sibylle seib: internet-recherche von grundschulkindern . eine qualitativ-empirische studie mit...

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tativen Auswahl des Untersuchungsmaterials (deren Systematik kaum offen gelegt wird) lässt sich allerdings nicht klar sagen, ob sich die ausge- lösten Irritationen allgemein in der Berichter- stattung wiederfinden lassen oder ob es nur Irri- tationen bei einzelnen Journalistinnen oder Jour- nalisten gab. tk Sibylle Seib: Internet-Recherche von Grundschul- kindern. Eine qualitativ-empirische Studie mit dem Schwerpunkt auf Kindergesprächen. München: kopaed 2006 (= Reihe: Medien im Deutschunterricht – Beiträge zur Forschung; Bd. 3), 375 Seiten, Eur 22,80. Für viele Grundschüler gehört das Internet mitt- lerweile zum Alltag. Wie sich die neuen Kommu- nikations- und Informationsmöglichkeiten je- doch pädagogisch sinnvoll in den Unterricht ein- binden lassen, ist vielerorts noch unklar. Welche didaktischen Konsequenzen aus den Vorlieben und Problemen von Kindern während der Inter- net-Recherche zu ziehen sind, zeigt Sibylle Seib in ihrer (an der Universität zu Köln angenomme- nen) Dissertation, aus der das vorliegende Buch hervorgegangen ist. Im Rahmen ihrer Studie un- tersuchte sie das Recherche-Verhalten in zwei Kölner Grundschulklassen. Als Erhebungsme- thoden eingesetzt wurden Audio- und Videoauf- zeichnung, Mitschnitt der Bildschirmaktivitä- ten, teilnehmende Beobachtung, das Verfassen von Internet-Tagebüchern und – zentral – leitfa- dengestützte Interviews mit den Kindern. Aus der Analyse der identifizierten Handlungsmuster leitet die Autorin einige Hinweise für den Unter- richt ab: Mehr pädagogischen Beistand während der Internet-Recherche bräuchten Grundschüler demnach vor allem beim Orientieren im Hyper- textraum, beim Aneignen von Inhalten, beim Verständigen über die einzelnen Recherche- Schritte und beim Verstehen und Nutzen der spezifischen Computer- und Internet-Technik. tse Christoph Studt (Hrsg.): »Diener des Staates« oder »Widerstand zwischen den Zeilen«? Die Rolle der Presse im »Dritten Reich«. – Berlin etc.: LIT- Verlag 2007 (= Schriftenreihe der Forschungsge- meinschaft 20. Juli 1944 e.V.; Bd. 8), 195 Seiten, Eur 19,90. Dieser Band dokumentiert eine Tagung zur »Rolle der Presse im ›Dritten Reich‹«, die 2005 von der »Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e.V.« veranstaltet wurde. Das in den einzelnen Vorträgen immer wieder diskutierte Tagungs- motto – »Diener des Staates« oder »Widerstand zwischen den Zeilen«? – spiegelt antonym die beiden bis heute die Pressegeschichte der NS- Zeit dominierenden Forschungstopoi. Eröffnet wird der Band von Bernd Sösemann, der for- schungsorientierend die Determinanten, Kontu- ren und Perspektiven einer »Neuen Zeitungsge- schichte« skizziert. Magnus Brechtken und Ul- rich Höver beschäftigen sich sodann mit der »Zentralfigur nationalsozialistischer Propagan- da«: Joseph Goebbels. Gabriele Toepser-Ziegert rahmt mit ihrem Vortrag zur »Existenz der Jour- nalisten unter den Bedingungen der Diktatur« die weiteren Fallstudien: Als erstes befassen sich André Uzulis und Wolfgang Müsse mit zwei Presselenkungsinstitutionen (Deutsches Nach- richtenbüro; Reichspresseschule). Dem folgen vier Studien zu unterschiedlichsten Pressepubli- kationen (›Die Hilfe‹, ›Das Reich‹, ›Weiße Blät- ter‹, ›Frankfurter Zeitung‹). Schließlich rücken Volker Mauersberger und Birgit Rätsch mit Ru- dolf Pechel und Fritz Sänger zwei »betroffene« publizistische Persönlichkeiten in den Mittel- punkt. Insgesamt bietet der Band mit seinen me- thodisch eher konventionellen und oftmals nur vorliegende Forschungen resümierenden Beiträ- gen, misst man es an den immer noch offenen Fragen einer Pressegeschichte zwischen 1933 und 1945, wenig Neues. Umso mehr muss der Rezensent Bernd Sösemanns Forderung nach einer »neuen« »kultur- und mentalitätsgeschicht- lich fundierten Geschichte der öffentlichen Kommunikation« unterstreichen. ek Buchbesprechungen 291

