zehnario

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Die Netzwerkzeitung zu »10« Jubiläumsausgabe 1997–2007 www.tosch-kommunikation.de Zehnar1o Das Geheimnis der Top-Ten. Vom Abzählreim zur Weltformel. Die Macht der Dekade: Er-Zählung von Goethes Leben. Lichtgestalten des Fußballs: die Rücken- nummer zehn.

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Der Name ist Programm: Das Thema von ZEHNAR1O ist »Zehn« und wurde auf über 60 Seiten in zehn Rubriken umgesetzt. Der Anlass für diese tatsächlich einmalige Zeitung war das Berufsjubiläum der Herausgeberin Priska Tosch: zehn Jahre Selbständigkeit als Designerin und Journalistin. In gemeinschaftlicher Redaktion mit der Kulturwissenschaftlerin Britta Schmidt-Kreuzer wurde für ZEHNAR1O ein ungewöhnliches Konzept entwickelt. Alle Mitarbeiter beschäftigten sich mit der Zehn, immer aus einer individuellen Perspektive, abhängig vom beruflichen Schwerpunkt. Zehn Autoren haben für ZEHNAR1O gearbeitet, sowie drei Illustratoren, zwei Redakteure und ein Fotograf. Dieses Netzwerk steht für weitere Ausgaben parat: denn das Konzept von ZEHNAR1O ist individuell übertragbar und erweiterbar. Ihre Unternehmensgründung liegt 10 Jahre zurück? Ein Firmenjubiläum steht an? Überraschen und beindrucken Sie Ihre Kunden, Mitarbeiter, Zulieferer mit Ihrem ganz persönlichem ZEHNAR1O!

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Page 1: ZEHNARIO

Die Netzwerkzeitung zu »10« Jubiläumsausgabe 1997–2007 www.tosch-kommunikation.de

Zehnar1oDas Geheimnisder Top-Ten.

Vom Abzählreimzur Weltformel.

Die Macht derDekade: Er-Zählung

von Goethes Leben.

Lichtgestalten des

Fußballs: die Rücken-nummer zehn.

Page 2: ZEHNARIO
Page 3: ZEHNARIO

editorial Zehnar1o3

Zehn Finger: auf dem Titelbildmit Lynna Held. | f o t o :p r i s k a t o s c h

Britta Schmidt wurde vonp r i s k a t o s c h fotografiert,die wiederum von s i g r i dt h ö l i n g fotografiert wurde.

Vielseitig, ungewöhnlich, kostenlos.Der Name ist Programm: Das Thema von ZEHNARIO ist »Zehn« und wird aufüber 60 Seiten in zehn Rubriken umgesetzt.Was gibt es dazu zu schreiben, zu fragen, zu sehen? Natürlich: Zehn Finger, dasDezimalsystem, die Top Ten und die Zehn Gebote. Aber Goethe, Dolly, Pelé undFreddy Quinn? Ja, sogar der Groschen, Auszubildende, Kapitalisten und komplexeWeltformeln haben mit der »Zehn« zu tun! Alles ist in diesem Heft zu entdecken.

Der Anlass für diese tatsächlich einmalige Zeitung ist das Berufsjubiläum derHerausgeberin Priska Tosch: zehn Jahre Selbständigkeit als Designerin und Jour-nalistin. (Nur wenig mehr dazu auf den Seiten 26/27.) Zu diesem Ereignis entstandtzusammen mit der Kulturwissenschaftlerin Britta Schmidt eine gemeinschaftlicheRedaktion.Uns war es wichtig, mit dieser »Online-Zeitung im Pdf-Format«, eines weiteresStück Netzwerk zu spinnen. Wir haben in den Zeiten unserer selbständigen Tätig-keit immer wieder erlebt, das funktionierende Geflechte unsere Arbeit erweitern undinspirieren. ZEHNAR10 ist ein weiterer Schritt, das Netz zu vergrößern und zustärken. Und das im vielfältigsten Sinne: Alle, die an dem Projekt mitgewirkt haben,können ZEHNAR10 als Referenz nutzen. Alle, die darauf aufmerksam werden,können Spaß am Stöbern, Lesen, Entdecken bekommen. Alle, die es kennen ge-lernt haben, können es weiter empfehlen …

Von der Idee bis zur Veröffentlichung haben wir uns zehn Monate Zeit gelassen.Zehn Monate wird die Netzwerkzeitung unter www.zehnario.de zum Downloadbereit stehen. Und zehn Autoren haben für ZEHNAR10 gearbeitet; sowie dreiIllustratoren, zwei Redakteure und ein Fotograf.

1… 2… 3… 10!

Viel Spaß beim Stöbern, Lesen, Entdecken – und netzwerken.

Page 4: ZEHNARIO

Zehnar1o inhalt4

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Page 5: ZEHNARIO

inhalt Zehnar1o5

Editorial Seite 03

magazin»Zehn Jahre » » » » » eine Sammlung von Britta Schmidt Seite 06»Zehner-Bilder » » » » » von Lucas Kreuzer Seite 08»Wir sind das Dezimalsystem » » » » » von Hans Elsner Seite 09»Was die Welt bewegt – Zehn Momentaufnahmen zur Zehn » » » » » Fundstücke von Britta Schmidt Seite 10

kulturgeschichte»Vom Abzählreim zur Weltformel » » » » eine Reise durch Zeit und Raum von Margarete Tosch-Schütt Seite 12»Der Groschen: ein kleiner Zehner ganz groß» » » » » von Andrea Hoffmann Seite 18»Die Jagd nach den Zehn Geboten » » » » » von Simone Haserodt Seite 20

ZEIT»Zehn Minuten zu spät » » » » » eine Umfrage von Britta Schmidt Seite 22»Zeit ist wie ein Gummiball » » » » » Zehn Fragen an eine Zehnjährige von Priska Tosch Seite 24

unterwegs»Längs des zehnten Längengrads » » » » » von Priska Tosch Seite 26

Stationen»Auf und zu » » » » » Fotos von Lucas Kreuzer Seite 28

wirtschaft»Handwerks Zukunft » » » » » von Sievert Herms Seite 38»Zehn Jahre = fünf Generationen » » » » » von Ulrich Schmitz Seite 42

Kultur»System oder Systematik? » » » » » von Hans Elsner Seite 44»Illustration » » » » » von Alexander Besiswestnikh Seite 45»Der Abakus » » » » » Bemerkenswertes von Priska Tosch Seite 46

Literatur»Er-Zählung vom Leben » » » » » Goethes Vita betrachtet von Aneka Schult Seite 48»Goetheweg » » » » » das Spiel von Christin Ursprung Seite 52»Die 10» » » » » von Hella Kemper Seite 54

Musik»Wenn Platz 16 zum Flop wird » » » » » Das Geheimnis der Top Ten von Bernd Schossadowski Seite 56»Zehn Musik-Höhepunkte » » » » » eine Sammlung von Britta Schmidt Seite 58

SPORT»Lichtgestalten des Fußballs: die Rückennummer Zehn » » » » » von Dennis Dix Seite 60

Impressum Seite 62

Page 6: ZEHNARIO

Zehnar1o magazin6

Zehn Jahre …

… treue WeggefährtenDer Köln Marathon startete erstmals 1997.Immerhin 300 Läufer sind seitdem jedes Jahrdabei gewesen.

… neue RegelnSüdafrikas Nach-Apartheid-Verfassung ist seitzehn Jahren in Kraft. Ein hoffnungsstarkerAuftakt in eine neue politische Zeit, das all-tägliche Leben braucht aber offensichtlichlänger für Veränderungen.

… virtuelles NachschlagenIm September 1997 registrierten die beiden Stu-denten Larry Page und Sergey Brin den Domain-Namen »google.com«. Damit begann eine Erfolgs-geschichte, die hierzulande immerhin zum Eintragin den Duden geführt hat. Ganz zu schweigen vomweltweiten wirtschaftlichen Effekt.

… »das ganze Bild«Dokumentation und Ereignisse sind das Kern-geschäft von Phoenix. Immer noch stehen poli-tische Nachrichten im Vordergrund, trotzdembietet der Sender mehr als Berichte aus den Par-lamenten. Die Zusammenfassung der Tagesereig-nisse und ausgewählte Spielfilme aus ARD undZDF sind mittlerweile die Publikumslieblinge.

… virtuelle VerkündigungDurchschnittlich 28.345 Menschen am Tag besuchendas Internet-Angebot der Diözese Würzburg. an einemeinzigen Tag kommen heute also mehr Menschen mitdem BistumWürzburg in Berührung als im ganzen erstenStartjahr.

… künstliches LebenMit dem Klonschaf Dolly ist klar geworden, dass unsMenschen – wenn wir wollen – ganz neue Wege offenstehen. Auch wenn Dolly streng wissenschaftlich ge-nommen kein »Klon« ist und schon 1996 geboren wur-de und schon viel früher als ihre natürlich gezeugtenArtgenossen unter Alterserscheinungen zu leiden hatte– die prominente Veröffentlichung über Dolly vor zehnJahren hat die Diskussion über Machbares und ethischZulässiges auf neuer Grundlage entfacht.

Page 7: ZEHNARIO

magazin Zehnar1o7

…Phantasien und TräumeDas Kinderzirkus-Festival Lilalu begeistert all-jährlich inMünchen bis zu 210.000Menschen.Mittlerweile gibt es neben dem Sommer-Ferien-progamm regelmäßige kleinere Veranstaltun-gen im Herbst, Frühjahr und Winter. Mit demin 2006 gegründeten Verein ist hoffentlich derorganisatorische und finanzielle Fortbestandfür die zirzensischen Träume großer und kleinerLeute gesichert.

… magische WeltenAls Harry Potter mit dem »Stein der Weisen«das erste Mal auf dem Büchertisch lag ahntekeiner, welche Erfolgsstory sich in kürzesterZeit daraus entwickeln sollte. Über 350 Milli-onen Exemplare wurden bislang weltweit in 65Sprachen verkauft. Zehn Jahre später soll mitden »Heiligtümer des Bösen« in Band siebenalles vorbei sein? Vielleicht hilft ja ein »finiteincantatem« diesen Zauber zu beenden.

… Mars in Bild und SubstanzMit der Landung des »Path Finder« auf dem roten Pla-neten wurden erstmals besonders detaillierte Bilder undAnalysen vom roten Planeten möglich. Mittlerweile gibtes größere Fahrzeuge als den kleinen »Sojourner«, deraber als erster natürlich die Geschichtsschreiber auf sei-ner Seite hat.

… siedeln in fremden WeltenDas Gesellschaftsspiel »Die Siedler von Catan« beweg-te schon seit seinem Erscheinen ehrgeizige Gemüter. Sowurde das erste richtige Siedler-Turnier 1997 als Sieder-Kartenspiel-Turnier ausgetragen. Seit 2002 wird auchinternational imWettkampf gesiedelt. Spiele sind ja an-geblich auch immer ein Spiegel ihrer Zeit.

e i n e s ammlung von br i t ta s chm i d t

www.connexconsult.de. Keine Recherche ist ihr zu umfangreich:Britta Schmidt stellt schwungvoll überraschende Details zusammen undformt dadurch ein durchdachtes Konzept. Die Kulturwissenschaftlerin MA

arbeitet in Hannover als PR-Beraterin, Texterin und Journalistin.Schwerpunkte ihrer Arbeit findet sie meistens in kulturellen und kultur-

geschichtlichen Themenbereichen. [email protected]

Page 8: ZEHNARIO

Zehnar1o magazin8

www.lucaskreuzer.deDer freiberufliche Fotograf

Lucas Kreuzer aus Hannoverkann schon bis 10 zählen.

[email protected]

Page 9: ZEHNARIO

Zehnar1o9magazin

d i e e i n s und d i e nu ll

t ra fen s i ch

Die Eins und die Null trafen

sich. »Du willst immer vorne

sein«, meinte die Null, »und

dabei bist du nichts als ein

Strich«. »Ganz richtig«, er-

widerte die Eins, »ich bin im-

mer Erster, ob ich will oder

nicht. Aber deswegenblas ich

michnicht so aufwie du«. Die

Null: »Wenn bei mir die Luft

raus wäre, bliebe nichts als

ein Strich. Wir hätten zwei

Striche, zwei mal die Eins.

Wasdann?Wir könntennicht

mal die Zehn schreiben.«

»Um alles in der Welt«, ruft

die Eins, »nur das nicht, bleib

wie du bist. Lieber eine auf-

geblaseneNull als nur ein Le-

ben von eins bis neun«. So

wurde offenbar, dass eine

Null ihren großenWert hat.

D A S D E Z I M A L S Y S T E M I S T

M I T U N S – W I R S I N D D A S

D E Z I M A L S Y S T E M | Wenndas Wort »Dezimalsystem«fällt, hat jeder sofort seine ei-gene Vorstellungen im Kopf.Der eine denkt an StreckeundMeter, der andere Größe,

Höhe, Tiefe und ein Dritter an Geld und Zahlen. Wir denken nicht nuran das System, wir denken auch in diesem System. Alles, was technischmessbar und berechenbar ist, was mit Geld bezahlbar und in unserer Phan-tasie vorstellbar ist, können wir nur verstehen, wenn wir das Dezimalsys-tem zu Hilfe nehmen. Ob wir die Körpergröße von Kindern messen odereine Telefonnummer wählen, ob wir Briefe frankieren, einen Handschuhanziehen oder auf die Waage steigen, das Dezimalsystem ist immer dabei,meist unbewusst, aber prägend, dauerhaft prägend.Dass ein Handschuh nur fünf Finger hat, nehmen wir nicht besonderswichtig. Wir haben ja noch einen zweiten. Wir ziehen ihn an. Wir findendas selbstverständlich. Wir tragen zweimal die Hälfte von zehn an denHänden. Wir multiplizieren und können fast gleichzeitig teilen. Es ist dasDezimalsystem an uns und in uns. Wenn wir auch zwei Beine haben, umdurchs Leben zu gehen, so sind es doch zehn Zehen, die uns die Richtungzeigen. von hans el sner

j e d e v e r ä n d e r u n g h ä n g t v o n d e r 1 0 a b > > d i e s t e l l u n g d e r 1 u n d i h r e b e d e u t u n g

Tausender Hunderter Zehner Einer Zehntel Hundertstel Tausendstel

T H Z E z h t

1000 100 10 1 0,1 0,01 0,001

kilometer hektometer decameter ein meter decimeter centimeter millimeter

kilogramm hektogramm decagramm ein gramm decigramm centigramm milligramm

kiloliter hektoliter decaliter ein liter deciliter centiliter milliliter

kilowatt hektowatt decawatt ein watt deciwatt centiwatt milliwatt

Page 10: ZEHNARIO

Zehnar1o magazin10

Was die Welt bewegt –

D I E Z E H N - P R O Z E N T - A K T I O N | Seit 38 Jahren sind die Menschen derZehn-Prozent-Aktion bereit, nicht nur zu geben, sondern zu teilen. Vorbildfür sie ist dabei die biblische Weisung Gottes, den »zehnten Teil« dessen, wasman besitzt, den Armen zu geben. Jedes Jahr stellt der Kaufmann »Mr. Zehn-prozent« zehn Prozent seines Einkommens zur Verfügung, um Menschen inNot zu helfen. Bei der 39. Aktion, die bis zum 31. März 2008 geht, spendet er49.000,- Euro nur dann, wenn sich bis zu diesem Zeitpunkt weitere 425 Mit-spender gefunden haben. Besonders willkommen sind Kinder und Jugendli-che, die bereit sind, zehn Prozent vom Taschengeld, Weihnachts- oder Ge-burtstagsgeld abzugeben. Kein Beitrag ist zu klein! www.zehn-prozent-aktion.de

D I E Z E H N S C H M U T Z I G S T E N O R T E D E R W E LT | Die Organisation Inter-nationalesGrünes Kreuz hat die zehn dreckigstenOrte derWelt gewählt. Das Er-gebnis ist wenig überraschend, sie liegen inAsien. Besonders betroffen sindChi-na, Indien und Russland. Die zehn weltweit am stärksten verschmutzten Orteverteilen sich demnach auf sieben Länder. Mehr als zwölf Millionen Menschensind von den Verschmutzungen betroffen. Bergbau, der Rüstungswettlauf wäh-rend des KaltenKriegs und unkontrollierte Industrieproduktion seien dieHaupt-verursacher. ET 12 .09.07 > www.gci.ch/en/comm/news/2007/presse/presse.html

Z E H N M I L L I A R D E N D O L L A R F Ü R D E N K A M P F G E G E N K R A N K H E I T E N

| Die Finanzierung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberku-lose und Malaria für die nächsten drei Jahre ist zum Großteil gesichert. Aufeiner Geberkonferenz in Berlin sagten Vertreter der G-8-Industrieländer, derVereinten Nationen sowie von Nichtregierungsorganisationen, Unterneh-men und Stiftungen 9,7 Milliarden Dollar für die Zeit bis 2010 zu. WeitereHilfsgelder werden erwartet. Insgesamt braucht der Fonds 12 bis 18 Milliar-den Dollar. ET 27.09.07 > www.tagesschau.de/inland/geberkonferenz8.html

