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1. 2. 3. 4. 5. 2007 6. 7. 8. Verlagspostamt: 1050 Wien / P.b.b. / 03Z035165 M Chemie in der Zelle: • Wo die Stammzellenforschung steht. Und wie Bioinformatik das Verständnis der Genome revolutionieren wird Chemie am Bau: • Nach der Übernahme von Degussas Bauchemie: Wo BASF die größten Wachstumschancen sieht Chemie in der Pflanze: • Warum es 30 Jahre braucht, bis Golden Rice einen ersten Markt erobert CHEMIE REPORT CHEMIE • LABOR • BIOTECH • PHARMA DAS BRANCHENMAGAZIN .at BIONICS DESIGN BY NATURE Im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche diskutiert der von ecoplus geladene Arbeitskreis die Möglichkeiten, an den Vorbildern der Natur zu lernen. Der Chemie Report zeigt die besten Überlegungen.

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Verlagspostamt: 1050 Wien / P.b.b. / 03Z035165 M

Chemie in der Zelle:• Wo die Stammzellenforschung steht.

Und wie Bioinformatik das Verständnis der Genome revolutionieren wird

Chemie am Bau:• Nach der Übernahme von Degussas

Bauchemie: Wo BASF die größten Wachstumschancen sieht

Chemie in der Pflanze:• Warum es 30 Jahre braucht, bis

Golden Rice einen ersten Markt erobert

CHEMIEREPORTC H E M I E • L A B O R • B I O T E C H • P H A R M A

DAS BRANCHENMAGAZIN.at

BIONICSDESIGN BY NATURE

Im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche diskutiert der von ecoplus geladene Arbeitskreis dieMöglichkeiten, an den Vorbildern der Natur zu lernen.Der Chemie Report zeigt die besten Überlegungen.

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Biodiesel: Kärntner verdoppeln Output, Kremser erschließen kanadische Rapsöl-Ressourcen |Brenntag profitiert von Balkan-Nachfrage | Croma-Pharma wird zur Nummer 5 in der europäischen Ophthalmologie | Basell und Lyondell formen neuen Chemieriesen |Poloplast setzt auf nachhaltige Entwicklung | 40 Jahre Endress+Hauser Österreich |Wien erhält VIBT und Österreichs größtes Betonwerk | GIG Karasek baut aus | FrischesGeld für Austrianova und Intercell | Steirische Lederindustrie bekommt Auflagen |I.S.T. Austria auf Forschersuche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Die besten Sager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

E-Control bremst überzogene Ökostrom-Phantasien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

B A U C H E M I E

BASF will das 2006 übernommene Bauchemiegeschäft der Degussa zu neuen Höhen führen: Der Umsatz soll sich dann in diesem Segment bis 2015 auf 4 Mrd. Euro verdoppeln. Auf die Bauindustrie entfallen bereits 15 % des gesamten BASF-Umsatzes. . . 18

S TA M M Z E L L E N

Ein Wiener Symposium versammelte die Top-Experten auf dem Gebiet der Zelltherapie. Sie berichteten über die Möglichkeiten, künftig Krankheiten wie Krebs, Herzversagen oder Inkontinenz via Impfung zu kurieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Der Consulter Bernhard Fischer gibt einen Überblick über das komplizierte Regelwerk der Stammzelltherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

V O N Z E L L E N & E N Z Y M E N

Zwei Nobelpreisträger haben vorgetragen: Hamilton Smith über die „Minimal Cell“, Richard Roberts über Restriktionsenzyme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

C O V E R

Der von ecoplus geladene Arbeitskreis im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche diskutiert die Chancen der Bionik: Der Chemie Report zeigt die besten Überlegungen. . . . . 27

C D - L A B O R E

Erstmals sind mehr als 50 Christian-Doppler-Labore aktiv. Das große Special gibt einen Überblick, in welche Richtung die erfolgreiche Kooperationen zwischen Forschung und Wirtschaft tendiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

M AT E R I A L I E N

Clariant öffnet sein Testlabor für Polymerverarbeiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Oberflächenchemie: Was die Analyse der Festkörperoberfläche unter weitgehend realen Bedingungen ermöglicht, erläutert Thomas Luxbacher von Anton-Paar. . . . . . . . . . 52

Innovationen: Was Bayer auf der „K 2007“ zeigen wird. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Lanxess: Nach der Restrukturierung erhöht der Gummikonzern die F&E-Quote. . . . . . . . 62

L I F E S C I E N C E S

Was Biologika bei Psoriasis erreichen. Und wie Bioinformatik das Verständnis der Genomerevolutionieren will | Österreich zapft bald SuperEthanol | Biomass-to-Liquid: Karlsruher Bioliq-Anlage nimmt Formen an | Profactor forscht indessen an Wasserstoff aus Biomasse | In Schkopau arbeitet man an Kautschukgewinnung ohne Wasserdampf. . . 64

I N T E R V I E W

Im Gespräch mit Andreas Bernkop-Schnürch. Der Leiter des Lehrstuhls PharmazeutischeTechnologie an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck hat eine neue Generationschleimhauthaftender Trägermaterialien für Arzneiwirkstoffe entwickelt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

G E N T E C H N O L O G I E

Warum die Zulassung von „Golden Rice“ – er könnte wesentlich zur Armutsbekämpfung beitragen – jahrzehntelang auf sich warten lässt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Neue Produkte: Messen, mixen, sichern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78In der Pipeline: Überprüft, getestet, vor dem Rollout. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

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Erinnern Sie sich noch? Mitte Juni versuch-te das Kremser Biotech-Unternehmen Cell-med Research mit Hilfe eines Magazinarti-kels ein in Wien abgehaltenes Symposiumzu möglichen Stammzelltherapien zu be-werben. Die Folge davon waren mediale In-trigen, ein Roundtable mit jeder Menge„Wadlbeißerei“ im Staatsfunk und schließ-lich der Ausstieg der beiden Top-Wissen-schaftler Johannes Huber und Sepp Leo-dolter als Gesellschafter bei Cellmed sowiedas Aus für die dort praktizierte Immunthe-rapie mit dendritischen Stammzellen.Der Chemie Report war bei besagtem Sym-posium anwesend. Journalisten aus denach so kundigen Redaktionen unsererHochleistungsmedien blieben dagegenausnahmslos fern. Dennoch steigerten sichdie Vorwürfe der „Geschäftemacherei“langsam hoch zu „Scharlatanerie“ undmehr.Die Vorträge des Stammzell-Symposiums(siehe Beitrag im Blattinneren) warendurchweg kontroversiell, diskutiert wurdenneben den bisher nur teilweise erfolgrei-chen Stammzelltherapien aber eben auchdie Chancen eines therapeutischen Verfah-rens mit Hilfe von Antikörper präsentieren-den Zellen – den dendritischen Zellen –,die als Impfstoff womöglich „wahre Wun-der“ gegen Tumor- oder andere Erkrankun-gen bewirken können.So weit, so gut. Die mediale Hetzjagd gingindessen weiter. Und sie zeigte mitunterauch ein durchaus kurierendes Bild derheimischen Gesundheitspolitik: Der Ge-sundheitssprecher der Grünen, Kurt Grüne-wald, forderte gar ein Werbeverbot fürmedizinische Produkte, die Gesundheits-sprecher der beiden Großparteien schienenvon all dem nicht einmal ansatzweise ei-nen Tau zu haben und die amtierende –Präservative verteilende und am Catwalkherumhüpfende – Gesundheitsministeringlänzte durch Abwesenheit. Setzte am Tagnach der „versäumten“ ORF-Diskussionzum allmählich hausgebackenen „Krebs-Skandal“ sogar noch eins drauf und ver-schickte für Steuergeld Presseaussendun-gen, deren Inhalt die Ungeheuerlichkeitdieses Skandals besonders unterstrich.

Warum ich alldas erzähle?Nun, es währ-te keine dreiWochen biszu einer ande-ren Presse-aussendung. Diesmal vom US-BiotechNorthwest Biotherapeutics. Dort war zulesen, dass die Amerikaner in der Schweizdie Zulassung für den Impfstoff DCVax-Brain erhalten hatten. Und – Sie erratenes schon – dieser Impfstoff zur Behand-lung bösartiger Hirntumore basiert ausge-rechnet auf dendritischen Stammzellen.Jene Technologie, die von österreichischen„Top-Ärzten“ und „Top-Politikern“ kurzer-hand verteufelt wurde, wird in derSchweiz dagegen ohne viel Aufhebenszugelassen. Alton Boynton, der CEO von NorthwestBiotherapeutics, kommentiert: „DieSchweiz ist attraktiv für den Beginn derVermarktung, da die Erfahrungen mit Zell-therapien dort zunehmen und die Schweizzunehmend als Zielland für Medizintou-rismus angesehen wird. Wir freuen unsdarauf, DCVax-Brain auch bei vielen ande-ren Krebsarten anzuwenden, wozu auch 5 Krebsarten gehören, für die uns bereitsdie Genehmigung der FDA für den Beginnvon klinischen Studien vorliegt.“ North-west Biotherapeutics wird den Impfstoff inden USA herstellen und ihn ausgewähltenZentren in der Schweiz zur Verfügungstellen. So liest sich professionelle Bio-technologie in der Praxis.

In der österreichischen Medienlandschaftging diese Meldung freilich völlig unter, dieHochleistungsredaktionen schwiegen. Wasbleibt, ist einmal mehr eine verzerrteWahrnehmung vom Pharmabusiness. Undein Johannes Huber, der letztlich bewiesenhat, dass sonstige AKH-Granden ihm nichtdas Wasser reichen können. Die wirklicheSpitzenmedizin darf hoffen, dass er nichtdas Handtuch wirft.

Spannende Lektüre wünschtMarkus Zwettler

Chemiereport.at – Chemiereport.at – Das Magazin für Chemie, Labor und Biotechnologie. Internet: www.chemiereport.at / Medieninha-ber, Verleger, Herausgeber, Anzeigenverkaufsleitung: Josef Brodacz, 1100 Wien, Zur Spinnerin 53/4/33, Tel.: 01/595 55 83, E-Mail: [email protected] / Chefredaktion: Mag. Markus Zwettler / Redaktion: Dr. Carola Hanisch, Mag. Renate Haiden, Dip. Ing. Wolfgang Schweiger, Hannes Stieger, Dr. Karl Zojer / Lektorat: Mag. Gabriele Fernbach / Vertrieb und Abos: Anna Brodacz / Layout, DTP: creativedirector.cc lachmair gmbh / Druck: Bauer Druck, Wien. / Erscheinungsweise 8x jährlich, Druckauflage 8.800 /Anzeigenpreisliste gültig ab 1. 1. 2006

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EditorialRänkespiele, Wirklichkeiten

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Die BioDiesel Kärnten hat in Arnoldstein die zweite Ausbau-stufe der „modernsten Multi-Feedstock-Biodieselanlage der Welt“in Betrieb genommen. Jetzt können jährlich 50.000 t Biodieselaus Altspeiseölen und Tierfetten produziert werden. Landeshaupt-mann Jörg Haider kündigte an, dass alle Landestankstellen für400.000 Euro auf Biodiesel umgerüstet werden – Kosten, die sichin einem Jahr amortisieren sollen. Es würde nämlich eine Bundes-förderung von 125.000-150.000 Euro geben, zudem würden allei-ne die dann mit 100 % Biodiesel laufenden Dienstfahrzeuge desLandes jährlich 250.000 Euro einsparen. Weiters sollen die großenStädte Kärntens den öffentlichen Verkehr und ihre Fahrzeuge aufBiodiesel umstellen. BioDiesel Kärnten unterhält Sammelstellenin Kärnten, der Steiermark, Tirol und arbeitet mit Sammelstellenin Slowenien und Oberitalien zusammen. Errichtet hat die Anla-ge BioDiesel International, laut Martin Mittelbach vom Institutfür Organische Chemie der Universität Graz werden dort „revolu-tionäre Verfahrensschritte“ genutzt.

BioDiesel Kärnten verdoppelt Output

6 | chemiereport.at 5/07

Bisher wurden in die Anlage Arnoldstein 28 Mio. Euro investiert.

Kanadisches Rapsölfür Kremser Biodiesel

Die Verhandlun-gen zwischen derWiener SBU Biodie-selanlagen Be-triebsgmbH und ei-nem irischen Trustbefinden sich in derEndphase. Geplantist die Errichtung ei-ner 60 Mio. Euroteuren Ölmühle inKanada mit einer Ka-pazität von 240.000Jahrestonnen, diekünftig in Krems dieBiodieselproduktionam Gelände der Dy-nea Austria versorgensoll. Die SBU rech-net sich durch dasgroß angelegte Kana-da-Projekt – einge-denk stark gestiegenerRapspreise – einenWettbewerbsvorteil

am Rohstoffsektor aus. 200.000 der 240.000 t Rapsöl, die in der ge-planten Ölmühle in Kanada produziert werden sollen, sind für dieBiodieselproduktion in Krems vorgesehen. Sie sollen per Schiff imKremser Hafen angeliefert werden. Das ebenso benötigte Methanolwird SBU in einer Einkaufsgemeinschaft mit Dynea beziehen.Durch die erweiterten Projektarbeiten in Kanada hat sich der Bau-beginn in Krems um einige Wochen verschoben. Die Umweltver-träglichkeitsprüfung dafür hat SBU jedoch bereits positiv abge-schlossen. 2008 soll die Anlage starten.

Biodiesel made in Krems wird kanadisches Rapsöl

verwenden.

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Brenntag wächst starkam Balkan

Der in Wien ansässige Chemiedistributeur Brenntag CEE hat imGeschäftsjahr 2006 den Umsatz um 10 % auf 644 Mio. Euro stei-gern können. 75 % davon wurden bereits in dem Mitte der 1990erJahre gestarteten Ostgeschäft getätigt. Allein im ersten Halbjahr2007 konnte Brenntag CEE ein organisches Wachstum von 15 %gegenüber der Vorjahresperiode verzeichnen. Der Boom geht vonOsteuropa aus, besonders hohe Wachstumsraten werden am Bal-kan, in Rumänien, Bulgarien, in Serbien und in der Ukraine erzielt.Stärkster Markt ist Polen, wo 2006 mehr als 200 Mio. Euro erzieltwurden. Einer der größten Standorte in Polen, das Werk Kedzier-zyn-Kozle nahe Krakau, wird nun um rund 10 Mio. Euro zu einemCenter of Competence für Tiernahrungszusatzstoffe ausgebaut. Zu-dem soll in der Ukraine eine Niederlassung gegründet werden. In-vestiert wird aber auch in Österreich. In Guntramsdorf, wo Brenn-tag eine große Produktionsanlage zur Herstellung von FunctionalFood betreibt, wurden kürzlich 1,5 Mio. Euro in neue Maschineninvestiert.

Aufgegangen ist das Air1-Konzept: Brenntag stellt dabei das Reduktionsmit-

tel AdBlue von Yara europaweit zur Verfügung.

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Opthalmologie: Croma-Pharma kauft in Frankreich zu

Anlagenrevision bei AMI

Das Familienunternehmen Croma-Pharma aus Korneuburg ist seit 15. Ju-ni Besitzer der ophthalmologischenSparte der französischen Cornéal Labo-ratoir mit Sitz in Paris. Diese hat sichdurch Innovationen für die Vorder-und Hinterabschnittschirurgie wie vis-koelastische Injektionen, Intraokular-linsen und medizintechnisches Equip-ment am Augenheilkunde-Markt eta-bliert und erzielte zuletzt einen Umsatzvon 28 Mio. Euro – jener von Croma-Pharma wird sich somit auf rund 70 Mio. Euro erhöhen. Croma-Pharmaverfügt bereits über Vertriebsgesell-schaften in Deutschland, Polen, Un-garn und Rumänien, die zahlreichenCornéal-Vertriebsfirmen werden in dieCroma-Pharma eingegliedert. Die der-zeit 175 in Frankreich tätigen Cornéal-Mitarbeiter werden übernommen,Croma-Pharma verzeichnet nun 400Mitarbeiter.

Bis Ende Juli dauerten die rund achtwöchigen Wartungsarbeiten beim Linzer Melamin-und Düngemittelproduzenten AMI. Die 24 Mio. Euro teure Revision hat den Anlagen-standard für Sicherheit und Zuverlässigkeit nachhaltig angehoben, zudem wurden notwen-dige Reparaturen durchgeführt. Bereits im Mai wurden gleichzeitig die Ammoniakanlage,eine Harnstoff- sowie zwei Melaminanlagen abgeschaltet. Im Juni folgten vier weitere Pro-duktionsstätten. Der daraus resultierenden Produktionsreduktion wurde im Vorhinein mitÜberschussproduktion begegnet.

Im Zuge des fünfjährigen Revisionsintervalls waren zusätzlich zur Stammbelegschaft bis zu 800 Mitarbeiter von Fremd-

firmen im Einsatz.

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Mit der Akquisition stößt Gerhard Prinz mit seiner

Croma-Pharma zu den Top 5 am europäischen Augen-

heilkunde-Markt vor.

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DIE BESTEN SAGER +++ DIE BESTEN SAGER +++ DIE BESTEN SAGER +++ DIE BESTEN SAGER

DIE BESTEN SAGER +++ DIE BESTEN SAGER +++ DIE BESTEN SAGER +++ DIE BESTEN SAGER

„Wir wollen bis2012 in China ei-nen Umsatz von 2Mrd. Dollar errei-

chen, sodass dann20 % des Ge-

samtumsatzes ausdem asiatisch-pa-

zifischen Raumkommen. Ich bin zuversichtlich, dass die

Investitionen weitergehen. Wenn wir unse-re Ziele erreichen, werden wir unseren

Umsatz in China in weniger als 10 Jahrenvervierfacht haben.“

Hans Wijers, CEO von Akzo Nobel

„Wir kennen zwar seit einigen Jahrendie Genomsequenzen vieler Organismen,

und es werden täglich mehr. Aber wirkonnten die Buchstaben nur lesen, ohneihre Bedeutung – die chemische Struktur

der von ihnen gebildeten Moleküle –genau zu verstehen. Diesen Erkenntnis-schritt haben Chemie und Biologie jetzt

gemacht, wir erleben eine Revolution fürdie Entwicklung medizinsicher Wirkstoffe.“

Markus Kalesse, Helmholtz-Zentrum

für Infektionsforschung in Braunschweig

„Durch die Erhöhung der Mineralöl-Steuer wurde das Fahren mit Erdgas noch

interessanter. Autofahrer sparen pro 100 km im Schnitt 4,44 Euro gegenüberBenzin und 2,35 Euro gegenüber Diesel.

Zudem wird in Wien die Anschaffung einesneuen Erdgasfahrzeugs mit 600 Eurogefördert. Dadurch rechnen sich viele

Fabrikate schon ab dem ersten Kilometer.“Helmut Miksits, Geschäftsführer

von Wien Energie

„Der Graben in der Wissenschaft wirdzwischen Europa und den USA eher grö-

ßer denn kleiner, sodass wir Mühe haben,in der Forschung mit Ländern wie Indien

oder Singapur mitzuhalten. [...] Österreichsollte 4-5 Schwerpunkte setzen und diese

Forschungsziele auch mit gesetzlichenRahmenbedingungen unterstützen. [...] À la longue werden in Europa und den

USA 10-15 Universitäten übrig bleiben,an denen sich die Action abspielt, alle an-deren Unis werden ,nur’ noch ausbilden.“

Josef Penninger, Wiener IMBA

„Wir wissen heute über die Verdauungder Kühe mehr als über die Verdauung der

Menschen. [...] Die Diskussion über diegrüne Gentechnologie wurde bis dato

ausschließlich dogmatisch geführt – davonmüssen wir uns befreien.“

Franz Fischler, Ökosoziales Form

„Der Regelsatz für die Flächenstilllegungin der EU sollte schon im Wirtschaftsjahr2007/08, das heißt für die Ernte 2008,

von derzeit 10 % auf Null gesetzt werden.Dadurch soll vermieden werden, dass eine

erneut nur durchschnittliche Ernte imkommenden Jahr die Bestände weiter

sinken lässt.“Forderung der Branchenverbände der Landwirte

COPA und COGECA

„Auch eine heute 80 Mrd. Dollarschwere Company wie Amgen war am

Beginn ziemlich nackert. Eine in Wien inden 1970er Jahren

angedachteKooperation mit

den späteren Am-gen-Gründern

scheiterte, weilwir die Forschung

nicht entspre-chend abschirmen– tiefstrahlsicher –

machen konnten. Wäre es anders gelau-fen, würden wir heute auch in Geld

schwimmen. [...] Es fehlt uns eine Risiko-kapital-Mentalität.“ Hermann Katinger, VIBT

„Der Mensch eignet sich global einViertel der jährlichen Biomasseproduktiongrüner Pflanzen an – durch die Produktion

von Nahrungsmitteln, Holz und Bioenergie.Hand in Hand mit der Flächenversiegelungwird so die für alle anderen Arten verfügba-

re Nahrungsenergie immer geringer.“ Helmut Haberl, Universität Klagenfurt

„Heute hängt die Welt von 20 Öl produ-zierenden Ländern ab. Morgen sind mehrals 100 Länder in der Lage, Biokraftstoffe

zu erzeugen. Das wird zu einer besserenVerteilung der Bezugsmöglichkeiten der

restlichen Länder führen.“Luiz Inacio Lula da Silva, Präsident Brasilie

„Die Industrieist für eine

integrierte Energie-und Klimaschutz-politik, welche dieWettbewerbsfähig-

keit stützt. Dafürhat die chemischeIndustrie entschei-dende Beiträge geleistet und wird dies auch

in Zukunft tun. Ich glaube aber nicht aneine Politik, die einschränkt und überambi-

tionierte Ziele setzt. Ich habe in über 30 Jahren in unserem Unternehmen

gelernt, dass unrealistische Vorgaben zuKonfusion und Misserfolg führen.“

BASF-Boss Jürgen Hambrecht

„Das Jahr 2007 wird in die Geschichteeingehen als das fünfte Aufschwungjahr derWeltwirtschaft in Folge. So etwas hat es in

den fast 60 Jahren nach dem zweitenWeltkrieg noch nicht gegeben.“

Martin Hüfner, Chefökonom bei direktanlage.at

„In den letzten beiden Jahren hat diechemische Industrie Chinas ihren Umsatzum fast 70 Mrd. Euro ausgedehnt. 2006

ist China mit einem Umsatz von 205 Mrd.Euro auf Platz 2 der Chemienationenvorgestoßen und überholte so Japan

(195 Mrd. Euro). Ein Wechsel an derSpitze ist jedoch vorerst nicht zu erwarten,denn die USA spielen mit 508 Mrd. Euro

Umsatz in einer anderen Liga. Bereits2005 hatte China den EuropameisterDeutschland von Platz 3 verdrängt.“

Aus dem neuen Faltblatt

„Chemische Industrie kurz gefasst“ des VCI

„Rund 36 % der Arbeitszeit werden inÖsterreich unproduktiv verwendet – 79

verschwendete Arbeitstage je Mitarbeiter.Gegenüber 2001 hat sich dieser Wert zwarum 9 Tage verbessert, allerdings reicht die

Verbesserung bei weitem nicht aus, um dieProduktivitätslücke zu einem effizienten

Leistungsniveau zu schließen. Wir glauben,dass ein Produktivitätsniveau von 85 % derArbeitszeit statt der jetzt 64 % möglich ist.

Und das würde eine zusätzlichen Umsatzvon 60-70 Mrd. Euro ermöglichen.“

Produktivitätsberater Alois Czipin

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Die niederländische Basell – dieNummer eins bei Polypropylen –übernimmt für 8,8 Mrd. Euro dieamerikanische Lyondell ChemicalCorporation und wird damit zueinem der weltgrößten Chemie-konzerne. Der Gesamtwert derTransaktion beläuft sich unter Ein-schluss der übernommenen Schul-den auf 19 Mrd. Dollar. Das fusio-nierte Unternehmen erzielt einenUmsatz von 34 Mrd. Dollar undbeschäftigt weltweit 15.000 Mitar-beiter. Damit hat Basell nach denNiederlagen bei den Bieterschlach-ten um GE Plastics (sie ging an Sa-bic) sowie den US-ChemiekonzernHuntsman (wurde durch die vonder US-Investmentfirma Apollokontrollierte US-Chemiegesell-schaft Hexion Specialty Chemicalsübernommen) sofort zu einemnoch größeren Schlag ausgeholt. Lyondell ist – hinter Dow und DuPont – die drittgrößte unabhängige US-Chemiegesellschaft mit Sitz inHouston. Sie erzielte 2006 einen Umsatz von 22,3 Mrd. Dollar und verbuchte einen Gewinn von 186 Mio. Dollar. Die Gesellschaftproduziert neben Petrochemieprodukten auch Kunststoffe und verfügt über Raffinerien.

Basell übernimmt Lyondell Chemical

Poloplast legt zweiten Nachhaltigkeitsbericht vor

Poloplast wurde vom Österreichischen Institut für nachhaltige Ent-wicklung (OIN) eingeladen, am Sustainability Management Systemmitzuarbeiten und hat im Zuge dessen den Nachhaltigkeitsbericht neuaufgelegt. Der Kunststoffrohr-Profi berichtet damit als dritter Indus-triebetrieb Österreichs gemäß den Richtlinien der Global ReportingInitiative, Anwendungsebene C+. Für den kaufmännischen Poloplast-Chef Wolfgang Lux ist die „enorme Wachstumsphase, die das Unter-nehmen derzeit zu bewältigen hat, immer schwieriger zu koordinie-ren“. Hier sei das Instrument des Nachhaltigkeitsberichts ein „hoch-wertiges Integrationstool“. Zudem lasse sich damit ein bestimmter

Preis am Markt wesentlich leichter erklären. Angesprochen auf dieKonkurrenz aus Osteuropa und Fernost meint Lux: „Zum einen wer-den auch in Osteuropa hochpreisige Qualitätsprodukte stark nachge-fragt, sodass sich das Beharren auf nachhaltigen Werten sehr wohlauch hier auszahlt. Zum anderen kommt es auch durch chinesischeAnbieter nicht zu einem Preisverfall. Wir gehen sogar soweit, dass wirfür unsere Mehrschichtrohre die nötigen Mineralien teurer in Öster-reich beziehen, weil hier diese Rohstoffe unter angemessenen Arbeits-bedingungen über Tage abgebaut werden.“ Poloplast – nicht zuletztdank einer werteorientierten Unternehmensführung – zum Leitbe-trieb für Kunststoffrohrsysteme, Compounding und Kunststofftech-nik in Österreich geworden, generierte 2006 einen Umsatz von 77 Mio. Euro und erzielt derzeit jährlich ein Umsatzplus von mehr als20 %. Strategisch nehmen insbesondere Niedrigenergiehaus- bzw. Pas-sivhauskonzepte an Bedeutung zu, wobei den Kunststoffrohrsystemeneine hohe Bedeutung zukommt. Die Poloplast-Werte des SPIRIT (Success, Partnership, Innovation, Resources, Identifica-

tion, Teamwork) finden sich auch in der Struktur des Nachhaltigkeitsberichts wieder.

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Nachhaltige Entwicklung: Alfred Strigl vom OIN spricht von„ersten Frühaufstehern“ unter den Unternehmen, die sich die-sem Thema mit Nachdruck widmen und sich so laufend dieFrage stellen: „Welchen Nutzen stifte ich für die Gesellschaft?“Unternehmen, die ihr nachhaltiges Tätigsein entsprechendkommunizieren, ernten auch die Früchte ihrer Anstrengungen.„Denn in gesättigten Märkten, deren Produkte sich immer weni-ger voneinander unterscheiden, wird eine positive Reputationeines Unternehmens zunehmend zum Alleinstellungsmerkmalund somit zum kaufentscheidenden Kriterium für Kunden.“Und: „CO2-arme Produkte“ würden schon in wenigen Jahrenweltweit eine dominierende Rolle spielen.

Lyondell produziert unter anderem im niederländischen Maasvlakte-Werk und unterhält auch im Wiener Millenniumstower ein Büro.

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die wachstumsstarken Märkte der neuen EU-Mitglieder vor der Tür. Ein entscheidender

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Entscheidungen und schnelle Genehmigungen schon international bekannt. Und speziell

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Austrianova konnte in einer neuen Finan-zierungsrunde die irische Ryan-Holding alsInvestor gewinnen – im Rahmen der Kapi-talaufstockung lukriert das Wiener Biotech35 Mio. Euro, verteilt auf mehrere Schritte.In früheren Fund-Raisings konnte Austria-nova bereits 30 Mio. Euro aufbringen. Tho-mas Fischer und Brian Salmons, Gründerund Vorstände von Austrianova, sind über-zeugt, „mit dieser Finanzierungsrunde dasPotenzial der NovaCaps-Technologie vollausschöpfen“ zu können. Das Investitionsvo-lumen ermöglicht die Durchführung allernötigen Schritte zur weltweiten Zulassungvon NovaCaps Pankreas und stellt darüberhinaus einen soliden Finanzrahmen für akti-ves Partnering mit der Pharma- und Biotech-industrie bezüglich weiterer Produktent-wicklungen auf Basis der „Bioencapsulation“-Technologie dar.

Austrianova lukriert 35 Mio. Euro

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Endress+Hauser Österreich feiert Jubiläum

Seit nunmehr 40Jahren ist Endress+Hau-ser mit einer eigenenVertriebsorganisation inÖsterreich vor Ort.

Am 1. April 1967wurde das Unterneh-men von Hans Charvatgegründet. „Damals gabes nur ein Produkt: Ka-pazitive Grenzschalter“,erinnert sich der heutigeGeschäftsführer Wolf-gang Adelsmayer. „ZweiPersonen wickelten dieGeschäfte ab.“ Mit dersteten Entwicklung derEndress+Hauser Grup-pe breitete sich auch die

Geschäftstätigkeit in Österreich immer weiter aus. Das erste Bürowar in einer Wohnung im 18. Wiener Gemeindebezirk unterge-bracht. 1978 kam mit Endress+Hauser Conducta die Analysen-messtechnik hinzu. Ende der 1980er Jahre wurde mit der Planungdes Bürogebäudes im 23. Wiener Gemeindebezirk begonnen. 1990zog dort die gesamte österreichische Endress+Hauser, Organisationein. Heute beschäftigt Endress+Hauser in Österreich 56 Men-schen. Am Standort sind Vertrieb, Marketing und Service präsent.„Unsere Organisation ist sowohl auf Branchen als auch auf Pro-duktschwerpunkte ausgerichtet, sodass unsere Kunden immer dierichtigen Ansprechpartner haben“, so Adelsmayer.

Firmenchef Klaus Endress gratulierte den Mitarbei-

tern der Österreich-Tochter zum 40-Jahr-Jubiläum.

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VIBT-Ausbau geht los

Startschuss für die Errichtung einer weiteren Ausbaustufe für dasVIBT, das Vienna Institute of BioTechnology in Wien-Heiligen-stadt. In dem Neubau sollen alle BOKU-Institute vereint werden,die sich mit den Schlüsseltechnologien der Zukunft befassen. Insge-samt werden 30.000 m2 Bruttogeschoßfläche für die Nutzungdurch den universitären und nichtuniversitären Bereich vonBAI/Glamas und PORR errichtet. Die Zusammenarbeit garantiert,dass Forschende sowie Start-ups und Spin-offs im Bereich der Bio-technologie rasch auf spezielle Labor- und Großgeräte sowie auf dienotwendige Infrastruktur zurückgreifen können. Für die optimaleGeräteausstattung des VIBT haben Stadt Wien und BOKU einen„Einkaufstopf“ mit 13 Mio. Euro gefüllt.

Beim Spatenstich: Bürgermeister Michael Häupl, Wissenschaftsminister

Johannes Hahn und Vizebürgermeisterin Renate Brauner.

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Austrianova ist führend bei der Verkapselung lebender Zellen.

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GIG Karasek baut neues Labor

Österreichs größtes Betonwerk in Wien eröffnet

Der international täti-ge AnlagenbauspezialistGIG Karasek hat denGrundstein für ein eige-nes Entwicklungszentrumfür Eindampftechnolo-gien gelegt. Die Bauzeitwird mehrere Monate be-tragen – das Labor sollrechtzeitig vor dem 2008stattfindenden 75-Jahr-Jubiläum des Unterneh-mens fertig sein. Bisher hat GIG Karasek in einem eingemieteten Labor in der Nähe vonBrünn für spezielle Kundenbedürfnisse entwickelt und geforscht. Durch ständig steigendeAnforderungen auf den Gebieten Umweltschutz, Recycling sowie Eindampf- und Trenn-technik konnten die Kundenwünsche in dieser Konstellation jedoch nicht mehr ausrei-chend erfüllt werden. Deshalb entschied sich GIG-Chef Andreas Karasek dazu, am eige-nen Firmengelände in Gloggnitz ein Entwicklungszentrum zu errichten, das durch die an-gestrebte enge Kooperation mit der TU Wien und der TU Graz zukunftsweisendeEntwicklungen ermöglichen wird.

Transportbeton, ein Unternehmen der Asamer Gruppe, hat für 2,5 Mio. Euro das mo-dernste Betonwerk Österreichs in Wien-Simmering in Betrieb genommen. Die Kapazitätder Anlage wird durch die Neuerrichtung des 1971 erbauten Betonwerks um 25 % erhöht.Pro Stunde und je nach Sorte können nun 93-120 m3 hochwertiger Beton erzeugt werden.Mit 10 Silokammern, die ein Lagervolumen für die Produktion von 600 m3 Beton aufwei-sen, einem 3 m3 Doppelwellenmischer und 4 Zementsilos mit einem Lagervolumen von ins-gesamt 490 t ist die Anlage für die Produktion von Spezial- und Sonderbetonen prädestiniert.Für die Sommermonate steht zur Kühlung des Betons eine Scherbeneisanlage mit einerKapazität von 44 m3 Eis/Tag im Einsatz. Der Brennstoffverbrauch der Zuschlagsstoff-Heiz-anlage ist nun im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen 60-80 % niedriger.

Neuer Mischturm: Rechts die Eisanlage, links die Zementsilos.

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Gloggnitzer Anlagenbauer GIG Karasek baut für 2 Mio. Euro F&E-Labor.

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• Dow errichtet in Schkopau bis Mitte 2008 eine neue Anlagezur Produktion des Synthesekautschuks SSBR, der zur Reifen-produktion sowie als Ausgangsprodukt für Dichtungen,Schläuche oder Schuhsohlen verwendet wird. SSBR ist das der-zeit am stärksten wachsende Segment des Kautschukmarktes.In Schkopau wird seit 1937 Synthesekautschuk hergestellt.Weil dazu Butadien und Natrium verwendet wurden, hieß dasWerk einst Buna.

• Die Honeywell-Tochter UOP und Eni werden im italieni-schen Livorno bis 2009 eine Anlage bauen, in der erstmalsdie Ecofining-Technologie zur Erzeugung von Diesel ausPflanzenöl zum Einsatz kommt. Angestrebt wird die Verar-beitung von 6.500 Barrel Pflanzenöl täglich, um europäi-sche Raffinerien mit einem direkten Dieselersatz mit hoherCetanzahl zu versorgen.

• Abbott und General Electric haben vereinbart, den Vertragzum Verkauf der Geschäftsbereiche Kernlabor und Point-of-Care-Diagnostika von Abbott an GE aufzuheben. Derfehlgeschlagene GE-Zukauf verstärkt den Vorsprung vonSiemens auf der Medizintechnik-Front – denn Siemens hatmit dem freigewordenen Geld aus dem Verkauf der VDO-

Sparte an Conti die ehemalige Hoechst-Tochter Dade Beh-ring für 7 Mrd. Dollar übernommen. Auch Roche versuch-te zuletzt die auf In-vitro-Diagnostik spezialisierte Ventanafür 3 Mrd. Dollar zu übernehmen.

• Wacker wird in Burghausen eine neue Anlage zur Herstel-lung von granularem Polysilicium für die Solarindustrie er-richten. Die neue Produktion mit einer Nennkapazität von650 Jahrestonnen soll Ende 2008 den Betrieb aufnehmenund nach dem Wirbelschichtverfahren arbeiten.

• Die EU-Kommission hat Staatshilfen in Höhe von 150Mio. Euro für Investitionen von Repsol Polimeros für einChemiewerk im portugiesischen Aletejo genehmigt. DieSteuererleichterungen betreffen Werke, die Polypropyleneund Polyethylene herstellen.

• SolVin, das Joint Venture von BASF und Solvay, will wegeneiner starken Nachfrage seine PVC-Produktion in Belgienausbauen. Die Produktionskapazität soll bis 2009 von der-zeit 400.000 auf 475.000 t aufgestockt werden. SolVin pro-duziert jährlich 1,3 Mio. t PVC und beschäftigt knapp2.000 Mitarbeiter in Frankreich, Deutschland, Spanien undden Benelux-Ländern.

IN KÜRZE

Bewegte Zeiten für Intercell

Dieser Deal mit Novartis hat das Potenzial, Meilensteinzahlun-gen und Lizenzgebühren in mehrfacher Milliardenhöhe auszulösen.Novartis wird Intercells Adjuvans IC31 exklusiv für die Entwick-lung verbesserter Influenza-Impfstoffe verwenden. Die Partner-schaft umfasst zudem ein Abkommen, die Programme beider Un-ternehmen im Bereich der therapeutischen Hepatitis-C-Impfstoffezusammenzuführen. Intercell selbst hat erst kürzlich eine Phase-I-Studie für einen Influenza-Impfstoff, der Intercells Adjuvans IC31enthält, gestartet. Er soll sich auch bei Älteren und Kindern bewäh-ren und gegen unterschiedliche Virusstämme Schutz bieten.

Optaflu-Zulassung. Novartis hat indessen die EU-Zulassungfür Optaflu bekommen – den ersten Grippeimpfstoff, bei dessenHerstellung statt Hühnereiern eine Zelllinie zur Produktion vonAntigenkomponenten eingesetzt wird. Das Verfahren wurde inMarburg von Novartis Behring entwickelt, wo die weltweit ersteAnlage steht, die den Zellkultur-Grippeimpfstoff im industriellenMaßstab für den Markt produziert. Die Virusanzucht mit derNovartis-eigenen Zelllinie als ausschließlichem Wirt eröffnet dieMöglichkeit einer stabileren Virusvermehrung.

Intercell-CEO Gerd Zettlmeissl: „Unser Antigen-Identifikations-Programm und das

Adjuvans IC31 bekommen jetzt eine völlig neue Dynamik.“

Grippeimpfstoff in der Entwicklung: Saatzellen werden in flüssigem Stickstoff

aufbewahrt und bei Produktionsbeginn zum Leben erweckt.

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Novartis glaubt weiterhin an die Wiener Impfstoffkünste und hat daher das Investment in das Unternehmen deutlich ausgeweitet: Für 270 Mio. Euro steigt der Novartis-Anteil an Intercell von 6,1 auf 16,2 %, zudem erhalten die Schweizer Optionen auf künftige Impfstoffkandidaten.

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Die Lenzing AG verarbeitet etwa 95% jenes österreichischen Buchenholzes, das beim

Durchforsten der ökologisch besonders wertvollen Mischwälder Jahr für Jahr anfällt. Als

Großabnehmer ist Lenzing so Garant für eine wirtschaftliche Nutzung dieser Wälder. Aus

dem nachwachsenden Rohstoff Buchenholz werden in Lenzing nicht nur Zellstoff und in

der Folge Fasern hergestellt, sondern auch wertvolle Kuppelprodukte.

Durch die optimale Holzausbeute wird nicht nur eine höhere Wertschöpfung erreicht, son-

dern auch die Umwelt entlastet. Lenzing entwickelt damit das Konzept einer „Raffinerie

des Holzes“ laufend weiter.

Weltweit führend im Erzeugen und Vermarkten von Cellulosefasern für textile und nicht-

textile Anwendungen setzt die Lenzing AG so Standards durch Technologie und ökologi-

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Ökostrom: Das Potenzial inÖsterreich ist ausgeschöpftIn Österreich haben sich die Regierungsparteien kürzlich für eine neuerliche Novelle des Ökostromgesetzes ausgespro-chen. Die Regulierungsbehörde E-Control bremst aber umgehend: Selbst zusätzliche Fördergelder würden kaum mehr weitere Projekte bewirken. Zudem mahnt die E-Control maßvolle Zielsetzungen im Rahmen der künftigen „Burden-Sha-ring“-Verhandlungen mit der EU ein. Markus Zwettler

Österreichs Regulierungsbehörde E-Control hat bei einem Jour-nalistenseminar alle „allzu grünen Illusionen“ kräftig korrigiert.Walter Boltz, der Leiter der Behörde, vertritt vielmehr eine sehrkonservative Einschätzung, was Änderungen im Energiemix betrifft:„Klar ist, dass wir unsere Ökostrom- und Klimaschutzziele nicht er-reichen werden.“ Zwar befinde sich Österreich damit „in guter in-ternationaler Gesellschaft“, dennoch mahnt er ein: „Es ist höchsteZeit, sich von übereifrigen Öko-Euphorien“ zu verabschieden.

