Über die einwirkung der goldchlorwasserstoffsäure auf wässerige lösungen von ferrocyankalium

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E. Beutel. ober die Einwirlitmg der Ooldc~~lor~L.asserstoffsa~re usw. 1 41 Uber die Einwirkung der Goldchlorwasserstoffsaure auf wasserige Losungen von Ferrocyankalium.' Von ERNST BEUTEL. Die wissenschaftliche L i t e r at u r enthalt iiber die Reaktion zwischen Goldchlorwasserstoffsaure und wasserigen Losungen von Ferro- und Ferricyankalium nur wenige Angaben. ROSES ,, Ausfiihrliches Handbuch der analytischen Chemiec'2 bietet hieriiber nur die Bemerkung : ,,Nine Auflosung von Kalium- eisencyaniir verursacht in Goldchloridauflosungen eine smaragdgriine Farbung , eine Auflosung von Kaliumeisencyanid gibt darin keinen Niederschlag," welche Reobachtung ohne weiteren Zusatz auch in DAMMERS ,,Handbuch der anorganischen Chemiedc3 angefuhrt wird. FREMY s ,,EucyclopBdie Chimique'~~ gibt an, daB wasserige Losungen von Ferrocyankalium in Goldsalzen keine Niederschlage erzeugen, daB diese Losungen jedoch eine smaragdgriine (vert Bmeraude) Farbe annehmen. JORDIS schlieBlich stellt in seiner ,,Elektrolyse wasseriger MetallsalzlosungenLr fur die fragliche Reaktion die theoretische Gleichung 4AuC1, + 3K,FeCy, = Au,(FeCy,), + 12KC1 auf. Die groBe Rolle, die der ProzeB in der Galvanostegie spielt, lie6 es als wunschenswert erscheinen, denselben niiher zu unter- suchen. Diese Untersuchung bildet den Inhalt des Folgenden. Eine Reihe orientierender Vorversuche, die jedoch wegen der Knappheit des Raumes nicht einzeln beschrieben werden konnen, ergaben zunachst folgende, den Gang der eigentlichen Unterauchung bestitnmende 'htsachen : Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wisserischaften in Wien. Braunschweig 1851. Stuttgart 1893. Paris 1883. Belle a/S. 1901. itlathem.-naturw. Klasse, Ud. CXIX, Abt. II b, Juni 1910. Z. anorg'. Chern. Bd. 78. 10

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Page 1: Über die Einwirkung der Goldchlorwasserstoffsäure auf wässerige Lösungen von Ferrocyankalium

E. Beutel. ober die Einwirlitmg der Ooldc~~lor~L.asserstoffsa~re usw. 1 41

Uber die Einwirkung der Goldchlorwasserstoffsaure auf wasserige Losungen von Ferrocyankalium.'

Von

ERNST BEUTEL.

Die wissenschaftliche L i t e r a t u r enthalt iiber die Reaktion zwischen Goldchlorwasserstoffsaure und wasserigen Losungen von Ferro- und Ferricyankalium nur wenige Angaben.

ROSES ,, Ausfiihrliches Handbuch der analytischen Chemiec'2 bietet hieriiber nur die Bemerkung : ,,Nine Auflosung von Kalium- eisencyaniir verursacht in Goldchloridauflosungen eine smaragdgriine Farbung , eine Auflosung von Kaliumeisencyanid gibt darin keinen Niederschlag," welche Reobachtung ohne weiteren Zusatz auch in DAMMERS ,,Handbuch der anorganischen Chemiedc3 angefuhrt wird. FREMY s ,,EucyclopBdie Chimique '~~ gibt an, daB wasserige Losungen von Ferrocyankalium in Goldsalzen keine Niederschlage erzeugen, daB diese Losungen jedoch eine smaragdgriine (vert Bmeraude) Farbe annehmen. JORDIS schlieBlich stellt in seiner ,,Elektrolyse wasseriger MetallsalzlosungenLr fur die fragliche Reaktion die theoretische Gleichung

4AuC1, + 3K,FeCy, = Au,(FeCy,), + 12KC1 auf.

Die groBe Rolle, die der ProzeB i n der Galvanostegie spielt, lie6 es als wunschenswert erscheinen, denselben niiher zu unter- suchen. Diese Untersuchung bildet den Inhalt des Folgenden.

Eine Reihe orientierender V o r v e r s u c h e , die jedoch wegen der Knappheit des Raumes nicht einzeln beschrieben werden konnen, ergaben zunachst folgende, den Gang der eigentlichen Unterauchung bestitnmende 'htsachen :

Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wisserischaften in Wien.