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Page 1: Sibylle Seib:   Internet-Recherche von Grundschulkindern  . Eine qualitativ-empirische Studie mit dem Schwerpunkt auf Kindergesprächen

tativen Auswahl des Untersuchungsmaterials(deren Systematik kaum offen gelegt wird) lässtsich allerdings nicht klar sagen, ob sich die ausge-lösten Irritationen allgemein in der Berichter-stattung wiederfinden lassen oder ob es nur Irri-tationen bei einzelnen Journalistinnen oder Jour-nalisten gab. tk

Sibylle Seib: Internet-Recherche von Grundschul-kindern. Eine qualitativ-empirische Studie mitdem Schwerpunkt auf Kindergesprächen. –München: kopaed 2006 (= Reihe: Medien imDeutschunterricht – Beiträge zur Forschung;Bd. 3), 375 Seiten, Eur 22,80.

Für viele Grundschüler gehört das Internet mitt-lerweile zum Alltag. Wie sich die neuen Kommu-nikations- und Informationsmöglichkeiten je-doch pädagogisch sinnvoll in den Unterricht ein-binden lassen, ist vielerorts noch unklar. Welchedidaktischen Konsequenzen aus den Vorliebenund Problemen von Kindern während der Inter-net-Recherche zu ziehen sind, zeigt Sibylle Seibin ihrer (an der Universität zu Köln angenomme-nen) Dissertation, aus der das vorliegende Buchhervorgegangen ist. Im Rahmen ihrer Studie un-tersuchte sie das Recherche-Verhalten in zweiKölner Grundschulklassen. Als Erhebungsme-thoden eingesetzt wurden Audio- und Videoauf-zeichnung, Mitschnitt der Bildschirmaktivitä-ten, teilnehmende Beobachtung, das Verfassenvon Internet-Tagebüchern und – zentral – leitfa-dengestützte Interviews mit den Kindern. Ausder Analyse der identifizierten Handlungsmusterleitet die Autorin einige Hinweise für den Unter-richt ab: Mehr pädagogischen Beistand währendder Internet-Recherche bräuchten Grundschülerdemnach vor allem beim Orientieren im Hyper-textraum, beim Aneignen von Inhalten, beimVerständigen über die einzelnen Recherche-Schritte und beim Verstehen und Nutzen derspezifischen Computer- und Internet-Technik.

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Christoph Studt (Hrsg.): »Diener des Staates«oder »Widerstand zwischen den Zeilen«? Die Rolleder Presse im »Dritten Reich«. – Berlin etc.: LIT-Verlag 2007 (= Schriftenreihe der Forschungsge-meinschaft 20. Juli 1944 e.V.; Bd. 8), 195 Seiten,Eur 19,90.

Dieser Band dokumentiert eine Tagung zur»Rolle der Presse im ›Dritten Reich‹«, die 2005von der »Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944e.V.« veranstaltet wurde. Das in den einzelnenVorträgen immer wieder diskutierte Tagungs-motto – »Diener des Staates« oder »Widerstandzwischen den Zeilen«? – spiegelt antonym diebeiden bis heute die Pressegeschichte der NS-Zeit dominierenden Forschungstopoi. Eröffnetwird der Band von Bernd Sösemann, der for-schungsorientierend die Determinanten, Kontu-ren und Perspektiven einer »Neuen Zeitungsge-schichte« skizziert. Magnus Brechtken und Ul-rich Höver beschäftigen sich sodann mit der»Zentralfigur nationalsozialistischer Propagan-da«: Joseph Goebbels. Gabriele Toepser-Ziegertrahmt mit ihrem Vortrag zur »Existenz der Jour-nalisten unter den Bedingungen der Diktatur«die weiteren Fallstudien: Als erstes befassen sichAndré Uzulis und Wolfgang Müsse mit zweiPresselenkungsinstitutionen (Deutsches Nach-richtenbüro; Reichspresseschule). Dem folgenvier Studien zu unterschiedlichsten Pressepubli-kationen (›Die Hilfe‹, ›Das Reich‹, ›Weiße Blät-ter‹, ›Frankfurter Zeitung‹). Schließlich rückenVolker Mauersberger und Birgit Rätsch mit Ru-dolf Pechel und Fritz Sänger zwei »betroffene«publizistische Persönlichkeiten in den Mittel-punkt. Insgesamt bietet der Band mit seinen me-thodisch eher konventionellen und oftmals nurvorliegende Forschungen resümierenden Beiträ-gen, misst man es an den immer noch offenenFragen einer Pressegeschichte zwischen 1933und 1945, wenig Neues. Umso mehr muss derRezensent Bernd Sösemanns Forderung nacheiner »neuen« »kultur- und mentalitätsgeschicht-lich fundierten Geschichte der öffentlichenKommunikation« unterstreichen. ek

Buchbesprechungen 291