Realistisch sei, dass der Energieverbrauch dem Wirtschafts-wachstum folge. In bis 2020 hochgerechneten Szenarien prophezei-en die Experten dementsprechend eine Zunahme im Energiever-brauch um 13 bis 22 %, je nach Annahme. Aktuell sind in Öster-reich von den 1.440 benötigten PJ etwa 307 PJ „erneuerbar“.Wollte nun Österreich das vollmundig selbst gesteckte Ziel eines45%-Anteils an Erneuerbaren bis 2020 erreichen, so würde das im„Effizienzszenario“ bedeuten, dass rund 560 PJ aus erneuerbarenQuellen generiert werden müssten. Abzüglich der vorhandenenWasserkraftreserven hat die E-Control dafür einen Bedarf von60.000 km2 nutzbarer Waldfläche ausgerechnet. Allerdings: Die ge-samte Waldfläche Österreichs beträgt gerade einmal 40.000 km2.Boltz fügt hinzu: „Und russisches Holz würde letztlich nur russi-sches Gas ersetzen, wobei für ersteres keinerlei Langfristverträgemehr zu bekommen sind.“

Dass Österreichs Bevölkerung in den letzten 15 Jahren um600.000 Einwohner zugelegt hat und die Fertilitätsrate mit der Sterb-lichkeitsrate nicht mehr mithält – ein solch „demografisches Argu-ment“ wiegt bei den E-Control-Experten wenig. Fakt sei, dass derStrombedarf um rund 1 TWh pro Jahr zunimmt, „egal, was passiert“.

Der EU die Stirn bieten. Wie auch immer: Die EU will, dassÖsterreich den Anteil der erneuerbaren Energien auf 34 % erhöht.Laut Christian Schönbauer, bei der E-Control für Ökostromzuständig ist das aber eine Illusion: „Unter Ausnützung aller Mög-lichkeiten sind weitere 6-7 % darstellbar. Damit käme Österreichauf 27-28 %. Das würde allerdings bedeuten, dass Österreich dieBiomasse-Verwertung verdreifacht und 1.000 neue Windräder, vor-wiegend im Weinviertel, errichtet.“ Insbesondere letztere sind imNordwesten Wiens aber weder besonders effizient noch von derdortigen Bevölkerung erwünscht.

„Bei 34 % müsste der Ökostromanteil auf 77 % steigen“, sagtSchönbauer. Da Österreich aber nur bei der Wasserkraft und mitAbstrichen bei der Windkraft Potenzial hat, sei dieser Anteil nichtdrinnen. Österreich würde zudem für seine Rolle als Musterschüler,der schon viel weiter ist als andere Länder, bestraft. Johannes May-er, Volkswirtschaftsexperte der E-Control, geht davon aus, dass bei65 % Ökostromanteil in Österreich faktisch alle verfügbaren Poten-

ziale ausgeschöpft wären. Summa summarum: Mehr als 100 PJ (10 TWh) an zusätzlichem Ökostrom sind in Österreich nicht mehrmachbar – „gegenüber der EU sollte Österreich daher auf keinenFall ein verpflichtendes ,Erneuerbare-Ziel’ von über 30 % akzeptie-ren“, so Schönbauer. Er erinnert zudem, dass derzeit aus dem altenFörderregime nach wie vor zahlreiche Anlagen errichtet würdenund Österreich bereits mehr als 4 Mrd. Euro für Ökostromsubven-tionen – spätestens 2021 fällig – reserviert habe.

Effizienz statt Öko. Jetzt gehe es also weniger darum, den Öko-strom auszubauen, als darum, viel mehr in Richtung Energieeffi-zienz zu tun. Wobei auch hier Geduld gefragt sei: „Industrielle undgesellschaftliche Trägheit“ führe zu sehr langen Latenzzeiten bei derMarkteinführung von technischen Effizienzsteigerungen.

Boltz warnt jedenfalls davor, bei einer Änderung des Ökostrom-gesetzes noch stärker als bisher die Anlagen zu fördern und die hö-heren Einspeisetarife noch länger zu garantieren. „Besser wäre –wie in einigen Teilen der USA – , dass der Stromlieferant eine be-stimmte Menge an bestimmten Ökostrommengen nachweisenmuss.“ Wo dieser Ökostrom produziert werde, solle im jeweiligenSegment der Markt bestimmen. Dadurch könne man erreichen,dass die Ökostromanlagen schneller konkurrenzfähig im Verhältniszu Strom aus Gas oder Kohle würden. PS: Österreich und Deutsch-land haben schon jetzt die höchsten Einspeisetarife für Strom ausBiomasse und Biogas.

E-Control fordert mehr Energieeffizienz statt mehr Ökostromanlagen.

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BASF sieht glänzende Zukunft für die Bauchemie Die BASF will das im Juli 2006 übernommene Bauchemiegeschäft der Degussa zu neuen Höhen führen: BASF-Vorstandsmit-glied Andreas Kreimeyer erwartet bis 2015 eine Umsatzverdoppelung auf 4 Mrd. Euro. Insgesamt entfallen auf dieBauindustrie bereits rund 15 % des gesamten BASF-Umsatzes. Markus Zwettler

Die organisatorische Integration der ehemaligen Degussa Bau-chemie – einer mittelständischen Struktur mit mehr als 100 einzel-nen unabhängigen Gesellschaften – in den BASF-Konzern ist weit-gehend abgeschlossen. Jetzt sollen sich bis 2010 jährliche Synergie-effekte von 100 Mio. Euro einstellen – hauptsächlich aus derRückwärtsintegration in den BASF-Verbund aus Effizienzsteigerungenbeim Einkauf und der Verwaltung sowie aus der Stärke der BASF inAsien und beim Innovationsprozess. Entsprechend kommentiertBASF-Vorstand Andreas Kreimeyer den Kauf mit „erfolgreicherVorwärtsintegration“.

Das erworbene Geschäft verzeichnete 2002-2005 Wachstumsra-ten von 7 % pro Jahr bei hoher Profitabilität – ein Trend, der sichauch im ersten Jahr unter BASF-Flagge fortgesetzt hat. „Und wirwollen weiterhin schneller als der Markt wachsen“, sagt Kreimeyer,„unser Ziel ist es, in diesem innovationsgetriebenen Markt in dennächsten Jahren mit 7-8 % pro Jahr zu wachsen und somit bis 2015den Umsatz auf rund 4 Mrd. Euro zu verdoppeln.“ Insgesamt hatder Markt für Bauchemie eine Größe von 29 Mrd. Euro und wächstmit 4-5 % pro Jahr.

Diese Ziele will die BASF auf drei Wegen erreichen: Erstens sol-len Technologien, die in einer Region erfolgreich sind, auch in ande-ren Regionen konsequent eingeführt werden, zweitens werden dieKompetenzen der BASF im Forschungsbereich sowie für den schnel-len Marktzugang genutzt, und drittens sieht das Unternehmen gro-

ße Potenziale in Asien und Osteuro-pa. Zur Erreichung dieser Ziele sol-len auch Akquisitionen in Wachs-tumsmärkten beitragen.

Vier Baustofftrends. Die For-mulierer der Bauchemie veredelnZement, Gips und andere Grund-stoffe der Baustoffbranche mit denPolymeren und anderen organi-schen Ausgangsstoffen der klassi-schen Chemiebranche. BernhardHofmann leitet die neue BASF-Bauchemie. Er beschreibt das Ge-schäft in drei Sätzen: „Unsere Bau-chemie macht das Bauen wirt-schaftlicher, verbessert die Funk-tionalität und Stabilität derBaumaterialien und trägt zur Si-cherheit von – langlebigeren –Bauwerken bei. Wir gestalten da-mit Oberflächen von Gebäudenund machen diese sowohl innen

als auch außen schöner. Und dieTrostberg: In den 1960er Jahren wurde hier das „Ur“-Betonfließmittel Melment entwickelt. Heute arbeiten im Kompetenz-

zentrum Trostberg 100 Experten an Dispersionen und Polymersystemen.

BASF Bauchemie betreibt Standorte in 57 Ländern mit mehr als130 Anlagen, vertreibt über 8.000 Produktmarken und beliefertweltweit mehr als 100.000 Kunden. Der Personalstand von 7.500soll bis 2015 vor allem in Asien, Osteuropa und dem MittlerenOsten deutlich ausgebaut werden. Diese Regionen erfahren derzeiteinen regelrechten Bauboom. Alleine in Dubai wird derzeit für mehrals 30 Mrd. Dollar ausgebaut.

2,3 Mrd. t Zement werden jährlich hergestellt: Kalk und Ton wan-dern in einem Drehrohrofen bei etwa 1.350 °C durch eine 90 m lan-ge „Ofenreise“ und werden danach mit Gips vermahlen. Eine TonneZement sorgt dabei für eine Tonne CO2 – macht in Summe rund 6 % der weltweiten CO2-Emissionen. Die CO2-Reduktion vereint da-her die Ambitionen der Betonindustrie mit jenen der Bauchemie.Beispielsweise ist es der österreichischen Wopfinger mit Slagstar ge-lungen, Beton klinkerfrei herzustellen – anstatt des Zements wird da-bei Hochofenschlacke als Bindemittel eingesetzt. Die Additive derBASF wiederum sorgen heute für einen extrem fließfesten Beton, dersich „wie Honig“ verhält, selbstnivellierend und -verdichtend ist undeinstellbar zwischen drei und zwölf Stunden aushärtet. Statt 170 lWasser werden dabei einem Kubikmeter Erde gerade einmal 3,5 ldes Additivs beigegeben, um zum Top-Beton zu mutieren. Mit die-sem auf Polycarboxylaten basierenden Fließmittel erzielt die BASFBauchemie fast 40 % des Umsatzes – 70 Mio. l dieser hochkonzen-trierten Lösung werden jährlich produziert.

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Bauchemie steigert zudem die Geschwindigkeit, mit der Bauwer-ke fertiggestellt werden können, und hilft gleichzeitig, Energie zusparen.“

Hofmann sieht vier dominante Trends in der Baubranche: Zu-nächst werde von Bauwerken eine wesentlich längere Lebensdauererwartet, die ohne Bauchemie nicht realisierbar wäre. Weiters wer-de das Spektrum von Zementen und Zuschlägen wie Sand undKies immer breiter – die Betonzusatzmittel müssen daher schnellan diese wechselnden Anforderungen angepasst werden. Außerdemverlangen Kunden zunehmend einerseits niedrigere Kosten beiMaterial, Energie und Kapital, andererseits kürzere Bauzeiten. Undviertens werde das Interesse an Energieeffizienz bei der Nutzungvon Bauwerken in Zukunft noch weiter wachsen.

Nummer eins der Bauchemie. Mit der Übernahme der Degus-sa Bauchemie wurde die BASF zur Nummer eins der Bauchemie.

Das Verhältnis von Wasser und Zement bestimmt Konsistenz, Endfestigkeit

und Dauerhaftigkeit des Betons. Glenium Sky macht das Gemisch fließfähi-

ger und ermöglicht eine geringere Zugabe von Wasser – so erhöht sich die

Festigkeit des Betons.

Die Wärmedämmverbundsysteme Heck und Senergy – Platten in mehreren

Schichten – helfen dabei, Gebäude mit geringem Energieaufwand zu wärmen

oder zu kühlen. So auch im Fall von „Ginger und Fred“, dem „tanzenden

Haus“ in Prag.

Im Betonlabor wird selbstverdichtender Beton getestet. Fließmittel, Stabilisierer und Luftporenbildner helfen beim Entlüften

Parkdecks müssen gegen Salz, Öl und Temperaturwechsel gewappnet,

Sportböden und Markierungen verschleißfest und alterungsbeständig sein.

Besondere Anforderungen müssen Böden auch in der Lebensmittel-,

Pharma- und Chemiebranche erfüllen.

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Die Geschäfte werden nun als Teil der Sparte Veredlungsprodukteweitergeführt – das ist jene Einheit, die nahe am Endkunden auf-gestellte Produkte generiert, rund 20 % zum BASF-Gesamtumsatzbeiträgt, jährlich 300-350 Mio. Euro in Sachanlagen investiert undmit 300 Mio. Euro etwa ein Viertel des gesamten F&E-Budgetsder BASF aufbraucht.

Die Veredlungsprodukte haben einen hohen Bedarf an Rohstof-fen aus dem BASF-Verbund, verlangen kundenspezifisches Formu-lierungs- und Technologie-Know-how und ein sehr breites Kun-denportfolio – vom Industriekonzern bis hin zu den Handwerkern.

Veredlungsprodukte tragen zur Funktionalität und Leistungsfä-higkeit zahlreicher Produkte des täglichen Lebens bei: Als Chemi-kalien in der Papierindustrie, Textilbeschichtungen, Asphaltzusät-ze, Polymere für die Wasserbehandlung, Kraftstoffadditive odereben Additive zur Verbesserung von Baumaterialien.

Das Geschäft mit diesen Produkten ist ein rasantes: 20 % desUmsatzes in diesem Segment erzielt die BASF mit Produkten, dienicht älter als fünf Jahre sind. In den vergangenen sechs Jahren hatdie BASF hier zwar 27 neue Anlagen errichtet – gleichzeitig aberauch 24 Anlagen geschlossen oder verkauft.

Mit Degussas Bauchemie ist die BASF nicht nur ein Rohstoff-lieferant für Bauchemikalien, sondern zugleich ein Formulierer.Und das soll die „Time to Market“ für Innovationen spürbar ver-kürzen. Auf dieser Marktstufe sind zudem deutlich höhere Margenzu erzielen.

Volle Pipeline. Geforscht wird in der Bauchemie derzeit etwaan der nächsten Generation Betonfließmittel. Hier geht es ummaßgeschneiderte Zusatzmittel als Nachfolge für die aktuellenMVA (Maleinsäure Vinylether Acrylat)-Technologien. Ein weiteresThema ist die kontrollierte mineralische Hydratation. Es gilt, dieWechselwirkung zwischen anorganischen Bindemitteln, das heißtdem Zement oder Gips einerseits und den Polymerzusatzmittelnandererseits, genau zu erforschen. Ziel dabei ist, die komplexen Er-härtungsprozesse in den anorganischen Bindemitteln noch bessersteuern zu können. Schließlich sollen neue Baustoffzusätze fürfunktionelle Beschichtungen sorgen. Zudem führt die Forschungim Bereich der gesteuerten Aushärtung zu neuen Mörtelsystemen,die noch bessere Haftung, Festigkeit und geringeres Schrumpfendes Mörtels ermöglichen.

Baustofflieferant BASF: Die BASF-Bauchemie bietet einerseits Ad-mixture Systems – gemeint sind Betonverflüssiger, -verzögerer und-beschleuniger sowie Produkte für den Berg- und Tunnelbau – ande-rerseits Construction Systems wie Mörtel, Fliesenkleber, Industrie-und Sportböden, Beschichtungen, Fassaden sowie Holzschutzpro-dukte. Neben der Bauchemie liefert die BASF an die Bauindustrienvielfältigste Produkte: Von Schaumstoffen zur Wärmedämmung oderKunststoffen für Solaranlagen bis zu Dispersionen für den Anstrich,Kabelisolierungen, Latentwärmespeichern oder auch Leimen fürSpanplatten. Mit rund 15 % vom Gesamtumsatz stellt der Bau eineder wichtigsten Abnehmerbranchen der BASF dar.

Neu entwickelt hat die BASF auch hochelastische Tankfußabdich-tungen, die gegen alle Kohlenwasserstoffe resistent sind, sowiegegen biogene Schwefelsäure resistentes Polyurethan, das sich fürKläranlagen und Abwasserschächte eignet. Im Bereich der Fliesen-kleber wartet „Nanolight“ dank Nanostrukturen mit einer „vollstän-digen Vernetzung“ auf. Und für Naturwerksteine wie Schiefer, Ser-pentinit oder chinesischen Granit wurden spezielle Kleber entwi-ckelt, die extrem wenig Wasser abgeben und damit den Stein nichtverfärben.

Bei der Herstellung von Betonfertigteilen sorgt Glenium Ace dafür, dass Be-

ton eine höhere Frühfestigkeit entwickeln kann. Der Beton verdichtet von

selbst und muss nicht gerüttelt werden, um zu entlüften.

Fireshield, ein Mörtel, der im Tunnelbau eingesetzt wird, verlängert die Sta-

bilität von Beton bei Tunnelbränden um bis zu vier Stunden – eingesetzt et-

wa in Teilen des Lötschberg-Basistunnels.

Die Mikroverkapselung dient der kontrollierten, verzögerten Freisetzung eines

Wirkstoffs. Nachdem die aus Katalysatoren und anderen Zusatzstoffen beste-

hende Kernlösung durch Abfiltern gereinigt wurde, gelangt sie unter Druck in

die Innendüse. Gleichzeitig kommt das Kapselwandmaterial in die Außendü-

se. Kern- und Wandmaterial verbinden sich in der Mikroverkapselungsma-

schine. Durch Vibration reißt der Flüssigkeitsstrahl ab und es entstehen

Tropfen.

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Auf dem Weg zur körpereigenen Therapie Die Kremser Cellmed Research versammelte in Wien die Top-Experten auf dem Gebiet der Zelltherapie. Sie berichteten überdie Möglichkeiten, künftig verschiedenste Krankheiten wie Krebs, Herzversagen oder Inkontinenz via Impfung zu kurieren.

Zelluläre Therapien: Man nehme adulte Stammzellen oder be-sonders sensible Krebsabwehrzellen, präpariere sie und stärke damit– in Form einer Impfung – das Immunsystem. Mehrere ambulanteImpfungen an rechter Stelle anstatt klinischer Chemotherapien mitjeder Menge Kollateralschäden – so die Vision.

Sepp Leodolter, Stellvertreter des Vorstands der Universitätsklinikfür Frauenheilkunde am AKH Wien und im Advisory Board derCellmed, ist jedenfalls überzeugt: „Das Wissen über zahlreiche Pa-thomechanismen hat deutlich zugenommen, daher können wir heu-te individuell ausgerichtete Therapieformen anbieten. Es gelingt zu-nehmend, etablierte Medikamente, deren Aufgabe es ist, beispiels-weise einen oder mehrere Krankheitserreger auszuschalten (etwadurch Antibiotika) oder bösartige Zellen im Körper zu bekämpften(etwa im Rahmen der zytostatischen Chemotherapie) durch Verfah-ren zu ersetzen, die der Mobilisierung körpereigener Kräfte dienen,ähnlich der Immunisierung durch die Impfung.“ Ein Beispiel dafürist die seit Herbst 2006 verfügbare Impfung gegen HP-Viren.

Bei all diesen „körpereigenen Therapien“ wird auf zellulärer Ebe-ne eine ganz individuelle Leistung des Körpers initiiert. Beispieledafür sind die Stammzelltherapie als Ersatz von zugrunde gegange-nen Herzmuskelzellen bzw. von Muskelzellen bei weiblicher Inkon-tinenz und die Therapie mit dendritischen Zellen, also mit Antigen-präsentierenden Zellen bei Krebserkrankungen.

Dendritische Zellen. Das Prinzip der dendritischen Zellen lau-tet: Einen Tumor erkennen, sodann ein Signal an die Killerzellensenden, sodass diese den Tumor zerstören. Thomas Felzmann – erhat am Wiener St. Anna Kinderspital die Trimed Biotech etabliert– erklärt: „Tumor-Antigene, die für das Immunsystem zugänglichsind, sind seit den 1960er Jahren bekannt. Die dendritischen Zellenwurden sodann 1973 durch Ralph Steinman beschrieben, seit 1995werden sie auch zu therapeutischen Anwendungen genutzt.“ Einzi-ger Schönheitsfehler dabei: Der Effizienznachweis steht bis datonoch aus. Einen solchen versucht er mit dem entwickelten Impf-

stoff „Trivax“ beim Nierenzellkarzinom im Rahmen klinischer Stu-dien nun belegen zu können. Aktuell werden bei Trimed Biotechdie mit Hilfe von Whole-Genome-Chips identifizierten 114 Tran-skriptionsfaktoren via siRNA genauer analysiert, um künftig ein„Feintuning“ der dendritischen Zellen erreichen zu können.

Immuntherapie bei Schilddrüsenkrebs. An der adoptiven Im-muntherapie arbeitet auch Josef Friedl von der Universitätsklinikfür Chirurgie am AKH Wien. Er hat die Impfung mit den autolo-gen dendritischen Zellen bei der Behandlung des medullärenSchilddrüsenkrebses klinisch überprüft. Dabei wurden die aus demperipheren Blut gewonnenen dendritischen Zellen mit Tumor Ne-crosis Factor alpha gereift und in einen Lymphknoten injiziert. DieImpfung wurde gut vertragen und induzierte eine positive immuno-logische Antwort bei allen getesteten Patienten. Eine Antwort desTumor-Markers konnte ebenso beobachtet werden wie objektive ra-diologische Verkleinerungen der Tumorläsionen.

Bei der adaptiven Immuntherapie geht es also um ein sehr ge-naues Zusammenspiel von mit bestimmten Antigenen beladenendendritischen Zellen mit ihren korrespondierenden T-Zellen. Rund10 % aller menschlichen Gene sind mit diesem für den Menschenentscheidenden Immunsystem „beschäftigt“. Christoph Huber, inden Advisory Boards von Novartis, Roche, Shering-Plough und ei-nigen Biotechs vertreten sowie Mitbegründer von Ganymed andImmuGenics, meint, dass dendritische Zellen genauso wichtig wiedie T-Zellen wären, wobei letztere dabei „das eigentliche immuno-logische Gedächtnis darstellen” und einzig in der Lage seien, „in dasTumor-Innere blicken zu können“. Auch für ihn steht fest: „Dertherapeutische T-Zellen-Rezeptor-Transfer funktioniert. Bei Mäu-sen ist das erfolgreich angewandt.“ Was es jetzt brauche, das sind„rund 30 Mio. Euro, um das Modell auch klinisch am Menschenauszuprobieren“.

Versuche mit Progenitorzellen am Herzen. Alfred Kocher, Herz-chirurg an der Universität Innsbruck, gibt einen Überblick über dieChancen der Stammzellbehandlung am Herzen: „Wir wissen erst seitden 1990er Jahren, dass auch im Herzen eine Mitose stattfindet unddass im Herzen Stammzellen vorzufinden sind. Mittlerweile wurdenrund 100 klinische Studien weltweit dazu durchgeführt, mehr als1.000 Patienten damit am Herzen behandelt.“

Die Stammzell-Regeneration am Herzen wird derzeit breit unter-sucht – bei akutem und chronischem ischämischen Myokardscha-den, Kardiomyopathie sowie als biologischer Herzschrittmacher.

Herzversagen: Da die Mortalität hier jener der Tumorerkrankun-gen sehr ähnlich ist, wird auch gerne vom „Krebs des Herzens“ ge-sprochen – gemeint ist in der Regel ein Infarkt nach einem Blutge-fäßverschluss, was wiederum zum Absterben des umliegenden Ge-webes führt. Bis dato wurde dagegen via Bypass, Stents, mitverschiedensten Medikamenten, Transplantationen sowie der Elek-trotherapie angekämpft. „Dieses beschädigte Gewebe mit Hilfeadulter Stammzellen zur Gänze zu regenerieren, das ist bis datonoch nicht gelungen. Wir wissen heute noch nicht, welcher Zelltypder geeignetste und welche Anwendungsform die beste ist.”

Dendritische Zellen: „Beladen“ mit Antigenen regen sie Killerzellen an und werden

so zur „Wunderwaffe“ gegen zahlreiche Krankheiten.

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Eine Möglichkeit sind Progenitorzellen, die überall im Körper zufinden sind, eine andere sind Knochenmarkszellen sowie embryona-le bzw. aus Nabelschnurblut gewonnene Zellen. Bei der Applikati-on bieten sich ebenso mehrere Varianten an: Die Stammzellen kön-nen entweder direkt ins Herz appliziert werden oder aber – ausge-stattet mit bestimmten Markern – in der Blutbahn auf eine Reisemit vorgegebenem Ziel gesetzt werden. Die „Herzreparatur“ nacheinem sehr einfachen Schema ist jedenfalls aus dem Stadium der Vi-sion noch nicht heraus gekommen: Die Herzkrankheiten sind un-glaublich komplex und nicht bloße „Stammzellenkrankheiten“.Dass der Stammzellenansatz à la longue erfolgreich sein wird, glaubtKocher aber sehr wohl. Uneinig sind die Experten, ob die Anwen-dung embryonaler Stammzellen automatisch zu besseren Resultatenführen werde oder ob bei einer solchen Therapie diese Zellen nichtam Ende „Amok liefen“.

Stammzellbehandlung von Inkontinenz. Hannes Strasser hatan der Universitätsklinik für Urologie in Innsbruck vor zehn Jahrenbei einem wissenschaftlichen Projekt die Zellkulturtechnik studiert.Daraus entstand mehr: Er verfeinerte diese Technologie und wende-te sie erfolgreich bei Inkontinenzproblemen an. Genauer: Die Ap-plikation von autologen Myoblasten (Muskelgewebszellen) und Fi-broblasten (Bindegewebszellen) bei Frauen.

Inkontinenz ist weit verbreitet: Weltweit, wird geschätzt, werdenbis 2030 rund eine Mrd. Menschen, in Österreich mindestens eineMillion Menschen mit diesem Problem konfrontiert sein. WennSchließmuskel und Harnröhre altern, geht der Dichtungseffekt ver-loren. Patienteneigene Stammzellen können hier Abhilfe schaffen.

Strasser hat dazu in einem ersten Schritt eine endoskopische In-jektionsmethode entwickelt und in Folge die genauere, ultraschall-geführte transurethale Zellapplikation an Schweinen ausprobiert.Resultat: Die Zellen überlebten und bildeten neue Muskelfasern –die Verschlussdrücke in der Harnröhre der Tiere nahmen deutlichzu. Seit 2002 werden diese Ergebnisse auch klinisch an Menschenerprobt. Aus einer entsprechenden Muskelbiopsie werden dabei dieStammzellen entwickelt und dann als sehr kleine Zelldepots in derGrößenordnung von 50-100 µl injiziert (brächte man die Stamm-zellen im ml-Bereich ein, würden die meisten davon nekrotisch).Die Muskeldichte im Rhabdosphincter – einem sehr kleinen

Muskel der Harnröhre – konnte dabei um 50 % erhöht werden,wobei die Erfolgsrate bei Frauen etwa bei 80 % lag. Derzeit werdendiese klinischen Erfolge multizentrisch überprüft.

Dendritische Zellen werden via Leukapherese aus dem Blut gewonnen und danach in vitro mit costimulierenden Molekülen gereift.

Cellmed versucht, die Immuntherapie bei Brust- und Prostatakrebszu etablieren. Bei der dabei verwendeten dendritischen Zelltherapiewerden dem Patienten mononukleäre Zellen (Monozyten und Lym-phozyten) via Leukapherese entnommen und danach im 260 m2

großen GMP-Labor in Krems – unter Zuhilfenahme bestimmter, auchim Körper selbst vorkommender Signalstoffe – zu reifen dendriti-schen Zellen umgewandelt, tiefgefroren und bei Bedarf nach demAuftauen als Impfung verabreicht. Die bei der Reifung zugegebenencostimulatorischen Moleküle leiten nun im Patienten eine tumorspe-zifische, cytotoxische T-Zell-Antwort ein und bewirken sodann eineTumorregression. Derzeit können bis zu 4 Patienten pro Woche in-dividuell behandelt werden, eine entsprechende Aufstockung derLaborkapazitäten war bereits mit dem Land Niederösterreich imGespräch. Die dabei notwendige Leukapherese kostet rund 4.000Euro, die Herstellung der ersten 3 Impfungen 2.000 Euro. Je Imp-fung werden 10 Mio. dendritische Zellen verabreicht, 9 Impfungensind für die Therapie vorgesehen. Bis vor kurzem erzielte Cellmeddamit einen Jahresumsatz von rund 400.000 Euro. Nach der hef-tigen öffentlichen Kritik will Cellmed diese Therapie nun einstellen.

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Für Johannes Huber, den Leiter der

Klinischen Abteilung für Gynäkolo-

gische Endokrinologie und Sterili-

tätsbehandlung an der Universitäts-

klinik für Frauenheilkunde im

Wiener AKH, sind die dendritischen

und Langerhans-Zellen interessant,

weil sie sich „im Einklang” mit dem

weiblichen Menstruationszyklus

verhalten. Die genaue Kenntnis al-

ler Prozesse der durch Immuntole-

ranz und Immunabstoßung gekenn-

zeichneten Schwangerschaft könne

auch die Onkologie sehr bereichern. © b

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Am 25. April bzw. 31. Mai haben das Europäische Parlament undder Europäische Ministerrat in erster Lesung einer gemeinschaftlichenRegelung über „Advanced Therapy Medicinal Products“ zugestimmt.Sie betrifft die „Gentherapie“ ebenso wie die „Somatische Zelltherapie“und wird in den nächsten Monaten umgesetzt werden.

Das Gesetz ergänzt das bestehende Regelwerk zu den Zelltherapie-produkten (etwa die Richtlinien 2006/86/EG, 2006/17/EG und2004/23/EG). Schon früher (2004/27/EG, 2001/83/EG,EG/726/2004) wurde festgelegt, dass auf fortgeschrittener Technologieberuhende Arzneimittel ausschließlich zentralisiert in der EU zugelas-sen werden dürfen. Entsprechend ist auch die F&E, die auch die vor-klinische und klinische Testung dieser Präparate beinhaltet, durchRichtlinien und Guidelines geregelt (u.a. CPMP/BWP/41450/98 undEMEA/CHMP/410869/2006). Die Mehrzahl dieser Richtlinien be-trifft weniger die Gewinnung, Manipulation oder Verwendung vonKeimzellen und auch nicht Blutprodukte oder die Transplantation gan-zer Organe. Auch die Durchführung der Grundlagenforschung, soferndiese nicht Bestandteil des Entwicklungs- und Herstellungsprozessesist, wird vielfach nicht berührt.

Komplexe Stammzellforschung. Der dadurch vorgegebene Wegbei der kommerziellen F&E allogener Zelltherapeutika ist komplex.Die Spende von Zellen – sie muss freiwillig und unentgeltlich sein –und die Zellentnahme vor der Manipulation dürfen nur in von natio-nalen Behörden zugelassenen Zentren erfolgen. Der Prozess zur Erlan-gung der vermehrten und manipulierten Zellen muss validiert sein.Vor, während und nach der Zellvermehrung werden die Zellen durchumfassende molekularbiologische, physikalische, mikrobielle und bio-chemische Methoden charakterisiert. Auch der Spender der Zellen wirdauf mögliche Infektionskrankheiten untersucht.

Vor einer klinischen Testung müssen Zelltherapeutika umfangreichinvitro und in Tierstudien analysiert werden – zu möglichen toxischenNebenwirkungen der Zellen und deren Begleitstoffe, zum Zellwachs-tum im Organismus nach deren Implantation und ob diese Zellen

durch den Körper „wandern“ oder sich in Organen und Geweben ein-nisten. Zudem müssen Tests versichern, dass kein Krebsrisiko besteht.Erst nach diesen zeitaufwendigen Checks kann mit Untersuchungen anPatienten begonnen werden.

30 Jahre Speicherpflicht. Die klinische Testung solcher Hochrisi-ko-Medikamente kann nur schrittweise erfolgen: Zuerst sollte nur einPatient mit einer sehr geringen Dosis behandelt werden. Nach einemausreichend langen Beobachtungszeitraum und falls keine kritischenNebenwirkungen verzeichnet werden, sollten weitere Patienten mitsteigenden Dosen behandelt werden – bis zur optimalen Dosis-Wir-kung. Erst in anschließenden umfassenden klinischen Studien kann dielangfristige und gesicherte Wirksamkeit eines neuen Zelltherapeuti-kums zweifelsfrei nachgewiesen werden, so wie es auch für andereHigh-Tech-Medikamente notwendig ist. Erst dann kann dafür ein Zu-lassungsantrag in einer spezifischen Therapie gestellt werden. Dabei istzu beachten, dass ab dem Datum der klinischen Verwendung 30 Jahrelang die wesentlichen Daten über die Gewinnung der Spenderzellen,die Zellmanipulationen inklusive der dabei verwendeten Materialienund Rohstoffe sowie die medizinische Anwendung elektronisch gesi-chert vorliegen müssen.

Mehr Informationen:

Univ.-Doz. Dr. Bernhard Fischer, MBA

[email protected], www.biotechnologyconsulting.eu

Die F&E der Stammzelltherapien erfolgt meist national, wobei denjeweiligen Ethischen Komitees große Verantwortung zukommt – beider Akkreditierung von Zellbanken, der Erteilung von Herstellerlaub-nissen oder der Zulassungen zu klinischen Studien. Für die europä-ische Sichtweise sorgt die Innovation Task Force der EMEA.

Bei der Zelltherapie sind 2 Methoden anwendbar: Bei der autologenZelltherapie sind Spender und Empfänger der Zellen ident, weshalbhier die Risiken geringer und die Richtlinien weniger aufwendig sind.Komplexer ist die allogene Zelltherapie, wo Vorläufer- oder Stamm-zellen aus adultem Spendegewebe im Labor vermehrt und dabeizielgerichtet beeinflusst werden, sodass sie die Funktionen speziali-sierter Zellen im Menschen übernehmen können. Glaubt man derForschung, reicht eine Charge dieser spezifischen allogenen Zellenfür die Behandlung vieler Patienten mit derselben Krankheit aus.

Das Regelwerk zur Stammzelltherapie

Bis heute gibt es keine in der EU zugelassene Therapie, dieauf einem aus Stammzellen basierendes Arzneimittel, alsoeinem zelltherapeutischen Medikament, beruht.

Ein Überblick von Bernhard Fischer.

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Arbeiten an der „Minimal Cell“Hamilton Smith hat 1978 den Nobelpreis für die Entdeckung der Restriktionsenzyme und ihrer Anwendung in der Molekulargenetik erhalten. Vor kurzem referierte er am Wiener IMP über „Synthetische Biologie“. Ein Rückblick.

Markus Zwettler und Wolfgang Schweiger

„Wir“ – und damit meint er die Crew am J. Craig Venter Insti-tute in Rockville, Maryland, denen eine Sequenzierkapazität von biszu 200 Mio. Code-Buchstaben pro Tag zur Verfügung steht – „be-trachten Gene als biologische Teile, als Devices; und wenn wir vonsynthetischem Leben sprechen, dann meinen wir chemisch mit demnatürlichen Leben identes Leben, nicht jedoch artifizielles Leben.“

Die Hardware für derlei Schöpfungsakte: Cytoplasma. Das Betriebssystem dafür: Das Genom.

Seit den frühen 1970er Jahren werden Oligonukleotide syntheti-siert, mittlerweile reichen die Fertigkeiten soweit, ganze Genomevon Viren künstlich herzustellen. Mehr noch: Erste selbst replizie-rende Systeme mit rund 150 Genen sind an der Harvard Universi-ty aktuell kurz vor dem Fertigwerden.

Und die Kosten dafür sinken rapide: Derzeit ist ein Basenpaarfür rund 1 Dollar synthetisch herstellbar – in wenigen Jahren wirddamit gerechnet, dass die Kosten dafür nur noch wenige Cents be-tragen werden. Derlei künstliche Bio-Synthesen sollen vor allem an-gewendet werden, um Bakterien-Chromosomen modifiziert herzu-stellen – mit neuen Eigenschaften, was – als Folge ihres veränderten

Stoffwechsels – beispielsweise billige Kunststoffvorprodukte ergibt. Die Forscher am J. Craig Venter Institute interessiert aber

Grundlegenderes: „Unser Anliegen ist es, das Ausmaß einer ,Mini-mal-Zelle’ abzustecken. Welche Gene braucht es unbedingt, damiteine solche Zelle unter sterilen Bedingungen überleben kann? Undwie sieht eine solche Zelle aus, wenn jedes verwendete Gen auch einessenzielles ist?“ Das Design dieses minimalen „Betriebssystems“ seidabei noch keineswegs eindeutig festgelegt: Welche Energieproduk-tion soll in welcher Hülle und mit welchen Wachstumsfaktoren ver-wendet werden?

Modellsystem M. genitalium. Dieser wissenschaftliche Weg wur-de eingeschlagen, als Anfang der 1980er Jahre in der männlichenUrethra das Bakterium Mycoplasma genitalium entdeckt und se-quenziert wurde. Denn dabei stellte sich Erstaunliches heraus: DasGenom dieses Bakteriums ist beträchtlich kleiner als jenes andererBakterienarten: 580 Kilobasen, 485 Protein-kodierende Gene, 43RNA-Gene – in Summe gerade einmal 300 Nanometer groß undsich alle 16 Stunden replizierend.

Roboter beim Hochdurchsatzscreening.

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Frankfurt, 10. 9. 07 • Düsseldorf, 11. 9. 07 • Hamburg,

12. 9. 07 • Berlin, 13. 9. 07 • Leipzig, 14. 9. 07 • Karls-

ruhe, 17. 9. 07 • CH-Bern, 18. 9. 07 • München, 19. 9.

07 • A-Wien, 20. 9. 07 • Erlangen, 21. 9. 07

ELEMENTSPEKTROSKOPIE

ANORGANICA 2007

Elementbestimmung in anspruchsvollen MatricesDie schon zur Tradition gewordene Seminarreihe „Anorga-

nica“ wollen wir auch in diesem Jahr fortsetzen und Sie überden Stand der Technik, interessante Anwendungen und al-ternative Lösungen für Ihre tägliche Routine-analytik infor-mieren.

Die Matrix als Hindernis in der anorganischen Analytik istein weitgefächerter Themenkomplex, der die Anwendungenaus den Bereichen der klinischen Analytik ebenso abdecktwie den Bereich der Umwelt, der biogenen Kraftstoffe, derGeologie und den Bereich Halbleiter, um nur einige zu nen-nen. Wir wollen Ihnen Hilfsmittel zeigen und zur Verfügungstellen, um die Elementbestimmung in anspruchsvol-

len Matrices für Sie einfacher zu gestalten.

Zusätzlich werden unsere Gastreferenten mit weiteren Vor-trägen aus der täglichen Praxis diese und andere Themenweiter beleuchten und kompetent abrunden.

Neugierig geworden? Besuchen Sie doch unsere Seminar-reihe. Wir freuen uns auf Ihren Besuch, Ihre Fragen undeinen interessanten Gedankenaustausch.

Bei Interesse erhalten Sie detaillierte Auskünfte unter E-Mail: [email protected]

PerkinElmer VertriebsgesmbHBrunnerstraße 59/42, A-1235 Wien

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Die Wissenschaftler begannen es zu erforschen. Mit dreierlei Me-thoden: Mit komparativer Genomik, experimentell oder eben synthe-tisch. So zeigte sich im Vergleich mit 13 verschiedenen Bakterienar-ten, dass 173 Gene bei all diesen Spezies zugegen waren. Eine klareKlassifikation nach ihren Funktionen – Translation, Energieproduk-tion, Chaparone, Synthese, Rekombination & Repair, Rezeptoren,Lipidmetabolismus, Nukleodierung usw. – war so aber nicht mög-lich. Experimentell kam man schon etwas weiter: Mit Hilfe der Trans-poson-Mutagenese wurden Gene gezielt ausgeschaltet: „So konntenwir feststellen, welche funktionslos sind und welche nicht. Insgesamtlässt sich heute sagen: Rund 100 der 485 Gene von M. genitalium

sind vernachlässigbar, wobei es unwahrscheinlich ist, dass der gleich-zeitige Verzicht auf alle von ihnen erfolgreich sein kann.“

Das Genom der „Minimal-Zelle“ lässt sich heute relativ pro-blemlos herstellen. Doch das ist nur die halbe Miete: Denn dasnotwendige Cytoplasma lässt sich nicht synthetisieren. Also mussnach der Genom-Assemblierung – 6 kb-Stränge werden dabeiüberlappend aneinandergereiht – ein Austauschprozess angewen-det werden: Das natürliche Chromosom wird dabei durch das syn-thetisch hergestellte ersetzt. Und, so das Resümee des heute 76jäh-rigen Smith: „All das funktioniert wirklich gut.“ Jetzt geht's an dieFeinarbeit ...

Neue Wege zu Restriktionsenzymen. Weitere Nobelpreisträger referierten anlässlich des 32.FEBS-Kongresses sowie des von der Stadt Wien durchgeführten 2. Nobelpreisträgerseminars inWien. So etwa Richard Roberts, Forschungsleiter der New England Biolabs, der einen Trick zurEntdeckung noch unbekannter Restriktionsenzyme gefunden hat. Diese Restriktionsenzyme wer-den von Bakterien eingesetzt, um fremde DNA zu zerstückeln und sich damit zu schützen. Ro-berts hat ihnen fast seine ganze Karriere gewidmet. Ein Großteil der ersten Restriktionsenzymewurde in seinem Labor bei Cold Spring Harbor charakterisiert. Das war in den frühen 1970erJahren. Heute sind weitaus mehr dieser Enzyme bekannt, aber es gibt noch etliches zu entdecken.Nur wie effizient danach suchen? Roberts ist es „unter der Dusche eingefallen“: Daten, deren ge-netischer Sinn noch nicht entschlüsselt ist, gibt es bereits genug. Zum Beispiel DNA-Fragmente,die man durch Sequenzierprogramme gewonnen und in E.coli-Bakterien gesteckt hat. Diese ge-netischen Bibliotheken weisen allerdings Lücken in der genetischen Sequenz auf, denn manchesMaterial erwies sich für das Wirtsbakterium als tödlich. Roberts erkannte, dass es sich dabei auchum für E.coli fremde Restriktionsenzyme handeln kann, die ihm den Garaus machen. Restriktions-enzyme sind zumeist in unmittelbarer Nähe zu Methyltransferasen am Genom codiert. Wenn da-her eine Methyltransferase neben einer Lücke auftaucht, ist die Chance groß, ein Restriktionsen-zym gefunden zu haben. Eine geniale Idee, die einfach und vor allem billig realisierbar ist. ©

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Forschungsförderung: „Never Change a Winning Team“Der Startschuss für ein weiteres Kapitel in der Kooperation Wirtschaft-Wissenschaft ist gefallen: Die ersten Einreichungenfür den ALSA 2007 sind bereits eingetroffen. Damit erfährt eine Erfolgsgeschichte ihre Fortsetzung.