Z E H N J A H R E F R Ü H E R F C K W - F R E I | Bei einer UN-Konferenz in Montre-al kamenVertreter von 200UN-Staaten überein, die Herstellung und den Ein-satz von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) zehn Jahre früher als bishergeplant zu beenden. Die Industriestaaten müssen auf die Chemikalien dem-nach bis spätestens 2020 verzichten, die Entwicklungsländer bis spätestens2030. Ein Sprecher des UN-Umweltprogramms sprach von einer historischenEinigung. Bei der noch ausstehenden Verabschiedung des Beschlusses durchdas Plenum der Konferenz erwarte er keine Probleme. Zu dem beschleunigtenFCKW-Verzicht hatte vor allem die US-Regierung die Delegierten der UN-Konferenz gedrängt. Sie sieht darin eine Alternative zum Kyoto-Klimaschutz-protokoll, dem die USA – der größte Produzent von Treibhausgasen – nichtbeigetreten sind. ET 22 .09.07 > www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/467/134214/

B I S Z U Z E H N P R O Z E N T

DER PFLEGE IST MANGEL-

H A F T | Das ist zwar besserals vor ein paar Jahren,aber dennoch nicht hin-nehmbar. Wie es zugeht,in Deutschlands Heimenund bei den ambulant zuHause versorgten Pflege-patienten, ist dem jüng-sten Bericht der medizini-schen Spitzenverbände derKrankenkassen (MDS) zuentnehmen. Danach wei-sen knapp sechs Prozentder zu Hause Gepflegtenund rund zehn Prozent derPflegeheimbewohner Spu-ren von Vernachlässigungauf. ET 31.08.07 > www.zeit.de/

online/2007/36/pflege-kommentar

zehn fundstü cke –zu sammen ge tragenvon br i t ta s chm i d t

Page 11: ZEHNARIO

magazin Zehnar1o11

Zehn Momentaufnahmen zur Zehn

D I E L I N K E S T R E B T B E I D E R N Ä C H S T E N B U N D E S T A G S W A H L M E H R

A L S Z E H N P R O Z E N T D E R W Ä H L E R S T I M M E N A N und stellt sich be-reits jetzt auf die weitere Rolle als Oppositionspartei ein. Der Beschlussüber den Kurs der nächsten zwei Jahre sieht den Kampf gegen Sozialabbauund Armut und gegen eine Außenpolitik mit Kampfeinsätzen der Bundes-wehr vor. Die Regeln des sozialen und wirtschaftlichen Systems müsstengeändert werden, heißt es. Wie das geschehen soll, wird nicht näher er-läutert. ET 25.08 .07 > www.netzeitung.de/deutschland/721210.html

Z E H N P R O Z E N T D E R H O O L I G A N S S I N D R E C H T S E X T R E M | Die Po-lizei hat unter den deutschen Fußballfans mehr als 13.000 Hooligans fest-gestellt. Rund zehn Prozent davon sind dem Verfassungsschutz durchrechtsextreme Aktivitäten aufgefallen. Laut Bundesregierung hat der Ver-fassungsschutz bei knapp zehn Prozent der in der Polizeidatei »Gewalttä-ter Sport« (Stand November 2006) erfassten 9399 Hooligans »Erkennt-nisse aus dem rechten Phänomenbereich«. Demnach sind etwa 1000 Hoo-ligans mit rechtsextremen Aktivitäten aufgefallen. ET 04.05 .07 >

www.tagesspiegel.de/politik/div/;art771,1938769

H A N D Y- Ü B E R W A C H U N G I M V E R G A N G E N E N J A H R Z E H N M A L A N G E O R D N E T | Das Bundesamt für Ver-fassungsschutz hat im vergangenen Jahr in zehn Fällen den Einsatz eines so genannten IMSI-Catchers ange-ordnet, mit dem der Standort sowie die Geräte- und Kartennummer von aktiv geschalteten Mobilfunkgerätenfestgestellt werden können. Dies geht aus einer Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremiumüber »Maßnahmen nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz« hervor. Mit dem Gesetz seien den Sicherheits-diensten als Reaktion auf die Terroranschläge des 11. September 2001 in den USA neue Befugnisse übertragenworden, die in die Schutzbereiche des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes)sowie in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes) eingreifen,schreiben die Abgeordneten. Von den zehn Anordnungen des Jahres 2006 sind dem Bericht zufolge zwölf Per-sonen betroffen gewesen. ET 30.07.07 > www.bundestag.de/aktuell/hib/2007/2007_203/05.html

S Ü S S I G K E I T E N A B J A H R E S E N D E Z E H N P R O Z E N T T E U R E R | Bundesverband der Süßwarenindustrie(BDSI): Die Süßwarenindustrie erwartet ab Ende des Jahres deutliche Preiserhöhungen in allen Bereichen, vonder Schokolade über Eis bis zu Gebäck. Die Verbraucher müssten sich auf Preiserhöhungen von um die zehnProzent oder noch etwas mehr je Produkt einstellen. Die anstehenden Preiserhöhungen begründen sich in ersterLinie mit steigenden Rohstoffpreisen. So hätten sich die Preise für Milchpulver, das für Schokolade benötigt wer-de, fast verdoppelt. Auch die höheren Butterpreise machten sich bemerkbar ebenso wie die teurere Glukose, diezur Herstellung von Fruchtgummis gebraucht werde. Mit in etwa einem Drittel sei der Anteil der Rohstoffkos-ten in der Kalkulation der Süßwarenbranche anders als in manchen anderen Lebensmittelbereichen »nicht zuvernachlässigen«. ET 06.09.07 > www.welt.de/wirtschaft/article1163106/Suessigkeiten_ab_Jahresende_zehn_Prozent_teurer.html

Z E H N M A L Z E H N Z E N T I -

M E T E R Z U M E R I N N E R N

| Kölner Bildhauer Gun-ter Demnig (60), der Er-finder der Aktion, ließ anfünf Orten die Steine indie Bürgersteige ein.Mehr als 9000 »Stolper-steine« existieren europa-weit. Jetzt wurden auch inElmshorn die ersten derzehnmal zehn Zentimetergroßen Betongusssteineverlegt. Sie verfügen übereine Messingplatte, derenInschrift Opfern der NS-Diktatur gewidmet ist.ET 16 .08 .07 > www.abendblatt.

de/daten/2007/08/16/783078.html

Page 12: ZEHNARIO

Zehnar1o Kulturgeschichte12

Vom Abzählreim zur WeltformelEine Reise durchZeit und Raum auf

den Spuren der 10 deckt

Überraschendesauf. Was haben zehn kleine

Zappelfingermit Pythagoraszu tun?

margare te tos ch -s chü t t

Zehn Finger hat der Mensch.Durch sie bekommt er dieWelt in den Griff, versucht er

ihrer Dinge und ErscheinungenHerr zu werden. Und zwar zählend.Unser Körper taugt als Rechenma-schine. An unseren Händen undFüßen sitzen, wie Perlen aufgereiht,Repräsentanten von Mengen. Sieerlauben abzubilden, was in Ein-oder Vielzahl uns umgibt. Dazu dieFüße zu benutzen, wäre nicht immerpraktisch, aber die Hände sind stän-dig in Reichweite und so wurden siewohl Grundlage der weltweit ver-breitesten Zähl- und Rechenweise,dem Dezimalsystem. Seine funda-mentale Idee besteht darin, mit derEinheit des Zehners Hunderter,Tausender und weit umfangreichereMengen darzustellen. Selbst, wennwir auf diese Weise in unendlichenZahlendaten landen, die Bezeich-nung unseres digitalen Rechner er-innert daran, dass alles einmal mitden Fingern (lateinisch: digitus =Finger) begann.So selbstverständlich es uns ist, vonder naturgegebenen Zehn auszuge-hen, – für manche Philosophen desAltertums, selbst noch für Leibnizwäre die Vorstellung von der Ge-burt der Mathematik aus dermenschlichen Hand ein Gräuel ge-wesen. Für diese Denker tratenZahlen aus einer göttlichen Sphärehervor, waren von Raum und Zeitund schon gar vom Menschen un-abhängige Ideen.

Z Ä H L E N – H A N D E L N – R E I S E N

Doch bevor wir uns auf den Gedan-ken einlassen, dass Zahlen der Weltals Prinzip eingeschrieben seinkönnten, wollen wir nur zählen.Einfach nur bis zehn. Dass dies garnicht so einfach ist, verraten Spra-chen, die über das Nennen der Zahldrei nicht hinauskommen. Einegrößere Menge, als drei ausge-streckte Finger zeigen, war für man-che Stämme einfach »viel«. DieSiouxindianer dagegen reckten biszu neun Finger in die Höhe, aberdann kam ein Problem: die Zehn.Sie wiesen mit dem Zeigefinger dereinen Hand auf den Daumen deranderen. Das hieß zehn. Zeigten sieauf zwei Finger der anderen Handwaren das zwanzig und so fort. Zweigespreizte Hände bedeuteten schonHundert. Diese Handzeichen warenpraktisch, aber leider nur für einenMoment sichtbar.Sollte Handel getrieben oder dieHistorie von Lebens- oder Herr-schaftsjahren festgehalten werden, >

Handzeichen sindnur für den Moment

sichtbar. Je größer diedarzustellende Menge,um so schwieriger istes, Zahlen mit denzehn Fingern zusymbolisieren. |

i l l u s t r at i o n :a l e x a n d e r

b e s i s w e s t n i k h

Page 13: ZEHNARIO

Kulturgeschichte Zehnar1o13

mussten sie fixiert werden. Dafür wurden Zeichen und Sym-bole entwickelt, geritzt und geschrieben auf verschiedenar-tigsten Untergründen und der Zahlenraum der zehn Fingerweit überschritten. Beim Rechnen hatte abstrahierendesDenken spätestens da angefangen, wo die zu zählendeGegenstände nicht mehr vor Augen waren. Sechzehn pralleSäcke mit Getreide waren dann eben nur noch ein mageresZeichen auf dem Tontäfelchen oder Papier. Je größer die dar-zustellende Menge, um so schwieriger war es, sie durch Zei-chen zu symbolisieren. Komplizierte Verfahren aber hemm-ten sowohl alltägliche Geschäfte als auch außerordentlicheKalenderberechnungen.Dieses Problem lösten schon im 6. Jahrhundert indische Ma-thematiker, indem sie begannen, das Dezimalsystem zu ent-werfen und die faszinierende Null erfanden, ein wahres Zau-berzeichen. Wären nicht die Arabergewesen, hätten wir Europäer vondieser Großtat noch später erfahren,als es schon der Fall war. Die arabi-schen Eroberungszüge in den Ostenbrachten als Beute aus Indien dieSchreibweise der Ziffern von nullbis neun mit und konnten damit diezehn bilden mit allen ihren Vielfa-chen. Diese Kenntnisse hinterließen die Araber im von ih-nen besetzten Westen. Aber um 1200 brachte auch der ita-lienische Mathematiker Leonardo Fibonacci das arabischeZahlen- und Rechensystem von seinen Reisen mit und stell-te es zusammen mit einem arabischen Rechenbrett seinenZeitgenossen vor. Diese zögerten zuzugreifen, die einfachenLeute rechneten weiter wie bisher und benutzten fleißig diezehn Finger dazu und manche Gelehrte schauten misstrau-isch auf die heidnischen Ziffern und hielten die Null sogarfür ein Teufelszeichen.

D I E I D E E D E R N U L L

Der Argwohn scheint verständlich, wenn wir die Eigentüm-lichkeiten der Null bedenken. Sie selbst ist nichts (latei-nisch: nullus = nichts), aber trotzdem schenkt sie der Zahl,die links von ihr steht, einen höherenWert und weitere Nul-len, die rechts stehen, erhöhen ebenfalls denWert. Auch dasindischeWort für Null bedeutet nicht-vorhanden, inhaltslosund gibt Anlass über das Potenzial nachzudenken, das in der

Leere steckt und zu zweifeln an derallgemeinen Geringschätzung desNichts, das ein mehrfaches – abervon was? – verursachen kann.

A B Z Ä H L R E I M E

Wem das zu abgehoben ist undnicht kapiert, wird nicht auf dreizählen können. Wer seine siebenSachen nicht zusammenhält, ist so-wieso auf verlorenem Posten. Da-mit das nicht passiert, hängen wirunsere geplanten Besorgungen anZahlen auf wie an Kleiderhaken:Erstens: Brötchen holen, zweitensFirma Meier anrufen, drittens....Elementare Mnemotechnik, dieaber meistens schon vor der Zehnaufgibt. Nur im Abzählreim derKinder wird durchgehalten »sieben,acht, gute Nacht« und dann aber»neun, zehn, du musst geh’n« undschon hat eines die Arbeit, die an-deren zu suchen.Überhaupt scheint die Zehn in denKinderreimen nichts Gutes zu brin-gen, ähnlich wie den Armen, dieden Zehnten als Steuer zu zahlenhatten. Zehn kleine Zappelmänner,Heinzelmänner oder gar Negerlein,die sich in der jeweils ersten Reim-zeile noch munter versammeln,werden in zehn Strophen durchtraurige Schicksalsschläge schritt-weise auf null dezimiert. In pädago-gischen Schonversionen schreitzwar in der letzten Verszeile einStimmchen »hurra und ist wiederda«. Doch wir können nicht vor-aussetzen, dass sich das Potentialder Null überall herumgesprochenhat. >

»Je größer diedarzustellende Menge,um so schwieriger wares, sie durch Zeichenzu symbolisieren.«

Page 14: ZEHNARIO

Zehnar1o Kulturgeschichte14

Z E H N B R Ü D E R

Die fallende Tendenz von Zehn nach Null dagegen entsprichtrecht genau der Erfahrung kommender Katastrophen. Das jid-dische Lied »Tsen Brider sajnen mir gewesen...« führt das be-sonders deutlich vor. Die zehn Brüder scheitern alle beimHandel mit verschiedenen Waren.Unbarmherzig konsequent misslin-gen die Stationen jüdischer Uberle-benskünste bis auch der Letzte ver-hungert. Entstanden ist das Liedwährend der Emigrationswelle ost-europäischer Juden um 1900, von daausgehend wurde es zum Begleiterder Verfolgten durch Ghettos undPogrome, durch Konzentrationslager und durch die Zeit da-nach. Das »Oj« am Ende jeder Strophe entsetzt sich undklagt, es allein durchbricht das Zählen, das teilnahmslos dieZahlenstufen heruntertropft auf ein unausweichliches Endezu. Nach dem Tod des Letzten ist das vollendete Ganze, dasdie Zehn bildet, zerstört. Eine Elf zu nennen, erscheint alsnärrischer Gedanken. Nicht umsonst fungiert die Elf in der sogenannten fünften Jahreszeit als Narrenzahl.

Z E H N J U N G F R A U E N

Die offizielle Narrenzeit hat nur kurz Saison, während diezehn klugen und törichten Jungfrauen in Stein gehauen dieJahrhunderte überdauern und uns an den Portalen der meis-ten mittelalterlichen Dome erwarten. Seit der Evangelist Lu-kas das Gleichnis von ihnen berichtete, wurden sie zu einembevorzugten Bildmotiv. Fünf der jungen Frauen waren klugund ausdauernd genug, lange Zeit auf den Bräutigam, aufChristus, zu warten und ihm mit erhobenen Lampen in denHänden entgegen zu gehen; fünf waren ungeduldig, gaben dieHoffnung auf sein Kommen auf und löschten die Lampen.Vielleicht erlagen sie in der Langeweile desWartens den Ver-führungen ihrer fünf Sinne und verloren ihre eigentliche Ab-sicht aus den Augen.

Z E H N P L A G E N

Im Neuen Testament berichtet der Evangelist Lukas nochvon einer Gruppe von zehn Aussätzigen, die Christus wun-derbarerer Weise heilte, doch beeindruckender tritt die Zahlzehn imAlten Testament auf, als der Herr nicht heilend, son-dern strafend, »Zehn Plagen« über Ägypten sendet. Er willden Pharao zwingen, die Israeliten auswandern zu lassen indas Land, das sie als ihre Heimat betrachteten, aus der sie >

»Nach dem Toddes Letzten ist dasvollendete Ganze,das die Zehn bildet,zerstört.«

t sen br i d er

tsen brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit lajn,ejner is gestorb’nis geblib’n najn, oj…

najn brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit fracht,ejner is gestorb’nis geblib’n acht, oj…

acht brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit ribn,ejner is gestorb’nis geblib’n sibn, oj…

sibn brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit gebeks,ejner is gestorb’nis geblib’n seks, oj…

seks brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit schtrimpfejner is gestorb’nis geblib’n finf, oj…

finf brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit bir,ejner is gestorb’nis geblib’n fir, oj…

fir brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit hej,ejner is gestorb’nis geblib’n draj, oj…

draj brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit blaj,ejner is gestorb’nis geblib’n zwej, oj…

zwej brider sajnen mir gewesn,hob’n mir gehandelt mit bejner,ejner is gestorb’nis geblib’n ejn, oj…

ejn bruder bin ich mir gewesen,hob ich mir gehandelt mit licht,schterb’n tu ich jeden togwajl tsu esn hob ich nit, oj…

Page 15: ZEHNARIO

Kulturgeschichte Zehnar1o15

vertrieben wurden. Jede Weigerung des Pharaos, den Abzugder Israeliten zu genehmigen, zieht als Strafe eine Katastro-phe für das ägyptische Volk nach sich. Frosch-, Mücken-,Heuschrecken- und sonstige Ungezieferplagen, Krankheitenund Seuchen für Menschen und Tiere, Finsternis und schließ-lich der Tod aller erstgeborenen Kinder der ägyptischen Fa-milien. Zehn Katastrophen propagieren einen mächtigenGott, der Partei ergriffen hat für sein Volk. Viel mehr als zehnGenerationen werden beim Schildern des Mythos an denzehn Fingern abzählen, in welcher Weise er das tat.

