pyelovenöser reflux und hydronephrose

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Urolog. Abteilung der allgemeinen Poliklinik Wien (Prof. Ha~s Rubritius). Pyeloven6ser Reflux und Hydronephrose. Eine Untersuehung tiber die Pathogenese der Saeknieren. Von Dr. Felix Fuehs~ Assistent der ~kbteilung. Eingegangen 24. 3. 30. ]~iit 13 Abbiidungen. Die vorliegende Arbeit hat sich das Ziel gesetzt, zu einem Verst~ndnis jener zahh'eichen Unklarheiten zu gelangen, welche sich heute in der Lehre yon der Pathogenese der hydronephro- tischen Nierenatrophie vorfinden. Die yon ihr intendierte Unter- suchungsrichtung unterscheidet sich wesentlich yon der Zielsetzung jener VerSffentlichungen, welche in letzter Zeit den ~tiologisehen Faktoren der Hydronephrosebildung gewidmet waren. Es handelt sieh tiir uns nieht darum, der Frage des mechanischen oder dyna- mischen Abflu~hindernisses naehzugehen, die :~itiologisehe Bedeutung yon aberranten Gef~il~en, yon AdMsionen, yon zentral oder peripher bedingten StSrungen der Nierellbeeken -- und Uretermotilittit zu untersuchen. Vielmehr fl'agen wir uns: gesetzt, kS bestehe ein Abflughindernis weleher "~tiologie immer, welches sind die Re- aktionen, dig durch dieses in der Niere ausgelSst werden, die letzten Endes zur Bildung einer Kydronephrose ftihren und deren Gesamtheit unter dem Begriff der Pathogenese verstanden wird? Ohne Zweifel haben die pathogenetisehen Kenntnisse in den letzten 3ahren eine wesentliche Vertiefung dadurch erfahren, dab man der Bedeutung des Gefftl3systems innerhalb der Niere Augen- merk gesehenkt hat.. Allein trotz tier diesbeziigliehen Arbeiten yon KorJ~itzer und yon Him~w ist hente noeh die Frage nieht ge- klgrt, warum die Unterbindung des Ureters zn so durehaus anders gearteten Folgen fiihrt als etwa die Unterbindung des Ausfiihrungs- ganges der Parotis, der Leber, des Pankreas und anderer 1)riisen. Deutsche Zeitschrift fiir Chirurgic. 221. Bd. 24

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Page 1: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

Urolog. Abteilung der allgemeinen Poliklinik Wien (Prof. Ha~s Rubritius).

Pyeloven6ser Reflux und Hydronephrose. E i n e U n t e r s u e h u n g t i b e r d i e P a t h o g e n e s e

d e r S a e k n i e r e n .

Von

Dr. Felix Fuehs~ Assistent der ~kbteilung.

Eingegangen 24. 3. 30.

]~iit 13 Abbiidungen.

Die vorliegende Arbeit hat sich das Ziel gesetzt, zu einem Verst~ndnis jener zahh'eichen Unklarheiten zu gelangen, welche sich heute in der Lehre yon der Pathogenese der hydronephro- tischen Nierenatrophie vorfinden. Die yon ihr intendierte Unter- suchungsrichtung unterscheidet sich wesentlich yon der Zielsetzung jener VerSffentlichungen, welche in letzter Zeit den ~tiologisehen Faktoren der Hydronephrosebildung gewidmet waren. Es handelt sieh tiir uns nieht darum, der Frage des mechanischen oder dyna- mischen Abflu~hindernisses naehzugehen, die :~itiologisehe Bedeutung yon aberranten Gef~il~en, yon AdMsionen, yon zentral oder peripher bedingten StSrungen der Nierellbeeken - - und Uretermotilittit zu untersuchen. Vielmehr fl'agen wir uns: gesetzt, kS bestehe ein Abflughindernis weleher "~tiologie immer, welches sind die Re- aktionen, dig durch dieses in der Niere ausgelSst werden, die letzten Endes zur Bildung einer Kydronephrose ftihren und deren Gesamtheit unter dem Begriff der Pathogenese verstanden wird?

Ohne Zweifel haben die pathogenetisehen Kenntnisse in den letzten 3ahren eine wesentliche Vertiefung dadurch erfahren, dab man der Bedeutung des Gefftl3systems innerhalb der Niere Augen- merk gesehenkt hat.. Allein trotz tier diesbeziigliehen Arbeiten yon KorJ~itzer und yon H i m ~ w ist hente noeh die Frage nieht ge- klgrt, warum die Unterbindung des Ureters zn so durehaus anders gearteten Folgen fiihrt als etwa die Unterbindung des Ausfiihrungs- ganges der Parotis, der Leber, des Pankreas und anderer 1)riisen.

Deutsche Zeitschrift fiir Chirurgic. 221. Bd. 24

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354 SJelix Fuchs :

Die Bedeutung dieses auff~tlligen Unterschiedes wird nur scheinbar durch die Erfahrung vermindert, daft Ureterligatur nicht immer zu Hydronephrose, soudern bisweileu za einfacher prim~irer Atrophie der Niere fiihrt und dab bisweileu, naeh vollkommenem Verschluii des Harnleiters, das Organ anscheinend durch l~ngere Zeit fiber- haupt nieht wesentlieh taugiert wird.

Gerade in dieser Verschiedenheit der Unterbinduugsfolgen ]iegt ein neues Problem: welehe Bedingungen miissen gegeben seiu, damit der komplette Ureterverschluil zu Hydronephrose fiihre? Eine weitere Frage ist es, warum inkompletter Versehlu] mit grSl~erer Regelm~igkeit Hydrouephrose nach sich zieht als die vollkommeue Verlegung des Harnleiters.

Studien fiber den pyelovenSsen Reflux haben mieh in dieser Erseheinung einen Faktor erblieken ]assen, dessert Erkenntuis ge- eignet ist, die oben aufgeworfenen Fragen einer ErkI~trung n~iher zu briugen.

Der erste, welcher einen Zusammenhang zwischen pyelovenSsem Reflux und Hydronephrose annahm, war Hi~m(o~. Er ging yon der auffalligen Tatsaehe aus, daft sich in der Wand alter hydronephrotischer Siieke funktionstii.chtiges Nieren- parenchym vorfindet und dal] sich die Zusammensetzung des fliissigen Sackinhaltes ver~indert. Es mull in tier vollkommen verschlossenen Hydronephrose Sekretion und Resorption im Gange seiu. H i n m a n erblickt im pyelovenSsen Reflux den Weg dieser Resorption, welche Auffassung yon manchea best~ttigt, yon anderen bek~mpft wurde.

Immerhin war die Einbeziehung der Lehre yore pyelovenSsen Reflux in die Pathogenese der Hydronephrosen ein fruehtburer Gedanke. Seiner Verfolgung und Auswertung waren meine Unter- suehungen gewidmet.

D e r a k u t e D r u c k v e r s u c h u n d d ie e r s t e P h a s e des h y d r o n e l ~ h r o t i s c h e n U m b a u e s d e r N i e r e .

Wenn man deu Harnleiter eines Versuehstieres durch Lal)aro- tomie freilegt und an einer beliebigeu Stelle seines Verlaufes unter- bindet, sodal~ er vollkommen verschlossen ist, dann erscheint die Motilit~t dieses Haruleiters zun~ichst einige Zeit lang dureh Sehock- wirkung aufgehoben. Gelegentlieh friiherer Untersuchungen konnte ieh reich aber an Kanincheu, Katzen, Huuden fiberzeugen, da] etwa 20 bis (10 Min. nach der Unterbindung die Peristaltik des Ureters, falls er vor Abkiihlung und Austrocknung geschiitzt wird, wieder einsetzt. Hat man dem Tier Indigokarmin iniiziert, dann sieht ma~ die blauen Haruspindeln his nahe gegeu die Ligatur- stellc in ]utervallen herab~vandern. Allerdings sind die ]ntervalle

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Pyeloveniiser Reflux und gydronephrose. 355

weitaus unregelmii$iger und die Fortbewegungsgesehwindigkei t geringer als am n ieh t -un te rbundenen Ureter ; aueh treten anti- peristalt isehe und unvollkommene Wellen hgufig auf. Aber die motorisehe Funkt ion der Nierenbecken-Uretermuskulatur lebt ohne Zweifel bald nach der Unterbindung wieder auf. Bereits naeh wenigen Tagen ist die Mnskulatnr des Ureters hypertrophisch ~). Versueht man nun znnSehst, sieh eine Vorstellung zu bilden, welches die nun folgenden Zustands~tnderungen in Niere, Beeken und Ureter sind, so diirfte gegen Folgendes kanm eine Einwendung zn erheben sein: Da die Harnsekret ion in Gang ist, gelangt H a m arts den Pori uriniferi der Papillen tropfenweise in das Beeken. Dieses und der Ureter werden, da der Abilnt~ blasenwitrts verhindert ist, allm~thlieh gedehnt. Die Widerstfinde, weleher sieh dieser Dehnung entgegensetzen, sind dcr Tonus der l ta rnwegemusknla tnr nnd die elastisehe \Vandsimnnung der bindegewebigen Wandbestandteile, also im wesentliehen der kr~iftigen Submukosa. Sobald bei fort- danernder Sekretion der Innendrnek in den oberen Harnwegen die Hiihe des Sekretionsdruekes erreieht hat, sistiert die weitere Se- kretion ein toter Punkt ist erreieht.

I)er Ureter eines Kaninchens, welehen ich 5 St. nach Ligatur seines juxta- vesiealen Anteiles untersuchte, war etwa zur Dieke eines sehwedisehen Waehs- ziinders angesehwollen; ebenso war das IXierenbecken m~il~ig erweitert, prall ge- spannt., die Niere selbst etwas vergriSllert, blal', yon derber K¢msistenz.

Verlassen wi t zuniichst den Weg des Versuehes am lebenden Tier. F/irderlicher ist es nun, das Augenmerk anf die morpho- h)gisehen Veritnderungen zn richten, welehe in diesem Znstand, der %nktionell als der des toten Punktes bezeichnet wnrde, fest- gestellt werden k~innen es ist trotz aller Zweifel, die sich im ersten Augenbliek geltend maehen mOgen, berechtigt, hier die Be- funde an frischen Kadaverorganen mit solehen am lebenden Tier in Parallele zu setzen, l)enn mag aueh der Drnck, welcher die l)elmung bewirkt, in vivo nnd in eadavere ein verschiedener sein, das morl)hologis('he Bild der gedehnten oberen Harnwege ist in beiden Fiillen identisch.

\Vie ans meinen Untersnchungen 2) sowie jenen yon Hi~ma~ a) £ee-Bro~'J~ und Laedley ~), I>alda), JaZ'obq ~) bekannt ist, erfolgt bei zunehmender l ) rueksteigernng in den oberen Harnwegen der erste Fli issigkeitsanstri t t durehwegs an einem Fornix ealicis, d. i. an einem spitzen \Vinke] zwisehen Kelehwand nnd Papille. Die In-

1) LbMema~J~, Z. klin. 3led. 1~,9~. -- 2) Z. nrol. Chir. 1,926 u. 1[,)2;. -- 3) Surg. ete. 1,027. -- -i) J. amer. lned. Assoc. 1957. -- 5) Snrg. etc. 1929. -- 6) I)tseh. Ges. Urol. Berlin 1928.