Engagierte UnterstützungDass die niederösterreichische Unternehmensgruppe Novo-

matic mit ihrem Engagement auf dem richtigen Weg ist, um dieForschung mit Unterstützung der Wirtschaft einer breiterenÖffentlichkeit näher zu bringen, bewies die letztjährige Verlei-hung des ALSA – des Austrian Life Science Awards – auf beein-druckende Weise.

Dem Grundsatz „Never Change a Winning Team“ bleibt Novo-matic auch 2007 treu, denn „wir wollen mit dem ALSA dazu bei-tragen, dass auch Österreichs Wissenschaft und Forschung sowieder Wirtschaftsstandort Österreich international wettbewerbsfähigbleiben“, bestätigt Novomatic-Generaldirektor Franz Wohlfahrt.

Die Wirtschaftsagentur Niederösterreichs, ecoplus, freut sichebenfalls über eine Fortführung des Sponsorships, da für die Agen-tur die Förderung technologischer Entwicklungen und die intensi-ve Zusammenarbeit mit Forschungsinstitutionen Programm ist.„Durch Initiativen wie den ALSA wird die Motivation der Forsche-r/innen gesteigert, und die Forschungsergebnisse werden entspre-chend publik gemacht“, freut sich Claus Zeppelzauer, Leiter des Be-reichs Unternehmen und Technologie bei ecoplus.

Der weltweit tätige Laborvollversorger VWR hat einen starkenFokus auf dem Bereich Life Science. „Daher erachten wir es alswichtig, junge Wissenschafter zu fördern und ihnen die Möglich-keit zu geben, ihre hervorragenden Arbeiten der Öffentlichkeit zupräsentieren“, bestätigt Brigitte Niebler-Földi, Field Marketing Spe-zialist Life Science bei VWR in Wien, und ergänzt, „es ist wichtig,auch Politik und Wirtschaft in die Wissenschaft einzubeziehen, umsowohl Aufmerksamkeit zu erregen als auch das Arbeitsgebiet derBiowissenschaften einem breiten Publikum zugänglich zu machen.“Der Austrian Life Science Award sei ein ideales Medium dafür.

Novomatic-Kompetenznetzwerk zur SpielsuchtpräventionWie gut die Symbiose aus Wissenschaft und Wirtschaft funktio-

nieren kann, veranschaulicht nicht nur der ALSA selbst, sondernauch ein Forschungsprojekt, in das der engagierte Sponsor Novo-

matic viel Energie setzt: Das Novomatic-Kompetenznetzwerk zurSpielsuchtprävention. Das Thema Suchtprävention ist Novomaticim Rahmen der ordnungspolitischen Verantwortung bereits seitJahren ein zentrales Anliegen. Die Unternehmensgruppe plädiertfür eine umfassende Betrachtung stoffungebundener Süchte, weilnur so Maßnahmen für eine effiziente und gezielte Prävention ge-setzt werden können.

Das neue Kompetenznetzwerk wertet den Bereich ResponsibleGaming nun weiter auf: Gestützt auf die Kooperation mit wissen-schaftlichen Einrichtungen, einer neuen, landesweiten Telefon-Help-line sowie regionalen, gemeinnützigen Selbsthilfegruppen soll einebestmögliche Unterstützung von Maßnahmen zur Eindämmungder Gefahr problematischen Spielverhaltens gewährleistet werden.Auf wissenschaftlicher Ebene arbeitet Novomatic bereits seit demJahr 2001 eng mit der Interdisziplinären SuchtforschungsgruppeBerlin (ISFB), der Charité Berlin, zusammen, die auf die Untersu-chung von Mechanismen von stoffungebundenen Süchten speziali-siert ist.

Das von der ISFB unter Federführung von UniversitätsdozentinSabine Grüsser-Sinopoli entwickelte Schulungsprogramm für Mit-arbeiter im Bereich der Früherkennung und Prävention von Spiel-sucht hat mittlerweile neue Standards beim Spielerschutz gesetztund sich bewährt. „Wir sind davon überzeugt, dass mit unserer Of-fensive für ein Kompetenznetzwerk zur Spielsuchtprävention einvorbildliches Präventionskonzept für Österreich implementiertwurde. Dieses wird von uns auch in anderen internationalen Märk-ten umgesetzt werden“, so Generaldirektor Wohlfahrt.

Claus Zeppelzauer, ecoplus Sabine Grüsser-Sinopoli, ISFB Brigitte Niebler-Földi, VWR Franz Wohlfahrt, Novomatic

Der „ALSA 2007“ ist ein Preis für herausragende wissenschaftlicheArbeit auf dem Gebiet der Biowissenschaften und Biotechnologieneinschließlich Medizin und Medizintechnik, wird jährlich vergebenund besteht aus einem Preisgeld von 10.000 Euro. Die prämiertenArbeiten und die Preisträger werden im Rahmen einer feierlichenPreisverleihung am 27. November 2007 im Wiener Museumsquar-tier vorgestellt. www.alsa.at

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DESIGN BY NATUREBIONICS –

DESIGN BY NATUREIm Rahmen der diesjährigen Technologiegespräche in Alpbach diskutiert der von Niederösterreichs Wirtschaftsagentur ecoplus eingeladene Arbeitskreis die Möglichkeiten, an den Vorbildern der Natur zu lernen und die dort gefundenen Designprinzipien für technische Anwendungen nutzbar zu machen. Der Chemie Report zeigt die Überlegungen der Teilnehmer des hochwertigen Arbeitskreises.

ALPBACH-SPEZIAL

Bionik ist ein moderner Begriff für eine eigentlich uralte Wissen-schaft. Flugmaschinen gehören zu den traditionsreichsten Anwen-dungsbeispielen. So begeisterten die Eigenschaften des geflügeltenSamens des tropischen Schlinggewächses Zanonia macrocarpa denösterreichischen Industriellen Igo Etrich so sehr, dass er daraus 1905die legendäre Etrich-Taube entwickelte. Weitere Beispiele bionischerUmsetzung finden sich im Werkstoff- und Verfahrensbereich, wo sievielfach die treibende Kraft für industrielle Produktentwicklungensind. Darunter sind oft völlig neuartige Strukturen, Verfahren undFunktionen zu verstehen. Ziel ist es, biologische Werkstoffe nachzu-ahmen und ihre besondere Festigkeit, ihre katalytischen und senso-

rischen Eigenschaften sowie Haftungsphänomene zu nutzen. Bioni-sche Werkstoffansätze können biofunktionalisierte Oberflächen,biomorphe, hierarchische Strukturen wie etwa aus pflanzlichenStrukturen erzeugte Keramiken oder biomineralisierte Werkstoffenach dem Vorbild der Muschelschale sein. Nicht alle Entdeckungender Bionik werden gleich umgesetzt, geht es doch in der Wissen-schaft auch darum, Phänomene als solche einmal zu entdecken, oh-ne gleich den Nutzen dahinter sehen zu wollen. Zudem verlangt dieAnwendung natürlicher Vorbilder die Zusammenarbeit mit Inge-nieuren, es müssen Patent- und Schutzrechte geklärt, Risikokapitalund mutige Unternehmenspartner müssen gefunden werden.

Die Idee, sich von der Natur einiges abzuschauen, ist nicht neu.

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„Pflanzen und Tiere haben sich bereits seit langem als hervor-ragende Ideengeber für innovative bionische Produkte bewährt.Dies zeigen sowohl historische Beispiele als auch erfolgreiche ak-tuelle bionische Entwicklungen“, sagt Thomas Speck, der diePlant Biomechanics Group in Freiburg und das Bionik-Kompe-tenznetz BIOKON leitet. Unter Bionik – ein Kunstwort aus Bio-logie und Technik – versteht man die kreative Umsetzung von Er-kenntnissen aus der biologischen Forschung in technische An-wendungen. Es ist also ein durch die Natur angeregtes„Neuerfinden“, das in der Regel über mehrere Abstraktions- undModifikationsschritte und hochgradig interdisziplinär abläuft.Bionisch forschen bedeutet also, dass beispielsweise Biologen,Chemiker, Physiker oder Ingenieure in einem wissenschaftlichenKontext miteinander kommunizieren und arbeiten.

In aktuellen Forschungsprojekten, die in der Plant Biomecha-nics Group Freiburg mit verschiedenen Kooperationspartnerndurchgeführt werden, wird die Vorgehensweise vom biologischenVorbild bis hin zum patentierbaren biologisch inspirierten tech-nischen Endprodukt erläutert. Dabei lassen sich zwei grundsätz-lich unterschiedliche Vorgehensweisen unterscheiden, die als„Bottum-up-Prozess“ und „Top-down-Prozess“ bezeichnet wer-den.

Leichtbaukonzepte. Ein Beispiel für den „Bottom-up-Prozess“ist der „Technische Pflanzenhalm“, ein bionisches Produkt, das inenger Kooperation mit dem Institut für Textil- und Verfahrens-technik in Denkendorf entwickelt wurde. Beim „TechnischenPflanzenhalm“ handelt es sich um ein biologisch inspiriertes Faser-verbundmaterial mit optimiertem Faserverlauf und Gradienten-struktur. Das biologische Vorbild dafür ist die Leichtbaukonstrukti-on des Winterschachtelhalms. Darüber hinaus wurden in einemverholzten Gras, dem Pfahlrohr, Hinweise gefunden, wie Materi-alien aussehen können, die trotz großer dynamischer Belastungenund Schwingungen in ihrer Verbundstruktur intakt bleiben. Ver-schiedene Zellen und Gewebe zeigen unterschiedliche mechanischeEigenschaften. In enger Absprache zwischen Biologen und Inge-nieuren entstand der Prototyp eines textilen Hohlprofils mit Funk-tionskanälen, das sich durch eine Kombination aus Stabilität undLeichtigkeit auszeichnet. Dafür wurde eine dreidimensionaleFlechtstruktur produziert, die in eine geschäumte Polyurethan-Ma-trix eingebettet ist. Das Hohlprofil wurde mit einem Flecht-Pultru-sions-Verfahren hergestellt, das zur industriellen Endlosproduktionderartiger Produkte geeignet ist. Die Struktur verbindet extremenLeichtbau mit hervorragender Energiedämpfung und besitzt eingutmütiges Bruchverhalten. Das neuartige bionische Hohlprofil ist

An der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat sich die Bionik zu einem Schwerpunkt der biologischen Forschung entwickelt.Bei diesem Wissenstransfer werden Erkenntnisse aus der biologischen Forschung in technische Anwendungen umgesetzt. Thomas und Olga Speck arbeiten dort daran, die Wundheilung oder die Leichtbaukonzepte bei Pflanzen als Ideengeber fürtechnische Materialien zu verwenden.

Bionik: Chance für Naturwissenschaft und Technik

Prozess des bionischen Arbeitens: Bottom-up-Prozess am Beispiel des „Technischen Pflanzenhalms“.

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für sein Gewicht mechanisch sehr hoch belastbar. Ein Versagen desVerbundmaterials durch Ablösung einzelner Elemente aus dem Ver-bund soll durch allmähliche Steifigkeitsübergänge zwischen Fasernund Matrix weiter verringert werden. Das Leichtbaukonstruktkönnte nach entsprechender Weiterentwicklung in der Luft- undRaumfahrt, im Automobil- und Schiffsbau sowie in der Prothetikund bei Sportgeräten zum Einsatz kommen.

Selbstreparatur. Ein Forschungsprojekt, das in Zusammenar-beit mit dem Center for Synergetic Structures an der EMPA Dü-bendorf durchgeführt wird, ist ein Beispiel für den „Top-down-Prozess“. Hier geht es um die Entwicklung selbstreparierendertechnischer Materialien basierend auf den schnellen Selbstrepara-turprozessen bei Pflanzen. Biologische Vorbilder sind hierbei ver-schiedene Arten von Lianen und krautigen Pflanzen, die Gewebe-risse, wie sie durch Wachstumsprozesse oder Verletzungen entste-hen, schnell und effizient reparieren können.

Eine erste technische Umsetzung ist die Entwicklung selbstrepa-rierender Membranen für pneumatische Strukturen, die einenschnellen Rissverschluss bei Beschädigung der Membran bewirkenund somit den Luftaustritt stoppen oder zumindest deutlich ver-langsamen. Im Labormaßstab konnten durch die Verwendung vonunter 2 Bar Überdruck polymerisierten, hoch elastischen Polyuret-hanschäumen bereits hervorragende Selbstreparatureffekte erzielt

werden. So kann bei Verletzungen der Mem-bran mit Nägeln von bis zu 5 mm Durch-messer der Luftaustritt im Vergleich zu un-beschichteten Membranen um 2-3 Größen-ordnungen verlangsamt werden. In dernächsten Stufe ist der Einsatz im techni-schen Maßstab beim Bau von Veranstal-tungshallen oder Behelfsbrücken denkbar,die eine Schweizer Firma mit aufblasbarenStrukturen, bisher ohne Selbstheilung, an-bietet. Selbst Luftmatratzen oder Schlauch-boote könnten vielleicht eines Tages von denluftigen Konstruktionen profitieren.

Möglichkeiten und Grenzen. Generellgelte, so Speck: „Die Bionik ist Zusatz,nicht Ersatz. Traditionelles Konstruierendurch Ingenieure wird weiterhin dieGrundlage technischer Entwicklungenbleiben.“ Bionik kann und soll diese eta-blierte und bewährte Vorgehensweise nichtersetzen. Die Bionik biete Anregung, keinePatentrezepte. Oftmals wurden in der Ver-gangenheit ohne jegliche Vorkenntnis derNatur Problemlösungen in der Technikentwickelt, die in ihrer Funktion und teil-weise auch ihrer Form natürlichen Gebil-den mit ähnlichen Aufgaben verblüffendähneln. Solche Lösungsanalogien sind dasErgebnis von Parallelentwicklungen ohnewissenschaftlichen Erkenntnistransfer vonder Biologie in die Technik und habennichts mit Bionik zu tun.

Zudem sei die Bionik nicht per se „öko-logisch“ oder „umweltverträglich“. Nach-haltigkeit ist zwar ein intrinsisches Ziel bio-nischer Forschung, aber bionische Produkte

können auch mit Materialien hergestellt werden, die keine guteÖkobilanz besitzen. Die Bionik ist also weder Allheilmittel nochwird sie die moderne Technologieentwicklung revolutionieren. Siekann aber in vielen Technologiefeldern inspirierend und zukunfts-weisend sein und ist ein bisher viel zu wenig genutztes Mittel, umtechnische Innovationen zu generieren.

Der Technische Pflanzenhalm (Mitte) ist ein bionisches Faserverbundmaterial mit

Gradientenstruktur, das hohe Steifigkeit mit sehr guter Schwingungsdämpfung und

einem gutmütigen Bruchverhalten verbindet. Das Pfahlrohr (Arundo donax, links)

und verschiedene Schachtelhalmarten (Equisetum sp., rechts) waren

zwei der Vorbilder bei seiner Entwicklung.

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Oben: Wundheilung bei der Liane Aristolochia macrophylla, von links nach rechts: (a) Neu entstandener Riss im

blau angefärbten verholzten Festigungsgewebe versiegelt durch eine benachbarte Parenchymzelle (roter Pfeil)

(Phase I: physikalisch-chemische Vorgänge). (b) Durchlaufender Riss im Festigungsring vollständig ausgefüllt

durch Parenchymzellen (Phase II & III: Zellwachstum und Zellteilung). (c) (Weitgehende Wiederherstellung der

mechanischen Stabilität des Festigungsrings (Phase IV: Verdickung und Verholzung der Wände der an der

Rissreparatur beteiligten Zellen). Unten: Tensairity-Brücke der Firmen prospective concepts ag und airlight ltd

(8,5 m Spannweite und 3,5 t Nutzlast). Für solche Luftdruck-stabilisierten ultraleichten Konstruktionen und

andere pneumatische Strukturen wurden die selbstreparierenden bionischen Beschichtungen entwickelt.

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Neben Form, Funktion, Leistung, Lebensdauer und dem zu-nehmend steigenden Faktor der Schadstoffreduktion ist derWiederverkaufswert eines Fahrzeuges ein wesentliches Kaufent-scheidungskriterium. Dies gilt insbesondere im Bereich derVolumsmodelle, die vorwiegend mit textilen Oberflächenverklei-dungsteilen ausgestattet sind. Ein höherer Wiederverkaufswerteines gebrauchten Fahrzeugs ist aber auch ein Motiv für den Au-tomobilhersteller, einen höheren Neupreis im Markt umzusetzen.

Wertigkeit und Emotion sind entscheidende Elemente imFahrzeuginnenraum. Denn die empfundene Wertanmutung istbedeutend für die Kaufentscheidung des Kunden. Neue optische,haptische sowie akustische Effekte stehen hier im Mittelpunkt.Ebenso werden die funktionalen Eigenschaften der Textilien lau-fend verbessert: Schmutzabweisend sollen sie sein, lichtbeständig,antistatisch oder atmungsaktiv.

Zunehmende Bedeutung gewinnen insbesondere nachwach-sende Rohstoffe, etwa für die Herstellung eines hochwertigen Fa-serverbunds. Die Verbindung mit der Nanotechnologie wird hierweitere Materialeigenschaften ermöglichen. Die spezifische Her-ausforderung dabei gilt einer dauerhaften Beständigkeit, also demSchutz der Textiloberfläche, sowie dem Griff bzw. der Haptik desausgerüsteten Textils. Denn bestehende Lösungen führen oft zustarken Veränderungen der textilen Eigenschaften und liegen zu-dem in ihrer Beständigkeit noch weit unter den Anforderungender Kunden.

Ordnung ist gefragt. Unabdingbare Vorraussetzung für einen„Lotus-Effekt“ im Textil: Bei Beschichtungen dürfen Nanoparti-kel nicht agglomerieren – die Nanopartikel müssen regelmäßig

angeordnet sein. Um eine solche Ordnung zu erreichen, bietensich derzeit zwei Lösungsansätze an: Fluorcarbonausrüstungensowie Sol-Gel-Systeme.

Fluorcarbonausrüstungen müssen generell bei 100-150 °C an-gewendet werden, verändern aber die mechanischen Eigenschaf-ten des Textils, da mit der Vernetzung eine Reduktion des Mole-kulargewichts und damit der mechanischen Festigkeit einher-geht. Zudem sind diese Prozesse ökologisch recht problematisch,da sie viel Energie und Wasser benötigen. Frühere Versuche mitFluorcarbonausrüstungen konnten außerdem die Kundenanfor-derungen nicht erfüllen.

Die Nanobeschichtung mit Sol-Gel-Systemen ist im Vergleichzur Fluorcarbonausrüstung eine relativ junge Technologie und kanndurch die entsprechende Auswahl der Komponenten sehr spezifischeEigenschaften erreichen. Dabei können die textilen Oberflächennachträglich einer Beschichtung mit Sol-Gel-Systemen unterzogenwerden, die eine Reaktionstemperatur von 40-80 °C erfordern. Die-se Coatings können sehr gut an die Unterlage gebunden werden,wenn OH-Gruppen vorhanden sind bzw. diese durch einen Aktivie-rungsschritt erzeugt werden können. Sie haben den Vorteil der Fle-xibilität bei doch beträchtlicher mechanischer Stabilität, beeinflussendie Optik nicht und verändern die Haptik nur geringfügig.

Die Sol-Gel-Systeme polymerisieren nach der Aufbringungund bilden ein mechanisch stabiles Oberflächennetzwerk. Durchdie entsprechende Auswahl der Komponenten können gleichzei-tig sowohl hydrophobe als auch oleophobe Effekte erreicht wer-den. Dadurch wird die Anschmutzung sowohl durch wässrige alsauch ölige Schmutzkomponenten verhindert bzw. stark vermin-dert. Die Lebensdauer dieser Systeme beträgt je nach mechani-

Ketchup, Tinte oder Schokolade am Textil? Kein Problem! Mit Wasser spülen und es reinigt sich selbst. Das Zauberwort dabei: Nanotechnologie. Markus Hinterwallner, der Forschungsleiter beim Automobilinnen-ausstatter Eybl International, ist überzeugt: Die Textilindustrie ist auf dem Weg zu Quantensprüngen.

Vom Lotusblatteffekt zum „intelligenten“ Textil

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scher und UV-Belastung etwa 5 Jahre. Die Erzeugung mikro-strukturierter Oberflächen, die etwa für einen "Lotus-Effekt" sor-gen, wird so sehr elegant möglich.

Der Sol-Gel-Prozess beschreibt die Bildung anorganischerFeststoffe. Dabei reagiert ein Molekül in einem Prozess aus Hy-drolyse- und Kondensationsreaktionen in einem Lösungsmittel(Sol) zu einem ungeordneten und verzweigten Netzwerk unterVerlust der Fließeigenschaften. Ein Gel ist somit ein formbestän-diges, meist an Flüssigkeiten oder Gasen reiches disperses System.

Auf molekularer Ebene kann der Sol-Gel-Prozess für Siliziumalk-oxide durch die Reaktionsschritte 1-3 beschrieben werden. Sie findenteilweise gleichzeitig und konkurrierend statt. In Schritt eins unterliegtdie Si-OR-Bindung einer hydrolytischen Spaltung. In der nachfolgen-den Kondensation der gebildeten Si-OH-Gruppen entstehen Siloxan-bindungen, die mit Fortgang der Reaktion ein dreidimensionales Netzausbilden. Es entsteht ein zweiphasiges System aus SiO2 und den mitLösungsmittel gefüllten Poren. Durch unterschiedliche Molverhältnissevon Siliziumalkoxid, Lösungsmittel und Wasser, den pH im Sol oderLösungsmittel, Art und Konzentration des Katalysators, der Tempera-tur und externe Faktoren wie Druck und Ultraschallbehandlung kön-nen Veränderungen in Bezug auf spezifische Oberfläche, Größe undVerteilung der Poren, sowie der Dichte entstehen.

Diese Systeme können sehr einfach mit geringem technischenAufwand – durch Aufsprühen – aufgebracht werden. Die nach-folgende Polymerisationsreaktion sollte bei erhöhter Temperatur(40-80°C) durchgeführt werden, läuft aber auch – wenngleichwesentlich langsamer – bei Zimmertemperatur ab. Die mechani-schen Eigenschaften des Coatings werden durch erhöhte Tempe-ratur ebenfalls verbessert. Der Prozess benötigt wenig Wasser undwenig Energie. Durch den Einsatz der Antischmutzausrüstung

wird der Wiederverkaufswert des Fahrzeuges erhöht. Damit er-gibt sich eine Aufwertung des Faktors Textil im automobilen In-nenraum und ein nachhaltiger Beitrag zum emotionalen Ent-scheidungsprozess nicht nur durch den Faktor Design, sondernauch durch den Faktor Ausrüstung. Es wird damit eine Differen-zierung des so ausgerüsteten Produkts zum Mitbewerb erreicht;es soll sogar zu einem Entfliehen aus der bisher anonymen Weltder Textillieferungen in eine markenrechtlich geschützten Situa-tion kommen.

Schmutzpartikel an

Textilfasern – Nano-

technologie sorgt für

einen eleganten

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„Tribologische Aufgabenstellungen aus der Sicht natürlicherVorbilder zu bearbeiten gehört – noch – nicht zum Alltag“, sagtFranek. Allerdings ist der Systemansatz im Zusammenhang mitReibung und Verschleiß erst relativ spät in das Bewusstsein derTechniker und Wissenschaftler gedrungen – der Begriff der „Tri-bologie“ selbst wurde erst 1966 geprägt. Einschränkend müsseauch erwähnt werden, dass die „tribologischen“ Vorbilder derNatur sich jeweils nur in einer ganz spezifischen Umgebung be-währen. Dies betrifft insbesondere thermische Situationen odermechanische Beanspruchungen. Werden diese Bedingungen –Franek spricht auch vom „tribologischen Biotop“ –, innerhalbderer zumeist eine erstaunliche Fehlertoleranz besteht, nicht ein-gehalten, so ist das Versagen des Systems naheliegend.

Generell sind die Anforderungen aus dem tribologischen All-tag vielfältig. Im Bereich der Maschinenelemente mit kinemati-schen Funktionen – dazu gehören insbesondere Lager und Füh-rungen – sind aus dem Gebiet der Biotribologie als klassischeSysteme die Gelenke (Hüfte, Knie, Schulter) zu betrachten. Die hervorragenden Eigenschaften des gesunden natürlichenGelenkes – niedrige Reibung, interne Kühlung, beanspruchungs-

abhängige Grenzschicht bzw.Schmierstoffpräsenz, Regenerationder Verschleißflächen sowie eineunproblematische Aufarbeitungder Verschleißpartikel – werdendurch die von den Chirurgen ver-wendeten künstlichen Bauteilennicht erfüllt. Beeindruckend sinddie natürlichen Maschinenelemen-te-Lösungen bei Lebewesen ausdem Meso- bzw. Mikrobereich,beispielsweise die Beingelenke vonInsekten (vergleichbar einem Ku-gelscharnier mit 360 ° Drehwinkelund einer „Sicherheitseinrichtung“gegen Überstrecken) oder die Lage-rung der Geißelfäden von Einzel-lern, die das klassisch-maschinen-bauliche Konstruktionsprinzipumsetzt (2 Lager, „statisch be-stimmt“) und auch noch einenchemischen Nanomotor umfasst.

Öl, Wachs und Schleim. Ne-ben den biogenen Schmierstoffen(Wachse, Öle) sind muköse(schleimartige) Substanzen immerwieder ein Thema der Schmie-rungstechnik. Durch Schleim be-wältigen Schnecken ihre tribologi-schen Probleme der Fortbewegungdurch das während des Kriechens

aus einer Drüse unterhalb des Mundes abgegebene Muzin, beste-hend aus großen, langgestreckten Zuckermolekülen (Flüssigkri-stallen). Die Substanz ist eine multifunktionelle Gleitflüssigkeit:Wasseranziehend (tribologisch wirksam), antibakteriell, pilztö-tend und schützend vor Fressfeinden und extrem dünnflüssigbeim Darübergleiten des Schneckenfußes (1/1000 der sonstigenViskosität).

Das Forschungsziel der Tribologen sind Materialien bzw.Gleitsysteme mit „Superlubricity“, also extrem niedrige Reibzah-len (< 0,001) selbst unter den Bedingungen der trockenen Fest-körperreibung. Die technischen Lösungen sind von diesemWunschziel mehr oder weniger weit entfernt. Aber auch die Na-tur kann hinsichtlich derartiger Anforderungen nichts anbieten.Immerhin gibt es Beispiele für Hautoberflächen von Tieren, diebei trockener Reibung technischen Materialien überlegen sind.Als Paradebeispiel gilt der in der Sahara beheimatete Sandskink(Glattechse), dessen Schuppenhaut eine regelmäßige Kamm-struktur mit hochelastischen Deckplättchen aufweist, die hin-sichtlich der Sandreibung und Verschleißfestigkeit deutlich besserist als polierter Stahl, Glas oder auch PTFE.

Vorbilder für die VerschleißtechnikFriedrich Franek ist am AC2T, dem Österreichischen Kompetenzzentrum für Tribologie, sowie am Institut für Sensor- undAktuatorsysteme der TU Wien tätig. Er schildert die Möglichkeiten, von natürlichen Vorbildern in Sachen Reibung undVerschleiß zu lernen.

Das US-Biotech Touch Bionics hat kürzlich die i-LIMB Hand eingeführt. Die „bionische Hand“ verwendet einen myoelektri-

schen Signaleingang, der die Signale der Armmuskeln interpretiert.

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Die Einschätzung von Gerhard Nauer, dem wissenschaftlichen Leiter des Wiener Neustädter Kompetenzzentrums für Elektro-chemie (ECHEM). Er prophezeit „radikale“ Bionik-Innovationen, die in einigen Jahren aus dem täglichen Leben nicht mehrwegzudenken sein werden.

Bionik: Richtschnur für technische Innovationen?

Die Übertragung von Reibungswirkungen im Festkörperkon-takt (für Bremsen, Friktionselemente, Autoreifen etc.) hängt vonvielen Parametern ab. Mensch und Tier gehen mehr oder wenigerinstinktiv mit dem Phänomen der (Haft-)Reibung um, nicht oh-ne bisweilen böse Überraschungen zu erleben. Erst vor wenigenJahren wurden entscheidende Grundlagenergebnisse erarbeitet,die das enorme, quasi ein- und ausschaltbare Haftvermögen vonInsektenfüßen oder den Zehen von Echsen (Geckos) auf Oberflä-chen erklären helfen. Auch die Reibungseigenschaften dermenschlichen Haut variieren relativ stark in Abhängigkeit vom

Feuchtigkeitsgehalt: Trockene Haut hat eine vergleichsweiseniedrige Reibzahl (ca. 0,2), während etwa beim Halten einesWasserglases (mit leicht feuchter Oberfläche) wesentlich höhereReibzahlen genutzt werden können (bis ca. 2). Ähnliche Beispie-le ließen sich auch für Ledersohlen für Schuhe anführen.

„Werkstoffe“, aus denen Lebewesen aufgebaut sind (organi-sche Substanzen, Zellen von Tieren und Pflanzen), haben mitun-ter nicht nur beeindruckende Verschleißfestigkeiten aufzuweisen,sondern verfügen unter Umständen auch über Mechanismen derSelbstheilung (im wesentlichen durch Nachwachsen der Zellen).Für technische Materialien mit tribologischen Anforderungengibt es lediglich in bescheidenem Ausmaß das Nutzen plastischerEigenschaften (zum Ausgleichen von verschleißbedingten Riefenund Kratzern). Zudem wird an chemischen oder mikromechani-schen Reparatureffekten gearbeitet, jedoch handelt es sich dabei– bezogen auf die jeweils betroffene Zone – um einen Einmalef-fekt mit eher bescheidenen Nutzungsmöglichkeiten.

Generell, so Franek, bieten in der Natur realisierte Lösungeninteressante Ansätze für tribologische Aufgabenstellungen. Je-doch: „Hinsichtlich der Übertragbarkeit müssen diese Lösungenohne falsche Euphorie kritisch hinterfragt werden. Die evolutio-näre Orientierung auf die Optimierung eines Systems unter be-stimmten Randbedingungen kann nicht für beliebige Applikatio-nen allgemein übernommen werden.“ Nichtsdestotrotz seien zu-nehmend maßgeschneiderte Lösungen in der Tribotechnik nachVorbildern aus der Natur zu erwarten, zumal die Werkzeuge fürdie Gestaltung und technologische Umsetzung schon jetzt sehrleistungsfähig sind, rasant weiterentwickelt und schließlich auchkostenmäßig attraktiv werden.

Ein Traum jedes Kletterfans – senkrechtdie glatte Wand nach oben oder überhän-gend ohne technische Hilfsmittel zur näch-sten Schwierigkeit – Spinnen, Ameisenoder Geckos beherrschen dieses Metier per-fekt. Oder der Wunsch nach einer „makel-losen“ Weste, fleckenfrei, was auch immerpassiert? Erfüllt in der Pflanzenwelt: DieWassertropfen perlen von der Oberflächedes Blattes ab und nehmen jedes KörnchenVerschmutzung mit. Diese Selbstreinigungeiner biologischen Oberfläche – von Wil-helm Barthlott an der Uni Bonn in den1970er Jahren bei Beobachtungen im Her-barium entdeckt, in den 1990er Jahrenhinsichtlich der physikalisch-chemischenGrundlagen als „Lotus-Effekt“ beschriebenund als Marke 1998 registriert – hilft unterschiedlichen Pflanzen wieSchilfrohr, Tulpen, Kapuzinerkresse, ihre Blätter sauber zu halten unddie Photosynthese ungestört ablaufen zu lassen.

Dieser "Lotus-Effekt" basiert auf ei-ner besonderen Oberflächenstruktur,die nur derart geringe Adhäsionskräftezwischen den Molekülen der Flüssig-keit und der Oberfläche zulässt, dassdie Kohäsionskräfte innerhalb derFlüssigkeit selbst bei Substanzen mitgeringer Oberflächenspannung dieseAdhäsionskräfte deutlich überwiegen– es findet daher keine Benetzung derOberfläche statt. Die an solchenOberflächenstrukturen gegenüberWasser auftretenden Kontaktwinkelsind deutlich größer als 130° – derEffekt wird auch als „Superhydropho-bie“ bezeichnet.

Auf Glasoberflächen konnte dieserEffekt bereits technisch genutzt und mit Hilfe von nanoskaligen Be-schichtungen für die Herstellung superhydrophober Oberflächenund damit von leicht zu reinigenden Glasscheiben eingesetzt werden.

Wassertropfen perlen an der hydrophobierten Oberfläche ab.

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In den erwähnten Bereichen ist das Design der „Interfaces“, desextrem dünnen Bereichs zwischen einem Grundmaterial (Stahl, Alu-minium, Messing) und einem weiterem Material wie einem Kleb-stoff, einem Lack oder einer Flüssigkeit, von entscheidender Bedeu-tung. Mit dem Design solcher „Interfaces“ für unterschiedliche An-wendungen beschäftigen sich mehrere Arbeitsgruppen am KplusKompetenzzentrum für Angewandte Elektrochemie im TechnopolWiener Neustadt. Als Beispiele seien hier u.a. angeführt:

Durch geeignete nanoskalige Strukturierung und Beschichtung ei-ner Edelstahloberfläche gelingt es, diese Oberflächen mit einer „Anti-Fingerprint“-Qualität bei weitgehend gleichbleibender Haptik auszu-statten. Dadurch sind etwa Reinigungsschritte von Edelstahlbauteilenim täglichen Nutzungsbereich (Türen etc.) deutlich seltener notwen-dig. In Kombination mit photokatalytisch aktiven nanoskaligen Par-tikeln lassen sich zusätzlich noch anti-bakterielle Wirkungen erzielen,die vor allem im Spitalsbereich eine höhere Hygienestufe leichter er-reichbar erscheinen lassen. Die dafür notwendigen Strukturierungenkönnen durch definierte elektrochemische Ätz- und/oder Oxidati-onsprozesse erreicht werden, wobei die Kombination mit einem elek-trochemisch unterstützten Beschichtungsverfahren noch weitere spe-zifische Modifikationen ermöglicht.

Für die Optimierung der Beständigkeit und Haltekraft von Klebe-verbindungen von Metallen (wesentlich im Automobil- und Schie-nenfahrzeugbau) ist die Oberflächenstruktur ebenfalls von grundsätz-licher Bedeutung. Durch Optimierung des „Interfaces“ über elektro-chemische Ätzverfahren bzw. Oxidationsprozesse („Anodisierung“)werden Strukturen hergestellt, die in Wechselwirkung mit den Kle-bern eine ähnlich starke Adhäsionskraft erreichen wie die Gecko-Bei-ne auf einer Blattoberfläche.

Lernen vom Maulwurf. Neueste Arbeiten beschäftigen sich unteranderem mit der Optimierung der Rauheit und der Struktur von me-tallischen Oberflächen von Druckwalzen für eine verbesserte Farbhaf-

tung oder mit der Umsetzung von Erkenntnissen aus der Biologie bo-denbearbeitender Lebewesen wie Maulwürfe, deren Grabwerkzeugeeine definierte raue Oberflächenstruktur aufweisen, die eine deutlicheVerminderung der Haftung des Materials an den Werkzeugen be-wirkt. Diese Oberflächen, realisiert über z.B. elektrochemisch aufge-brachte Hartmetallbeschichtungen auf der Schaufel einer Schubrau-pe, können die Haftung des Aushubmaterials in der Schaufel deutlichverringern und dadurch die Effizienz der Maschine deutlich verbes-sern. Für die Oberflächen von Flugzeugflügeln können ebenfalls elek-trochemisch definiert hergestellte Strukturen produziert werden, dieden Luftwiderstand des Flugzeugs signifikant absenken. Die Grund-lagen zu diesen Arbeiten stammen aus biologischen Untersuchungender Hautstruktur schnellschwimmender Haie.

Das überaus große Gebiet der Bionik eröffnet durch Betrachtungund Umsetzung „evolutionärer“ Erfindungen der Natur in modernetechnische Verfahren und Produkte „radikale“ Innovationen, die in

einigen Jahren aus dem täglichenLeben nicht mehr wegzudenkensein werden. SelbstreinigendeKleidung, selbststerilisierendeOberflächen im Spitalsbereichoder optimierte Reifenprofile fürbessere Haftung des Kraftfahr-zeugs bei Regenwetter sind nur ei-nige Beispiele.

Für den Bereich der Struktur-materialien (Polymere, Composi-tes, Keramiken) sei noch auf eineArbeit von Peter Fratzl, dem ge-schäftsführenden Direktor desMax Planck Instituts für Kolloid-und Grenzflächenforschung inPotsdam hingewiesen, der die„Bio-Inspiration“ des Material-wissenschaftlers als eine wichtigeQuelle neuer Möglichkeiten be-schreibt und die bio-mimetischeMaterialforschung als ein wesent-liches, rasch wachsendes Hoff-nungsgebiet der Materialwissen-schaft sieht. („Biomimetic materials re-

search: What can we really learn from nature´s

structural materials ?“, Journal of the Royal So-

ciety Interface 2007, 4, 637 ff.)

Anodisierte Al-Oberfläche: Zu sehen ist die Mikro- als auch die Submikrostruktur, wobei die Poren weniger als 50 Nanometer

Durchmesser aufweisen.

Maulwürfe: Die Oberflächenstruktur ihrer Grabwerkzeuge lässt sich etwa bei

Schaufelbaggern kopieren.

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Christian Doppler Forschungsgesellschaft:

Wirtschaft und Wissenschaft verbinden

Die Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG) liegt auf einem deutlichen Wachstumskurs: Bereits in über 50 Labors wird geforscht. Das Fördermodell ist eines der unkompliziertesten und effektivsten im österreichischen Förderportfolio. Die anwendungsorientierte Grundlagenforschung ermöglicht der Wirtschaft den effektiven Zugang zu neuem Wissen.

CD Labors Spezial

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Nie zuvor wurde in unserem Land so viel in Forschung und Ent-wicklung investiert. Österreich unterstützt voll und ganz die vonder Europäischen Union gesetzten Wachstums- und Beschäfti-gungsziele und bekennt sich zur Lissabon-Strategie der Erhöhungder Forschungsquote auf 3% des BIP bis zum Jahr 2010. Wir sindhier durch die Anstrengungen der ver-gangenen Jahre schon auf einem sehrguten Weg. Dass die Forschungsquote2006 schon auf 2,47% gesteigert wer-den konnte, ist zu einem Gutteil demsteigenden Engagement des Unterneh-menssektors zu verdanken, der erkannthat, dass für die unternehmerische In-novationskraft die Bereitschaft, in For-schung zu investieren, unerlässlich ist.Ohne Innovation gibt es nämlich keinenachhaltige Entwicklung des Wirt-schaftsstandortes Österreich im globa-len Wettbewerb.

Ich sehe es daher als eine vordringli-che Aufgabe verantwortungsvollerWirtschaftspolitik, der Innovationskraftder heimischen Unternehmen die bes-ten Rahmenbedingungen zu bieten. Eskann also nicht allein darum gehen, dasFördervolumen zu erhöhen. Eine Stär-kung des Standortes und der Innovati-onskraft ist damit nur dann zu errei-chen, wenn es gelingt, durch Wettbewerbsrecht, Ausbildungswesenund Steigerung des Humankapitals, verbesserte Finanzierungsmög-lichkeiten am Kapitalmarkt, Anreize setzende Steuergesetzgebungeine für die forschenden Unternehmen optimale Basis zu schaffen.Nicht zuletzt gehört dazu auch ein übersichtliches und straffes Set-up sämtlicher Fördermöglichkeiten.

Unternehmen müssen marktnahe arbeiten und sehen sich viel-fach gezwungen, Forschungsaktivitäten auszulagern. Die Initiativender Bundesregierung und meines Hauses zur Förderung der Koope-ration von Wissenschaft und Wirtschaft zielen aber auf den Erhaltund Ausbau der Forschungskapazität in den Unternehmen. Es giltalso nicht nur die Exzellenz der Universitäten zu stärken sondernzugleich, z.B. durch das neue Kompetenzzentrenprogramm (CO-MET), die Forschungskompetenz in den Unternehmen auszubau-

en. Der Christian Doppler Forschungsgesellschaft kommt for-schungs- und technologiepolitisch eine darüber hinausgehendewichtige Aufgabe zu. In den CD-Laboratorien werden Grundlagen-forschungsergebnisse zum Nutzen der Wirtschaft erarbeitet. Es ge-schieht dies in einer Form, die beiden Seiten, der akademischen, wie

der wirtschaftlichen, große Vorteile ver-schafft. Die besten Wissenschaftler desLandes werden mit Fragen konfrontiert,die unmittelbar aus der Praxis kommen.Beim Versuch, hochwertige Produktenoch weiter zu verbessern, stößt dieWirtschaft nicht selten an den Punkt, andem erkannt wird, dass weitere Produkt-innovation nur noch erreicht werdenkann, wenn durch Ergebnisse aus derGrundlagenforschung ganz neue Wegeund Lösungen eröffnet werden. DieCD-Laboratorien beweisen mit ihrerArbeit, dass Grundlagenforschung nichtanwendungsfern sein muss und dassumgekehrt Themenstellungen aus demindustriellen Umfeld zu wissenschaftli-chen Publikationen auf höchstem Ni-veau führen können.

