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Stefan Muckel, Lukas Hentzschel, Aiman Mazyek, Bekir Alboğa, Nushin Atmaca, Lydia Nofal, Ehrhart Körting
ARBEITSPAPIER RELIGION UND POLITIK 4
DIE FINANZIERUNG
MUSLIMISCHER
ORGANISATIONEN IN
DEUTSCHLAND
INHALT
VORWORT DES HERAUSGEBERS
DietmarMolthagen
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER
FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
StefanMuckel,LukasHentzschel
DIE HEUTIGE FINANZIERUNG DES ZMD UND MÖGLICHKEITEN DER
WEITERENTWICKLUNG
AimanMazyek
FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
FINANZIERUNG RELIGIÖSER UND SOZIALER DIENSTE DER DİTİB
BekirAlboğa
FINANZIERUNGSFRAGEN AUS SICHT EINER KLEINEREN MUSLIMISCHEN
ORGANISATION AM BEISPIEL DES LIBERAL-ISLAMISCHEN BUND
NushinAtmaca
GRÜNDUNG EINER ISLAMISCHEN STIFTUNG BERLIN ZUR TRANSPARENTEN
FINANZIERUNG DES ISLAMISCHEN LEBENS
LydiaNofal
DIE LEGENDE VON EINER UMFASSENDEN STAATLICHEN FINANZIERUNG
CHRISTLICHER GLAUBENSVERMITTLUNG
EhrhartKörting
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3INHALT
4 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
VORWORT DES HERAUSGEBERS
Dr. Dietmar Molthagen
WiewirdmuslimischesLebeninDeutschlandfinanziert?ÜberdieseFragewirdseitJahrenviel
undkontroversdiskutiert.MehrereDebattensträngehabensichdabeiherausgebildet:Zuletzt
lautergewordenistdieersteDebatteübereineFinanzierungausdemAusland.Gegenüber
Geldern,dieausdemAusland indeutscheMoscheen,Verbändeoderanderemuslimische
Organisationenfließen,bestehenVorbehalte,damanexterneEinflussnahme,imschlimmsten
FallsogarRadikalisierungstendenzenbefürchtet.AndererseitssindfinanzielleVerbindungenvon
KirchenoderReligionsgemeinschaften–diesichselbstjastetsalsinternationalverstehen–seit
JahrenPraxisundwerdenbeinichtmuslimischenGemeindenseltenbisniethematisiert.
EinezweiteDebattewirdüberdieFrageeineröffentlichenFinanzierungfürmuslimische
Organisationen geführt. Muslimische Organisationen wünschen sich eine öffentliche An-
schubfinanzierungundverweisenaufdiehohenErwartungen,dieansieinBezugaufsoziale
Dienste,Jugendarbeit,Deradikalisierung,SeelsorgeundÖffentlichkeitsarbeitgestelltwerden.
EineProfessionalisierungheutevorallemehrenamtlicherbrachterLeistungenvonMoscheen
undmuslimischenOrganisationenbedürfeebenauchentsprechenderFinanzmittel.Kritiker
diesesAnsinnensverweisendemgegenüberaufdiereligiös-weltanschaulicheNeutralitätdes
Staates,dereineöffentlicheFinanzierungvonReligionverbiete.Andererseitsgibtesdirekte
Finanzbeziehungen zwischen Staat und Kirche in Form der Staatsleistungen und indirekte
überdie vielfältigenKooperationsbeziehungen zwischenKirchen,Religionsgemeinschaften
undStaat.
DiedritteDebattekreistumdieFrage,wiedieeigeneFinanzierungvonmuslimischenGe-
meinschaftenorganisiertwerdensoll.WünschenVerbändeüberhauptdieEinführungeiner
Art„Moscheesteuer“analogzurKirchensteuer,wennmandenKörperschaftsstatuserhielte?
ÜberaktuelleFinanzierungsmodelleundderenVeränderungsbedarfwirdnichtzuletztinner-
muslimischeintensivdiskutiert.
DieFragenachderFinanzierungmuslimischenLebensberührtsomitvieleAspekte:rechtliche
Fragenebensowiepolitische,innermuslimischegenausowiegesamtgesellschaftliche.Diese
AspektespiegelnsichauchindenverschiedenenArtikelndiesesBandes.GeradeweildasThema
sovielschichtigist,hatsichdieFriedrich-Ebert-Stiftungentschieden,mehrereAutorinnenund
AutorenumBeiträgezubitten,dieindiesemBandzusammengestelltsind.
WirkönnenundwollennichtmiteinemGutachtentextEmpfehlungengeben,dasThemain
dieseroderjenerWeisezubearbeiten.WirwollenvielmehrdieDebattesichtbarmachenund
Ideenzusammentragen,wiedieFinanzierungmuslimischenLebensinZukunftausgestaltet
werdenkann.Dennes isteineFragederGerechtigkeit,dassmuslimischeGemeinschaften
gleicheRechteundPflichtenwieandereReligionsgemeinschaftenhaben.Esistaberauchim
Interessealler,dassmuslimischeOrganisationeninderLagesind,ihreAufgabenkompetent
undqualitativhochwertigerledigenzukönnen.DennsieleistenspezifischeBeiträgebeider
Integration Geflüchteter, in der muslimischen Jugendarbeit, für den bisweilen konfliktiven
öffentlichenDialogzuislambezogenenFragen–undweitereBeispieleließensichaufzählen.
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DieserBandsolldieDiskussionstrukturierenundversachlichen.ErhältzudemeinigeIdeen
fest,vondenenwirglauben,dasssieeswertsindweiterdiskutiertzuwerden.IndiesemSinn
wünscheichdemBandvieleinteressierteLeserinnenundLeserundfruchtbareDiskussionen
fürdiezuletztinsStockengerateneIntegrationislamischerGemeinschaftenindasdeutsche
ReligionsverfassungsrechtundeineLösungderdrängendenFinanzfrageninvielenmuslimischen
Organisationen.
Dr.DietmarMolthagen
Friedrich-Ebert-Stiftung,ForumBerlin
ArbeitsbereichReligionundPolitik
VORWORT
6 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER
FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND*
Prof. Dr. Stefan Muckel, Lukas Hentzschel
A) EINFÜHRUNG
DieFinanzierungmuslimischenLebens,insbesonderemuslimischerVereinigungeninDeutsch-
landmussimKontextdesallgemeinenReligionsverfassungsrechtsgesehenwerden.Dasver-
fassungsrechtlicheGebotderGleichbehandlunginreligiöserHinsicht(diesog.staatskirchen-
rechtlicheParität),dasGebotderreligiös-weltanschaulichenNeutralitätdesStaatesundseine
Säkularität lassen einen anderen rechtlichen Ansatzpunkt nicht zu. Es geht also nicht nur
umdieFinanzierungmuslimischenLebensundmuslimischerVereinigungen.Esgehtumdie
FinanzierungreligiösenLebensundreligiöserVereinigungen.SoweitsichdabeiausGründen,
dieindenmuslimischenVereinigungenoderbeidensonstigenAkteurenliegen,Besonderheiten
ergeben,müssensierechtlicheigenständigbewertetwerden.AbereinSonderrechtfür(oder
gegen)MuslimelässtdasGrundgesetznichtzu.
Dabeihandeltessichumeinsensibles,rechtspolitischwiejuristischschwierigesThema.Dazu
passtimÜbrigen,dassdieKirchenfinanzenhierzulande,zumaldiestaatlicheFörderungder
Kirchen,einReizthema1bildeten,demeinnichtunerheblichesMissbehagenvielerBeobachter
zugrundeliegt.2SchonvormehralszweiJahrzehntenglaubtenFachleutedaher,esgehevor
allemdarum,denhergebrachtenZustandeinerauchstaatlichenFörderungvonKirchenund
Religionrechtfertigenzumüssen.3DarinähneltdiedamaligeSituationmöglicherweisederje-
nigenheute,dieallerdingsinihremreligiös-gesellschaftlichenSubstratsehrvielheterogener
geworden ist. Die multireligiöse Gesellschaft – vor Jahren für manchen noch ein Schreck-
gespenst,dasesabzuwehrengelte4–istlängstWirklichkeitgeworden.Sostellensichalte
FragenuntergeändertenRahmenbedingungenneu.
[1] * Der Beitrag geht zurück auf eine Stellungnahme des erstgenannten Verfassers imRahmenderVeranstaltung„FinanzierungmuslimischenLebensinDeutschland“,dieam16.10.2017imRahmender„WerkstattReligionundPolitik“derFriedrich-Ebert-StiftunginBerlinstattfand.BeideVerfasserarbeitenamInstitutfürKirchenrechtderUniversitätzuKöln.D. Pirson, Die Förderung der Kirchen als Aufgabe des säkularen Staates, in: Marrè/Schümmelfeder(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche(28),1994,S.83(83).
[2] D. Pirson,DieFörderungderKirchenalsAufgabedessäkularenStaates,in:Marrè/Schümmelfeder(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche(28),1994,S.83(84).
[3] D. Pirson,DieFörderungderKirchenalsAufgabedessäkularenStaates,in:Marrè/Schümmelfeder(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche(28),1994,S.83(84).
[4] Vgl.nurJ. Isensee,Diskussionsbeitrag,in:Marré/Stüting(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche(20),1986,S.126f.;Lorenz,Diskussionsbeitrag,ebd.,S.131;Tettinger,Diskussionsbeitrag,ebd.,S.132f.;dezidierta.A.schondamalsH. Weber,Diskussionsbeitrag,ebd.,S.133f.–alleinAuseinandersetzungmitdenThesenvonA. Albrecht,ReligionspolitischeAufgabenangesichtsderPräsenzdesIslaminderBundesrepublikDeutschland,ebd.,S.82ff.(196,pass.).
7RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
B) RECHTLICHE ECKPUNKTE UND STATUS QUO DER FINANZIELLEN FÖRDERUNG VON RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN DURCH DEN STAAT
I. STAATLICHE FÖRDERUNG VON RELIGION UND RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN
1. Staatsleistungen
WerüberstaatlicheReligions-undKirchenförderungimAllgemeinennachdenkt,wirdzunächst
indieVerfassungschauenunddortdieRegelungenüberdie–bisherbeiweitemnichtvollständig
abgelösten–StaatsleistungennachArt.140GGi.V.m.Art.138Abs.1WRVindenBlicknehmen.
DanachwerdendieaufGesetz,VertragoderbesonderenRechtstitelberuhendenStaatsleistungen
andieReligionsgesellschaftendurchdieLandesgesetzgebungabgelöst.BeidiesenStaatsleistun-
genhandeltessichumDotationen(diezurBestreitungvonPersonalkostenundSachausgaben
fürdieallgemeinekirchlicheVerwaltungdienen),Pfarrbesoldungs-undVersorgungszuschüsse
zurSicherstellungangemessenerBezüge,KatasterzuschüsseundBaulastenstaatlicherVerwal-
tungsträgerfürkirchlicheGebäude.5ZweckdesArt.138WRVsolltedieAufrechterhaltungder
vermögensrechtlichen Stellung der Kirchen bis zur Neuregelung der finanziellen Verhältnisse
zwischen Staat undKirche sein.6 Vor allemweil damit Entschädigungsleistungen für dieVer-
lustederKirchenindergroßenSäkularisationvon1803verbundensindundabgelöstwerden
müssten,somitalso–nachherrschenderMeinung–ganzerheblicheZahlungenvonstaatlicher
Seiteerbrachtwerdenmüssten, istes zudieserAblösungnichtgekommen.Fürmuslimische
ReligionsgemeinschaftenstelltsichdiesesProblemnicht.DaaberderAblösungsauftraginArt.
140GGi.V.m.Art.138Abs.1WRVeinerNeubegründungvonStaatsleistungennichtentgegen
steht7,könnenaufvertraglicherGrundlage(bishervorallemstaatskirchenvertraglicherGrundla-
ge)neueStaatsleistungenbegründetwerden.DasistinderjüngerenVergangenheitnichtselten
geschehen,auchzugunstenvonnichtchristlichenReligionsgemeinschaften.Beispielefürsolche
neubegründeteLeistungenbildendieinmehrerenVerträgenvereinbartenZuschüssederLänder
anjüdischeGemeinden.8AuchderStaatsvertragzwischenderBundesrepublikDeutschlandund
demZentralratder Juden inDeutschlandausdemJahre20039 enthältdieVerpflichtungder
BundesrepublikzurZahlungeinesbestimmtenBetrages10zurErhaltungundPflegedesdeutsch-
jüdischenKulturerbesundzumAufbaueinerjüdischenGemeinschaftinDeutschland11.
[5] ImEinzelnenvgl.J. Isensee, in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepublikDeutschland,Bd.1,2.Aufl.1994,S.1009(1021f.);T. P. Wehdeking,DieKirchengutsgarantienunddieBestimmungenüberLeistungenderöffentlichenHandandieReligionsgesellschaftenimVerfassungsrechtdesBundesundderLänder,1971;M. Droege,StaatsleistungenanReligionsgemeinschaftenimsäkularenKultur-undSozialstaat,2004.
[6] G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepublikDeutschland,Bd.1,2.Aufl.1994,S.867(868).
[7] NäherS. Muckel,in:Friauf/Höfling(Hrsg.),BerlinerKommentarzumGG,Art.140/Art.138WRVRn.29ff.m.w.N.
[8] AusführlichdazuH. Weber,StaatsleistungenanjüdischeReligionsgemeinschaften,in:Osterloh/Schmidt/Weber(Hrsg.),Staat,Wirtschaft,Finanzverfassung.FSf.Selmer,2004,S.259ff.
[9] Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden inDeutschland–KörperschaftdesöffentlichenRechtsv.27.1.2003,BGBl.IS.1597.
[10]DerursprünglichvereinbarteBetrag inHöhevon3Mio.EURwurde2008auf5Mio.EURerhöht,Art.1derAnlagezumGesetzzumVertragvom3.März2008zwischenderBundesrepublikDeutschlandunddemZentralratderJudeninDeutschland–KörperschaftdesöffentlichenRechts–zurÄnderungdesVertragesvom27.Januar2003zwischenderBundesrepublikDeutschlandunddemZentralratderJudeninDeutschland–KörperschaftdesöffentlichenRechts,v.10.12.2008,BGBl.IS.2398.
[11]Vgl.C. D. Classen,Religionsrecht,2.Aufl.2015,Rn.613.
8 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
2. Subventionen
Religionsgemeinschaften–bisherallenvorandiechristlichenKirchen–werdenvomStaat
finanziell inerheblichemUmfangbezuschusst.DazuzählenzunächstLeistungenbeiderEr-
füllungsog.gemeinsamerAngelegenheiten(z.B.ReligionsunterrichtanöffentlichenSchulen,
theologischeFakultätenanstaatlichenUniversitäten,Militär-undAnstaltsseelsorge),wohin-
gegen Zahlungen zur Unterhaltung kirchlicher Krankenhäuser, Kindergärten, Privatschulen
u.a.,alsofürEinrichtungen,durchdiedieReligionsgemeinschaftendenStaatbeiderErfüllung
ihmobliegenderAufgabenentlasten,nurineinemsehrweitverstandenenSinnezudenSub-
ventionengezähltwerdenkönnen.EshandeltsicheherumKostenerstattungen,diedieReligions-
gemeinschaften–bisherauchhiervorallemdieKirchen–fürdieWahrnehmungvonAufgaben
erhalten,diedemGemeinwohl ineinem(auch)staatlichdefiniertenSinnezugutekommen.