24";

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356 Felix Fuchs :

sertiouslinie der Kelche an dem Nierenparenchym (Spitze des Fornix calicis) ist die Pr~dilektionstelle for eine Kontinuit~tts- trennung bei Beauspruchung durcil Innendruck.

In welcher Richtung liegen nun die weiteren Ver~tnderungen, welchen eine Niere unterworfen sein mul3, in deren Beeken ein Innendruek herrscht, der allmfihlich bis zur Sprengung der Fornices calicis ansteigt? Aus der Betraehtung des kontrastgeftillten menschlichen Nierenbeckens vor dem Riintgenschirm ist es bekannt, dal3 mit der Dehnung eines Kelches und mit der Aufbliihung seines Fornix eine m~tl~ige Abplattung der Papille einhergeht. Von der weiteren Ausdehnung des kragenfiirmig die Papille umgebenden Kelchabschnittes untrennbar ist nun dessert Abl(isung yon seiuer Insertionslinie am Parenehym. Vor dem Riintgenschirm l~13t sieh regelmiil~ig beobachten, dal~ bei einer gewissen Druckh/Jhe zun/ichst an einem Punkt, dann an einem anderen, sehr bald an zahlreichen, ein feiner Kontraststrahl aus einem Fornix hervorschiel3t: Initial- stadium des pyeloven6sen Refluxes. Der gedehnte Kelch berstet an zahlreichen Stellen. Zwisehen diesen feinsten Rupturstellen haftet er noch an seiner Insertionslinie; abet er zerrt an ihr in radi~trer Richtung und trachtet sie in einen Kreis mit griJfierem Radius umzuformen. Ohne Zweifel wird dieser Zug auf die Sub- stanz der Papille iibertragen, eine Vorstellung (Kaufmann ~)), welche dem pathologischen Anatomen gel~tufig zu sein scheint. Eine zweite wichtige Ver/inderung, auf welche die morphologische Be- t rachtung bereits dieses initialen Stadiums der Harnstauung schliel~en lglit, betrifft den Gefgl~apparat.

Wie eingangs erwiihnt, hat Kornitzer 2) zeigen kiJnnen, dab die /i.ste der 5~ierenarterie solcher Kaninchen, deren Ureter unterbnnden war, dutch alas ge- dehnte Nierenbecken eine weitgeheude Kompression erleiden. Kornitzer erblickt in der hierdurch gesetzten Zirkulationst~rnng einen Faktor, welcher die hydro- nephrotische Atrophie des 5!ierenparenchyms fiirdert. Hinman und Morison3) so- wie Hinman und Hepler 4) bestiitigen diese Auffassung.

Hinman und Hepler haben nachgewiesen, dab die Unterbindnng yon Yenen- ~tsten der Kaninchenniere die Ausbildung einer Hydronephrose fiJrdert, und zwar, was fiir unsere Betrachtung yon Wichtigkeit ist, nicht nur dutch die in der Zirkulationstiirung begriindete Beschleunigung tier Atrophie, sondern auch durch Erhiihung des Sekretionsdruckes.

Damit sind wir aber zu einer Frage yon grii6ter Bedeutung gelangt: Is t es iiberhaupt anzunehmen, daft nach Liga tur eines Ureters im Nierenbecken Druekwerte auftreten, welehe zur Sprengung des Beckens an den Forniees der Kelche ausreiehen?

1) Lehrb. spez. path. Anat. 1911, 868. -- 2) Z. urol. Chir. 1922. -- 3) Surg. etc. 1926. -- 4) Arch. Surg. 1925.

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PyelovenOser Reflux und Hydronephrose. 357

Es erseheint ilberfliissig, hier zu der zurzeit noch diskutierten Frage Stellung zu nehmen, ob pyelovenOser Reflux, bzw. die ihn er- mOglichende Fornixruptur bei einem hn~endruek des Nierenbeckens statthaben kann, welcher unter dem nornlalen Sekretionsdruek der Niere l i eg t denn erstens ist, nach den oben erwfihnten Versuchen yon Hilum an, und Hepler, gerade zn Beginn der garnstauung der Sekretionsdruek erhSht. Weiters ist es aus k]inisch-pyelographi- sehen Erfahrungen bekannt, da~ Fornixrupturen und pyelovenSser Reflux selbst bei vorsiehtig und technisch riehtig durehgeffihrten Pyelographien mit geringen Meugen yon Kontrastfl[issigkeit keiue Seltenheit sind. Tats~iehlich kann ja kein Zweifel bestehen, daf~ der lnnendruck des Nierenbeekens nieht nut veto Sekretionsdruek, sondern aueh vom Kontraktiouszustand tier Beekenmusknlatur be- stimmt wird Ulld dag sieh weiterhiu antiperistaltisehe Wellen des Ureters in vortibergehenden Drneksteigerungen im Beeken aus- wirken miissen. Dal~ aber die Aktion der Beeken-Uretermuskulatur in der allerersten Zeit naeh der Ureterunterbindung wieder auf- lebt, wurde eingangs hervorgehoben. Hier mut] aueh darauf hin- gewiesen werden, (lag die Schwankungen des intraabdominellen Druekes sich ohne Zweifel auf alas Nierenbeeken auswirken. T~s ist bekannt, dal~ dureh HnstenstSge oder sonstige Aktion der Bauehpresse die Tropfenfolge des ann dem im Beeken liegenden Ureterenkatheter abfliel~enden Harns besehlennigt wird. Endlieh darf nieht vergessen werden, dab im luitialstadium der Hydro- nephrose der lunendruek des Beckens nieht gegen gesundes Ge- webe wirkt, sondern gegen so]ehes, dessert Zirku]ation zunehmender Sehiidigung verfiillt: sei es, dab in den den Fornix calieis be-

(,eweben dutch Kompression der Arterien Is(:Mmie, g r e n z e n d e n ~ •

sei es, dt~t.~ dureh Kompression der Venen ven(ise Stase den iiber- wiegeuden, die (~ewebsresisteuz herabsetzenden Faktor darstellt.

Zusammenfassend darf gesagt werden, dab die Analyse des akuten Druekversuehes, die Beriieksiehtigmlg der Zirkulation- stSrungen nnd die Dberlegungen iiber den lnnendruek des Nieren- beekens mit groger Wahrseheinliehkeit die Annahme zulassen, dat~ n a e h L i g a t u r e i n e s U r e t e r s an den F o r n i e e s e a l i e i s d e r z u g e h S r i g e n N i e r e R u p t u r e n auRreten.

Diese Wahrsdminliehkeit wird zur Sieherheit erhoben dureh eine Anzahl von experimentellen Untersuehungen und histologi- sehen Befundeu, welehe in der Literatur niedergelegt sind. Es er- sehien tier Ubersiehtliehkeit halber zweekmfigig, an die Spitze der Ausfiihrungen die theoretisehen Erw~igungen zu stellen; ihre fak- tisehe Bestgtigung mSge nun naehfolgen.

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358 Felix Fuchs :

Stra/3mann 1) injizierte auf Anregnng Voelckers 1 ccm Kollargol in den Kaninchenureter and unterband hierauf den Ureter durch 8 Min. bis 24 St. Er fand histologisch Kollargol nicht in den Harnkan~tlchen, sondern in den die Kan~ilchen umgebenden Gewebsspalten, vorwiegend l~ings der Gef~l]e bis gegeD die Rinde hin vorgedrungen. Wossidlo 2) injizierte 0,5 ecru Kollargol, welche Menge er ale der NormalkapazitSt des Kaninchennierenbeckens angemessen er- achtet~ nachdem der Ureter durch ganz kurze Zeit unterbunden gewesen war. Sehon bei einer relativ geringen Uberschreitung dieser Grenze, ja fast beim Er- reichen dieser Grenze (Normalkapazit~it) fand er, wenn auch nut in geringen Spuren Kollargol voruehmlich in den Gewebstiieken des interstitielleu Gewebes and auch bier und da in den dem Nierenbecken nahe gelegenen Endabschnitten der SammelrShren. Bei weiterer Injektion war das Kollargol nicht in die Tubuli, sondern entlang den Gef~i]en in das Parenchym vorgedrungen. Die histologischen Befunde Str(~flmanns und Wossidlos weisen mithin das Kollargol im interstitiellen Gewebe und l~tngs den Gefi~l~en nach, also an 0rten, an welche es aus dem Nieren- becken nut durch Fornixrupturen gelangt sein konnte 3). Der histologische Nach- weis der Fornixrupturen selbst ist yon M a g u s 4) erbracht worden. Die Unter- snchungen dieses Autors sind weiterhin auch aus einem anderen Grunde yon aus- schlaggebender Bedeutung: sic wurden unter solchen Bedingungen angestellt, welche gew~thrteisten, da~ die Antiperistaltik des Ureters allein jene Druek- steigerung bervorgerufen hatte, durch welche die Fornixruptur erzeugt worden war. Endlich sind hier die neuesten Arbeiten MorisonsS) anzufiihren, welcher in den vollkommen verschlossenen Ureter yon Kaninchen Farbstoffe einbrachte und diese in den ersten 3 T. ausschlielJlich in den Lymphbahnen l~ings der groi]en Blutgef~l~e vorfand, wohin sie ~on den Forniees calieis aus vorgedrungen waren. (Die yore 3. T. an erhobenen Befunde s. S. 371).

Es bes t i inde eine wesent l iche Li icke in unse r e r Beweiske t te , w e n n sich die lokale Harn in f i l t r a t ion , welche nach F o r n i x r u p t u r zwischen dem Nie renbecken und den Gef~i~en, gegen welche der H a r n vordr ing t , t)]atz gre i fen mu6, den pa thologischen Ana tomen e n t g a n g e n w~re. Diese Li icke schliel~t sich aber durch die Befunde, welchc yon zwei U n t e r s u c h e r n expe r imen te l l e rzeug te r K a n i n c h e n - hydronephrosen erhoben w n r d e n :

Kawasoye 6) land an einer 2 T. alten Hydronel)hrose in der Wand des Nieren- beckens, welche den Ubcrgang yon der Nierensubstanz zum Ureter bildet, starke Lockerung des Bindegewebes and stark erweiterte Venen, sowie ausgebreitete In- filtration, bestehend aus Blutzellen und einer homogenen Masse. Analoge Befunde erhob Ponfick ~).

Nun erschien vor kurzem eine c ingehcnde U n t e r s u c h u n g yon BoeminghausS) , welche al lem bisher Angef t ih r ten s t r ik t e zu wider -

sprechen schien.