Z E H N G E B O T E

Moses war derjenige, der beim hebräischen Exodus für dasVolk sprach und handelte. Der Überlieferung zufolge trat erauch für uns Heutige in Aktion, denn Gott übergab ihm diebeiden Gesetzestafeln mit den ZehnGeboten, einer Aufstellung derwichtigsten Richtlinien, die dasmenschliche Leben diesseits undjenseits, individuell und sozial zu re-geln im Stande sind. Die Zehn Ge-bote sind in variierten Formen ein-gegangen in Gesetzgebungen und Verfassungen und werdenheute eher Grund- und Menschenrechte genannt. Dass mandie zehn Gebote an den Fingern abzählen konnte, erleichtertihr Transport durch die weiten räumlichen und zeitlichenDistanzen, bewahrt sie allerdings nicht vor Verletzungen.Und wieder zeigt die Narrenzahl elf ihre Herkunft. Wer diezehn Gebote übertritt, ist nicht nur ein Verrückter, der sichaußerhalb der menschlichen Gemeinschaft begibt, sonderner ist auch ein Sünder, einer der nicht mehr dazugehört undnichts mehr zu verlieren hat. Prompt nimmt er sich alle Nar-renfreiheit und heute präsentiert er ahnungslos ab 11.11. je-den Jahres im Elferrat.

D A S E R F A S S E N D E S K O S M O S

Das Irreguläre der Elf überschreitet die geschlossene Voll-kommenheit der Dekade (lat.griech.: Anzahl von zehn), diealle Zahlen umschließt und somit vollständig ist. Nach frü-herer Auffassung ist nur die Zehn imstande, den gesamtenKosmos zu beschreiben. Wer so denkt, beabsichtigt sichernicht, Nullen hinter der eins zu sammeln und »Wer wirdMillionär?« zu fragen, sondern er will verstehen, wie dieWeltkonstruiert ist, wie sie sich ordnet, welche Gesetzmäßigkei-ten in ihr eingeschrieben sind. Dieses Problem löste man vonalters her gern durch die Anwendung von mathematischen

und geometrischen Modellen.Dementsprechend gewannen Zah-len und Ziffern eine symbolischeBedeutung, die weit über die Reprä-sentation ihrer Menge hinausging.

M A T H E M A T I K U N D N A T U R

In den Lehren der antiken Philo-sophen bestimmten Zahlen, Pro-portionen und geometrische For-men die vorgefundene Natur undder menschliche Geist brauchte sienur aus dieser herauslösen und fest-zuhalten. Diesen mathematischenBauteilen wurden noch die vierElemente Feuer, Wasser, Luft undErde zugeordnet, sowie die schwie-rig zu erklärende Substanz desÄthers. Damit waren Stoffe undMengen gesammelt, von denenman annahm, aus ihnen die Struk-tur des Kosmos verstehen und dar-stellen zu können. Ein recht revo-lutionäres Vorhaben gegenüberGlaubenstraditionen, die dieMacht der Götter undurchschau-bar lassen wollten. Nicht grundlosbetrieben philosophische Schulenihre Wissenschaft oft nur im Ge-heimen.

A L C H E M I S T I S C H E F O R M E L N

Charakteristisch ist dies für diemittelalterlichen Alchemisten, diesich unter anderem auf dieses Ge-dankengut bezogen und durch ihrePraktiken den Schöpfungsakt nach-vollziehen wollten. Der Ansatzwird vielleicht verständlicher,wenn wir bedenken, dass die Al-chemisten die Vorläufer der Che-miker und Biologen waren, die auchheute unermüdlich probieren, wiesie Leben in Retorten ziehen unddie Gestaltung unserer Erbsubstan-zen optimieren können. >

»Die Zehn Gebotekann man an denFingern abzählen.«

Page 16: ZEHNARIO

Zehnar1o Kulturgeschichte16

Der Tetraktys ist auch der Urgrundder Weltseele über die Platon (428-348 v.Chr.) im »Timaios« referiert.Diese zur Zehn führende Symbolikdes Tetraktys wanderte über dieSchwelle der beginnenden christ-lichen Zeitrechnung, überwand denAnfang der Neuzeit und beschäftig-te, wie dasWeltmodell der Sefiroth,immer wieder Mathematiker undPhilosophen selbst noch zu ZeitenNewtons (1642-1727). >

Alle versuchen, die Welt verständlich und manipulierbar zumachen, forschen dafür nach Formen und Formeln, bearbei-ten Zahlenmaterial der alten babylonischen, persischen undarabischen Lehren der Astrologie und Magie, sowie das derheutigen computergenerierten Messungen und Statistiken.

K A B B A L A

Eine ergiebige Quelle für dieses Unternehmen war auch diejüdische Geheimlehre, die sich im 12. Jahrhundert im euro-päischen Raum ausbreitete: die mystisch-theosophische Kab-bala. Sie operierte daran, hinter den Texten der heiligenSchriften eine verborgene Botschaft zu ermitteln, die in Ent-sprechungen von Buchstaben und Zahlen verschlüsselt sei.Wieder wurde die Welt in Zahlen eingefangen. Im Zentrumdieser Lehre ist der Sefiroth-Baum. Er enthält die zehn Ur-zahlen, die sich mit den zweiundzwanzig Buchstaben des he-bräischen Alphabets verbinden und dem zufolge die gesamteSchöpfung darstellen können. Das bildliche Zeichen der Se-firoth in einfachster Form erinnert an ein zehnteiliges Mole-külmodell, doch wurde es bis ins 18. Jahrhundert hinein inschier unendlicher künstlerischen Vielfalt variiert. Die zehnSefirothe sind die zehn Potenzen Gottes, die einen lebendi-gen Organismus bilden und unterschiedlich benannt und il-lustriert werden. Das wabenförmige Gebilde spielte seineZehnerrolle in jüdischen Überlieferungen, in christlichenInterpretationen, in wissenschaftlicher Alchemie; es wurdein Korrespondenz gebracht mit dem geozentrischen Schalen-modell des Universums, Shakespeares Hamlet bezog sich dar-auf und Goethe verwendete 1773 eine komplizierte Spielartder Sefiroth in seinem dramatischen Fragment »Prome-theus».

P Y T H A G O R Ä E R

DasModell des Pythagoras (600 v.Chr.) verschwand ebenfallsnicht aus demGedächtnis der Menschen. Es bestand aus zehnPunkten, die ein gleichseitiges Dreieck bildeten. Weil in ihmsämtliche Zahlen der Dekade enthalten waren, umfasste dieZehn alle Dinge und Phänomene des Universums, sie warvollkommen in den Augen der Pythagoräer.Für uns hat dieses Modell eine weitere sympathische Eigen-schaft: Es visualisiert die musikalische Harmonie des Welt-aufbaus. Nach Pythagoras klingt der Kosmos und zwar in kon-sonanten Intervallen der Oktav, der Quinte und der Quart.Die Zahlen ihrer Proportionen sind 2:1, 3:2, 4:3, Tetraktys ge-nannt. Das Gesetz der proportionalen Teilung einer Saitewird zum Raster von allem Existierenden.

Die Sefiroth besteht aus den zehn Urzahlen,die zehn göttliche Wirkungsbereiche symbolisieren. Aus ihnen

bildet sich der gesamte Kosmos.

Page 17: ZEHNARIO

Kulturgeschichte Zehnar1o17

> Die Vier hatte im pythagoräischen Zahlenverständnis be-sonderes Gewicht. Nicht nur, weil vier Elemente angenom-men wurden, vier Himmelsrichtungen existieren und derMensch vier Extremitäten hat, sondern auch, weil sie benö-tigt wurde, um zur vollkommenen Zehn zu gelangen:

1+2+3+4 = 10Die Bedeutungen, die den Zahlen beigelegt wurden, lassenahnen, warum ihr Ergebnis, die Zehn, als heilig betrachtetwurde. Genauer blickend, lässt sich eine philosophische Po-

sition erkennen, in der dieWelt ma-thematisch strukturiert ist. Alles,was in ihr geschieht, befindet sich ineiner rationalen Ordnung, zu der wirdie Zahl als Schlüssel haben.»Schreite von der Einheit bis zurVierzahl fort, so entsteht die Zehn,die Urmutter aller Dinge«, sagtePythagoras und glaubte, damit ge-

funden zu haben, wonach Einstein vergeblich suchte undHeerscharen von Naturwissenschaftlern heute immer nochforschen: eine Weltformel. Sie scheint schon längst errech-net zu sein: Es ist die ZEHN.

Die Lehrbeauftragte für Kunst und Kunstdidaktik i. R. recherchiert aktuellüber Leonardo da Vinci für ein Manuskript, das Dokumentation und Fiktion

verbindet. [email protected]

»Schreite von derEinheit bis zur Vierzahl

fort, so entsteht dieZehn, die Urmutter

aller Dinge.«

Im Tetraktys ist die Eins der Ursprung alles Seienden; die Zwei bildet die Polarität; die Drei wirdvollkommen durch ihre Symmetrie; die Vier ist nicht nur wegen der vier Elemente bedeutsam, durchsie geht die Rechnung auf: 1+2+3+4 = 10: | i l l u s t r at i o n : a l e x a n d e r b e s i s w e s t n i k h

Die zu Grunde liegende Zahlensym-bolik, die den Anspruch an dieZehn als vollkommene Zahl illus-triert, ist folgende:> Im Tetraktys ist die Eins der Ur-sprung alles Seienden, ein Syn-onym für Gott, der nicht nur dieHarmonie, sondern auch das Cha-os in sich trägt.> Die Zwei spaltet sich ab vom Ei-nen, schreitet voran, bedeutet alsoEntwicklung, Fortpflanzung, aberauch Polarität; die Zwei ermöglichtdas Teilen, das Vielfalt ergibt unddamit den Wechsel.> Die besondere Vollkommenheitder Drei beruht in ihrer Symmetrieund in ihrer Fähigkeit zur Synthe-se, die sie aus ihrem Anfang, Mitteund Ende gewinnt. Nicht von un-gefähr stellen sich Christen dieKomplexität Gottes als Dreifaltig-keit vor. Sicher folgt die Dominanzder Dreiheit in unserem Bewusst-sein auch unseren Erfahrungen, wieGeburt, Leben und Tod, wie Him-mel, Erde und Wasser wie Vergan-genheit, Gegenwart und Zukunft.

Page 18: ZEHNARIO

Der Groschen:Ein kleiner Zehner

ganz groß

Ob nun »auf Heller und Pfennig«

abgerechnet wird, etwas »keine müde Mark«

wert ist oder bei jemandem »der Groschenfällt« – Geldmünzen und ihr Wert sind in vieler

Hinsicht sprichwörtlich geworden. Doch nur

eine einzige Münzgröße hat es geschafft, dauerhaft und über

die Zeiten hinweg ein eigenes Wort zu erhalten: Der Groschen.

von andrea ho f fmann

Über 100 Jahre langnannte man das Zehn-

Pfennigstück Groschen. Auchwenn er im Ursprung wenig mit der

Zehn zu tun hatte, so ist der Groschenheute doch als Begriffsrelikt zu einer kultur-

stolzen Feier des Dezimal-Währungssystems ge-worden: ein alltäglicher Zehnermit eigenemNamen.

In verschiedenen Wertigkeiten, die je nach Land, Re-gion, Währung und Prägewert zwischen 12 bis 18 Pfennig

auf einen Groschen gaben, war er bis zur Einführung derReichswährung von Mark und Pfennig 1871 fester Be-

standteil des deutschsprachigen Münzwesens. Der»Dickpfennig« grossus denarius hatte sich nach

1250 im Zuge sich verändernder Geldströmeund gewandelten Geschäftsverhaltens im

Handel (nach französischemVorbild des gros-sus turonus, des dicken Denar von Tours)ausgeprägt und verbreitet. EineAbweichungnach untenmachteNiedersachsen, wo es ab1503 einen Mariengroschen gab, der nuracht Pfennige galt. Preußen prägte ab 1821den Silbergroschen, der 1/20 Taler bezie-hungsweise 12 Pfennige wert war. Dempreußischen Vorbild folgten auch anderedeutsche Länder, so dass im 19. Jahrhun-dert der Groschen eine 12-Pfennig-Münzemeinte. Sie war die erste der gebräuch-lichen Münze mit eigentlichem Kaufwert.Mit einem Groschen in der Tasche konnteman in den Laden gehen, von Pfennigen, derältesten und in die Zeit Karls des Großen zu-rückgehendenMünze, musste manmehrere mitsich führen. Auch in Skandinavien, Polen undRussland wurden Groschenmünzen ausgegeben. InÖsterreichwar derGroschen bis zur Einführung des Eu-ro 2001 die kleinste Münzeinheit, entsprechend dem deut-schen Pfennig, und galt 1/100 Schilling.Doch auch nach seiner Abschaffung mit demMünzgesetz von

1873, als Pfennig undReichsmark (Goldmark) dieWährungdes neuen Deutschen Reichs waren, blieb die Bezeich-

nung Groschen erhalten. Durch die Dezimalisierungdes deutschen Geldwesens fiel die Bezeichnung

»Groschen« auf das Zehn-Pfennig-Stück.»Für zehn Pfennig Brause« betitelte

Dieter E. Zimmer seine Erinne-rungen: Das »Zehnerle«,

wie die zehn >

Zehnar1o Kulturgeschichte18

GG RR OO SS C H E N

11 01199 97

Page 19: ZEHNARIO

www.wortwerk-art.de Andrea Hoffmann verdient ihre Groschen als Historikerin und Kulturwissenschaftlerin in ihrem

Kreativ-Büro wort*werk im Amtshof Eicklingen. Historie oder Alltags-geschichte, große und kleine Themen geraten hier ins richtige Wort und an

den richtigen (Publikations-)Platz. Als Initiatorin des Celler Stammtisches fürSelbständige und Freiberuflerinnen »Rock und Rubel« netzwerkt sie auch gerne

jenseits von Heller und Pfennig. [email protected]

»Das »Zehnerle« war die erste Münze, die etwas galt

und für die man etwas kaufen konnte. «

Pfen nig münze inSüddeutschland liebevoll-verkleinernd genannt wurde,war die erste Münze, die etwas galtund für die man etwas kaufen konnte. Be-kam man einen Groschen von Oma oder Tan-te zugesteckt, hielt man den Gegenwert von einem»Negerkuss« oder vier Eiskonfekttörtchen in der Handund, was vielleicht noch schwerer wog, die Möglichkeitzur Auswahl. Die kupfernen Geldmünzen darunter (das klei-ne Fünf-Pfennig-Stück zählte nicht wirklich) besaßen selbst

für Kinder auch gefühlt kaum einen Wert und die kleinsteMünze, der Pfennig, wurde schwerlich als reales Geld

wahrgenommen sondern fast nur als »Glücks -pfennig«. So mag es kaum wundern, dass dem Gro-

schen als dem ersten wertgeschätzten Geldstückauch ein eigener Name beibehalten blieb. Allgegenwärtig ist er, der Groschen, obwohl esihn längst nicht mehr gibt. Vom Groschenheft(als Bezeichnung für einen »Schundroman«)über den »Notgroschen« bis zum Groschen-grab (für eine Geld verschlingende, nicht loh-nende Investition) bleibt er sprachlich erhal-ten und erfährt im übertragenen Sinne wert-liche Aufblähung: Im Mai 2007 bezifferte derChef des Bundesumweltamtes, Andreas Tro-ge, gegenüber der Frankfurter Rundschau den»Umwelt-Groschen« mit einer Summe von25 Euro monatlich pro Haushalt. Spätestens

hier wird klar, dass Groschen nicht mehr fürden Gegenwert von zehn Pfennig steht und

auch nicht auf die zehn-Cent Münze übertrag-bar ist. Und Arno Schmidt, jenem Heide dichter

der besonderen Art, genügte der – fehlende – Gro-schen gleich zur orthografisch frei gestalteten Be-

schreibung einer halben Nation: »Oh diese Deutsch’n:Die Halbe Nazion iss irre, (& die andre Hälfde nich ganz bei

Groschn!): Ich mag sie nicht.« [Die Schule der Atheisten,S.195]Aus dem grossus denarius, dem mittelalterlichen Dick-pfennig, dem guten alten Groschen, ist über den Um-weg des Dezimalsystems auch nach Abschaffung allseiner Ursprungs- und Durchgangswährungenein Geldsymbol geworden, das für kleineGeldwerte jenseits des eigentlichenTausch werts der Münze steht. Ein Zehnerle kann so vielmehr sein.

Kulturgeschichte Zehnar1o19

G R O S CC HH EE NN

1 0019 9977

Page 20: ZEHNARIO

Zehnar1o Kulturgeschichte20

Die Jagd nach den zehn Geboten

JERUSALEM. Wer sich wie Indiana Jones auf die Suche nachder verschollenen Bundeslade und ihren darin enthaltenen Stein-tafeln begibt, braucht viel Phantasie und Ausdauer. Die älteste aller Reliquien, die laut der Bibel auf Anordnung von Moses alsZeichen des Paktes zwischen Gott und dem Volk Israel hergestelltworden sein und die zehn Gebote Gottesenthalten soll, gilt seit 600 vor Christusals unauffindbar.