Braunschweig 1851. Stuttgart 1893. Paris 1883. Belle a/S. 1901.

itlathem.-naturw. Klasse, Ud. CXIX, Abt. II b, Juni 1910.

Z. anorg'. Chern. Bd. 78. 10

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142 E. Beutel.

1. Ijie Reaktion ist vom Mengenverhdtnis der reagierenden Bestandteile abhaiigig.

2. Die voii ROSE erwahnten smaragdgrunen P’krbungen entsteheri nur beim Vorwalten des E’errocyankaliums.

3. Diese Farburigen bilden ein Ubergangsstadium und ver- schwinden bei langerem Stehen des Reaktionsgemisches.

4. Im Gegerisatz zu den in der Encyclop6die enthalteneii A n - gaben geben die beiden Reagenzien bei geniigend langer Beobach- tungszeit stets Niederschliige.

5. Die Zusammensetzung dieser Niederschliige ist vollig ver- schieden, j e nachdem Uberschusse des einen oder des anderen Re- agenzes in Anwendung komnien.

6. Die Reaktion verlauft bei gewohnlicher Temperatur niir sehr langsam. Die nach den Mischungsverhaltnisseri gelb, braun, blau oder grun gefarbten Fliissigkeiten gehen anfinglich vollstandig glatt durch das Filter und triiben sich im cliffusen Lichte erst nach langem Stehen.

7. Der EinfluB des direkten Sonnenlichtes auf die Reaktions- geschwindigkeit ist ein auBerordentlicli bedeutender.

8. Wahrend des Verlaufes tler Reaktion zwischen den auf der linken Seite der J ~ R D I ~ schen Gleichung befindlichen Mengen der re- agierenden Stoffe wird weder ein Gas entwickelt , noch Sauerstoft’ aus der Luft aufgenommen.

Das in 1 und 5 zusammengefaBte Xrgebnis der Vorversuche gab die Veranlassung, fur die Untersuchung der Reaktion zunachst einen s p e z i e l l e n F a l l zu wahlen. Um gleichzeitig die in der Ein- leitung angefiihrte J o R D I s sche Gleichung auf ihre Stichhaltigkeit zu prufen, traf diese Wahl das durch die linlie Seite der Gleichung ausgedruckte Verhaltnis.

Das Ausgangsprodukt bildete einerseits reinstes, kristallisiertes Ferrocyankalium von der Firma M e r c k , andererseits Feingold von der Gold- und Silberscheideanstalt G. A. S c h e i d in Wien.

400 ccm eiiier hieraus hergestellten Goldlosung mit einem Ge- halte von 3.9840 g Au und 2.6350 g C1 (1.9696 g AuCI, u. 4.6400g AuCl, . HCI) wurden mit der entsprechenden Menge Ferrocyankalium (8.5356 g K,FeCy,. 3 as) zur Reaktion gebracht.

Das auf 1000 ccm verdiinnte Reaktionsgemisch nahm bald eine smaragdgrune Farbe an, die im Verlaufe der niichsten 12 Stunden in ein tiefes Blau iiberging. Nach ca. 5 Tagen, wiihrend welcher

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Gher die JGnwirkmy der Golclc~LlLlol.iaasserstoffs~~re USI.C. 143

Zeit die wohlverschlossene Losung oftmals dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt war, begann sich ein in der Flussigkeit schwebender blauer Niederschlag langsam zusammenzuballen und abzusetzen. Nach weiteren 3 Tagen stand eine vol l l tommen f a r b l o s e F l u s s i g k e i t iiber einem voluminosen, t i e f b l a u e n B o d e n s a t z . Bald darauf hatte sich der Niederschlag soweit gesetzt, daB an die Dekaritierung gcschritten werden konnte.

D i e d u r c h e i n t r o c k e n e s F i l t e r g e g o s s e n e L o s u n g sol1 i m f o l g e n d e n m i t L,, d e r g e w a s c h e n e N i e d e r s c h l a g m i t Nd, b e z e i c h n e t werden.