1) Z. urol. Chir. 1913. - - 2) Arch. klin. Chir. 1914. - - 3) Die Anatomic und den Mechanismus der Infiltration des interstitiellen Gewebes yore Nierenbecken aus habe ich in den anf S. 355 zitierten Arbeiten untersucht. Die Ergebnisse wurden yon den an gleicher Stelle zitierten Autoren best~itigt. - - 4) Wien. klin. Wschr. 1903. - - 5) Edinburgh meal. J. 36 (1929) ; Brit. J. Urol. 1929. - - 6) Z. gyn~k. Urol. 1912. - - 7) Beitr. path. Anat. 1910. - - 8) Arch. klin. Chir. 1929.

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PyelovenSser Reflux und ttydronephrose. 359

Boeminghaus experimentierte an Hunden und gelangte zur Ansehauung, daI~ 1.) naeh Ureterversehlul] pyeloveniiser Reflux (and aueh sein Vorstadium: die In- filtration der Gewebsinterstitien des Nierenparenchyms) nieht auftritt, 2.) dall Nierenbeckeninhalt tells yon der Nierenbeekensehleimhaut, tells yon den gestauten Harnkan~tlchen resorbiert wird, 3.) dalt bei der Entstehung der Hydronephrosen durch kompletten UreterverschluI] diesen Resorptionsvorg~ingen (lie wichtige Rolle der Druekverminderung im Nierenbeeken zukommt, welehe den Wiederbeginn der Sekretion (,,der aussehlaggebende Faktor fiir das GrSl]enwacbstum tier Nierensiicke") erm~glieht. Boeminghaus hat wohl in absolut einwandfreier Weise naehgewiesen, dal] bei den yon ihm untersuehten Hunden weder Fornixrupturen noeh Infiltration der Gewebsinterstitien, noeh pyeloveniiser Reflux als Folge der Ureterunterbindung aufgetreten sind. Keineswegs aber kann dieser Nachweis zur Bebauptung fiihren, da~ das InitiaIstadium der hydronephrotisehen Nierenentartung ohne die auf- gez~thlten Erseheinungen ablaufen kann. Denn Boemingha~ts hat in keinerWeise naehgewiesen, dal~ sieh bei seinen Versuehshunden, wenn er dieselben nieht sehon naeh wenigen Stunden getStet, sondern dureh l~ingere Zeit am Leben erhalten hStte, tatsiiehlieh Hydronephrosen entwiekelt hiitten.

Diese Argumentation kann sich auf triftige Griinde stiitzen: dem III. Tell der vorliegenden Arbeit vorgreifend, mull bereits hier hervorgehoben werden, dalt die Ligatur eines Ureters beim Kaninchen immer zu Hydronephrose fiihrt, beim Hand nur bisweilen; h~ufig ist bier die Folge der Unterbindung prim~ire Atropllie der Niere. Tabe]le 2 gewtihrt bier einen 0berblick.

Boeminghaus bleibt den (aueh nieht erbringbaren) Beweis sehuldig, dal~ seine sieben gunde Hydronephrosen und nicht prim~ire Nierenatrophien produziert hiitten, daI~ also die yon ibm in so exakter Weise rSntgenologisch und histologisch er- hobenen Befunde mit der Pathogenese der Hydronephrose in Relation zu setzen seien and nieht etwa mit der der prim~tren Nierenatrophie.

Es darf mithin zusammenfassend gesagt werden, dal~ die an Hunden erhobenen Befande yon Boemi~gl~aus fiir eine Beurteilung der Pathogenese der Hydronephrosen nicht verwertbar sind. I)al] sie fiir die in Tell II[ dieser Arbeit erSrterten Probleme grSgte Bedeutung haben, wird daselbst gezeigt werden.

Der Gang unserer Betraehtung hat gezeigt, daI~ Rupturen der Fornices calicis als Folge der Ureterunterbindung auf Grund theoretiseher Erwtignngen zu postulieren sind und bei ]enen Tieren, bei welchen die Ureterunterbindung erfahrungsgem~t~ in allen Ffillen zu Hydronephrose fiihrt, auch gefunden wurden. Trotz der Fiille der vorliegenden Befunde war ieh bestrebt, die Frage der Fornixrupturen bei akuter tlarnstauung mit Hilfe yon zwei bisher nieht angewendeten Methoden weiterhin zu untersuehen.

Znn:,iehst mugte es yerloekend erseheinen, fiir diesen Zweek die intravenOse Pyelographie heranzuziehen. Ieh durfte mich tier Erwartung hingeben, Fornixrupturen oder gar pyeloven(isen Reflux, rSntgenologiseh auf diesem Wege festhalten zu kSnnen, wobei eine

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360 Fdix Fucl~s :

a r t e f i z i e l l e S t e i g e r u n g des N i e r e n b e c k e n d r u c k e s durch I n j e k t i o n des K o n t r a s t m i t t e l s vo l lkommen ausgesch lossen w~re. T r o t z d e m ich g]e ich b e m e r k e n mu~, da~ die Ve r suche n e g a t i v ausfielen, da die Me thode sich doch a]s u n g e e i g n e t erwies , se ien die Befunde aus- f i ihr l ich w i e d e r g e g e b e n : a n d e r n f a l l s kSnn te mi r d iese U n t e r l a s s u n g als E i n w a n d gegen a l les b i s h e r V o r g e b r a c h t e e n t g e g e n g e h a l t e n werden , da be i oberfl~tchlicher B e t r a c h t u n g die i n t r a v e u S s e Pye lo - g r a p h i e t a t s~ch l i ch als E x p e r i m e n t u m crucis uuse res P r o b l e m s impon ie r t .

Versnch I: Der 1. Ureter eines Kaninchens wird kurz vor seinem Eintritt in die Blase unterbunden ~), das Abdomen verschlossen. Das Tier erholt sieh raseh. 4 St. nach dem Eingriff werden in die 0hrvene 6 ccm Uroselectan nach v.Licl~ten- be~:q-Swick langsam injiziert. Das Tier reagiert mit leichter Dyspnoe, wobei kurze

Zeit respiratorisehe Rassel- gerfiusche gehSrt werden, erholt sich aber sehr bald vollkommen. RSntgenauf- nahmen in Abst~uden yon 10 )Iin. 2) Naeh 30 )iin. werden weitere 4 ecru Uroselectan injiziert und reaktionslos vertragen.

40 Min. naeh tier 1. Injektion erseheint die kontrastge- fiillte Blase auf der Platte ; beide Nierensehatten dent- lich siehtbar. Die Nieren- schatten treten weiterhin noch deutlicher hervor, ohne dal~ das l~ierenbeeken oder gar detailliertere Struktur- verh~ltnisse sichtbar w~ren. Das Tier wird 1 St. nach der 1. Injektion (5 St. naeh

tier Harnleiterunterbin- Abb. 1 a. Abb. lb. dung) dureh Stieh in die

0blongata getStet, der r. noeh nieht ligierte Ureter

an der Blase unterbunden. Beide l~ierenstiele unterbunden, beide Nieren und Ureteren exstirpiert und sofort mit stark angeweiehter Ri;hre r5ntgenisiert.

Es ergibt sieh nun der iiberraschende, auf Abb. 1 festgehaltene Befund, dal] der Ureter der nieht-gestanten Niere (la) wohl einen deutliehen Schatten gibt,

1) Bei diesem, wie bei allen weiteren Versuehen iiberzeugte ich mieh nach TStung des Versuchstieres davon, dab dureh die Unterbindung tats~ichlich ein kompletter Ureterverschlufi erzielt worden war.

2) H. Dr. Konrad Weifl und H. Dr. Hugo Rb'sler, Assistenten am RSntgen- institut tier allgemeinen Poliklinik, bin ieh fiir ihre liebenswiirdige Unterstiitzung zu grSl]tem Dank verpflichtet.

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PyelovenSser Reflux und Hydronephrose. 361

der aber beim Eintr i t t in den Sinus renalis yon dem um vieles diehteren Sehatten des Nierenparenchyms iiberlagert wird, sodafl das Nierenbeeken nieht als kontrast- gefiillter Hohlraum, sondern als Aussparung innerhalb des Parenehymsehattens erseheint. "~hnliches ist an der gestauten Niere ( lb) zu sehen; nur t r i t t bier das negative Nierenbeekenbild weniger deutlieh hervor, da sieh infolge des be- hinderten Abflnsses seine Strahlenundurehlitssigkeit bereits jener des Parenehyms n~thert. Man erkennt wohl an der Originalplatte die Erweiterung yon Beeken und Ureter nach 5sttindiger Stauung; aber Details der Beekenzeiehnung kSnnen an der Kaninchenniere dutch intravenSse Pyelographie nieht erhalten werden, da sie dureh das sezernierende Parenehym iiberdeekt werden. Ob dieser Untersehied zwisehen Kaninehen- und 3Iensehenniere auf anatomischen Ursaehen (differente Diekenproportionen zwischen Parenehym und Beeken) oder auf sekretorisehen Momenten bernht, kann z. Z. nieht gesagt werden. Iinmerhin ist anzunehmen, dal~ die intravenSse Pyelographie bei akutem Ureterversehlug des iMensehen mit Hinbliek auf nnsere Fragestellnng zu einem positiven Ergebnis fiihren k5nnte.

Die zweite Versuchsanordnung bestand nun darin, dab ich an N~eren, deren Ureter unterbunden war. nach versehieden langer Zeit den Druek bestimmte, weleher zur Erzeugung yon pyelo- venSsem Reflux ausreiehte:

Es wurden die Nieren des Kaninchens I (5sttindige Ureterligatur) heran- gezogen, ferner die Kaninehen II, I II und IV, bei welehen der 1. Ureter in gleicher Weise unterbunden worden war und welche 24 St., 48 St., 72 St. naeh dem Ein- griff getStet wurden. Bei allen Tieren wurden beide Nieren exstirpiert, in de~ Ureter naeh Ent /eenmg des gestauten Hams eine Kantile eingebunden, die durch ein T-Rohr mit einem (}ebliise und mit einem Queeksilbermanometer in Verbindung stand. Die Nieren wurden in kSrperwarme physiologisehe KoehsalzlSsung ein- gebraeht und nunmehr mit Hilfe des Geblitses der Druek im gesamten System gesteigert und am Manometer gemessen. Es wurde fiir alle Versuehe die gleiche Kaniile als Verbindung mit dem Ureter verwendet, um zu vermeiden, dala dureh versehieden kalibrierte Kaniilen der Druekausgleieh beeinflnl]t werden kSnnte. Es wnrde nun derjenige Druek bestimmt, bei welehem die erste Luftperle aus dem Stumpf tier Nierenvene in tier physiologisehen KoehsalzI6sung aufstieg. Naehdem bei einem gewissen Drnckwert einmal pyelovenSser Reflux erzeugt war, strSmte bei Wiederholang des Versuchs Luft aus tier Nierenvene arts, ohne dai} das Mano- meter Anssehl;dge zeigte, da die Bahn fiir den Reflux bereits dureh die erste, fiir die Fornixruptur ausreichende Drueksteigernng, geSffnet war. Yersuehsergebnisse: Tab. 1.

T a b . 1.

Kaninehen ~r,

Refluxerzeugender Refluxerzeugender Dauer der Harn- Druek an der ge- Druek an der in-

leiterunterbindung stauten Niere takten Niere

I° II.