Wie Joachim Förster von derOnline-Redaktion von»Welt der Wunder« her-

ausfand, soll sie bei einem Angriff der Babylonier auf Jerusa-lem zerstört worden sein. Historiker zweifeln zwar nicht dar-an, dass sie jemals existiert hat, doch die Suche nach ihr istbisher nicht von Erfolg gekrönt.Nicht nur namhafte Archäologen, sondern auch einigeAbenteurer und Glücksritter haben schon seit Jahrhunder-ten nach ihr geforscht und gegraben. Schließlich gilt die La-de als Wunderwaffe, die ihren Besitzer allmächtig machensoll. Legenden berichten, dass die berühmte Mauer von Jeri-cho bei der Ankunft der Israeliten allein durch die Macht derBundeslade gefallen sei. Doch egal, wo die selbst ernanntenVorgänger oder Nachfolger von Indiana Jones auch suchten,gefunden haben sie nichts.Dabei gibt es inzwischen die verschiedensten Theorien undMythen über die Lade. »Manche vermuten sie im Besitz desVatikans«, schreibt Förster. Andere wiederum suchen sie inÄthiopien. Nach dem zweiten Buch der Makkabäer soll derProphet Jeremia die Lade in einer Höhle am Berg Nebo ver-steckt haben. Diesen Ort solle kein Mensch finden, bis Gottsein Volk wieder vereinen wird. Genau dort, nämlich amBerg Nebo, wollte der Amerikaner Antonio Frederick Fut-terer 1920 die Bundeslade gefunden haben. Er behauptete,

einen Geheimgang entdeckt zu ha-ben. Am Ende des Ganges habe ereine Steintafel mit folgender In-schrift gesehen: »Hierin liegt dieGoldene Bundeslade.« Damals ei-ne sensationelle Geschichte.Schließlich schien der Traum derMenschheit – das Wort Gottes inzehn Steintafeln gemeißelt – zu ent-decken, zum Greifen nahe. Dochdie Geschichte entpuppte sich alsLuftnummer. Als Futterer gebetenwurde, die Steintafel mit der In-schrift zu zeigen, konnte er sie plötz-lich nicht mehr finden.Genau 61 Jahre später machte sichder Amerikaner Tom Crotser aufdie Suche nach den zehn Geboten.Auch er vermutete die Lade amBerg Nebo. Wie Förster berichtet,soll er in der Nacht vom 30. auf den31. Oktober 1981 einen mehrerehundert Meter langen Gang ent-deckt haben, an dessen Ende sicheine Krypta befand. In ihr lag tat-sächlich eine Kaste, auf den die Be-schreibung der viel gesuchten Ladezu passen schien. Wieder zerplatzeder uralte Menschheitstraum wieeine Seifenblase: Crotsers Team führ-te keine weiteren Untersuchungendurch, sondern begnügte sich da-mit, einige Fotos zu schießen. Einerder wenigen Menschen, die diese >

Noch immer fehlt vom Versteck der Bundeslade jede Spur.

Namhafte Wissenschaftler bleiben erfolglos.

von s imone h a serod t

»Manche vermuten die Bundeslade im Besitz des Vatikans.«

Page 21: ZEHNARIO

Kulturgeschichte Zehnar1o21

von überzeugt, dass sichdie Lade im Tempelbergbefindet. Schon die Tem-pelritter sollen, so sagenes jedenfalls die Auf-zeichnungen Albertsvon Aachen, dort

nach einem unterirdi-schen Versteck gesucht

haben. Gerüchten zufolgeseien sie sogar fündig ge-worden. 1118 sollen Tem-pler die Bundeslade ent-deckt und dem Vatikanzum Geschenk gemacht

haben. Doch der Vatikanschweigt zu diesen Theo-

rien. Was wirklich mit derBundeslade mit den zehnGeboten geschehen ist, undwo sie versteckt sein könn-te, wird wohl ein Rätselder Menschheit bleiben.Von deren Lösung träumtbis heute nicht nur Indi-ana Jones.

Die Autorin ist freie Jour -nalistin und beschäftigt sichin ihrer Freizeit gern mithistorischen Themen.Simone Haserodt hatBetriebswirtschafts lehrestudiert und arbeitetheute freiberuflichunter anderem fürdpa, die NeuePresse und dieCellescheZeitung.

[email protected]

Bilder jemals zu sehen bekamen, warder Archäologe Siegfried H. Horn.Er hielt es für ausgeschlossen, dasses sich bei der Kaste auf den Fotosum die lang gesuchte Bundesladehandele. Sie entspräche nicht derBeschreibung aus der Bibel und seimaschinell hergestellt worden, be-hauptete er. Seither hat niemandmehr am Berg Nebo nach denzehn Steintafeln gesucht.Doch an anderen Orten gehtdie Jagd nach der Bundesladebis in die heutige Zeit weiter.Die heißeste Spur auf der Su-che nach ihr führt die Wissen-schaftler und Abenteurer zumTempelberg in Jerusalem. Dortsoll der sagenumwobene König Sa-lomon die Lade unter dem Tempelder Juden vor Feinden versteckt ha-ben. Sowohl der Talmud, als auchdie syrische Baruchapokalypse be-richten von einer Verwahrung derLade im Boden um den Tempel he-rum. Diese Legenden locken natür-lich viele Forscher zum Tempelberg.Nur zu gern würden sie dort jedenStein umdrehen und jeden einzel-nen Zoll des Bodens untersuchen.Doch die religiösen Führer der Ju-den und Moslems lehnen genau dasstrikt ab. Grabungen würden dieheilige Stätte entweihen, heißt esin der Begründung für das Verbot.Laut Förster gehen Experten jedochtatsächlich davon aus, dass sich Ge-heimgänge unter dem Tempelbergbefinden, die bereits 700 Jahre vorChristi Geburt angelegt worden seinkönnten und als Versteck für Hei-ligtümer gedient haben sollen.Für diese Theorie sprechen auchdie Kreuzzugschroniken von Al-bert von Aachen aus dem Jahr1101. Auch er war damals da-

Ein peitschen-

schwingenderAbenteurer:

so dachten sich George Lucas und Steven Spielbergden Archäologen Dr. Henry Jones Jr.

»Indiana Jones« aus.In der ersten Folge

der Kultfilmreihe – Jägerdes verlorenen Schatzes

(1981) – ist Indiana Jones aufder Suche nach der Bundeslade.

i l l u s t r at i o n : p r i s k a t o s c h

Page 22: ZEHNARIO

1 > B I R G I T S T A M M _ 4 0 |

Im Urlaub mussten wir mal eineStraßenbahn nehmen, die fuhr nuralle Stunde. Ich musste vorher nochmal zum Klo. Da haben wir die Bahnverpasst und die ganze Familie mus-ste wegen mir eine Stunde warten.

Zehnar1o zeit22

2 > A N N E M A R I E M Ü L L E R _ 6 6 |

Ich bin ein pünktlicher Mensch. MeinMann aber nicht. Wenn der sagt, erkommt um 16 Uhr, ist er garantierterst um 17 Uhr da. Damit habe ichein Problem – und er auch, weil ichdann ganz schön stinkig werde.

4 > C H R I S T I A N R E Y H N _ 3 6 |

Ich handle mir deswegen regelmäßigÄrger mit meiner Frau ein. MeineFreunde kennen mich schon. Wennzu mir jemand zu spät kommt, ist daskein Thema. Wieso sollte ich mit je-mandem strenger sein, als mit mir?

3 > S O N N Y E V R E N _ 2 7 |

Ich hab’ mal einen Flug in Hong-kong verpasst, weil ich vergessen ha-be, die Uhr umzustellen. Dann binich einen Tag länger geblieben, habeendlich ausgeschlafen und dem Ho-telier gesagt, er solle mich wecken.

Zehn Minuten zu spätTrotz der Möglichkeit, dass die Passanten in

Hannovers Innenstadt zehn Minuten zu spät

zu ihrem jeweiligen Ziel kommen könnten, fragten wir:

Sind Sie schon mal zehn Minuten zu spät gekommen?

Was ist dann passiert?

umfrage : b r i t ta s chm i d t | fo tos : p r i sk a t o s ch

Page 23: ZEHNARIO

zeit Zehnar1o23

1 0 > B A R B A R A K H A T T A B _ 5 1 |

Minuten? Bei meiner Arbeit verän-dern manchmal schon Sekundenganze Forschungsergebnisse. Wennman als Biologin eine Zeitkinetikmacht, ist die Genauigkeit ganz immens wichtig.

6 > N I N A M I L O S AV L J E V I C _ 1 9 &

P A B L O M A T T H E S – 1 9 | »Ichkomme ständig 10 Minuten zu spät!«»Als wir zusammen gekommen sind,bist Du auch zu spät gekommen. Aberich bin auch zu spät gekommen! Vondaher war es dann auch ok.

5 > F O L K E R K O N R A D _ 6 9 |

Meine Frau hat mal am Duty Free imFlughafen zu lange rumgebummelt,da war der Flieger weg. Sie hat danndie ganze Nacht am Flughafen geses-sen, hat nette Engländer kennen ge-lernt und ihr Englisch aufgefrischt.

8 > P E T R A J A H N K E _ 3 9 |

Mir ist noch nichts passiert, aber mei-ne Eltern können Storys erzählen: Siewollten meinen Bruder auf Borkumabholen. Sie sind schon zu spät los-gefahren und verpassen dann nochdie Abfahrt – und landen in Holland.

7 > O L G A T O N K H A _ 3 5 |

Ich rufe die Sekretärin an und bittesie, Bescheid zu sagen, dass ich imStau stehe. Sonst komme ich nurbeim Zahnarzt zu spät – das macheich aber extra, da wartet man sowie-so eine Stunde.

9 > M I C H A E L B A C I O I _ 1 7 |

Als wir mit der Klasse mal ins Theater gingen, bin ich nicht mehrrein gekommen. Dann musste ichwieder nach Hause fahren. Hinter-her gab es auch noch ein bisschenÄrger.

Page 24: ZEHNARIO

Zehnar1o zeit24

Page 25: ZEHNARIO

zeit Zehnar1o25

»Zeit ist wie ein Gummiball«Zehn Fragen an eine Zehnjährige.Über Schneewittchen, über Erinnerung und

über die Zeit: Laura Thöling überrascht

mit konkreten Vorstellungen.

Was war das Beste an Deinem letzten Geburtstag –außer, dass du 10 Jahre alt wurdest?Eigentlich war der eher normal. – Nein, meine Freun-din aus meiner neuen Klasse war das erste mal da!Außerdem habe ich ein ganz schönes Jackett gekriegt.Und Bücher. Und von meiner Mutter einen Einkaufs-tag in Hannover. Das war schön.

Was ist deiner Meinung nach gerade das Spannendste, was ihr in der Schule macht?Wir hatten Projektwoche zum Thema Europa und haben eine CD und eine Schülerzeitung gemacht. Ichhatte das Thema Spanien. Außerdem bin ich in derTheater-AG. Wir hatten gerade Aufführung von: Wie werden wir Schneewittchen wieder los? Ich hatte dieHauptrolle. Den Text habe ich gar nicht auswendiggelernt, ich konnte den einfach.

Hast Du Vorbilder?Ja. Eine Sängerin. Pink. Die singt so ehrliche Lieder.Zum Beispiel, … ich weiß nicht, wie das heißt… DearMister President… Sie macht einfach so tolle Musik.Und eine Schauspielerin, die heißt…, die hatSchneewittchen gespielt. Cosma Shiva Hagen.

Jemand schenkt dir ein 10-bändiges Lexikon – welche Wörter würdest Du als erstes nachschlagen?Als erstes »Star«, über Sänger und so. Danach etwas zu Geschichte, wann war welcher Bürgerkrieg.Dann »Wissenschaft«, »Landwirtschaft«. Und »Rit-ter« und natürlich »Mittelalter«.

Wie stellst du dir vor, war es vor zehn Jahren?Das kann ich schwer sagen. Mama hat Bilder gemaltvor meiner Geburt. Es war doof. Mama hatte keinen,

mit dem sie mal eine Auszeit nehmen konnte. All -gemein war es eben anders. Es gab auf der Welt viel-leicht zehn Millionen Häuser weniger als jetzt. Undes gab mehr Kriege.

Wie weit zurück kannst du dich erinnern?Meine erste Erinnerung – da war ich drei oder vierJahre alt, da habe ich mich das erste Mal von Spaghetti übergeben.

Was würdest du gerne in zehn Jahren machen?Ich möchte studieren. Theater, Schauspiel.

Wie stellt du dir die Welt in zehn Jahren vor?Viele Auto-Modelle von heute werden günstiger sein,weil sie dann schon alt sind. Dann könnten wir unsdie auch leisten. Es wird die Playstation sieben gebenund in jedem Auto eingebauten MP3-Player. Es wirdviel, viel, viel mehr Leute geben, mehr Häuser, alleswird voll bebaut sein, Bäume werden abgesägt sein,Felder wird es kaum noch geben. Wir werden unskaum noch selbst ernähren können, weil wir alles zu-gebaut haben werden.

In welcher Zeit würdest du am liebsten leben?2080. Da gibt es mehr neumodische Sachen. Michwürde interessieren, was es da so gibt, fliegende Autosoder so etwas.

Was bedeutet für dich Zeit?Viel Lebensraum. Und etwas, das sich bewegt, wassich dehnt, wie ein Gummiball, der erst ganz klein istund dann immer größer wird.

i n te rv i ew, fo to : p r i sk a t o s ch

Page 26: ZEHNARIO

Zehnar1o unterwegs26

> Längs des zehnten LängengradsIch mag keine Rückblicke.

Schon gar nicht, wenn ich

sie über mich selbst schreiben

soll. Aber zehn Jahreals Selbständige sind einfach

nicht zu über sehen. Meist

bewege ich mich zwischen

Hamburg und Hildesheim,

immer östlich und westlich

des zehnten Längen -grads. Dass Hamburg

gerade auf diesem Meridian

liegt, ist natürlich Zufall –

wurde doch 1884 einfach

Greenwich als Null-Meridi-

an festgelegt. Kein Zufall ist

jedoch die Auswahl der

zehn Aussagen – in

irgendeiner Form beeinflus-

sten sie meine Arbeit. Diese

funktioniert bestimmt auf

jedem Längengrad, doch

vielleicht am besten auf

dem zehnten.

von p r i sk a t o s ch

Hannover

Sehnde-Höver

hannover 9 °44 ' 25» | p r ä z i se

»Ich brauche genaue Maße, ich bin Ingenieur« sagte Harald

Lohrenscheit, bei der expo 2000 Hannover GmbH kennen

und über verschiedene Projekte schätzen gelernt. Seine

Moti vation zur genauen Anwendung komplexer Corporate-

Design-Konzepte inspiriert zu ungewöhnlichen Lösungen.

hannover 9 °44 ' 25» | geschubst

»Schreib doch einfach ’ne Rechnung«, sagte die Chef -

redakteurin des Schädelspalters (Hannovers Stadtmagazin)

vor zehn Jahren zu mir. Das war der Startschuss für das ei-

genverantwortliche Arbeiten … Freiheit, mit allen Vor- und

Nachteilen – inzwischen schon lange aus Überzeugung.

hamburg 10 ° 0 0 ' 0 0 » | un l e sbar

»Gute Typografie ist unabhängig von der Schrift und der

Sprache«, sagte die Senior-Designerin von Mario Garcia

Media Hamburg, als ich beim Layouten einer ungarischen

Zeitschrift mitarbeiten sollte. Dennoch fühlte ich mich

beim Seiten-Setzen wie ein Blinder beim Malen.

hannover 9 ° 47 ' 2 6 » | a u sgelö st

»Da müssen Sie noch etwas abwedeln«, sagte der Foto-

grafie-Dozent zu einem Bild meiner Serie über Hannovers

Wasserstraßen. Ich entschied mich: Ab da entwickelte ich

lieber zeitraubenden Ehrgeiz für die Aufnahmequalität –

und eine latente Leidenschaft für das Netz der Gewässer.

hannover 9 °44 ' 25» | a l l e s i n 3 - d

»Können Sie mit Grafikprogrammen auf dem Mac umge-

hen?« so lapidar die Frage eines Mitglieds der Geschäftslei-

tung von M.E.P. GmbH Stuttgart. Fortan produzierten Mac

und ich eine Flut von Designelementen für den Themenpark

der expo 2000. Beschriftungen, Leitsysteme, Infografiken…

Seelze-Lohnde

Laatzen

hannover 9 °44 ' 25» | b ege i s te rnd

»Du, Priska, ich hab da ein neues Projekt…«, sagte Britta

Schmidt, connexconsult, häufig in den vergangenen Jahren

unseres beruflichen Austausches. Und es war tatsächlich im-

mer etwas Neues: Veranstaltungen, Präsentationen, Kon-

zept-Ansätze, Projektentwürfe, schnelle Visualisierungen…

Page 27: ZEHNARIO

unterwegs Zehnar1o27

10 ° O

Celle

Nienhagen

Burgdorf

Lehrte

Hildesheim

Braunschweig

Sehnde-Höver

burgdor f 10 ° 0 0 ' 3 3 » | k a f f e ege t ränk t

»Diese Kneipe müsste eigentlich mit ins Impressum«,

sagte der Journalist Sievert Herms, hmsmedien. Sie ist der

Ort unserer vielen inspirierenden Treffen: Redaktions -

sitzung , Projektplanung, Informationsaustausch, Konzept-

Besprechung oder …

h i l d e she im 9 ° 5 7 ' 1 0 » | w i d er s penst i g

»Das erste Ziel ist die Innovation«, meinte ein Professor der

Fachhochschule Hildesheim, Hochschule für angewandte

Wissenschaft und Kunst. Capito-vation? Für mich war und

ist das vorrangige Ziel aber das Verstehen: damit eine In-

formation überhaupt bei der Zielgruppe ankommt.

cell e 10 ° 0 4 ' 5 7 » | a u f ges pürt

»Es werden immer häufiger Täter nur mit Indizien überführt«,

sagte ein Kriminaltechniker der PI Celle. Verurteilt ohne

Zeugen und ohne Geständnis? Da muss man sich der Aussa-

gekraft der Spuren sehr sicher sein. Ein spannendes Gebiet.