Der urspriinglich sehr voluminose, schleimige Niederschlag Nd, bildete nach dem Trocknen zusammengebackene, scharfkantige Stucke von muscheligem Bruch und dem charakteristischen Kupferglanz des Ferriferrocyanids und des E’erroferriferrocyanids. Bei der Unter- suchung erwies er sich als das erstere. (0.2466 g Nd, , bei 105, U bis zur Gewichtskonstanz getrocknet, gaben 51.3 ccm N iiber 33O/,iger Lauge, t = 21.5O C, b = 746 mm, entsprechend 23.28O/, N bzw. 43.22 o/i, CN. 11. Bestimmung: 23.27 N, bzw. 43.20 CN. Eisen- bestimmung: Das aus 0.1287 g Nd, gewonnene Ferrosulfat ver- brauchte 7.94 ccm KMnO,, 1 ccm = 0.005511 g Fe, Nd, enthalt also 35.85 Fe: diese Resultate und eine Waseerbestirnmung durch Ver- brennung lassen auf r e i n e s F e r r i f e r r o c y a n i d mit einem Wasser- gehalte von ca. 12 Molen schlie8en.)

Die q u a l i t a t i v e U n t e r s u c h u n g von L, ergab folgende Re- sult ate :

Die Umsetzung zwischen 4 Molen Goldchlorwasserstoffsaure (bzw. Goldchlorid) und 3 Molen Ferrocyankalium ist praktisch eine vollstandige. Die Losung L, enthiilt weder Goldchlorwasserstoff- saure noch Ferrocyankalium. Das Gold ist ausschliefilich in Form von komplexen Cyanverbindungen vorhanden, das Cyan vollstindig an davselbe gebunden. Cyankalium und Blausaure sind abwesend. Die positiven Kaliumionen entsprechen zum Teile den negativen, liomplexen Goldcyanionen, zum Teil einer aquivalenten Menge Chlor- ionen, diese letzteren aber auch einer allerdings geringen Menge von Wasserstoff- und Ferriionen. SchlieBlich ist die Moglichkeit nicht ausgeschlossen, daB sich ein Teil des Chlors auch in der Ver- bindung Kaliumaurichlorocyanid vorfindet. Das Eisen befindet sicli nicht vollstiindig in Nd,, sondern ist zum Teil als Perriion (dis- soziiertes Eisenchlorid), zum Teil als in den Cyanverbindungen gslostes Berlinerblau vorhanden.

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14-1 E. Beutet.

Die q u a n t i t a t i v e U n t e r s u c h u n g ergab, daB von der in die Reaktion eingetretenen Menge von 1.1293 g Eisen nur ein sehr ge- ringer Teil (7.92 in L, iibergegangen ist. Diese Tatsache, vor allem aber das irrationale Verhaltnis der beideu Mengen, berechtigt zu der Annahme, daB clas in L, befindliche Eisen durch teilweise Auf losung des bei der Reaktioii gebildeten Berlinerblaues in die Losung gelangt jst.

Da sich in Nd, kein Kalium vorfindet, ist seine gesaiiite Menge in L, vorhanden. Bier waren zur Bildung voii ltomplexen Cyan- goldsalzeii auf j e 1 Verbindungsgewicht Gold 1 Verbindurrgsgewiclit Kalium notwendig, so daB 8 Verbindungsgewichte Kalium zur Dis- position standen, die 8 Verbindungsgewichte Chlor zu Chlorkalium binden kiinnen, das bei der priiparativen Darsteilung cler Reaktions- produkte gewonnen wurde. Der sehr geringe an Eisen gebundene Anteil des Chlnrs kann fur die Gleichuiig niclit in Betracht koinmen, liingegen ist es wahrsclieinlicli, dalj das Wasserstoffion der Gold- chlorwasserstoffsaure mit dem Chlor quan titativ Chlorwasserstoff bildet, was durch das Resultat einer Titration init l/lO-norm. KOH bestatigt wurde.

F u r die restlichen 4 Verbindungsgewiclite Chlor , denen weder solche von Kalium noch von Wasserstoff gegeniiber stehen, ware die Miiglichkeit des Auftretens in Gasform in Erwagung zu ziehen, eine Untersuchung dieser Annalime lieferte jedocli ein negatives Resultat. Xs bleibt somit nur die Annahme iibrig, daB die restlichen Ver- bindungsgewichte Chlor mit einem Teile des Kaliumaurocganids die Verbindung Kaliumaurochlorocya~iid bilden , eine Annahme, die durch das V e r h a l t e n von L, g e g e n E’errocyank:il iuni ge- stiitzt wird.

