsqualität z. T. doch etwas fragwürdig.

Wenn nach zwei Jahren und vielen Verhandlungen eine Ko­operation scheitert, so ist es schwer, Dritten die z. T. komple­xen Hintergründe verständlich zu erläutern. Vieles ergibt sich erst aus einer Gesamtschau der Einzelpunkte. Gleichwohl möch­ten wir auch an dieser Stelle noch einmal betonen, dass es nicht die Geriatrie war, die den Abbruch der Verhandlungen beschlossen und diesen Schritt auch nicht willentlich herbeigeführt hat.

Die Vertreter der Geriatrie ha­ben gemeinschaftlich die berech­tigten fachlich­inhaltlichen und die organisatorischen Interessen der geriatrischen Einrichtungen vertreten. Sie haben dabei ein hohes Maß an Kompromissbe­reitschaft gezeigt, waren gleich­zeitig jedoch nicht bereit für den Abschluss eines Kooperations­

vertrages elementare qualitati­ve Grundlagen der Versorgung geriatrischer Patienten infrage zu stellen. Dies ist aus unserer Sicht ein verantwortungsvolles Vorgehen, sowohl gegenüber den alterstraumatologischen Patienten, den Mitgliedern der geriatrischen Fachgesellschaften als auch dem Bundesverband Geriatrie. Es bleibt Dritten un­benommen, diese Position als „politisch­restriktiv“ bzw. als „juristisch geprägt“ anzusehen.

Wir wünschen Ihnen einen guten Start in das neue Jahr 2014. Der Bundesverband wird sich auch im neuen Jahr in enger Ab­stimmung mit den geriatrischen Fachgesellschaften weiterhin für die Belange der geriatrischen Patienten einsetzen. Mit Blick auf die erzielten Ergebnisse in den vergangenen Jahren sind wir weiterhin zuversichtlich, dass uns dies auch im Bereich der Al­terstraumatologie letztlich zum Wohl der Patienten sinnvoll ge­lingen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Ansgar VeerVorstandsvorsitzender

Dirk van den HeuvelGeschäftsführer

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