Das langfristige, sicher nicht immereinfache, siebenjährige Commitmentder über 80 an CD-Laboratorien betei-ligten Unternehmen, Forschung auf

höchstem Niveau zu finanzieren, belegt die Überzeugungskraft desCD-Modells.

Es freut mich besonders, dass der von mir unterstützte Weg einesAusbaus der besten Förderinstrumente dazu geführt hat, dass im Ju-ni diesen Jahres die Grenze von 50 CD-Laboratorien überschrittenwerden konnte. Die dabei gelungene Erweiterung der Themenviel-falt wird von mir begrüßt.

Der beeindruckende Erfolg und die bisherige Entwicklung derCD-Labors, sowie das beispielhafte Zusammenwirken von Wirt-schaft, Universitäten und Öffentlicher Hand bestätigen letztendlichdie hohe Praktikabilität dieses Fördermodells. Nicht zuletzt eröffnetsich daraus gleichzeitig die einzigartige Chance, eine Wissensbasisund Kompetenz zu generieren, die auch den österreichischen Wirt-schaftsstandort weiter stärkt.

Vorwort

Chemiereport.at – Chemiereport.at – Das Magazin für Chemie, Labor und Biotechnologie. Internet: www.chemiereport.at / Medieninhaber, Verleger, Herausgeber: Josef Brodacz, 1100 Wien, Zur Spinnerin53/4/33, Tel.: 01/595 55 83, E-Mail: [email protected] / Chefredaktion Spezial: Mag. Renate Haiden / Lektorat: Mag. Gabriele Fernbach / Layout, DTP: creativedirector.cc lachmair gmbh / Druck:Bauer Druck, Wien / Spezial-Sonderdruck zum Europäischen Forum Alpbach

Dr. Martin Bartenstein, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

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Allen war dabei die grundlegende Zielsetzung klar: Es sollte dasForschungspotenzial in den österreichischen Universitäten und For-schungseinrichtungen aktiviert werden für die Produktion von an-wendungsrelevantem Grundlagenwissen, das die Innovationsfähig-keit österreichischer Unternehmen nachhaltig erhöhen könnte.Dies geschieht, und das war ebenso die gemeinsame Überzeugung,am besten in Form einer engen Kooperation der beiden Bereiche„Unternehmen“ und „Universitäten“.

Aber wie sollte dies umgesetzt werden? Wie sollten diese Koope-rationen aussehen – so dass dadurch das bestehende System der For-schungsförderung in Österreich, im wesentlichen bestimmt durchdie zentralen Einrichtungen FWF und FFF (jetzt FFG-Basispro-gramme), in optimaler Weise ergänzt wird? Sehr bald schälten sicheinige Prinzipien heraus, die zu Eckpunkten des CDG-Modellswurden. Im Folgenden sind die wichtigsten hier angeführt, die wohlam besten die konzeptive Struktur der Gesellschaft charakterisieren:

1. Fragestellungen aus der PraxisDie neue Einrichtung muss weitgehend von den F&E-betrei-

benden Unternehmen selbst getragen und bestimmt werden, dennjede Initiative, die nicht dem (Wissens-)Bedarf und den Bedingun-gen von Unternehmen genügt, wird von diesen nicht wirklich an-genommen und verpufft wirkungslos. Außerdem soll erreicht wer-den, dass durch das neue Modell immer mehr Unternehmen aufForschung „mit langer Halbwertszeit“, das ist im wesentlichenGrundlagen-Forschung, setzen.

Daher müssen die Fragestellungen, welche die Forschungsthe-men definieren, aus der unternehmerischen Praxis kommen. Undjene Unternehmen, die sich für die angedachten Kooperationen öff-nen, sollen auch bei strategischen Entscheidungen zentral (mit-) be-stimmen. Das geschieht in der CDG im Rahmen der Generalver-sammlung und des Kuratoriums, das hauptsächlich die Mitglieds-firmen repräsentiert.

2. Hochwertige GrundlagenforschungDie Qualität der Forschung darf sich aber nicht an den legitimen,

aber engen Nutzenserwartungen der Firmen orientieren, sondernvor allem an den spezifischen, international definierten wissen-schaftlichen Standards. Qualitativ schwache Grundlagenforschungist weitgehend nutzlos; und die Unternehmen, die praktisch alle iminternationalen Wettbewerb stehen, würden diesen Wettbewerbverlieren, wenn sie nicht auf die beste wissenschaftliche Expertisesetzten.

Daher soll qualitativ hochwertigeGrundlagenforschung ermöglicht wer-den, deren wissenschaftliche Qualitätregelmäßig in Form von Evaluationen,die durch den wissenschaftlichen Senatder Gesellschaft gesteuert werden, über-prüft wird.

3. Kleine Forschungseinheiten auf ZeitDa die Fragestellungen aus den

Unternehmungen in der Regel sehr spe-zifisch und thematisch eng fokussiertsind, bedarf es zu ihrer fruchtbaren Be-handlung eher kleiner bis mittelgroßerForschungseinheiten, die für eine zwar

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Christian Doppler Forschungsgesellschaft: Unternehmen & Universitäten erfolgreich verbindenDie CDG in ihrer jetzigen Form ist das Ergebnis eines langen Prozesses des Nachdenkens, Verhandelns, Probierens undständigen Verbesserns. Mitwirkende an diesem Prozess der Konzeptentwicklung waren wissenshungrige Forschungsleiteraus der Industrie, unbürokratische, strategisch denkende Beamte, qualitätsbewusste Wissenschaftler, innovationsbereiteUnternehmer, weitsichtige Universitäts-Rektoren sowie hellhörige und freiheits-gewährende Politiker.

„Die Christian Doppler Forschungsgesellschaft ermöglicht der

österreichischen Industrie den effektivenZugang zu den Ergebnissen der

modernen Naturwissenschaften.“o. Univ.-Prof. Dr. Reinhart Kögerler

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längere, aber befristete Zeit eingerichtet werden. Diese brauchenauch keine selbständige organisatorische Trägerstruktur, sondernkönnen am besten und effizientesten an einschlägigen Universitäts-instituten oder Forschungseinrichtungen betrieben werden.

Daher wird die Forschung in sogenannten „CD-Labors“ durch-geführt: diese kleinen bis mittelgroßen Forschungseinheiten werdenan Universitäten für einen Zeitraum von sieben Jahren etabliert undkönnen sowohl das wissenschaftliche Umfeld als auch die Basisin-frastruktur der Universität nutzen.

4. Vorgaben machen und Forschungsfreiraum gewährenDie Forschung in den Labors darf nicht allzu sehr auf Nutzen-

stiftung beschränkt werden, es muss einen Freiraum für themenbe-zogene, aber dennoch freie Forschungsarbeit geben. Ohne diesenwürde sie nicht wirklich fruchtbar und es würde auch die wissen-schaftliche Expertise eines Labors innerhalb seiner Laufzeit ständigabnehmen.

Daher wird den Forschern in den CD-Labors die Themenstel-lung zwar von den Partnerfirmen vorgegeben. Es wird ihnen dabeiaber jener Forschungsfreiraum eingeräumt, der für die Entwicklungneuer Ideen wirklich unabdingbar ist.

5. Junge Wissenschafter in FührungspositionenEin enger Kontakt zwischen Unternehmen und Labors muss ga-

rantieren, dass die spezifische Expertise beider Seiten in synergeti-scher Weise zum Tragen kommt.

Daher spielt die Person des Laborleiters eine besonders großeRolle. Sie oder er muss nicht nur wissenschaftlich ausgewiesen sein,sondern auch bereit sein, ständigen Kontakt mit den Partnerunter-nehmen zu halten. Daher werden als Laborleiter bevorzugt jungeWissenschafter gesucht, die sich ganz ihrem Thema und dieserTransferfunktion widmen können und denen auch der Rücken vonallen zusätzlichen insbesondere bürokratischen Belastungen weitge-hend freigehalten wird.

6. Rasche und flexible ReaktionsmöglichkeitDie Rahmenbedingungen für erfolgreiche Forschung ebenso

wie ihre Umsetzung variieren je nach Wissenschaftsdisziplin, Wirtschaftsbranche und Firmenstruktur (Großindustrie, KMU,start-ups).

Daher muss das CDG-Modell und seine Regeln so flexibel sein,dass sie für jede Konstellation die bestmöglichen Voraussetzungenbieten und auch erlauben, auf neue Entwicklungen, wie beispiels-weise den Beitritt eines neuen Unternehmens während der Laufzeiteines Labors, rasch zu reagieren.

Die Verwirklichung aller dieser Prinzipien erfordert eine engestrategische Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen, die alsMitglieder den Verein CDG tragen, und der Öffentlichen Hand,die den institutionellen Rahmen und die allgemeinen strategischenZiele vorgibt. Dieses manifestiert sich auch in der gemeinsamen Fi-nanzierung: 50 Prozent der Kosten jedes Labors tragen die Partner-firmen, 50 Prozent kommen aus öffentlichen Mitteln, die vomBundesministerium für Wissenschaft und Arbeit und von der öster-reichischen Nationalstiftung bereitgestellt werden. Dass diese „Pu-blic-Privat-Partnership“ hervorragend funktioniert, zeigt sich an dergroßen Akzeptanz des Christian Doppler Modells. Derzeit sindüber 50 CD-Labors aktiv, bei denen beinahe 100 der forschungs-intensivsten Unternehmen beteiligt sind –Tendenz stark steigend!

Info & Kontakt:CDG-Präsident o. Univ.-Prof. Dr. Reinhart Kögerler

Universität Bielefeld/Fakultät Physik, [email protected], www.uni-bielefeld.de

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Wie viel Forschung verträgt ein Land?Die Nachfrage nach CD-Labors steigt sowohl seitens der Wissenschaft als auch seitens der Wirtschaft – der beste Beweisdafür, dass mit dem Förderungsmodell der richtige Weg eingeschlagen wurde. ChemieReport.at im Gespräch mit Dr. Micha-el Losch, Sektionsleiter für Wirtschaftspolitik, Innovation und Technologie im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit,über den Wachstumskurs und die Finanzierung.

Seit Kurzem wurde die magische Grenze von 50 Labors über-schritten – für ein kleines Land wie Österreich eine beachtlicheZahl an Forschungseinrichtungen. Wie sieht die weitere Entwick-lung aus?

Wir freuen uns, dass dieses Flaggschiffprogramm im Bereich derKooperation von Wissenschaft und Wirtschaft so erfolgreich ist.Insbesondere auch die kürzlich erfolgte Evaluierung durch das Jo-anneum Research hat den CD-Labors und der Arbeitsweise derCDG ein sehr positives Zeugnis ausgestellt. Durch die derzeitigeAntragslage ist auch sichergestellt, dass das Qualitätsniveau weitersteigt. Für die Erreichung der ange-peilten Forschungsquote von 3%des BIP bis zum Jahr 2010 ist dasCD-Programm ein wichtiger Eck-pfeiler.

Sind bei den Anträgen thematischeSchwerpunkte erkennbar?

Die Ideen reichen von der Blut-gerinnung über die Tierhaltung bishin zur Biomechanik. Das Spektrum ist sehr breit. Allein heuer wer-den 16 Labors gegründet, einige laufen aber auch aus und rund 20Anträge liegen vor. Besonders erfreulich dabei ist, dass zahlreicheneue Firmen für Investments in die Grundlagenforschung gewon-nen werden konnten, was ohne Zweifel einen Beitrag zur substan-tiellen Modernisierung der österreichischen Wirtschaft darstellt.Denn für ein Labor sind immer zwei Partner erforderlich: einerseitsherausragende Wissenschafterinnen bzw. Wissenschafter, aber ebenauch an der Umsetzung interessierte Firmen. Die enge Kooperationmit ausgewiesenen Grundlagenforschern hilft Unternehmen, aktu-elle wissenschaftliche Trends rechtzeitig zu erkennen und so dieTechnologieführerschaft in diesem sehr kompetitiven Markt zu er-halten.

Rasches Wachstum geht manchmal auf Kosten der Qualität. Wiewird sichergestellt, dass die Entstehung neuer CD-Labors nichtnur zügig voranschreitet, sondern auch auf hohem Qualitätsniveaubleibt?

Eines ist klar: Die hohe Qualität muss auf jeden Fall gesichertbleiben! Das wird aber sowohl durch die regelmäßigen Evaluierun-gen als auch durch den Fördermix mit der Co-Finanzierung aus derWirtschaft ohnehin der Fall sein. Durch die 50%ige Kostenüber-nahme von Seiten der Wirtschaft, und zwar in bar, ist sichergestellt,dass jeder Euro öffentliches Geld mit einem weiteren Euro Unter-nehmensgeld verdoppelt wird. So kann auch die langfristige For-schung, die ja in CD-Labors auf sieben Jahre ausgerichtet ist, auf si-cheren Beinen stehen. Das Ziel, einen Anwendungserfolg zu errei-chen, ist ein zusätzlicher Ansporn für wissenschaftlicheForschungsarbeit auf überdurchschnittlich hohem Niveau.

Es gibt derzeit bereits Kooperationen und Standorte im Ausland.Wie steht es hier um die weitere grenzüberschreitende Expansion?

Wir sind grundsätzlich offen für internationale Kooperationen,es muss jedoch sichergestellt sein, dass diese Zusammenarbeit mitanderen Ländern für die österreichische Wirtschaft und den For-schungsstandort auch positive Auswirkungen hat. Wir sind dabei,die Rahmenbedingungen für eine möglichst effektive Zusammenar-beit auch über Staatsgrenzen hinweg zu optimieren. Wenn einer dergeeignetsten Partner im Ausland ist, kann die Gründung von La-bors bzw. Labormodulen im Ausland sowie die Partnerschaft inlän-

discher Labors mit ausländischenFirmen zur Stärkung des For-schungs- und Innovationsstand-ortes Österreich beitragen.

Der erfreuliche Wachstumskurserfordert aber zwangsläufig auchmehr finanzielle Mittel. Wie weitist die Finanzierung gesichert?

Die ist von Seiten der öffentli-chen Hand für bestehende Labors gesichert. Für zusätzliche LaborsMittel zur Verfügung zu stellen, muss dennoch in den jährlichenBudgetverhandlungen immer wieder neu ausverhandelt werden.Aber der starke Wachstumspfad, der für den Forschungs- und Ent-wicklungsbereich im Regierungsprogramm in Aussicht gestellt wur-de, zeigt deutlich, wohin es gehen kann.

Wenn Sie sich für die nächsten drei bis fünf Jahre für die weitereEntwicklung der CDG etwas wünschen dürften, was wäre das?

Die Situation ist so erfreulich und das Programm so anerkannt,dass hier kaum Wünsche offen sind. Ich freue mich, wenn die An-tragslage weiterhin so bleibt und damit sichergestellt werden kann,dass die besten Vorschläge jeweils in einem Labor münden. Das Po-tenzial auf wissenschaftlicher wie auch auf unternehmerischer Seiteist durchaus da. Ein weiteres Wachstum ist natürlich auch eine gro-ße Herausforderung für die CDG, die damit eine größere Zahl anLabors betreuen wird müssen. Mit Prof. Reinhart Kögerler, demderzeitigen Präsidenten und der Generalsekretärin Dr. Judith Brun-ner haben wir aber ein hervorragendes Team, das für diese Aufgabebestens gewappnet ist.

„Für eine Forschungsquote von 3% des BIP bis zum Jahr 2010 ist das

CD-Programm ein wichtiger Eckpfeiler.“

Dr. Michael Losch

Info & Kontakt:Dr. Michael Losch, Bundesministerium

für Wirtschaft und Arbeit, Leiter der Sektion Wirt-schaftspolitik, Innovation und Technologie

[email protected], www.bmwa.gv.at

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„Wie aus der Österreich-Karte ersichtlich, ist die regionale Ver-teilung von CD-Labors verbesserbar. Getragen vom Wunsch einerintensiveren Technologie- und Industriepolitik für den gesamtenWirtschaftsstandort Österreich, aber unter Berücksichtigung undstrenger Beibehaltung des bottom up-Prinzips bei der Antragstel-lung für neue CD-Labors, ist es notwendig und wohl wünschens-wert hier zusätzliche Aktivitäten zu setzen“, ist die Vizepräsidentin,MR Mag. Dr. Ulrike Unterer, überzeugt.

Jene Bundesländer, die überproportional viele CD-Labors beher-bergen, können diesen Startvorteil immer mehr ausbauen, der „For-schungsmarkt“ trägt sich alleine. Bei den anderen sind eine Reihe

CD-Labors auf WachstumskursCD-Labors auf Wachstumskurs

Aus der Vielfalt der durchzuführenden Aufgabenhat sich MR Mag. Dr. Ulrike Unterer, die neue Vizepräsidentin des Kuratoriums der ChristianDoppler Forschungsgesellschaft, zwei Bereicheausgewählt, auf die sie in ihrer neuen Funktion in der kommende Zeit besonderes Augenmerk legen wird: die stärkere Unterstützungder Standortpolitik in den Bundesländern undfrauenfördernde Maßnahmen.

„Der Anteil an Frauen ist in allen Bereichen der Christian Doppler

Forschungsgesellschaft noch immer zu gering, im Besonderen betrifft das die

Anzahl der Laborleiterinnen“MR Mag. Dr. Ulrike Unterer

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von Maßnahmen geplant, um den Ausbau des zu findenden Poten-zials noch in Schwung zu bringen:

• Die gezielte und größere Bekanntmachung dieses Fördermo-dells,

• die stärkere Einbindung der lokalen politischen Entschei-dungsträger,

• die Abhaltung von technologiepolitischen Gesprächen undCDG-spezifischen Veranstaltungen in den Bundesländern,

• die geringe Mitfinanzierung von CD-Labors durch das oderdie jeweiligen Bundesländer, in welchen das Unternehmenoder der wissenschaftliche Partner beheimatet ist zur Hebungder Anreizfunktion, wie es bereits in Salzburg und Tirol erfolgtist.

Frauenquote erhöhen„Der Anteil an Frauen ist in allen Bereichen der Christian Dopp-

ler Forschungsgesellschaft noch immer zu gering, im Besonderen be-trifft das die Anzahl der Laborleiterinnen“, so Unterer. Eine derHauptursachen dafür ist der niedrige Prozentsatz von Absolventinnenund Forscherinnen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. DieCDG sucht daher aktiv nach geeigneten Wissenschaftlerinnen undbietet ihnen besondere Hilfestellung, wie etwa die gezielte Öffentlich-keitsarbeit. „Die CDG intensiviert ihre Informations- und Beratungs-tätigkeit unter den Frauen ihrer Zielgruppe,“ betont Unterer und weistdarauf hin, dass auch der Frauenanteil in den Gremien verbessert wer-den soll. „Die CDG strebt eine Erhöhung des Frauenanteils in Kura-torium und Senat an.“

Gleichzeitig entwickelt die CDG ein Modell, um insbesondereWissenschaftlerinnen ohne feste Anstellung den Zugang zu Förder-mitteln zu erleichtern. Für hochqualifizierte Forscherinnen, die keinelängerfristige Anstellung an einer Universität oder gleichwertigen For-schungseinrichtung haben, substituiert das BMWA einen Teil der an-fallenden Personalkosten. Alle anderen für eine Laborleitung erforder-lichen Qualifikationen bleiben zur Gänze aufrecht. „Stiftungsdozenturwird diese Art der Laborleitung bei bereits habilitierten Wissenschaft-lerinnen heißen, aber Stiftungsleitung so lange genannt, bis die damitbetraute neue Leiterin ihre Habilitation erlangt hat. Erste Verhandlun-gen mit Universitäten wurden bereits erfolgreich geführt“, ergänztdie Vizepräsidentin.

Regionale Verteilung CD-Labors (Stand 28.6.2007)

52 CD-Labors (Stand 28.6.2007)

Österreich

Burgenland 0Kärnten 0Niederösterreich 2 beide in TullnOberösterreich 4 alle in LinzSalzburg 4Steiermark 19 davon 10 in Graz und 9 in LeobenTirol 2 beide in InnsbruckVorarlberg 1Wien 17 davon eines derzeit unterbrochen

Ausland

Düsseldorf 2München 1

Insgesamt 174 Module (davon 6 im Ausland: Budapest, Davos, Hannover, Manchester, Peking, Singapur)

Info & Kontakt:CDG-Vize-Präsidentin, Dr. Ulrike Unterer

Bundesminisiterium für Wirtschaft und Arbeit, Leiterin der Abt. C1/9 f. technisch-wirtschaftliche

Forschung, [email protected],www.bmwa.gv.at

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Neues Wissen für die WirtschaftDie lohnendsten Forschungen sind diejenigen, welche, indem sie den Denker erfreuen, zugleich der Menschheit nützen.

(Christian Doppler, 1803-1853)

Im Gespräch mit Senatsvorsitzenden o. Univ.-Prof. Dr. HartmutKahlert von der Technischen Universität Graz über die Rolle derWissenschaft im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeitmit Unternehmen.

Nach welchen Kriterien werden die Themen für neue CD-Labors ausgewählt?

Die CDG hat keine prioritären Themen oder Programme. DieThemen werden bottom-up vorgeschlagen, von potenziellen Labor-leitern und in enger Absprache mit den kooperierenden Firmen.Die Unternehmen, die sich für ein CD-Labor engagieren, wissenmeist sehr genau, wo die Experten sitzen, die sie für ihre wissen-schaftliche Expertise benötigen, und wo die besten Lösungen erar-beitet werden.

Wird die Forschung nicht durch die Vorgaben der industriellen Partner stark eingeschränkt?

In gewisser Weise stimmt das, aber das Fördermodell lautet ganzklar, dass zwei Drittel der Forschungskapazitäten der Labors für diedefinierten Module zu reservieren sind und ein Drittel den Laborsfür freie Forschungsvorhaben offen bleibt. Dieser Schlüssel ist öf-

fentlich und kein Geheimnis, das heißt, die Labors wissen, dass siedafür zusätzliche Ressourcen erhalten, um unabhängig agieren zukönnen. Die Evaluation der Labors erfolgt einerseits laufend durchdie kooperierenden Partner, andererseits alle zwei und fünf Jahredurch eine Evaluierungskommission. Diese konzentriert sich beiihrer Prüfung auf eben dieses Drittel, das internationale Exzellenz-kriterien erfüllen muss und die wissenschaftliche Leistung derForschungseinrichtungen im internationalen Umfeld sichtbarmachen soll.

Die CD-Labors sind stark an die Stellung des Labor-leiters/der Laborleiterin gebunden. Was passiert bei seinem bzw. ihrem Ausscheiden?

Das kann natürlich vorkommen und dann ist meist auch die Ko-operation zu Ende, denn eine Neubesetzung ist aufgrund des um-fassenden internationalen Gutachterverfahrens zur Bestellung desLaborleiters nicht so einfach.

CD-Labors sind auf eine Dauer von sieben Jahren konzipiert – wie geht es danach mit der wissenschaftlichenArbeit weiter?

Die erwähnten zwei Drittel fließen unmittelbar in die Tätigkeitder Firma ein, das kann in Form von Patenten oder direkten Pro-duktentwicklungen sein. Der Rest dient dazu, den Forschern in derinternationalen wissenschaftlichen Community eine möglichst weitreichende Anerkennung zu bringen.

Kommt es oft vor, dass die Wissenschafter aus den Laborsin die Industrie wechseln?

Die Laborleiter sind häufig Personen, die eine universitäre Kar-riere anstreben, die trifft das selten. Bei den Labormitarbeitern istdas anders: Sie sind oft sehr begehrt, nicht nur in der Firma, die mitdem CD-Labor zusammengearbeitet hat, sondern in der Branchegenerell.

Wenn Sie einen Wunsch für die Entwicklung der CD-Laborsaus Sicht der Wissenschaft frei hätten, was wäre das?

Dass unsere Laborleiter mit international anerkannten Preisenfür ihre Forschungen ausgezeichnet werden. Damit ist das CD-Mo-dell nicht nur für die Wirtschaft interessant, sondern bringt auch ei-ne sichtbare Anerkennung und Auszeichnung für die wissenschaft-liche Exzellenz unserer Forscher.

Auf einen Blick

CD-Labors werden an Universitäten und außeruniversitären For-schungseinrichtungen in Zusammenarbeit mit Partnern aus derWirtschaft eingerichtet. Sie werden von hochqualifizierten Wis-senschafterinnen und Wissenschaftern geleitet. Einem CD-Laborgehören neben dem Leiter/der Leiterin bis zu zehn Mitarbeiteran. Es hat ein Jahresbudget von 110.000–500.000 Euro, dieFörderperiode beträgt bis zu sieben Jahre. Voraussetzung für dieEinrichtung eines CD-Labors ist ein Industriepartner mit konkre-tem Bedarf für Wissen und Know-how aus der Grundlagenfor-schung. Anträge auf Einrichtung eines Labors bei der CDG kön-nen sowohl von wissenschaftlicher als auch von industrieller Sei-te initiiert werden.

Info & Kontakt:CDG-Senatspräsident o. Univ. Prof.

Dr. Hartmut Kahlert, Senatsvorsitzender

Technische Universität Graz, [email protected]

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Drei Beispiele für neue, viel versprechende Christian Doppler Labors:

CD-Labor für Mikrowellenchemie

Das Christian Doppler Labor für Mikrowellenchemie wurde imJuli 2006 unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Christian OliverKappe an der Universität Graz gegründet. Das Forschungslaborwidmet sich primär der Grundlagen- und Anwendungsforschungauf dem Gebiet der Mikrowellenchemie in enger Zusammenarbeitmit Partnern aus der Industrie. Dies erleichtert den wirksamenTechnologietransfer zwischen Universität und Wirtschaft. DerEnergieeintrag der elektromagnetischen Strahlung erfolgt per Mi-krowelle wesentlich schneller und effizienter als beim konventionel-len Erhitzen. So können eine große Anzahl an chemischen Prozes-sen dramatisch beschleunigt und höhere Produktausbeuten erzieltwerden. Dieser Effekt wird speziell von Unternehmen wie den Gra-zer Industriepartnern Anton Paar und piChem besonders geschätzt.

www.maos.net, Leitung: Univ.-Prof. Dr. Christian Oliver Kappe

CD-Labor für Entzündungsforschung im Gastrointestinaltrakt

Die Aufklärung molekularer Ursachen ermöglicht die Entwick-lung neuer Konzepte zur Entstehung und zum Mechanismus kom-plexer Erkrankungen. Dazu zählen verschiedenste chronisch-ent-

zündliche Erkrankungen im Organismus, insbesondere im Bereichvon Darm und Leber. Zur wissenschaftlichen Strategie des im Au-gust 2006 gegründeten Forschungslabors unter Leitung von Prim.Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg gehört die Verbesserung zugrunde lie-gender Pathomechanismen bei chronisch-entzündlichen Erkran-kungen des Darmes und der Leber und die unmittelbare Anwen-dung auf Patienten. Auf Grund der engen Zusammenarbeit vonGrundlagen- und klinischer Forschung soll vor allem translationel-le Forschung ganz im Vordergrund stehen. Ein wichtiges weiteresStandbein des Labors sind internationale Kooperationen, vor allemmit Industriepartnern wie AESCA Pharma und assoziierten For-schungsinstituten.

www.cdg-inflammation.at, Leitung. Prim. Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg

CD-Labor für oberflächenphysikalische undchemische Grundlagen der Papierfestigkeit

Das Team im CD-Labor für ober-flächenphysikalische und chemischeGrundlagen der Papierfestigkeit be-schäftigt sich mit Grundlagenfor-schung zur Frage, was zwei Papierfa-sern zusammenhält. LaborleiterUniv.-Prof. Dr. Robert Schennachund sein Team versuchen herauszufin-den, wie groß die Bindungsfläche zwi-schen zwei Papierfasern ist, welchechemischen Gruppen diese Bindun-gen ausmachen und wie die Faser-

oberfläche im Nanometer-Bereich strukturiert ist. Die vereinigtenErkenntnisse aus der Grundlagenforschung sollen die angewandteForschung beim Industriepartner Mondi Packaging Frantschachunterstützen und in die richtige Richtung weisen.

Als Doppler Labor können laut Professor Schennach neue wis-senschaftliche Kontakte geknüpft werden. Das ist besonders für in-terdisziplinäres Forschen sehr wichtig, aber auch innerhalb der Uni-versität führt der Status eines CD-Labors zu mehr Aufmerksamkeit.Das Labor wurde erst im März 2007 gegründet, die ersten Ergeb-nisse sind aber sehr viel versprechend.

[email protected] Leitung: Univ.-Prof. Dr. Robert Schennach

Mikrowellenreaktor im LaborProfessor Oliver Kappe

Univ.-Prof. Dr. Robert Schennach

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CDG: Missing Link schafft Vorteilefür alle beteiligten PartnerDie Siemens VAI ist CDG-Gründungsmitglied und Industriepartner der ersten Stunde. Dipl.-Ing. Bruno Lindorfer, Vizepräsident der CDG und Forschungsschef der SIEMENS VAI, gibt Einblick in die Erfolgsgeschichte der CDG aus Sicht eines wirtschaftlichen Players.

Siemens VAI ist Gründungsmitglied der CDG im Jahr 1988und war bisher an 15 Labors beteiligt. Was macht für Siegerade die Form der CDG attraktiv, um hier so engagiertmitzuwirken?

Industrieunternehmen, die nachhaltige Technologiestrategienfahren, wissen genau, dass man dazu neues Wissen mit langer Halb-wertszeit, also Grundlagenforschung braucht. Für ein Unterneh-men gibt es mehrere Möglichkeiten,sich hier zu engagieren, aber dieCDG ist dabei als das erste Public-Private-Partnership-Modell in derösterreichischen Forschungsförde-rungslandschaft erste Wahl. Dennnur in der CDG sind auch die for-schenden Unternehmen Teil der stra-tegischen Entscheidungsgremien. ImCDG-Senat sind Vertreter der Wis-senschaft und Forschungsmanagerder forschenden österreichischen Unternehmen mit gleichem Ge-wicht vertreten.

Welche konkreten Vorteile bringt die Zusammenarbeit mitCD-Labors einem Unternehmen wie Siemens VAI?

Durch die Wissenskoppelung, d. h. die Nutzung des Wissens anUniversitäten beschleunigt sie einerseits den Innovationsprozessund bringt andererweits interessante Inputs für „Technology Push“,Innovationen. Gleichzeitig wird die finanzielle Eintrittsbarriere derWirtschaft in die Grundlagenforschung „halbiert“, da die CD-La-bors zur Hälfte von den beteiligten Wirtschaftspartnern und zur an-deren Hälfte vom BMWA und Nationalstiftung, d. h. von der öf-fentlichen Hand finanziert werden. Der Set Up der Labors mit sei-nen strengen Qualitätskontrollen des Forschungsprogrammes undder Laborleiter gibt hohe Sicherheit für die Industrie. Und schließ-lich sind die CD-Labors wichtige Bausteine im Innovationsnetz-werk der Partnerunternehmen der CDG. Globale Innovationsnetz-werke gewinnen für die Innovationskraft und Innovationskulturvon Unternehmen immer mehr an Bedeutung.

Welche Rolle spielt die Forschung in den CD-Labors fürden Innovationsprozess der beteiligten Unternehmen?

Schnelligkeit wird im schärfer werdenden globalen Innovati-onswettbewerb immer mehr zum Schlüsselerfolgsfaktor. Die F&EAbteilungen technologiebasierter Unternehmen müssen sich da-her auf die rasche Umsetzung von Inventionen in Innovationen,d. h. auf die Umsetzung von neuem Wissen in Produkte undDienstleistungen konzentrieren. Für reine Grundlagenforschungbleibt dabei in den Unternehmen nicht mehr viel Zeit. Ein Out-sourcing von Teilen der notwendigen Grundlagenforschung inCD-Labors ist dabei doppelt sinnvoll, weil ja so der Innovations-prozess zumindest teilweise parallelisiert und damit weiter be-schleunigt werden kann.

Wer gibt die Forschungsrichtung vor, die Unternehmen oderdie Wissenschafter?

Die Themenschwerpunkte für das Forschungsprogramm derCD-Labors kommen von den Unternehmen. Da der Fokus der

CD-Labors auf der anwendungs-orientierten Grundlagenfor-schung liegt, brauchen die CD-Labors aber auch einen wissen-schaftlichen Freiraum, der vonAnbeginn – neben dem partner-schaftlich aus der Academia undden forschenden Unternehmenbesetzten Senat – ein USP desPPP-Modells CDG gewesen ist.

Info & Kontakt:CDG-Vizepräsident DI Bruno Lindorfer

Bereichsleiter Innovation, Siemens VAI Metals Technologies GmbH&Co,

[email protected]

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CD-Labors beschleunigen Innovationen und können wertvolle Inputs in den Innovationstrichter derUnternehmen für „Technology Push“

Innovationen liefern.Dipl.-Ing. Bruno Lindorfer

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Der Eigenschaftsvielfalt auf der SpurCD Labors erschließen für Unternehmen zusätzliche Forschungsressourcen und ermöglichen ihnen langfristig am aktuellen „Stand der Wissenschaft“ zu agieren.

Genau wie die Naturfasern Baumwolle oder Flachs bestehenauch die Lenzinger Lyocell-, Modal- und Viscosefasern aus dem na-türlichen Rohstoff Cellulose. Im ersten Fall produziert bereits dieNatur die Fasern für die Textilindustrie, im Fall der Lenzinger Fa-sern muss die Cellulose erst ausHolz gewonnen werden, bevor siezu Fasern verarbeitet werden kann.

Cellulose, das weltweit wichtigs-te organische Polymere, ist die ge-rüstbildende Substanz der gesam-ten pflanzlichen Natur und ist da-bei die Basis für eineunvergleichliche, für den jeweili-gen Einsatz optimierte Vielfaltvon Eigenschaften. Bisher können diese Eigenschaften mit keinemsynthetischen Material erreicht werden. Cellulose ist die Faserkom-ponente des „Hochleistungsverbundwerkstoffs“ Holz, ist als Baum-wolle oder Pappelflaum Schutz, aber auch „Flugapparat“ für die Sa-men und kann als Kaktusstachel so hart sein, dass sie sich wie einNagel mit einem Hammer in eine Holzplatte schlagen lässt.

Natürlich wollen wir uns die Eigenschaftsvielfalt dieses herrli-chen Materials als Rohstoff für unsere Fasern noch mehr zu Nutzemachen. Um Fortschritte bei einer zielgerichteten Produktgestal-tung zu erreichen, braucht man jedoch ein weit über den heutigenStand hinausgehendes Verständnis von den bei der Faserherstellungund-verarbeitung ablaufenden komplexen chemischen und physi-kalischen Vorgängen.

Mit diesem Ziel kam es im Jahr 2002 zur Errichtung des CD-Labors für die „Chemie Cellulosischer Fasern und Textilien“. Verti-kal betrachtet werden die Veränderungen einer Faser im Verlauf derverschiedenen aufeinanderfolgenden Behandlungsprozesse studiert,um Kausalitäten für beobachtete Eigenschaften zu erkennen. Hier-aus ergeben sich jedoch wiederum vielfältige Fragen zur Strukturder Fasern und deren Einfluss auf so wichtige Aspekte wie Funktio-nalität, Tragekomfort und physiologische Eigenschaften im Ge-brauch. Gerade bei Cellulose sind z.B. hautbiologische Studien über

das Verhalten von Fasern und Textilien gegenüber Mikroorganis-men wichtig, aber auch Untersuchungen über das physiologisch so bedeutsame Feuchtigkeitsmanagement im Endprodukt. All das mündet dann in Arbeiten über die technische Realisierung der

gewünschten Eigenschaften. Weder von den Ressourcen

her noch aufgrund der Langfris-tigkeit kann ein „normales“ Un-ternehmen derartige Arbeiten al-lein angehen. Indem sie denStand der Wissenschaft grundle-gend weiterbringen, sind diese jaauch im öffentlichen Interesse.Als weltweit führendes Unterneh-

men auf seinem Gebiet bringt Lenzing seine Fragestellungen, diediesbezügliche fachliche Kompetenz und einen Teil der Finanzierungein. Das universitäre CD-Labor andererseits stellt mittlerweile denKern eines Netzes von weitverzweigten internationalen und interdis-ziplinären Forschergruppen dar, die weit über das eigentliche Ar-beitsprogramm hinaus aus Interesse begonnen haben, an dieser fo-kussierten Forschungsinitiative mitzuarbeiten.

Von besonderer Bedeutung für derartige Arbeiten sind einerseitsdie pragmatischen Organisationsvorgaben und andererseits die kla-ren Grundsätze der CDG, die sowohl eine effiziente und flexibleReaktion auf die sich rasch ändernden praktischen Forschungskon-stellationen ermöglichen als auch Transparenz und höchste Qualitätder Ergebnisse garantieren.

„Entscheidend für den Erfolg ist einepragmatische Organisation und die klaren

Grundsätze der CDG.“DDr. Haio Harms

Info & Kontakt:DDr. Haio Harms,

Lenzing [email protected], www.lenzing.com

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Von der Notwendigkeit, über den Tellerrand zu blickenNeues Wissen entsteht heutzutage in hochgradig spezialisierten und international arbeitsteiligen Prozessen. Unternehmen, die einen Bedarf an spezifischem Know-how haben, müssen bei der Suche nach dem besten verfügbaren Wissen zunehmend auch über die nationalen Grenzen blicken.

Gerade in einem kleinen Land wie Österreich ist es nicht selbst-verständlich, dass sich die vorhandenen wissenschaftlichen und un-ternehmerischen Stärken stets überschneiden. Oft ist im Inland nureine von beiden ausgeprägt, während die jeweils geeigneten Koope-rationspartner im Ausland sitzen. Das ist eine der großen Heraus-forderungen auch für die Forschungsförderung.

Zusammenarbeit: Effizient und unkompliziertDie CDG geht grundsätzlich davon aus, dass den Partner-Unter-

nehmen von CD-Labors das Wissen von ausländischen Forschungs-einrichtungen erschlossen werden soll, zumindest dann, wenn es imnationalen Rahmen nicht in optimaler Weise verfügbar ist. Sie er-mutigt daher ihre Labors zu internationalen Forschungspartner-schaften, und ist bestrebt, Rahmenbedingungen zu schaffen, diePartnern im In- und Ausland eine möglichst effiziente und unkom-plizierte Zusammenarbeit ermöglichen. Dies betrifft sowohl dieGründung und den Betrieb von CD-Modulen und CD-Labors imAusland als auch die Beteiligung ausländischer Firmen an CD-La-bors im Inland.

Durch den Ausbau solcher grenzübergreifender Strukturen undPartnerschaften gewinnen einerseits die beteiligten österreichischenUnternehmen substanziell an Know-how, andererseits können sichdie österreichischen Forscher dadurch besser am weltweiten Stand

des Wissens orientieren und so zu den internationalen Spitzen auf-schließen.

Maßnahmen zur InternationalisierungDie CDG ist bestrebt, ihre internationalen Aktivitäten weiter zu

forcieren. Sie wird dabei von den Empfehlungen aus der Evaluie-rung des Jahres 2005 bestärkt, die die Öffnung des Programms fürausländische Akteure und für Labors im Ausland ausdrücklich be-grüßt. Ein substanzieller Nutzen für Österreich soll dabei in jedemFall klar erkennbar sein. Die neue Internationalisierungsstrategie sieht folgende Maßnahmen vor:

• Module im AuslandDie CDG richtet weiter Auslandsmodule zu Labors im Inland

ein. Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen sollen die Rah-menbedingungen für solche Kooperationen laufend verbessert undso die Gründung neuer Module erleichtert werden.

• Labors im AuslandDie CDG entwickelt verschiedene Modelle zur Einrichtung von

CD-Labors im Ausland – von der Außenstelle einer österreichi-schen Universität bis zu selbständigen Einrichtungen mit intensi-vem Know-how-Transfer. Die bestehenden ausländischen Laborsdienen dabei als Referenz.

• Erarbeitung von StandardsDie CDG entwickelt Vertragsmuster für Kooperationen mit aus-

ländischen Forschungseinrichtungen, die Rechtssicherheit und effi-ziente Arbeitsabläufe garantieren, aber auch örtliche Gegebenheitenberücksichtigen können.

• Internationale PartnerschaftenDie CDG strebt den Aufbau von internationalen Partnerschaf-

ten mit Institutionen an, die ähnliche Ziele wie die CDG verfolgen.

Derzeit besteht ein eigenständiges CD-Labor an der TU-Mün-chen, zwei am Max-Planck-Institut für Eigenforschung in Düsseldorf,ein Labor an der Universität Bochum ist im Aufbau. AusländischeModule wie inländische CD-Labors befinden sich unter anderem anden Universitäten Manchester, Hannover, Peking und Singapur.