Zur quantitativen Untersuchung dieses Verlalteiis wurden 25 ccm L, mit einer Losung von 0.2133 g Ferrocyankalium (h i - stallis-iert) i n 25 ccm Wasser verniischt, was einer Addition von 3 Molen des letzteren zu dem linkeii Teile der Ausgangsgleichung entspricht. Das urspriinglich griin gefirbte Reaktionsgeniisch schied nach einigen Tageii ein blaugriin gefarbtes Gemenge von Eisen- hydroxyd und Berlirierblau ab , das nach langer Belichtung braun wurde uiicl schlieBlicli nur mehr reines Eisenhydroxyd enthielt. Dieses gab nach dem Gluhen 0.0293 g Eisenoxyd, entsprechend 0.02049 g Eisen. Die in 25 ccm L, enthaltene Eisenmenge betragt aber nur 0.00223 g, somit muB angenommen werden, daB eine oder mehrere der in L, enthaltenen Verbindungen aus Ferrocyankaliumlosungen

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uber die Einuis.liurLg der (:oldchlot.~usserstoffsuure usw. 145

weiterc Mengen Cyan unter Berlinerblaubildung aufnehmen konnen. Qualitative Versuche, die mit Kaliumaurocyanid, Kaliumauricyanid und Kaliumaurichlorocyanid angestellt wurden, konnten diese Berliner- blaubildung nur fiir Losungen des letzteren feststellen.

Die fur den ProTeB 4 AuCI, . HCI + 3 K,FeCy, zur Verfugung stehende Menge von 18 Cyangruppen ist, nachdem die Abwesenheit von Cyanwasserstoflsaure und Cyankalium bereits bei der qualitativen Untersucliung erwiesen wurde, vollstandig an das Gold gebunden. Da diese Menge jedoch nicht ausreicht, urn ausschlieBlicli Kalium- auricyanid zu bilden , muB auch die An wesenleit von Kaliumauro- cyanid in Betracht gezogen werden.

D e r d u r c h d i e q u a l i t a t i v e u n d q u a n t i t a t i v e B n a l y s e g e w o n n e n e E i n b l i c k i n d i e R e a k t i o n 1aBt m i t e i n i g e r W a h r - s c h e i n l i c h k e i t d i e A u f s t e l l u n g d e r f o l g e n d e n E n d g l e i - c h u n g zu:

28HAuC1, + 21 K,FeCy, = SKAuCy, + 6KAuCy, 4- 14KAuCJ,Cy, + 56: K C l + 28HCI + 3Fe,Cy,,

oder:

28AuC1,'+21E'eCy,""= SAUCY,'+ 6AuCy,'+ 14AuCI,Cy,'+ 84CI'+ 3 Be,(FeCy,)3.

Die Kationen haben wahrend des Prozesses keine Anderung erftthren. Von den in Reaktion getretenen 7 Ferrocyanionen fallen 3 in Form von unloslichem Berlinerblau heraus, wahrend 4 zunachst in Ferricyanionen iibergefiihrt 1 und hierauf unter Bildung von 24 Cyangruppen und 4 Ferriionen zersprengt werden. Die letzteren geben rnit den intalit gebliebenen Ferrocyanionen das eben erwahnte Ferriferrocyanid. Die Halfte der Anionen der Goldchlorwasserstoff- same wird vollig zersprengt und liefert Chlorionen, wahrend das Gold mit den Cyangruppen zu komplexen Cyangoldionen zusammen- tritt. In der anderen Halfte werderi je 2 in den Ionenzustand iiber- gehende Atome Chlor durch je 2 Cyangruppen ersetzt.

Der Versuch, die in L, enthaltenen R e a k t i o n s p r o d u l c t e d a r - z u s t e l l e n , scheitert zum Teile daran, daB die vorhanileme Chlor- wasserstoffsiiure in der eingeengten Losung zersetzend auf die Kaliumgoldcyanide einwirkt. Dieser Zersetzung durften vor allem das Kaliumaurocyanid und das Kaliurnaurichlorocyanid anheimfallen.

Die intermediare Bildung YOU Ferricyankalium wurde experimentell nachgewiesen.

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146 E. Ueutel .

Dtls hierbei entstehende Goldcyaniir findct sicii in betrachtlichen Nengen in den Praparaten und kann, da es in Wasser praktisch vollstandig unloslich ist, Icicht von denselben getrennt werden.

Weder das Kaliumaurocyanid noch tlas Kaliumaurichlorocyanid konnten isoliert werden. Der Goldgehalt, der in 2 Fraktionen ent- haltenen Goldsalze lag wold zwischen den Werten fur Kaliumauri- cyanid und Kaliuniaurichlorocyanid und Kaliumauricyanid und Kaliumaurocyanid, jedoch gestatteten die geringen Mengen dieser Praparate keine weitere Fraktionierung.