Ab da ein Themenbereich meiner journalistischen Arbeit.

hannover 9 °44 ' 25» | p r ä z i se

»Ich brauche genaue Maße, ich bin Ingenieur« sagte Harald

Lohrenscheit, bei der expo 2000 Hannover GmbH kennen

und über verschiedene Projekte schätzen gelernt. Seine

Moti vation zur genauen Anwendung komplexer Corporate-

Design-Konzepte inspiriert zu ungewöhnlichen Lösungen.

l ehrte 9 ° 58 ' 4 6» | v i e l se i t i g

»Frau Tosch, Sie haben da doch bestimmt eine Idee«, fing

Peter Schubach häufig seine Telefonate an. Die Arbeit für

seinen Handel ging weit über das übliche Maß der Firmen-

Kommunikation hinaus . Immer offen für alles – und immer

humorvoll. Was vorstellbar ist, lässt sich auch umsetzen.

Page 28: ZEHNARIO

Zehnar1o stationen28

Auf und zuZehn Ansichten in deutsche Kleingärten. Hier am

Lindener Berg in Hannover. Der Fotograf Lucas Kreuzer führt

in eine eigene Lebenswelt, obwohl er immer

an der Pfortestehenbleibt, und

gibt Ein- und Ausblicke.

Anfang Grenze

Page 29: ZEHNARIO

stationen Zehnar1o29

FerneHalt

Page 30: ZEHNARIO

Zehnar1o stationen30

ÖffnungZuflucht

Page 31: ZEHNARIO

stationen Zehnar1o31

Rahmen Weg

Page 32: ZEHNARIO

Zehnar1o stationen32

Einsam Mittendrin

Page 33: ZEHNARIO

stationen Zehnar1o33

Innen Außen

Page 34: ZEHNARIO

Zehnar1o stationen34

VersteckFreiheit

Page 35: ZEHNARIO

stationen Zehnar1o35

RückzugStärkung

Page 36: ZEHNARIO

Zehnar1o stationen36

HierJetzt

Page 37: ZEHNARIO

stationen Zehnar1o37

www.lucaskreuzer.de.Lucas Kreuzer hat währenddes Studiums der Foto -grafie bei Heinrich Riebe-sehl den Blick für außer -gewöhnliche Motive in denalltäglichen Umfeldern geschult. Er lässt in seinenFotografien Ideen sichtbarwerden, die sich aus der (vorgefundenen)Zusammen stellung oderBeleuchtung der Dinge ergeben. Nicht arrangiert,sondern gefunden sind dieMotive, die Objekte alsKomposition erscheinenlassen – und somit über ihre eigentliche Erschei-nungsform [email protected]

ÖffnungHerein

Page 38: ZEHNARIO

Zehnar1o wirtschaft38

Handwerks ZukunftJeder zehnte Arbeitsplatz im Handwerk

ist eine Lehrstelle. Das duale Ausbildungs -system ist aus Tradition gut. Und doch

muss es sich zwischen PISA-Schelte und Studium

neu orientieren.

»Ohne Handwerk gehtes nicht« – Realitätoder Werbeslogan?

Immerhin hat sich dieser Spruchzum geflügelten Wort gemausert.Und über das, was dran ist, kannohnehin erst urteilen, wer Faktenzur Bewertung heran gezogen hat.Zum Beispiel die Ausbildungsleis-tung: Jeder zehnte Arbeitsplatz imHandwerk ist eine Lehrstelle. Mitdieser Ausbildungsquote steht derWirtschaftsbereich Handwerk ganzvorn in der Statistik. Industrie,Handel, freie Berufe, Touristik – siealle können mit ihren Ausbil-dungszahlen dem Handwerk nichtdas Wasser reichen. Noch mehr be-deutet die hohe Ausbildungsquotefür den Nachwuchs. Denn seine Qualifizierung ist es, die– Stichwort »PISA« – zu den gro-ßen politischen Herausforderungenzählt. Die internationalen Analy-sen von OECD oder Weltbank ge-ben regelmäßig der Bundesrepublikschlechte Zensuren, weil die akade-mische Bildung in Deutschlandinternationalen Vergleichen nichtStand halte. Wie so oft, hinkt auchdieser Vergleich. Bildung, auch dieberufliche, wird in den meisten In-dustriestaaten in Schulen undHochschulen theoretisch gelehrt,

praktisch unterfüttert allenfalls mitPraktika. Die meisten Länder ken-nen eine Berufsausbildung wie dasdeutsche duale System nicht. (Be-rufs-)Schule und betriebliche Aus-bildung eng miteinander verzahnt,das Weiterlernen nebenher zumnormalen Berufsalltag, Qualifizie-rungen zum Techniker oder Meisterin Abendkursen: So sieht bei unsein beruflicher Werdegang aus, derwegen seiner hohen Praxiserfah-rung die Qualität eines Hochschul-diploms im Ausland locker erreicht. Nicht von ungefähr haben Hand-werker aus Deutschland oder Öster-reich, wo ebenfalls dual ausgebildetwird, keine Probleme, ihre Berufs-abschlüsse international anerkanntzu erhalten. Und nicht von unge-fähr sind in den meisten Bundes-ländern an allen Universitäten undFachhochschulen Meister uneinge-schränkt zum Studium zugelassen.Die duale berufliche Bildung istendlich weitgehend der schulischengleichgestellt.Die wirtschaftliche Talfahrt der ver-gangenen Jahre hat, verbunden mitdem demografischen »Schülerberg«,die Lage auf dem Ausbildungsmarktnicht vereinfacht. Viele Betriebemussten sich im Konjunkturab-schwung verkleinern oder ganz >

von s i ever t h erms

d i e 10 bel i e b te s ten

ausb i l dungsberu fe

… für Mädchen:

1. Bürokauffrau

2. Arzthelferin

3. Kauffrau im Einzelhandel

4. Zahnmedizinische

Fach angestellte

5. Friseurin

6. Industriekauffrau

7. Fachverkäuferin im

Nahrungsmittelhandwerk

8. Kauffrau für Büro-

kommunikation

9. Hotelfachfrau

10. Bankkauffrau

… für Jungs:

1. Kfz-Mechatroniker

2. Industriemechaniker

3. Kaufmann im Einzel-

handel

4. Koch

5. Anlagenmechaniker

Sanitär-Heizung-Klima

6. Elektroniker Energie- und

Gebäudetechnik

7. Tischler

8. Maler und Lackierer

9. Kaufmann im Groß- und

Außenhandel

10.Metallbauer

(Quelle:

www.jumpforward.de, »die

aktuelle Ausbildungsbörse»)

»Die meisten Länder kennen eine

Berufs ausbildung wie das deutsche

duale System nicht.«

Page 39: ZEHNARIO

wirtschaft Zehnar1o39

aufgeben. Ihr Verschwinden vom Markt trug nicht nur zu immer neuenArbeitslosenrekordzahlen bei, es bedeutete auch einen signifikantenRückgang an Lehrstellen und eine steigende Zahl von jungen Men-schen, deren Schulzeit nicht in eine duale Berufsausbildung münde-te. Sie hingen plötzlich beruflich regelrecht in der Luft. Die »Eh-renrunden», die sie als Schüler noch mit Ach und Krach vermei-den konnten, mussten sie jetzt in Überbrückungsmaßnahmen anihre Schulzeit dranhängen.Die Schuldigen an der Situation waren schnell benannt. Die»Wirtschaft« lasse die Jugendlichen im Stich. Zur Abhil-fe gab es je nach politischem Lager differierende Vor-schläge. Die Forderung etwa nach schulischer Ausbil-dung, die auch konservative Politiker stellten, oderder Ruf nach der Ausbildungsabgabe, die das poli-tisch eher linke Lager den nicht ausbildendenBetrieben zur Strafe abknöpfen wollte und dieden ausbildenden Firmen als Unterstützungvon zusätzlichen Ausbildungsanstrengun-gen zugeschustert werden sollte.Beide Forderungen gehen an der Rea-lität vorbei. Denn weder kann derHandwerkernachwuchs umfassendin der Schule ausgebildet wer-den, noch würden Unterneh-men mehr Azubis aufneh-men, um der Abgabe zuentgehen. Denn Ausbil-dung kostet eine Men-ge Geld. Die Abgabewäre, davon gehen die kritischen Beob-achter der Berliner politischen Bühne aus, biszur Inkraftsetzung von den Lobbyisten so weitgedrückt worden, dass viele Firmen sich mit derAbgabe günstiger gestanden hätten. Vom Freikauf des schlechten Gewissens ganz zuschweigen. Die gleichen Abläufe erleben wir ja schon seit Jahren bei der Beschäftigung vonBehinderten. Einstellen ist teurer als Abgabe zahlen...Die rein schulische Ausbildung würde nicht nur die Statistik verfälschen, wie bisher schon die OECD-und Arbeitsmarktberichte ausweisen. Zusätzlich täte man vielen jungen Menschen keinen Gefallen, se-hen sie doch das Ende der Schulzeit als Schlussstrich unter das Thema Büffeln. Für sie besitzt eine prakti-sche betriebliche Ausbildung den weitaus größeren Charme. Denn damit wähnen sie (zumindest fürs Erste)die Schulzeit passee, sieht man von dem einen Tag Berufsschule einmal ab. Und zweitens geht’s endlich ansGeld verdienen.Die Wirtschaft sieht – inzwischen – die Ausbildung im Betrieb ebenfalls als Vorteil. In Zeiten genügendenNachwuchses konnte man die fürs eigene Unternehmen benötigten Mitarbeiter locker woanders abwerben. Inzwischen sind die Anforderungen an die Mitarbeiter in vielen Branchen so hoch, dass geeignete Fachkräfte nur noch schwer am freien Markt zu finden sind. Da kostet schon die Einwerbung (mit Stellenanzeigen, >

Kfz-Mechatroniker gehören zu den zehn beliebstesten Ausbildungsberufen

Page 40: ZEHNARIO

Zehnar1o wirtschaft40

Assessment-Centern und Bewer-bungsgesprächen) teures Geld. Teu-er ist auch die Einarbeitung in dieeigenen Betriebsabläufe, und wenndas neue Arbeitsverhältnis in derProbezeit platzt – gute Fachkräftesind für Abwerbung ja nie tabu –,geht der ganze Spaß von vorne los;mit allen Kosten.Wer hingegen selbst ausbildet, bin-det die Azubis von Anfang an denBetrieb. Die soziale Verflechtungmit Kollegialität, Freundschaften,der ersten Wohnung in der Nähedes Arbeitsplatzes usw. erhöht dieBindung an das Unternehmen, dieAussicht auf Übernahme nach Ab-schluss der Lehre bewirkt ein Übri-ges. Und die Kosten der Ausbildungamortisieren sich in absehbarer Zeitnach Übernahme in ein reguläresArbeitsverhältnis; allein schon,weil eine Einarbeitung in die Ge-pflogenheiten des Unternehmensnicht nötig ist.

So sehr sich das Handwerk mit sei-ner zehnprozentigen Ausbildungs-quote in Schale werfen kann, alleindie statistische Po-leposition und derTitel als »Ausbil-der der Nation«wären mit dem Er-halt des StatusQuo (zu) teuer er-kauft. Das Hand-werk selbst mussgroße Anstrengun-gen unternehmen, seine Vielfalt vonBerufen und Branchen zu erhalten. Deren Zukunft hängt nicht alleinvon der Bereitschaft der jungenMenschen ab, sich in Handwerks-berufen ausbilden zu lassen. Warenvor zwei Generationen in den TopTen der beliebtesten Ausbildungs-berufe abgesehen vom Industrie-kaufmann und der Arzthelferin na-hezu ausschließlich Handwerks -berufe zu finden, haben kaufmänni-

sche Berufe inzwischen deutlich auf -geholt. Nicht nur das: Neuere Um-fragen der Handwerksverbände zeig-

ten, dass Schülermaximal zehnHand werksberufebenennen kön-nen und Jugend -liche ein sehr dif-fuses Bild vomHandwerk haben.Berufe wie Hör -ge räte akustiker,

Orthopädiemechaniker oder Schil-der- und Lichtreklameherstellersind offenbar als Handwerks- undAusbildungsberufe vollkommenunbekannt, und selbst frühere»Klassiker« wie Maurer, Karosserie-bauer oder Dachdecker sind unterden am meisten genannten Berufs-wünschen nicht mehr vorhanden(siehe S. 38: »Die zehn beliebtestenAusbildungsberufe für Jungs und fürMädchen«). >

»Neuere Umfragenzeigten, dass Schülermaximal zehn Handwerksberufe benennen können.«

Page 41: ZEHNARIO

wirtschaft Zehnar1o41

Ein zunehmendes Problem erwächstdem Handwerk, immerhin der bun -desweit zweitgrößte Wirtschaftsbe-reich, aus der von Rot-Grün 2004für die Mehrzahl der Berufe durch-gesetzten Abschaffung des »Meister -zwangs«. In diesen jetzt so genannten»zulassungsfreien« Berufen steigt dieZahl der Firmen rapide, die von In-habern ohne handwerkliche Vor-kenntnisse, geschweige denn Aus-bildungserfahrung geführt werden. Solange der Meisterbrief Vorausset-zung für die Leitung eines Hand-werksunternehmens war, wurde mitdem Begriff »Handwerk« nicht nureine gewisse Vorstellung von Qua-lität verbunden. Jeder Meisterkonnte (und kann weiterhin) aus-bilden, weil die AusbildereignungBestandteil der Meisterprüfung ist.Im Umkehrschluss steht nun zu be-fürchten: Kein Meister, kein Aus-bilder. Dies fortgedacht, lässt dieSchlussfolgerung zu, dass die über

Jahrzehnte eingeschliffene dualeAusbildung mit den Lernorten Be-trieb und Schule, in denen derLehrling sowohl die Berufspraxis er-lebt und erlernt als auch das theo-retische Rüstzeug erfährt, in weni-gen Jahren passee sei.Noch wehrt sich das Handwerk mitVehemenz gegen diese Entwick-lung, noch stehen ihm im politi-schen Umfeld Fürsprecher zur Seite.Der niedersächsische Kultusminis-ter Bernd Busemann (CDU) haterst jüngst »für die Landesregie-rung« das Versprechen abgegeben,an der dualen Ausbildung nicht zurütteln. Ein Versprechen auf Zeit:Die nächsten Landtagswahlen indesstehen schon Anfang 2008 an.Bleibt die Hoffnung, dass das dualeBildungssystem sozusagen von au-ßen gestützt wird. Im Ausland fin-det es zunehmend bei Wirtschafts-vertretern und Pädagogen Lob undAnerkennung, und Hochschulen in

Deutschland locken Studenten inihre neuen Bachelor-Studiengänge,indem sie die duale Verzahlung mitstarken berufspraktischen Elemen-ten anbieten, die weit über die laxePraxis bisheriger Betriebspraktikahinaus gehen. Das Handwerk könn-te dies unterstützen, indem es diesedualen Studiengänge zumindest inwichtigen Teilen für die Meister-prüfung anerkennt.In einem ersten Pilotprojekt fürBauingenieur-Studenten war das inBuxtehude schon erfolgreich. DerOrt dieses Projekts mag als gutesOhmen gelten: Dass hier der pfiffi-ge Igel dem Hasen den Schneid ab-kaufte und ihm fröhlich entgegenrief: »Ick bün all dor!«, ist ja längstLegende.

www.hmsmedien.de. Der Wirtschaftsjournalistmit Themenschwerpunkt Handwerk

betreibt in Sende (Region Hannover) das freieJournalisten- und Redaktionsbüro hmsmedien.

[email protected]

Bürokauffrauen gehören zu den zehn

beliebstesten Ausbildungsberufen

i l lu s t rat i on : p r i sk a t o s ch

Page 42: ZEHNARIO

Zehnar1o wirtschaft42

Zehn Jahre = fünf GenerationenDer IT-Bereich hat sich seit seinem Bestehen dramatisch

entwickelt. Kaum etwas ist so veraltet wie die Software

vom letzten Jahr oder der Arbeitsspeicher des Vorgängers. Bis

heute verdoppeln sich etwa alle zwei Jahre die Leistung und

Taktfrequenz der Rechner. Ansonsten waren die letzten10 Jahre vergleichsweise langweilig.