Info & Kontakt:CDG-Präsident o. Univ.-Prof. Dr. Reinhart Kögerler

Universität Bielefeld/Fakultät Physik, D-33615 Bielefeld

[email protected], www.uni-bielefeld.de

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Erfolgsfaktoren: Einfach, flexibel und hochwertigFür eine erfolgreiche Umsetzung des CD-Modells in die Praxis sorgt das Generalsekretariat der Christian Doppler Forschungsgesellschaft, das seit kurzem unter der Führung einer neuen Generalsekretärin steht.

„Das Generalsekretariat koordiniert alleAktivitäten der Christian Doppler Forschungs-gesellschaft“, skizziert Dr. Judith Brunner, seitJuni 2007 neue Generalsekretärin der CDG,den Aufgabenbereich der Geschäftsstelle kurzund knapp. „Wir agieren dabei an der Schnitt-stelle von Mitgliedsunternehmen, Universitä-ten und außeruniversitären Forschungseinrich-tungen, Ministerien sowie breiter Öffentlich-keit und sorgen dafür, dass das CD-Modellerfolgreich verwirklicht werden kann.“ Ge-meinsam mit Dr. Elvira Welzig, der stellvertre-tenden Generalsekretärin, und einem sechs-köpfigen Team werden alle Agenden kompe-tent und effizient abgewickelt.

Zentrale Drehscheibe Wesentliche Faktoren für den Erfolg der

CDG sind Einfachheit, Flexibilität und hohe Qualität. Diese Krite-rien bilden auch im Generalsekretariat den Maßstab in allen Belan-gen: von der Betreuung der zentralen Organe der Christian Dopp-ler Forschungsgesellschaft über die Beratung und Begleitung vonPartnern aus Wissenschaft und Wirtschaft bis zur operativen Um-

setzung in Hinblick auf Verträge und Budgets. Die Geschäftsstelleversteht sich dabei stets als Dienstleistungseinrichtung.

Die Unterstützung des Kuratoriums und des Senats der CDGumfasst die Vorbereitung der Sitzungen, die Aufbereitung aller rele-vanten Informationen und Entscheidungsgrundlagen sowie die ad-ministrative Abwicklung der Beschlüsse. Für Mitgliedsunterneh-men und Wissenschafterinnen und Wissenschafter ist das General-sekretariat zentrale Anlaufstelle: Das Team der Geschäftsstellebeantwortet alle Anfragen, wie die Kooperation von Wissenschaftund Wirtschaft optimal gelingen kann, wie der Prozess von der An-tragsstellung über die Gründung bis zum Betrieb eines CD-Laborsabläuft und welche Aspekte dabei zu beachten sind. WesentlicheLeitlinie ist dabei, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass dieLaborleiterinnen und Laborleiter sich auf ihre Forschungsarbeitenkonzentrieren können. Der erforderliche Verwaltungsaufwand wirddaher auf ein Minimum beschränkt. Besonderes Augenmerk wird

auf die hohe Qualität der Evaluierungen gelegt, bei denen interna-tionale Gutachterinnen und Gutachter die wissenschaftliche Leis-tung des CD-Labors beurteilen.

Auf administrativer Ebene kümmert sich das Generalsekretariatauch um alle rechtlichen und finanziellen Belange. „Wir achten be-sonders darauf, dass die Organisationskosten äußerst niedrig blei-ben und zumindest 95% aller insgesamt zur Verfügung stehendenFinanzmittel für Forschung verwendet werden“, betont Brunner.

Punktgenaue KommunikationDie Ziele werden vom Kuratorium der Christian Doppler For-

schungsgesellschaft vorgegeben: „Die großen Herausforderungender nächsten Jahre bestehen in der Fortsetzung des Wachstumskur-ses, Forcierung der Internationalisierung sowie Vernetzung mit an-deren Akteuren des Innovationssystems“, weiß die Generalsekretä-rin. Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang geziel-te Kommunikation. Es gilt, Unternehmen aus unterschiedlichenBranchen und Regionen, potenzielle Laborleiterinnen und Labor-leiter an Forschungseinrichtungen sowie mögliche Kooperations-partner in Österreich und im internationalen Bereich punktgenauanzusprechen. „Wir blicken optimistisch in die Zukunft, weil dieCD-Labors als Vorzeigemodell für eine gelungene Zusammenarbeitvon Wirtschaft und Wissenschaft gelten. Ein erfolgreiches Systemweiterzuentwickeln, macht Freude“, gibt Brunner Einblick.

Das Team im CD-Generalsekretariat koordiniert alle Aktivitäten der Gesellschaft.

Info & Kontakt:CDG-Generalsekretärin Dr. Judith Brunner

Sensengasse 1, A-1090 WienTel.: +43/1/5042205-11Fax.: +43/1/5042205-20

[email protected], www.cdg.ac.at

„Internationale Gutachterinnen und Gutachter evaluieren

regelmäßig die wissenschaftlichen Leistungen der CD-Labors.“

Dr. Judith Brunner

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Das technologiepolitische Profil der CDG:

Warum bottom-up?Ziel der CDG ist die Initiierung von langfristiger Kooperation von

Wissenschaft und Wirtschaft in der Grundlagenforschung, zwar „an-wendungsnahe“ Grundlagenforschung, aber doch Forschung mit demallerhöchsten Anspruch, die Grundlagen der jeweiligen Disziplin vor-anzutreiben. Das Gelingen dieser Zielvorgabe stellt einen hohen Wertdar, ganz unabhängig davon, in welchem wissenschaftlichen Feld es ge-lingt. Wann immer auf Seiten der Unternehmen ein Bedarf nach Pro-blemlösungskapazität besteht, die Forschung der besten verfügbarenKöpfe erfordert, soll dies auchgefördert werden (zu 50%), vor-ausgesetzt, die wissenschaftlicheQualität des Forschungsvorha-bens erfüllt die hohen Qualitäts-ansprüche und das Unterneh-men ist bereit zur langfristigenFinanzierung. Schwerpunktset-zende Förderprogramme (top-down) und Programme ohne Themenvorgabe (bottom-up) stehen –förderpolitisch betrachtet – in einem ergänzenden Verhältnis zueinan-der. Sie sollen als Instrumente jeweils dort zur Anwendung kommen,wo sie ihre beste Wirkung entfalten können.

Warum keine Calls?Es ist üblich geworden, Förderaktivitäten zu bündeln, nicht nur in-

stitutionell und thematisch, sondern auch zeitlich, durch Ausschreibun-gen und „calls“. Das verstärkt den Wettbewerb der besten Ideen umknappe Fördermittel. Die CDG steht demgegenüber laufend neuenAnträgen offen, aus dem Gedanken heraus, daß sowohl die Generie-rung wissenschaftlicher Ideen, als auch die Nachfrage nach hochwerti-ger akademischer Forschungskapazität einen kontinuierlichen Prozeßbilden, der jederzeit förderwürdige CD-Laborideen hervorbringenkann. Maßgebend soll aber allein die Qualität des Antrags sein undnicht der Zeitpunkt. Die strikte zeitliche Beschränkung der CD-Labo-ratorien auf max. sieben Jahre Laufzeit, die auch bei allerbester Evaluie-rung nicht überschreitbar ist, erfordert zudem einen ebenso kontinuier-lichen Erneuerungsprozeß, bei dem auslaufende Laboratorien durchNeugründungen mit neuer Themenstellung ersetzt werden.

Warum wissenschaftliche Autonomie?Aufgabe des Staates ist es, die Freiheit der wissenschaftlichen For-

schung zu sichern; das gilt auch dort, wo zur Verbesserung von Innova-tionskraft und Wettbewerbsfähigkeit Forschung gefördert wird, derenErgebnisse in Unternehmen umgesetzt werden sollen. Wissenschaft –als funktionales gesellschaftliches Teilsystem betrachtet – kann ihreFunktion nur erfolgreich erfüllen, wenn sie nach ihren systemeigenenKriterien agieren kann, d.h. die Frage, was, wie und mit welchen Me-thoden geforscht wird, was als anerkanntes wissenschaftliches Ergebnis

zu gelten hat, wie die Qualitätskon-trolle zu erfolgen hat, selbst beantwor-tet. Der Schutz dieser spezifischenwissenschaftlichen Autonomie istletztlich auch eine Voraussetzung fürdas Gelingen von F&E-Kooperatio-nen, die über Auftragsforschung i.e.S.hinausgehen. Dem Fördergeber fälltdie Aufgabe zu, für die nötigen Rah-

menbedingungen zu sorgen, daß diese Autonomie gelingen kann, dar-über hinaus für das Einhalten der Spielregeln, Unparteilichkeit und ef-fektive Verfahren. Der wissenschaftliche Senat der CDG ist ein hoch-kompetentes, genau auf diesen Zweck gerichtetes Instrument unddamit zugleich das Qualitätssicherungsorgan der CDG. Eine Einmi-schung des Fördergebers in die wissenschaftliche Begutachtung wärehöchst kontraproduktiv.

Wie wichtig sind Indikatoren?Der Metabolismus von Forschung und Forschungskooperationen

generiert allerlei Produkte, die sich messen, zählen und bewerten lassen:Publikationen, Erfindungen, Patente, Dissertationen. Forschungsprei-se, Habilitationen etc. Fehlt es an diesen Ergebnissen, ist es wohl keineForschung, die betrieben wird. Umgekehrt ist eine exakte quantitativeVorgabe konkreter Zahlen für alle diese Faktoren weder möglich nochsinnvoll. Wer kann sagen, ab genau welcher Zahl an Patenten, abge-schlossenen Dissertationen oder Publikationen in referierten Journalenmit mindestens welchem Impactfaktor usw. ein wissenschaftlicher Er-folg vorliegt? Die staatliche Verwaltung als Fördergeber kann das jeden-falls nicht. Es ist eine Illusion zu glauben, dieses Wissen ließe sich zu-

Eine Skizze in

„Angewandte Forschung erfordert einenkontinuierlichen Erneuerungsproess“

DDR. Martin Pilch

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7kaufen oder durch immer aufwendigere ausgelagerte Evaluierung her-stellen. Es sind die Disziplinen auch zu verschieden, die Publikations-kulturen zu unterschiedlich und die individuellen Erfolgsbedingungenzu spezifisch um allgemeingültige Standards auch nur ansatzweise defi-nieren zu können. Das Maß für das Gelingen eines CD-Labors kanndarum in wissenschaftlicher Hinsicht nur das Urteil eines einschlägigfachkompetenten (i.d.R. ausländischen) Wissenschaftlers sein, der dieErgebnisse in angemessenen Abständen (i.d.R. zwei Jahre) einer einge-henden Prüfung unterzogen hat. In wirtschaftlicher Hinsicht verfügtdie CDG komplementär über einen einfachen, aber höchst wirksamenEvaluierungsmechanismus: die fortdauernde Bereitschaft des Unter-nehmens, weiterhin 50% der Laborkosten in bar zu finanzieren.

Warum keine Overheads?Der spezifische Mehrwert der CD-Laboratorien liegt in ihrer engen

Verzahnung mit den beherbergenden Universitätsinstituten begründet.Die Einfachheit und Fairneß des CD-Modells liegt nicht zuletzt darin,wie dieser Mehrwert verteilt wird. Hier kommt das schlichte Prinzipzur Anwendung, daß jeder von beiden Partnern, Unternehmen undUniversitäten, jeweils das verwerten sollen, wozu er seiner Natur nacham besten geeignet ist: auf der einen Seite die Erfindungen und paten-tierbaren Ergebnisse, auf der anderen die publizierbaren. Publikationensind im Wissenschaftssystem eine anerkannte „Währung“ und tragenwesentlich zum Kapital einer Forschungseinrichtung bei. Der von derCDG garantierte 30%-Freiraum für Grundlagenforschung sichert dieAusgewogenheit. Die Kehrseite des geschilderten Prinzips ist, daß dieLeistungen, die von Unternehmen und Universitäten wechselseitig er-bracht werden, als gleichwertig und ausgeglichen betrachtet und nichtin Rechnung gestellt werden.

Warum Förderung auch von ausländischen Standorten?Österreich ist bekanntlich ein kleines Land, aber eines mit aner-

kannter wissenschaftlicher Exzellenz in bestimmten Feldern und mit er-folgeichen innovativen Unternehmen. Es besteht aber nur eine gewisseWahrscheinlichkeit, daß der für ein CD-Labor jeweils beste und ammeisten geeignete Partner in Österreich zu finden ist. WissenschaftlicheForschung ist selbstverständlich weltweit vernetzt und erfolgreiche Un-ternehmen sind es i.d.R. ebenfalls. Das Fördermodell der CDG läßt es

nun zu, daß sowohl Laborstandorte im Ausland, als auch umgekehrtdie Beteiligung ausländischer Unternehmen an inländischen Labor-standorten möglich und förderbar ist. Ein wesentlicher Österreichbe-zug muß freilich immer gegeben sein: Wertschöpfung im Inland oderessentieller Wissenstransfer an inländische Forschungseinrichtungen.Man muß nicht erst die Globalisierung oder den europäischen For-schungsraum bemühen, um zu erkennen, daß nationale Grenzen (zu-mal innereuropäische) auch für Förderprogramme, wenn sie erfolgreichbleiben wollen, an Bedeutung verlieren müssen.

Warum Selbstorganisation der forschenden Unternehmen?Ein wesentliches Merkmal der CDG ist es, daß sie aus einem Zu-

sammenschluß von Industrieunternehmen hervorgegangen ist. DieCDG ist nicht nur das erfolgreiche Beispiel für den Prozeß der Selbst-organisation als industriepolitische Plattform (das Kuratorium derCDG), sondern auch für einen gewissen Selbsterziehungsprozeß –denn es sind die Unternehmen selbst als Träger des „Vereins“ CDG, diedas hohe wissenschaftliche Niveau und den Grundlagenteil von zumin-dest 30% der an den Laboratorien getätigten Forschung einfordern undals Standard aufrechterhalten. Es steht dahinter die Einsicht, daß nach-haltige Wettbewerbsfähigkeit ohne Grundlagenforschung in industrie-relevanten Themenfeldern nicht erreichbar ist – und, daß Forschung inÖsterreich nicht allein Angelegenheit der Universitäten sein kann, sosehr deren Beitrag zu Ausbildung und reiner Grundlagenforschungauch anzuerkennen ist. Neben der wissenschaftlichen Autonomie stelltdas unternehmerische Selbstbewußtsein, daß sich in der CDG artiku-lieren kann, ein wichtiges komplementäres Strukturmerkmal des För-dermodells dar.

Antworten

Info & Kontakt:DDr. Martin Pilch,

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, zuständiger Referent für die CDG,

[email protected], www.bmwa.gv.at

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Advanced Hard Coatings, MU Leoben, Department f. Werkstoffprüfung, Univ.-Prof. Dr. Christian Mitterer, Kontakt: [email protected]

Aktive implantierbare Systeme, Uni Innsbruck, Inst. f. Angewandte Physik,Univ.-Doz. DI Dr. Clemens Zierhofer, Kontakt: [email protected]

Allergiediagnostik und -therapie, Uni Salzburg, Institut f. Molekulare Biochemie,ao. Univ.-Prof. Dr. Fatima Ferreira, Kontakt: [email protected]

Allergy Research, Med Uni Wien, Inst. f. Pathophysiologie,Univ.-Prof. Dr. Rudolf Valenta, Kontakt: [email protected]

Applications of Sulfosalts in Energy Conversion (ASEC), Uni Salzburg, FachbereichMaterialforschung u. Physik, Univ.-Prof. Dr. Herbert Dittrich, Kontakt: [email protected]

Automated Software Engineering, JKU Linz, Inst. f. Systemsoftware,o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Hanspeter Mössenböck, Kontakt: [email protected]

Betriebsfestigkeit, MU Leoben, Inst. f. Allg. Maschinenbau,Univ.-Prof. DI Dr. Wilfried Eichlseder, Kontakt: [email protected]

Biomechanics in Skiing, Uni Salzburg, IFFB Sport- und Bewegungswissenschaft/USI,Univ.-Prof. Mag. Dr. Erich Müller, Kontakt: [email protected]

Brennstoffzellensysteme mit flüssigen Elektrolyten, TU Graz, Inst. f. Chemische Techno-logie Anorganischer Stoffe, Univ.-Doz. DI Dr. Viktor Hacker, Kontakt: [email protected]

Chemie Cellulosischer Fasern u. Textilien, Uni Innsbruck (Außenstelle Dornbirn), Inst. f.Textilchemie u. Textilphysik, Univ.-Prof. Dr. Thomas Bechtold, Kontakt: [email protected]

Compilation Techniques for Embedded Processors, TU Wien, Inst. f. Computersprachen,Univ.-Prof. DI Dr. Andreas Krall, Kontakt: [email protected]

Design Methodology of Signal Processing Algorithms, TU Wien, Inst. f. Nachrichten-u. Hochfrequenztechnik, Univ.-Prof. Ing. Dr. Markus Rupp, Kontakt: [email protected]

Diffusions- und Segregationsvorgänge bei der Produktion hochfesten Stahlbands, Max-Planck-Inst. f. Eisenforschung, Dr. Michael Rohwerder, Kontakt: [email protected]

Early Stages of Precipitation, MU Leoben, Inst. f. Metallkunde u. Werkstoffprüfung, undTU Graz, Inst. f. Werkstoffkunde, Schweißtechnik u. Spanlose Formgebungsverfahren,DI Dr. Harald Leitner und Univ.-Doz. DI Dr. techn. Ernst Kozeschnik, Kontakt: [email protected], [email protected]

Embedded Software Systems, Uni Salzburg, Software & Systems Research Center (SRC),Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pree, Kontakt: [email protected]

Entzündungsforschung bei gastroenterologischen Erkrankungen, Med Uni Innsbruck, De-partment f. Innere Medizin, Prim. Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg, Kontakt: [email protected]

Ferroische Materialien, TU Graz, Inst. f. Chemische Technologie Anorganischer Stoffe,und TU Wien, Inst. f. Chemische Technologien und Analytik,ao. Univ.-Prof. Dr. Klaus Reichmann und Univ.-Prof. Dipl.-Phys. Dr. Jürgen Fleig, Kontakt: [email protected], [email protected]

Gebrauchsverhaltensorientierte Optimierung flexibler Straßenbefestigungen, TU Wien, Inst.f. Straßenbau u. -erhaltung, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Ronald Blab, Kontakt: [email protected]

Genomik und Bioinformatik, TU Graz, Inst. f. Genomik und Bioinformatik, Leitung:Univ.-Prof. DI Dr. Zlatko Trajanoski, Kontakt: [email protected]

Gentherapeutische Vektorentwicklung, Vetmed Uni Wien, Inst. f. Virologie u. Biomedizin,Univ.-Prof. DDr. Walter Günzburg, Kontakt: [email protected]

Immunmodulation, Med Uni Wien, Inst. f. Pathophysiologie,Univ.-Doz. DI Dr. Barbara Bohle, Kontakt: [email protected]

Integrierte Radarsensoren, JKU Linz, Inst. f. Nachrichtentechnik,ao. Univ.-Doz. DI Dr. Andreas Stelzer, Kontakt: [email protected]

Kraftfahrzeugmesstechnik, TU Graz, Inst. f. Elektrische Messtechnik u. Messsignal-verarbeitung, Univ.-Prof. Dr. Georg Brasseur, Kontakt: [email protected]

Laser-Assistierte Diagnostik, JKU Linz, Inst. f. Angewandte Physik, Univ.-Prof. Dr. JohannesHeitz und Univ.-Prof. Dr. Johannes D. Pedarnig, Kontakt: [email protected], [email protected]

Laserentwicklung und deren Anwendung in der Medizintechnik, Med Uni Wien, Inst.f. Medizinische Physik, ao. Univ.-Prof. DI Dr. Wolfgang Drexler, Kontakt: [email protected]

Lokale Analyse von Verformung und Bruch, MU Leoben, Erich Schmidt Inst. f. Materialwis-senschaften, Österr. Akademie der Wissenschaften,Univ.-Doz. DI Dr. Reinhard Pippan, Kontakt: [email protected]

Metallurgische Grundlagen von Stranggießprozessen, MU Leoben, Inst. f. Eisenhüttenkunde, DI Dr. Christian Bernhard, Kontakt: [email protected]

Mikrowellen Chemie, Karl-Franzens-Universität Graz, Inst. f. Chemie,ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Christian Oliver Kappe, Kontakt: [email protected]

Molecular Recognition Materials, Uni Wien, Fakultät für Chemie, Inst. f. Analytische Chemie und Lebensmittelchemie,Dr. Michael Lämmerhofer und Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Lindner,Kontakt: [email protected], [email protected]

Molekulare Carzinom Chemoprävention, Med Uni Wien, Klinik f. Innere Medizin 3,ao. Univ.-Prof. Dr. Christoph Gasche, Kontakt: [email protected]

Molekulare Lebensmittelanalytik, Vetmed Uni Wien, Inst. f. Milchhygiene, Milchtechn. &Lebensmittelwissenschaft, ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Wagner, Kontakt: [email protected]

Multi-Phase Modelling of Metallurgical Processes, MU Leoben, Inst. f. Eisenhüttenkunde, Univ.-Prof. Dr. Andreas Ludwig, Kontakt: [email protected]

Multiphysik. Simulation, Berechnung & Auslegung von elektrischen Maschinen, TU Graz,Inst. f. Grundlagen und Theorie d. Elektronik, DI Dr. techn. Oszkár Bíró, Kontakt: [email protected]

Mykotoxinforschung, BOKU Wien, Inst. f. Analytische Chemie, Department IFA Tulln, Univ.-Prof. DI Dr. Rudolf Krska, Kontakt: [email protected]

Neuartige Funktionalisierte Materialien, TU Graz, Inst. f. Festkörperphysik,Univ.-Prof. DI Dr. Emil J.W. List, Kontakt: [email protected]

Nichtlineare Signalverarbeitung, TU Graz, Inst. f. Signalverarbeitung u. Sprachkommunikation, Univ.-Prof. DI Dr. Gernot Kubin, Kontakt: [email protected]

Oberflächen- und Grenzflächenanalytik, TU Wien, Inst. f. Chemische Technologien undAnalytik, ao. Univ.-Prof. Dr. Herbert Hutter, Kontakt: [email protected]

Oberflächenoptische Methoden, Uni Linz, Inst. f. Halbleiter- u. Festkörperphysik,Univ.-Doz. Dr. Kurt Hingerl, Kontakt: [email protected]

Oberflächenphysikalische u. Chemische Grundlagen d. Papierfestigkeit, TU Graz, Inst. f. Festkörperphysik, ao. Univ.-Prof. Dr. Robert Schennach, Kontakt: [email protected]

Örtliche Korrosion, MU Leoben, Department f. Allgemeine, Analytische und Physikali-sche Chemie, ao. Univ.-Prof. DI Dr. mont. Gregor Mori, Kontakt: [email protected]

Polymer/Metall-Grenzflächen, Max-Planck-Institut f. Eisenforschung,Prof. Dr. Ing. Guido Grundmeier, Kontakt: [email protected]

Portfolio Risk Management (PRISMA), TU Wien, Inst. f. Wirtschaftsmathematik,Univ.-Prof. Dr. Uwe Schmock, Kontakt: [email protected]

Proteomanalyse, Uni Wien, Inst. f. Biochemie u. Molekulare Zellbiologie der Max-Perutz-Laboratorien, Univ.-Prof. Dr. Gustav Ammerer, Kontakt: [email protected]

Rapid Test Systems for Allergenic Food Contaminants, BOKU Wien, Department fürAgrarbiotechnologie, Ass.-Prof. DI Dr. Sabine Baumgartner, Kontakt: [email protected]

Rezeptor Biotechnologie, BOKU Wien, Department f. Biotechnologie,Univ.-Prof. DI Dr. Alois Jungbauer, Kontakt: [email protected]

Sekundärmetallurgie der Nichteisenmetalle, MU Leoben, Inst. f. Nichteisenmetalle,ao. Univ.-Prof. DI Dr. Helmut Antrekowitsch, Kontakt: [email protected]

Spatial Data from Laser Scanning and Remote Sensing, TU Wien, Inst. f. Photo-grammetrie u. Fernerkundung, Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Wagner und ao. Univ.-Prof. Dl Dr. Josef Jansa, Kontakt: [email protected], [email protected]

Technologie CAD in der Mikroelektronik, TU Wien, Inst. f. Mikroelektronik,ao. Univ.-Prof. DI Dr. Klaus-Tibor Grasser, Kontakt: [email protected]

Thermodynamik der Kolbenmaschinen, TU Graz, Inst. f. Verbrennungskraftmaschinenu. Thermodynamik, Univ.-Prof. Dr. Raimund Almbauer, Kontakt: [email protected]

Verfahrenstechnik bei hohen Temperaturen, TU Wien, Inst. f. Verfahrenstechn. Umwelt-technik u. Biowissenschaften, Univ.-Prof. Dr. Franz Winter, Kontakt: [email protected]

Werkstoffmechanik von Hochleistungslegierungen, TU München, Lehrstuhl f. Werkstoff-kunde u. Werkstoffmechanik, Dr.-Ing. Christian Krempaszky, Kontakt: [email protected]

Werkstoffmodellierung und Simulation, MU Leoben, Lehrstuhl f. Umformtechnik,Priv.-Doz. Dr. Christof Sommitsch, Kontakt: [email protected]

Forschungsthemen der CD-Labors und ihre Leiter von A–Z

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Clariant versteht sichnicht nur als Herstellervon Spezialchemikalien,sondern auch als Anbie-ter von Dienstleistun-gen. Ganz im Sinne die-ser Service-Ausrichtungsteigt das Schweizer Un-ternehmen nun auch inden Markt für Kunst-stoffprüfung ein. Unterdem Namen ClariantPolymer Services führt esin Gersthofen bei Augs-burg Messungen undAnalysen von Thermo-plasten durch. DiesesAngebot richtet sich vorallem an mittelständi-sche Kunststoffverarbei-

ter aus Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Sie könnenihre Rohstoffmischungen verarbeiten und anschließend testen las-sen – etwa auf Witterungsstabilität, Flammschutz, mechanische,optische und elektrische – oder Verarbeitungseigenschaften.

Kostendruck. Die Nachfrage nach solchen Prüfdiensten ent-steht durch den stetig steigenden Kostendruck im Polymersektor.Kleine und mittlere Firmen können sich Anschaffung und Unter-halt sehr teurer Geräte, zum Beispiel zur künstlichen Bewitterung,oft nicht leisten. Andererseits brauchen sie aber technische Unter-suchungsergebnisse, um die Qualität ihrer Produkte nachweisen zukönnen. Auch größere Unternehmen sind immer wieder darauf an-gewiesen, Versuche nach außen zu geben, wenn die eigenen Kapa-zitäten ausgeschöpft sind.

Auf dem Markt für Kunststoffprüfung drängen sich mittlerwei-le viele Anbieter: Da sind zum einen mittelständische Prüffirmen,zum anderen Universitäten, die viele Gerätschaften für For-schungszwecke bereit halten oder große Chemiefirmen wie BayerMaterialScience.

Nun ist Clariant im Gegensatz zu Universitäten und Prüfinsti-tuten in erster Linie ein Hersteller von Kunststoff-Additiven. Die-se Zusatzstoffe, die einer Polymermischung in geringer Menge hin-zugefügt werden, verleihen ihr hochwertige Eigenschaften. So ha-ben Lichtschutzmittel, Stabilisatoren und Antioxidantien dieAufgabe, Kunststoffe langlebig zu machen. Sie sorgen dafür, dassdie Polymere Witterungseinflüssen wie Sonne, Wärme und Sauer-stoff länger standhalten. Antistatika vermeiden, dass dünne Folienaneinander haften – ein Effekt den man von billigen Plastikbeutelnkennt. Flammschutzmittel erhöhen die Brandsicherheit. Wachseverhindern, dass Polyamide beim Spritzguss in der Form haften,oder sie tragen zu einer feineren Verteilung der Pigmente im Poly-mer bei.

Das Kunststofflabor der Clariant in Gersthofen verfügt übersämtliche Verfahren, die notwendig sind, diese Wirkungen der Zu-satzstoffe nachzuweisen. Hier werden Polymere Tausende vonStunden lang bestrahlt, besprüht und erhitzt. Prüfstäbe werden biszum Reißen gedehnt, sie werden gebogen, von einem Hammer zer-schmettert oder einer Flamme ausgesetzt. Glanz und Farbe werdenbestimmt – das sind rund 50.000 Einzelprüfungen im Jahr. DasLabor wird von einer Analytikabteilung unterstützt, die beispiels-weise herausfindet, welche Wachse in unbekannten Polymerprobenenthalten sind.

Die Kunststoffe für diese Tests müssen allerdings zunächst un-ter realistischen Bedingungen hergestellt werden – daher findetsich in Gersthofen auch die gesamte vorgelagerte Prozesskette:Vom Einwiegen, Mischen, dem Compoundieren (also dem Zu-sammenschmelzen sämtlicher Bestandteile einer Rezeptur), Granu-lat- oder Strangpressen bis zur Formgebung durch Folienblasenoder Spritzguss. Im Gegensatz zu den meisten Kunststoffverarbei-tern verfügt Clariant über kleine, variable Anlagen, in denen sichein breites Spektrum an Prozessen für Probemengen simulierenund messtechnisch überwachen lässt. Daher nutzen die mittelstän-dischen Kunden den neuen Service vor allem für die Kombinationmehrerer Verarbeitungs- und Prüfverfahren. Manchmal, wundertsich Eric Richter, Leiter der Polymer Services, kommen aber auchAnfragen aus unerwarteten Ecken: So lässt derzeit ein Glasbauun-ternehmen seine Verbundscheiben auf Witterungsbeständigkeit te-sten. Kunststoffe sind eben fast überall – wenn auch zuweilen un-sichtbar.

Herstellung von Masterbatches.

Folienblasanlage.

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Ein neuer Prüfservice richtet sich an mittelständische Polymerverarbeiter in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Carola Hanisch

Clariant eröffnet sein Kunststoff-Testlabor

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Neue Oberflächeneigenschaften:Rasch und erfolgreich entwickeltEntscheidend für die Anwendung eines neuen Produkts ist vielfach dessen Oberflächenchemie und deren gezielte Anpas-sung. Bei der Entwicklung neuer Materialien erfordern reduzierte Entwicklungszeiten eine aussagekräftige und rasche Analyse der Festkörperoberfläche unter möglichst realen Bedingungen.

Ein Überblick von Anton Paar-Manager Thomas Luxbacher

Polyethylen ist bekannt für seine chemischeBeständigkeit und eignet sich daher hervorra-gend als Verpackungsmaterial. Das inerte Ver-halten dieses Kunststoffs erschwert jedoch einerfolgreiches Bedrucken oder Verkleben. EineAktivierung der Oberfläche durch Beflammenoder eine Plasmabehandlung verbessert die Be-druckbarkeit. In welchem Ausmaß soll dieseOberflächenbehandlung durchgeführt werdenund wie stabil ist die aktivierte Oberfläche?

Faserverstärkte Kunststoffe erfreuen sichzunehmender Beliebtheit, da sie neben demgeringen Gewicht eine extrem hohe mechani-sche Stabilität zeigen. Durch eine gezielteOberflächenbehandlung der anorganischenKohle- oder Glasfaser mit einer geeignetenSchlichte wird ihre Kompatibilität mit der or-ganischen Kunststoffmatrix erhöht und so dieZuverlässigkeit des Verbundwerkstoffs garan-tiert. Welche Schlichte ist für welche Faser ge-eignet? Wie groß ist die Lagerungsstabilität?

Oberflächenanalyse. Die gezielte Anpas-sung der Oberflächeneigenschaften eines Materials an diverse applikative Anforderun-gen ist ausschlaggebend für dessen erfolgrei-chen Einsatz. Während die Qualitätssicherungim Produktionsprozess vielfach auf empirischeMethoden zurückgreift, ist eine quantitative

Information über die Änderung des Oberflächenverhaltens für einezielgerichtete Entwicklung neuer Materialien unerlässlich. EineModifikation der Oberfläche wird in den meisten Fällen von einerÄnderung der Oberflächenladung begleitet. Aus der Kenntnis die-ser Ladung lassen sich daher Aussagen über den Erfolg und das Aus-maß einer Oberflächenbehandlung, aber auch über das chemischeVerhalten der Materialoberfläche selbst treffen.

Eine Möglichkeit der Ladungsbestimmung an makroskopischenFestkörperoberflächen bietet die Strömungspotenzialmethode. Beidiesem Messverfahren wird eine Festkörperprobe in Kontakt mit einer wässrigen Salzlösung gebracht, wodurch sich an der Grenzflä-che zwischen Feststoff und Flüssigkeit eine charakteristische Ladungsverteilung ausbildet. Die Oberflächenladung entsteht ent-weder durch Dissoziation chemisch gebundener Gruppen oderdurch Adsorption von Elektrolyt-Ionen aus der Flüssigkeit. Wäh-rend der Messung wird die Flüssigkeit an der Festkörperoberfläche

Abb. 1: Schema der Klammermesszelle für planare Oberflächen.

Abb. 2: SurPASS mit integrierter Titrationseinheit, Fasermesszelle (links) und Klammermesszelle mit Silizium-

wafer als Probe (rechts).

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entlang geströmt (Abb. 1). Es tritt eine Ladungsverschiebung auf,die in Form eines Spannungssignals gemessen wird. Der Quotientaus diesem Strömungspotenzial und dem Differenzdruck zu beidenSeiten der Messzelle ist proportional dem Zetapotenzial der Fest-körpergrenzfläche und charakteristisch für die Materialoberfläche.

Die unterschiedlichen Messzellen des SurPASS der Anton PaarGmbH ermöglichen die Bestimmung des Zetapotenzials an Fest-körpern nahezu jeder Form und Größe (Abb. 2). In der Fasermess-zelle werden faserförmige Proben, Pulver oder Granulat in einerpermeablen Schicht angeordnet und während der Messung mit derFlüssigkeit durchströmt. In den beiden Messzellen für Proben mitplanaren Oberflächen wird zwischen zwei gegenüberliegenden Pro-benflächen ein definierter Kanal eingestellt. Während die Kanalhö-he in der Klammermesszelle durch Verwendung einer Distanzfolievorgegeben ist, kann der Spalt in der Stempelmesszelle kontinuier-lich eingestellt werden. Die Stempelmesszelle erlaubt somit die Un-tersuchung der Oberflächeneigenschaften an Proben mit rauerOberfläche, mit starkem Quellverhalten oder deutlicher Porosität.

Anwendungsbereiche. Zur Beantwortung der eingangs gestell-ten Frage nach dem optimalen Ausmaß einer fotochemischen Akti-vierung einer Polyethylenfolie wurde eine Versuchsreihe mit unter-schiedlichen Behandlungszeiten durchgeführt (Abb. 3). Unbehan-deltes Polyethylen ist überaus hydrophob und führt zu einem starknegativen Zetapotenzial. Nach einer Bestrahlungszeit von 1 min.findet bereits eine deutlich erkennbare Änderung der Oberflächestatt. Die erzeugten funktionellen Gruppen erhöhen den hydrophi-len Charakter des Polyethylens und führen zu kleineren Beträgenim Zetapotenzial. Aus der pH-Titration der funktionellen Oberflä-chengruppen mit dem Zetapotenzial als Indikator lässt sich zudemdas chemische Verhalten der Oberfläche beschreiben.

Die Stabilität der Beschichtung einer Glasfaser lässt sich durchLagerungsversuche unter extremen Bedingungen vorhersagen. Ne-ben dem Ablösen der Schlichte kann auch deren chemische Ände-rung zu einer Unbrauchbarkeit der Glasfaser führen. Das Zetapo-tenzial in Abhängigkeit des pH-Werts des Elektrolyts berücksichtigtbeide Änderungen und ist daher für Untersuchungen dieser Artempfohlen (Abb. 4). Die Glasfaser zeigt eine stark saure Oberflächemit Si-OH-Endgruppen, die in Gegenwart einer neutralen wässri-gen Lösung vollständig dissoziiert vorliegen. Die Schlichte zur Vor-

behandlung der Glasfaser für deren Einsatz in Verbundwerkstoffenist ein komplexes Gemisch und führt zu einer amphoteren Oberflä-che. Unterschiedliche klimatische Bedingungen beeinflussen dieStabilität der Oberflächenbeschichtung und setzen teilweise die zuGrunde liegende Glasfaser frei.

Die Anwendungen der Strömungspotenzialmethode sind ebensozahlreich wie die unterschiedlichen Probengeometrien, die mit demSurPASS untersucht werden können. Natürliche und synthetischeTextilfasern lassen sich einfach und aussagekräftig charakterisieren.Die Bewertung von Reinigungsprozessen und Färbevorgängen anTextilgeweben durch das Zetapotenzial wurde bereits eingehend be-schrieben [1, 2]. Zahlreiche Arbeiten berichten von der Anwendungder Strömungspotenzialmethode zur Oberflächenanalyse von Filtra-tionsmembranen in der Trinkwasseraufbereitung und Abwasserbe-handlung [3]. Ein Ziel ist es, durch eine geeignete Modifikation dasFouling der Membranoberfläche, ausgelöst durch organische In-haltsstoffe im Wasser, zu verhindern. Von zunehmendem Interesseist die Kenntnis des Zetapotenzials in der Entwicklung von Bioma-terialien aus herkömmlichen Metall- und Kunststoffteilen [4]. DieOberfläche muss dabei durch eine entsprechende Behandlung verändert werden, um Proteinadsorption und Zellwachstum zu beschleunigen und so die Akzeptanz des Fremdkörpers im mensch-lichen Organismus zu erhöhen. Zuletzt sei noch die Charakterisie-rung von Halbleiteroberflächen als weitere bedeutende Anwendungder Strömungspotenzialmethode genannt. Insbesondere gilt es hier,die Effizienz von Reinigungsprozessen und deren Auswirkung aufdie Chemie der Oberfläche zu quantifizieren. Die Kenntnis des Zetapotenzials beschleunigt die Optimierung der Prozessbedingun-gen, vor allem die Wahl eines geeigneten pH-Wertes oder die Einstellung einer minimalen Tensidkonzentration.

Literatur:

[1] K. Stana, C. Pohar, V. Ribitsch, Colloid Polym. Sci. 273 (1995) 1174

[2] V. Ribitsch, K. Stana-Kleinschek, Textile Research Journal 68 (1998) 701

[3] M. Elimelech, W.H. Chen, J.J. Waypa, Desalination 95 (1994) 269

[4] C. Werner U. König, A. Augsburg, C. Arnhold, H. Körber, R. Zimmermann,

H.-J. Jacobasch, Coll. Surf. A 159 (1999) 519

Abb. 3: Änderung des Zetapotenzials durch Oberflächenaktivierung einer Polyethy-

len-Folie.

Abb. 4: Oberflächencharakteristik einer Glasfaser mit Schlichte und Alterungsver-

halten; Lagerung I: 7 Tage in deionisiertem Wasser; Lagerung II: 30 Tage Klima-

kammer (65 % rel. LF, 70 °C).

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Die Entwicklung und Etablierung eines Netzwerkes für Anwen-dungen der Weißen Biotechnologie in der Steiermark macht Innova-tionen möglich. Internationale Kunden stellen den Anspruch, ganz-heitliche Lösungen geliefert zu bekommen, denn nur dann entfaltetsich der gesamte Mehrwert der Biotechnologie. Es ist somit notwen-dig, die einzelnen Prozessschritte entlang der Wertschöpfungskette(die Enzymentwicklung, die Produktion der Enzyme, die Prozessopti-mierung etc.) zu verbinden. Dies wird durch das Netzwerk der Unter-nehmen VTU-Engineering, BioCatalytics und Lactosan gemeinsamenim Großraum Graz gewährleistet.

Die Steiermark bietet u.a. mit dem international anerkanntenKompetenzzentrum für Angewandte Biokatalyse in Graz, mit dessenSpitzenforschung im Bereich der Weißen Biotechnologie, auch die op-timalen Rahmenbedingungen für diese drei Unternehmen. Durch dieGeschäftstätigkeiten der drei Unternehmen kann ein hervorragenderQuerschnitt von den Themenbereichen der Weißen Biotechnologiegewährleistet werden. Komplexe und technologisch höchst anspruchs-volle Projekte können gemeinsam unter Berücksichtigung verschiede-ner Blickwinkel und Ansätze umgesetzt werden. Innovation und ho-hes Umsetzungspotenzial zeichnen VTU-Engineering, BioCatalyticsund Lactosan aus.

Forschungstransfer. Die verfahrenstechnische Kompetenz decktim Bereich der Weißen Biotechnologie der Planungsdienstleister VTU-Engineering ab. Neben der verfahrenstechnischen Planung bietetVTU-Engineering auch Unterstützung bei der GMP-Qualifizierungund entwickelt gemeinsam mit der ebenfalls in Graz angesiedelten BDIweltweite Biodieselanlagen. Um den technologischen Marktvorsprunginnerhalb des Dienstleistungsbereichs zu halten und zu vergrößern,setzt die VTU verstärkt auf nachhaltige F&E-Tätigkeiten. Ziel des Un-ternehmens ist es, Produkt- bzw. Verfahrensideen am „Forschungs- undEntwicklungsmarkt“ im Bereich Pharma, Biotechnologie, Chemie, so-wie Papier- und Zellstofftechnik aufzugreifen und diese einer professio-nellen „Industrialisierung“ zuzuführen. Ausgehend von der verfahrens-technischen Kernkompetenz und dem Fokus auf Expansion hat sichVTU in den letzten Jahren aber auch dem Aufbau der neuen MärkteElektrochemie und Weiße Biotechnologie gewidmet.