DiestaatlicheFörderungbestehtnichtzuletztdarin,dassdasRecht,inmanchenBereichen
(etwafürprivateSchulengem.Art.7Abs.4und5GGdasVerfassungsrecht)denReligions-
gemeinschaftenermöglicht,diebetreffendenAufgabenanstelledesStaateswahrzunehmen.
VerzichtetmanaufderleiDifferenzierungen(wieesinderLiteraturnichtseltengeschieht12)
lassen sichpositiveundnegativeSubventionennennen,diederStaatanReligionsgemein-
schaftenerbringtfürAktivitätenimgesellschaftlichenRaum:
ZudenpositivenSubventionenwerdenu.a.gezähltZuschüssefürkirchlicheKrankenhäuser
und Kindertagesstätten, Hochschulen und für die Denkmalpflege. Negative Subventionen
stellenSteuer-,Gebühren-undKostenbefreiungendar.SounterliegenPersonenvereinigungen
undKörperschaften,dieausschließlichgemeinnützige,mildtätigeoderkirchlicheZweckever-
folgen,wederderVermögens-nochderKörperschaftssteuer.FürkirchlicheVeranstaltungen
giltinderRegeldieVergnügungssteuernichtundSpendenanKirchensindwiediegezahlten
Kirchensteuernsteuerlichabsetzbar.13
AuchmuslimischeVerbändeerhaltenstaatlicheZuwendungenfürgemeinwohldienlicheAkti-
vitäten,etwainderJugendarbeit,derFlüchtlingsarbeit,derKonfliktpräventionu.v.a.,zuletzt
allerdingsinteilweisegeringererHöhealsinfrüherenJahren.14AberauchinderEinbindung
in kommunale Angebote der Jugendarbeit werden finanzielle Zuwendungen erschlossen,
dennProfessionalitätderArbeitwirdmitfinanziellerFörderungbelohnt.15
MöchtemandieSubventionen,was ihreZweckrichtungundauchdie staatliche Intention
angeht,aufdenPunktbringen,dannlassensiesichzusammenfassenderklärenalsFörderung
fürsozialeNützlichkeitderAktivitätenvonReligionsgemeinschaftensowiezurKulturpflege.16
[12]Vgl.etwaW. Clement,PolitischeDimensionundPraxisderstaatlichenFörderungderKir-che, in: Marré/Schümmelfeder (Hrsg.), Essener Gespräche zum Thema Staat undKirche 28(1994), S. 41 (51 f.); genauer dagegen G. Czermak, Religions- und Weltanschauungsrecht,2008,S.192f.,wenner„FördermittelfürkirchlicheSozialeinrichtungen“beiden„Kirchensub-ventionen“unberücksichtigtlässt.
[13]NäherG. Robbers, in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBun-desrepublikDeutschland,Bd.1,2.Aufl.1994,S.867(869f.).
[14]Vgl.dieAnlagen1bis5zuDeutscherBundestag,Drucks.18/13658(AntwortderBundes-regierungaufdieKleineAnfragederAbgeordnetenVolkerBeck[Köln],KatjaKeul,Dr.TobiasLindner,weitererAbgeordneterundderFraktionBündnis90/DieGrünen„Einflussausländi-scherStaaten,ParteienundStiftungenaufislamischeGemeinschafteninDeutschlandundoffeneFragenausderDeutschenIslamkonferenz[DIK]“).
[15]Vgl.R. Spielhaus/M. Herzog,DierechtlicheAnerkennungdesIslamsinDeutschland.EinGutachtenfürdieFriedrich-Ebert-Stiftung,S.30,http://library.fes.de/pdf-files/dialog/11386.pdf[zuletztabgerufenam30.10.2017].
[16]D. Pirson,DieFörderungderKirchenalsAufgabedessäkularenStaates,in:Marré/Schüm-melfeder(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche28(1994),S.83(89ff.,95).
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3. Beiträge der Mitglieder, Kirchensteuern
DieKirchenfinanzierensichbekanntlichvorallemüberZahlungenihrer(Mit-)Glieder.17Nach
Art.140GGi.V.m.Art.137Abs.6WRVsindReligionsgemeinschaften,welcheKörperschaften
desöffentlichenRechtessind,berechtigt,aufGrundderbürgerlichenSteuerlistennachMaß-
gabeder landesrechtlichenBestimmungenSteuern zuerheben.DieseBerechtigung steht in
WechselwirkungmitderVerpflichtungderKirche,dassdiekirchlicheBesteuerungdenMin-
destanforderungeneinerrechtsstaatlichenSteuererhebunggenügt.AndererseitshatderStaat
die Möglichkeit, die zwangsweise Eintreibung und die ordnungsgemäße Verwaltung der
KirchensteueraufgrundvonVereinbarungenmitdenkorporiertenReligionsgemeinschaften
sicherzustellen.DaherwirddieKirchensteuerheutegegeneinEntgeltfürdieseVerwaltungs-
leistungalsAnnexvorallemzurEinkommensteuervondenstaatlichenFinanzämterneinge-
zogenundandiekirchlichenSteuergläubigerweitergeleitet.18
DasKirchensteuersystemistgesellschaftspolitisch,aberauchtheologischnichtunumstritten
undbirgterheblicheProblemeinDetailfragen,diehiernichtweitervertieftwerdenkönnen.19
Einemuslimische„Kirchensteuer“existiertderzeitinDeutschlandnochnicht.InderRegel
finanzieren sich die Gemeinschaften über Spenden, zum Beispiel nach dem Freitagsgebet
oderbeibesonderenAnlässen.20IneinemfürdieFriedrich-Ebert-StiftungerstelltenGutachten
von2015heißt es,dass islamischeVerbändeander ErhebungvonMitgliedsbeiträgen im
WegedesSteuereinzugsverfahrenskeinInteressehaben,dadiezwangsweisezuentrichtende
Steuernichtder„zakat“,alsoderfreiwilligenGabeentspreche.21Hingegenseieneinige,aber
eben längst nicht alle islamische Organisationen von Moscheegemeinden und Verbände
steuerrechtlichalsgemeinnützigeOrganisationenanerkannt,sodasssievondenjeweiligen
Vergünstigungenprofitieren.22Diesbetrifft vorallemEinkommensteuer (Abziehbarkeitdes
MitgliedsbeitragsalsSonderausgabe),dieUmsatzsteuer (ErmäßigungdesSteuersatzesvon
19%auf7%)undauchdieMöglichkeitderBefreiungvonderGrundsteuer.Allerdingsist
dazunach§4Nr.1GrStGderStatusderKörperschaftdesöffentlichenRechtserforderlich.
[17]NäherF. Hammer, in:Seer/Kämper (Hrsg.),BochumerKirchensteuertag.Grundlagen,GestaltungundZukunftderKirchensteuer,2004,S.77ff.m.w.N.
[18]Dazu J. Petersen, in: Seer/Kämper (Hrsg.), Bochumer Kirchensteuertag. Grundlagen,GestaltungundZukunftderKirchensteuer,2004,S.101ff.;ders.,in:Uhle(Hrsg.),Kirchen-finanzen in der Diskussion. Aktuelle Fragen der Kirchenfinanzierung und der kirchlichenVermögensverwaltung,2015,S.81ff.;fernerdieNachw.beiS. Muckel,in:Friauf/Höfling(Hrsg.),BerlinerKommentarzumGG,Art140/Art.137Rn.103.
[19]VerwiesenseihiernuraufD. Pirson,DieFörderungderKirchenalsAufgabedessäku-larenStaates,in:Marré/Schümmelfeder(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche28(1994),S.83(93);S. Haering,ModellederKirchenfinanzierungimÜberblick,in:Uhle (Hrsg.), Kirchenfinanzen in der Diskussion. Aktuelle Fragen der KirchenfinanzierungundderkirchlichenVermögensverwaltung,2015,S.11(35ff.);A. v. Campenhausen/H. de Wall,Staatskirchenrecht,4.Aufl.2006,S.238ff.;grundlegendF.Hammer,RechtsfragenderKirchensteuer,2002.
[20]R. Spielhaus, in: Deutschlandfunkkultur, http://www.deutschlandfunkkultur.de/religi-on-wie-finanzieren-sich-moscheen.1008.de.html?dram:article_id=343845 [zuletzt abgeru-fenam30.10.2017].
[21]R. Spielhaus/M. Herzog,Die rechtlicheAnerkennungdes Islams inDeutschland. EinGutachtenfürdieFriedrich-Ebert-Stiftung,S.30,http://library.fes.de/pdf-files/dialog/11386.pdf[zuletztabgerufenam30.10.2017].
[22]R. Spielhaus/M. Herzog,DierechtlicheAnerkennungdesIslamsinDeutschland.EinGut-achten fürdieFriedrich-Ebert-Stiftung,S.30 f.,http://library.fes.de/pdf-files/dialog/11386.pdf[zuletztabgerufenam30.10.2017].
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
10 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
ImÜbrigenmussdieindemgenanntenGutachtenvon2015formulierteAussage,muslimische
VerbändehättenanderErhebungvonMitgliedsbeiträgenkeinInteresse,indieserAllgemein-
heitalsfragwürdigbezeichnetwerden.JedenfallsdasSatzungsrechteinigermuslimischerVer-
bändesiehtMitgliedsbeiträgeausdrücklichvor.23Esmussdavonausgegangenwerden,dass
muslimischeVerbändeinDeutschlandinzwischenauchdasInstrumentderMitgliedsbeiträge
nutzen,umihrenFinanzbedarfzudecken.24
II. RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN STAATLICHER FÖRDERUNG
1. Keine staatliche Pflicht zur finanziellen Förderung von Religionsgemeinschaften
AusderälterenRechtsprechungdesBundesverfassungsgerichtszuArt.4GG,wonachArt.4
Abs.1undAbs.2GG„nichtnureinindividuellesAbwehrrecht[enthält],dasdemStaatdie
EinmischungindenhöchstpersönlichenBereichdesEinzelnenverbietet,sondernes…auch
im positiven Sinn [gebietet], Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugungen
unddieVerwirklichungderautonomenPersönlichkeitaufweltanschaulich-religiösemGebiet
zusichern“25,konntemanmöglicherweiseschlussfolgern,dassderStaatverpflichtetist,die
Religionsgemeinschaften finanziell zu unterstützen. Eine Förderpflicht wird aber – wenn
überhaupt–nur in Einzelfällenangenommen;namentlichdieGerichteüben sichmitAus-
sagenüberstaatlicheVerpflichtungen inZurückhaltung26.VorallemdasBVerfGselbsthat
eine staatlicheFörderpflichtausdergrundrechtlichenReligionsfreiheit in jüngererZeit klar
ausgeschlossen:„AusArt.4GGlassensichkeineAnsprücheaufbestimmtestaatlicheLeis-
tungen ableiten“27. Wenn aber der Staat eine finanzielle Förderung von Religionsgemein-
schaftenbetreibt,kanndieReligionsfreiheiteine„leistungsrechtlicheKomponente“entfalten,
diezur„TeilhabeanetwaigenstaatlichenLeistungen“28 führenkann.Dasaberumschreibt
bereitsdennächstenSchrittderÜberlegungen,die Fragenämlich,welchen (verfassungs-)
rechtlichenBindungenderStaatunterliegt,wennersichdennzurFörderungvonReligions-
gemeinschaftenentschließt.HiergehteszunächstnochumdieGrundfrage,obdieeinzelne
ReligionsgemeinschafteinengenuinenAnspruchauffinanzielleFörderunghabenkann.Diese
FrageistnachderRechtsprechungdesBVerfGzuverneinen.
[23]Vgl.nur§8derSatzungderDİTİB-GemeindenimLandesverbandRheinland-Pfalz(sog.Gemeindesatzung);§10Nr.3derIslamischenReligionsgemeinschaftDİTİBRheinland-Pfalze.V.vom1.12.2013;fernerdieSatzungderIGMG–IslamischeGemeinschaftMilliGörüse.V.vom14.5.2011(§7Nr.1:„DerVereinbestreitetdiezurErfüllungseinerAufgabennotwen-digen Mittel insbesondere durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, öffentliche Förderung unddurchsonstigeEinnahmen.“);dieSatzungderIGMG–IslamischeGemeinschaftMilliGörüs,OrtsvereinLudwigshafen-West(Nr.12:„Beiträge.HöheStaffelung,FälligkeitundZahlungs-artderBeiträgewerdenvomVorstandfestgelegt“). In§8Nr.1derSatzungdesLandes-verbandesderIslamischenKulturzentrenRheinland-Pfalzvom15.6.2014heißtesimmerhin,dassdie„Landesreligionsgemeinschaft“vonihrenMitgliedernBeiträgeerheben„kann“.AusderPraxisistbekannt,dassinmehrerenVerbändentatsächlichMitgliedsbeiträgeerhobenwerden.
[24]Vgl.nurT. Lemmen,MuslimischeOrganisationen inDeutschland, in:Antes/Ceylan(Hrsg.), Muslime in Deutschland. Historische Bestandsaufnahme, aktuelle Entwicklungenundzukünftige Forschungsfragen,2017, S.309 (314),derohneweiteresdavonausgeht,dassindenMoscheegemeinden„dasEinsammelnundVerwendenvonPflichtabgabeundSpenden“organisiertwird.
[25]BVerfGE41,29(49).
[26]Vgl.dieAnalysederRspr.desBVerfGvonG. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepublikDeutschland,Bd.1,S.867(873);ausjüngererZeitvgl.VGPotsdam,Urt.v.19.5.2014-12K1994/13,jurisRn.43.
[27]BVerfGE123,148(178).
[28]BeideZitate:BVerfGE123,148(178).
11
InderLiteratursindverschiedeneAnsätzefüreineFörderpflichtdesStaatesentwickeltworden.
DirkEhlersentnimmtderReligionsfreiheitinAusnahmefälleneineFörderpflichtdesStaates,
indemersieaufdieobjektiv-rechtlicheDimensiondesArt.4GGzurückführt.DerStaatsei
verpflichtet,GrundrechtsgüterzuoptimierenundmüssederReligionsfreiheitrealeGeltung
verschaffen,wasgenauerdieHerstellungallernotwendigenBedingungenbedeute,umdie
Grundrechteverwirklichenzukönnen.29MitRechtweistEhlersaberauchdaraufhin,dass
seineTheseninrechtswissenschaftlichenDiskussionumstrittensind.30
PaulMikatbegründeteinestaatlicheLeistungspflichtmitdemSozialstaatsprinzip.31Daskann
aberschondeshalbnichtüberzeugen,weildasSozialstaatsprinzipeinbesondersschwerfass-
baresStaatszielist,dasinweitemMaßederKonkretisierungdurchdeneinfachenGesetzgeber
bedarf.DabeihatderGesetzgebernachganzüberwiegenderAuffassungeinenweitenGe-
staltungsspielraum.32Nicht zuUnrecht hat Friedrich E. Schnappdarauf hingewiesen, dass
mandarüber,wiedassozialeStaatszielimEinzelnengesetzlichanzusteuernist,demGrund-
gesetzkaumetwasentnehmenkann.33KonkretePflichtendesGesetzgebersundsubjektive
RechtedesEinzelnenlassensichausihmgrundsätzlichnichtableiten.34
AucheineAnknüpfungandieKulturstaatsverpflichtungdesGrundgesetzes35vermagnicht
zu überzeugen. Wer eine Kulturstaatsverpflichtung des Staates in Betracht zieht, versteht
ihnalsKulturstaat,welcherRahmenbedingungenschafftunderhält,damitsichKulturent-
faltenundweiterentwickelnkann.36DemnachseiesAufgabederVerfassung,ihreeigenen
Voraussetzungen der kulturellen Existenz durch finanzielle Förderung der Religionsgemein-
schaftenzuwahren.37EinesolcheSichtweiseerscheintaberschondeshalbfragwürdig,weil
sichmit diesemArgument aus nahezu jedemGrundrecht, das dieKultur prägt, indemes
FreiräumezurSelbstentfaltungschafft(unddasistdieüberwiegendeZahlderGrundrechte),
eineFörderpflichtdesStaatesableiten ließe.38DieFörderungvonReligionsgemeinschaften
istwohlgemerktauchausGründenderKulturförderungverfassungsrechtlichmöglich.Aber
einerechtlicheVerpflichtungdesStaateswirdmanausdemGedankenderKulturstaatlichkeit
nichtableitenkönnen.39
[29]D. Ehlers,Diskussionsbeitrag,in:Marré/Schümmelfeder(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche(28),1994,S.26(27).