Aucli das in L, erithaltene Kaliumauricyanid wird von der Chlorwasserstoffsaure angegriffen, indem sich das in Wasser, Alkohol und Ather sehr leicht losliche Auricyanid bildet, das sich neben geringen Mengen von Eisenchlorid in den letzten Mutterlaugen tindet.

Man kann sich dasselbe allerdings auch durch die Einwirkung des in L, enthaltenen Kaliumauricyanids auf das Kaliumaurichloro- cyanid entstanden denken nach der Gleichung :

K A ~ C ~ , + K A u C ~ , C ~ , = z KCI + 2 A U C ~ , .

Die Prage, ob dieser ProzeB tatslchlich statttindet und bis zu welchem Grade diese Umsetzung bereits in L, erfolgt ist, miiBte jedoch erst (lurch eine weitere Untersuchung geliist werden.

Der groBte Teil des Kaliumauricyanids widersteht jedoch de r Zersetzung und bildet die ersten Fraktionen der Kristallisation. Auch das Kaliumchlorid, dessen Menge durch die Zersetzung der anderen Goldkaliumcyanide noch vermehrt wird , laWt sich leicht in reiner Form erhalten.

I m vorhergehenden wurde die R e a k t i o n zwischen 4 V e r - b i n d u n g s g e w i c h t e n G o 1 d c h 1 o r w as s e r s t o f fs a u r e u n d 3 Ve r - bin d u n g sg e w i c h t e n B e r r o cy a n k a l i um untersucht. Die hierbei entstehende farblose L o s u n g L, reagiert jedoch mit beidexi Agenzien w e i t er. Bei Hinzugabe von Goldchlorwasserstoffsaure bildet sich in kiirzester Zeit ein gelber Niederschlag von Goldcysnur, bei Hin- zugabe von Ferrocyankalium nach langerer Zeit Ferriferrocyanid.

Zur quantitativen Untersuchung dieses Verhaltens wurde L, zu- naclist mit einem weiteren Verbindungsgewicht Goldchlorwasserstoff- saure versetzt, indem z u 25 ccm dieser Fiiissigkeit 21 ccm einer Liisung von Goldchlorwasserstoffssure mit einem Qehalte von 0.00472 g Au pro 1 ccm hinzugefiigt wurden.

Das Gemisch fiirbte sich sofort schwefelgelb und schied nach kurzer Zeit einen eigelben Niederschlag von Goldcyaniir aus, dessen

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L-ber die fliiwirkto21~ der ~oldchlo~zuusseisto~.~usaure U S I U . 147

Menge 0.0405 g betrug (berechnet aus der gefundenen Goldmenge von 0.0358 g). Die iiber dem Niederschlage stehende Fliissigkeit war gel b gefarbt und enthielt einen UberschuB von Goldchlorwasser- stoff$aure. Die versuchte Annahme, daB die Reaktion nach der Gieichung

KAuCy, + HAuCI, + H,O = AuCy + HCy + KC1 + H,SuOCl,

verlauft , erwies sich als unzureichend, da die hierbei gebildete Menge von Goldcyaniir nur 0.0242 g betragen wiirde. F u r die Auf- liellung des Prozesses ware zunachst das quantitative Studium des Verhaltens reiner Kaliumaurocyanidlosungen gegen Goldchlorwasser- stoffsaure erforderlich , das den Gegenstand einer spateren Unter- suchung bilden sol].

Der i n d e r z w e i t e n R i c h t u n g l i e g e n d e V e r s u c h , d i e H i n z u g a b e w e i t e r e r V e r b i n d u n g s g e w i c h t e F e r r o c y a n k a1 i u m, findet sich bereits irn vorhergehenden beschrieben. Bei der An- nahme, dal3 das in L, enthaltene Kaliumaurichlorocyanid mit dem Kaliumferrocyanid nach der Gleichung

14KAuCl,Cy, + i'K,FeCy, = 14KknCy, + Fe,Cy,, + 28KC1

reagiert, wurden 25 ccm L, Berlinerblau mit einem Eisengehalte voii 0.02474 g geben. Die gefundene Eisenmenge von 0.02049 g ist damit nicht direkt vergleichbar , weil sie einerseits nur dem durch Spaltung des Ferriferrocyanids entstandenen Eisenhydroxyd ent- spricht und andererseits auch das in L, enthaltene Kaliumauro- cyanid Eisenhydroxpd bildend gewirkt haben diirfte. Die Reaktion scheint im allgemeinen die Tendenz zur ausschlieBlichen Rildung von Kaliumauricyanid zu haben, wofiir 4 Mole Goldchlorwasserstoff- saui-e und 5 Mole Ferrocyankalium erforderlich waren, nach der hypothetischen Endgleichung

SSHAuCl, +36K,FeCy,+100 = 28KAuCy, + 5Fe,Cy,, + 112KC1+ SHCy + 10H,O.