Enzymtechnologien. Eine weitere Expertise im Bereich der WeißenBiotechnologie bündelt die in Graz-Grambach angesiedelte Europa-Tochter des erfolgreichen US-Biotechnologieunternehmens BioCata-lytics, das vor Kurzem von der im gleichen Gebiet tätigen Codexis,Inc. übernommen worden ist. Das Unternehmen bietet derzeit dieweltgrößte verfügbare Produktlinie von Enzymen für die chemische

Synthese, also den biokatalytischen Einsatz. BioCatalytics setzt ihre ei-genen Enzymtechnologien für die Entwicklung kundenspezifischerLösungen ein – zur Herstellung chiraler Zwischenprodukte in derPharmaindustrie sowie gänzlich neuer Enzyme für unterschiedlichsteAnwendungen in den Bereichen Pharma, Chemie und Diagnostik. Indiesem Zusammenhang kann das Unternehmen auf eigene entwickel-te und patentierte Herstellungsmethoden zurückgreifen, die auf einerspezifischen Gensynthese-Technologie basieren.

Zur Zukunftsstrategie von Lactosan in Kapfenberg gehört es, inneue Bereiche der Biotechnologie vorzudringen. Dafür wurde im Au-gust 2005 ein Volumen von 11,4 Mio Euro in neue Geschäftsbereicheder Biotechnologie investiert. Das Projekt besteht aus zwei Gebäuden:Einem Reinraumbereich zur hygienisch einwandfreien Prozessierungvon Pulvern und einer modernen Fermentationsanlage für Mikroorga-nismen. Die Entwicklung und Herstellung von Produkten auf Basislebender Milchsäurebakterien ist die Kernkompetenz von Lactosan.Diese Produkte werden vorrangig in der Landwirtschaft eingesetzt.Das umfangreiche Prozesswissen von Lactosan bietet sich insbesonde-re bei interdisziplinären Fragestellungen – von der Idee über die Ver-fahrensentwicklung und Produktion von Enzymen bis hin zur Pro-duktion im industriellen Maßstab – an. Zuletzt hat Lactosan die Pro-duktionskapazitäten verdoppelt, sodass die Enzymprofis auf die in derLohnproduktion auftretenden kurzen Chargenzeiten und schnellenProduktwechsel aufs Beste vorbereitet sind.

Dosenabfüllanlage im Reinraumbereich.

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Informationen:

• VTU-Engineering Planungs- und Beratungsgesellschaft m.b.H.,Parkring 18, A-8074 Grambach, [email protected]

• BioCatalytics Europe GmbH, Parkring 18, A-8074 Grambach, [email protected]

• Lactosan Starterkulturen Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, Industriestraße West 5, A-8605 Kapfenberg, [email protected]

Weiße Biotechnologie: Top-Netzwerk in der SteiermarkRund um Graz hat sich umfangreiches Expertenwissen im Bereich der industriellen Nutzung biotechnologischer Verfahren etabliert. Universitäres Wissen wird hier mit den drei Leitbetrieben in diesem Bereich – VTU-Engineering,BioCatalytics und LACTOSAN – erfolgreich in die Praxis umgesetzt.

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Steiermark: Top-Umfeld für Chemie und PharmaDer Standort Steiermark bietet optimale Bedingungen für Unternehmen im Bereich Pharma und Chemie. Insbesondere das Ausbildungsumfeld stellt eine gute Basis dar und wird noch ausgebaut.

Verfahrenstechnisches Know-how, pharmazeutische Entwicklungsowie chemisches Verständnis haben langjährige Tradition in derSteiermark. Für die Forschung und die Produktion in diesen Berei-chen braucht es neben etablierten Unternehmen exzellent ausgebil-detes Personal. Speziell für diesen Bereich wird derzeit von der TUGraz und der Karl Franzens Universität das Masterstudium „Che-mical and Pharmaceutical Engineering“ in Graz entwickelt. Darinwerden ab Herbst 2008 neben pharmazeutischen Produktionsver-fahren die Steril- und Formulierungstechnik sowie Galenik, Bio-pharmazie und die Grundlagen der Regulatorien gelehrt. Und zwarin enger Kooperation mit der Industrie, die bereits ihr Interesse anAbsolventen geäußert hat. Voraussetzung für das Studium ist einabgeschlossenes Verfahrenstechnik- oder Chemie-Bakkalaureat oderein äquivalenter Abschuss einer pharmazeutischen Studienrichtung.

Ebenso gefragt sind die Absolventen der Chemie-Ingenieurschu-le Graz. Hier steht die Praxis-Ausbildung im Vordergrund, die umFächer wie Technisches Englisch oder Informatik ergänzt wird. DieChemieingenieure durchlaufen an der Privatschule vier Semester.

Neben der Höheren Tech-nischen Bundeslehranstaltfür Chemische Industriein Wien ist Chemiein-genieurschule Graz dieeinzige Ausbildungsstättein Österreich, an der einenichtuniversitäre postse-kundäre Berufsausbildungim Fach Chemie angebo-ten wird. Seit 2006 bietetdie Chemieingenieur-schule auch Weiterbil-dungskurse für die Indu-strie an.

Ergänzend dazu bietetder Cluster human.tech-nology.styria eine umfas-sende Qualifizierungsaus-bildung für die Pharma-und Medizintechnikbran-che. http://human.technology.at

Gut vernetzt. MehrereUnternehmen sind in derSteiermark im Pharma-und Feinchemie-Bereichtätig, insbesondere als Pro-zess-Designer und Verfah-rensgeber. Aber auch alsPartner: So hat etwa dieauf Reinraumtechnik spe-zialisierte Ortner-Gruppein den steirischen Unter-nehmen und Institutionenwie der TU Graz oderdem SchulungszentrumFohnsdorf kongenialeEntwickler gefunden. „Beider Entwicklung unserer Dekontamination via Wasserstoffperoxidwurden wir hier unbürokratisch, kreativ und mit einem sehr hohenQualitätsverständnis bei spezifischen Aufgabenstellungen unter-stützt“, so Stefanie Ortner.

Gut vernetzt ist auch das junge Grazer Unternehmen Microin-nova, das Labor- und Produktionsanlagen auf Basis der Mikroreak-tortechnologie plant und realisiert. Kooperiert wird hier mit drei In-stituten der TU Graz, weitere gemeinsame Forschungsvorhabensind mit der Universität Graz in Vorbereitung. zeta in Tobelbad,Gründungsmitglieder der human.technology.styria, unterstütztBildungseinrichtungen im In- und Ausland. Beispielgebend dafürist die Kooperation mit der TU Graz: Ein Bioreaktor von zeta stehtdort dem Forschungslabor zur Verfügung und gewährleistet da-durch einen wichtigen Erfahrungsaustausch zwischen Forschernund Herstellern.

Johannes Khinast etabliert an der TU Graz ein

Masterstudium.

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„Die Steiermark unterstützt Unternehmen dabei, Produkte nicht nur mitder Wissenschaft gemeinsam zu erfinden, sondern sie auch erfolgreichzu vermarkten. Dies tut die Steiermark in den Life Sciences mit dem Humantechnologie-Cluster, der bereits sehr gut die Dimension dieses dynamischen Stärkefeldes abbildet. Das Ziel ist, die Mitarbeiterzahl dieses Bereiches in der Steiermark bis 2015 von 3.000 auf 6.000 zuverdoppeln und 70 Betriebe in der Steiermark anzusiedeln.“

Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann

Der F&E-Standort Steiermark:

• Die Steiermark hat mit 3,55 % die höchste regionale F&E-QuoteÖsterreichs. Bis 2010 will die Steiermark 4 % erreichen.

• Insgesamt wird jeder fünfte in Österreich für F&E ausgegebeneEuro in der Steiermark ausgegeben.

• In der Steiermark sind 19 von 1.000 Beschäftigten Wissenschaft-ler, der Österreichdurchschnitt liegt bei 12,6.

• Steirische Unternehmen erwirtschaften 19 % des Umsatzes mitProdukten bzw. Dienstleistungen, die nicht länger als 3 Jahre amMarkt sind, österreichweit liegt diese Quote bei 11%.

Stefanie Ortner von Ortner Reinraumtechnik.

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Ausbildungskooperation IMC FHKrems mit Industrie: Nicht zu toppen!„Medical and Pharmaceutical Biotechnology“ heißt der in englischer Sprache geführte Studiengang an der IMC FH Krems,in dessen Rahmen an die 80 Führungskräfte aus der Pharmaindustrie ihr praktisches Wissen vermitteln. Eine Win-Win-Situation: Die Studierenden sind durch die aktuelle Wissensvermittlung immer am Puls der Zeit und die Wirtschaftrekrutiert bereits die neuen Mitarbeiter, noch bevor diese mit dem Studium fertig sind.

„In einer Dreiviertelstunde müssen wir in den schwarzen Anzugschlüpfen, wir haben bereits den zweiten Studiengang zum Diplomgeführt und heute wieder eine feierliche Sponsion“, meint Studien-gangsleiter Prof. Dr. habil. Wolfgang Schütt nicht ohne Stolz. ZuRecht, denn von den 40 Studenten haben schon 30 vor der Prüfungeinen fixen Job. „2006 hatten innerhalb von nur zwei Monaten alleAbgänger einen Posten, 50 Prozent gingen in die Industrie, der Rest ininternationale Forschungszentren, z.B. für Doktorarbeiten in Harvard,Antwerpen, Singapur, und Hongkong“, schildert Schütt.

Maßgeschneiderte, praxisbezogene AusbildungKein Wunder, erfahren doch die Studenten während ihres Studiums

aus allererster Hand, was „draußen“ aktuell ist. Der direkte Transfer vonForschungsergebnissen in die Wirtschaft und auch umgekehrt wiederzurück ist am Technopol-Standort Krems beispielgebend und weit überdie Landesgrenzen hinweg anerkannt. Fast 80 Lektoren aus namhaftenPharmabetrieben wie etwa Baxter, Boehringer Ingelheim, Sandoz, In-tercell oder Octapharm lehren mit den sieben praxiserfahrenen Profes-soren der FH Krems in den Kernmodulen nicht nur Naturwissenschaf-ten und Medizin, Bioprozesstechnologie und pharmazeutisches Quali-tätsmanagement, sondern in den Managementfächern auchProblemlösungskompetenz, Führungsqualitäten und Teamfähigkeit.„So sind die Studierenden optimal auf die Zeit nach der Ausbildungvorbereitet. Die Unterrichtssprache ist Englisch, was speziell in den in-ternationalen Pharmabetrieben von großem Vorteil ist“, weiß Prof. Dr.Bertram Ober, der an der IMC FH Krems für die Koordination mit derIndustrie verantwortlich zeichnet. Stolz ist man bei der IMC FH Kremsauf alle Abgänger, aber auf einen ganz speziell: Gernot Kleinberger er-hielt für seine Arbeit zum Thema „Malaria“ den Würdigungspreis 2006

des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur für diebeste Diplomarbeit an einer österreichischen Fachhochschule. Jetzt ar-beitet der FH-Absolvent an seinem Doktorat an der Uni Antwerpen.

Urlaub an der Schule„Grundsätzlich ist es unsere Aufgabe, Leute hervorzuzaubern, die

den Anforderungen der Industrie voll gerecht werden. Mit dem Erfah-rungsschatz unseres Teams sind wir in der Lage, geeignete Fachleute inder Wirtschaft anzusprechen. Wichtig ist uns, so viele Betriebe wiemöglich zu involvieren und nicht nur den Standpunkt eines Phar-maunternehmens zu vermitteln. Regeln werden ja bekanntlich unter-schiedlich aufgefasst“, so Kleber, der weiß, dass die Lektoren auch un-tereinander sehr gute Kontakte pflegen. Nicht selten kommt es sogarvor, dass sich hochkarätige Führungskräfte eine Woche Urlaub neh-men, um bei einem Spezialpraktikum an der Fachhochschule mitzuma-chen. Vor wenigen Wochen landete die Akkreditierung für den Um-stieg auf „Bachelor“ und „Master“ auf dem Schreibtisch des Studien-gangsleiters, was bedeutet: noch mehr Qualitätsmanagement, nochmehr Industrie, noch mehr Fähigkeiten für die Entwicklung. „DieWirtschaft braucht dringend Qualitätsmanagement-erfahrene Leute, diesie oft nicht bekommt. Darunter leidet sie“, berichten die Praxispartner.

„Weil Ansiedelung dort ist, wo gute Ausbildung geboten wird“,haben sich nun die Biotechnologie und Bioengineering-Studien-gangsleiter Österreichischer Fachhochschulen zusammengetan unddie Besonderheiten der jeweiligen Ausbildungsmöglichkeiten zu Pa-pier gebracht. Damit haben einerseits die Schulabgänger eine um-fassende Information für die Auswahl ihres Studiums zur Verfügungund andererseits wissen die Personalchefs aus der Industrie, wer vonwelcher Fachhochschule kommt und was er kann. „Auch der Aus-tausch unter uns Studiengangsleitern ist ein wesentlicher Vorteil“,sind die im FH-BIOFORUM vereinigten FH-Studiengangsleiterüberzeugt.

V.li: Prof. Dr. Christoph Kleber, Studiengangsleiter Prof. Dr. Wolfgang Schütt und Prof.

Dr. Bertram Ober im Labor.

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EU-Kommissarin besucht Krems. Polens EU-RegionalkommissarinDanuta Hübner kam im Mai zum „Europa-Forum Wachau“ nachNiederösterreich und stattete mit einer Delegation auch dem Techno-pol Krems einen Besuch ab. Die Kremser Biotechnologieunterneh-men, das Zentrum für Biomedizinische Technologien der Donau Uni-versität und das Biotechnologieteam der IMC FH Krems könneninternational in den Bereichen Blutreinigung, Tissue Engineering undTestung von Wirkstoffen und in der praxisnahen Ausbildung sehr gu-te Erfolge aufweisen. Die vielfältige und innovative Arbeit der For-scher und Lehrenden stößt international auf Anerkennung – so auchbei Hübner.RIZ auf Expansionskurs. Die Gründeragentur RIZ, ein Tochterunter-nehmen des Landes Niederösterreich und der ecoplus, unterstütztseit 1988 Gründer in ganz Niederösterreich. Mit einem Investitions-volumen von 1,5 Mio. Euro entsteht nun auf einer Fläche von 650 m2 in Wiener Neustadt ein neues Bürogebäude mit Laboreinhei-ten für das RIZ. Bezugsfertig wird der Neubau voraussichtlich Anfang2008 sein.

Kurz gemeldet

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Vorbild AmeiseAn der Donau-Universität Krems wurde mit Unterstützung vom Technopol-Programm von ecoplus, der niederösterreichischen Entwicklungsagentur, ein neues selbstorganisierendes Sensorsystem entwickelt. Die Forschergruppe DI Andreas Kos, Christoph Mayerhofer, DI Karlheinz Kellner und Dr. Martin Brandl übertrug das Ameisen-Orientierungsmuster auf die Technik von autarken Funksensoren.

Ameisen orientieren sich weder an Verkehrschildern, nochspricht ein Navigationssystem leise zu ihnen. Wieso kennen sie den-noch ihren Weg? Alle Ameisen hinterlassen auf ihren Wanderungenzur Futterquelle biochemische Duftstoffe, so genannte Pheromone.Sie koordinieren die Schwarmintelligenz dieser Tiere.

Die neu entwickelten, autarken Sensoren werden an Fensternund Türen sowie zur Raumüberwachung angebracht und kommu-nizieren drahtlos mit einem zentralen Knoten, der Basisstation.„Künftig haben wir eine technisch ausgefeilte Lösung für die Alar-mierung von Bewohnern, wenn es um die Bekämpfung von Brän-den oder Überflutungen sowie Umweltgiften wie Ozon und Staubgeht.“ Das macht den Markt für Sensortechnik hellhörig. Stolzblickt Dr. Martin Brandl vom Zentrum für Biomedizinische Tech-nologie der Donau-Universität Krems auf die in seiner Arbeits-gruppe entwickelten intelligenten, selbstorganisierenden Funksen-sornetzwerke. „Am besten eignen sich die Sensoren für die Beob-achtung von Mülldeponien, in Hausalarmanlagen, Umweltzentralenoder zur präventiven Überwachung von Umweltbelastungen wieKohlendioxid, Toxine oder Kampfstoffe.“

Die Sensoren funktionieren wie Ameisen, die auch ohne Ober-aufseher in die richtige Richtung zur Futterquelle laufen. Warum?„Jener Punkt, der am intensivsten nach einer Ameise duftet, die be-reits da war, wird schnellstens angesteuert. Diese Verhaltensweiseder Ameise haben wir uns zum Vorbild genommen“, erklärt Brandl.Als Entwickler des neuen „Routing Algorithmus“ beschäftigt er sichmit der Schwarmintelligenz bzw. kollektiven Intelligenz, einem For-schungsfeld der Künstlichen Intelligenz (KI). Ausgehend von Staa-ten bildenden Insektengesellschaften wie Bienen oder Ameisen wirdversucht, die dort eingesetzten Lösungsstrategien zur Selbstorgani-sation auf andere Bereiche zu übertragen.

Brandl übertrug den in der Natur stattfindenden Prozess derSelbstorganisation auf eine technische Lösung: Obwohl alle Amei-sen unabhängig voneinander agieren, lösen sie summa summarumein komplexes Problem – sie organisieren einen komplexen Staatmit Zigtausend Individuen. Sie regeln ihre Selbstorganisation über

biochemische Duftstoffe (Phero-mone), die andere Ameisen ihresSchwarms anziehen. Gibt es zwi-schen Nest (Basisstation) und Futterquelle (Sensor) mehrere mögli-che Wege, so wird mit der Zeit auf dem kürzesten (vorteilhaftesten)Pfad eine höhere Pheromonkonzentration als auf den anderen vor-herrschen. Damit wählen Ameisen bevorzugt diesen Weg, der sichdurch Benutzung verfestigt. Es geht immer der Nase nach: Ameisenorientieren sich anhand einer Duftspur, deren Intensität abhängigvon der Anzahl der über die Duftspur laufenden Ameisen ist. Jemehr Ameisen auf einem Weg laufen, desto höher ist demnach seinDuft.

Diesem Verhalten liegt folgendes Prinzip zugrunde: Eine Amei-se wählt immer den Weg des höheren Pheromons. Soll ein Sensorseine Messdaten zur Basisstation übertragen und ist diese außerhalbseiner Reichweite, so werden die umgebenden Sensoren als Vermitt-lungsstationen für die Übertragung verwendet. Die Auswahl derSensoren, welche die Messdaten zur Basisstation vermitteln, erfolgtüber einen Pheromon-basierten „Routing Algorithmus“.

In technischer Hinsicht werden die Sensorknoten mit demhöchsten „Duft“-Gehalt ausgewählt und über diese die gesammel-ten Daten drahtlos übersendet. Außerdem berechnet jeder Sensorseine Pheromonwerte selbst, indem er diese ständig mit der Quellebzw. Basis abgleicht. „Damit spiegelt er nicht nur seinen eigenen,sondern auch den Energiezustand aller Sensoren einer Straße wi-der“, ergänzt der Wissenschaftler. „Sensorenknoten mit niedrigerenWerten als dem eigenen sind demzufolge für alle anderen Knotenuninteressant. Auch kann ein Knoten nur Daten an einen Nachbar-knoten mit höherem Gehalt senden, andernfalls würden die Datenin die falsche Richtung laufen.“ Findet ein Knoten keinen Nachbar-knoten für die Aussendung der eigenen Daten, so sinkt sein Phero-monwert weiter ab, bis er niedriger ist als der seines Nachbarkno-tens. „Damit ist immer eine drahtlose Kommunikation mit der Ba-sisstation möglich.“ – Riechen denn nun die Sensoren und wenn ja,wonach? „Sie riechen natürlich nicht nach etwas, die Organisationihrer Datenübertragung funktioniert lediglich nach diesem Prin-zip“, so Brandl.

Technische Lösungen am Weg zur Selbstorganisation.

Die Wege un-

terscheiden

sich durch

ihren Phero-

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Dr. Martin Brandl: „Algorithmus lässt

Haus- und Umwelttechnik in Zukunft

selbstgesteuert agieren.“

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Sechs Unternehmen am Campus der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigen, dass wissenschaftliche Forschunglängst nicht mehr nur im Elfenbeinturm stattfinden muss.

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Wissenschaftliches Know-how in erfolgreiche Geschäftskonzep-te weiterzuentwickeln ist kein leichtes Unterfangen. Umso bemer-kenswerter ist das Engagement von sechs jungen Wiener Biotech-Unternehmen, die als Spin-offs der Veterinärmedizinischen Univer-sität Wien (VUW) sowohl auf Forschungs- als auch aufökonomischer Seite bereits beachtliche Erfolge erzielt haben. ImRahmen eines Campusfestes, unterstützt von Life Science AustriaVienna Region (LISA VR) und der VetWIDI ForschungsholdingGmbH, hatten die Spin-offs kürzlich Gelegenheit, ihre Aktivitäteneiner breiteren Öffentlichkeit vorzustellen und damit vielleicht auchdem einen oder anderen jungen Forscherteam motivierende Impul-se zu geben.

Gelebter Technologietransfer„Die Veterinärmedizinische Universität Wien hat sich vor eini-

gen Jahren dafür entschieden, über eine eigene Forschungsholding,die VetWIDI, ganz gezielt Spin-off-Aktivitäten am Campus zu un-terstützen. Als Universität wollten wir nicht nur Laborräume ver-mieten oder als Sponsor auftreten, sondern auch ein gemeinsamesVerständnis für die unterschiedlichen Bedürfnisse von Unterneh-men und Universität fördern“, erklärt Wolf-Dietrich von Fircks,Rektor der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Die Unter-nehmen am Campus sorgen inzwischen nicht nur für hochwertigeForschungskooperationen, sondern stellen auch interessante Betäti-gungsfelder für Absolventen dar.

Um das Zukunftspotenzial der Life Sciences in der Region Wienüber high-tech Gründungen nutzbar zu machen wurde vor über 5

Austrianova Biomanufacturing AG

Gründung: 2001

Das Unternehmen gehört zu den Technologieführern im Bereich „Bioen-capsulation“, der Verkapselung lebender Zellen zu Therapiezwecken. Es istdas einzige Unternehmen, das Produkte auf Basis dieser Technologie bereitsindustriell unter internationalen Qualitätsstandards nach GMP herstellenkann. Das innovative Drug-Delivery-Prinzip schafft völlig neue Möglichkei-ten in Bezug auf die Produktion und den Transport von medizinischen Wirk-stoffen und ist bei einer Vielzahl von Indikationen, u.a. Krebs, Diabetes undanderen Stoffwechselerkrankungen, breit anwendbar. Austrianova erhielt fürdas Lead Product NovaCaps®, einer Zelltherapie gegen schwer behandelba-re solide Tumore, als erstes österreichisches Biotech-Unternehmen in derIndikation Bauchspeicheldrüsenkrebs (NovaCaps® Pankreas) den EU-wei-ten Orphan-Drug-Status für seltene Erkrankungen. Die Phase-III-Zulassungsstudie für NovaCaps® Pankreas beginnt Anfang 2008.

Info: www.austrianova.com

Biomodels Austria GmbH

Gründung: 2002

Biomodels Austria entwickelt und archiviert genetisch veränderte Maus-stämme und stellt seinen Partnern und Kunden Stämme mit besonderen ge-netischen Eigenschaften für deren Forschungsarbeit zur Verfügung. Diesespeziellen Mausstämme erlauben die Erforschung von zentralen Fragen in

den biomedizinischen Wissenschaften. Die Biomodels Austria GmbH ist seit2002 Teil der GEN-AU Initiative „Genomforschung in Österreich“.

Info: www.biomodels.at

Marinomed Biotechnologie GmbH

Gründung: 2006

Marinomed entwickelt Naturstoffe aus dem Meer als neue Medikamentezur Behandlung von Infektionskrankheiten und im Bereich der Immuno-logie. Mithilfe von zielgerechten Testsystemen werden Stoffe identifiziert,die bei Allergien, Entzündungen und Infektionen eingesetzt werden kön-nen.

Info: www.marinomed.com

Mayrhofer & Jechlinger OEG

Die Kerntechnologie des Unternehmens ist ein neuartiges Verfahren („Re-combination Based Plasmid Separation – RBPS“) zur Herstellung speziellerDNA-Moleküle, die für Anwendungen im Bereich der Gentherapie und DNA-Vakzinierung optimiert sind. Diese hochwertigen DNA-Moleküle besitzen imVergleich zu konventionellen DNA-Wirkstoffen ein deutlich erhöhtes Sicher-heits- und Effizienzprofil und sollen zukünftig einen Beitrag in der Entwick-lung nebenwirkungsfreier DNA-Pharmazeutika leisten.

Info: www.rbps-technology.com

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Life Science Austria Vienna Region (LISA VR)

LISA VR ist die zentrale Beratungs- und Koordinationsstel-le für Life Sciences im Raum Wien und begleitet Forscher/in-nen und Unternehmen auf ihrem Weg in eine erfolgreichewirtschaftliche Zukunft. Als gemeinsame Initiative des Bundes,vertreten durch die Austria Wirtschaftsservice (aws), und derStadt Wien, vertreten durch das Zentrum für Innovation undTechnologie (ZIT), forciert LISA VR die Weiterentwicklungund nachhaltige Positionierung des Life-Science-StandortesVienna Region.

Info & Kontakt: [email protected], www.lisavr.at

VetWIDI Forschungsholding GmbH

Die VetWIDI Forschungsholding GmbH wurde im Juni2004 als kommerziell ausgerichtetes Unternehmen der Veteri-närmedizinischen Universität Wien (VUW) gegründet. Ge-meinsam mit dem Büro für Forschungsförderung und Innova-tion (FFI) bildet die VetWIDI die Schnittstelle zwischen For-schung und Wirtschaft an der VUW. Diese enge Kooperationermöglicht eine effiziente und umfassende Betreuung innovati-ver Wissenschaftler/innen in sämtlichen Aspekten des universi-tären Technologietransfers. Aufgabe der VetWIDI ist es, Leis-tungen der VUW kommerziell zu verwerten und dadurch zu-sätzliche Einnahmequellen für die Universität zu erschließen.

Info & Kontakt: [email protected], www.vu-wien.ac.at/vetwidi

Jahren LISA Vienna Region gegründet. „Wir unterstützen die wirt-schaftliche Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen miteiner Vielzahl von Aktivitäten. Zentral dabei sind auch die Förde-rungen der Austria Wirtschaftsservice und des Wiener Zentrums fürInnovation und Technologie“, betonten die Geschäftsführerinnenvon LISA VR, Eva Czernohorszky und Michaela Fritz, anlässlichdes Campusfestes. Der Campus der VUW hat sich zu einem jenerOrte gemausert, die für gelebten Technologietransfer stehen. Wis-senschaft und Wirtschaft befruchten sich hier gegenseitig, mit demErgebnis interessanter Innovationen. Die Erfolge der Spin-offs Aus-trianova, Biomodels Austria, Marinomed, Mayrhofer & Jechlinger,Mycosafe und ViruSure sprechen für sich.

Eva Czernohorszky begrüßt die Gäste.

Rund 150 Interessierte beim VUW-Campusfest am 13. Juni 2007.

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Mycosafe Diagnostics GmbH

Gründung: 2004

Als erstes und bisher einziges Unternehmen Österreichs und als eine derwenigen Firmen in Europa hat sich Mycosafe auf GMP-konforme Qualitäts-kontrolluntersuchungen zum Nachweis von Mykoplasmen und die damitverbundene Forschung und Entwicklung spezialisiert.

Mycosafe Diagnostics bietet Fachexpertise und Services im Bereich der My-koplasmen-Kontaminationssicherheit von Zellkulturen, Virusstocks und da-von abgeleiteten biopharmazeutischen Produkten und Impfstoffen.

Info: www.mycosafe.com

ViruSure GmbH

Gründung: 2005

Die ViruSure GmbH beschäftigt sich, wie der Name bereits vermuten lässt,mit den Themen Sicherheit und Sauberkeit von pharmazeutischen Produk-ten.

Als Forschungs- und Dienstleistungsunternehmen treibt das VUW-Spin-offeinerseits das Know-how auf diesem Gebiet voran. Andererseits offeriert Vi-ruSure pharmazeutischen Unternehmen Sicherheits- und Säuberungsstu-dien (clearance studies) betreffend die Belastung von pharmazeutischenProdukten mit Prionen und Viren.

Info: www.virusure.com

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Der Innovations-Output, der aus der dreiprozentigen F&E-Quote aus dem Hause Bayer resultiert, ist vielfältig: „Heißes Lichtohne Wärmeabstrahlung“ etwa – das Anfang 2006 gegründete Bay-er-Start-up Lyttron hat soeben die Produktion der 3D-formbarenelektrolumineszenten Folien begonnen. „Klebstoffe, die wartenkönnen“ – das sind die neuen Dispersionen namens Dispercoll:Dieser Klebstoff wird auf eine Metalloberfläche aufgetragen und ge-trocknet, sodass er in Folge mehrere Monate lang klebefrei und un-empfindlich gegen Feuchte gelagert werden kann. Erst durch dasAnspritzen des heißen thermoplastischen Kunststoffs erwärmt ersich und wird klebrig.

25 Jahre nach der CD-Einführung steht schließlich „Near FieldRecording“ an: Eine Leseoptik mit einer Linse, die nur noch 20 Na-nometer statt wie bisher einen Millimeter vom Datenträger entferntist – die Technologie ist vergleichbar mit einem Düsenjet, der imAbstand von nur vier Millimetern über einem gemähten Rasen da-hinfliegt. Damit sollen Speicherkapazitäten von 100 GB und mehrpro Datenträger erreichbar sein.

In neue Dimensionen stößt auch die holografische Datenspei-cherung vor, bei der ganze Datenpakete im Volumen des Datenträ-gers gespeichert werden. Der Speicherumfang kann dadurch bis inden Terabyte-Bereich gesteigert werden. Gemeinsam mit InPhaseTechnologies hat Bayer MaterialScience einen speziellen Werkstofffür diese Datenträger entwickelt.

Ian Paterson, im Vorstand von Bayer MaterialScience für Marke-ting und Innovation zuständig, betont auch die neuen Dachmodul-konzepte auf Basis von Polycarbonat- und Polyurethan-Produkten,die gegenüber einer vergleichbaren Konstruktion aus Glas eine Ge-wichtsreduktion von rund 40 % bewirken „und somit einiges anTreibstoff einsparen helfen“.

Bayer MaterialScience kündigt für die heurige Kunststoffmesse K 2007 zahlreiche neue Exponate aus unterschiedlichstenBranchen an. Und betont die letzten Innovationen, die auf Prozessebene erzielt wurden. Markus Zwettler

Bayer gibt Vorgeschmack auf K 2007

Latent-reaktive Klebfolien vereinfachen industrielle Prozesse: Zu ihrer Herstellung

werden wässrige Dispersionsklebstoffe auf einen Träger oder auf technische Folien

appliziert und getrocknet. Der Verarbeiter aktiviert den Klebefilm – mitunter erst

einige Monate später – durch Erwärmung auf 70-90 °C.

Attraktives Design dank bedruckter

und verformbarer PC-Blend-Folien:

Die Vorder- und Rückseite des Elek-

trorasierers HQ 7140 von Philips

besteht aus Bayfol CR 1-4. Die

glänzende und hochtransparente

PC+PBT-Folie unterstreicht die

Brillanz des Wabendekors.

Polycarbonat für Fallblattanzeigen: Makrofol DE 4-4 ist präzise und kontrastreich

bedruckbar – die Informationen auf der Fallblattanzeige sind daher aus jedem

Blickwinkel gut lesbar.

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Die Möglichkeiten der Energieeinsparung demonstriert Bayeraber nicht nur anhand von gewichtsreduzierten Fahrzeugen, Wär-medämmsystemen oder Kühlgeräten mit PUR-Hartschaum. In die-sem Zusammenhang ist auch die neue Gasphasenphosgenierung zusehen, eine von Bayer entwickelte Technologie zur Herstellung desfür PUR-Weichschaum-Anwendungen eingesetzten Toluylen-Dii-socyanats (TDI). Damit ist es möglich, beim letzten Reaktions-schritt der TDI-Synthese etwa 80 % an Lösungsmittel und in Fol-ge 40-60 % an Energie bei der anschließenden Aufarbeitung durchDestillation einzusparen.

Gegenüber einer konventionellen Anlage mit gleicher Kapazitätlassen sich damit zudem rund 20 % an Investitionskosten einspa-ren. Aufgrund der Erfahrungen mit einer Pilotanlage in Dormagen

hat Bayer entschieden, die geplante neue World-Scale-Anlage inShanghai mit einer Jahreskapazität von 300.000 t mit dieser Tech-nologie auszustatten. Patrick Thomas, der Chef von Bayer Materi-alScience, ist von dieser Technologie derart begeistert, dass er sie inder nächsten Zeit „mit Sicherheit nicht lizenzieren wird“.

Weltweiter Kunststoffhunger. Aktuell hält Bayer MaterialSci-ence globale Nummer-eins-Positionen bei Polyurethanen, Polycar-bonaten, thermoplastischen Polyurethanen sowie Lackrohstoffen.Und der weltweite Kunststoffhunger wird weiter wachsen: Bis 2010ist ein jährliches Wachstum von rund 6 % prognostiziert. Mit ei-nem Pro-Kopf-Verbrauch von rund 100 kg liegen Nordamerikaund Westeuropa an der Spitze, erhebliche Wachstumsraten werdenin Asien und Osteuropa erwartet. Speziell im Bereich der Polycar-bonate, wo Bayer eine besondere Ausnahmestellung einnimmt, sinddie Margen allerdings von rund 20 auf gerade einmal 8 % gefallen,sodass hier entsprechender Innovationsdruck herrscht: Neue An-wendungen sollen die Profitabilität wieder deutlich anheben.

Thomas setzt dabei auf Economies of Scale: „Wir sind derzeitder einzige Polycarbonat-Produzent, der in der Lage ist, eine100.000 t-Produktion zu betreiben. Bei diesen World-Scale-Anla-gen sind – im Vergleich zur Peergroup – die Fertigungskosten umrund 30 % geringer.

In die Zukunft weist das Concept Car eXasis: Mit leichten Karosserieteilen aus

transparentem Makrolon, mit Kopfstützen- und Armlehnenpolstern aus dem PUR-

Gel Technogel, Kabelummantelungen aus dem abrieb- und medienbeständigen

TPU Desmopan sowie mit Softfeellacken im Innenraum auf Basis wässriger Lack-

rohstoffe der Reihen Bayhydrol und Bayhydur. Der eXasis verbraucht auf 100 km

6,3 l Bioethanol, was einem CO2-Ausstoß von nur 20 g/km entspricht.

Neues PUR-System für den spurgeführten Verkehr: Durflex bietet exzellenten

Lärmschutz – der langlebige PUR-Schaum füllt die Hohlräume zwischen den

Steinen im Schotterbett vollständig aus, was die Umlagerung der Steine verhin-

dert. In Niedersachsen wird derzeit eine 300 m lange Teststrecke damit ausge-

stattet. Für Bahnschwellen hat sich der extrem dimensionsbeständige Composit-

Werkstoff Eslon Neo Lumber FFU der japanischen Sekisui Chemical bewährt,

der auf einem glasfaserverstärkten Typ des PUR-Systems Baydur 60 basiert.

Neues TPU-Material für das Rotationssintern: Desmopan DP 3790AP ist weich-

macher- und halogenfrei und versprödet dank seiner Kälteflexibilität nicht bei

tiefen Temperaturen, was für das sichere Funktionieren von Airbags wichtig ist.

Anspruchsvolle Instrumententafel: Das neue Armaturenbrett Delta Dash des

US-Bootsausrüsters Indiana Marine ist leicht, extrem wasserdicht und einfach

zu montieren – es besteht aus Baydur 667, einem Polyurethan-RIM-System von

Bayer MaterialScience.

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Lanxess erwirtschaftet einen erheblichen Anteil seines Umsatzesmit Thermoplasten und Kautschuken, konnte so in den vergange-nen Jahren den hochgesteckten Margenzielen von Bayer nichtmehr genügen und wurde daher 2005 als separate Company an dieBörse gebracht. Jetzt will Lanxess die Forschungsinvestitionenmöglichst effizient einsetzen und konsequent auf den Markt fokus-sieren. Jedes vierte F&E-Projekt von Lanxess betrifft dabei die Ver-fahrensforschung – hohen Energie- und Rohstoffkosten soll mit ei-ner kontinuierlichen Verbesserung der Produktionsprozesse begeg-net werden. Zusätzliche Vorgabe: Die Projekte sollen mit„überschaubarem“ Risiko angegangen werden, was eine Verbesse-rung bereits existierender Produkte und Anwendungen bedeutet.

Bei den Styrolkunststoffen konzentriert sich die Business UnitLustran Polymers auf kundenspezifisch eingefärbte ABS- undSAN-Produkte – in einer globalen Farbdatenbank sind mittlerwei-le mehr als 4.000 Farben eingespeist – und verfolgt dabei strikt ei-ne Preis-vor-Menge-Strategie. Angeboten wird eine breite Palettean Produkten, die für die verschiedensten Einsatzschwerpunktemaßgeschneidert sind und den Kundenspezifikationen entspre-chen. „Damit setzen wir uns deutlich von vielen unserer Wettbe-werber ab, die nur noch wenige Basistypen im Portfolio haben unddie Einfärbung meist dem Verarbeiter überlassen“, so Hans-Joa-chim Kogelnik, Leiter von Lustran Polymers.

Mittlerweile werden mehr als 90 % der von Lanxess in einer Re-gion produzierten Kunststoffe auch dort verkauft und verbraucht.Der weltweite Verbrauch von ABS und SAN von rund 6 Mio. t sollbis 2010 um 5,5 % wachsen, überproportional in Indien. LustranPolymers wird daher 2008 die Kapazitäten an den indischen Stand-orten Moxi, Katol und Nandesari um 20.000 auf 80.000 t anheben.Weiters wird im thailändischen Map Ta Phut zurzeit die ABS-Com-poundierung um eine Kapazität von 10.000 Jahrestonnen erweitert.

Lackieren überflüssig: Lanxess bietet günstigere Alternativen zu PC+ABS-Blends –

hier ist ein großes Instrumentengehäuse aus Trias KU 2-3050 zu sehen.

Verbessertes Spritzgießen: Dank Pocan XF konnten die Wanddicken von Lampen-

komponenten deutlich reduziert und die Schmelztemperatur bei der Produktion um

15 °C gesenkt werden. Die Zykluszeiten verringerten sich dadurch um 12-15 %.

Neuer ABS-Typ für die Medizintechnik: Lustran M205FC bietet sich für Kompo-

nenten an, die besonders dimensionsstabil sein müssen – zum Beispiel Rollen-

klemmen und Einstechdorne. Sie können mit Ethylenoxid bzw. Gamma- und

Elektronenstrahlen sterilisiert werden.

Lanxess erhöht das F&E-Budget um 15 %Lanxess erhöht nach einem zweijährigen Restrukturierungs- und Konsolidierungskurs die F&E-Ausgaben um 15 % auf rund100 Mio. Euro. Der Gummi- und Kautschukriese zielt damit aber auf wenig Grundsätzliches – die angepeilten 120 eigenenProjekte sowie zahlreiche Kooperationen sollen großteils binnen einer Zweijahresfrist marktreif werden. Markus Zwettler

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Neueste Entwicklungen von Lustran Polymers sind Triax DP3157, ein online-lackierbares Polyamid+ABS-Blend, das mit BMWfür Karosseriebauteile mit Class-A-Oberfläche entwickelt wurde,sowie Lustran ST 4566 und Centrex ST 4766, mit denen sichdurch Coextrusion oder Laminieren matte Soft-Touch-Oberflächenauf ABS-Werkstoffen aufbringen lassen – zum Einsatz sollen dieSoft-Touch-Bauteile im Innenraum von Fahrzeugen kommen.

Im Bereich der Synthesekautschuke wachsen derzeit die Anfor-derungen, denen sich Kautschuke in technischen Extrembereichenstellen müssen. Wachsender Kostendruck verlange zudem beson-ders wirtschaftliche Gummiprodukte. Lanxess produziert Kau-tschuke und Kautschukchemikalien in acht World-Scale-Produkti-onsanlagen in Europa, Nordamerika, Indien, Südafrika und Chi-na. Für rund 50 Mio. Euro wurde zuletzt die Kapazität derButylkautschuk-Anlage im kanadischen Sarnia um mehr als 40 %und die der Anlage in Antwerpen um rund 10 % ausgebaut. BeimChloropren-Kautschuk Baypren sollen in Dormagen die Kapazitä-ten auf 100.000 Jahrestonnen erweitert werden.

Ersatz der Platine: Mit dem LDS-Verfahren können Leiterbah-nen einfach, günstig und flexibel bei Layoutwechseln und ohneEinsatz von Ätz- und Beizchemikalien auf thermoplastische Scha-lungsträger aufgebracht werden.

Mehr Haftung dank Nanoprene. Im Bereich des Butylkau-tschuks hat Lanxess einen Typen entwickelt, der vier Mal sovielIsopren enthält wie normaler Butylkautschuk, was einen Leistungs-sprung in Sachen Abriebfestigkeit und Nasshaftung ermöglicht.Der neue Isopren-Typ kann auch peroxidisch vernetzt werden, wassein Anwendungsspektrum noch einmal erweitert – etwa fürSportschuhe und Isolatormaterial in der Elektroindustrie und Me-dizintechnik – sowie die Herstellung von Nanoverbundstrukturenerleichtert.