[30]D. Ehlers,Diskussionsbeitrag,in:Marré/Schümmelfeder(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche(28),1994,S.26(27).
[31]P. Mikat,in:Benda/Maihofer/Vogel(Hrsg.),HandbuchdesVerfassungsrechtsderBun-desrepublikDeutschland,2.Aufl.1994,§29Rn.18.
[32]Vgl.S. Muckel/M. Ogorek,Sozialrecht,4.Aufl.2011,§6Rn.2.
[33]F. E. Schnapp,WaskönnenwirüberdasSozialstaatsprinzipwissen?,JuS1998,S.873(877).
[34]S. Muckel/M. Ogorek,Sozialrecht,4.Aufl.2011,§6Rn.3m.w.N.zurRspr.desBVerfG.Allenfalls wenn es um die Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums geht,kannimEinzelfalleinsubjektivesRechtgegendenStaatbestehen.
[35]Vgl.zurEinordnungDeutschlandsalsKulturstaatBVerfGE35,114;36,321(331).
[36]Vgl. dazu G. Robbers, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts derBundesrepublikDeutschland,Bd.1,S.867(878).
[37]Vgl.auchA. Uhle,Staat–Kirche–Kultur,2004,S.133,derallerdingsauchaufdenGedankenderdauerhaftenFreiheitssicherunghinweist.
[38]F. Strich,GrundrechtlicheSchrankenbeiderstaatlichenFörderungsgewährung,2016,S.209.
[39]ZuweiterenVersucheninder(teilweiseschonetwasälteren)Literaturvgl.J. Müller-Volbehr,PositiveReligionspflege,in:ZRGKan.Abt.117(2000),S.367(373m.w.N.).
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
12 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
Damit lässtsichkeineallgemeine,originäreRechtspflichtdesStaateszurFörderungder in
seinemTerritoriumansässigenReligionsgemeinschaftenfeststellen.40JedochistderStaatzur
Förderungstätigkeitberechtigt.Ermussnichtfördern,erdarfaber.Esobliegtseinempflicht-
gemäßenErmessen.41WennersichzurFörderungentschließt,liegtdarinkeinBekenntniszu
einerbestimmtenReligion,sonderndieAnerkenntnisundWertschätzungeinerbestimmten
Aufgabenerfüllung, etwa im sozialen Bereich, zugunsten der Gesellschaft (dazu sogleich
B.3.a)/4.).DurchstaatlicheFörderungsinddieReligionsgemeinschaftenerstzureffizienten
undnachhaltigenLeistungimInteressedesGemeinwohlsbefähigt.MitBlickaufdieKirchen
istgesagtworden:„OhneihrEngagementwäredasSozialstaatsprinzipaufvielenGebieten
bloßeWorthülse,derKulturauftragdesStaatesinsgesamtbliebeauchunterdenheutigenVoraus-
setzungenweitgehendsäkularerGesellschaftohnekirchlicheGegenwartaufweitenStrecken
unerfüllt.WenigerKirchewürdeunweigerlichmehrStaatbedeuten.“42Dasgiltheutefüralle
Religionsgemeinschaften, die sich aus religiösen Motiven zugunsten des gemeinen Wohls
engagieren,alsomitihrerArbeitEffekteerzielen,dieauchbeireinsäkularerBetrachtungals
nützlichgewürdigtwerdenmüssen.
DerStaatistnachallemnichtdafürverantwortlich,dassdieReligionsgemeinschaftenfinanziell
hinreichendausgestattetsind.43Erermöglichtihnen,aufdieGesellschaftimSinneihrerGlau-
bensüberzeugungeneinzuwirkenundamsozialenLebenteilzuhaben,diedafürnotwendigen
Mittelabermüssensiegrundsätzlichselbstaufbringen.SiehabenkeinenoriginärenRechts-
anspruchauffinanzielleFörderung.
2. Erforderlichkeit einer gesetzlichen Rechtsgrundlage
a)Staatsleistungen
EntscheidetsichderStaatzufinanziellerFörderungderReligionsgemeinschaften,stelltsich
dieFragenacheinergesetzlichenGrundlage;dochauchindieserHinsichtistzudifferenzieren.
EskommtaufdieArtderFörderungan.StaatsleistungenbedürfeneinesbesonderenRechtstitels,
derineinemGesetzbestehenkannoderauchineinemVertrag,derallerdingsnachgängiger
juristischerSichtweiseundgefestigterStaatspraxis jedenfallsdanneinesbestätigendenGe-
setzesbedarf,wenndadurcheinLandodergarderBundverpflichtetwerdensoll.Durchdas
ZustimmungsgesetzerlangtderVertragRechtsverbindlichkeit.ZugleichistdenAnforderungen
desGesetzesvorbehaltsGenügegetan,wennunterBeachtungdesGleichheitsgebots eine
ausreichendbestimmteundneutraleVerteilungsregelunggeschaffenwurde.44DieVerteilung
derMittelaufverschiedeneReligionsgemeinschaftendarfnicht imErmesseneinervon ihnen
stehenoderdenHaushaltsplänenüberlassenwerden.45AusdrücklichhatdasBVerfGesfür
[40]Sodieganzh.M.,vgl.nurBVerfGE93,1(16);BVerwGE65,52(57);87,115(133);beson-dersdeutlichauchBbgVerfG,NVwZ-RR2012,S.577(582:„grundrechtlichkeinoriginärerLeistungsanspruch“);C. Starck,in:Mangoldt/Klein/Starck(Hrsg.),KommentarzumGrund-gesetz,Art.4Abs.1,2GG,Rn.18;H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.),GrundgesetzfürdieBundesrepublikDeutschland,Art.4GG,Rn.43a;A. v. Campenhausen/H. de Wall,Staatskirchenrecht,S.66.
[41]Vgl.VGPotsdam,Urt.v.19.5.2014-12K1994/13,jurisRn.47.
[42]G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepu-blikDeutschland,Bd.1,S.867.
[43]BVerfGE44,37(56f.).
[44]DazuLVerfGLSA,NVwZ-RR2013,S.393(395).
[45]J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,S.267.
13
unzulässigerklärt,dasseineReligionsgemeinschaft lautVertragdieVerteilunganandere
ebensoförderungswürdigeGemeinschaftenvornehmensoll.46
Für muslimische Religionsgemeinschaften ist der Abschluss von Verträgen mit dem Staat,
namentlichdenLändern,dieeinzigeMöglichkeit, indenGenussvon–neubegründeten–
Staatsleistungenzukommen.47
b)Subventionen
MuslimischeVereinigungenkommenderzeitindenGenussfinanziellerLeistungdesStaates
vor allem inGestalt vonSubventionen,d.h. Fördermittel imKontext einer abstraktenReli-
gionsförderungaufgrunddesHaushaltsplanes.DieFrage,obsolcheLeistungenaufeinem
einfachenHaushaltstitel(vgl.fürBundesmittelArt.110GG)beruhenkönnenodereineigenes
Parlamentsgesetzerfordern,wirdunterschiedlichbeurteilt.DasBerlinerVerwaltungsgericht
hateineFörderungdesLandesverbandesdesHumanistischenVerbandesDeutschlandsu.a.
mitderBegründungausgeschlossen,dassesunterRückgriffaufdieWesentlichkeitstheorie
für die staatliche Förderung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften deshalb
einer Ermächtigung durch Parlamentsgesetz bedürfe, weil sie die verfassungsrechtlichen
Grundsätzederreligiös-weltanschaulichenNeutralitätdesStaatessowiedieParitätderReligi-
ons-undWeltanschauungsgemeinschaftenerheblichberühre.48
TraditionellundimAllgemeinengehtdieRechtsprechungaberbeiSubventionennichtsoweit.
DasBundesverwaltungsgerichthält„[...]nebeneinemförmlichenGesetzauchjedeandere
parlamentarischeWillensäußerung,insbesondereetwadieBereitstellungderzurSubventio-
nierungerforderlichenMittel als einehinreichendeLegitimation verwaltungsmäßigenHan-
delns […]“fürausreichend.49DamitsindSubventionenallenfallseingeschränktdemGeset-
zesvorbehaltunterstellt,nämlichimHinblickaufdasHaushaltsgesetz.Dasgiltgrundsätzlich
auchfürdiefinanzielleFörderungvonReligionsgemeinschaften.50
SoweitstaatlicheLeistungenabereinenGrundrechtseingriffdarstellen,unterliegensiedem
grundrechtlichenGesetzesvorbehalt.51DiesistetwaderFallbeiderFörderungeinesVereins,
dervorReligionsgemeinschaftenwarnt,dadieBetroffeneninihrerweiterenAusbreitungund
ihrerTätigkeitallgemeinbeschränktwerden.52DienegativendurchdenVereinbezweckten
AuswirkungensinddemStaatdurchdieFörderungkausalzurechenbar.53 Ineinemsolchen
Fallwirdmanvoneinemmittelbar-faktischenGrundrechtseingriffsprechenkönnen.54
[46]BVerfGE123,148;vgl.dazuauchVerfGSachsAnh.,NVwZ-RR2013,S.393.
[47]DazuobenB)I.1.
[48]VGBerlin,KirchE37,151,(157ff.);krit.gegenüberderWesentlichkeitstheoriewegenihrermangelndenAussagekraftaberM. Droege,StaatsleistungenanReligionsgemeinschaf-tenimsäkularenKultur-undSozialstaat,2004,S.426ff.m.w.N.
[49]GrundlegendBVerwGE6,282(287);18,352(353);58,45(48);ausjüngererZeitVGSchwerin,Urteilvom12.März2013–3A450/11–,jurisRn.18
[50]Vgl.BVerfGE123,148(184f.);VerfGSachsAnh,NVwZ-RR2013,S.393(394).
[51]VertiefendM. Droege,StaatsleistungenanReligionsgemeinschaftenimsäkularenKultur-undSozialstaat,2004,S.427f.
[52]BVerwGE90,112 (122 f.),das sichmitder FörderungdesprivatenVereins „Aktion fürgeistigeundpsychischeFreiheit-ArbeitsgemeinschaftderElterninitiativene.V.(AGPF)“ausein-andersetzte.
[53]F. Strich,GrundrechtlicheSchrankenbeiderstaatlichenFörderungsgewährung,2016,S.215.
[54]Vgl.A.v.Campenhausen/H.deWall,Staatskirchenrecht,4.Aufl.2006,S.66,dieal-lerdingskeinenGrundrechtseingriffannehmen,sonderneinenFall,indemdieWirkungderfinanziellenFörderungdereinesstaatlichenEingriffsgleichkomme.
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
14 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
AbernichtnuröffentlicheKritik,sondernauchdieBewertungreligiöserZwecksetzungender
ReligionsgemeinschaftensowieeinestaatlicheRechnungsprüfungkönnendiegrundrechtliche
ReligionsfreiheitausArt.4Abs.1und2GGundauchdasSelbstbestimmungsrechtderReli-
gionsgemeinschaftennachArt.140GGi.V.m.Art.137Abs.3WRVbeeinträchtigen.Siekönnen
zurBeeinflussungvonOrganisationsentscheidungenkirchlicherEinrichtungenführen,siestaat-
lichenareligiösenWirtschaftlichkeitsvorstellungenunterwerfenoderdiePersonalhoheitbe-
rühren.55DerStaatdarfsichnichtinkirchlicheAngelegenheiteneinmischenundüberfinan-
zielleFörderungEinflussmöglichkeitenerkaufen,dieihmvonVerfassungwegenuntersagtsind.
HingegensindLenkungsauflagen inVergabebestimmungenvonZuwendungsrichtlinienun-
bedenklich,daderStaatnichtzurLeistungandieReligionsgemeinschaftenverpflichtetist.56
AuchwenndiefinanzielleFörderungfürdiesachgerechteVerwirklichungdesArt.4GGhäufig
notwendigist,sowirdaberdasErforderniseinerformellgesetzlichenErmächtigungsgrundlage
inderRegelnichtanzunehmensein.57
c)Mitgliedsbeiträge,Kirchensteuern
FürSteuern,diediekorporiertenReligionsgemeinschaftennachArt.140GGi.V.m.Art.137
Abs.6WRVerhebenkönnen(„Kirchensteuern“),ergibtsichdieNotwendigkeiteinergesetz-
lichenGrundlageimAnsatzbereitsausderVerfassungsbestimmung,inderesheißt,dassdie
Religionsgemeinschaften,dieKörperschaftendesöffentlichenRechtssind,„nachMaßgabe
derlandesrechtlicheBestimmungen“berechtigtsind,dieseSteuernzuerheben.ImÜbrigen
unterliegtdie(Kirchen-)SteuerdeshalbdemVorbehaltdesGesetzes,weilsieEingriffscharakter
hat.58 Sollten in vielleichtnicht allzu ferner ZukunftmuslimischerReligionsgemeinschaften
dieKörperschaftsrechteerhalten(bisheristdiesnurganzvereinzeltgeschehen)undsollten
sie – was derzeit aus vornehmlich religiösen, spezifisch islamischen Gründen noch als un-
wahrscheinlichgeltenmuss–dereinstSteuernerhebenwollen,mussallerdingsdarübernach-
gedachtwerden,diebisher indenLändernbestehendenKirchensteuergesetze59 inhaltlich
anzupassenundauchmitreligiösneutralenBezeichnungenzuversehen.
Für Beiträge, die vonMitgliedern solcher Religionsgemeinschaften zu zahlen sind, die ver-
einsrechtlichorganisiertsind,bedarfeskeinerbesonderengesetzlichenGrundlage.Insoweit
istmit§58Nr.2BGB,deraufdasSatzungsrechtverweist,einehinreichendegesetzliche
Grundlagegegeben.
[55]G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepublikDeutschland,2.Aufl.1994,Bd.1,S.867(881).
[56]Vgl.G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundes-republikDeutschland,Bd.1,2.Aufl.1994,S.867(882).
[57] A. v. Campenhausen/H. de Wall,Staatskirchenrecht,4.Aufl.2006,S.67.
[58]C. D. Classen,Religionsrecht,2.Aufl.2015,Rn.324m.w.N.;zustimmendbereitsS. Muckel,in:Friauf/Höfling(Hrsg.),BerlinerKommentarzumGG,Art.140/Art.137WRVRn.104.