III. IV.

5 St. 24 ,, 48 ,, 72 ,,

30 mm Hg 20 ,, ,,

15 . . . .

80 mm I:Ig 100 ,, ,,

90 . . . . 90 . . . .

Page 10: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

362 Fel ix Fuchs :

Die eindeutigen Ergebnisse lassen sich folgendermal3en zu- s a m m e n f a s s e n : in den ersten 72 St. nach Unterbindung des Harnleiters verringert sieh der zur Erzeugung des pyelovenSseu Refluxes notwendige Druck auf ein Minimum. Er erreieht den Wert yon 0, d. h., dal3 an der betreffenden Niere die Bahn fiir den Reflux dutch bereits friiher erfolgte Fornixruptnren erSffnet gewesen sein mul~. A]s deren Ursache mu6 aber die Harnstauung angesproehen warden. Aueh an den anderen 0rganen ist der Druek, bei welehem pyelovenSser Reflux eintritt, dermal3en gering, dal3 ein Nichteintreten des Refluxes in vivo ~usgesehlossen werden kann.

Es erseheint vorteilhaft, sieh nun zu vergegenw~trtigen, welches die unmittelbaren Folgen solcher Rupturen sind. Es ist gewil3

nieht anzunehmen, dal~ die aus demNierenbeeken dureh feinste Rupturen ausge-

treteuen Fltissigkeits- II mengen stets eine weitere

• Ausbreitung finden und einen der nachstehend eha- rakterisierten Wege eiu- schlagen. Vielmehr ist es wahrseheinlieh, dal~ sic im loekeren Binde- nnd Fett- gewebe des Sinus renalis

unter Vermittlnng der Lymphgefi~lte zumeist sofort resorbiert warden, wghrend die feinen Rupturstellen wohl oft einem Versch]ufi dnreh Verklebung verfa]len.

Abb. 2. Trotzdem spricht manches dafiir, da6 das Extravasat

u. U. den experimentellanatomiseh festgestellten typisehen Bahnen folgt. Zu deren Charakterisierung sei auf kbb. 2 Bezug genommen.

Die den Beckenhohlraum verlassende Fliissigkeit gelangt zuerst in den Sinus renalis. Von hier aus dr~tngt sie sich entweder zwischen die Adventitia der ins Parenchym eintretenden Gefiige und die Wand der Gefiil~kan~tle des Parenchyms ein, wobei es durch Litsion yon Venenwandungen zu pyeloveniisem Reflux kommen kann (Abb. 2, Pfeil a). Bisweilen finder das Extravasat des Nierenbeckens litngs den Interlobitrgefiil]en in entgegengesetzter Richtung einen Ausweg aus dem Sinus renalis (Pfeil b). Bisweilen endlich (Pfeil c) dringt es wohl in die Perivaskulitr- riiume ein und breitet sich in diesen aus, ohne dal] dieser Vorgang unbedingt zu Liisionen der Venenw~tnde fiihren mtifite. Es kann vorkommen, dal] das Nieren-

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PyelovenSser Reflux und tIydronephrose. 363

beckenextravasat, einem Perivaskuliirraum folgend, an der Nierenoberfliiche er- scheint und sich unter Abhebung der Capsula fibrosa subcapsuliir ausbreitet.

Es w~tre mithin zu e rwar ten , daft, wenn die Un te rb indung eines Harn ]e i t e r s tats~iclllich zu F o r n i x r u p t u r e n ftihrt, als wei te re Folge bisweilen doch auch eine per i renale Hydronephrose a u f t r e t en miiftte.

Tats~ichlich beschreibt Albarran '), welcher bei einem TeiI seiner Hunde dureh Ureterunterbindung Hydronephrosen erzeugt hatte, darunter ,,une piece exp6rimentale de hydronephrose avee ~panchement sous-eapsulaire survenue chez un chien 7 mois aprb~s [a ligature de l'uret~re"~).

Endl ieh mul~, um die Zahl der Ersche inungen zu vervol l - st~indigen, welche mit der aka t en I - Iarns tauung ats dem ers ten S tad ium der hydronephrot i sc l len Ver~nde rung ve rbnnden sind, ein le tz tes Moment in den Gesichtskre is unserer B e t r a e h t u n g gezogen werden : die Blutung. Es ist kein Zweifel, daft Forn ix rup tu ren , gesehweige denn pyelovenSser Reflux mit einer B l u t u n g in das Nierenbeeken e inhergehen miissen.

Es sei zunitehst die Ansicht yon Boemingha~s und Hendriock tiber die Pathogenese der hydronephrotisehen Hiimatm-ie angefiihrt, welehe sieh dahin zu- sammenfassen litl]t, dal] die Blntung bei intermittierender Hydronephrose auf VenenlSsionen zuriiekzufiihren sei, welehe dutch Kolik-Drueksteigerung-Nieren- beekenruptur bewirkt werden. Diese Ansieht deekt sieh mit tier yon Hinman und Lee-Brow)~ ~) and mit dem, was ich fiir die Blutung nach Steinkolik ange- nommen habea). Sie stimmt weiterhin mit den Beobaehtungen Ponficks ~) tiberein, weleher bei Kaninehen naeh Ureterligatur in den ersten Tagen den Nierenbeeken- inhalt blutig fand, bei liinger bestehenden experimentellen Itydronephrosen aber an der Innenwand der Siieke fibrinbse Belege sah, welehe er als Reste alter Blutungen auffal]te. Ieh selbst land bei den gestauten Nieren der Kaninehen I IV den Nierenbeekeninhalt bei makroskopiseher und mikroskopiseher Unter- suehung blutig. Bei der im I[. Tell dieser Arbeit beschriebenen Niere des Ver- suehesV (6 T. naeh der Ureterligatur)war der Blutgehalt geringer; bei den Nieren VIund VII (12 und 14 T. naeh der Ureterligatur) waren nur mehr (lie yon t)o~fick gesehilderten fibrinSsen Belege erkennbar.

Aueh diese Befunde sind als Best~ttigung der in den Fornix- rup tu ren gegebenen Gewebsl~isionen zu verwer ten , welehe berei ts zu Beginn der H a r n s t a u u n g auf t re ten.

]1.

D i e z w e i t e P h a s e d e s h y d r o n e p h r o t i s c h e n U m b a u e s . D i e U m k e h r u n g d e s I n n e n r e l i e f s .

Die Fo r t s e t z ung meiner Versuche gab mir Anlaft, die we i t e ren En twiek lungs fo rmen exper imentel l e r zeug te r Hydronephrosen als

1) Sere. m~d. 1899, 165. - - 2) Genaueres s. meine Arbeit: Z. urol. Chir. 1927. - - 3) J. amer. reed. Assoc. 1924. - - 4) Z. uroI. Chir. 19']7. - - 5) Beitr. path. Anat. 1910.

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364 F e l i x Fuchs :

in mehr facher H i n s i c h t wohl cha rak t e r i s i e r t e II . Phase yon dem im I. Te i l der Arbe i t gesch i lder ten I n i t i a l s t a d i u m zu un t e r sche iden

und abzu t r ennen .

Versuch V: Ich prtifte eine Kaninchenniere am 6. T. nach der Abbindung des 1. Barnleiters mittels der auf S. 361 geschilderten Versuchsanordnung auf jenen Druckwert, bei welehem pyelovenSser :Reflux auftritt. Bei langsamer Luft- einblasung stieg tier am Manometer abgelesene Drnek auf 80 mm Hg, ehe die erste Luftperle aus der ~'ierenvene austrat. Der Kontrollversneh an der r. Niere ergab als refluxerzeugenden Druekwert 85 mm ttg.

Das Versuchse rgebn i s differierte m i t h i n wesen t l i ch yon dem

mi t der 1-, 2- u n d 3-T. -Hydronephrose erzie l ten. Am 6. T. nach der H a r n l e i t e r u n t e r b i n d u n g wa r der re f luxerzeugende D r u c k w e r t w iede r anges t i egen a n d er re ichte nahezu den Ref lnxdruck der i n t a k t e n Niere des g le ichen Tieres.

In Versuch VI untersuchte ich eine 12 T.-Hydronephrose, zunitehst in tier Art, dal] ieh die allmi~hliche Luft- einblasung so lange fortsetzte, bis das Manometer den refluxerzeugenden Druck yon Versueh V zeigte. Es trat hierbei weder eine Luftperle aus tier l~ierenvene ans, noch war eine sonstige Veriinderung an der Niere bemerkbar. In der Er- wartung, dem Wesen der eingetretenen Yer~inderungen auf einem anderen Weg n~therzukommen, wurde die Lufteinbla- sung nieht welter fortgtsetzt. Vielmehr ftillte ich den Ureter der gleichen Nitre jetzt vor dem :RSntgenschirm allmiihlieh mit 25% iger JodnatriumlSsung.

Ehe jedoeh auf das Ergebnis des Versuehes eingegangen wird, dtirfte es sich empfehlen, den akuten Druekversuch an der intakten Kaninchenniere zuVer- gleichszweeken im :RSntgenbild festzn- halten. Abb. 3 zeigt die r. (intakte) Niere des Versuehstieres VI, (lie unter sanftem Druck vor dem Schirm mit Jodnatrium-

Abb. 3. liisung gefiillt wurde. Nahezu im glei- then Augenblick, in welehem sich die

Kontrastfliissigkelt aus dem Ureter in das Nierenbecken ergossen hatte, erfolgte ohne st~trkere Dehnung des Beckens pyelovenSser :Reflux. Auf dem Sehirm warden gleichzeitig die auch auf der Platte festgehaltenen 4 Interlobiirvenen siehtbar, dort wo sie aus den tiefen Furchen der Beckenwand in das Parenehym eintreten, und innerhalb des Parenehyms fiillten sich (lie auf tier kbb. sichtbaren zarten Wurzelgefiillchen der Venenstiimme. Wie stets im Druckversuch an normalen Nieren, war es auch hier nicht m6glieh, durch welter fortgesetzte Injektion eine stiirkere Dehnung des Beekens zu erzielen. ¥ielmehr trat stiirkere Fiillung der

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Pyeloven~ser tRetlux uncl J-Iyttronephrose. 365

Venen auf, und in weiterer Folge eine Versehattung des Parenehyms, welehe sichtlieh yon den Venenst~immen, resp. ihren Perivaskul~trr~umen ausging.