Wie schnell hat sich dochin den vergangenen Jahr-zehnten der Computer

verändert. Von der intelligentenSchreibmaschine mit Spielefaktorhin zum Allroundwerkzeug für Gra-fiker, Entwickler, Ingenieure, Redak-teure, Handwerker, ... kurz jederMann und Frau. Doch was hat sich inden letzten Jahren wirklich getan, bisauf die Tatsache dass »dank« Com-puter immer mehr bisher auf ver-schiedene Berufsgruppen verteilteAufgaben nun oftmals aus einerHand kommen? Natürlich gab es in den letzten Jah-ren immer schnellere und immer leistungsfähigere Rechner. Taktfre-quenzen und Speichergrößen steigenan und verdoppeln sich gewöhnlichim 2-Jahres-Takt, wobei der Preis fürdas Equipment in der Regel bei dop-pelter Leistung stabil bleibt. Schnel-ler arbeiten oder gar Freiräume durchdie bessere Rechnerleistung warenjedoch noch nie das Ergebnis dieseranscheinend endlosen Rüstungsspi-rale im Wettlauf um Kunden undKaufargumente.Betrachtet man die Lebensdauervon Sockeln, Speicher Standards,Bussystemen so hat sich die Ent-

wicklung im Hardware-Wechsel so-gar beschleunigt. Die MultimediaBranche ist dabei gar nicht erfreutüber die abgekoppelte Entwicklungder PC Branche. Beispielsweise dau-erte es bei der CD 18 Jahre bis diePreise für einen Brenner unterhalbvon 200 Euro rutschten, so dass die-se zum Massenprodukt wurden. Beider DVD ist dieser Zeitraum auf sie-ben Jahre gesunken. So versuchtheute die Musik und Film industriedurch Schaffung gesetzlicher Rah-menbedingungen, ähnlich wie esbeim Automobilbau schon langePraxis ist, Umsätze anzukurbeln undflügellahmen Technologien zu Hö-henflügen zu verhelfen. Es ist zu er-warten, dass bei dem DVD Nachfol-geformat, egal ob es Blue-Ray oderHD-DVD sein wird, sich der Zei-traum vom alten (DVD) zum neuenFormat weiter verkürzen wird, undentsprechend die Kassen der Hard-und Software-Anbieter füllen wird.Doch hat sich wirklich etwas in denletzten Jahren grundlegend geän-dert? Etwa seit dem Jahre 2000 hatsich der Wettlauf zwischen Hard-ware und Software stabilisiert. Vor-her gab es neue Betriebssysteme dieauf alter Hardware nur langsam >

von u l r i ch s chm i t z

»Bei dem DVD-Nachfolgeformat – egal

ob es Blue-Ray oderHD-DVD sein wird –wird sich der Zeitraumvom alten zum neuen

Format weiter verkürzen«

1987 > Der Amiga 2000 wurde bei Commodore Deutschlandentwickelt.

Page 43: ZEHNARIO

liefen oder sprunghafte Entwicklung in der Hard-ware wie beispielsweise die Ablösung von ISAdurch PCI oder der USB Bus. Seitdem hat sich wenig getan. Ein PC aus dem Jahr2000 läuft auch 2007 noch gut unter Windows XP.Nicht einmal der Speicherhunger von Windows istangestiegen. Auch Windows selber hat sich nurevolutionär weiter entwickelt. Windows XP magsehr bunt und poppig daher kommen. Im Kern ist esaber ein Windows 2000 mit besserer DirectXUnterstützung. Und beim Nachfolgesystem Vistalassen sich die Vorteile für den Anwender an denFingern einer Hand abzählen – mit etwas gutemWillen.Zwar gibt es seit einigen Jahren 64 Bit Prozessorendie auf der IA32 Architektur aufbauen, und auchein Windows 64 Bit. Doch für die meisten Benut-zer ist es nicht interessant. Es gibt keine Anwen-dungen dafür und selbst mit 64 Bit Anwendungenwird der PC nicht viel schneller. Lediglich mehrSpeicher kann er adressieren. Doch bis die 4 GB,welche die Grenze für 32 Bit Prozessoren darzustel-len auch bezahlbar sind dürften noch ein paar Jah-re vergehen.

D I E L E T Z T E N Z E H N J A H R E W A R E N V E R -

G L E I C H S W E I S E L A N G W E I L I G , sowohl in derSoftware- als auch in der Hardware Entwicklung.Auch ist ein PC immer länger in Betrieb. Von 2000bis 2005 stieg die mittlere Lebensdauer eines PCvon 35 auf 42 Monate. Es gibt sogar gute Gründein manchen Belangen nicht aufzurüsten. Alte DVD

und CD ROM Laufwerke kommen mit neuerenKopierschutzmechanismen besser zurecht als neue.Die neue Windows Version wird noch sicherer wer-den – für die Anbieter von Software. Anwendersi-cherheit steht hinter kommerziellen Interessen wieLizenzsicherheit zurück, und so wundert es nicht,dass viele Betriebe Windows XP nach wie vor demneueren Vista vorziehen.Wofür braucht man heute einen neuen PC, wennnicht der alte gerade kaputt gegangen ist? Natürlichgibt es immer rechenintensive Anwendungen, dieeinen neuen PC notwendig machen. Spiele werdenauf Jahre hinaus noch mehr Leistung fressen undauch Videoschnitt profitiert davon. Doch das, wasdie meisten ihrem PC abverlangen ist nach wie vorSchreiben, Drucken und Surfen. Das geht sogar miteinem Pentium 1 unter Windows 2000 einwand-frei.Die Computerspieleindustrie als ehemaliger Motordes PC-Verkaufs hat sich zunehmend auf preiswer-te Spielekonsolen mit höherem Spaßfaktor kon-zentriert. Der PC ist nicht mehr die Spielemaschi-ne Nr. 1, und dafür gibt es auch ganz pragmatischeGründe. Der alte PC am Arbeitsplatz birgt nicht dieGefahr, vom minderjährigen Nachwuchs zu etwasanderem als zur Schularbeit missbraucht zu werden.Gespielt wird mit der Spielekonsole, und das lässtsich auch viel leichter kontrollieren selbst vontechnisch unversierten Elternpaaren.Trends ändern sich, und mit neuen Trends kommenneue Märkte. Nichts besteht ewig, und das ist auchgut so. Szenarien sind dynamisch, auch wenn inmanchem Akt die Zeit stillzustehen scheint. DieNatur liebt Veränderung, und so ist es sicher, dassdie nächsten zehn Jahre auch unweigerlich die be-sten zehn Jahre voller Veränderungen werden, unddas nicht nur im IT-Bereich.

www.it-text.de. Ulrich Schmitz ist Softwareentwickler und freier IT-Fachjournalist. Er betreut Verlage und Agenturen im

Raum Hannover, Hamburg und München und ist Chefredakteurder Zeitschrift IT Security und verantworlich für verschiedene

Print- und Online-Publikationen im IT-Bereich. Durch die Ausbildung zum Heilpraktiker kommen zu technik -

lastigen Themen auch andere medienrelevante Inhalte aus demWellness- und Gesundheitsbereich hinzu. Jüngstes Projekt ist der

wöchentlich erscheinende Newsletter für die Amara Heil -praktiker-Schulen. [email protected]

wirtschaft Zehnar1o43

2007 > Der iMac von Apple ar beitet mit dem Intel-Core-Prozessor »Yonah». | i l l u -s t r at i o n e n : p e t e r e n swww.peter-ens.de. Der Diplom-Designer und freie Illustratoraus Hannover ist auf der Suchenach … nun, das weiß er nochnicht. [email protected]

1997 > Der IBM Computer Deep Blue besiegte der Schach -weltmeister Garry Kasparov.

Page 44: ZEHNARIO

Zehnar1o kultur44

System oder Systematik?Kann das Dezimal system

politisch sein?

Ansätze zur ideologischen

Betrachtung unseres

Zahlensystems.

Es war 1985. Sie kamen ebenaus Moskau zurück. Jung, neu-gierig, überhaupt nicht müde,

den Kopf voll mit neuen Ideen. Jetzt sind sie Studenten in meinemMontessori-Kurs. Schon eine Stundehören sie mir zu, wie ich die Strukturdes Dezimalsystems darstelle. Jeder inder Runde kann bis Zehn zählen.Trotzdem benutze ich das Montessori-Material aus Glasperlen. Es ist klar,bestimmt, eindeutig in der Darstel-lung und auffordernd, um damit sel-ber zu arbeiten. Jeder Teilnehmer ausder Runde weiß, dass es darauf an-kommt, die mathematische Struktur,die mathematische Ordnung unsererZahlenwelt einsichtig zu machen.Der Mensch ist schließlich, so langeer auf der Erde lebt, immer darauf aus,die Welt auch mathematisch zu er-obern und zu begreifen. Endlich gibtes ein mathematisches Material, dasauch für Kinder eine große Hilfe ist.Die Teilnehmer machen eine Pause.Danach melden sich die Russland-fahrer: »Wir haben gemeinsam be-schlossen, das Dezimalsystem alsGrundlage für unser Mathematik -studium abzulehnen. Das Dezimal-system ist ein kapitalistisches Sys-tem. Wir wollen ein anderes.« Das regt zum Nachdenken an. Diejungen Leute belegen das Dezimal -

system mit einer Idee, lehnen es des-halb ab und wollen es mit einer ande-ren Idee von System ersetzen. Sie wol-len sich an einer Idee orientieren,nicht an einer Sache. Für sie war dasDezimalsystem negativ belastet. Siewollten ein anderes. Vielleicht dasSechsersystem? oder das Fünfersystem?Jedes Zahlensystem folgt einer mathe-matischen Ordnung. Das Dezimalsys-tem hat eine Besonderheit. Es kenntals einziges Zahlensystem die »Zehn«,alle anderen System kennen statt des-sen die »Eins« und die »Null«. Dortheißt die Zahl 10 »eins und null«. Grundsätzlich ist es gleich, bei wel-chem Zahlensystem wir die mathe-matische Struktur darstellen. Abereine Ideologie hat dabei nichts zu su-chen. Sie hindert die Mathematik anihrer Bestimmung, eindeutig und ob-jektiv zu sein. Als die Russlandfahrermit ihrer Idee nicht durchkamen,verließen sie den Kurs.

Hans Elsner ist engagierter Vorkämpfer undVertreter der Montessori-Pädagogik.

Der Schulleiter i.R. hält dazu Vorträge undSemi nare. Zu diesem Thema gibt es auch viele Ver öffent lichungen von ihm, beispielsweise ister Mit-Autor von »Erziehen mit Maria Montes-sori» (Herder-Verlag, 6. Auflage) und »Monte -ssori-, Freinet-, Waldorfpädagogik», (Beltz-

Verlag, 4. Auf lage). Hans Elsner ist Mit-Heraus-geber und Autor der »blauen Reihe» – im

November 2007 erscheint Band Nr. 8. www.montessori-vereinigung.de

von hans e l sner

»Der Mensch ist immerdarauf aus, die Welt auch mathematisch

zu begreifen.«

Das Montessori-Material ausGlasperlen lässt Schüler dasDezimal system im direktenWortsinn begreifen.

Page 45: ZEHNARIO

kultur Zehnar1o45

i l l u s t r at i o n : a l e x a n d e r b e s i s w e s t n i k h Der Diplom-Designer arbeitete nach seinem Studium als Art-Direktor beim VerlagshausWerner Media GmbH in Berlin und leitete danach für Allo Systems GmbH den Relaunch derPrintprodukte. Später entwickelte er für die deutsch-russische Full-Service Agentur K&DGmbH einen Werbe auftritt für einen großen Mobilfunkanbieter. Jetzt lebt und arbeitet er inHannover, gehört zum Team der Pilot:Projekt GmbH und erstellt Radierungen und Zeich-nungen im eigenen Atelier. [email protected]

Page 46: ZEHNARIO

Zehnar1o kultur46

der abaku s

(von lat. abacus, griech.

ábax, phöniz. abak) ist das

älteste bekannte Rechen-

hilfsmittel und wurde um

circa 1100 v. Chr. im indo-

chinesischen Kulturraum

erfunden. Er wird in China,

Japan und Russland noch

täglich ge braucht – auch, um

die Funktion von Taschen -

rechnern zu überprüfen.

Zwei mal fünf ist zehn: lässt sich Rechnen fühlen? Haptisches Arbei-ten mit dem Dezimalsystem ermöglicht der Abakus. Die Kugelnsymbolisieren wegen des Stellenwertsystem durch ihre Lage eine

bestimmte Zahl. Mathematik zum Begreifen schön: geübte Finger gebenZahlen schneller ein als auf einem Taschenrechner. >

D E R A B A K U S

Die Russen schieben 10 Kugeln, die Japaner rechnen mit

fünf auf jedem Stab und die Chinesen teilen ihren Abakus in

»Erde« mit fünf und in »Himmel« mit zwei Kugeln pro Stab auf.

Page 47: ZEHNARIO

kultur Zehnar1o47

l ö sbare au f gaben

Das Rechnen mit dem Abakus

entspricht einem Aufgliedern

einer Aufgabe in mehrere

klei nere und leichter lösbare.

Diese kleinen Umwege ma-

chen aus einem einfachen

Holzinstrument dieses viel-

seitige Werkzeug.

v i e l e formen

Es gibt ganz unterschiedliche

Formen des Abakus, das Prin-

zip ist aber immer das gleiche.

Beim russischen »Stschoty«

sind an jedem Stab zehn Ku-

geln befestigt, von denen die

jeweils fünften und sechsten

farblich markiert sind.

Beim chinesischen »Suan

Pan« befinden sich an jedem

Stab sieben Kugeln, wobei die

horizontale Leiste die fünfte

von der sechsten trennt.

Der japanische »Soroban«

benötigt nur noch fünf Kugeln

pro Stab, wobei die Leiste die

vierte von der fünften trennt.

Der römische Abakus im Ta-

schen-Format, bestand aus ei-

ner Metallplatte mit einer be-

stimmten Anzahl von parallel

angeordneten Schlitzen und

darin verschiebbaren Knöp-

fen. Er stellt eine Sonderfom

dar, weil mit den römischen

Ziffern, die keine Einer-, Zeh-

ner-, Hunderterstellen aufwei-

sen, keine höheren Rechen-

operationen durchgeführt

wer den konnten.

mehr infos:

Hier wird genau die Funktions-

weise des Abakus erläutert:

www.benjaminwrightson.de/a

bakus/homepage.htm

J E D E Z E H N T E G E H T E I N S W E I T E R | Die Darstellung von Zahlen aufdem Abakus entspricht unserer arabischen Schreibweise. Sie reicht vonder höchsten Zehnerpotenz (10n) ganz links bis zur Einerstelle (100) ganzrechts, wobei jede Kugelspalte für eine Stelle steht. Mit einem Abakus wirdgerechnet, indem durch Addieren positiver oder negativer Zahlen sofortdie neue Summe als Ergebnis eingestellt wird. Neben den vier Grundre-chenarten funktioniert auch das Quadrat- und Kubikwurzelziehen.

D E R A B A K U S

So wird die Zahl 10 auf dem chinesischenAbakus dargestellt. Die unteren fünf Kugeln –»Erde« – stehen jeweils für einen, die oberenzwei – »Himmel« – für fünf Zähler.

von p r i sk a t o s ch

Page 48: ZEHNARIO

Zehnar1o literatur48

Er-Zählung vom LebenGoethes Vita: Höhepunkte

und Brüche in Dekaden, Dezennien

und Zehnerschrittentex t : an e ka s chu lt

i l lu st rat i on : chr i s t i n ur s prung

1 ) A L S G O E T H E Z E H N J A H R E

A L T W A R … | … wurde Frankfurtmilitärischer Stützpunkt für diefranzösischen Truppen während desSiebenjährigen Krieges. Zu dieserZeit wurde der französische Stadt-kommandant Graf Thoranc in Goe-thes Elternhaus am Großen Hirsch-graben einquartiert. Es entstanden

enge Kontakte des künftigen Dich-ters zu den für Thoranc im Hause ar-beitenden Frankfurter und Darm-städter Malern. Außerdem gab eshäufige Gelegenheiten zu Besuchendes französischen Theaters. Goethesah Stücke von Destouches, Mari-vaux, Palissot, Piron, Rousseau, Di-derot, Corneille und Racine.