[59]EtwadasGesetzüberdieErhebungvonKirchensteuernimLandNordrhein-Westfalen(Kirchensteuergesetz)i.d.F.derBekanntmachungv.22.4.1975,GV.NRW.S.439.
15
3. Rechtliche Grenzen und Maßgaben für finanzielle Leistungen an
Religionsgemeinschaften durch staatliche Stellen
EsbestehenvielfältigeverfassungsrechtlicheVorgaben,dieeinestaatlicheFinanzierungmusli-
mischer Religionsgemeinschaften – wie im Übrigen jeder anderen Religionsgemeinschaft
auch–begrenzenundfürjuristischunbedenklicheFinanzierungsmodellesowieeinzelnePro-
jekteMaßgabenbieten.
a)Diereligiös-weltanschaulicheNeutralitätdesStaates
Zunächst stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der dem Staat zukommenden religiös-
weltanschaulichenNeutralitätimSinnevonArt.4GG,Art.3Abs.3GG,Art.33Abs.3GG,
Art.140GGi.V.m.Art.136Abs.1,2WRVundderFörderungvonReligionsgemeinschaften.
NachdemGrundsatzderNeutralitätistesdemStaatuntersagt,sichmiteinerReligion,einer
KircheodereinerReligionsgemeinschaftinhaltlichzuidentifizieren.DerStaatdarfnichtPartei
ergreifenfüreineReligionoderWeltanschauung,sichaufihreSeitestelleno.ä.Infolgedessen
darferauchnichtden InhalteinerReligionoderdiereligiösenEinstellungenseinerBürger
bewertenodergarbestimmen.ErmussallenBürgernungeachtetihresreligiösenoderwelt-
anschaulichenBekenntnisses„Heimstatt“sein.60
KeinBekenntnisdarfprivilegiertoderbenachteiligtwerden;61dasgiltauchundgerade im
Bereichder staatlichenFörderung.DaderStaatmangelsEinsichtundgeeigneterKriterien
nichtdieKompetenzhat,religiöseInhaltezubewerten62,kannersichgarnichtaufdiebe-
wusst einseitige Förderungbeschränken– zumBeispiel nurdesChristentums.Wennaber
schoneineöffentlichekritischeAuseinandersetzungmiteinerReligionoderWeltanschauung,
sogar Warnungen63 bei gewichtigen und überwiegenden Gründen des Gemeinwohls mit
Verfassungsrang64 gerechtfertigt sein können, dann kannder Staat durchaus in öffentlich
wirksamerWeiseeinzelneReligions-undWeltanschauungsgemeinschaftenvonderFörderung
ausschließen, von denen eine Gefährdung der verfassungsrechtlich hervorgehobenen Ge-
meinschaftsgüterausgeht.Eswärewidersprüchlich,wennderStaatinGefährdungslagenbe-
rechtigtwäre,Warnungenauszusprechen,gleichwohlaberverpflichtetwäre,diebetroffene
Religionsgemeinschaftfinanziellzuunterstützen.65
EinBeispielkönntederFallsein,indemeineReligionsgemeinschaftmitihrverbundeneImame
oder Religionslehrer anweist, Informationen über die politische Einstellung von Gläubigen
bzw.Schülernund ihrenElternzusammelnundzuübermitteln.Denndadurchwürdedas
GrundrechtderBetroffenenauf informationelleSelbstbestimmungausArt.2Abs.1 i.V.m.
Art.1Abs.1GGbeeinträchtigt.WennaberdieImamebzw.ReligionslehrerzusolchenAk-
tivitätenaufgrundeigener Initiativeübergehen,kanndiesderReligionsgemeinschaftnicht
zugerechnetwerden.ProblematischistderFall,dassdieGeistlichenbzw.LehreranderReligions-
gemeinschaftvorbeiunmittelbarausdemAuslandangewiesenwerden,dieangedeuteten
[60]Vgl.BVerfGE19,206(216);S. Korioth,in:Maunz/Dürig(Hrsg.),GrundgesetzKommentar,Art.140GG,Rn.31.
[61]BVerfGE105,279(294f.).
[62]BVerfGE102,370(394).
[63]BVerfG,NJW1989,S.3269(3270).
[64]OVGNRW,NVwZ1991,S.176(177).
[65]F. Strich,GrundrechtlicheSchrankenbeiderstaatlichenFörderungsgewährung,2016,S.214.
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
16 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
SpitzeltätigkeitenzuentfaltenundihreInformationenauchunmittelbarandieausländische
Stellezusenden.DerFallistbisherbekanntlichnichtabschließendentschieden.Entscheidend
dürftesein,obsolchePersonenfürdiebetreffendeReligionsgemeinschaftarbeiten,ggf.sogar
indemvondieserReligionsgemeinschaftinhaltlichverantwortetenReligionsunterricht(Art.7
Abs.3Satz2GG)imAuftragundmitausdrücklicherErlaubnisderReligionsgemeinschafttätig
sind.Solltedieszutreffen,mussdiebetreffendeReligionsgemeinschaftauchfürdasFehlver-
haltenderbetreffendenPersoneneinstehen,wennsienichtumgehendgegensievorgeht,
nachdemsiedavonerfahrenhat.
NochschwierigerdürftedieFragezubeantwortensein,obeineinstitutionalisierteVerbindung
zwischeneinerinDeutschlandtätigenReligionsgemeinschaftundeinemausländischenStaat
ausreicht,umfinanzielleFörderungenzuverweigern.DerBundesverbandderDİTİBistdeut-
lich mit dem türkischen Amt für religiöse Angelegenheiten verbunden. Das ist altbekannt
undwirdschonausdemNamenderVereinigungdeutlich („Türkisch-IslamischeUnionder
AnstaltfürReligion[D.I.T.I.B.]Köln“).InderVorschriftderSatzungvon2009(inderFassung
von2012)zurMitgliedschaftwirdanersterStellederPräsidentdesAmtesfürreligiöseAn-
gelegenheitendertürkischenRepublikgenannt.DannwerdenweiteretürkischeAmtsträger
genannt,erstdanachdieVorsitzendenderLandesverbändeunderstdanachwirdineinem
eigenenAbschnitt(§4Nr.2derSatzung)natürlichenPersonenmuslimischenGlaubensdas
RechtzumBeitritteingeräumt.ZudenOrganenderDİTİBgehörteinBeirat(§7derSatzung),
dessenVorsitzenderderPräsidentdesAmtes für religiöseAngelegenheitender türkischen
Republikist(§11derSatzung).DieserBeiratbestimmtdievonderMitgliederversammlung
zuwählendenVorstandsmitglieder(§9Nr.2derSatzung).SoferneinKandidatinderMitglieder-
versammlungnichtdieMehrheitderStimmenerhält,istdieWahlmiteinemneuenvomBeirat
aufgestelltenKandidatenfortzuführen.InbestimmtenFällenentscheidetdasPräsidiumfürReli-
giöseAngelegenheiten–Diyanet–überAngelegenheitendesVereins(§13Nr.7derSatzung).
DieLandesverbändederDİTİBhaben,soweitersichtlich,solcheBestimmungennichtinihren
Satzungen.Aberauchsiestehen– jedenfalls,soweitesausdenSatzungenerkennbarwird–
unterdemEinflussdesAmtesfürreligiöseAngelegenheitenunddesBundesverbandes.So
bestehtderAufsichtsratdesLandesverbandesausdenMitgliederndesVorstandsdesBundes-
verbandes(vgl.etwa§19derSatzungdesLandesverbandesRheinland-Pfalzv.1.12.2013)
undhatmaßgeblichenEinflussaufdiepersonelleZusammensetzungdesVorstandsdesLandes-
verbandes(§14Nr.1Satz8undNr.2derSatzungdesLandesverbandesRheinland-Pfalz).
Die Mitglieder des Religiösen Beirates des Landesverbandes werden vom Religionsrat des
Bundesverbandesbestimmt(§20Nr.1derSatzungdesLandesverbandesRheinland-Pflaz).
UnabhängigvonWeisungendesReligiösenBeiratesistallerdingsimLandesverbanddieKom-
mission,diedieInhaltedesReligionsunterrichtsanöffentlichenSchulenbestimmt(§21Nr.5
derSatzungdesLandesverbandesRheinland-Pfalz).
Einmittelbarerbzw.unmittelbarerEinflussdestürkischenAmtesfürreligiöseAngelegenhei-
tenaufdieArbeitderinDeutschlandbestehendenDİTİBlässtsichalsonichtübersehen.Es
gehthiernichtumdenReligionsunterrichtnachArt.7Abs.3GGodereinevertraglicheRege-
lung,diezuihmhinführensoll.HierfürmagdieerwähnteBestimmungin§21Nr.5derSat-
zungdesLandesverbandeseinegewisseEntlastungverschaffen.66Inderhierinteressierenden
FragenachEinschränkungenbeiderfinanziellenstaatlichenFörderunggehtesummehr:
[66]Vgl.mitBlickaufdiegleich lautendeBestimmungimSatzungsrechtdesniedersächsi-schenLandesverbandesS. Muckel,MuslimischeVerbändealsReligionsgemeinschaftenundVertragspartnerdesLandesNiedersachsen,in:Thümler(Hrsg.),WofürbrauchtNiedersachseneinenVertragmitmuslimischenVerbänden?,2016,S.125(160f.).
17
Ist der Umstand, dass eine Religionsgemeinschaft durch eine ausländische Stelle (mit-)ge-
steuertwird,ein rechtlich relevanterGrund,umeinefinanzielleFörderung inDeutschland
zukürzenoderzuunterlassen,wennderbetreffendeausländischeStaatdieinDeutschland
geltendenGrundregelneinerfreiheitlichendemokratischenOrdnung,namentlichrechtsstaat-
licheStandards,nicht(durchgängig)einhält?AusunsererSichtistdieseFragezubejahen,da
der Staat bei der Gewährung von Mitteln im Rahmen der Leistungsverwaltung in weit-
reichendem Maße Ermessenserwägungen über das Ob und das Wie einer Förderung an-
stellendarf.Esbestehen,wiegesehen,keineoriginärenLeistungsansprücheder religiösen
Vereinigungen. Das Ganze steht im pflichtgemäßen Ermessen des Staates. Sofern er aber
Kürzungenbzw.StreichungeneinereinmalgewährtenFörderungvornimmt,mussergleich-
heitsrechtlicheVorgabenunddasGebotderreligiös-weltanschaulichenNeutralitäteinhalten.
Erkönntealsonichtz.B.dieFörderungdesDİTİB-Bundesverbandesund/oderseinerLandes-
verbändewegendesausländischenEinflussesstreichen,abereinenvergleichbarenEinfluss
andererStaaten,dienichtdemokratischverfasstsindundrechtsstaatlicheDefiziteaufweisen
(z.B.Saudi-Arabien67),aufinDeutschlandbestehendeVereinigungenübergehen,soweites
umFördermaßnahmengeht.
EntschließtsichderStaatdazu,eineReligionsgemeinschaftzufördern, istdieskeineBefür-
wortungihrerreligiösenÜberzeugungenundkeineVerteidigungihrertheologischenWahr-
heiten,sonderndieAnerkennungihrerBeiträgezumgeistigen,kulturellenundsozialenLebenin
derGemeinschaft.68„DiestaatlicheKirchenförderungmacht[…]dieKirchennichtzuStaats-
kirchenunddiechristlicheReligionnichtzurStaatsreligion.“69DiefinanzielleFörderungder
KirchenstelltgrundsätzlichkeinenVerstoßgegendasVerbotderStaatskirchegemäßArt.140
GGi.V.m.Art.137Abs.1WRVundsomitdasNeutralitätsprinzipdar.70Obesdagegen–wie
inder Literatur71 vertretenwird – einBruchderNeutralitätsverpflichtungwäre,wennder
StaatdieKirchennichtunterstützenwürde,dasein(Fehl-)VerhaltendanngeradedieIdenti-
fikationmitdennicht-undantireligiösenGemeinschaftenundInteressensei,kannfraglich
erscheinen,daeinAnspruchauffinanzielleFörderung,wiedargelegt,nichtbesteht.72Jeden-
fallsaberlässtsichzugestehen,dassdasNeutralitätsprinzipkeineUntersagungderFörderung
religiöserAktivitätverlangt.73DenndievomGrundgesetzgeforderteNeutralitätdesStaates
inreligiösenundweltanschaulichenAngelegenheitenführtzueineroffenen,übergreifenden
GrundeinstellungdesStaatesgegenüberReligionundWeltanschauung,nichtzueinerdistan-
zierenden,ausgrenzendenPosition.74
[67]Vgl.BT-Drucks.18/13658,S.1f.;vgl.fernerdenBelgienbetreffendenBerichtüberEin-flüsseSaudi-ArabiensinderSZv.14./15.10.2017,S.8:„DerPaktderKönigewackelt.BelgienwillSaudi-ArabiensEinflussaufdieMuslimeimLandzurückdrängen.RegentBaudouinhattedemGolfstaateinstfreieMissionstätigkeitgewährt“.
[68]W. Clement, in:Marré/Schümmelfeder, (Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche(28),1994,S.45.
[69]W. Clement, in:Marré/Schümmelfeder, (Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche(28),1994,S.45.
[70]Vgl. G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundes-republikDeutschland,Bd.1,2.Aufl.1994,S.867(874).
[71]G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepublikDeutschland,Bd.1,2.Aufl.1994,S.867(877).
[72]SiehedazuschonB.II.1.
[73]G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepu-blikDeutschland,Bd.1,2.Aufl.1994,S.867(879).
[74]Vgl.nurP. Unruh,Religionsverfassungsrecht,3.Aufl.2015,Rn.90(S.66).
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
18 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
Esistbereitsangeklungen,dassdieTrennungvonStaatundKircheimRahmendesNeutralitäts-
geboteseineentscheidendeRolleauchbeiderFragederFinanzierungsmöglichkeitenderRe-
ligionsgemeinschaftenspielt,danachArt.137Abs.1WRVkeineStaatskirchebestehendarf,
sodassdieKirchenundReligionsgemeinschaftenwederindasstaatlicheSystemeingegliedert
nochbeaufsichtigtwerdendürfen.75Diesmeintkeinereligiöse Indifferenz.Eshandeltsich,
wiegesagt,umeinepositive,offeneNeutralität,beiderbeideParteiennichtbeziehungslos
nebeneinander,sondernkooperativzueinanderstehen.Art.137Abs.1WRVverordnetdem
StaatauchkeineStandpunktlosigkeit.76DemStaatdarfesalsonichtverwehrtsein,seinGe-
genüberinbestimmtenSituationenzuuntersuchenundzubewerten.77Anderenfallsmüsste
derStaatjedeReligionsgemeinschaftfördern,ohneinzulässigerWeisenachfeststellungs-
fähigenKriteriendifferenzierenzudürfen.
b)DasGleichbehandlungsgebot
SobaldderStaatinirgendeinerFormVergünstigungenverteilt,musserdievielfältigengleich-
heitsrechtlichen Regelungen des Grundgesetzes beachten, allen voran den allgemeinen
GleichheitssatzdesArt.3Abs.1GGundseinebesonderenAusprägungeninArt.3Abs.3
GG.ReligionsverfassungsrechtlichwirdauchvomGebotundRechtsgrundsatzderParitätge-
sprochen.78
DerParitätsgrundsatzhatseinenormativeGrundlageabernichtnurinArt.3Abs.1und3
GG,sondernauchinArt.33Abs.3GGi.V.m.Art.136Abs.1und2undArt.137Abs.5S.2
sowieAbs.7WRV.JederEinzelneundjedeReligionsgemeinschaftistimGrundsatzgleichzu
behandelnunddarfnichtwegenseinerbzw.ihrerreligiösenEinstellungbesseroderschlechter
alsanderebehandeltwerden.Eshandelt sichalsoumeinBenachteiligungs-undBevorzu-
gungsverbot.79
NachArt.3Abs.1GGsindalleMenschenvordemGesetzgleich.GemäßArt.3Abs.3Satz
1GGdarfniemandwegenseinesGlaubens,seinerreligiösenoderpolitischenAnschauung
benachteiligtoderbevorzugtwerden.