Ganz anders verlief der Versuch an der oben erw~hnten 12 T.-Hydro- nephrose. Abb. 4 zeigt jenen Fiillungszustand des Beekens, der sich ohne An- wendung jeglichen Druckes erzielen liel~. Bereits jetzt sieht man an den mit a bezeichneten Stellen kurze, strichfSrmige, unver~stelte Schatten yore Becken aus- gehend in das Parenchym hineinreichen. Diese Schattenstriehe kihlnen nicht als Venen angesproehen werden, da sie yon der HShe der hydronephrotisch ausge- hShlten Papillen ausgehen und nicht yon den zwischen diesen liegenden, in der Abb. sichtbaren Furchen des Beckenkonturs, in welehen die Venen liegen. Diese initialen Sehattenstriehe sind vielmehr nach ihrer Lokalisation und Konfiguration als injizierte ttarnkan~tlchen aufzufassen. Dies wurde dutch die weiter fortgesetzte Injektion best~ttigt: aueh bei st~trkerer Ftilhmg des Beekens nahmen die ge- sehilderten Sehattenstriehe keineswegs die eharakte- ristisehe Gestaltung yon ve- n~sen Gefitl]arka,len an. $ie traten nunmehr an zahl- reiehen Stellen des Beeken- konturs auf, aber niemals in den anfangs noeh gut erkennbaren Gef~il~furehen. Von den Sehattenstriehen ausgehen(1, trat eine zu- nehmende Versehattl~n g des Parenehyms auf, welehe zu Beginn ra~tiS.r-streifigen Charakter trug, wie dies auf Abb. 5 im Bereieh des oberen Pols festgehalten ist. Hierauf nahm die Paren- ehyinverschattnng wolkige Besehaffenheit an (Abb. 5, 3iittelstiick der Niere), um schlietllieh ungegliedert nnd diffus zu werden Abb. 5. unterer Pol). Hierbei vet- Abb. 4. wisehte sieh (lie seharfe Abgrenzung des Beekenkonturs gegen das Parenchym, um sehlie[llieh an manehen Stellen vi~llig zu versehwinden. Die weiter fortgesetzte Drueksteigerung ffihrte zu t~uptur der Niere an der Konvexit~tt des Organs.

Das Frgebnis des Druckversuches an einer 12 T.-Hydrone- t)hrose liigt sich mit, hin folgendermagen" z u s a m m e u f a s s e n • hn Gegensatz zum Versu<'h an normalen Nieren konnte kein pyelo- ven6ser Reflux erzielt werden. Hingegen t ra t ausgedehnte Tubulus- injektion auf. Steigerung des Druekes ftihrte zu Ruptur des Parenehyms, was an normalen Nieren nie m(iglieh ist , da tier pyeloveniise Reflux als smherhel tsventd wirkt.

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366 Fel ix Fuchs :

Diese auff:,tlligen E r s c h e i n u n g e n s ind e ine r b e f r i e d i g e n d e n E r - k l ~ r u n g du rchaus zug~tngl ichi ) . Die U m k e h r u n g des D r u c k - ve r suehes i s t in de r U m k e h r u n g des I n n e n r e l i e f s bei h y d r o n e p h r o - t i s che r E n t a r t u n g b e g r i i n d e t :

Abb. 5.

Abb. 6a zeigt die Parenehymkelehgrenze, den Fornix calieis, unter nor- malen Umstfinden. In den spitzen Fornixwinkeln tritt bei Drueksteigerung die Beekenruptur auf. Abb. 6b zeigt die Verh~tltnisse bei vollentwiekelter Hydrone- phrose: die ausgehiihlten Papillen sind dureh tief gewSlbte Buehten ersetzt; in den Hohlraum der erweiterten KelehhShlen prominieren nicht mehr die Papillen, sondern die zwisehen ihnen liegemen Columnae Bcrtb~i, welehe als kappenfSrmige

1) Die besehriebene Umkehrung des I)ruekversuehes bei Hydronephrosen ver- mutete ieh bereits, als i('h, vor einiger Zeit mit der Instandhaltung der durch Hofrat v. Friscl~ begr~indeten, yon Prof. lt~¢britius fortgesetzten Pr~tparatensamm- lung der urolog. Abteilung der allgem. Poliklinik befaBt, Gelegenheit hatte, eine grSl]ere Anzahl yon mensehlichen Hydrimephrosen aller Stadien miteinander zu vergleiehen. Abgesehen yon der morphologisehen Betrachtung hatte ieh auch eine in Formol konservierte Saekniere, die dureh Liisung der Ureterligatur kollabiert war, friseh naehzufi~llen. Hierbei zeigte es sieh, dal] die Niere bis zur H~trte eines prall gespannten Balhms aufgeblasen werden kofinte, withrend mir aus alter Er- fahrung bekannt war, dai] bei normalen Nieren, atteh wenn die jahrelang in Formol gelegen hatte, die foreierte Aufblasung des Beekens zu Fornixruptur fiihrt.

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PyelovenSser Reflux und Hydronephrose. 367

Aufsi~tze eine enge Bueht des Sinus renalis tragen, in weleher die komprimierten Interlobi~rgeffil]e verlaufen. Dies sind die leistenartigen Vorspriinge, welche das Innenrelief des hydronephrotischen Saekes bedingen. Es liegt in der Natur der Saehe, dal] Forniees nieht mehr vorhanden sind, sondern dal], wie auf Abb. 6b er- sichtlich, die Beckenwand in die ParenchymhShle in sanftem Bogen iibergeht, dessen Tangenten nicht, wie bei der normalen Niere, einen spitzen, sondern einen stumpfen Winkel einsehliel]en. Damit ist aber der Fornix ealieis als Punetum minoris resistentiae und kusgangspunkt fiir den pyelovenSsen Reflux fortgefallen. Hierzu kommt noch ein zweiter Umstand : es wurde erwiihnt, dal] die Vulnerabilit~tt des Fornix dutch Innendrnek nieht nur auf seinem spitzwinkeligen Quersehnitt, sondern aueh auf dem Umstand beruht, dag das stark dehnbare Gewebe des Kelehes hier an das wenig dehnbare der Papille angrenzt. Bei der Hydronephrose erfolgt die Berstung im Bereich des Parenehyms: die Resistenz des verdtinnten, aus- gehShlten, in seiner Zirkulation schwer gestSrten Parenchyms ist geringer ge worden als die des Kelehparenehymiiberganges.

\

Abb. 6 a. Abb. 6 b.

Es mu~te yon besonderem lnteresse stilt, die gesehihlerten Verh:altnisse in ihrer Entwieklung zu untersuchen, also an einer l-Iydronephrose, an welcher die Umkehrung des ]nnenreliefs noeh nieht vollendet, sondern erst in Ausbildung begriffen war. Ein solehes 0bjekt hot sieh mir ill einer hydronelfln'otisehen Kanim:henniere 14 T. ~meh Al)bimhulg ties Ureters (Versuch ¥11). Dies mag ant' den ersten Bliek erstaunlieh erscheinen. Es ist abet bekannt und wurde besonders yon tfi,+ma,+ ulld von LfiMe~a,+~+ hervorgehoben, dart aueh bei ho('hgradigen ]-Iydronephrosell die hydronephr<)tis('he Entartung nicht in allen Partien der Niere gleieh weit fortgesehritten ist. So linden sich in ~ilteren Hydronephrosen bisweilen noch Partien, welehe der Beschaffeuheit zeitlieh weniger lang bestehender Hydronel)hrosen entsl)reehen.

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368 l~'cIix $ 'uehs :

Abb. 7 zeigt eine 14 T.-Hydronephrose unter geringem Druek mit Jod- natriumliisung geftillt. Bei Drueksteigerung trat an beiden Polen bei a und d eine anfangs biisehelfSrmige, sp~ter wolkige Parenchymverschattung auf (Abb. 8), ohne dail die mindeste vorhergehende Venenftillung zu bemerken gewesen w~tre. Gleiehzeitig traten aber entsprechend den Geffil~furehen (Abb. 8, x und y) Venen- fiillungen auf, welehe dureh ihre Veriistelung (x) und dureh die Ftillung einer Venenarkade (y) als solche deutlieh gekennzeiehnet sind. Es besteht also bei dieser Niere pyelovenSser Reflux und Tubulusinjektion nebeneinander und gleiehzeitig.

Abb. 7.

Abb. 9 zeigt die dorsale H/ilfte des durch einen Liingsschnitt erSffneten Organs. Das stark erweiterte Beekeu ist siehtbar, dessen Hohlraum sieh in die ParenchymhShlen a, b, c, d fortsetzt, welehe den ehemaligen, nunmebr atrophischen und ausgehShlten, blattfSrmigen Papillen entsprechen. Zwisehen diesen HShlen prominieren die Leisten 1, 2 und 3, die gegen den Beckenraum vorspringenden Furchen der Beckenwand, in welchen die interlobiiren Gefiii]~iste verlaufen. Riehten wit nunmehr das Augenmerk auf den l~bergang des Beekens in alas Parenchym. Er erfolgt an den meisten Stellen in sanfter Kurve, ohne Bildung eines spitzen Winkels. Die Fornices calms sind nicht mehr vorhanden. Nur an den mit x und y bezeichneten Stellen herrsehen noch andere Verh~ltnisse, welche yon nnvollkommener Atrophie der Papillen Zeugnis geben. Es besteht hier ein scharfer Rand des

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PyelovenOser Reflux und Hydronephrose. 369

Parenchyms, als seitliehe Begrenzung der ehemaligen Papille und nunmehrigen HOhle, weleher mit der vorspringenden Leiste der Beckenwand einen engen Spalt einsehlielat, einen noch persistierenden Fornix ealieis. Zwischen ~len mit x und y bezeiehneten Forniees liegen zwei Parenehymhiihlen (b und e), kranial yon x zwei kleine (a) und kaudial yon y eine gr01]ere Hiillle (d). Vergleieht man nun das Pr~iparat der Abb. 9 mit dem I~iintgenbihl der Abb. 8, so zeigt sieh, dafl die 8tellen x und y des RSntgenbildes, an denen Venenfi~llungeu siehtbar wurden, identiseh sind mit den Stellen x und y des Priiparates, an denen noeh Forniees bestehen.

a

Abb. 8.

Die ventrale Nierenh~tlfte war ein genaues Spiegelbild der abgebihleten dorsalen. Ich legte nun an der ventralen Hfilfte, dutch die y entspreehende Stelle, einen Quersehnitt, weleher ill Abb. 10 wiedergegeben ist und die unvollkommene Atrophie der Papille sowie das Persistieren eines Fornix deutlieh offenbart. Die ausgehShlte Papille geht bei 1 allm~[hlieh in die Beekenwand fiber, so wie die benaehbarte bei 2. Bei 3 jedoeh ist w)n der ersten Papille eiue Randpartie yon der Atrophie versehont. 8ie bildet mit der vorspringenden Leiste der Beeken- wand einen spitzeu Fornix. I)iese Leiste (der Ausdruek einer der vielfaeh er- w~thnten Furehen der Beekenwand) enth~tlt ein m~iehtiges venSses Gef~tl~ (V. interlobaris), welches, an dieser Stelle aus ilem Parenehym austretend, dem Fornix eng benaehbart ist: Stelle des pyelovenOsen Refluxes.

i)eutsehe Zoitsehrift fin" Chirurgio. 221. Bd. ~5

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370 Felix Fuchs :

Die im vo rangehenden aufgcs te l l t e Behaup tung , dal] Niereu, an welchen de norma nur pyelovenSser Reflux e rzeugt werden kann, bei fo r tgeschr i t t ene r hydronephro t i scher E n t a r t u n g zu Tubulus - iu jekt ionen neigen, wird durch einige histologische Befunde voll- kommen besta t ig t .

d Abb. 9.