... lag die Aufsicht über die Privat-erziehung Goethes in der Hand desVaters, der von »überhaupt lehrhaf-ter Natur« war. Der Zehnjährige lasÄsop, Homer, Vergil und Ovid, De-foes »Robinson Crusoe« ebenso wie»Tausendundeine Nacht« und auchdie Volksbücher vom Eulenspiegelund Doktor Faust. >

Page 49: ZEHNARIO

literatur Zehnar1o49

2 ) Z E H N J A H R E W E I M A R – D E R » P O L I T I K E R « G O E T H E | Dass Wei-mar für Goethe und Goethe für Weimar prägend war, ist bekannt. Diese stim-mungsreiche Ära bahnte sich 1775 an, als Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach im September das Erbe seines Vaters antrat und kurz dar-auf zu den Eltern seiner Braut, Prinzessin Luise von Hessen-Darmstadt, reis-te. Bei dieser Gelegenheit nämlich besuchte er auch den »Werther«-Dich-ter und lud ihn nach Weimar ein. Die Residenzstadt galt unter der Regent-schaft seiner Mutter Anna Amalia als »Musenhof«. Am 9. November 1775nahm Goethe die Einladung des 18jährigen Regenten an. Er zog ins Garten-haus an der Ilm, erhielt das Weimarer Bürgerrecht, trat 1776 als GeheimerLegationsrat formell in den Staatsdienst ein und wurde Mitglied des fürst-lichen Rats, des höchsten dem Herzog unterstehenden Regierungsorgans. In den nächsten zehn Jahren, von 1776 bis 1786, kümmerte sich der »Politi-ker« Goethe um die Wiederbelebung des eingestellten Silberbergbaus in Il-menau, die Leitung der Kriegs- und Wegebaukommission. 1782 wurde er alsoberster Beamter des Finanzwesens in den Stand des Kammerpräsidenten er-hoben. Auch begleitete er Carl August auf seinen Reisen. Hatte es ihn anfänglich nur gereizt, einmal zu »versuchen, wie einem dieWeltrolle zu Gesicht stünde«, so sah Goethe spätestens seit dem Ende desJahres 1776 sein Amt als eine sittliche Prüfung an. Durch seine Vermittlunggewann Weimar bedeutenden Zuwachs von außen, wie die Beispiele CoronaSchröter und Herder zeigen. Solche Selbstaufforderungen aber führten in ei-ne schwere seelische Krise Goethes. Nach einer Reise in die Schweiz mit CarlAugust 1779 war ihm erstmals »wie einem Vogel, der sich in Zwirn verwickelthat: Ich fühle, dass ich Flügel habe und sie sind nicht zu brauchen«. In derNacht zum 3. September 1786 brach Goethe als Johann Philipp Möller heim-lich nach Italien auf und kehrte erst 1788 zurück. ... Nach mehr als fünfzig Jahren erinnerte Goethe sich im Gespräch mitEckermann an den Eindruck, den Carl August auf ihn gemacht hatte: »Er warachtzehn Jahre alt, als ich nach Weimar kam; aber schon damals zeigten sei-ne Keime und Knospen, was einst der Baum sein würde. ... Dass ich fast zehnJahre älter war als er, kam unserm Verhältnis zugute...«

3 ) Z E H N J A H R E I N W E I M A R : F Ü R G O E T H E L I T E R A R I S C H E I N E

F R U C H T B A R E Z E I T | Das erste Weimarer Jahrzehnt war für Goethe auchliterarisch eine fruchtbare Zeit. Neben Gedichten schrieb der als »maitrede plaisir« dem Hof dienende Dichter das Drama über die gerechte Macht.Gern hätte er sich mehr Zeit für sein dichterisches Schaffen gewünscht. AnCharlotte von Stein schrieb er: »Wieviel wohler wäre mir's wenn ich vondem Streit der politischen Elemente abgesondert, den Wissenschaften undKünsten wozu ich geboren bin, meinen Geist zuwenden könnte.« Aus die-sem Gefühl gebar er 1780 den »Tasso«, dessen »eigentlichen Sinn« er spä-ter in der »Disproportion des Talents mit dem Leben« sah. Auch beginntGoethe an »Wilhelm Meisters theatralischer Sendung« zu schreiben. Nachdem »Bruch« Italien und einer literarischen Krise trat eine neue Hochpha-se erst am Ende des ersten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts wieder ein. >

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4 ) G O E T H E W U R D E I M D R I T T E N L E B E N S J A H R Z E H N T Z U M G E H E I M -

R A T E R N A N N T | Am Ende seines 30. Lebensjahrs wird Goethe zum Geheimrat ernannt, der »höchsten Ehrenstufe die ein Bürger in Teutsch-land erreichen kann« (Goethe an Charlotte von Stein, 7.9.1779). Er über-nimmt die Leitung verschiedener Kommissionen. Als Anerkennung sei-ner Verdienste im Staatsdienst erhebt Kaiser Joseph II. Goethe am 10. April1782 in den Adelsstand. Der Herzog schenkt ihm das Haus am Frauen-plan, das Goethe schon seit zehn Jahren bewohnt – bis zu seinem Tod am22. März 1832.

5 ) C H A R L O T T E V O N S T E I N – Z E H N J A H R E F R E U N D S C H A F T | Goe-the und die Frauen – wenige Kapitel der Weltliteratur sind wohl dermaßenlang. Sagenumwoben ist vor allem das Verhältnis zwischen Goethe und dergeistvollen Charlotte von Stein. Gleich zu Beginn der Weimarer Jahre ent-wickelte sich diese intensive emotionale Beziehung, die jedoch die EheCharlottes mit dem herzoglichen Oberstallmeister Friedrich Josias Freiherrvon Stein begrenzt. Beide aber verbindet ein reger Briefverkehr. Rund 1800Briefe schickt Goethe der Freundin und zahlreiche Liebesgaben. Diesewiederum übt großen Einfluss auf ihn aus. Die innige Beziehung tut Goethespäter aus Sicht römischer Leichtigkeit, als »schmerzlich« und »lästig« ab,da Charlotte jeglicher körperlichen Nähe entsagt. Über die Magie ihrer»Seelenverwandtschaft« schreibt Goethe 1776 in einem Gedicht: »Warumgabst du uns die tiefen Blicke«, »ach, du warst in abgelebten Zeiten meineSchwester oder meine Frau.« Letztlich aber macht sich Goethe durch dieFlucht nach Italien von der Macht frei, die ihn an Frau von Stein »geheftetund genistelt«. Charlottes Enttäuschung darüber und über die Liaison mitChristiane führt zur Beendigung des Briefwechsels nach elf Jahren. Char-lotte versöhnt sich erst 1801 wieder mit ihm.

6 ) E I N E Z E H N J Ä H R I G E D I C H T E R F R E U N D S C H A F T M I T D E M 1 0 J A H R E

J Ü N G E R E N S C H I L L E R | Goethe traf Schiller erstmals 1788 in Rudolstadt.Sein Urteil: »Schiller war mir verhasst«, spürte der Dichterfürst doch dieKongenialität des zehn Jahre jüngeren Schiller. Dennoch vermittelte er ihmeine Geschichts-Professur an der Universität Jena, die Schiller 1789 antrat.Zehn Jahre lebte er in Jena, bevor er 1799 nach Weimar zog. Mittlerweilewaren sich die Dichter nähergekommen und zwar im Juli 1794 nach einer Sit-zung der Jenaer »Naturforschenden Gesellschaft«. Schiller hörte GoethesVortrag über die Urpflanze. Mit seinem Brief an diesen begann im Sommer1794 eine zehnjährige Dichterfreundschaft. Goethe glaubte »einen neuenFrühling, in welchem alles froh nebeneinander keimte und aus aufgeschlos-senen Samen und Zweigen hervorging«, zu erleben. Seine Theatertätigkeiterfuhr durch Schiller neue Impulse. Er selbst mäßigte Schillers Hang zumExtremen und zu philosophischen Spekulationen. Schiller zog Goethe vonder Naturwissenschaft ab, drängte ihn wieder mehr zur dichterischen Pro-duktion und zur Vollendung des Faust. Die Residenzstadt profitierte von derSchaffensperiode beider großen deutschen Dichter von 1795 bis zu SchillersTod 1805, die als »Weimarer Klassik« in die Literaturgeschichte einging. >

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literatur Zehnar1o51

7 ) C H R I S T I A N E V U L P I U S – Z E H N J A H R E » G E H E I M R Ä T I N G O E T H E S « |

Als Goethe 1788 aus Italien zurückkehrte, lernte er die bürgerliche Chris-tiane Vulpius kennen und lieben. Seinen Weimarer Freunden war er in-zwischen entfremdet. Besonders störten sie sich an seiner unstandesgemä-ßen Liaison mit Christiane, die sich im Juli 1788 mit einer Bittschrift fürihren Bruder an Goethe wandte. 18 Jahre war Goethe mit ihr liiert, bevorein Ereignis den Anstoß zur Hochzeit gab: Bei Jena und Auerstedt wurdedie preußisch-sächsische Armee am 14. Oktober 1806 von Napoleon be-siegt. Die Franzosen nahmen Goethe gefangen, aber Christiane gelang es,ihn zu befreien. Daraufhin vermählte er sich am 19. Oktober 1806 mitihr. Zehn Jahre war Christiane Vulpius, Mutter des einzig überlebendenSohnes Julius August Walther, »Geheimrätin von Goethe« gewesen, alssie am 6. Juni 1816 mit 51 Jahren starb.

8 ) G O E T H E L E R N T E S E I N E M U S E M I N N A H E R Z L I E B A L S Z E H N -

J Ä H R I G E K E N N E N | Siebenundfünfzigjährig verliebte sich Goethe inWilhelmine Herzlieb, die vierzig Jahre jüngere Pflegetochter des Buch-händlers Carl Friedrich Ernst Frommann. Minna oder »Minchen« war kei-ne Geliebte, eher eine Muse des Dichters, diente als Vorbild für Ottilie inden »Wahlverwandtschaften« und »süßes Liebchen« im Sonett »Christ-geschenk«. »Ich fühl im Herzen heißes Liebestoben« heißt es im Goethe-Gedicht »Wachsthum«. Die Rede ist vom »art’gen Kind« und Töchter-chen. Mit acht Jahren hatte die Tochter eines Wustrauer Pfarrers ihre El-tern verloren und kam als Pflegekind in die Familie Frommanns, die nachJena zog und Berühmtheiten wie Ludwig Tieck und C. F. Zelter in seinemHaus empfing. Goethe lernte Minna als Zehnjährige kennen und sah siezur Schönheit reifen. Für sie war er ihr »Göte«, der »liebe alte Herr«. Sieliebte andere Männer, doch glücklich wurde sie nie. Goethe besuchte sienoch oft. Am 10. Juli 1865 starb Minna Herzlieb in der Görlitzer Nerven-heilanstalt.

9 ) D E R 1 0 . D E Z E M B E R – E I N E A N E K D O T E I N K Ü R Z E | EndeNovember 1777 brach Goethe zu einer Winterreise in den Harz auf. InWernigerode suchte er einen jungen Mann vor dem Werther-Schicksal zubewahren, in Goslar besichtigte er das Bergwerk und am 10. Dezemberbestieg er den tief verschneiten Brocken, was damals eine unglaublicheLeistung war.

www.narratio.de. Ihr Studium der Neueren Deutsche Literatur, Neueren Geschichte und Medienwissenschaft schloss Aneka Schult mit der Magisterarbeit »Zum Motiv der

Geheimen Gesellschaft in Goethes Wilhelm-Meister-Romanen« erfolgreich ab. Seitdem durchstreift sie in ihren Wanderjahren als freie Journalistin den Bereich des

Kulturjournalismus, schreibt Reportagen für regionale Tageszeitungen, arbeitet als Texterin fürAusstellungskataloge und andere Print-Projekte oder zeichnet verantwortlich für

die Aufbereitung von Presseartikeln im Internet. [email protected].

10 ) D i e »Zehn«

i n Goe thes Werk

Gedichte (Ausgabe letzter

Hand. 1827): Weissagungen

des Bakis 18

Sag, was zählst du? – »Ich

zähle, damit ich die Zehne

begreife,

Dann ein andres Zehn, Hun-

dert und Tausend hernach.« -

Näher kommst du dazu, so-

bald du mir folgest. – »Und

wie denn?« -

Sage zur Zehne: sei zehn!

Dann sind die Tausende dein.

Faust. Eine Tragödie:

Hexenküche

Du mußt verstehn!

Aus Eins mach Zehn,

Und Zwei laß gehn,

Und Drei mach gleich,

So bist du reich.

Verlier die Vier!

Aus Fünf und Sechs,

So sagt die Hex',

Mach Sieben und Acht,

So ist's vollbracht:

Und Neun ist Eins,

Und Zehn ist keins.

Das ist das Hexen-Einmaleins.

Aus meinem Leben. Dichtung

und Wahrheit

»... Denn dieses scheint die

Hauptaufgabe der Biogra-

phie zu sein, den Menschen

in seinen Zeitverhältnissen

darzustellen, und zu zeigen, ...

ein jeder, nur zehn Jahre

früher oder später geboren,

dürfte, was seine eigene

Bildung und die Wirkung

nach außen betrifft, ein ganz

anderer geworden sein.»

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Zehnar1o literatur52

Spielregeln:> Jeder Spieler wählt eine Figur

aus dem »Mensch ärgere Dichnicht«-Spiel.

> Alle Spieler stellen ihre Figurenauf Start.

> Wer eine Fünf würfelt, darf dasStart-Häuschen verlassen undsein Spiel beginnen.

> Würfelt ein Spieler in Verlaufdes Spiels eine Fünf, darf ernoch einmal würfeln.

> Steht ein Spieler auf einem Ereignisfeld, beachte er, wasnun zu tun ist.

> Wer zuerst auf dem Brockensteht, hat gewonnen.

Ereignisfelder:

1. 1x aussetzen: ab ins Theater und ran an die Bücher!2. zwei Felder zurück: Politik ist viel Arbeit ...3. noch einmal würfeln: und alles Gute zum Adelsstand!4. 2x aussetzen: die 1.800 Briefe schreiben. 5. drei Felder vorrücken: Glückwünsche zur Hochzeit!6. noch einmal würfeln: beflügelt von der Muse ...7. zwei Felder vorrücken: auf die Feundschaft!8. 1x aussetzen: mehr Zeit für dein dichterisches Schaffen.9. vier Felder zurück: Verlier die Vier! Das ist das Hexen-Einmaleins.10. geschafft: du stehst auf dem Brocken!

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literatur Zehnar1o53

www.cursprung.de.Biete nun, ach! Konzepte, Design und Realisation*,Und gerne auch Illustration, mit heißem Bemühn.

* in Werbung, Internet und Multimedia. [email protected].

Page 54: ZEHNARIO

Zehnar1o literatur54

Nach dem Studium hat Hella Kemper bei der Neuen Westfälischen in Bielefeld volontiert und war dort Feuilleton-Redakteurin. Anschließend war sie Redakteurin bei der zeit (zeitpunke,

zeit-online). Jetzt gehört sie zur Redaktion von die zeit-Geschichte, schreibt und liest, redigiert und lektoriert in Hamburg. 2003 erschien ihr Buch sammellust, 2006 elbschwimmer –

die rückkehr einer badekultur, 2007 das hummelbuch. [email protected]

>

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literatur Zehnar1o55

die 10

1 wort

2 ziffern

4 buchstaben

10

hager aufragend

mit gekipptem haken

prall rund satt

ein ungleiches paar

zu zweit

eine dekade ganz

schön l a n g .

Ô\|

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Zehnar1o musik56

Ausschnittaus denSingle-Charts.

Wenn Platz 16 zum Flop wird

Robbie Williams war frustriert. Mit seiner Single »She’sMadonna« verpasste er im Frühjahr den Sprung in dieTop 10 der britischen Musik-Charts. Das Lied, das der

labile Popstar zusammen mit den Pet Shop Boys aufgenom-men hatte, stieg zunächst nur auf Platz 16 in die britische Hit-liste ein. Eine Schmach für den erfolgsverwöhnten Williams.Eine Platzierung unter den besten Zehn der britischen Chartsist immer noch gleichbedeutend mit der Aufnahme in einenelitären Kreis. Wer diesem Zirkel der Erlauchten angehört,und sei es nur für eine Woche, hat es in der schnelllebigenMusikbranche geschafft. Er darf auf seinen Visitenkarten dru-cken: »Top-10-Musiker«.Doch warum üben die ersten zehn Plätze einer Rangliste –nicht nur in der Welt des Rock und Pop – eine so große Fas-zination auf uns aus? Warum zeigt die Internet-Suchmaschi-ne Google für »Top Ten« nicht weniger als 291 MillionenTreffer an? Die Antwort ist vielschichtig.Erstaunlich ist zunächst, wie inflationär dieser Begriff inzwi-schen benutzt wird. Es gibt Hitlisten für die zehn besten Lie-der und Videos, Universitäten und Krankenhäuser sowie fürdie zehn reichsten Menschen der Erde. Doch die Ranking-Flut bringt auch viel Skurriles hervor. So prämiert die Deut-sche Lebensmittel-Gesellschaft regelmäßig die Top 10 der be-sten deutschen Molkereien. In Wirtschaftskreisen kursiert ei-ne Liste der zehn korruptesten Länder der Welt. Und derFranzose Pierre Basieux verblüfft mit seinem Buch »Die Top10 der schönsten mathematischen Sätze«.Auch abseits von Rangfolgen spielt die Zehn eine wichtigeRolle. »Zehn Gründe für die Vereinigten Arabischen Emira-te: Warum Sie unbedingt bald reisen sollten« lautete eine Ru-brik in der Februar-Ausgabe des Reisemagazins »Geo Spezi-al«. Und im Jahr 1999 lockte eine amerikanische High-school-Komödie weltweit Millionen Menschen ins Kino. IhrTitel: »Zehn Dinge, die ich an dir hasse«.

Es scheint, als ob die Zahl Zehn wiekeine andere das Maß aller Listen ist.Die Menge der zusammengestelltenObjekte ist überschaubar, und einRanking in dieser Größenordnungerschließt sich auf den ersten Blick.Die Top 10 steht zudem für das Be-dürfnis des Menschen, in einer im-mer komplexeren, unübersichtliche-ren Welt, die durch eine stetig wach-sende Informationsfülle geprägt ist,eine verbindliche Ordnung zu schaf-fen. Auch wenn diese sich beispiels-weise nur auf Molkereien erstreckt,basiert sie auf vermeintlich messba-ren und nachprüfbaren Werten. »DieTabelle lügt nicht«, heißt es gemein-hin. Wer ganz oben steht, ist besserals derjenige auf dem zehnten Platz.Unsere Sehnsucht nach Übersichtund Orientierung offenbart sichauch im Fernsehen. »Die ultimativeChart-Show«: Mit diesem Titel sug-geriert RTL, dass die in seiner Musik-Sendung präsentierte Rangliste aus-schließliche Gültigkeit besitzt. EinRanking wie dieses kann jedoch nieobjektiv die Wirklichkeit abbilden.Der Musikgeschmack der Fans ist sovielfältig, dass die Verkaufszahlen derLieder oder das Votum einer Jury nureinen begrenzten Aussagewert besit-zen. Die Realität ist viel komplexer,als es eine Hitliste auszudrücken >

Die Konkurrenz der Unis. Die Schmach von Robbie Williams.

Das Maß der Molkereien. Die Schärfegrade von Chilischoten.