DasVerhältnisbeiderGrundsätzezueinanderistumstritten,sowirdteilweiseArt.3Abs.1GG
alsGrundnormderParitätverstanden,80anderesehendieParitätalseigenständigenGrund-
satzunabhängigvonArt.3GG81.RichtigerweisedürftendiereligionsrechtlicheParitätund
derGleichheitssatzimReligionsrechtidentischeRechtsfigurensein,wobeiallerdings„diePa-
ritätnichtohnedenGleichheitssatzauskommenkann,derGleichheitssatzimReligionsrecht
[75]M. Kleine,InstitutionalisierteVerfassungswidrigkeitenimVerhältnisvonStaatundKirchenunterdemGrundgesetz,1993,S.149.
[76]K. Stern,in:Stern(Hrsg.),DasStaatsrechtderBundesrepublikDeutschland,Bd.IV/2,2011,S.1220.
[77]Vgl. F. Strich, Grundrechtliche Schranken bei der staatlichen Förderungsgewährung,2016,S.218.
[78]NäherS. Muckel,in:Friauf/Höfling(Hrsg.),BerlinerKommentarzumGG,Art.140Rn.36ff.;ders.,in:deWall/Muckel,Kirchenrecht,5.Aufl.2017,§13Rn.5,jeweilsm.w.N.
[79]M. Morlok,in:Dreier/Bauer(Hrsg.),Grundgesetz,Bd.IIIArt.83-146,2.Aufl.2008,Art.140GG,Rn.42.
[80]M. Heckel,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepub-likDeutschland,Bd.1,S.589f.
[81]M. Morlok,in:Dreier/Bauer(Hrsg.),Grundgesetz,Bd.IIIArt.83-146,2.Aufl.2008,Art.140GG,Rn.41;H. Mayer-Scheu,GrundgesetzundParität vonKirchenundReligionsge-meinschaften,1970,S.90ff.
19
abersehrwohlohnedieParität.“82JedenfallssindsichbeideGrundsätzeinhaltlichsonahe,
dass die folgenden Ausführungen auch ohne eine eindeutige dogmatische Zuordnung zu
einemderbeidenBestandhaben:
SchonaufgrundderKnappheitallerRessourcenistderStaatbeiderMittelvergabegezwungen,
Auswahlentscheidungenzutreffen.DiejenigenGemeinschaften,diefürdasGemeinwohlund
somitdieGesellschaftammeistenleistenunddenStaatbeiderUmsetzungdesSozialstaats-
prinzipsimsozialenundkulturellenBereichunterstützen,dürfenbesondersbedachtwerden.83
ZwarhabendieReligionsgemeinschaften,wiegesehen84,keinenAnspruchaufeinefinanzielle
Förderung,sehrwohlaberaufeinegleicheTeilhabeunddasRechtaufeineamGleichheits-
satzorientierteBehandlung.85Wennsomitauchkeineallgemeine,originäreFörderpflichtdes
Staates besteht86, so kann doch im Einzelfall aus Gründen der Gleichbehandlung ein An-
sprucheinerReligionsgemeinschaftauffinanzielleUnterstützungbestehen.Daszubetonen
istbedeutsam,weilsichhierausebendochimEinzelfallergebenkann,dasseineReligionsge-
meinschaftvomStaatfinanzielleMittelverlangenkann.
EntscheidendfürdieFrage,obderStaatmitseinenbegrenztenMittelngleichheitsrechtlich
einwandfreiumgeht,wennerdieeineReligionsgemeinschaftbzw.derenProjektefinanziell
fördertunddieandereundihreProjektenicht,sinddieDifferenzierungskriterien.Überwiegend
wird auf sachliche Differenzierungsmerkmale zurückgegriffen: Größe, Organisiertheit, Ge-
schichte, regionaleVerbreitung87,karitativesEngagement,sozialeAktivitätsowiederGrad
öffentlicherWirksamkeit88.InjüngererZeitwerdenangesichtssteigenderImmigrationauch
integrationspolitischeZieleangeführt.89
Die Kriterien „Grad öffentlicher Wirksamkeit“, „kultur- und sozialpolitische Stellung in der
Gesellschaft“, „soziale Relevanz“ oder „öffentliche Bedeutung“ lassen sich problemlos auf
diechristlichenKircheninDeutschlandanwenden.AllerdingskommenimmerwiederZweifel
auf,wennmanetwasgenauerhinschaut,soetwabeiinderFrage,obdieAltkatholischen
GemeindenvongrößereröffentlicherBedeutungsindalsdiemuslimischenGemeinschaften,
dieinderZahlihrerMitgliederdieAltkatholikenbeiweitemübertreffen.90Dadiegenannten
Merkmaleunscharfsind,bedürfensiederZuhilfenahmemateriellerKriterienwieGröße,Ver-
breitungoderDauerhaftigkeit.Manchesehengarinder„sozialenRelevanz“dieGefahreines
Zirkelschlusses:WasderStaatfördert,dasgenießtbesondereRelevanz,alsodarfesgefördert
werden.91DamitbleibendiesehrgängigenKriterienfürsichgesehen,aberauchmitBlickauf
MinderheitenreligionenundihreGemeinschaftenbloßeLeerformeln,diezuRechtfertigungen
vonUngleichbehandlungennichtoderkaumtaugen.92
[82] J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.37.
[83]M. Heckel,GleichheitoderPrivilegien?,1993,S.101.
[84]ObenB.II.1.
[85]BVerfGE123,148(178).
[86]DazubereitsobenB.II.1.Fn.39.
[87]Vgl.BVerwGE61,152(158f.);87,115(127f.);VGBerlin,LKV2000,S.262(264f.).
[88]BbgVerfG,NVwZ-RR2012,S.577(582m.umfangr.w.Nachw.).
[89]EtwaW. Hennig,MuslimischeGemeinschaftenimReligionsverfassungsrecht,2010,S.135.
[90]J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.232.
[91]W. Weiß,KritV2000,S.104(138).
[92]J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.233.
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
20 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
SozialpolitischeZiele können,wenn sieoffengestaltet sind, in einerGesamtschaumit an-
derenKriterienzurAnwendunggelangen.SokannnachdentatsächlichenLeistungender
Religionsgemeinschaft fürdasGemeinwesengefragtwerden (etwadurchdieTrägerschaft
vonKindertagesstätten,allgemeinbildendenSchulenundKrankenhäusern).93
IntegrationspolitischeZielesindmitderstaatlichenKulturpflegevergleichbar:hinterbeiden
stehtzumeisteinefürdieMenschenidentitätsstiftendeReligionsgemeinschaft.94Fragwürdig
istdagegeneineAnknüpfungandenErfolgderIntegration,dennderErfolgistabhängigvon
bereitszuteilgewordenenZuwendungenodererfahrenerUnterstützung.
Unzweifelhaft ist,dassBekenntnisinhaltekeineUnterscheidungrechtfertigen,wassichaus
demGebotreligiös-weltanschaulicherNeutralitätdesStaatesergibt.95
DerÜberlegung,eineSonderstellungderKirchenalleinaufgrundihresgeschichtlichenWerde-
gangesanzunehmen,hatdasBundesverfassungsgerichtzuRechteineAbsageerteilt.96Tradition
alleinrechtfertigtkeineFinanzierungsbedürftigkeit.Andererseitsdarfesauchnichtzueiner
Geschichtsblindheit97kommen.InderLiteraturwirddifferenziertnachunwiederholbarenEreig-
nissen und fortwirkenden historischen Gründen. Während erstere wegen ihrer Statik und
demdamitverbundenenendgültigenAusschlussvoneinerFinanzförderungallerReligions-
gemeinschaften,die keinengeschichtlichenBeitrag inDeutschlandgeleistethaben zuder
RechtfertigungeinerUngleichbehandlungnichttaugen,könnenletzteresehrwohlBeachtung
finden.98Zu ihnenzähledieBedeutungderJudenverfolgunginderZeitdesNationalismus,
welchebeiderFörderungnichtignoriertwerdendürfe,umdaszugefügteUnrechtnichtnoch
zuintensivieren.99
FernerwerdengefahrenabwehrrechtlicheAspektediskutiert.Sowirdteilweiseeine„Zuverlässig-
keitsprüfung“verlangt,wiesiebeiderPrüfungdesKörperschaftsstatusunterdemBegriffder
Rechtstreue vorgenommen wird, denn gemeinwohlschädliche Handlungen und Unfrieden
stiftendeReligionsgemeinschaftensollkeinefinanzielleFörderunggewährtwerden.100
NuraufdenerstenBlickalsunproblematischerweistsichdasMerkmalderGrößederReligions-
gemeinschaft.FürdieZulässigkeiteinessolchenMerkmalskönnteerstensderUmstandsprechen,
dassdiegroßenReligionsgemeinschaftenselbstübereinbeträchtlichesVermögenverfügen,
sodasssiedenStaatnichtübermäßigbelasten,mehrabervielleichtzweitensübereinehohe
AnzahlanMitgliedern,dieentwederKirchensteuernund/oderMitgliedsbeiträgezahlen.Die
Kirchenz.B.werdenauchohnestaatlicheUnterstützungeherinderLagesein,ihreAufgaben
wahrzunehmen.KleineReligionsgemeinschaftenhingegenbangenumihreExistenz,dennje
wenigerMitgliedersiehaben,destogeringereEinkünfteverzeichnensieauch.101Esfehlt,so
[93]VertiefendM.Droege,StaatsleistungenanReligionsgemeinschaftenimsäkularenKultur-undSozialstaat,2004,S.438ff.
[94]J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.238.
[95]SoauchL. Renck,DÖV2002,S.56(58).
[96]Vgl.BVerfGE19,1(9f.).
[97]J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.239.
[98]J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.239.
[99] J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.240.
[100]J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.240.
[101]F. Strich,GrundrechtlicheSchrankenbeiderstaatlichenFörderungsgewährung,2016,S.239.
21
könntemansagen,anfinanziellerwiepersonellerStärke.UmgekehrtergibtsichdieFörde-
rungswürdigkeitdergroßenReligionsgemeinschaftenausdemsignifikanthöherenVerwal-
tungsaufwand:mehrArbeitsräumeund-material,höherePersonalkostenundanderelaufen-
deKosten,dieeineStaffelförderungjenachGrößederGemeindegerechtfertigterscheinen
lassen102;Rechnungspostenalso,diediekleinenReligionsgemeinschaftennichthaben.
AllerdingswäreeseinVerstoßgegendasNeutralitätsgebot,wennderStaatfinanzielleMittel
gewährt, die darauf gerichtet sind, den Mitgliederbestand zu erhöhen.103 Unterstützt der
StaateinekleineOrtsgemeindebeimWerbenumneueMitglieder,damitsieauchzukünftig
undinnochstärkeremMaßevomStaatgefördertwerdenkann,nimmterEinflussaufdieEnt-
wicklungundZusammensetzungdieserReligionsgemeinschaft.Es istdemStaatabernichter-
laubt,z.B.großeGemeinschaftenschrumpfenundkleineGemeinschaftenwachsenzulassen.104
DasKriteriumderGrößealleinreichtfüreineEntscheidungüberdieFörderungsgewährung
nichtaus.EskannnurkumulativmitanderenKriterien,wieVerbreitung,Rechtsstatusund
sozialeBedeutungherangezogenwerden.105
NachherrschenderMeinungzulässigistdemgegenüberdieAnknüpfungandieRechtsform.
DiereligionsrechtlicheParitätdesGrundgesetzeswirdals„gestufteParität“106verstanden.107
Denn das Grundgesetz selbst sieht schon unterschiedliche Rechtsstellungen für Religions-
gemeinschaftenvor,dieprivatrechtlichorganisiertsind,undsolche,dieKörperschaftendes
öffentlichenRechtssind(vorallemmitdemBesteuerungsrechtnachArt.140GGi.V.m.Art.
137Abs.5WRV).Daswirdganzüberwiegendalsunproblematischangesehen,weiljedeReli-
gionsgemeinschaftgem.Art.140GGi.V.m.Art.137Abs.5Satz2WRVdieRechtsformeiner
KörperschaftdesöffentlichenRechtserlangenkann.DieseRegelunggiltalseinebesondere
AusprägungderreligionsrechtlichenParitätdesGrundgesetzes.Zwarhabenmuslimische
ReligionsgemeinschaftenbishernurinsehrgeringemUmfangErfolgmitentsprechenden
Anträgen.Aberausgeschlossenerscheintesdurchausnichtmehr,dassindennächstenJahren
und Jahrzehnten eine ganze Reihe von muslimischen Gemeinschaften Körperschaften des
öffentlichenRechtswerdenundsoauchindenGenussdermitdieserRechtsformverbundenen
Vergünstigungenkommen.JedenfallsseitderEntscheidungdes6.SenatsdesBVerwGvom
28.11.2012 zum Antrag der Religionsgemeinschaft der Bahá’í auf Verleihung der Körper-
schaftsrechtehabenauchkleineReligionsgemeinschaftenrealistischeAussichtendarauf,die
Körperschaftsrechtezuerhalten,wennsiesiebeantragen.108Dannwerdenallerdingsauch
KriterieneinergenauenjuristischenPrüfungunterzogen,aufdieesfürdieFrageneinerfinan-
ziellenFörderungansonstennichtingleicherWeiseankommt,u.a.dieFrage,obessichbei
deminRedestehendenreligiösenVerbandumeineReligionsgemeinschaft imRechtssinne
handelt;denneinesolchewirdvonArt.140GGi.V.m.Art.137Abs.5Satz2WRVausdrück-
lichverlangt.MuslimischeGemeinschaftenhabenausnachvollziehbarenreligiösenGründen
[102]F. Strich,GrundrechtlicheSchrankenbeiderstaatlichenFörderungsgewährung,2016,S.240.
[103]BbgVerfG,NVwZ-RR2012,S.577(584).
[104]Vgl.BbgVerfG,NVwZ-RR2012,S.577(584);F. Strich,GrundrechtlicheSchrankenbeiderstaatlichenFörderungsgewährung,2016,S.241.
[105]BbgVerfG,NVwZ-RR2012,S.577(583).
[106]Vgl.nurBbgVerfG,NVwZ-RR2012,S.577(582);näherS. Muckel, in:Friauf/Höfling(Hrsg.),BerlinerKommentarzumGG,Art.140Rn.40m.w.N.
[107]Krit.zuletztallerdingsA. Janssen,AspektedesStatusvonReligionsgemeinschaftenalsKörperschaftendesöffentlichenRechts,2.Aufl.2017,S.109ff.,147.
[108]BVerwG,NVwZ2013,S.943=KirchE60,364.