7 3 2 Wossidlo, weleher, wie auf S. 358 angeftihrt, bei normalen Ka- ninehennieren das in den Ureter in- jizierte Kollargol vornehmlieh im interstitiellen Gewebe und nur hier und da in den Endabsehnitten der Sammelrtihren gefunden hatte, er- zielte bei Hydronephrosen das ent- gegengesetzte Resultat: an Kanin- chennieren, deren Ureter vor tier Kollargolinjektion durch 20 T. unter- bunden gewesen war, fand er Kollar- gol ausschlieillich in den Harnkan~tl- chen. Auch Rehnl), welcher bei

Abb. 10. normalen Kaninehennieren das Kollar- gol vorzugsweise in den Gewebs-

interstitien gefunden hatte, konnte an experimentell erzeugten Hydronephrosen mikroskopisch die Kollargolausbreitung ,,fast ausschliel]lich auf dem Wege der

1) Zbl. Chir. 1914.

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Pyeloveniiser Reflux und ttydronephrose. 3"71

experimentell erweiterten Harnkan~ilehen" naehweisen. Endlieh sei in diesem Zu- sammenhang auf die bereits erw~ihnten hrbeiten Morisons hingewiesen, weleher bei Kaninchen, vom 3. T. nach tier Ureterligatur angefangen, nur mehr tubul~ire Aus- breitung des Nierenbeekeninhaltes beobaehtete.

Es liegt nun eine Anzahl yon experimentellen Untersuehungen vor, welehe zur Ansieht Anlal~ gegeben haben, dal~ doeh der pyelo- venSse Reflux der wesentliehste Faktor sei, tier die Resorption aus hydronephrotisehen Nieren bedinge.

Hb~ma~ uncl Lee- Brow)~ l) bestimmteu an einem Kaninehen mit 30 T.- tlydronephrose uud an einem ttund mit 70 T.-Hydronephrose den im Beeken herrschenden Druek mit 15, bzw. 21 mm Hg. Als sie unter 10, bzw. 15 mm Hg- Druck Phenolsulphophthalein in alas Beeken injizierten, t rat die Substanz im Ham der anderen Niere naeh 20, bzw. 12 Nin. auf. Sic sehliel]en aus dem niedrigen Druek, unter welchem die Resorption stattgefunden hat,e, auf stattgefundenen pyeloveuiisen Reflux. Dieser SehluB erseheint abet keineswegs zwingend; denn Reflux wur~te gats~iehlieh weder mikroskopiseh noeh rSnggenotogiseh naehgewiesen. Gleiehes l~ilJt sieh den Beobaehtungen yon H i ~ a ~ und Vecki ~) und yon r. Salter 3) entgegenhalten.

Alle angeftihrten Untersuehungeu bilden mithin keinen Oegen- beweis gegen unsere Ansehauung, daL~ mit tbrtsehreitender hydro- nephrotiseher Entartung die NSgliehkeit fiir pyelovenSsen Reflux dahinschwindet, wShrend die Tubulusinjektion erleiehtert wird.

Es diirfte sieh empfehlen, die Resorption yon Nierenbeeken- inlmlt, welehe dutch ¥ermittlung der Fornixrupturen zustande kommt, als interstitielle Resorption der epithelialen Resorption ~egen- ~]berzustellen. Dureh die Fornixrupturen gelangt der Nieren- beekeninhalt in tlas interstitielle ~ewebe des Sinus renalis und des Nierenparcnehyms und kaun yon hier ohne Zwei%l auf zwei Wegen abtransportiert werden, auf dem der Lymphgefiige ulld auf dem der Venen (pyelovenSser Reflux). Die epitheliale l%sorption erti~lgt unter Vermittlung der Epithelzellen der Nierenbeeken- sehleimhant, der l?apitlenoberfliieheu und der Harnkaniilehen.

Wit haben nunmehr fi~r solche Nieren, bei welehen die Harn- leiterunterbindung erfahrungsgem:~ig zu Hydronephrosebildung fi~hrt, dargetan, welehe I-lolle die epitheliale tlesorption einerseits, die interstitielle tlesorption andererseits als Folge der Drueksteigerung im Nierenbeeken in den verschiedenen Entwieklungstadien der Ifydronephrosen spielen. Im I. Tell der vorliegenden Arbeit konnten wit %ststellen, dal3 das Initialstadium des hydronephrotisehen Urn- banes der Niere, zusammenfallend mit dem Begriff der akuten ltarnstauung, mit dem Auftreten yon Rupturen der Forniees, also mit interstitie]ler Infiltration und Resorption verbunden ist. Wit'

1) J. amer. meal. Assoc. 1924. - - 2) J. of Urol. 19o6. - - 3) Z. Urol. 19N}. 25*

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372 Felix Fuchs :

sind zu dieser Feststellung durch die Beriicksichtigung der mor- phologischen und funktionellen Bedingtheiten der Nierenbecken- dehnung gelangt, mit Ausnahme eines Faktors, der aber yon aus- schlaggebeuder Bedeutung ist, der einen der Brennpunkte unserer Untersuchung darstellt uud welcher nunmehr zur Spraehe gebracht sei. Wir haben auf S. 355 geschildert, wie naeh Unterbindung des Ureters die Nierensekretion in dem Augenbliek sistiert, in welehem der Druck des gestauten Nierenbeckeninhaltes den Sekretionsdruck erreicht. Im Laufe der Darstellung wurde mehrmals betont, daf~ eine Uberwindung dieses toten Punktes, ein neuer]iches Einsetzen tier Sekretion nur durch eine Druek- und Inhaltsverringerung im Nierenbeeken bewirkt werden kann. Wir glauben uns bereehtigt, in den Fornixrupturen alas Sieherheitsventil zu seheu, welches die Wiederbelebnng der sekretorisehen Funktiou ermSglicht. Die ein- setzende Sekretion fi~hrt zu Beckendehuung - - Drucksteigerung - - totem Pnnkt - - neuerlicher Entlastung durch die Sieherheitsventile der Fornices. Dieses Spiel wiirde sich ad infinitum fortsetzen, wenn die ehroniseh-intermittierende Beckendehnung nieht durch die auf S. 356 dargestellten Mechanismen den Umbau des Nieren- parenehyms, an den PaI)illen beginnend, in die Wege leiten wiirde. Die n~ehstliegende Folge dieses Umbaues ist das Verschwinden der Sieherheitsventile, tier Forniees. Es w~tre nun ein Verharren auf dem toten Punkte zn erwarten, ein dauerndes Sistieren der Sekretion, fails sich nieht ein anderer Weg der Druckentlastung 5fthet. Ein soleher ist aber dureh den Umbau selbst gegeben. Der Beckendruek, der nieht mehr auf auderem Wege entlastet wird, wirkt nunmehr gegen die Tubuli eolligentes, in welehe Beekeninhalt rtiCkstrOmt und in denen er resorbiert wird. Sieht man yon der Resorption durch die Tubuli ab, so ist weiterhin die Resorptionsfl~ehe des er- weiterten Beekeus und tier ausgehShlten ehemaligen Papillenober- fl:~t(~'hen enorm vergrSl~ert *).

Durch Messung der inneren 0berfl~tche einer mensehlichen Hydronephrose yon den Diraensionen "20 : 9 : 6 cm konnte ich diese mit 450 ccm beziffern, w~thrend die gleiche )lessung an drei normalen menschlichen Nierenbecken, mitsamt den Papillenoberfl~tchen, den Durehschnittswert yon 41 ccm ergab.

Die ResorptionsmOgliehkeiten sind also einerseits dureh das nunmehr stattfindende RiiekstrSmen in die Harnkan~lcheu, anderer- seits dureh VergrOiierung der resorbierenden Schleimhautfl~ichen unvergleichlieh gesteigert. Wir mtissen nunmehr in der epithelialen Resorption den Faktor erblicken, welcher die Fornixrupturen uud

1) Boeminghaus hat einwandfrei gezeigt, da~ auch die Ureter- und Nieren- beckenschleimhaut selbst resorbiert (Arch. klin. Chir. 1929).

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PyelovenSser Reflux und Hydronephrose. 373

die interstitielle Resorption in ihrer Rolle als Sieherheitsventil abgelSst hat nnd die ()berwindung des toten Punktes, das In- Oang-Bleiben der Nierensekretion und das weitere GrS~enwaehstum des hydronei)hrotisehen Saekes ermSglieht.

Es sei gestattet, das gegenseitige Verh~iltnis yon anatomisehem Umbau, interstitieller und epithelialer Resorption, so wie es sich naeh allen vorgebraehten Tatsaehen und Erw~igungen gestalten mul}, in Form eines Diagrammes darzustellen. Es mug aber, um Migverst:,indnissen vorzubengen, betont werden, dag weder die exakte Gestaltung der Kurven, noeh die dureh sie ausgedrtiekten absoluten Werte den min- desten Ansprueh auf {~Tber- einstimmung mit der Wirk- liehkeit erheben kSnnen. Es ist z. Z. keine Methodik gegeben, welehe l'eststellen liege, wie grog zu einem bestimmten Zeitpunkt des hydronephrotisehen Urn- banes der absolute Wert der interstitiellen oder der der epithelialen Resorption ist ; trotzdem diirfte die graphisehe Darstellung als iibersiehtliehere Erg~inzung

des spraehliehen Aus- druekes im wesentliehen die Zusammenh~inge und Beziehungen so vorftihren, wie sie naeh allem gegeben sind (Abb. 11).

Die Kurve der interstitiellen Resorption erhebt sieh im Augen- bliek der Uberwindung des ersten

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. . . . . . . O e s a m t e R e s o r p t i o t t

. . . . . . [ # ) ~ e h 2 l e .

J a t e r s t i t / L / / e , ,

Abb. 11.

Vollendete Umkehrung des I~nenreliefs

Beginnende Umkehrun~ des lnnenreliefs

Toter Pur/kf

Ngrnleite~ef$ch/u/]

toten Punktes senkrecht wm der Nullinie. Mit zunehmender isch~imischer Gewebsch:adigung steigt sie an, bis zur beginnenden Umkehr des Innenreliefs, um mit deren Vollendung zur Nullinie abzusinken. Die epitheliale Resorptions- kurve diirfte sich bereits vom Zeitpnnkt des Ureterverschlusses an, zumindest was die Resorption der Nierenbeekenschleimhaut betrifft, fiber das Nullniveau erheben, um mit zunehmender Entlastung dutch die Forniees wieder abzusinken. Sie erhebt sich mit beginnender Reliefumkehrnng, naeh deren Vollendung sie das Niveau der Kurve der gesamten Resorption erreicht. Die Kurven wurden so konstruiert, dal} der Gesamtwert ihrer Ordinaten, yore toten Punkt angefangen, an jeder einzelnen Abszisse konstant ist: Kurve der gesamten Resorption, welche ihr Niveau beibeh~tlt.