Um schlieBlich ein i i b e r s i c h t l i c h e s B i l d u b e r d e n V e r l a u f d e s P r o z e s s e s z w i s c h e n v e r s c h i e d e n e n M e n g e n von G o l d - c h 1 o r w a s s e r s t o ff s a u r e u n d F e r r o cy a n k a1 i u m zu gewinnen, wurderl eine Reihe von Versuchen angestellt, von denen einige im folgenden kurz beschrieben werden sollen.

Die reagierenden Bestandteile waren:

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148 E. Beiitel.

1. Eine Losung voii ca. 10 g Goldchlorwasserstoffsiiure in 1000 ccm Wasser (Goldgehalt 0.00472 g pro 1 ccrn) = A.

2. Eine Losung von 10.000 g Ferrocyankalium (krist. puriss. Merck) in 1000 ccm Wasser = €3.

Die beideii nahezu ayuimolekularen Losungen wurden in den verschiedensten Verhaltnissen miteinander vermischt und die Re- aktionsgeinische einerseits bei gewohnlicher Temperatur (k)? anderer- seits bei Siedehitze (w) beobachtet.

1. Mischungsverhiiltnis 25 A : B (k ) : Das Qemisch zeigt anfkng- lich keine Veranderung, nach 24 Stunden hat sich jetloch aus der gelben Losung eine geringe Menge Goldcyaniir ausgeschieden. (20) :

Das Geniiscli opalisiert urid nirnmt die Farbe eines scliwach ge- farbten Uranglases an. Der gelbe Niederschlag bildet sich in kurzer Zeit, die uber dem Goldcyaniir stehende gelbe Losung ist, wie zu erwarten , stark sauer und gibt mit Ferrosulfatlosung sofort einen Niederschlag von met. Gold.

G o l d c h l o r w a s s e r s t o f f s a u r e reagiert also selbst a,uf Zusatz von s e h r g e r i n g e n Bfengen F e r r o c y a n k e l i u m und in groBer Verdiinnung unter Bildung eines cleutliches Niederschlages von G o 1 d c y a n u r.

Dieselben Nrscheinungen wie bei I., nur ist die Menge des Goldcyaniirniederschlages eine ent- sprechend griiBere.

3. Mischungsverhaltnis 5 A : €3. Das Reaktionsgerniscli farbt sich bei gewiihnlicher Temperatur rasch etwas dunkler. Beiin Kochen bildet sicli sofort die opalisierende Triibung und das Ge- misch erhalt die Farbe eines tief gefarbten Uranglases. Nach einiger Zeit, setzt sich der eigelhe Goldcyaniirniederschlag ab.

4. Mischungsverhiiltnis 3 A : R. Dtts Reaktionsgemisch fiiirbt sich bei gewohnlicher Temperatur rasch hellbraun. Iler nach 24 Stundeii beohachtete Niederschlag Tori Goldcyaniir ist etwas griinlich gefiirbt. Heim Kochen des Reaktionsgemisches vollzieht sich in cler E’iirbung der Flussigkeit ein rascher Ubergang von Braun durch Olivengriin zu ‘einern tiefen Smaragdgriin. Der nach einiger Zeit gebildete Niederschlag hat die griine Farbe des Chromoxyds. Die uber dem Niederschlag stehende Fliissigkeit ist hellgelb gefarbt und gibt mit Ferrosulfat eine Fallung von met. Gold, enthalt also noch unzersetzte Goldchlorwasserstoffsliure.

Bei der Einwirlmng vori ca. 3 Molen G o l d c h l o r w a s s e r s t o f f - s i iu re a u f 1 Mol E’errocyankal ium vollzieht sich der Proze8

2 . Mischungsverhiiltnis 10 A : B.