Das Geheimnis der Top Ten.

von b ernd s choss adowsk i

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musik Zehnar1o57

Was nach Ablauf einer Woche vonder Top Ten übrig bleibt. | f o t o s :p r i s k a t o s c h

vermag. Doch viele Menschen ha-ben ihre gesunde Skepsis gegenüberdem Zustandekommen dieser Zahlenverloren. Die Erstellung der Ran-kings wird von ihnen nicht mehrhinterfragt. Wichtig ist für sie alleindie Tatsache, dass Ranglisten ihneneine klare Einordnung und Differen-zierung liefern.Die Top-10-Flut hat dabei zweiunterschiedliche Erscheinungsbilder.Zum einen wird die Platzierunginnerhalb einer Rangliste angesichtsgroßer Konkurrenz auf dem Arbeits-markt immer wichtiger. Kranken-häuser, Ärzte, Universitäten, Hotelsund Firmen buhlen beim Leistungs-vergleich um Spitzenpositionen.Auch wenn sich der Stellenwert aufbeliebig umfangreichen Listen – Top100 oder sogar Top 1000 – darstellenlässt, zählt heutzutage meist nur einPlatz unter den ersten Zehn. Wer willschon an Deutschlands 84-besterHochschule studieren, wenn er eineder zehn Spitzen-Unis des Landes be-suchen kann. Die wachsende Bedeu-tung des Rankings als Orientierungs-und Entscheidungshilfe ist ohneZweifel ein Spiegelbild des ausge-prägten Leistungsprinzips in der mo-dernen westlichen Gesellschaft.Zum anderen wird das Streben nachKlassifizierung in den Top 10 zum

Sinnbild für den aktuellen Trend, alle möglichen Bereiche desLebens in Listen zusammenzufassen – zum Teil auch ohne Rei-henfolge. Der große Erfolg der Bücher »Schotts Sammelsu-rium« und »Dr. Ankowitschs kleines Konversationslexikon«sind zwei Beispiele dafür. Beide Werke liefern eine Fülle ku-rioser und willkürlicher Auflistungen von Themen, die oft ohne Relevanz für den menschlichen Alltag erscheinen.Die tabellarischen Übersichten über Freimaurergrade, Tor-nadostärken, Schärfegrade von Chilischoten, Länder mitLinksverkehr und ungewöhnliche Tode burmesischer Köni-ge wirken jedoch nur bei oberflächlicher Betrachtung wie einhumoristischer Zeitvertreib. Vielmehr zeigt sich auch hier dasBedürfnis des Menschen nach Vereinfachung komplexer Zu-sammenhänge, nach Überschaubarkeit und der Suche nachder Wahrheit. Dabei durchbricht Ben Schott die Zehner-Rei-hung an einer Stelle bewusst. Die Rubrik »Die Elften« nimmtaugenzwinkernd Bezug auf die Top-10-Hörigkeit und listet je-weils die Elftlängsten der Welt auf: von Stadt, Land und Flussbis zu See, Insel und Flughafen.Mit Platz elf hätte sich Robbie Williams allerdings nicht an-freunden können. Doch es kam für ihn noch schlimmer:»She’s Madonna« rutschte in der zweiten Woche auf Platz31 der britischen Charts ab. Der Flop war perfekt.

Der studierte Historiker und Anglist lebt in Celle und arbeitet als Lokalredakteur bei der Aller-Zeitung

in Gifhorn. [email protected]

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Zehnar1o musik58

Zehn Musik-Höhepunkte

10 Jahre poppige KlängeViermal im Jahr wird »The Dome«seit zehn Jahren an wechselnden Or-ten für RTL II aufgezeichnet. Bandsund DJs der Musikshow wechseln ge-fühlt nicht ganz so häufig. Die jugend-liche Zielgruppe scheint das nicht zustören und hört weiterhin eifrig die zurShow gehörenden Musiksampler.

10 mal Nummer Einsin DeutschlandNach den Beatles mit insgesamt elfNummer Eins Hits in Deutschland istFreddy Quinn der erfolgreichste Chart-Stürmer. Gezählt von Wikipedia in derAuswertung der Chartlisten seit 1953.

10 beste LiederDer Rolling Stone veranlasste 172 Musikexperten zur Abstimmung:1 > »Like A Rolling Stone« Bob Dylan 2 > »(I Can’t Get No) Satisfaction« Rolling Stones 3 > »Imagine« John Lennon 4 > »What's Going On« Marvin Gaye 5 > »Respect« Aretha Franklin 6 > »Good Vibrations« Beach Boys 7 > »Johnny B Goode« Chuck Berry 8 > »Hey Jude« Beatles 9 > »Smells Like Teen Spirit« Nirvana

10 > »What’d I Say« Ray Charles

10 besondere Feindlichkeiten: »Ten German Bombers«Der Text des Liedes wurde bereits im Zweiten Weltkrieg von britischenSchulkindern während des Blitz, der deutschen Luftangriffe auf britischeStädte während des Zweiten Weltkriegs, gesungen. Auf die Melodie derVolksweise »She’ll Be Coming ’Round the Mountain«, das als »Von denblauen Bergen kommen wir« auch Eingang in das deutsche Liedgut ge-funden hat, besangen die Kinder zehn deutsche Bomber, die einer nachdem anderen von der englischen Luftwaffe (RAF) abgeschossen werden.Das Lied ging bald in das Repertoire der bis heute recht weit verbreitetenDeutschlandfeindlichkeit (German Bashing) ein. Besonders bei Fußball-fans erfreut sich das Lied großer Beliebtheit und wird regelmäßig beim Auf-einandertreffen deutscher und englischer Mannschaften angestimmt. Tra-ditionell wird der Inhalt des Liedes dabei gestisch untermalt, indem die Arme in Nachahmung eines Flugzeuges zur Seite ausgebreitet werden.

10 Gebote> Hermann Berlinski,

12. Orgelsinfonie:»Die Heiligen 10 Gebote«

> Max Bruch, ein biblisches Oratoriumfür Chor, Soli und Orchester, op.67:»Moses«

> Pascal Obispo (Musik), Musical:»Les Dix Commandements«

> Detlev Jöcker, Kindermusik : »Zehn Gebote geb’ich dir«

> E Nomine: »Die 10 Gebote«

> Die Toten Hosen:»Die 10 Gebote«

ausgewählt von br i t ta s chm i d t

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musik Zehnar1o59

10 kleine Randgruppen-VertreterDie Freunde unserer Kindertage, die »10 kleinen Neger-lein«, kommen eigentlich aus Amerika (1868) und warendort »Ten little Indians«. Im Laufe der Zeit waren sie In-spiration für einige – mehr als zehn! – weitere Versionen:> The Beach Boys: Ten Little Indians, 1962> MTS: Zehn böse Autofahrer, 1974> Leila Negra: Zwölf kleine Negerlein> Time To Time: Zehn kleine Negerlein,1991> Die Toten Hosen: Zehn kleine Jägermeister, 1996> Hermann Hoffmann: Zehn kleine Keglerlein, 1974> Oliver Kalkofe /Onkel Hotte: Zehn kleine Glatzenköpp> Die Streuner: Zehn Orks> Otto Waalkes: Zehn kleine Ottifanten> B-Tight: Zehn kleine Negerlein, 2007> Slime (Band): Zehn kleine Nazischweine> Soko Friedhof: Grufties, 2006

10 Jahre harte Töne30 Bands feierten dieses Jahr das Ju-biläum des Kultfestivals »Fuck theCommerce« in Jüterborg. »Death-und Grindmetal« sind und bleibendie Spezialitäten.

10 populärste Deutsche Interpreten Für das 1. Halbjahr 2007 hat das Deut-sche Musik-Exportbüro die folgendeRangliste deutscher Interpreten imAusland (außerhalb des deutschenSprachraums) ausgemacht: [Entschei-dend für die Platzierung der Interpretenin dieser Rangliste ist ihr Bekanntheits-grad im Ausland, die Präsenz ihrer Ton-träger in ausländischen CD-Läden unddie Abspielhäufigkeit ihrer Musik bei aus-ländischen Radiostationen.]1 > Rammstein2 > Nena3 > Die Toten Hosen4 > Kraftwerk5 > Tokio Hotel6 > Paul van Dyk 7 > Blümchen / Jasmin Wagner8 > Trio9 > Joy/Schnappi, kleines Krokodil

10 > In Extremo

10 Titel mit 10> Bibi Johns: An jedem Finger zehn, 1954> STS: Zehn Minuten still, 2002> TYR: Ten wild dogs, 2003> Manowar: All man play on ten, 2003> BAP: Dreimal zehn Jahre, 2005> Klee: Keine zehn Pferde, 2005> The Simpsons: The ten Commandments of Bart, 2005> Farin Urlaub: Zehn, 2006> The Bones: Zero to Ten, 2006> Andrea Corr: Ten feet high, 2007

10 Gänge: Musik zur Metropolitan Schau…Es wird ein zehngängiges Musik-Souper gereicht, mit je einem Bei-spielstück pro Jahrzehnt, beginnendmit dem Klassizisten Cherubini, ge-folgt von leichter Kost à la Boieldieu,Auber und Hérold. Die Hauptgerich-te werden von Berlioz, Gounod undBizet beigesteuert, bevor ein Dessert-Trio mit Offenbach, Delibes undMassenet den Abend abrundet…www.tagesspiegel.de/kultur/;art772,2323165

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Zehnar1o sport60

Die Namensliste klingtwie das Who is Whodes Weltfußballs: Pelé,

Eusebio, Michel Platini, Zico, Die-go Maradona, Roberto Baggio, Ro-naldinho, Zinedine Zidane – umnur einige zu nennen. Sie alle ha-ben eines gemeinsam: In ihrer akti-ven Zeit trugen sie das Trikot mitder Nummer zehn. Insbesondere inSüdamerika wird vehement darübergestritten, wer aus dieser Gruppeder beste Fußballer aller Zeiten war.War es der Argentinier Maradona,der spätestens im WM-Halbfinale1986 zur Legende wurde, als er mitzwei Geniestreichen – einer davonverbotenerweise mit der Hand – zurLegende wurde und in seinem Hei-matland als »Fußball-Gott« verehrtwird? Oder ist dieser inoffizielle Ti-tel dem Brasilianer Pelé zuzuschrei-ben, der 1958 als 17-Jähriger nachBelieben die gegnerischen Abwehr-reihen umdribbelte, die Fußballweltin Verzücken versetzte und schließ-lich einen Mythos schuf: die Rü -ckennummer zehn als Symbol desDirigenten auf dem Platz, des fili-granen Protagonisten in einemkämpferischen Spiel.

D E U T S C H E Ä S T H E T E N | Mit demSpielmacher steht und fällt der Er-folg. Seit 1958 gilt die Zehn alsSynonym dieses Chefs auf dem Ra-sen. Dabei trug bereits vier Jahrevor Pelé der Kopf einer Weltmeis-termannschaft die kleinste zweistel-

Lichtgestaltendes Fußballs

lige Zahl auf dem Rü-cken: Kapitän Fritz Wal-ter. Auch andere deut-sche Akteure gehörten –zu Recht – diesem elitä-

ren Kreis mit dermagischen Num-mer an. Beispiels-weise Wolfgang

Overath als Welt-meister 1974 undGünter Netzer,

der eben diesem Overath Platz undTrikot überlassen musste. Legendärist ein Pokalendspiel ein Jahr zuvor,als der eigentliche Zehner Netzervon Trainer Hennes Weisweiler aufdie Ersatzbank verbannt wurde, sichselbst einwechselte und das ent-scheidende Tor schoss – mit derZwölf auf dem Rücken. Wegen feh-lender Virtuosität zwar kein klassi-scher Zehner, dennoch ein würdigerTräger der begehrten Zahl auf demRücken war auch Lothar Matthä -us – als er noch schneller laufen alsreden konnte. Auch NachfolgerThomas Häßler gab eine einwand-freie Zehn ab. Nicht ganz ins Bildpasst es da vielleicht, dass die wah-re Lichtgestalt des deutschen Fuß-balls, Franz Beckenbauer, zumeistmit der Nummer fünf auflief – wasfür einen Libero aber auch ganz nor-mal war.

D I V E N U N D H E I L I G T Ü M E R | EinSpielgestalter, der meistens nichtdie Zehn, sondern die Acht auf demRücken trug, war Bernd Schuster,der wohl beste deutsche Spieler, dernie an einer Weltmeisterschaft >

Ballvirtuosen, Zauberer,

Diven – Fußballspieler

mit der Rücken -nummer zehn gelten

seit Jahrzehnten als

die Größten. Doch

diese Spezies, der Zehner,

droht auszusterben.

von d enn i s d i xi l lu st rat i on : p r i sk a t o s ch

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sport Zehnar1o61

teilnahm. Heute als seriöser Trainerin Spanien bekannt, verkörperteder »Blonde Engel« zu seiner akti-ven Zeit das, was wohl einen richti-gen Zehner ausmacht, abgesehenvon der falschen Trikotnummer:Spielintelligenz und einen Hang zurSelbstdarstellung. In die KategorieDiva gehört sicherlich auch derschon erwähnte Maradona, dem zuEhren übrigens in der Nationalelfkeiner mehr mit der Zehn auflaufensollte – ein Vorhaben, das schließ-lich der Weltverband FIFA unter-sagte. Überhaupt wird der Mythosder Zehn sehr viel von außen ge-pusht. Das gilt auch im Fall des Bra-silianers Ronaldinho, der zu den be-sten Fußballspielern der Gegenwartgehört und sich eigentlich nicht alsDiva aufspielt: Wie es sich für einenbegnadeten Kicker gehört, spielteRonaldinho seit Jahren immer mitder Zehn. Seit diesem Frühjahr giltdas für die Nationalmannschaftallerdings nicht mehr, weil CarlosDunga, der Trainer der Seleçao, diemagische Nummer dem Spielerkol-legen Kakà übertragen hat. In derÖffentlichkeit wurde es so darge-stellt, als hätte damit Dunga ein Sa-krileg begangen. Ein Skandal wardiese Angelegenheit vor allem aberfür Sponsor Nike, der eine Kleider-kollektion unter Ronaldinhos Na-men (»R10«) geschaffen hat undbefürchtet, nun viel Geld zu verlie-ren.

D E R D I N O S A U R I E R D E S F U S S -

B A L L S | Dass der Zehner mittler-weile stark vom Aussterben bedrohtist, hat mit drei verschiedenen Ent-wicklungen im Fußball zu tun. Zumeinen lässt es die heutige Spielweisekaum zu, dass sich ein Akteur in der

Defensive vornehm zurückhält, um allein im Spiel nach vor-ne zu brillieren. Zweitens erhält seit den neunziger Jahren je-der Spieler in seinem Club eine feste Rückennummer für diegesamte Saison. Einige Spieler behalten ihre persönlicheGlückszahl, die sie gezogen, als sie noch nicht reif waren fürdie Zehn, über Jahre hinweg. So ist es auch zu erklären, dassder momentan einzige deutsche Akteur, der einer Zehn wür-dig ist, Michael Ballack, seit Jahren mit der 13 spielt. Drit-tens schließlich sind Taktiker wie Fernseh experte Jürgen

Klopp daran schuld, dass der Ruhmder einst magischen Zahl verblasst.Seit dessen Auftritten während derletzten Fußballweltmeisterschaftscheint es nur noch darum zu gehen,dass in einer Elf ein guter Sechserspielt – der Defensivstratege, der vorder Abwehr agiert.

Der Niedergang der Zehn scheint weiter seinen Lauf zu neh-men. Eben erwähnter Jürgen Klopp hat auch als Trainer gro-ßen Einfluss darauf genommen, dass von der Zehn immer we-niger gesprochen wird. Wie sonst ist es zu deuten, dass er beimFSV Mainz 05 mit Manuel Friedrich einen wahren Spielzer-störer jahrelang mit der einst magischen Nummer auf dem Rü-cken aufliefen ließ? Und hat nicht auch Zinedine Zidane, ei-ner der Größten im Zehner-Kreis diesem Mythos einen To-desstoß versetzt, als er zum schon jetzt berühmtesten Kopfstoßansetzte, bei dem nicht der Ball getroffen wurde?

R E T T U N G A U S D E R K R E I S L I G A ? | Die Hoffnungen aufdas Weiterbestehen der Legende stützt ausgerechnet die Basis:Im Amateurfußball, in dem die Spieler in der Regel mit denRückennummern eins bis elf auflaufen, zählt die Zehn nochetwas: Wenn ein Kicker der Kreisliga erstmals mit der heili-gen Zahl auflaufen darf, gibt es immer einige Mannschafts-kollegen, die anerkennend »Kiste« rufen, was bedeutet, dassder Geehrte eine Runde auszugeben hat. Es ist zu wünschen,dass sich der Spitzensport in dem Sinne die Basis zum Vorbildnimmt, dass diese Zahl wieder die herausragende Stellung be-kommt, die sie verdient. Die talentierten Profikicker dürfensich gern wieder darum bemühen, ein wahrer Zehner zu wer-den. Denn die Fußballwelt lechzt nach Lichtgestalten, die denMythos aufrechterhalten.

www.texikon.de. Der freiberufliche Journalist und Texter aus Hannover tritt inseiner Freizeit noch regelmäßig gegen den Ball. Trotz seines Nachnamens, derauf Französisch »zehn« bedeutet, spielt er allerdings nie mit der magischen

Nummer auf dem Rücken. [email protected]

»Der Niedergang der Zehn scheint weiter

seinen Lauf zu nehmen.«

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mitarbeiter> 10 autoren: Dennis Dix, Hans Elsner, Simone Haserodt, Sievert Herms, Andrea Hoffmann, Hella Kemper, Ulrich Schmitz, Bernd Schossadowski, Aneka Schult, Margarete Tosch-Schütt. > fotos: Lucas Kreuzer. > illustrationen: Alexander Besiswestnikh, Peter Ens, Christin Ursprung.

Idee, Layout und Projektmanagement: Priska Tosch

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