Page 22: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

374 Felix Fuchs:

Die Bereehtigung hierzu geben Burgls un~l &t'artz~), welehe bei ihren quantitativen Untersuchungen fiber Farbstoffresorption aus dem normalen Nieren- beeken unmittelbar naeh Ureterligatur eiuerseits und aus Hydronephrosen anderer- seits zu dem Ergebnis kamen, dab die absorbierte Menge w~thrend der ersten 24 St. bei lunge bestehenden Hydronephrosen und im akut gestauten Becken die gleiche ist. In dieser Feststellung liegt ein weiteres Argument ffir die Richtig- keit unserer Anschauungen. Denn da das Quantum der epithelialen Resorption unzweifelhaft an das Ausmafl tier resorbierenden Fl~che gebunden ist, dieses Aus- mall sieh aber im Verlaufe der hydronephrotisehen Entartung wesentlieh vergrSl]ert, kann die Konstanz des gesamten Resorptionswertes nur so erkl~rt werden, daft den steigenden Werten der epithelialen Resorption ein Prozel] koordiniert ist, dessert Diagramm eine fallende Tendenz verfolgt. Als solchen haben wir aber die Druckentlastung an den Fornices und die interstitielle Resorption erkannt.

I l l .

Die d i f f e r e n t e n F o l g e n des H a r n l e i t e r v e r s e h l u s s e s b e i v e r s c h i e d e n e n V e r s u e h s t i e r e n und i n d e r m e n s c h -

l i c h e n Kl in ik .

Nachdem wir die Rolle der interstitiellen und der epithelialen Resorption in den versehiedenen Stadien der hydronephrotisehen Nierenentartung untersucht and insbesondere die enge Verbunden- heit ~ler ersteren mit dem Initialstadium der Hydronephrosen dar- gelegt haben, i s tes nicht ohne Interesse, dan Blick auf die ver- gleichende Pathologie der Hydronephrose zu lenken. Es ist allge- mein bekannt, duff im Tierexperiment die Unterbindung eines fIarnleiters nieht immer zur Ausbildung einer Hydronephrose ftihren muff. Oft ist ihre Folge prim~re Atrophie. Wir glauben, dag die Hydronephrose charakterisiert ist durch den hydronephro- tischen Umbau (die Umkehrung des Innenreliefs) uud dureh das Vorhandensein yon Resten funktionierenden Parenchymn dureh sehr lunge Zeit naeh dem Ureterverschlug. Ferner sind zumeist hydronephrotisch entartete Nieren grSl~er, primer atrophische kleiner als normale Organe.

Fra~k Hinman, der ~tuf dem Gebiete cler experimentellen ]:[ydronephrosen- forschung wohl fiber die ausgedehnteste Erfahrung verffigt, hebt hervor, dab die ttarnleiteruuterbindung bei Ratten stets, bei Katzen sehr selten zur Ausbildung einer ttydronephrose fiihrt.

Unseren Betrachtungen seien aber einerseits die Erfahruugen an Kaninchen, andererseits die an ttunden unterlegt, da bei diesen Versuchstieren dan grS~te, aus der Literatur erhebbare Vergleichs- material vorliegt. Es nei vorweggenommen, dab nach allen Er- fahrungen die Harnleiterunterbindung bei Kaninehen ausnahmslos

1) g. of Urol. 1918.

Page 23: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

PyelovenSser Reflux und Hydronephrose. 375

zur Bildung einer Hydronephrose ftihrt. Dieser Umstand hat mieh veranlaBt, die im vorstehenden gesehilderten Untersuehungen an Kaninehen durehzufiihren, da man Beziehungen zwisehen pyelo- venSsem Reflux (oder interstitieller Resorption im allgemeinen) und gydronephrose aus teehnisehen Griinden doeh nur an solehen Tieren untersnehen kann, welehe tats~ichlieh naeh komplettem UreterverschluB in 100% der F~tlle eine Hydronephrose produ- zieren. Aueh alle aus der Literatur zur Stiitzung meiner Anf- fassung herangezogenen Be%nde sind solehe, die an Kaninehen erhoben worden waren.

Ich habe nun in Tabelle 2 alle mir in tier Literatnr erreich- baren Angaben iiber die Folgen tier kompletten Harnleiterunter- bindnng bei Kaninchen, sowie bei gunden zusammengestellt. Nieht beracksichtigt wurden einige Untersuehungen, bei welehen, abgesehen yon komplettem UreterverschluB, noch andere Eingriffe vorgenommen worden waren (Geffigseh~idigungen (Hi~man und Hcpler), Farbstoffinjektionen in den nnterbundenen Ureter (B~r~s und S~¢,artz)).

Diese Znsammenstellung kam~ ctahin z n s a m m e n g e f a B l werden, (lab bei Kaninehen stets, bei Hnnden nieht immer oder vielleieht nut selten die Harnleiterunterbindung zu Hydronephrose fiihrt.

In Tab. 3 ist nun gezeigt, wie oft bei Kaninehen einerseits, bei Hnnden andererseits yon den versehiedenen Untersuehern ent- weder interstitielle infiltration oder pyeloveniiser Reflux oder aber Injektion der Harnkan:alehen als Folge der Drueksteigernng im Nierenbeeken beobachtet wurde.

Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dab bei Versuehen an lebenden Hunden die interstitielle Infiltration die Ausnahme, die Tubulusinjektion die I{egel bildet, w~thrend Tubulusinjektion bei lebenden Kaninehen nieht beobaehtet wurde: bier besteht aus- sehlieglieh der interstitielle Ausbreitnngstypus des unter Druek gesetzten Beekeninhaltes.

Wit haben nun einerseits dargelegt, dug bei akuter ureteraler Harnstauung die interstitielle Resorption jener Faktor ist, weleher tier Niere tiber den toten Punkt hinweghilft, sodag die Sekretion in Gang bleibt und die MSgliehkeit des hydronephrotisehen Urn- banes des Organs gegeben ist. Andererseits sehen wir, dab tier hydronephrotisehe Umbau nur bei jenen Tieren zwangslgufig tier ureteralen Harnstauung lblgt, bei welehen atteh interstitielle In- filtration und Resorption als Regel beobaehtet wird. Weiters sehen wit, dab bei jenen Tieren (Hunden), bei welehen die interstitiellen

Page 24: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

376 Felix $¢t~chs :

Prozesse intra vitam die Ausnahme bilden, auch die hydronephro- tische Entartung nut selten gefunden wird. In Kadaverversuchen konnte auch bei Hunden h~ufig der interstitieile Typus festgestellt werden. Es mag wohl sein, da6 bisweilen bei protrahierter Harn- stanung auch an so]chen lebenden Hunden, die im akuten Versuch nut epitheliale Resorption aufweisen, dutch die ZirkulationstSrung und Gewebseh~digung der interstitiellen Resorption die Bahn noch geSffnet wird, sodal3 Druckentlastung und neuer]iche Sekretion mSglieh ist. Doch daft wohl behauptet werden, da~ Hundenieren der interstitiellen Resorption weitaus weniger geneigt sind als die 0rgane der Kaninehen. Diese Auffassnng erscheint uns besser begriindet als die Annahme yon Boeminghaus, daI3 bei Hunden die epitheliale Resorption zur 0berwindung des toten Punktes aus- reicht; denn da an allen bisher untersuchten Hundenieren ausge- dehnteste Tubulusinjektion als Voraussetzung der epithelialen Re-

Ta-

Hunde

A u t o r Hydronephrose Prim~re Atrophie

Burns u. Hopkins, J. of Urol. 1918.

Lequcu u. Abbarran, Ann. Mal. v6n6r. 1892.

Lindemann, Z. kiln. ~ed. 1898.

Caulk u. FiscJ~cr, Surg. etc. 1920.

Kawasoyc, Z. Urol. 1912.

Scott, Zbl. Chir. 87, 1483.

Robinson, angef. nach Kawasoye, Ann. Surg. 18.

Coh~heim, Verh. allg. Pathol. II.

Bradfbrd, angef. nach Kawasoye.

Bei manchen Tieren Hydronephrose, bei anderen prim. Atr. (Zahlen nicht

angegeben.) 2 0

11 1

0 stets prim. Atr. Zahl nicht ersichtlich

Die prim. Atr. wird yon den Autoren als ttydronephrose be- zeichnet; die AbE erweist aber klar den

Irrtum.

Page 25: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

Pyeloven(iser Reflux und Hydronephrose. 377

sorption erzielt werden konnte, w~ire nach Boemingha~s zu er- warten, dal3 bei Hnnden der ftarnleiterversehlul] aueh in allen Fiillen zu Hydronel)hrose fiihrt, was aber tatsgehlieh nieht der Fall ist.

Mithin werden wir mit einem hohen Grad yon Wahrsehein]ich- keit annehmen diirfen, dab sieh Hydronephrosen naeh Ureter- ligatur nur dann entwickeln, wenn die Wege der interstitiellen Infiltration nnd Resorption gangbar sind und dab die differenten Folgen der Harnleiterunterbindung bei verschiedenen Versuehs- tieren mit dem Verhalten tier interstitiellen und der epithelialen Resorption bei diesen Tieren eng verbunden sind.

Es kSnnten nun gegen diese Auffassnng Einw~tnde in der Riehtung erhoben werden, dab anderen Faktoren fiir die Alterna- tive: Hydronephrose - - prim~ire Atrophie eine bedeutendere Rolle zugemessen wiirde.

b e l l e 2.

Autor

X a n i n e h e n

Hydronephrose

!

Hinma~*u. Marisom stets ttydrone- i Surg. etc. 1926. phrose, Zahi nicht

ersichtlieh i

i Lindemann, Z. klin., 4 !

Med. 1898.

Rehn, Zbl. Chir. 1914, in alien F~tllen Zahl ! 142. nicht angegeben

Fuchs, vorI. Arbeit. 3

Prim~re Atrophie

0

0

Kawasoye, Z. Urol. 18 1912.

FHinkel, Arch. 5 Gynitk. 1,901.

I)onfick, Zieglers 5 Beitr. 1910.

Hinman u. Vecki, J. stets Hydronephrose,: of Urol. 1926. anscheinend 2

Kornitzer, Z. urol. stets Itydrone- I Chit. 1922. phrose, Zahi nicht ]

angegeben i

Page 26: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

378 Felix Fuchs :

1. Es kgnnte angefiihrt werden, dal] prim~re Atrophic stets dann entsteht, wenn der Schock des Ureterverschlusses auf nervSs- refiektorisehem Weg zu einer Funktionseinstellung tier Niere, zu prim/trem Sistieren der Sekretion ftihrt. Dagegen ist einzuwenden, dag aueh dann, wenn prim~tre Atrophic eintritt, die Harnsekretion durch eine gewisse Zeit in Gang bleibt. Welters aber ist es be- kannt, dab Kaninchen, als ausgesproehene Schocktiere, jeder refiek- torischen StSrung einer 0rganfunktion weitaus zugiinglieher sind ale Hunde. Es mtigten also bei Kaninchen prim~tre Atrophien be- obachtet werden, was aber nieht der Fall ist.

2. Es w/ire angesiehts der wichtigen Rolle der vaskul~tren StSrungen in der Pathogenese der Hydronephrosen denkbar, dab Variationen der Collateralbildung eine aussehlaggebende Rolle spielen. Hinman und Hepler, sowie Burns und Hopkins 1) haben

1) J. of Urol. 1918.