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
22 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
nichtunerheblicheSchwierigkeitendamit,sichalsReligionsgemeinschaftenimSinnedes
Grundgesetzeszuorganisieren.DieFragestelltsich,wennsieReligionsunterrichtalsordent-
lichesLehrfachanöffentlichenSchulenbeantragen(Art.7Abs.3GG)undebenwennsiedie
RechteeinerKörperschaftdesöffentlichenRechtserhaltenmöchten(Art.140GGi.V.m.Art.
137Abs.5Satz2WRV).Beideserscheintinzwischengleichwohlnichtmehrausgeschlossen.
DieseFragensollenaberhiernichtimEinzelnenentfaltetwerden.EsdarfaufAusführungen
anandererStelleverwiesenwerden.109
Festzuhaltenbleibt:DasreligionsrechtlicheParitätsgebotdesGrundgesetzesverlangtkeine
schematischeGleichbehandlung.Differenzierungensindzulässig,sofernsieanverfassungs-
gemäßeKriterienanknüpfen.DazuzählennebendemKörperschaftsstatusdieobengenannten
Aspekte:Organisiertheit,Geschichte,regionaleVerbreitung,karitativesEngagement,soziale
Aktivität sowie der Grad öffentlicher Wirksamkeit, auch in integrationspolitischer Hinsicht.
GrundsätzlichunzulässigeDifferenzierungenwerdendemgegenübervorallemdurchArt.3
Abs.3Satz1GGmarkiert.Daheißtesausdrücklich,dassniemand–unddasumfasstauch
Personengemeinschaften–wegenseinesGlaubensoderseinerreligiösenAnschauungbenach-
teiligtoderbevorzugtwerdendarf.SollteesanknüpfendaneinsolchesMerkmalzuUngleich-
behandlungenkommen(etwaweileinemittelvergebendeStelleeinebestimmteislamische
RichtungausderFörderungausschließt),kanndieUngleichbehandlungzwargerechtfertigt
sein.EsbedarfdazuabereinerstrengenPrüfungnachMaßgabedesVerhältnismäßigkeits-
prinzips.110Danachdürftez.B.derAusschlussderFörderungausGründeneinererwiesenen
GefahrfürdieöffentlicheSicherheit,dievondenAktivitätenderbetreffendenGemeinschaft
ausgehen,zulässigsein.
c)DasSelbstbestimmungsrechtderReligionsgemeinschaften
DieEmpfängerstaatlicherLeistungenmüssennichtReligionsgemeinschaftenimtechnischen,
verfassungsrechtlichenSinnesein;auchsog.religiöseVereine,dienichtdasjeweiligereligiöse
SpektruminGänzebedienen,sondernnureinenAusschnitt(z.B.Jugendarbeit,Bildungsarbeit,
IntegrationvonFlüchtlingen)erhaltenfinanzielleMittelvomStaat.WenndieEmpfängervon
FördermittelnaberReligionsgemeinschaften sind,darfdieFörderungnicht soausgestaltet
sein,dasssiesieinihremSelbstbestimmungsrechtverletzt.NachArt.140GGi.V.m.Art.137
Abs.3WRVhabenReligionsgemeinschaftendasRecht,ihreeigenenAngelegenheitenselbst-
ständiginnerhalbderSchrankenderfürallegeltendenGesetzezuordnenundzuverwalten.
AuchzudieserfürdasdeutscheReligionsverfassungsrechtsehrbedeutsamenVorschriftbesteht
[109] Zu den Körperschaftsrechten: S. Muckel, Muslimische Religionsgemeinschaften alsKörperschaftendesöffentlichenRechts,in:Antes/Ceylan(Hrsg.),MuslimeinDeutschland.HistorischeBestandsaufnahme,aktuelleEntwicklungenundzukünftigeForschungsfragen,2017,S.77ff.;zumReligionsunterricht:ders.,MuslimischeVerbändealsReligionsgemein-schaftenundVertragspartnerdesLandesNiedersachsen,in:Thümler(Hrsg.),WofürbrauchtNiedersachseneinenVertragmitmuslimischenVerbänden,2016,S.125ff.,127ff.,jeweilsm.w.N.
[110]DazuseihiernurverwiesenaufJ. Ipsen,StaatsrechtII.Grundrechte,20.Aufl.2017,§3III.S.49f.;T. Kingreen/R. Poscher,GrundrechteStaatsrechtII,33.Aufl.2017,§6IVRn.304f..;M. Sachs,VerfassungsrechtII–Grundrechte,3.Aufl.2017,S.177;U. J. Schröder,AL2015,S.327;M. Wienbracke,ZJS2013,S.148;K. A. Schachtschneider,PrinzipiendesRechtsstaates,2006,S.342f.;A. Emmerich-Fritsche,DerGrundsatzderVerhältnismäßig-keitalsDirektiveundSchrankederEG-Rechtsetzung,2000,S.140f.;insbes.mitBlickauffinanzielleZuwendungenJ.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,2015,S.266.
23RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
einereichhaltigeRechtsprechungdesBVerfG,diediesesRechtnachgrundrechtsanalogen
Strukturenentfaltethatundinzwischenweitgehendgefestigterscheint.111
Nicht nur eine staatliche Rechnungsprüfung kann das kirchliche Selbstbestimmungsrecht
erschweren.Auchz.B.eineBeeinflussungvonOrganisationsentscheidungenaufSeitender
ReligionsgemeinschaftenkannhierinRedestehen.Eskanndarumgehen,dassderStaat
verlangt,dieReligionsgemeinschaftmögesichseinenstaatlichen,möglicherweiseareligiösen
Wirtschaftlichkeitsvorstellungenunterwerfen.Eskannsein,dasseineFörderungdiePersonal-
hoheitderReligionsgemeinschaftberührt.112DerStaatdarfsichabernichtinAngelegenheiten
derReligionsgemeinschafteneinmischenundüberfinanzielleFörderungEinflussmöglichkeiten
erkaufen,dieihmvonVerfassungwegenuntersagtsind.HingegensollenLenkungsauflagen
inVergabebestimmungenvonZuwendungsrichtlinienunbedenklichsein,daderStaatnicht
zurLeistungandieReligionsgemeinschaftenverpflichtet sei.113Dasabererscheint fraglich,
weil–mangelseinesAnspruchsaufFörderung–diesesArgumentimmeraufstaatlicherSeite
insFeldgeführtwerdenkönnte,wenndieReligionsgemeinschaftsichdenstaatlichenVorstel-
lungennichtfügenmöchte.
NachderRechtsprechungdesBundesverfassungsgerichtsmeint„ordnenundverwalten“im
SinnevonArt.140GGi.V.m.Art.137Abs.3WRV,dassdieReligionsgemeinschaftalleAn-
gelegenheitenaufderGrundlageihresSelbstverständnissesrechtlichgestaltendarf.114Dem
säkularenStaatistesverwehrt,dieAufgabenderReligionsgemeinschaftenselbstfestzulegen,
weilerdenGlaubenoderUnglaubenseinerBürgernichtbewertendarfundihmsomitdie
BefugnisundderMaßstabzurBestimmungderausseinerSichtrichtigenreligiösenAnsichten
undAuswirkungenaufdasreligiöseLebenderGemeinschaftenfehlt.115
AufdieLeistungsverwaltungdesStaatesübertragen,bedeutetdies,dassderStaatkeineBe-
einflussungderreligiösenAngelegenheitendurchfinanzielleZuwendungenvornehmendarf,
umdie innereOrdnungder Religionsgemeinschaft in bestimmteRichtungen zu lenken.116
FernerverlangtauchdasSelbstbestimmungsrecht(wiederParitätsgrundsatz,undwieesder
religiös-weltanschaulichenNeutralitätdesStaatesentspricht),dassdieFörderungfürallegelten
muss,dasheißtsiemussallgemeingehaltenseinunddarfnichtgezieltundexplizitnurbe-
stimmtereligiöseInhalte(mittelbar)unterstützen.117
[111]AusderkaummehrzuüberschauendenLiteraturzumSelbstbestimmungsrechtderReli-gionsgemeinschaftenseihierverwiesenaufS. Korioth,FreiheitderKirchenundReligions-gemeinschaften,in:Merten/Papier(Hrsg.),HandbuchderGrundrechteinDeutschlandundEuropa,Bd.IV/1,2011,S.617ff.(Rn.21ff.)m.umfangr.w.Nachw.;vgl.auchS. Muckel,in:Friauf/Höfling(Hrsg.),BerlinerKommentarzumGG,Art.140/Art.137WRVRn.25ff.m.w.N.
[112]Vgl.G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundes-republikDeutschland,Bd.1,S.881.
[113]G. Robbers,in:Listl/Pirson(Hrsg.),HandbuchdesStaatskirchenrechtsderBundesrepu-blikDeutschland,Bd.1,S.882.
[114]Vgl.nurBVerfGE70,138(165).
[115]Vgl.M. Heckel, in:Badura/Dreier (Hrsg.),Festschrift50 JahreBundesverfassungsge-richt,Bd.2,S.379(411).
[116]F. Strich,GrundrechtlicheSchrankenbeiderstaatlichenFörderungsgewährung,S.223.
[117]F. Strich,GrundrechtlicheSchrankenbeiderstaatlichenFörderungsgewährung,S.228f.
24 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
4. Kulturstaatliche Förderung umfasst muslimische Empfänger
Esistbereitserläutertworden,dassausderKulturstaatsverpflichtungkeineFörderpflichtab-
geleitetwerdenkann,wohlabereinBegründungsansatzfüreinefakultativeFörderung–so
auchfürMuslime.AngesichtsdersteigendenZahlinDeutschlandlebenderMuslimekönnte
derStaataufdaswachsendeBedürfnisdermuslimischenBevölkerungnachreligiösenEnt-
faltungsmöglichkeitenmiteinerfinanziellenFörderungihrerGemeinschaften–mitdemVer-
weisaufseineKulturstaatlichkeit–reagieren.DieFörderungwärealsoderKulturförderung
zuzuschreiben.SelbstredenddarfessichauchdabeinichtumeineverdeckteParteinahme
handeln, die nur vordergründig auf sachlichenGründenberuht.Auchhier darf es zudem
nichtzumZirkelschlusskommen inderArt,dassderStaateineReligionsgemeinschaftauf-
grundihrerkulturellenBedeutungfördert,damitsiealskulturellrelevanterFaktorbestehen
bleibtunddauerhaftgefördertwerdenkann.118UnterdenBegriffderförderungsbedürftigen
und-würdigenKulturmussimhiesigenKontexteineunbeschränkteZahlanReligionsgemein-
schaftensubsumiertwerdenkönnen,sodasses–wasebenauchfürdenIslamgilt–unzu-
lässigwäre,alleinaufhistorischeWurzelnundGüter(Bauteno.ä.)abzustellen.ImGegenteil:
EsistderaktuelleBeitragderbetreffendenReligionsgemeinschaftzumkulturellenLebenin
Deutschlandmaßgeblich:AnzahlundGrößederkulturellenVeranstaltungen,Förderungen,
StiftungenoderEinrichtungen,dievonderReligionsgemeinschaftbetriebenwerden.119Der
GottesdienstselbstkanneinIndizfüreinebesonderekulturelleRelevanzsein,trotzfehlender
EigenschaftalssäkularesKriterium.120KulturelleBedeutungdürftejedenfallszubejahensein,
wennfürdiebreiteÖffentlichkeitbestimmteVeranstaltungenAußenstehendeundReligions-
angehörigeanziehenunddadurchaufein repräsentatives Interesse stoßen.121Verzeichnet
eine islamische Gemeinschaft bei einer öffentlich zugänglichen (religiösen) Veranstaltung
größereBesucherzahlenalsdiekatholischeKirchebeieinemvergleichbarenSonntagsgottes-
dienst,solltediesbeiderBewertungkulturellerBedeutungBerücksichtigungfinden.
„DerIslamgehörtzuDeutschland.“DieserSatzdesfrüherenBundespräsidentenChristian Wulff
ist allseits bekannt,wennauchhochgradigumstrittengeblieben.Der Streit soll hier nicht
aufgegriffenwerden.Tatsacheistjedenfalls,dassMuslimeinDeutschlandleben,dassesimmer
mehrwerdenunddassvielevonihnendeutscheStaatsbürgersind.Auchwennes„den“Islam
nichtgibt,sokanndochnichtübersehenwerden,dassdiezwischen4und5MillionenMuslime
inDeutschlanddieKulturlandschaftprägen.DasgeschiehtauchundgeradedurchdieArbeit
dervielenverschiedenenGemeinschaftenundVerbände,welcheschonjetztmöglicherweise
einenbedeutendenBeitragfürdiedeutscheGesellschaftinsgesamt,jedenfallsaberfürderzeit
etwasechsProzentderdeutschenBevölkerungleisten.122Esist,wieAlfred Albrecht schonvor
vielenJahrenanregte,inderTatnäherzuprüfen,wasdieKonkretisierungdesKulturstaats-
auftragesaufdieneuepluralistischeKulturstrukturhingebietet.123
[118]Vgl.J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,S.235.
[119]J.-B. Schrooten,GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,S.236.
[120]A.A.BVerwGUrt. v.25.11.2010–2C32.09,BeckRS2011,46076Rn.20,dasdieöffentlicheBedeutungeinesBezirkskongressesder Zeugen JehovasunterBezugaufdenGottesdienstcharakterablehnte.
[121]Vgl. J.-B. Schrooten, GleichheitssatzundReligionsgemeinschaften,S.236.
[122] Die Zahlen sind entnommen aus http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Working-Papers/wp71-zahl-muslime-deutschland.pdf?blob=publicationFilezuletztabgerufenam30.10.2017.
[123]A. Albrecht,ReligionspolitischeAufgabenangesichtsderPräsenzdesIslaminderBun-desrepublikDeutschland,in:Marré(Hrsg.),EssenerGesprächezumThemaStaatundKirche,Bd.28,S.82(86ff.).
25RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
C) FINANZIERUNG AUS DEM AUSLAND
ErhobenwirdimmerwiederdieForderung,dieFinanzierungmuslimischerVerbändeausdem
Auslandzuunterbinden,weildamitunerwünschteEinflüsseeinerausländischenMachtinge-
sellschaftlicheodergarschulischeVorgängeimInlandverbundenseien.MancheForderung
setztnichtsoumfassendanundwendetsichgegeneinzelneFinanzierungsvorgängeoderdie
damitengverflochteneEntsendungtürkischerImamenachDeutschland,diebeiihrerArbeit
hierzulandeausderTürkeibezahltwerden.124
MitunterwirdderleikombiniertmitderForderungnachErlasseinesIslamgesetzes,wiedies
2016inÖsterreichgeschehenist.125Aus§5Abs.1Nr.3i.V.m.§6Abs.2desösterreichischen
Islamgesetzes126ergibtsicheinVerbotderAuslandsfinanzierungislamischerReligionsgemein-
schaften,dienachdiesemGesetzdieRechtspersönlichkeiterlangenmöchten.127Einsolches
GesetzistinDeutschlandausverfassungsrechtlichenGründennichtdenkbar.Eswiderspräche
invielfacherHinsichtdemSelbstbestimmungsrechtderReligionsgemeinschaften,wiees in
Art.140GGi.V.m.Art.137Abs.3WRVverfassungsrechtlichverankertist.Vorallemwärees
kein„fürallegeltendesGesetz“imSinnedieserVorschrift,sonderneinspezifischdenIslam
inDeutschlandbetreffendesRegelwerk–alsogenaueinsolchesGesetz,wieArt.140GG
i.V.m.Art.137Abs.3Satz1WRVesausschließt.Daherwärees–unabhängigdavon,dass
einRegelwerkzumIslamnichtindieGesetzgebungskompetenzdesBundesfiele,sondernin
diederLänder128–verfassungsrechtlichnichthaltbar,ebenauchnichtalsGesetzeinesoder
mehrererLänder.