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Uiber die Einwirkuq der Golclchlorwasserstofj^si~urr USIO. 13 9

also noch immer in cler Richtung, dab sich als Niederschlag h a u p t - s a c h l i c h G o l d c y a n i i r bildet, dem allerdings schon etwas Berliner- blau beigemengt ist. Die Goldchlorwasseretofaure ist im Uber- schuR vorhanden und wirtl fur die Reaktion njcht vollstandig ver- braucht.

5. Mischungsverhdtnis A : R (lc): Das Reaktionsgemisch erscheint unmittelbar nach dem Vermischen hellapfelgrun gefarbt, diese Far- bung g-eht jedoch im Verlaufe einiger Sekunden in eine olivengrune uber, wird spater breun und schlieBlicli rotbrtiun. Des Reaktions- gemisch ist in allen diesen Stadien klar und reichert Ferricyan- ionen an. Die rotbraune Farbung bleibt im diffusen Licht und ins- besondere in der Dunkelheit sehr lange Zeit konstant. Wird das Reaktionsgemisch jedoch dem Sonnenlicht msgesetzt, so beginnt es sich vom Rande des Meniskus an zu verf'irben und nimmt bald einen tief smaragdgriinen Ton an, der sich spater in ein reines Blau verwaudelt. SchlieBlich fallt ein t i e f b l a u g e f a r b t e r N i e d e r - s c h l a g heraus, wahrend die dariiber steliende Fliissigkeit TOIL kommen wasserhell und farblos ist.

Beim Erwarmen treten die angefuhrten Ersclieinurigen in rascher Aufeinanderfolge ein und der tiefblaue Niederschlag bildet sich in kurzer Zeit. Auch hier erhalt man eine v o l l k o m m e n f a r b l o s e J?l ii s s i g k e i t.

Diese enthalt weder Goldchlorwasserstoffsiiure noch Ferrocyan- kalium, sondern nur K a l i u m g o l d c y a n i d e und C h l o r k a l i u m neben geringen Mengen C h l o r w a s s e r s t o f f s a u r e , der Niederschlag enthalt kein Goldcyaniir, sondern besteht aus reinem F e r r i f e r r o - c y a n i d .

Das Gemisch farbt sich sofort s m a r a g d g r u n . Beim Erwarinen wird diese Farbung rasch dunkler und es bildet sich ein blauer Niederschlag, uber dem sich eine smaragdgriine Flussigkeit befindet. Diese verandert sich jedoch bei langerem Stehen, indem sich aus ihr weitere Mengen des blauen Niederschlages absetzen, wahrend sie schlieRlich hellgelb gefiirbt erscheint,

Der blaue Niederschlag besteht aus F e r r i f e r r o c y a n i d , die gelbe Farbung der Liisung ruhrt von F e r r i c y a n k a l i u m her, clas aus dem im Uberschusse vorhandenen Ferrocyankalium gebildet wurde. (Die gelbe Losung gibt mit Eisenchlorid keinen, mit Ferro- sulfat sofort eineii blauen Niederschlag.)

Der vorliegende (6.) Fall bildet unmittelbar nach dem Ver-

6. Mischungsverhaltnis A : 2 8.

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150 E. Beiiiel.

mischen die i n d e r L i t e r a t u r e r w a h n t e s m a r a g d g r u n e F a r - bung. I h r sofortiges Auftreten wird durch einen Uberschu8 des Ferrocyankaliums bedingt; hierbei kommt es nicht mehr zu der in den fruheren Fallen beobachteten Braunfarbung sondern es bildet sich sogleich l o s l i c h e s B e r l i n e r b l a u , das mit der durch den UberschuB des Ferrocyankaliums und des aus ihm entstandenen F e r r i c y a n k a l i u m s gelb gefarbten Ldsung eben die charakte- ristische smaragdgriine F i rbung gibt. Die Entstehung des iiber- schiissigen Ferricyankaliums 1aBt vermuten, daB das in der Gold- chlorwasserstoffsaure enthaltene Chlor nicht mehr wie in cler fur den Fall 4 HAuC1, + 3 K,FeCy, aufgestellten Qleichung Kaliumauri- chlorocyanid. sonrlern Kaliumchlorid bildet, wonach der ProzeB durch die Gleicliung

28HAuC1, + 43K,FeCy, + 1 4 0 = 28KAuCy, + 5 E’e,Cy,, + 112K(’1+ 8K,FeCy, + 8KCy + 14H,O

ausgedruckt werden konnte die jedocli noch experimentell zu priifen ist.