Beispielsweise solche mit Nanoprene: Bei diesem Emulsions-Sty-rol-Butadien-Kautschuk handelt es sich um ein Gel mit Teilchen-größen im Nano-Maßstab. Reifen, deren Laufflächenmischung Na-noprene-Nanoteilchen zugesetzt sind, zeigen eine deutlich bessereHaftung auf trockener Straße und eine verbesserte Abriebbeständig-keit, ohne dass der Rollwiderstand und die Nassrutschfestigkeit be-einträchtigt werden. Derzeit betreibt Lanxess im französischen LaWantzenau dafür eine Anlage mit einer Kapazität von 100 t.

Bei den Semi-Crystalline Products zählt Lanxess mit Durethanund Pocan zu den fünf größten Anbietern von Polyamiden und Po-lybutylenterephthalaten – nicht zuletzt, weil Lanxess auf World-Scale-Anlagen die Vorprodukte Caprolactam, Adipinsäure sowieGlasfaser selbst herstellen kann. Hubert Fink, der Leiter der Busi-ness Unit, will in diesem rund 7 Mrd. Euro schweren Segment vorallem vom starken Wachstum in Asien bei technischen Kunststof-fen profitieren, das zur Zeit jährlich bei durchschnittlich 7 % – inChina sogar bei über 10 % – liegt. Heuer wird Semi-CrystallineProducts voraussichtlich bereits deutlich mehr als 10 % seines Um-satzes im asiatisch-pazifischen Raum erzielen. „Wir sind sicher,dass wir diesen Anteil in den nächsten vier Jahren auf über 25 %steigern können“, so Fink. „Dabei wird uns helfen, dass wir in Kür-ze in Wuxi in China eine zweite Compoundier-Linie in Betriebnehmen. Sie verdoppelt dort unsere Kapazitäten für Durethan undPocan auf rund 40.000 Jahrestonnen.“

Einsetzen lassen sich diese technischen Thermoplaste besondersgut in der Mechatronik: Hier ist selektives Metallisieren nach derLaseraktivierung ebenso möglich wie die Laserdirektstrukturierungder Kunststoffoberflächen mit Leiterbahnen oder komplexenSchaltungen.

Ersatz der Platine: Mit dem LDS-Verfahren können Leiter-

bahnen einfach, günstig und flexibel bei Layoutwechseln

und ohne Einsatz von Ätz- und Beizchemikalien auf

thermoplastische Schalungsträger aufgebracht werden.

Hybridtechnik statt Stahl: Der Audi TT hat

das erste Frontend, das in Kunststoff-Alu-

Verbundbauweise gefertigt wird. Es setzt

sich aus drei Alu-Blechen zusammen, die

mit glasfaserverstärktem Durethan BKV

30 umspritzt sind.

Sicherer & Leichter: Die Strukturinserts wer-

den gezielt in crashrelevante Bereiche der

Karosserie des Citroën C4 Picasso eingebaut.

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Erfreuliche Prognosen kann Günther Berghofer als Obmann derösterreichischen Lackindustrie verkünden: „Nach einer Umsatz- undMengenstagnation im Jahr 2005 war 2006 eine deutliche Erholungspürbar. Beim Produktionswert gab es eine Steigerung von 9,2 % aufrund 380 Mio. Euro.“ Verantwortlich für den Aufwärtstrend warender Bereich der Bautenanstrichmittel und Bautenlacke, der nicht zu-letzt aufgrund der aktuellen Klimadebatte einen Boom erlebte. Zu-sätzlich konnte ein deutliches Plus im Bereich Industrielacke und imDo-it-yourself-Bereich verzeichnet werden. Bei wasserbasierendenLösungen lag das Wachstum sogar bei 20 %.

Traditionell größter Abnehmer ist weiterhin Deutschland mit20.000 t und einer Steigerung um 2,2 % auf einen Gesamtwertvon 70 Mio. Euro. UK, Griechenland, Portugal und Spanien zeig-ten beim Export 2006 eine leicht rückläufige Tendenz. Eine be-sonders positive Entwicklung zeigte wertmäßig der Export vonLacken, Anstrichmitteln und Druckfarben in die neuen EU-Län-der. So ist der Export in die Slowakei um 23,9 % auf beinahe 20Mio. Euro, nach Rumänien um 28 % auf 8 Mio. Euro und nachUngarn um 4 % auf nahezu 20 Mio. Euro gestiegen. Insgesamtgingen etwa 40.000 t Lacke und Anstrichmittel in die neuen EU-Länder.

Angst vor REACH. Die gute Entwick-lung ging auch im ersten Halbjahr 2007 wei-ter, in dem die österreichische Lackindustrieden Export noch einmal um rund 5 % undden Produktionswert um rund 6 % steigernkonnte. Die noch immer ungebremste Roh-stoffnachfrage in Asien setzt den Rohstoff-markt aber weiterhin unter Druck und lässtso die Lackindustrie um den nachhaltigenAufschwung bangen. Problematisch sei, dassvon Rohstofflieferanten keine langfristigenZusagen bezüglich Preis und Lieferbarkeitabgegeben werden. Sorge bereitet auch dieEntwicklung der neuen Bauproduktenricht-linie. Gefordert wird hier insbesondere einegegenseitige Berücksichtigung von REACHund der Bauproduktenrichtlinie, um doppel-te Testverfahren zu vermeiden. Bei REACHsei „die Praxistauglichkeit noch unklar“, soBerghofer. Eines ist bereits jetzt schon abseh-bar: Auf die Betriebe werden hohe Kostenzukommen. Derzeit entwickelt die EU tech-nische Leitfäden, die als Umsetzungshilfe ge-dacht sind, jedoch aufgrund ihres Umfangsvon mehreren tausend Seiten vor allemKMUs vor große Herausforderungen stellen.

Auch der Chef von Rembrandtin Lack,Hubert Culik, betont die Schwierigkeiten, die REACH für die Indus-trie darstellt: „Zum einen wird die Einstellung neuer Mitarbeiternotwendig, die sich ausschließlich mit der Abwicklung von REACHbeschäftigen, zum anderen werden durch ein Mehr an Zulassungser-fordernissen auch Innovationen verhindert.“ Befürchtet wird auchein Know-how-Verlust, wenn Rezepturen so klar deklariert werdenmüssen, dass es weniger innovativen Mitbewerbern aus Überseeleicht gemacht wird, Produkte zu kopieren.

Lacke mit Zusatzfunktionen. Künftig sollen Lacke und Bauten-farben noch deutlich verbesserte Eigenschaften sowie Zusatzfunktio-nen aufweisen – als schmutzabweisende Lacke, Fassadenfarben mitlängeren Renovierungsintervallen sowie speziellen Solarzelleneffektenwie etwa Strahlungswärmedurchlässigkeit. Der Industrie- und Fahr-zeuglackbereich setzt auf Entwicklungen im Bereich Self-Healing-Beschichtungen, Korrosionsschutzsysteme oder auch Fahrzeuglackmit schaltbaren Farben. Möglich sind auch reflektierende Straßen-markierungen oder elektroisolierende Lacke. „Der letzte Schrei sindAnstriche zur Reinigung von Rauminnenluft oder Autolacke, die ih-re Farbe je nach Temperatur verändern, um vor Glatteis zu warnen“,sagt Culik.

Bereits mehr als 50 % der Lack- und Anstrichmittelproduktion werden mit wasserverdünnbaren Systemen

erzeugt. Lösemittelarme Beschichtungen zählen mit einer Quote von 30 % zu Österreichs Exporterfolgen.

Auch wenn sich bei REACH bei der heimischen Lackindustrie die Nackenhaare sträuben, kann die Branche insgesamt einepositive Entwicklung verzeichnen. Harte Zeiten sind aber vorprogrammiert. Renate Haiden

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Österreichs Lackindustrie im Konjunkturhoch

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Die Bioraffinerie im Zentrum der Chemie?Konzepte von Bioraffinerien, die eine optimale Rohstoffausbeute versprechen, die stoffliche und energetische Nutzungenunter einem Dach verbinden – gibt es das? Der Beweis zur technischen und ökonomischen Machbarkeit dieser Konzeptewurde jedenfalls (noch) nicht vollständig geliefert.

Kurz- und mittelfristig werden weiterdie fossilen Rohstoffe Erdöl, Erdgas undKohle den Energie- und Rohstoffmarktdominieren. Dennoch – der Wandelkommt schrittweise! In Nischen ist daherschon jetzt ein hohes Potenzial zum Ein-satz biogener Rohstoffe für Fein- und Ba-sischemikalien sowie Energieträger (Trans-portation Fuels) gegeben.

Das Institut für nachhaltige Technikenund Systeme der JOANNEUM RE-SEARCH beschäftigt sich im Forschungs-schwerpunkt „Chemisch-TechnischePflanzennutzung - CTP“ mit der Entwick-lung innovativer Technologien zur inte-grierten Nutzung von biogenen Rohstof-fen. Mit verschiedenen Partnern aus For-schung und Industrie werden hierF&E-Projekte abgewickelt, die eine mög-lichst integrative Rohstoffnutzung zumZiel haben.

Im Projektbündel zur Umsetzung der „Grünen Bioraffinerie“beschäftigt man sich mit der Gewinnung von Milchsäure, Amino-säuren, Biogas und Werkstoffen aus dem Rohstoff Gras. Daherauch „Grüne“ Bioraffinerie. Diese Art der Bioraffinerie, die imnächsten Jahr, finanziert durch innovative Industrieunternehmen,als Demonstrationsanlage in Oberösterreich in Betrieb gehenwird, wird Bulk- und Feinchemikalien für die chemische undpharmazeutische Industrie liefern und zusätzlich Energie in Formvon Biogas produzieren. Im Rahmen der Teilnahme an diversenEU-Projekten und internationalen Plattformen (InternationaleEnergie Agentur, Task „Biorefinery“) werden weiterführende An-sätze zur integrierten stofflichen und energetischen Rohstoffnut-zung entwickelt. Dies beinhaltet innovative Verschränkungen un-terschiedlicher Technologien – Schlagworte sind hier Biogas,BTL, KNV, FT-Fuels,...

Auch der Bereich der Feinchemikalien bzw. der Wirkstoffe bie-tet ein breites und prosperierendes Spektrum von Innovationen fürden Bereich biogener Rohstoffe. Bei JOANNEUM RESEARCHwerden im „Zentrum für Extraktion“ in Hartberg mit unterschied-lichen Technologien im Labor und Technikumsmassstab Extrakteund Wirkstoffe aus Pflanzen gewonnen. Hier wird z.B. ein Upsca-ling von Extraktionsmethoden für die Industrie, über die Erzeu-gung von Null-Serien bis hin zur Begleitung von Produktentwick-

lungen angeboten. In verschiedenen Projektenwerden gemeinsam mit Partnern aus Industrieund Forschung Wirkstoff-Screenings von Pflan-zenextrakten für die Bereiche „FunctionalFood&Feed“, biologische Schädlingsbekämp-fung und der Pharmakognosie durchgeführt.

Vor diesem Hintergrund konzipiert und or-ganisiert JOANNEUM RESEARCH als Zen-trum für Innovation im Auftrag des LandesSteiermark im Rahmen des Netzwerkes „NU-BIOR.net STYRIA“ ein Kooperationsforum fürdie Zusammenarbeit von Industrie und For-schung auf dem Gebiet der Nutzung biogenerRohstoffe.

Das Netzwerk hat es sich zur Aufgabe ge-macht, innovative Ideen gemeinsam mit der In-dustrie von der Forschung bis zur Nutzung um-zusetzen. Das Spektrum der bereits im Rahmenvon Projekten bestehenden Kooperationen

reicht hier von der Entwicklung nachhaltiger Bioraffinerie-Systemeüber die Gewinnung von Chemikalien und Energie bis hin zur Ge-winnung von pharmakognostischen Wirkstoffen.

Die am Netzwerk beteiligten Firmen und Institutionen kommenaus den Bereichen der Chemie, Pharmazie, Biotechnologie und Ver-fahrenstechnik. Zusätzlich zu Instituten der TU Graz und der Karl-Franzens, Universität Graz, dem K+ Biokatalyse und bisher teilneh-menden Industriepartnern wird das Netzwerk zurzeit erweitert.Diese Plattform bietet damit eine hervorragende Gelegenheit, lau-fende Projekte und sich abzeichnende Trends zu diskutieren sowieKontakte zu potenziellen Partnern für die nächste Generation inno-vativer Produkte und Verfahren aufzubauen. Interessierte Firmenund Forschungspartner sind zur Mitgliedschaft im Netzwerk „NU-BIOR.net STYRIA“ eingeladen.

Kontakt:

Dr. Herbert Böchzelt

Institut für nachhaltige Techniken und Systeme

JOANNEUM RESEARCH

Elisabethstrasse 16

A 8010 Graz

mailto: [email protected]

tel.: +43-316-876-2412

www.joanneum.at

www.NUBIOR.at

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Bereits im April wurde gemeinsam mit der Bundesregierung ein5-Punkte-Programm unterzeichnet, das die Einführung des neuenBenzinersatzes erleichtern soll. Dementsprechend wird ab 1. Okto-ber der Bioethanolanteil vom neuen SuperEthanol von der Mineral-ölsteuer befreit und der Treibstoff gegenüber Superbenzin somitwirtschaftlich attraktiv.

Einer der Vorantreiber der Markteinführung ist Genol, der größ-te Energieversorger im ländlichen Raum. Marketingleiter Hans Ledlverspricht ein Pricing für den neuen Treibstoff, das den Benzinpreisdeutlich unterbietet, zudem soll noch heuer eine „bedarfsdeckendeVersorgung“ in ganz Österreich erreicht werden: „Wir bieten ab Ok-tober über die Genol-Tankstellen der Lagerhäuser SuperEthanol an.Dabei wird in der Regel die Spritsorte Super Plus durch SuperEtha-nol substituiert.“ Alleine Genol setze derzeit 30 solcher Umrüstun-gen um. Dafür fordert Ledl raschere Genehmigungsverfahren.

Der günstigere Preis für SuperEthanol ergibt sich primär durchden Steuerwegfall für den Ethanolanteil. Denn mengenmäßig mussin der Praxis um rund 15-20 % mehr SuperEthanol als herkömmli-ches Benzin getankt werden. Die Initiative SuperEthanol wünscht

sich nun insbesondere eine gerechtere Berechnung der NOVA beiden Flexi Fuel Vehicles. Derzeit erfolgt die NOVA-Einstufung allerFFVs im reinen Benzinmodus und nicht nach dem realistischerenMischbetrieb Bioethanol/Superbenzin.

Produziert wird der Treibstoff im derzeit im Endausbau befindli-chen Bioethanol-Werk in Pischelsdorf, das für bis zu 240.000 m3

Bioethanol (das entspricht 200.000 t) pro Jahr ausgelegt ist. Die An-lage, so Agrana-Boss Johann Marihart, werde dabei ausschließlichmit Rohstoffen aus Österreich bestückt – „in den ersten zwei Monatenmit 50.000 t Mais, danach stehen bis zu 50.000 t Zuckerrübensaftzur Verfügung“. 10.000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche hat dieAgrana für das Werk bereits „unter Vertrag“, damit kann das Werkrund 10 % des Benzinverbrauchs in Österreich vollständig mit Bio-ethanol aus heimischen Rohstoffen ersetzen.

Bis 2010 – so das selbst gesteckte Ziel der Agrana – sollen 5-6 %des österreichischen Benzinverbrauchs (das wären rund 50.000 m3

Bioethanol) substituiert werden. Zum Vergleich: Laut Umweltbun-desamt wurde 2006 durch Biodiesel ein energetischer Anteil von3,54 % im Verkehrssektor substituiert.

Ernst Karpfinger von den Rübenbauern ergänzt: „Die in der Bio-ethanolanlage benötigten Rohstoffmengen entsprechen etwa jenenMengen an Getreide und Zucker, die in der Vergangenheit exportiertwerden mussten. Dadurch werden sich einerseits vernünftige Erzeu-gerpreise erzielen und andererseits weite Transportwege verringernlassen. Darüber hinaus wird in der Bioethanolanlage hochwertigesEiweißfuttermittel erzeugt werden, das maßgeblich zur Reduzierungder Sojaimporte beiträgt.“

Bioethanolwerk in Pischelsdorf bei Tulln wird derzeit „schleichend fertig gestellt“:

Alle Stahlbauten sind bereits erledigt, nun wird die Automatisierung installiert.

„Bis 1. Oktober wird die Anlage laufen“, verspricht Agrana-Chef Johann Marihart.

Ford, Saab und Volvo bieten nicht nur geeignete Fahrzeuge an, sondern unterstüt-

zen deren Kauf auch finanziell. Sie betonen zudem, dass SuperEthanol auch für

deutlich mehr Leistung sorgt.

Projekt SuperEthanol ist in der ZielgeradenDie Initiative SuperEthanol – sie wird unterstützt von der Agrana und den Rübenbauern (die gemeinsam das 125 Mio. Euroteure Bioethanolwerk in Pischelsdorf betreiben) sowie Genol und den Autoimporteuren Saab, Ford und Volvo – ist zuver-sichtlich, bis 2010 rund 50.000 Flexi Fuel Vehicles in Österreich zu versorgen. Die Vorbereitungen für die Markteinführungam 1. Oktober laufen auf Hochtouren.

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SuperEthanol besteht aus bis zu 85 % Bioethanol (hergestellt ausMais, Weizen und Zuckerrüben), der Rest des Gemischs ist Super-benzin. Bei 100 % Bioethanol würde der Dampfdruck in Europa zugering ausfallen, sodass sich die Autos nicht mehr kalt starten lie-ßen – ein Problem, das etwa in Brasilien nicht besteht. Jeder Literverbrauchtes Bioethanol statt Superbenzin als Treibstoff erspart derUmwelt bis zu 1,8 kg CO2. Darüber hinaus steigert SuperEthanolauch die PKW-Motorleistung. SuperEthanol hat sich bereits erfolg-reich unter anderem in Schweden, den USA und Brasilien als alter-nativer Treibstoff etabliert. Für 1 l Bioethanol braucht es übrigens ei-nen Input von rund 2,5 kg Getreide.

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Labor

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Diese Forscher haben den Hype rund um das Genom längst verlas-sen. Es sind Bioinformatiker, die mit Hilfe von Rechenkraft – also in si-lico – nicht länger bloß „Gene finden“, sequenzieren wollen. Nein:„Das Genom ist letztlich nur die Blaupause, der Bauplan für das Le-ben“, sagt John Mattick von der University of Queensland in Brisbane,„es braucht aber ebenso Prozesse, diesen Bauplan umzusetzen, zu ver-wirklichen.“ Dieses höchst komplexe Zusammenspiel gelte es nun, mitHilfe von dynamischen Computermodellen besser verstehen zu lernen.

Die Rede ist also von der Wirkweise molekularer Maschinen, vomAblauf der Zelldifferenzierung, von den „high sophisticated interacti-ons“, welche die RNA in der Zelle auslöst, sie dirigiert. „Wir wollen unsalso nicht mehr bloß ein Bild ansehen, sondern einen Film vorführen.“

Um die Dimension dieser komplexen Interaktionen zu verdeutli-chen: 98 % des menschlichen Genoms kodieren nicht für Proteine,sondern für RNA – „das arbeitende Gegenüber der DNA“, wie Peter

Schuster, der Präsident der Akademie der Wissenschaften in Wien, esausdrückt. „War diese RNA lange Zeit ein sehr mysteriöses Molekül,wird sie heute als ein zentraler Spieler angesehen.“ Mehr noch: Mattick spricht von einem eigenen Betriebssystem, das innerhalb derZelle für Entwicklungsaufgaben zuständig ist.

Die RNA: In den 1960er Jahren fand man heraus, dass sie sichselbst replizieren, in den 1970ern, dass sie hochgradig wie Proteineagieren kann. Wie falsch die Wissenschaft aber mitunter liegen kann,das zeigt das Verständnis, das man lange von dieser Ribonukleinsäurehatte – bis vor wenigen Jahren galt sie noch als „cell junk“. Heute wissen wir mehr: Die RNA ist es, die einen Großteil aller Regulations-mechanismen der Zelle steuert.

Mit diesem Grundverständnis ausgerüstet wollen die Bioinforma-tiker nun in den nächsten 2-5 Jahren „ein völlig neues Verständnis des

Oberstes Gebot der Bioinformatik heute: Standardisierte Datensätze zu erzeugen.

Bioinformatik: Der Zellregulation auf der SpurDie Crème de la crème der Bioinformatikzunft weilte im Rahmen der beiden Konferenzen ISMB und ECCB in Wien. Der Chemie Report hat einigen jener Top-Experten zugehört, die „ein völlig neues Verständnis der Genome“ in 2-5 Jahren versprechen. Eine Annäherung. Markus Zwettler

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Genoms, einen neuen Level an Interaktionsver-ständnis“ erreichen, so Mattick – es ist kein junkmehr, es ist „very high sophisticated informati-on“ geworden. Dass – wie das beim Menschender Fall ist – 100 Trillionen Zellen in die richti-ge Position gebracht werden, ist auch nicht gera-de einfach.

Das Protein: Neben den rund 3 Mrd. Ba-senpaaren der DNA und den Parallelaktivitätender RNA zielen die Bioinformatiker auf die Ak-tivitäten der Proteine ab. Burkhard Rost von der Columbia Universi-ty in New York erinnert: „Die Erkenntnis, dass der Mensch wedermehr Gene noch wesentlich mehr Proteine als ein Wurm hat, war zurJahrtausendwende ein regelrechter Schock. Neue Modelle waren drin-gend vonnöten – Modelle, die erklären konnten, warum relativ weni-ge Proteine sehr viele Funktionen ausführen können.“ AlternativesSplicing liefert erste Antworten dafür, von „regions of disorder“ ist dieRede – von sehr unstrukturierten Proteinen. Rost nennt es „unshapedareas“, also die gestaltlosen Proteinbereiche, „die nicht bloß die mecha-nische Arbeit verrichten“. Gerne sprechen die Bioinformatiker – diebeiden Wiener Kongresse werden übrigens von mehr als 1.750 Wis-senschaftlern frequentiert – vom „sozialen Umfeld der Proteine“: DerSupercomputer soll dabei mit elaborierten statistischen Werkzeugen ineiner Art „Rasterfahndung“ entsprechende Protein-„Assoziationen“aufdecken.

Transkriptions-Kontrolle heißt also das neue Buzzword. „Zell-Logik“ schickt sich ebenso an: Die Regeln dafür herausfinden, war-um ein und dieselbe Gensequenz unter diesen Bedingungen codiertwerden, unter anderen jedoch nicht. Was die Bioinformatiker dafürin den nächsten Jahren noch mehr brauchen? „Jede Menge Maschi-

nen natürlich“, so Rost, „wobei teilweise so simpleDinge wie die Abwärme der Rechner Schwierigkei-ten machen.“ Aber das ist nur ein Teil des Ganzen:„Während sich Datenbanken mitunter über Nachtverdreifachen, braucht das ,Understanding’ wesent-lich länger.“

Thomas Lengauer vom Max-Planck-Institut fürInformatik in Saarbrücken fügt hinzu: „Entschei-dend ist bei unseren Bemühungen auch die Daten-qualität, es gilt, immer einen ,biological noise’ zuberücksichtigen. Zudem müssen wir die Daten, die

ja aus unterschiedlichsten Quellen stammen können, noch ver-gleichbarer machen.“

Moderne Microarrays liefern den Bioinformatikern dazu entwe-der Durchschnittswerte von Zellpopulationen, oder – wenn auchselten – von individuellen Zellen. Die Modelle dahinter müssen dy-namisch und mikrostrukturiert, kurz: als Netzwerk „mit evolutio-nary design“ konzipiert werden. Schuster vergleicht das mit denWettervoraussagen früherer Jahre: „Während wir vor 50 Jahren erstwenige Messstationen hatten, sind es heute zigtausende am Lande,in der Luft, sogar im All. Dazu braucht es nun aber die Informatik,welche diese Fülle an Daten zusammenschauen hilft.“

Führende Forscher finden sich in der Bioinformatik in den USAund im UK, Lengauer spricht den Deutschen die beste Ausbildungzu. Aufholen würden die Chinesen, Stärken würden sich zudem inSingapur und Japan finden. Jedenfalls sei eine relativ stark ausge-prägte Pharmaindustrie für die durchaus teuren Spielereien der Bio-informatik förderlich. Erstere erhofft sich nicht zuletzt im Rahmender „Chemoinformatics“ brauchbare Vorhersagen darüber, wie sichbestimmte Wirkstoffe in bestimmten Zellen entfalten. Kurz undgut: Jede Menge zu tun – around the world.

Microarrays liefern den Input für die dynami-

schen Hochleistungs-Simulationen.

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Unter die Haut: Was Biologika bei Psoriasis leistenAnlässlich des 16. Dermatologenkongresses in Wien haben Alberto Giannetti – Präsident der European Academy Dermato-logy and Venerology (EADV) – sowie betroffene Patienten über die Behandlungserfolge bei Psoriasis mit modernen Biologikaberichtet. Ein Überblick.

Wenn weiße Blutzellen Antikörper produzieren, um gegen Bak-terien oder Viren vorzugehen, dann ist es ein Immunsystem, das ord-nungsgemäß vorgeht. Wenn die körpereigene Eingreiftruppe aller-dings zu viel des Guten vorsieht und beginnt, normale Hautzellenwie wild und unentwegt zu attackieren, dann läuft etwas faul. Dannist von der Autoimmunerkrankung Psoriasis die Rede, landläufigauch als „Schuppenflechte“ bezeichnet.

Psoriasis: Warum das Immunsystem hier tatsächlich verrücktspielt, das ist noch nicht vollends geklärt. Als Erstauslöser bzw. fürein „Aufflackern“ der Krankheit gelten emotionaler Stress, Hautver-letzungen oder -operationen, Nebenwirkungen spezifischer Wirk-stoffe wie Betablocker oder Lithium sowie bestimmte Infektions-krankheiten. Während normale Hautzellen in 21-28 Tagen reifenund dann an der Hautoberfläche unsichtbar abfallen, machen pso-

riatrische Hautzellen diese Reise in gerade einmal 2-3 Tagen durch –und schuppen dann zu Tausenden in silbrig glänzenden Flechtendeutlich sichtbar an der Oberfläche ab.

Damit nicht genug: Psoriasis wird auch für zahlreiche Co-Morbi-ditäten verantwortlich gemacht. Als systemische Krankheit stellt sieein erhöhtes Risiko für Fettsucht, Typ 2 Diabetes, Leberkrankheitensowie klinische Depressionen dar. Zudem wird sie insbesondere beijungen Menschen mit Herzattacken assoziiert.

Alberto Giannetti ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der Psoria-sisbehandlung. Er ruft die Meilensteine in der Therapie der Pso-riasis in Erinnerung: „Noch bis vor etwa 130 Jahren wurde sie vor-rangig mit Teer behandelt. Erst 1874 kam erstmals Chrysarobinzum Einsatz, 1910 folgte Salvarsan, 1916 Dithranol. 1929 wur-den Penicilline wie Cyclosporin erprobt, in den 1950ern wurde

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die antirheumatische Wirkung der Cortisone entdeckt, in den1960ern kamen die Methotrexate und in den 1970ern schließlichdie Behandlungen, die auch UV-Licht beinhalteten (PUVA). Je-doch: Ob Penicillin, ob Creme, ob Tablette oder UV-Licht – alldiese Therapien wiesen toxische Langzeiteffekte auf.“

Moderne, gentechnisch hergestellte Biologika haben hier füreinen radikalen Wandel gesorgt: Seit 2002 am US-Markt, seit2004 auch in Europa vertrieben, sorgen sie für einen vollständigenStopp der Krankheitsprogression, indem sie entweder als T-Zell-Antagonisten oder als Inhibitoren des Proteins TNF-Alpha (Tu-mor Nekrose Faktor Alpha) – jenes Proteins, das im Körper dieweißen Blutzellen als Teil der Immunantwort mobilisiert – agie-ren.

Mittlerweile sind 5 Biologika gegen Psoriasis oder psoriatrischeArthritis (rund 30 % der Psoriasispatienten leiden auch unter quä-lenden Gelenksschmerzen) in den USA und Europa zugelassen:

• Efalizumab (Raptiva) von Serono ist ein monoklonaler Antikör-per, der gegen Psoriasis alleine zugelassen ist, und als T-Zell-Antagonist wirkt.

• Nur in den USA erhältlich ist das Fusionsprotein Alefacept(Amevive) von Astellas Pharma gegen Psoriasis.

• Der monoklonale TNF-Alpha-Antikörper Infliximab (Remica-de) der J&J-Tochter Centocor ist sowohl gegen Psoriasis alsauch gegen psoriatrische Arthritis zugelassen. Ebenso das inflüssiger Form applizierte Fusionsprotein Etanercept (Enbrel)von Wyeth.

• Der monoklonale TNF-Alpha-Antikörper Adalimumab (Hu-mira) von Abbott ist derzeit nur in den USA gegen Psoriasis zu-gelassen, in der EU auch gegen psoriatrische Arthritis.

Chance auf Drug Holidays. Während die bisherigen Psoriasis-behandlungen enorm zeitaufwendig, teuer, belastend und wenig ef-fektiv waren, berichten die betoffenen Psoriasis-Patienten amEADV-Kongress von einer „radikalen Verbesserung“ durch dieseBiologika – die Angst vor einem neuen Schub falle plötzlich weg.Zudem bieten diese Therapien erstmals die Möglichkeit, eine Be-handlungspause einzulegen und weisen bis dato keinerlei toxischeNebenwirkungen auf.

Und was eine Therapiepause für Psoriasispatienten bedeutet, lässtsich schon alleine an der Statistik ablesen: 33 % leiden unter der Pso-riasis mehr als 30 Jahre lang, das durchschnittliche Ausbruchsalterliegt bei 30,5 Jahren. Kaum zu ermessen ist die psychische Belastungdieser Patienten – rund zwei Drittel leiden denn auch unter schwe-ren Depressionen. Von einem zwei- bis dreifachen Aufwand für dieKörperpflege, Schlafstörungen und der Unmöglichkeit, synthetischeKleidung zu tragen, ganz zu schweigen.

Die Psoriasis zählt zu den häufigsten Erkrankungen der Haut: Zwischen 1-3 %

der europäischen Bevölkerung sind davon betroffen.

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Fest in der Schleimhaut verankertAndreas Bernkop-Schnürch, Leiter des Lehrstuhls Pharmazeutische Technologie an der Leopold-Franzens-Universität Inns-bruck, hat eine neue Generation schleimhauthaftender Trägermaterialien für Arzneiwirkstoffe entwickelt. Er wurde dafür mitdem diesjährigen Dr. Wolfgang Houska-Preis ausgezeichnet, einem der höchstdotierten Forschungspreise Österreichs.

Carola Hanisch

Warum verweilen viele Wirkstoff-Abgabesysteme nicht langegenug an Schleimhäuten?

Die meisten dieser mucoadhesiven Substanzen haften über ver-gleichsweise schwache Wechselwirkungen wie Wasserstoffbrücken,ionische Anziehungskräfte oder weil sich die Molekülketten mitein-ander verhaken. Aber sie gehen keine festen chemischen Bindungenmit den Schleimhautmolekülen ein. Sie halten den Wirkstoff nichtlang genug am Zielort fest, um als effektiver „pharmazeutischer Kle-ber“ zu wirken.

Inwiefern ist dies bei den Thiomeren anders?Dazu muss man zunächst wissen, wie der natürliche Schleim, der

Mucus, aufgebaut wird. Die Schleimhautzellen produzieren Glyko-proteine, die Mucine, die freie Schwefelwasserstoffgruppen enthal-ten. Diese sogenannten Thiolgruppen reagieren unter den oxidie-renden Bedingungen an der Zelloberfläche miteinander und gehenstabile Elektronenpaarbindungen ein, die Disulfidbrücken. Die Na-tur verwendet Disulfidbindungen sehr häufig, um Proteine zu sta-bilisieren. Die Mucine verknüpfen sich zu einem Polymernetz, quel-len auf und bilden ein Gel – den Mucus.

Thiomere sind nun so konstruiert, dass sie zunächst in die Schleim-schicht eindringen und sich dann dort über denselben Mechanismusverankern. Sie verfügen nämlich ihrerseits über freie Thiolgruppen,können also ebenfalls Disulfidbrücken mit den Mucinen und unter-einander ausbilden. Sie stellen also eine Art künstlichen Schleim dar.

Auf einem ähnlichen Prozess basieren übri-gens auch die anhaftenden Eigenschaften vielerKlebstoffe: Erst Eindringen in eine Oberflächen-struktur, gefolgt von einem anschließenden Sta-bilisierungsprozess des Klebstoffes.

Also sind Thiomere Arzneiträgerstoffe mit Thiolgruppen. Um was für Polymere handelt es sich und mit welchen Wirkstoffen werden siebeladen?

Am weitesten entwickelt sind Chitosane undPolyacrylate. Das sind seit vielen Jahren bewährteWirkstoffabgabesysteme. Aber es gibt eine Viel-zahl weiterer Polymere, die auch interessant sind.

An diese Basispolymere hängen wir Seitenket-ten mit Thiolgruppen, zum Beispiel die Amino-säure Cystein, und verbessern dadurch die mu-coadhesiven Eigenschaften: Eigentlich sehr ein-fach, aber in der Wirkung durchauseindrucksvoll. Jedes Basispolymer kann mit ei-ner Vielzahl von thiolisierten Seitenketten modi-fiziert werden – allein bei den Poylacrylaten ha-ben wir schon zehn verschiedene entwickelt.

Wir sind mit dieser Plattformtechnologie ex-trem flexibel und können alle möglichen Wirkstoffe in diese Trägereinlagern. Das ist auch der Vorteil unserer Firma, Thiomatrix: Wirsind nicht von einem Wirkstoff abhängig.

Außer der Firma Thiomatrix vermarktet auch MucoBiomer IhreThiomer-Technologie?

Ja, das stimmt. MucoBiomer verfügt über die Patentrechte fürdie Anwendungen im und am Auge und für Implantate. Sie ist ei-ne 100%ige Tochter der Croma Pharma.

Ich bin nicht mehr an der Firma beteiligt, sondern habe 2003die Thiomatrix gegründet, die alle anderen Anwendungsgebietevermarktet.

Haben Thiomere außer der Schleimhauthaftung noch andere Vorteile?

Ja, die Bildung von Disulfidbrücken sorgt auch für die in situquellenden Eigenschaften der Thiomere. Ich nenne Ihnen ein kon-kretes Beispiel: Die Nasenschleimhaut kann von einer Flüssigkeit,die Sie aufsprühen, nur 100 Mikroliter halten. Ein zähflüssiges Gelhingegen haftet besser und rinnt nicht so leicht wieder heraus. Al-lerdings kann man ein Gel nicht versprühen und daher erreicht esdie tiefer gelegenen Teile der Nasenschleimhaut nicht, zum Beispieldie Nebenhöhlen.

Die Thiomere vereinen die Vorteile beider Formulierungen. Siesind im Ausgangszustand flüssig und lassen sich problemlos ver-

Andreas Bernkop-Schnürch: Innsbrucker Top-Experte entwickelt neue Wirkstoff-Abgabesysteme.

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sprühen. Unter den oxidierenden Bedingungen an der Schleimhautoberfläche vernetzen siesich, beginnen zu quellen und werden zähflüssig. Sie bilden also erst an Ort und Stelle einstabiles Gel. Diese Eigenschaft ist auch für viele andere Anwendungsorte wichtig, zum Bei-spiel für die Vaginalschleimhaut oder die Augenschleimhaut.

Was passiert mit dem Thiomer, wenn es seinen Wirkstoff abgegeben hat? Wird es abgebaut?Das kann man je nach Anwendungsort gestalten. Im Magen-Darm-Trakt zum Beispiel

ist es sinnvoll, hochmolekulare, nicht biologisch abbaubare Thiomere zu verwenden. Die werden dann einfach, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben, unverändert wieder aus-

geschieden und sind somit toxikologisch sehr vorteilhaft. Ähnliches gilt für die Nasen- oderVaginalschleimhaut. Die Lunge hingegen wäre für solche Substanzen eine Sackgasse – hierbraucht man biologisch abbaubare Thiomere.

Wie gelangt denn nun der Wirkstoff von seinem Träger, dem Thiomer, ins Blut?Dazu muss er erst die Epithelzellschicht überwinden. Auch dabei helfen die Thiomere

mit, indem sie die so genannten tight junctions öffnen. Das sind Biomoleküle, die die Epi-thelzellen so fest miteinander verbinden, dass für viele Wirkstoffe kein Durchkommen ist.Die Thiomere öffnen ihnen gewissermaßen die Tür. Ein anderes Problem, vor allem im Ma-gen-Darm-Trakt, sind proteinspaltende Enzyme.

Die bauen den Wirkstoff ab, bevor er überhaupt eine Chance hat, durch die Schleimhautzu kommen?

Ja. Aber auch da sind Thiomere nützlich. Viele Enzyme sind in ihren Cofaktoren aufZinkionen angewiesen. Und die Thiomere binden die Zinkionen und inhibieren dadurchdie Enzyme.

Wie sieht es beispielsweise mit Cytostatika aus, die in die Zelle selbst aufgenommen wer-den müssen?

Da haben wir oft das Problem, dass die Zelle die Wirkstoffe als giftig erkennt und überspezielle Kanäle das „Giftmolekül“ wieder nach draußen pumpt. Nach unserer gängigen Ar-beitshypothese, die aber auch schon durch verschiedene Studien gestützt wird, wandernThiomere in diese Kanäle ein und bilden dort Disulfidbrücken. Sie blockieren auf dieseWeise die Pumpe, die den Wirkstoff ansonsten nach draußen befördern würde.

Thiomere halten den Wirkstoff also nicht nur an der Schleimhaut fest, sondern tragenauch dazu bei, dass er aufgenommen wird. Wohin geht denn die Zukunft der Thiomereund ihrer Firma?

In der Firma geben dies natürlich unsere Auftraggeber vor. Wir sind mit zumindest derHälfte aller weltweit agierenden Pharmakonzerne im Gespräch, auch mit Weltkonzernenim Kosmetikbereich. Da gibt es auch schon entsprechende Entwicklungen.

Universitär und im Rahmen von EU-Projekten wollen wir die Technologie in RichtungMikro- und Nanotechnologie weiter ausbauen. Winzige Teilchen haften noch besser aufder Schleimhaut als größere Trägersysteme.

Ein großes Zukunftspotenzial sehen wir in der Gentherapie: Nanopartikuläre Thio-mere könnten als nichtvirale Gentransfer-Systeme dienen. Das Konzept ist folgendes: Indas Thiomerteilchen wird das zur Heilung benötigte Gen eingelagert. Die Thiomer-Na-nopartikel sind so klein, dass sie von den Zellen über Endozytose aufgenommen werdenkönnen. Die Zelle stülpt ihre Membran einfach um das Partikel herum und verleibt essich ein.

In der Zelle herrschen nun reduzierenden Bedingungen, so dass die Disulfidbrückendes Thiomers gespalten werden – es zerfällt und das mit ihm eingeschleuste Gen wird ge-nau dort freigesetzt, wo es gebraucht wird – in der Zelle. Dahinter steht die Hoffnung,nicht nur die Symptome, sondern die Ursache vieler Krankheiten zu behandeln.

Nur Medikamente, die per Spritze verabreicht werden, gelangen direkt in die Blutbahn.Alle anderen, nicht-invasiven Arzneien, müssen erst die Körperoberfläche durchdringen.Diese ist an vielen Stellen, etwa an Auge, Nase, Mund, Lunge, Magen und Darm mitSchleimhaut bedeckt. Um dieses Hindernis zu überwinden, müssen Medikamente mög-lichst lange an der Schleimhaut haften können. Thiomere lösen das Problem: Sie haftenan Magen-, Darm- und anderen Körperoberflächen und geben dort die pharmazeutischenWirkstoffe ab.

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Termin Veranstaltung / Ort Koordinaten

18.-21.9. A+A: Fachmesse und Kongress zu betrieblicher Sicherheit und Gesundheitbei der Arbeit, Düsseldorf www.AplusA-online.de

3.-7.9. Biotech & Pharma Business Summer School: From Target to Market, Berlin www.vbbm.de

17.-18.9. NANOSENS 2007: Nanosensoren für industrielle Anwendungen, Wien www.nanosens.at

2.-4.10. L.A.B. 2007: Messe und Kongress für Analyse-, Bio- und Laborgeräte, London www.lab-uk.de

9.-11.10. BIOTECHNICA 2007, Hannover www.biotechnica.de

16.-18.10. ProcessNet-Jahrestagung 2007, Aachen www.dechema.de/jt2007

16.-18.10. maintain 2007, München www.maintain-europe.com

18.10. 4th Partnering Day for Biomedical Research, Graz http://www.meduni-graz.at/partneringday

19.10. Seminar bei Endress+Hauser: Explosionsschutz nach ATEX, Wien www.at.endress.com

25.-26.10. Festo und NNE Pharmaplan veranstalten einen Kongress zu„Automatisierung und PAT“, Frankfurt www.festo.com

24.-31.10. K: Messe für Kunststoffe und Kautschuk, Düsseldorf www.k-online.de

Karlsruher bioliq-Anlage nimmt Formen anDas Forschungszentrum Karlsruhe und Lurgi haben den Bau der Anlage für den ersten Prozessschritt des zweistufigen bioliq-Verfahrens abgeschlossen sowie den Bau der zweiten Stufe der Anlage besiegelt. Die Biokraftstoffe der nächsten Generation rücken damit einen Schritt näher.