Auch eine aus dem Ausland kommende Finanzierung einer in Deutschland bestehenden
ReligionsgemeinschaftodersonstigenreligiösenVereinigung,diemitausländischenStellen
verbundenist,wiedasinderangedeutetenWeisebeiderDİTİBderFallist,kannausverfas-
sungsrechtlichenGründennichtperseunterbundenwerden.ManmagdieDİTİB,wieesmit-
untergeschieht,als„verlängertenArm“destürkischenAmtesfürreligiöseAngelegenheiten
verstehen.EinejuristischeUntersuchungbedarfgenauerenHinsehens.DieDİTİBstehteindeu-
tigunterdemEinflussdestürkischenStaates.Sieistdarumaberkeine„Außenstelledertür-
kischenRegierung“129oderStelle,derenWirkenhierschondeshalbproblematischerscheint.
DieDİTİBbestehtausdenhierinDeutschlandlebendenMenschen.BisindieVorständeder
LandesverbändegehörenihrzahlreichePersonenan,dienichtdietürkische,sondernnurdie
deutscheStaatsangehörigkeithaben.SiealstürkischeOrganisationzuverstehen,gehtschon
deshalbzuweit.WennderEinflussdesDiyanetjedenfallsaufdieLandesverbände,wiedar-
gelegt,begrenztist(jedenfallsnichtdieInhaltedesReligionsunterrichtsnachArt.7Abs.3GG
bestimmt), sinddieDİTİB-Landesverbände, fürdiedas zutrifft,Religionsgemeinschaften
[124]Vgl.etwadenArtikelinSüddeutsche.dev.20.4.2016„CSU-AbgeordneterwillMoschee-Steuer“ zur Forderung des CSU-Politikers Radwan, muslimische ReligionsgemeinschaftensolltenalsKörperschaftendesöffentlichenRechtsSteuernerhebendürfen,damitihreFinan-zierungausdemAuslandgestopptwerdenkönne;fernerseiverwiesenaufdieAntwortderBundesregierungaufeineKleineAnfragederAbgeordnetenVolkerBecku.a.,in:BT-Drucks.18/13658,S.1ff.;AntwortderBundesregierungaufdieKleineAnfragederAbgeordnetenUllaJelpkeu.a.,in:BT-Drucks.18/12259.S.2ff.
[125]Vgl.F.A.Z.v.4.4.2017,S.4:„EinIslamgesetzfürKakanien“.
[126]Gesetzaus2015i.d.F.vom14.10.2017,BGBl.INr.39/2015.
[127]ZumAntragserfordernis:§3Abs.1Satz1IslamG.
[128]SomitRechtauchderParl.StaatssekretärimBundesinnenministeriumKrings, in:Deutscher Bundestag. Plenarprotokoll 18/230. Stenographischer Bericht. 230. Sitzung v.26.4.2017,S.23154(zuFrage17desAbgeordnetenVolkerBeck).
[129] SoaberC. Starck, Staatsverträgedes LandesNiedersachsenmitMuslimverbänden,NdsVBl.2016,S.353(354).
26 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
i.S.v.Art.7Abs.3GGundArt.140GGi.V.m.Art.137Abs.3WRV.130Alssolcheverfügen
sienichtnurüberdievonArt.2Abs.1GGgeschützteVereinsautonomieunddiemit ihr
verbundenenFreiräume.SiesindvielmehrTrägerdesSelbstbestimmungsrechtsderReligions-
gemeinschaftenausArt.137Abs.3WRV.ObsieihreFinanzmittelausdemIn-oderAusland
beziehen,istihrersomitverfassungsrechtlichgeschütztenEntscheidungüberlassen.Eingriffe
indiesesRechtsindzwaraufgrundeinesfürallegeltendenGesetzesmöglich(alsonichtauf-
grundeinesGesetzeswiedemösterreichischenIslamgesetz).SiebedürfenabereinerRecht-
fertigung, die den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes standhalten muss.
EinevölligeUntersagungderausländischenFinanzierungdürftedieseHürdenichtnehmen,
solangenichtVerhaltensweisenvonMitgliedernoderBedienstetendesVerbandesdieRechte
DritteroderverfassungsrechtlichverbürgteGemeinschaftswertesystematischundinweit-
reichendemMaßeverletzt.131
Es lässt sichnichtderNachweis führen,dassdieFinanzierungmuslimischerVerbändeaus
demAusland– indenKategoriendesGefahrenabwehrrechtsausgedrückt–abstrakt,also
typischerweise und unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls gefährlich ist für
dieVerfassungsordnung inDeutschlandoder fürRechteoderBelangeEinzelner.Daswäre
abernotwendigfüreinrechtlicheinwandfreiesVerbot.EskommtvielmehraufdenEinzelfall
an und damit auf die Frage, ob sich in einzelnen, je spezifischen Fallkonstellationen eine
konkreteGefahrfürschützenswerteRechteoderGüternachweisenlässt.Dannkanngegen
MissständeoderRechteverletzendenVerhaltensweiseEinzelner,wiesiez.B.indersog.Spitzel-
affäre132zutagegetretensind,diezuständigestaatlicheStelledienotwendigenMaßnahmen
ergreifen.AlssolchekommenzunächstschulrechtlicheReaktioneninBetracht,wieeinAus-
schlussbetroffenerLehrervomReligionsunterricht.Aberaucheinordnungsrechtliches,ein
aufenthaltsrechtlichesodergareinstrafrechtlichesVorgehen–etwagegenHassprediger–
erscheintdurchausdenkbar. Rechtsstaatlich angemessenes, d.h. vor allemdemGrundsatz
derVerhältnismäßigkeitgenügendes,staatlichesVorgehensetztamkonkretenRechtsverstoß
bzw.derkonkretenGefahrenemanationan.DennnurdieseäußereAktualisierungeinerKette
vonUrsachenistalsVerhaltenhinreichendfassbar.133
ImÜbrigenwirdmanfüreinvölligesVerbotderAuslandsfinanzierungeinerReligionsgemein-
schafteinegesetzlicheErmächtigungsgrundlagefordernmüssen,diehinreichendbestimmt
undbereichsspezifischgefasstist.Siebesteht,soweitersichtlich,derzeitnicht.Ausdendarge-
legtenGründenkannsieinverfassungsrechtlicheinwandfreierWeiseaberauchkaumerlassen
werden.Denn siedarf nicht nurReligionsgemeinschaftenbetreffen, damit sie ein für alle
geltendesGesetzi.S.v.Art.140GGi.V.m.Art.137Abs.3WRVist.Andernfallsistsieschon
[130]Vgl.S. Muckel,MuslimischeVerbändealsReligionsgemeinschaftenundVertragspartnerdesLandesNiedersachsen,in:Thümler(Hrsg.),WofürbrauchtNiedersachseneinenVertragmitmuslimischenVerbänden?,2016,S.125(161f.);mitBlickaufdenDİTİB-LandesverbandNiedersachsenundBremene.V.Vgl. zurDİTİB imAllgemeinenauchdie sehrdifferenzierte AnalysevonTheresa Beilschmidt,DİTİBzwischenHerkunftsstaatorientierung,Kooperations-erwartungenundlokalerVernetzunginDeutschland,in:U.Hunger/N.J.Schröder(Hrsg.),StaatundIslam.InterdisziplinärePerspektiven,2016,S.225(234,pass.).
[131]Vgl.H. M. Heinig,in:https://www.derwesten.de/politik/tuerkische-gemeinde-unterstuetzt-forderung-nach-moschee-steuer-id11751980.html.[zuletztabgerufenam30.10.2017].
[132] Dazu etwa F.A.Z. v. 7.2.2017, S. 4: „Die Bespitzelung und ihre Vertuschung“; SZ v.24.2.2017,S.6:„TürkischeLehrprobe“;F.A.Z.v.24.2.2017,S.1:„SchwereVorwürfegegentürkischeKonsulate“undS.3:„KritischeLehrerbittemelden“;SZv.28.3.2017,S.1:„TürkeninDeutschlandwerdenausspioniert“;F.A.Z.v.7.4.2017,S.4:„20TürkenunterSpionage-verdacht“.
[133]ZuRechtweistC.Möllers,ReligiöseFreiheitalsGefahr,VVDStRL68(2009),S.47(83),daraufhin,dassderSchutzderReligionsfreiheitganzkonkretepolizeirechtlicheGefahrenerzeugenkann.
27
wegeneinesVerstoßesgegendieseVorschriftverfassungswidrig.Siemussdarüberhinaus-
weisendallegesellschaftlichaktivenVerbändebetreffen,dieausdemAuslandfinanziertwerden
können.Schondaserscheintschwerabgrenzbar.ImÜbrigenwäreeinesolcheRegelungauch
unterdemGesichtspunktderGeeignetheitdesEingriffsfragwürdig,diealsTeilderVerhältnis-
mäßigkeitinjedemFallzuprüfenwäre.DasösterreichischeBeispielzeigtnämlich,dassesim
Ergebnisnichtgelungenist,dieausländischenFinanzströmezuunterbinden.Offenbarsind
die fürösterreichischemuslimischeVereinigungenbestimmtenGelderausderTürkeinicht
mehrunmittelbargeflossen,sondernüberprivatetürkischeInstitutionen.134
D) FAZIT
DerIslamstelltfürdasdeutscheRechtnachwievoreineHerausforderungdar.Längstaber
bestehen hierzulande zwischen dem Islam als solchem und den muslimischen Verbänden
einerseitsunddemReligionsverfassungsrecht(daslängstkein„Staatskirchenrecht“mehrist)
andererseitsUnvereinbarkeiten,dieunlösbarerscheinen.EsbestehenmuslimischeReligions-
gemeinschaftenaufdeutschemBoden,vondeneneinesogarschonalsKörperschaftdesöffent-
lichen Rechts anerkannt worden ist; weitere werden folgen. Es wird bereits mancherorts
islamischerReligionsunterrichtalsordentlichesLehrfachi.S.v.Art.7Abs.3GGerteilt.Und
muslimischeOrganisationenwerdenvonstaatlichenStellenfinanziellunterstützt,namentlich
wennundsoweitsiegemeinwohldienlicheAufgabenerfüllen,wiez.B.inderIntegrationsarbeit
mitausländischenFlüchtlingen.SoerscheintdieZeitreif,überdieFinanzierungislamischer
OrganisationeninDeutschlandinsgesamtnachzudenkenundsieindasSystemdesdeutschen
Religionsverfassungsrechts, aber auch des sonstigen Verfassungs- wie Verwaltungsrechts
einzufügen.DasbedarfdifferenzierterÜberlegungen,diepauschaleLösungen imErgebnis
nichtzulassen.SiezeigenimWesentlichen,dassmuslimischeVerbände–wieandereReligions-
gemeinschaften und religiöse Vereine – vorbehaltlich anders lautender vertraglicher Rege-
lungenineinzelnenLändernkeinenoriginärenAnspruchauffinanzielleFörderungdurchden
Staathaben.Siekönnenabererwarten,dassderStaatinsbesonderebeiZahlungenzurso-
zialenoderkulturellenFörderungendie rechtlichenMaßgabeneinhält (etwadasGleichbe-
handlungsgebot)unddierechtlichenGrenzendenkbarerEinflussnahmen(aufgrundvorallem
derreligiös-weltanschaulichenNeutralitätdesStaatesunddesSelbstbestimmungsrechtsder
Religionsgemeinschaften)einhält. Schließlich solltedeutlichwerden,dassdieFinanzierung
muslimischerVerbändeausdemAuslandnichtperserechtswidrigistundnichtohneweiteres
unterbundenwerdenkann.
[134]C. Felke/F. Otto,WarumÖsterreichsIslamgesetzkeinVorbildist,in:ZeitOnline,http://www.zeit.de/-gesellschaft/zeitgeschehen/2017-04/islamgesetz-cdu-wahlkampf-oesterreich-deutschland[zuletztabgerufenam30.10.2017].
RECHTLICHE MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN ÖFFENTLICHER FINANZIERUNG MUSLIMISCHEN LEBENS IN DEUTSCHLAND
28 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
DIE GLEICHSTELLUNG DES ISLAM IN DEUTSCHLAND:
MEHR STILLSTAND ALS FORTSCHRITT
Aiman Mazyek
IndenvergangenenzehnJahrenhatderBundinderIntegrationspolitikwichtigeWeichen
gestellt. Man denke zum Beispiel an die Einrichtung der Deutschen Islam Konferenz, den
AufbauvonZentrenfürIslamischeTheologieanHochschulenoderdenvielzitiertenSatzvon
BundespräsidentWulffvom3.Oktober2010:„DerIslamgehörtzuDeutschland.“DieseFest-
stellungwurdeinderFolgevonzahlreichenanderenPolitikernaufgegriffenundwiederholt.
DieshatindermuslimischenCommunitydenBlickaufDeutschlandzumPositivenverändert.
VieleerfülltesjedochinjüngererZeitmitSorge,dasseinigePolitikerinderIntegrationspolitik
härtereTöneanschlagenunddamitnach rechts rücken.DaseinseitigeAnklagenvonMig-
rant_innen– vorallemvonMuslimen–ohne jeglicheAnerkennung fürgeleistete Integra-
tionserfolgewirftunszurück.WirlaufengegenwärtigGefahr,aufderStellezutretenoder
garRückschrittezumachen.DiesteigendeIslamfeindlichkeitinunseremLand,dieinsbeson-
dere rechteGruppenwiePegidaundAfDgeschickt fürweitereRessentimentsgegenüber
Minderheitenforcieren,bedrohtunserMiteinander.WirwünschenunsmehrdieSensibilität
und,dassalleGruppen–ebenauchdieMuslime–angesprochenundnichtgegeneinander
ausgespieltwerden.DasvonderFriedrich-Ebert-StiftungmitnamhaftenStakeholdernund
MultiplikatorenerarbeiteteundimletztenJahrherausgegebeneund„LeitbildfürdieEinwan-
derungsgesellschaft“,istindieserHinsichteinpositivesBeispiel.
Esistwichtig,dieMenschenmitzunehmen,erstRechtdiehiergeborenenoderlangeinunserem
LandlebendenMenschenmitEinwanderungsgeschichte.NichtzuletztvordemHintergrund
dergegenwärtig laufendenRegierungsbildungmiteinemvoraussichtlichneuenCSUInnen-
undHeimatministerwünschenwirunsdienotwendigeSensibilitätdafürunddieFortsetzung
einesbegonnenenPartizipationsprozessesmitdenmuslimischenVerbändenundetablierten
Organisationen.
DennnochimmeristdieGleichstellungundGleichbehandlungderislamischenReligionsge-
meinschaftenungelöst-auchnachdreiWahlperioden,indenendieDeutscheIslamKonferenz
(DIK)getagthat.SelbstverständlichmussdabeidieEinhaltungunsererWerteeingefordert
werden.DieaktuellenVerwerfungenzwischenderTürkeiundDeutschlandsowiederenAus-
wirkungenaufdietürkisch-islamischenInstitutionen,habendiesenprozesszuletztbelastet.