7 . Mischungsverhaltnis A : 3 B. Die Farbung ist sofort nach der Mischung tief smaragdgrun und wird beim Kochen blau. Erst nach Verlauf mehrerer Stunden setzt sich Ferriferrocyanid ab, iiber den1 eine gelbe, Kaliumferricyanid enthaltende Losung steht.

8. Mischungsverhaltnis A : 5 B. Smaragdgrune Farbung. Tlas Reaktionsgemisch bleibt sehr lange klar und bildet erst nach mehreren Tagen einen Bodensatz von Ferriferrocyanid, Die dariiber befindliche gelbe Losung enthalt sowohl Ferri- als auch Perro- cyanionen.

9. Dfischungsverhaltnis A : 10 B. Hellsmaragdgriine Farbung. Nach liingerem Stehen im Sonnenlichte bilden sich geringe Mengen eines braunen Niederschlages von Eisenhydroxyd unter einer gelben Losung, die nehen wenigen Ferricyan- viele Ferrocyanionen enthalt. Die Losung reagiert schwach alkalisch.

10. Mischungsverhaltnis A : 25 B. Hellgrune Farbung, nach langerer Zeit Ausscheidung einiger Flocken Eisenhydroxyd.

Anhangsweise wurde das V e r h a l t e n d e s F e r r i c y a n k a l i u m s g e g e n G o l d c h l o r w as s e r s t o ffs a u r e gepruft. Vermischt man Lo- sungen dieser beiden Stoffe in beilfiufig aquimolekularen Mengen, so erhalt man anfanglich eine orangefarbene Flussigkeit, die mit der Zeit immer dunkler rotbraun wird und sich fernerhin genau so verhiilt wie eine Mischung von Ferrocyankalium mit Goldchlorwasserstoff-

Page 11: Über die Einwirkung der Goldchlorwasserstoffsäure auf wässerige Lösungen von Ferrocyankalium

L'hr dic Kinwirhag dei- GoldciLloriuasse,-stoffsuure mu. 151

saure. Aus dem schliel3licli tief blau gewordenen Gemisch setzt sich ein blaugefarbter Niederschlag ab , wiihrend die dariiber stehende Fliissigkeit vollstandig wasserhell und ungefarbt ist.

Sowohl das Ferro- als auch das Ferricyankalium erleiden in wktsserigen Losungen unter dem Einflusse des Sonnenlichtes spon- tane Veriinderungen, die nach den Untersuchungen von J. MATU- SCEIEK~ urn so rascher vor sich gehen, je verdiinnter die Losungen sind. Das Ferrocyankalium bildet hierbei Kisenhpdroxyd, das Ferri- cyanltalium je nach der Konzentration , Eisenhydroxyd oder Ferri- ferrocyanid. Eine parallel mit dem eben beschriebenen Versuch aufgestellte Losung von Ferricyankalium gleicher Konzentration envies sich jedoch erst hellsmaragdgriin gefarbt , ah die Reaktion zwischeri Goldchlorwasserstoffsiiure und E'erricyankalium bereits unter Bildung einer vollstiindig farbloseii Liisung und eines tief blauen Niederschlages beendet war. Erst nach tagelanger Sonnenbestrah- lung gab die Vergleichslosung einen braunen Niederschlag von Eisen- hydroxyd unter einer hellgriin gefarbten Fliissigkeit, so dal3 anzu- nehmen ist, daB die spontane Zersetzung fur die obige Reaktion keine Rolle spielte.

Such der durcli das Licht bewirkte Zerfall des Ferrocyan- kaliams kommt hochstens bei bedeutendem Uberschusse des letzteren (Fall 9 u. 10) und groBen Verdiinnungen in Betracht.

Die Ahnlichkeit des Vorganges zwischeri Losungen von Gold- chlorwasserstoffsaure einerseits und Losungen von Ferrocyan- und Ferricyankalium andererseits la& vermuteii , dal3 die oben auf- gestellten Gleichungen mit geringen Anderungen auch fur das Ferri- cyaiikalium gelten diirften. F u r die Feststellung des Vorganges ware allerdings eine der vorhergegangenen analoge Untersuchung notwendig.

' Chem. B g . 1901, Nr. 38. 49 u. 53.

W i e n . Laboratarium der Chemisrli- l'eclm. Abtlg. d. lc. li. Lehrmitlelbiiro fur gezrrrb~. UT~ter,.ich~sanstalfelz.

Hei der Redaktion eingegangen am 16. Juli 1912.