Beim bioliq-Konzept wird in einem ers-ten, dezentralen Schritt die Biomasse durcheine Schnellpyrolyse in ein transportfähigesflüssiges Zwischenprodukt hoher Energie-dichte (bioliqSynCrude) umgewandeltund kann so wirtschaftlich über größereStrecken zu Großanlagen zur Syngas- undKraftstofferzeugung transportiert werden.Die Pilotanlage für diesen ersten Prozess-schritt wurde jetzt abgeschlossen. In dennächsten Monaten wird sie um die Verfah-rensschritte der Syngaserzeugung, der Gas-reinigung und Kraftstoffsynthese sowie ei-ne Zapfsäule erweitert. „Die Technologiezur Syngas- und Kraftstofferzeugung istprinzipiell aus der Kohleverarbeitung be-kannt, muss aber noch auf die Besonder-heiten von Biomasse abgewandelt werden.Insofern kommt der Schnellpyrolyse eineSchlüsselrolle für unseren Gesamtprozesszu“, so Eckhard Dinjus vom Forschungs-zentrum Karlsruhe. Von der Pilotanlagezur Schnellpyrolyse mit einem Biomasse-Umsatz von 500 kg/h ist es nur noch ein Vergrößerungsschritt bis inden kommerziellen Maßstab, in dem bis zu 50 t/h Biomasse umge-wandelt werden können.

Dezentrales Konzept. Haupteinsatzstoffe für das Verfahren isttrockene Biomasse wie Getreidestroh, Heu, Restholz, Baumschnitt,Rinde sowie Papier und Pappe. Durch diese breite Einsatzstoffpalette

und die Möglichkeit der Ganzpflanzennut-zung wird ein Mengenpotenzial erreicht,das weit über dem der Biokraftstoffe der ers-ten Generation liegt. Für den dezentralenProzess wird eine Schnellpyrolyse einge-setzt, in der aus Biomasse bei 500 °C in ei-nem Doppelschnecken-Mischreaktor Py-rolyseöl und Pyrolysekoks erzeugt werden.Diese werden zu einer flüssigen Suspension(bioliqSynCrude) gemischt, deren Energie-dichte mit einen Faktor von 13-15 über dervon Stroh liegt und mit Rohöl vergleichbarist. In einer zentralen Anlage für die Syn-gas- und Kraftstofferzeugung wird das bio-liqSynCrude in einem Flugstromvergaserbei 1.200 °C und 80 bar zu einem teerfrei-en Syngas – einer Mischung aus H undCO – umgesetzt.

Daraus lassen sich alle wichtigen chemi-schen Grundbausteine erzeugen, etwa Syn-thesekraftstoffe durch das Fischer-Tropsch-Verfahren oder durch den vom For-schungszentrum vorgesehenen Prozess über

das Zwischenprodukt Methanol. Diese Kraftstoffe sind reiner, um-weltverträglicher und leistungsstärker als erdölstämmige Kraftstoffeund lassen sich für verschiedene Anforderungen maßschneidern.

Die Verarbeitungskosten der Biomasse für den High-Tech-Kraft-stoff werden unter 50 Eurocent liegen; dazu kommen Kosten für dieBiomasse, die derzeit in der gleichen Größenordnung liegen. Damitbliebe der Preis für 1 l High-Tech-Kraftstoff unter 1 Euro.

Das bioliq-Verfahren verwandelt Biomasse in vollsyntheti-

sche Diesel- oder Ottokraftstoffe, deren Qualität weit über

der anderer Biokraftstoffe und selbst der Mineralölproduk-

te liegt. Im Bild die Schnellpyrolyse-Stufe.

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Pilotanlage: Ohne Wasserdampf zum KautschukForschern des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam ist es gemeinsam mit der SchweizerList AG und Dow gelungen, den Energiebedarf in einem wesentlichen Schritt der Kautschuksynthese um 76 % zu senken.

Die Synthese von Kautschuk – jenem Rohstoff, aus dem durch Vul-kanisieren, also dem Zusatz von Schwefel unter einer bestimmten Tem-peratur, Gummi entsteht – ist energieintensiv. Den Energieverbrauchbei der Verarbeitung zu senken, ist daher oberstes Gebot. Ein zukunfts-weisendes Konzept steht als Pilotanlage für Lösungskautschuk amSchkopauer Pilotanlagenzentrum PAZ, bei der es gelungen ist, denEnergiebedarf bei der Aufbereitung von Kautschuk um 76 % zu sen-ken. Gespart wird dabei vor allem am Wasser. Polymerisiert wird bei derLösungspolymerisation in einem speziellen Lösungsmittel. Die darinlöslichen Monomere schwimmen nach der Polymerisation als hochvis-kose Kautschukpolymerketten in dem Lösungsmittel – eine zähe Mas-se entsteht. Danach muss der Kautschuk vom Lösungsmittel getrenntwerden. Dafür verwenden Kautschukerzeuger üblicherweise reichlichWasserdampf – mit ihm verdampft das Lösungsmittel und die Kau-tschukmasse flockt im Rahmen der Koagulation in Form von Krümelnaus, die in der Wasserphase schwimmen.

Direktverdampfung. Doch auch das verbleibende Wasser ist nochstark mit Resten des Lösungsmittels verunreinigt. Ebenso enthält dasverdampfte Lösungsmittel nach der Koagulation noch sehr viel Was-serdampf und lässt sich erst nach einem Trocknungsprozess wieder fürdie Polymerisation verwenden. „Während bei diesem alten Aufberei-tungsprozess die Hersteller ständig mit energieintensiven Recycling-

prozessen beschäftigt sind, damp-fen wir nun das Lösungsmittel di-rekt und wasserfrei ein“, erklärtUlrich Wendler vom PAZ. „Keineleichte Aufgabe, denn eigentlichsind Elastomere, also Polymere mitelastischen Eigenschaften, tempe-raturempfindlich.“

Deshalb mussten sich die Inge-nieure eine schonende Erhitzungausdenken: Durch Anlegen einesleichten Vakuums gelang es, dieTemperatur verhältnismäßig nied-rig zu halten. Das Herzstück dieserspeziellen Verdampfungskammernsind neue Kneter, die für eine be-sonders gute Durchmischung sor-gen – dadurch kann das Lösungs-mittel besser und schneller als Gas entweichen. Nur Bruchteile im Mil-lionstel-Bereich bleiben nach der Direkteindampfung übrig. „Somit istauch das Recycling des Lösungsmittels stark vereinfacht. Das Trocknenentfällt, zudem sparen wir die Energie für die Wasserdampferzeugung“,so Wendler.

Pilotanlage für Lösungskautschuk am

Pilotanlagenzentrum in Schkopau.

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Gentech gegen den HungerArrogante Welt. Ingo Potrykus hat etwas entwickelt, das Hunderttausende vor dem Erblinden und dem Tod durch Mangeler-nährung bewahren könnte. Doch „Golden Rice“, den es schon seit 1999 gibt, wartet weiter auf seine Zulassung. Schuld istdie Gentech-Skepsis der Industrieländer. 2012 könnte es trotzdem soweit sein. Wolfgang Schweiger

Mangelernährung ist ein Problem der Armen. Im Jahr 2000 hatten792 Mio. Menschen weltweit nicht genug zu essen oder nicht genugvom Richtigen zu essen bekommen, um ein normales, gesundes Lebenführen zu können, schätzt die Welternährungsorganisation. 90 % de-rer, die daran gestorben sind, kommen aus 42 Entwicklungsländern.Es fehlt in erster Linie an Eisen, Zink, Jod und Provitamin A. In Staa-ten wie den Philippinen oder Malaysia erblinden jährlich 500.000Kinder, weil ihre Nahrung nicht genügend Provitamin A enthält, 50 % sterben an den Folgen binnen eines Jahres. Reis ist dort dasHauptnahrungsmittel. 80 % des Kalorienbedarfs werden damit ge-deckt und keine der Reissorten kann Betakarotin – also ProvitaminA – synthetisieren. Dieses bezieht der Körper normalerweise aus Obstund Gemüse.

Ingo Potrykus, Professor für Pflanzenwissenschaften an der ETHZürich, hat nach einer nachhaltigen Lösung gesucht und 1991 einenDissertanten dafür gewinnen können, an der Entwicklung einer trans-genen Reissorte zu arbeiten, die das benötigte Provitamin A von sichaus herstellen würde. Niemand hätte ihm das Vorhaben finanziert,doch Schweizer Universitäten stellen ihren Professoren begrenzt For-schungskapital zur freien Verfügung. 10 Jahre hatte er bereits inves-tiert, um die dafür notwendigen Methoden zu entwickeln und es soll-te fast noch einmal solange dauern, bis der „Golden Rice“ 1999marktreif war. Potrykus emeritierte und scheut seitdem keine Anstren-gung, um seine Erfindung dorthin zu bringen, wo sie gebraucht wird.

Genetischer Bypass. Der Name Golden Rice bezieht sich auf diegelb-orange Färbung des Betakarotins. Vier Gene sind im Reis für sei-ne Produktion notwendig, doch in normalem Reis sind alle „still ge-

legt” und funktionslos. Eine Reaktivierung dieser Gene schien aus-sichtslos und so entschied man sich, einen „genetischen Bypass“ zu le-gen und installierte zwei neue Gene. Eines aus der Narzisse, welchesdann durch ein aktiviertes Mais-Gen ersetzt wurde, und eines aus demubiquitären Bodenbakterium Erwinia. Damit ist es 2005 gelungen,Sorten zu entwickeln, die bis zu 36 Mikrogramm pro Gramm Betaka-rotin enthalten – 20 Mal mehr als in den ersten Golden-Rice-Varian-ten von 1999. Und mehr als ausreichend, um damit den Bedarf vonKindern und Erwachsenen in Reis-abhängigen Regionen zu decken.

So weit, so gut. Doch Potrykus und das Projekt „Golden Rice“kämpfen seitdem gegen die Windmühlen nationaler Regulierungsbe-stimmungen. Dabei wollen sie mit Golden Rice nicht einmal großGeld verdienen, vielmehr ist das „Golden Rice“ als humanitäres Pro-jekt angelegt. Es handelt sich dabei um keine nur einmal verwendba-re Hybridsaat, die jedes Jahr nachgekauft werden muss. Statt dessenkann ein Teil der Ernte wieder zur Aussaat verwendet werden. KeineZusatzmittel müssten erstanden werden, an der Art und Weise des her-kömmlichen Anbaus würde sich also nichts ändern. Zudem könnendie Landwirte den Golden Rice selbst weiter züchten, so wie sie es mitden eigenen Landsorten seit jeher tun.

„Open Source Gene“. Dass Golden Rice de facto verschenkt wird,liegt an der einzigartigen Zusammenarbeit der Forscher mit mehr als30 Patenthaltern, die sich letztendlich bereit erklärten, insgesamt 72für die Entwicklung notwendige Patente freizugeben. Keines der betei-ligten Unternehmen plant Golden Rice zu kommerzialisieren. Vomprivaten Sektor entwickelte Varianten werden ebenso kostenlos zurVerfügung gestellt. Erst ab einem Jahreseinkommen von über 10.000Dollar muss eine Lizenz vom Hauptinvestor Syngenta erworben wer-den. Unterstützung bekommt das Golden Rice Project sogar von derGates-Foundation. „Staatliche Einrichtungen haben sich als inkompe-tent und unwillig erwiesen, wenn es darum geht, wissenschaftlichenErrungenschaften zu ihrer praktischen Anwendung zu verhelfen“,seufzt Potrykus.

Diese legen dem Golden Rice Project die letzten und größten Hür-den in den Weg. Denn für die Freisetzungszulassung muss zuerst nach-gewiesen werden, dass einem neuen Konstrukt eine regulativ sauberetransgene Insertion vorangegangen ist. Es muss also nachgewiesenwerden, dass das neue genetische Material nur einmal ins Wirtsgenomaufgenommen wurde und vieles mehr. Diese Nachweise bedeuten,dass gut 90 % der erfolgreichen Konstrukte wieder entsorgt werdenmüssen – darunter oft genug jene, die am meisten Betakarotin produ-zieren. Der Sicherheitstest an Tier und Mensch benötigt bis zu drei(weitere) Jahre. Der Sinn dieser Nachweise mag einleuchten. Die Tat-sache, dass die meisten Menschen mit den eingeführten Genen undihren Produkten schon ihr ganzes Leben lang in Berührung sind, wirdallerdings nicht in die Beurteilung einbezogen.

Im Laufe der Tests von Golden Rice verlangten Kritiker sogar, dassder Reis auf bekannte Narzissentoxine untersucht werden sollte. Unddamit ist die Liste der erforderlichen Tests noch lange nicht zu Ende.

Ingo Potrykus: „Mit dem Ruf nach immer weiteren Regulierungen spielen Gen-

tech-Gegner jenen vier Konzernen in die Hände, die sich eine transgene Entwick-

lung leisten können.“

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Für Potrykus sind diese Vor-sichtsmaßnahmen „Standards,die Sinn machten, als man sie inden 1970er Jahren einführte“.Fast 30 Jahre später habe mangenug Erfahrung im Umgangmit transgenem Material: Welt-weit werden in 21 Ländern 9Mio. ha mit GMO-Pflanzen be-wirtschaftet.

Statt der herrschenden Auf-lagen fordert Potrykus ein „ver-nünftiges Risikomanagement“:Seiner Ansicht nach sollten „dieeingeführten Eigenschaftenund nicht die dahinterstehendeTechnologie“ reguliert werden.Und: „Pathogene Bakterienund transgene Pflanzen lassensich nicht über den gleichenKamm scheren.“

Regulierungswut. In den letzten Jahren sind Gentech-Regulierungen weltweit schärfer ge-worden, wobei die EU hier Vorreiter ist. Diese Regulierungen entwickeln sich immer mehr zueinem Netzwerk kultureller und moralischer Wertvorstellungen, mit denen versucht wird,Konsumentenängsten vorzugreifen – mit dem Effekt, dass das Mehr an Regulierungen auchAngst vor dem „Regulierten“ schürt. Außerhalb der EU werden diese Vorschriften über denHandelsweg oder über internationale Abkommen den Schwellenländern aufoktroyiert. Sokönnten etwa indische Basmatireishersteller, die sich entschließen, Golden Rice zu vertreiben,von ihren Hauptabnehmern in der EU mit Boykott bedroht werden.

Dazu übersteigen die „Deregulationskosten“ die finanziellen Möglichkeiten eines staatli-chen Forschungsvorhabens bei weitem. Die Folge davon: Mehr als 200 transgene Pflanzen ausProjekten in den Entwicklungsländern werden wohl nie auf den Markt kommen. Auch die al-lermeisten privaten Entwickler steigen aus. „Weltweit können sich die transgene Entwicklungnur vier Unternehmen leisten“, sagt Potrykus. „Mit dem Ruf nach immer weiteren Regulierun-gen spielen Gentech-Gegner diesen wenigen großen Unternehmen in die Hände.“ Monsantoetwa investiert 10-15 Mio. Dollar, um ein Konstrukt durch die Regulationsmechanismen zubringen, für Golden Rice wird mit 20 Mio. Dollar gerechnet.

Dennoch, ein vorläufiges Ende ist für Potrykus 2012 in Sicht: Dann soll Golden Rice – zu-mindest auf den Philippinen – bei den Bauern sein, wenn dort die Deregulierung des GoldenRice abgeschlossen ist – knapp 30 Jahre nach dem Start des Projekts.

Wie viel Betakarotin der eigene Reis produziert, sieht man an der Farbe der Körner. Zuviel Betakarotin kann

man nicht zu sich nehmen.

Staatliche Einrichtungen haben sich als inkompetent und unwillig

erwiesen, wenn es darum geht, wissenschaftlichen Errungenschaften

zu ihrer praktischen Anwendung zu verhelfen.“

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Werben für Wasserstoff aus BiomasseProfactor – Österreichs größtes außeruniversitäres Forschungsunternehmen für Produktionstechnologien – lud zum „Biogas & Biowasserstoff“-Symposium nach Linz. Im Rahmen des EU-Projekts Hyvolution arbeitet Profactor derzeit gemeinsam mit 22 anderen Projektpartnern an der Wasserstoffherstellung aus Biomasse. Markus Zwettler

Profactor hat sich zuletzt insbesondere inder Aufbereitung von Biogas aus Biomasse unddie anschließende Einspeisung in das Erdgas-netz eine besondere Expertise erworben – dieerrichtete Pilotanlage dazu im oberösterreichi-schen Pucking war für Österreich wegweisend.

Als nächste Pionierleistung wollen dieOberösterreicher die Herstellung von Wasser-stoff aus Biomasse salonfähig machen. Ober-österreichs Landesrat Rudolf Anschober be-reitet den Forschern dazu den Teppich: „Wirhaben in Oberösterreich errechnen lassen,dass es bis 2030 möglich ist, die gesamteRaumwärme sowie den Strom aus erneuerba-ren Quellen zu erzeugen – die gesteckten Zie-le in Sachen Emissionsverminderung würdensich so sehr früh realisieren lassen. Wasserstoffaus Biomasse ist dazu nach der erfolgreichenEinspeisung von Biogas ins Erdgasnetz einweiterer Baustein.“

Derzeit werden noch rund 90 % des weltweit technisch erzeugtenWasserstoffs aus fossilen Kohlenwasserstoffen – insbesondere Erdgas

– gewonnen. Künftig soll das anders ausse-hen. Die Vision ist: Aus dezentralen, tech-nisch wenig aufwendigen Kleinanlagen soll„Biowasserstoff“ aus lokal produzierter Bio-masse generiert werden. 10-25 % des Was-serstoffbedarfs der EU zur Stromerzeugungoder für Treibstoffzwecke sollen künftig aufdiese Weise gedeckt werden können.

Im Rahmen des EU-Projekts „Hyvoluti-on“ – es ist mit 14 Mio. Euro dotiert, wovon10 Mio. Euro von der EU stammen – arbei-tet Profactor seit Anfang 2006 mit 22 Part-nern aus ganz Europa, Russland sowie derTürkei daran, die Kosten je kWh Strom ausBiowasserstoff bis 2020 auf 3,6 Cent zu sen-ken, was etwa ein Drittel der heutigen Be-zugskosten dieser Energieform darstellt.Werner Ahrer, der Leiter des Profactor-Ge-schäftsbereichs Prozesstechnologie, meint:„Wenn es uns gelingt, einige Prozent der

Stromerzeugung künftig durch mit Biowasserstoff gespeiste Brenn-stoffzellen zu gewinnen, dann wäre das schon ein toller Erfolg.“

Bei der Verbrennung von Gas in Motoren entstehen

35 % Strom und 50 % Wärme. Profactor hat eine

Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle getestet, bei der das

Verhältnis umgekehrt ist. Der Biowasserstoff wird da-

bei in einer elektrochemischen Reaktion in der Brenn-

stoffzelle in Strom und Wärme umgewandelt.

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Industriemesse für Forschung und Entwicklung,

Umwelt- und Verfahrenstechnik

in Pharma, Chemie und Biotechnologie

25. bis 28. September 2007 | Messezentrum Basel | Halle 1 | www.ilmac.ch

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Zugeschnitten auf die Bedürfnisse der pharmazeutischen und chemischen Industrie, sowie auf die Nahrungsmittel-, Getränke- und

Kosmetikindustrie. Die ILMAC zeigt das vollständige Angebot von Laborbedarf, Analytik und Biotechnologie über sämtliche verfahrens-

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Zweistufiger Prozess. Der besondere Vorteil der Biowasserstoff-Technologie: Im Gegensatz zur thermischen Verwertung kann hierdie Biomasse auch im nassen Zustand verwendet werden. Dabeikommt ein zweistufiger Prozess zur Anwendung: In einem thermo-philen Schritt entstehen Wasserstoff, Kohlendioxid sowie Zwischen-produkte, die in der anschließenden Photo-Fermentation ebenfalls zuWasserstoff und CO2 umgewandelt werden. Unterm Strich lässt sichmit diesem Verfahren ein Wirkungsgrad von annähernd 75 % errei-chen.

„Die Brennstoffzelle hat einen wesentlich besseren Verbrennungs-grad als herkömmliche Verbrennungsmotoren“, sagt Ahrer, „und als

Verbrennungsrückstand verbleibt nur Wasser.“ Letztlich gehe es dar-um, „geeignete Konversionstechnologien für wasserreiche Naturstof-fe zu finden“. Eine Verwendung des so erzeugten Wasserstoffs für dieMethanolherstellung hält er dagegen nicht für ökonomisch.

Aktuell arbeitet Profactor am Prototyp eines 0,5 m3 großen Biore-aktors, der auf dem Verfahren der Dunkelfermentation beruht. 2008soll er in Steyr in Betrieb gehen. Als biogene Substrate kommen da-für etwa Miscanthus, Zuckerhirse, Kartoffelschalen sowie diverseObst- und Gartenabfälle in Frage. Für die zweite Stufe des Prozesses– die Photo-Fermentation – wird in Aachen eine entsprechende An-lage errichtet.

Die Kölner amaxa AG wird das dreijährige EU-Projekt MO-DEST-EU zur Entwicklung eines Ultra-Hochdurchsatz-Gerätes fürdie Transfektion von Primärzellen koordinieren. Mit dabei sind auchdie Wiener Neustädter Fotec sowie die burgenländische HTP HighTech Plastics. Die dabei angewendete Nucleofector-Technologie istdas erste Verfahren, das einen effizienten Transfer bioaktiver Mole-küle wie DNA, siRNA oder kleiner Moleküle nicht nur ins Cyto-plasma, sondern auch direkt in den Zellkern von Zelllinien und Pri-märzellen bewirkt. Sie kombiniert vom Nucleofector-Gerät erzeugteElektroporationsparameter mit entsprechenden Reagenzien, die aufden jeweiligen Zelltyp abgestimmt sind. Die EU fördert das Projektmit 2,75 Mio. Euro; Fotec ist dabei für die Entwicklung des Produk-tionsprozesses von Mikrotiterplatten zuständig, HTP wird bei derPrototyp-Entwicklung dieser Mikrotiterplatten mitwirken.

Nucleofector ermöglicht Hochdurchsatz-Screening transfizierter und ausdiffe-

renzierter Primärzellen.

Ultra-Hochdurchsatz zur Transfektion von Primärzellen

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Thermo Fisher Scientific hat den sta-pelbaren Schüttler MaxQ 6000 vorge-stellt. Das Gerät ähnelt einem Inkubatormit 2 verstellbaren Tablaren. Die beheiztoder gekühlt erhältlichen Schüttlereignen sich für die Plasmidreinigung,Proteinexpressionsstudien, Genetikfor-schung, Löslichkeitsstudien, Bakterien-und Hefewachstum sowie Stoffwechsel-arbeiten. Sie werden von einem dreifachexzentrischen Motor angetrieben, derschwere Lasten bewegen kann, einegleichmäßige Bewegung leistet und 24-h-Dauerbetrieb ermöglicht. Die Tempera-tur reicht in der beheizten Kammer von10 bis 80 °C, in der gekühlten Kammervon 15 bis 80 °C – damit wird eine wei-ter Bereich an Molekularbiologie-Appli-kationen abgedeckt. In den Türen derneuen Schüttler befindet sich ein großesGlasfenster, durch das die Proben beob-achtet werden können, ohne die Atmo-sphäre im Inneren der Kammer zu stö-ren. Die stapelbaren Geräte können ein Tablar von 457 x 457 mm für bis zu fünf 2-l-Erlenmeyerkolben bei einem Schüttelradius von 19 mm aufnehmen. Mit einemzweistufigen 457 x 457 mm Tablar kann die Kapazität des Gerätes noch erhöht wer-den. Geschwindigkeit, Laufzeit und Temperatur werden gleichzeitig im Display an-gezeigt. www.thermo.com/maxq

Stapelbarer Schüttler von Thermo Fisher Scientific

Stapelbare Schüttler erhöhen die Laboreffizienz.

Mit den neuen Präzisions- und Analy-senwaagen der Premium-Serie Atilonverspricht die Sartorius-Tochter Acculabgenaue und schnelle Messergebnissedank „anwendungsorientierter Ausstat-tung“. Die Atilon-Serie umfasst 12 Mo-delle, die wahlweise mit interner, motor-betriebener Justiergewichtsschaltung undmit Eichung ab Werk erhältlich sind.Über ein einfaches Menü lassen sichzahlreiche Einstellungen und Anwen-dungsprogramme auswählen. Dazu ge-hören neben dem Zählen, Prozentwägen,Verrechnen, Summieren und Netto-Total

auch dynamisches Wägen, Dichtebestimmung sowie der Wechsel von 23 Einhei-ten. Mit 4 digitalen Filterstufen lassen sich die Geräte an die Umgebung anpassen.Das Bedienfeld ist mit großen Tasten und hinterleuchteten Display ausgestattet,das Gehäuse aus ABS-Kunststoff und die Waagschalen und -böden aus Edelstahllassen sich einfach reinigen. Um voluminöseren Proben gerecht zu werden, sind 6Modelle mit quadratischen Schalen mit Seitenlängen von 180 x 180 mm ausgestat-tet. Einen stabilen Stand garantieren dabei zusätzliche Stellfüße. Alle Modelle ver-fügen über eine bidirektionale RS232-Schnittstelle, die eine Weiterverarbeitungder Daten sowie eine ISO/GPL-konforme Protokollierung der Vorgänge ermög-licht. www.acculab.com

Neue Premium-Waagen von Acculab

Der Wägebereich reicht von 80-8.200 g bei einer

Ablesbarkeit von 0,1 mg bis 0,1 g.

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Im Zuge der Weiterentwicklung der Laufzeitmessverfahren bringt Endress+Hau-ser das neue Ultraschallmessgerät Prosonic M FMU44 auf den Markt. Es verfügtüber einen Messbereich von 20 m bei einer Blockdistanz von nur 0,5 m. Der Sen-sor ist erhältlich in Zwei- oder Vierdraht-Ausführung mit 4…20 mA Stromausgangund HART als Kommunikation im Standard. Der FMU44 wird menügeführt be-dient, ermöglicht die Inbetriebnahme aus der Ferne sowie die Anzeige des Signal-verlaufs als Hüllkurve auf dem Display. Er bietet einen Einsatztemperaturbereichvon -40 bis +80 °C, ist überflutungssicher und geeignet für den Einsatz in explosi-onsgefährdeten Bereichen, also etwa Puffer-, Prozess- und Rührwerksbehälter.

Die Füllstand-grenzschalter derReihe Soliphant Mwiederum wurdenspeziell für denEinsatz in feinkör-nigen und staub-förmigen Schütt-gütern ab einemSchüttgewicht von10 g/l entwickelt.Dank einer neuen Sensortechnologie stellen dabei Mediumstempe-raturen bis 280 °C kein Hindernis dar. Durch ETFE- und PTFE-Beschichtungen der Oberfläche sind korrosive und abrasive Medienwie Getreide, Mehl, Zucker, Gips oder Zement typische Anwen-dungsbereiche; für Lebensmittelapplikationen können alle medi-umsberührten Sensoroberflächen poliert (Rauigkeit: 0,8 µm) ange-boten werden. www.at.endress.com

Neue Füllstandmessgeräte von Endress+Hauser©

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Prosonic M wurde für aggressive Medien (li.), Soliphant M für Schüttgüter

verbessert.

Einzigartig in Österreich

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www.iir.at/Bio-Verpackungen.html

13. bis 14. November 2007, NH Danube City, Wien

Bio-VerpackungenNachwachsende Rohstoffe als ernsthafte Alternative zu fossilen Rohstoffen

Medienpartner:

Kontakt: Mag. Doris Kropacz, Tel.: +43 (1) 891 59 - 323, e-mail: [email protected]

Mit Beiträgen von:

European Bioplastics • SPAR Österreich • REWE Austria AG • GRAFE Adcanced

Polymers GmbH • Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung •

Pro-Tech GmbH Biologische und Technische Produkte • Innovia Films •

FKuR Kunststoff GmbH • u.v.a.

• Nachfrage und Angebot: Sind Biopolymere in ausreichender Menge verfügbar?

• Einsatzfähigkeiten: Sind Stärke, PLA und Cellulose fossilen Rohstoffen ebenwürdig?

• Werbewirksamkeit: Ideologisch einfärben mit Bio-Farben

• Vorschriften, Vorgaben, Normen – Von der Rohstoffgewinnung bis zum Recycling

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In der Pipeline ist ...ÜBERPRÜFT – GETESTET – VOR DEM ROLLOUT.

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>>Novelos bremst Ovarialkarzinom

in Phase II

Novelos Therapeutics erzielte viel verspre-chende Ergebnisse in einer Phase-II-Studiemit NOV-002 + Carboplatin bei Patientinnenmit platinresistentem Ovarialkarzinom. Bis-her konnten 10 Patientinnen hinsichtlich desbesten Gesamttumoransprechens ausgewer-tet werden, bei denen zuvor 3 Chemothera-piereihen versagt hatten und mit der viertenbegonnen wurde. Eine Patientin zeigte par-tielles Ansprechen, bei 5 Patientinnen stabi-lisierte sich die Krankheit und bei 4 Patien-tinnen wurde ein Fortschreiten festgestellt.NOV-002 war gut verträglich, was das Si-cherheitsprofil von NOV-002, das sich be-reits in vorherigen Erprobungen gezeigt hatte,weiter untermauert. www.novelos.com

>>Biotest mit Antikörpern in Plan

Der von der Biotest AG entwickelte monoklo-nale Antikörper BT-061 hat sich in Phase Ials sehr gut verträglich erwiesen. Bei ver-schiedenen Dosierungen traten keine rele-vanten Nebenwirkungen auf. Weitere Ergeb-nisse zur Wirksamkeit von BT-061 bei rheu-matoider Arthritis und Psoriasis sollenAnfang 2008 vorliegen. Auch die Entwick-lung der beiden anderen monoklonalen Anti-körper von Biotest schreitet voran: BT-062soll sich beim Multiplen Myelom im erstenHalbjahr 2008 klinisch bewähren. Bei BT-063 arbeitet Biotest am Herstellungsverfah-ren. Dieser monoklonale Antikörper neutrali-

siert einen Zellwachstumsfaktor, der einewichtige Rolle bei der Systemischen LupusErythematodes spielt, einer chronischen Au-toimmunerkrankung. www.biotest.de

>>Wyeth übernimmt BeneFIX-Vertrieb

Wyeth Pharma übernimmt von Baxter dieVermarktung des einzigen rekombinantenFaktor IX-Präparats BeneFIX (Nonacog alfa)in Europa. Damit ist Wyeth Pharma mit sei-nen Produkten BeneFIX und ReFacto der ein-zige Anbieter rekombinanter Blutgerinnungs-faktoren zur Behandlung von Hämophilie Bund A. Wyeth Pharma will demnächst einweiter optimiertes BeneFIX-Präparat einfüh-ren, das die Therapie der Hämophilie B fürPatienten und Ärzte nochmals verbessert.

www.wyeth.de

>>Sutent verlängert

Überleben bei Nierenkrebs …

Pfizer hat mit dem Multi-Kinasen-InhibitorSutent (Sunitinib Malate) in Phase III eineverlängerte progressionsfreie Überlebenszeitals Erstlinienbehandlung des fortgeschritte-nen Nierenzellkarzinoms (RCC) erzielt. DieAnalyse der randomisierten Studie mit 750zuvor unbehandelten RCC-Patienten ergab,dass Sutent im Vergleich zu IFN-α eine na-hezu doppelt so lange Überlebenszeit (11vs. 5,1 Monate) erzielte. Sutent erreichtezudem im Vergleich mit IFN-α eine signifi-kante Verbesserung der objektiv messbarenAnsprechrate. Pfizer wird Sutent in weiteren

fortgeschrittenen Nierenkrebs-Untergrup-pen untersuchen. www.pfizer.com

>>… ebenso wie Avastin Nierenkrebs

Durch die Beigabe des AngiogenesehemmersAvastin (Bevacizumab) zu einer Interferon-therapie können RCC-Patienten ihre Lebens-zeit ohne Fortschreiten der Krankheit verdop-peln (von Ø 5,4 auf 10,2 Monate) – gemes-sen an der Behandlung mit Interferon allein,so das Resultat der Phase-III-Studie AVO-REN, die doppelblind und randomisiert an649 Patienten in 18 Ländern durchgeführtwurde. Die Tumoransprechrate erhöhte sichdabei mit Avastin von 12,8 auf 31,4 %. DieStudie zeigte auch einen Trend zu verbesser-tem Gesamtüberleben. Basierend auf diesenDaten hat Roche der EMEA einen Zulas-sungsantrag unterbreitet. www.roche.com

>>Affiris-Impfstoff geht in Phase I

Der Alzheimer-Impfstoff Affitope AD01 derWiener Affiris hat die Phase der klinischenEntwicklung erreicht. Alle regulatorischenund behördlichen Genehmigungen sind er-teilt, das Medikament wird jetzt erstmals amMenschen getestet. Affiris vereinbarte imApril 2006 mit den Münchener MIG-Fondseine Venture-Kapital-Finanzierung über 8,5Mio. Euro. In der Phase-I-Studie sollen bis zu24 Alzheimer-Patienten geimpft werden. DiePatienten werden über einen Zeitraum von 3Monaten viermal geimpft und in der Folgewird die Sicherheit und Verträglichkeit des

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Impfstoffes 6 Monate lang beurteilt. Die Stu-die wird am AKH Wien durchgeführt und sollinnerhalb eines Jahres abgeschlossen wer-den. Gelingt der Nachweis eines vorteilhaftenSicherheits- und Verträglichkeitsprofils, sollbereits 2008 die Phase II beginnen.

www.affiris.com

>>Darmkrebs-Früherkennung optimiert

Epigenomics hat mit dem Abschluss der Ar-beiten an verbesserten blutbasierten Krebs-Früherkennungstests einen Meilenstein er-reicht. Ein Darmkrebs-Früherkennungstest istnun für den Transfer in ein Referenzlabor be-reit. Schon im Dezember 2006 konnte ge-zeigt werden, dass der Biomarker Septin 9dazu geeignet ist, Darmkrebs patienten-freundlich und zuverlässig in Blutplasmanachzuweisen. Jetzt wurden die Verarbeitungder Patientenproben und die Messung desBiomarkers verbessert, die Materialkostenum 70 % gesenkt und die notwendige Ge-samtzeit zur Durchführung des Tests deutlichverkürzt. Zudem wurde die Anzahl der Pro-ben, die von einem Laboranten gleichzeitigverarbeitet werden kann, verdoppelt. DieAufreinigung der DNA aus den Proben unddie Durchführung des eigentlichen Tests sindnun mit den gängigen Laborautomatisie-rungs-Lösungen kompatibel, was eine weite-re Steigerung des Testdurchsatzes für Mas-senanwendungen erlaubt.

www.epigenomics.de

>>Nexavar erobert Leberkrebs

Der bereits zur Behandlung von Nierenkrebszugelassene Multi-Kinase-Hemmer Nexavar(Sorafenib) kann die Gesamtüberlebenszeitbeim Leberzellkarzinom (HCC) um 44 %verlängern, so eine internationale Phase-III-Studie von Bayer HealthCare und Onyx an

602 HCC-Patienten, die zuvor noch keinesystemische Therapie erhalten hatten. Die ØGesamtüberlebenszeit betrug bei den mitNexavar behandelten Patienten 10,7 Mona-te im Vergleich zu 7,9 Monaten bei Patien-ten, die Placebo erhielten. Jetzt hat Bayerbei der EMEA den Zulassungsantrag für Ne-xavar zur Behandlung des Leberzellkarzi-noms gestellt. Walter Wurzer, Leiter der Bay-er Business Unit Oncology in Österreich, istüberzeugt, dass „Sorafenib einen bedeuten-den Fortschritt für Leberkrebs-Patienten“darstellt. www.nexavar.com

>>Erstes Kind in Indien

mit Intercells JE-Impfstoff geimpft

Intercell hat gemeinsam mit Biological E.Ltd. die pädiatrische Phase-II-Studie für In-tercells Impfstoff gegen Japanische Enzepha-litis in Indien gestartet. Darin sollen die Do-sierung, Sicherheit und Immunogenität desImpfstoffs mit dem lokal erhältlichen koreani-schen Impfstoff, der auf Maushirn hergestelltwird, verglichen werden. Der neue auf Zell-kultur basierende JE-Impfstoff soll in Asien2009 eingeführt werden. Das JE-Virus wirddurch Moskitos übertragen, löst bei Men-schen Enzephalitis aus und stellt für 3 MrdMenschen in Asien eine Bedrohung dar.Kürzlich abgeschlossene Phase-III-Studienzeigten ein günstiges Sicherheits- und Immu-nogenitätsprofil dafür. Der in eigenen Produk-tionsanlagen in Schottland hergestellte Impf-stoff baut nicht auf lebendigen Organismen,sondern auf Gewebekulturen auf und hat zu-dem keine Stabilisatoren oder Konservie-rungsmittel. Die Vertriebsrechte dafür liegengroßteils bei Novartis. www.intercell.com

>>Cholesterin: Phase-II-

Studie mit LCP-AtorFen

LifeCycle Pharma startete eine Phase-II-Stu-die mit LCP-AtorFen, einer festdosiertenKombination von Atorvastatin+Fenofibrat,zur Behandlung von zu hohem Cholesterin-spiegel. Die Doppelblind-Studie soll LCP-AtorFen mit Lipitor und Tricor bei rund 200Patienten mit gemischter Dyslipidämie 12Wochen lang vergleichen, gefolgt von einereinjährigen, offenen Verlängerung der Studie.Bei zu hohem Cholesterinspiegel werden üb-licherweise Statine empfohlen, doch habendiese nur begrenzt Einfluss auf HDL-C undTriglyzeride. Sie werden daher häufig mit an-deren Wirkstoffen – etwa mit Fenofibrat –kombiniert. Das führende Statin ist Pfizers Li-pitor (Atorvastatin). www.lcpharma.com

>>Hochsensitiver Trichinellose-Test

Prionics hat mit dem „PrioCHECK Trichinel-la Ab“ einen hochgradig sensitiven und

spezifischen Test zur Erkennung von Trichi-nella spp. bei Schweinen entwickelt. Trichi-nella zählt zu den bedeutendsten vom Tierauf den Menschen übertragbaren Krankhei-ten und die EU prüft derzeit effizientereÜberwachungsprogramme. Der neue ELI-SA-Test identifiziert Antikörper in Serums-und Fleischproben infizierter Schweine miteiner Larvendichte von nur 0,02 Larvenpro Gramm Muskel. Die heute routinemä-ßig angewandte Methode der künstlichenVerdauung von Fleischproben nach derSchlachtung ist aufwendig und relativ un-sensitiv im Vergleich zu PrioCHECK Trichi-nella Ab, der zudem keine Kreuzreaktivitätmit anderen bei Schweinen verbreitetenParasiten zeigt. www.prionics.com

>>Virus eliminiert

gezielt Lebermetastasen

MediGene hat erste Wirksamkeitsdatenaus Phase I/II mit dem onkolytischenHerpes-Simplex-Virus NV1020 gemeldet.Sie geben Hoffnung, mit den Viren erfolg-reich Lebermetastasen bei Dickdarm-krebs behandeln zu können. Das krebs-zerstörende Virus NV1020 habe vielver-sprechende Ergebnisse bei derBehandlung eines Patienten in einer an 7US-Zentren durchgeführten Studie mitbisher 18 Teilnehmern erzielt. Bei diesemhatten sich 10 Metastasen um die Leberherum und 4 in der Lunge gebildet. 6Monate nach der Behandlung mitNV1020 seien die Leber-Metastasen desPatienten nahezu verschwunden, der Pa-tient habe nach der Gabe des Medika-ments (4 wöchentliche Infusionen) undeiner gängigen Chemotherapie noch 12Monate lang gelebt. www.medigene.de

>>RA: Actemra-Monotherapie

überzeugt

Auch die vierte der insgesamt 5 Phase-III-Studien mit dem neuartigen Interleu-kin-6-Rezeptor-Hemmer erreichte denprimären Endpunkt: Die AMBITION-Stu-die – 673 Patienten an 252 Prüfzentrenin 18 Ländern nahmen daran teil – hatdie Sicherheit und Wirksamkeit vonActemra (Tocilizumab) als Monotherapiegeprüft. Untersucht wurde es im Ver-gleich zu Methotrexat, einer wirksamenStandardbehandlung bei Patienten mitaktiver RA. Die Daten zeigen, dass mehrPatienten aus der Gruppe mit Actemra (8 mg/kg) eine Verbesserung der Krank-heitssymptome im Verlauf der 24-wöchi-gen Therapie erreichten (ACR-Response-Kriterien) als jene aus der Gruppe mitMethotrexat allein. www.roche.com

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Im Jahr 1990 hatte der Durchschnitts-Pkw

einen Kunststoffanteil von neun Prozent. Heute

beträgt er schon bis zu 20 Prozent.

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