T a -

H u n d e

Autor

K6nig, Bruns' Beitr. 1928

Boeminghaus n. Hendrick, Arch. kiln. Chir. 1929.

Bird u. Moise, J. amer. meal. Ass.

PyelovenSser Re- flux, interstitielle

Infiltration Tubulusinj ektion

30

in allen Fiillen, Zahl nicht ersichtlich

ein weiterer Vcrsuch wegen Verletzung der Niere durch den

U.K. nicht ver- wertbar

86, 661. Burns u. Swartz,

J. of Urol. 1918.

Poirier, Ann. l~Ial. v~n6r. 1891.

Boeminghaus u. Hendrick, s. o.

Hinman~ Surg etc. 1927.

ist bisweilen erzielt worden

konnte erzielt wer- den, Zahl nicht er-

sichtlich

?

? ~9

i

Page 27: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

PyelovenSser Reflux und ttydronephrose. 379

aber gezeigt, dab sieh Hydronephrosen bilden, gleichgiiltig, ob sieh Kollatera.len entwiekeln oder ob solche experimentell zerstSrt werden.

3. Die Erniihrungsweise kSnnte auf dem Wege der Harn- zusammensetzung und -reaktion eine Rolle spielen. Hinman und Re&will[) ..konnten abet Hydronephrosen erzeugen, sowohl wenn sie dutch Anderungen in tier Nahrung konstant sauere, als aueh wenn sie alkalisehe Harnreaktion unterhielten.

4. Man kSnnte, den Variantenreiehtum des mensehliehen Nierenbeekens im Auge haltend, vermuten, dab auch im Tier- experiment Formvari~tionen des Beekens fiir die Hydronephrosen- bildung yon Bedeutung seien. Tats~ichlich zeigt das blattfSrmige Beeken der Versuehstiere keinerlei den mensehliehen analoge Form- variationen.

5. Die Art des Ureterversehlusses kSnnte eine Rolle sl)ielen.

1) J. amer reed. Assoc. 19.2B.

b e l l e 3.

Autor

K a n i n e h e n

PyelovenSser Re- ~, flux. interstitielle Tubulusinjektion :

Infiltration

Hb~man u. Lee- in allenF~illen, Zahi Brow~, J. amer.[ nieht ersiehtlieh med. Ass. 19°t . !

II oss~dlo hreh klin Chir. 1914. ii

Sh'aflma~tn, Z. urol. 5 Chir. 191:~. ]

3lareus, Wien. klin. in allen F~tllen, Zahl Wschr. 1903. nieht genau er- [

II siehtlieh ' I'

Fuchs, Z. ~ urol. Chir. I 3 [

19.26. nnd" i Lee Brou,~ 4

Laidley, J. amer.~: med. Ass. 19.2L i

Hinman u. Lee- inallenF~illen, Zahl Brown, s .o . nieht ersiehtlieh

i=

z ~

Page 28: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

380 Felix Fuehs :

Aus den Arbeiten Kawa~oyes 1) geht aber hervor, dal~ sich bei Kaninchen Hydronephrosen entwickelten, gleichgiiltig, ob er den Ureter in seinem untersten oder obersten Drittel unterbunden halle, und gleichgiiltig, ob der Ureterverschlul3 durch Knotung oder dureh einfache Ligatur erfolgte.

6. Das Alter der Versuchstiere kann keine Rolle spielen, da von den verschiedenen Autoren an jungen wie an erwachsenen Tieren mit gleichem Ergebnis experimentiert wurde.

Es wird mithin tats~tchlich die differente Reaktion auf akate Drueksteigerung (interstitie]le und epitheliale Infiltration und Re- sorption) such sis ausschluggebend fiir die differente Reaktion aui ehronische Harnstauung (gydronephrose oder prim~tre Atrophie) zu betrachten sein. Inwiefern hier Unterschiede innerhalb einer Tier- art, z. B. bei versehiedenen Hunderassen, bestehen, ist z. Z. nicht bekannt. Doch glauben wit der Auffassung Lindemanns, ,,dab vieles auch yon der Individualit~tt des Tieres abh~tngig sei", eine greifbarere und prfizisere Grundlage gegeben zn haben.

An der Niere des lebenden Menschen ist Sow0hl interstitielle ale auch epitheliale Resorption yon Nierenbeckenextravasaten be- obaehtet worden~). Nach allem Gesagten harmoniert hiermit voll- kommen die klinische Erfahrung, dal3 der komplette Verschlul3 des Harnleiters beim Mensehen zu Hydronephrose ftihren kann, aber nieht mnlk Wir glanben anch ftir die Klinik annehmen zu dtirfen, dal~ jene Nieren, bei welchen die interstitielle Resorption die Uberwindung des toten Punktes gewiihrleistet, hydronephrotisch werden, jene aber, in welchen die Druckentlastung an den Fornices ausbleibt, prim~tr atrophisch. Es toni3 aber hier noch mit aller ge- botenen Reserve einer dritten MOglichkeit gedacht werden. EE ist bekannt, dal~ Nieren, bei welchen die klinische Untersuchnng einen anscheinend kompletten Steinverschlul3 des Ureters festgestellt hat, oft dureh lange Zeit hindureh nnr geringfiigigen anatomisehen Verfinderungen unterworfen sind und sich nach operativer Ent- fernung des Steines in kiirzester Zeit pyelographisch nnd funktionell als normal' erweisen.

Nun haben Caulk und Fischera) sowohl klinisch-operativ, als auch im Tierversuch gezeigt, dal3 nach komplettem Ureterverschlul~

1) Z. gyn~tk. Urol. 1912. -- 2) Die bis Ende 1928 bekanntgewordenen pyelographischen Befunde habe ich in Z. urol. Chir. 27 (1929) (Festschrift fiir Prof. Rubritius) zusammengestellt. Seither ersehienen Publikationen yon Boeminghaus und Hcndrick (Arch. klin. Chir.), v. Hc~tan (Z. urol. Chir.), Gloor (Z. urol. Chir.), K6.nig (Dtsch. Z. Chit.), Tokahashi-Tokuji (Jap. J. of Derm.), s~tmtlich 1929. -- 3) Surg. etc. 1920.

Page 29: Pyelovenöser Reflux und Hydronephrose

PyelovenSser Reflux und Hydronephrose. 381

tiefer greifende Ver:,tnderungen an tier Niere vollkommen ausbleiben, wenn kurze Zeit nach Versehlufi des tIarnleiters eine Druck- entlastung der Niere dureh Nephrostomie ertblgt.

Es w~tre die (allerdings durchaus hypothetisehe)MOgliehkeit ins Auge zu fassen, daf~ sieh unter besonders gtlnstigen Umstiinden und bei besonderer individueller Leiehtigkeit und Ausgiebigkeit tier interstitiellen IResorption eine Art yon Spontandr~tnage an den Forniees etabliert, welche naeh Art tier Caullcschen Nephrostomie eine geniigende 1)ruekentlastung der Niere gewfihrleistet. In solchem Falle miifite, falls die Spontandr~tnage ohne wesentliehen Nierenbeekendruck fnnkt.ioniert, tatsfiehlieh das Organ dutch lange Zeit intakt bleiben. Es marl zugegeben werden, daL~ es sehwer ist, hierin zu einem sieheren Urteil zu gelangen, da der klinisehe Beweis, dag tatsfiehlieh und dauernd kompletter Harnleiterversehlug x~orliegt, nut selten erbraeht werden kann. 0hue Zweifel ist in dieser Frage yon der Methode der intraveniisen Pyelographie Auf- klfirnng zu erhoffen.

Es m6gen nun noeh die Folgen des inkompletten und des intermittierenden Ureterversehlnsses in Relation zu den vorliegenden Ausftihrungen gesetzt werden. Die klinisehe Erfahrung lehrt, dag diese Arten des Verschlusses, mit gr66erer H:,tnfigkeit als der komplette, zu hydronephrotiseher Entartnng tier Niere Nhren. Dies wird so erklfirt, da6 der tote Punkt dureh Gntlas~ung an dem inkompletten oder intermittierenden Abflughindernis tiberwunden und so (lie Sekretion in Gang gehalten wird. Wit h~ttten dem nut hinzuzufi~gen, da6 die Entlastungsmiigliehkeiten bei akuter ureteraler HarnstaunnR, die znr i?berwindnng des toten Punktes ft~hren, eben mehrfaeher Art sind: an tier Stelle tier Ureterverlegung, an den I~orniees oder dureh operative Nephrostomie. Was endlieh die Hydronephrosenbildung bei fnnktionell-dynamisehem Abflug- hindernis im Ureter und bei urethralem und prostatisehem chro- nisehen Abflnghindernis betrifft, dt~rfte sic im wesentliehen mit der bei inkomplettem oder intermittierendem Ureterversehlul~ gleieh- znsetzen sein.

Ohne Zweifel spielen in die Pathogenese tier mensehliehen Hydronephrose zahlreiehe I?aktoren hinein, die augerhalb des Be- reiehes dieser Untersuehnng l iegen die Formvariationen des menseh- lichen Nierenbeekens, reflektorisehe Polyurie und Oligurie, sowie Sehwankungen des Blutdrnekes nml tier Zirknlat, ion, dgl. die ge- M¢tionen des Harns {Hi , ma~ nnd l h,dewill} mSgen ihre Rolle spiolen; tier Verteitungsqnot[ent. zwisehen interstitieller nnd epithelialer tlesorption wird dureh suppurat.ive Prozesse and dureh ehroniseh

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382 Felix Euchs: PyelovenSser Reflux und ttydronephrose.

entziindlichc Ver~nderungen des interstitiellen Gewebes ver~ndcrt ~); grobe Destruktion auf infcktiSscr Grundlage kann nicht ohne Einfi~l~ anf die hydromechanischen Verh~ltnisse sein. Endlich hat Hinman 2) gezeigt, da/3 die Beschaffenheit nnd Leistung des Sehwesterorgans uuf den Grad der hydronephrotischen Entartung und anf das Ma6 der Regenerationsf~higkeit der Hydronephrosen zuriickwirkt. Alle diesc Faktoren bilden ohne Zweifel einen komplizicrten Oberbau, als dessen Grundlage wir die hydromechanisehen VerMltnisse tier Niere aufzuzeigen bcmiiht waren.

Z u s a m m e n f a s s u n g: Die Hydronephrosebildung n~ch kom- plettem Urcterversehlul~ erseheint an das anf~ingliche Auftreten yon pyelovenSsem Reflux oder im weiteren Sinne yon interstitieller Resorption gcbunden. Diese Rcsorptionsart wird mit fort- schreitendem hydronephrotischen Umbau der Niere durch epithc]iale Resorption ersetzt. ~Tur jenc Nieren, welehe das Phanomen der intcrstitiellen Resorption aufweisen, werdcn zu Hydronephrosen; andernfal]s verfallen sie der prim~ircn Atrophic.

1) Lee-Brow~, J. of Urol. 1929. - - 2) Renal Counter-Balance, Arch. Surg. 1926.