UndauchwennReligionLändersacheist,solltederBundgeradejetzteineVorreiterrolleein-
nehmenundeinenneuenAufschlagzurFragederNeugliederungundIntegrationdesIslam
indasdeutscheStaatswesenundimRahmenunseresReligionsverfassungsrechtesunternehmen.
UndeinderentscheidendenFragendabeiwirddiezukünftigeFinanzierungdesislamischen
Gemeindewesenssein.DieserArtikelzeigteinigederaktuellenHerausforderungenfürmusli-
mischeVerbändeunddieIntegrationdesIslaminsgesamtinDeutschlandauf.
29DIE GLEICHSTELLUNG DES ISLAM IN DEUTSCHLAND: MEHR STILLSTAND ALS FORTSCHRITT
ISLAMUNTERRICHT
DieSituationdesislamischenUnterrichtsanstaatlichenSchuleninDeutschlandistnochsehr
unbefriedigend.BislangwirdleidernureinBruchteildermuslimischenSchüleranstaatlichen
Schulen,zumBeispielinNordrhein-Westfalen,HessenoderNiedersachsen,entsprechendunter-
richtet.DievollmundigeAussagederPolitik,wirhättenbereitsislamischenReligionsunterricht,
trifftalsonurteilweisezu.DerUnterrichtwieauchdieLehrerausbildungandenUniversitäten
musserstnochstarkausgebautwerden,sonstbleibteseineNischenveranstaltung.Esgibt
z.B.inNRWislamischenReligionsunterrichtanetwa200Schulenmitrund200Lehrerinnen
undLehrer.Damitwerdenca.20000Schüler_innenerreicht–voninsgesamt360000musli-
mischenSchüler_innen.Dasbedeutet,dassnachfast10JahrendasAngeboterstfünfProzent
derZielgruppeerreicht.UndesfindetfastausschließlichmitjüngerenKindernstatt,dennim
SekundarbereichIIgibteswenigerals10SchulenmiteinementsprechendenUnterrichtsan-
gebot.UnddasallesimgrößtenBundeslandmitübereinerMillionenMuslimen.
ErschwertwirddieSituationnochdurchdasUrteildesOberverwaltungsgerichtMünstervom
9.November2017.Darin entschieddasGericht in letzter Instanz, dassder Zentralratder
MuslimeundderIslamratkeineReligionsgemeinschaftensind.AusSichtdesZentralratesist
dieEntscheidungdesGerichts falsch.DerZMDhatdeshalbgegendasUrteileineNichtzu-
lassungsbeschwerdeeingelegt.Wenn sienichtgreift, istderZMDbereit,bis zumBundes-
verfassungsgerichtzugehen.Dies istmandenSchülerinnenundSchülern,aberauchden
LehrerinnenundLehrerndesislamischenReligionsunterrichtsschuldig.
WasdieVerfasstheitderislamischenReligionsgemeinschaftenangeht,beispielsweisemitBlick
aufihreGrößeunddieVerlässlichkeitderDauer,dieDurchlässigkeitvonobennachuntenund
umgekehrt,hatderZentralratlängstdieVoraussetzungenerfüllt,alsReligionsgemeinschaft
zugelten.DasProblemist:EslassensichnichteinfachdieMerkmalevonKircheneinszueins
aufdieMuslimeübertragen.StattdassdasGerichtunserReligionsverfassungsrechtimSinne
derRechtsfortbildungweiterentwickeltundauchdasWesendermuslimischenGemeinden
unddiedahinterstehendenReligionsgemeinschaftenerfasst,hates–nachmeinerAuffassung
„päpstlicheralsderPapst“–dieausdemGlaubensbekenntniserwachsenePluralitätundVielfalt
moniert.DabeihattemandochjahrelangdieislamischeVielfaltgelobtunddaraufgedrängt,
dassbeispielsweiseVerbändemultiethnischundkonfessionelloffenseinsollten.DasUrteil
hatzudemnochnichteinmaldievonderLandesregierungNRWinAuftraggegebenenundin
BezugaufdenStatusderReligionsgemeinschaftfürunsüberauspositivenRechtsgutachten
inseineBewertungeinfließen lassen.Dies istkeinverfassungskonformerUmgangmitden
muslimischenReligionsgemeinschaften,dieseitüber30JahrenarbeitenundderenMitglieder
z.T.mehralseinhalbesJahrhundertinDeutschlandleben.Aberesentsprichtwohlinetwa
demStanddesderzeitigenDiskursesüber„denIslam“inDeutschland,deraufderStelletritt.
ISLAMISCHE THEOLOGIE AN UNIVERSITÄTEN
Ein weiterer wichtiger Baustein ist das Islam-Studium an den staatlichen Universitäten in
Deutschland.BereitsvorzehnJahrenerhieltderZentralrateineAnfragedesDeutschenWissen-
schaftsrats,oberislamischeLehrstühleandenUniversitätenunterstützenwürde.Dazuwar
derZentralratsofortbereit.Inzwischenwurdeauchschoneinigeserreicht,abernochnicht
genug.Diederzeitigen fünfZentren für IslamischeTheologie reichennichtaus.Es istz.B.
wichtig,dasszusätzlichdieImam-AusbildungandendeutschenUniversitätenmöglichwird.
DasabergehtnurzusammenmitdenislamischenReligionsgemeinschaften.
30 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
EineEntwicklungindierichtigeRichtunggibtesderzeitbeiderEinrichtungderislamischen
TheologieanderHumboldt-UniversitätinBerlin.HieristderZentralratübereinenBeiratge-
meinsammitanderenVerbändenvertreten.ZwaristderentsprechendeVertragnochnicht
abgeschlossen, steht jedochkurz vorderUnterschrift.DieBeiratslösung ist einmögliches,
abergleichsam‚hinkendes‘ModellundkannnureineÜbergangslösungsein,insofernesein
Sonderrechtdarstellt.Idealerweisesollteessosein,dassdieReligionsgemeinschaftendirekt
anderEtablierungderislamischenTheologiebeteiligtwerden,sowiediesbeiderkatholischen
undevangelischenKirchederFallist.
IMAM-AUSBILDUNG
Wiebereitserwähnt,wirdvielüberdieAusbildungvonImamenundSeelsorger_innengeredet.
AufdermuslimischenSeitewirdvonnichtwenigenAkteurendabeiderFehlergemacht,sich
weiteraufeineEthnisierungdesIslaminDeutschlandeinzulassenundtrotzüberkommener
Strukturen nach ehemaligen Herkunftsländern zu unterscheiden. Das ist keine Sünde, hat
sicherlich auch seinen Platz in einer plural ausgerichteten Religionsgemeinschaft, jedoch
bremst es mittelfristig die Integration der Muslime in Deutschland. Der religionspolitische
StillstandunddieKonzeptlosigkeitinTeilenderdeutschenPolitikverschlimmertdiesenTrend
nochweiter.
DeutlichwirddieserMissstandbesondersanderAusbildungderalsImametätigenMenschen
inDeutschland.Diesefindet imMomentüberwiegend imAuslandoder imSelbststudium
statt.WennesnachdemZentralratginge,wärederenAusbildungschon lange ineinigen
der IslamischenTheologischenZentreneingebettetworden. In einigen Ländern sindauch
schonZwischenschritteundAlternativvorschlägevorgelegtworden.Abereshapertander
Umsetzung.DabeipassthierdasVorbildderKirchengut:DieImamausbildungsollte–eben
wiebeidenKirchen–gemeinsamvonderReligionsgemeinschaftundderUniversitätdurch-
geführtwerden.WieindenPriesterseminarenderkatholischenKirchemussdasCurriculum
unddiepraktischeAusbildungvonderReligionsgemeinschaftverantwortetwerden,sowie
esdasGrundgesetzauchvorsieht.Die Imamesollen jaspäter indenGemeindenarbeiten;
UniversitätundMoscheesindhierbeiPartner,bzw.solltendassein.Diesewürdedannfür
dasnötigeVertrauensorgen,damitdieGemeindeneinesTagesdieseImameundSeelsorger
übernehmen.EinekünstlicheAbgrenzungzudenReligionsgemeinschaften führt zunichts.
DiePolitisierungderMuslimemitAbstempelungenin„konservativ“oder„liberal“,etc.geht
andermuslimischenRealitätvorbeiundstärktimZweifelRadikaleandenRändern.
DerzeitwirdeingroßerTeilderetwa1000Imameinden2500GemeindeninDeutschland
vonAnkarabezahltund inderTürkeiausgebildet.EinkleinerTeilvon ihnenstammt inzwi-
schen aus Deutschland, spricht die deutsche Sprache, was sehr begrüßungswert ist, und
absolviert seine Ausbildung in Ankara. Einige dieser Imame sind auch in anderen als den
DİTİB-Moscheentätig,vorrangigintürkischen.DerandereTeilderImame,z.B.auchinden
ZMD-Moscheen,setztsichzusammenausAkademikern,diehierzulandeoderimAuslandIslam-
wissenschaftstudierthaben,oftaberkeineklassischeImam-Ausbildunggenossenhaben.Der
VIKZbildethierzulandeImameimRahmeneigenerLehrgängeaus.
AuchdieFinanzierungderImamausbildungmussbedachtwerden.FürdenÜbergangmüsste
diebestehendeAusbildungislamischerReligionslehrer_innengenutztundindenStudiengängen
einzusätzlichesModul„SeelsorgeinderGemeinde“eingerichtetwerden.WährendderAus-
bildungkönntendiejungenLeutedannzufünfzigProzentvoneinerGemeindefinanziertwer-
den,zu50ProzentalsBeamtedurchdenStaatalsLehrertätigsein.SowäredieNeutralitätdes
31
Staatesnichtangetastet,esgäbeeintragbaresFinanzierungsmodell,dasfürdieGemeinden
aufgrundihrerfinanziellenBelastungauchleistbarwäre.Zudemwirddaswichtigeundseit
JahrengenannteZielerreicht,deutschsprachige,hieraufgewachseneundderdeutschenKultur
undMentalitätvertrautenImameindenMoscheenzuhaben.
EinParadigmenwechselhinzudeutschenImamenwirdnurüberdieInstallierungeinerImam-
ausbildunginDeutschlandgelingen,dieesderzeitsonichtgibt.Umdiesezuschaffen,müssen
Übergangsreglungenmitden islamischenReligionsgemeinschaftenvereinbartwerden,wie
etwadergeradeskizzierteVorschlag.ZudembrauchtesauchdenpolitischenWillen,sich
diesemThemaunddendazugehörigenFinanzierungsfragenzuwidmen.
KÖRPERSCHAFT
EinweiteresProblemistdieAnerkennungmuslimischerOrganisationenalsKörperschaftdes
öffentlichen Rechts. Die Anerkennung scheiterte bislang an verschiedenen Gründen. Man
könntehierweitzurückgreifen.EsliegenseitJahrenAnträgedesIslamratesunddesVerbands
der islamischenKulturzentren (VIKZ)beidenLändernvor,dieebenfalls seit Jahren in ihrer
BearbeitungkeinenFortschrittmachen.DerZMDhingegensetztstattaufdenKlagewegauf
KooperationenmitdenLänderninFormvonStaatsverträgenodergemeinsameVereinbarungen
wieinHamburg,NRWundNiedersachsen.DieserWegistaberinzwischenindermuslimischen
Gemeinschaftsehrumstritten,weildieErgebnissebescheidensindundursprünglicheVerein-
barungen,wiez.B.derStaatsvertraginNiedersachsenoderderAnerkennungsprozessüber
GutachteninNRW,vonderPolitiknichtumgesetztwerden.DassaucheineformelleAnerken-
nungalsReligionsgemeinschaftmöglichist,zeigtdasBeispielderAhmadiyyainHessen,die
schonlangealsKörperschaftendesöffentlichenRechtsanerkanntist.DerZMDhatesseiner-
zeitineinerPressemitteilungsehrbegrüßt,dassandereReligionsgemeinschaftendiesenStatus
erhalten.EsbeweistdieFlexibilitätdesRechtesundstärktunserReligionsverfassungsrecht.
ZUSAMMENARBEIT MIT STAATLICHEN STELLEN UND DER KONTEXT ISLAM = TERROR
DieZusammenarbeitmitstaatlichenStellenistwichtigundmusskonsequentausgebautwerden.
UnsereGesellschaft istweiterhinfragil,wasdasöffentlicheReizthema„GewaltundTerror“
imKontextvonislambezogenenDebattenangeht.DiesgiltumsomehrseitdemEinzugder
AfDinfastalleParlamente,davieleAkteuredieserParteieineGleichsetzungvonIslamund
Terrorbehauptet.DasbelastetdasFortkommenbeidenBildungs-undStrukturfragen.Der
mittlerweileseitJahrzehntenanhaltendeMisstrauensdiskursüber„den“Islamlähmtdieweitere
InstitutionalisierungunddamitFestigkeitderStrukturenfürdeutscheMuslime.DieserDiskurs
verlangt immerwiedereineErklärung zurHaltung zumExtremismus,obgleich inzwischen
mehrfachmitWortundTatbewiesen.DamitwirdvielZeitundKraftvergeudet,wäreninzwischen
diefünfteGenerationdeutschermuslimischerKinderaufdenislamischenReligionsunterricht
wartet.
DIE GLEICHSTELLUNG DES ISLAM IN DEUTSCHLAND: MEHR STILLSTAND ALS FORTSCHRITT
32 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
POLITIK MUSS BEIM THEMA ISLAM GESTALTUNGSWILLEN ZEIGEN
AntimuslimischeFeindbildersindallgegenwärtig.DieBedrohungfürdieMitgliederdesZMD
sindspürbargrößergeworden.MorddrohungenoderAnkündigungenvonAnschlägenpassie-
ren immerwieder,auchpersönlichgegenmich.Esgibt viele justitiableDrohungengegen
dieZMD-Geschäftsstellen.ÜbergewisseZeiträumestandenMitarbeiterinnenundMitarbeiter
unterPolizeischutz,wennsiedieGeschäftsstellebetratenoderverließen.Esgibtgelegentlich
Anschlagspläne,diedannzufälligöffentlichwerden,wiedieeinesinzwischensuspendierten
Bundeswehroffiziers.
AntimuslimischeHetzkampagnen insozialenMedienhaben indenvergangenenJahrenzu-
genommen.DieweiterstetigsteigendenZahlenvonÜbergriffenaufMuslimeundAnschläge
aufMoscheenoderauchFlüchtlingsunterkünftesprechenBändeundmachendeutlich,dass
antimuslimischerRassismus inDeutschlandeineernstzunehmendeundgesamtgesellschaft-
licheBedrohungdarstellt.ÜberwiegendwirddiesjedochkaumalsBedrohungwahrgenommen
undimmernochderFokusaufdenreligiös-muslimischmotiviertenExtremismusgelegt.Die
Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Laut Verfassungsschutz existieren derzeit 400
muslimischeGefährderundüber10.000gewaltbereiteRechtsextremisten–dergegenwärtige
Diskursverläuftgenauandersherum.DiesistleidereinErfolgderPopulisten.WennalsoPolitik
nichtschnellGestaltungswillenzeigtundstattdesseneherdemPopulismusFolgeleistet,wird
sichdieSituationweiterverschlechternzuLastendesgesellschaftlichenFriedensinunserem
LandundunterHinnahmederSchwächungunsererverfassungsgemäßenPrinzipienderall-
gemeinenReligionsfreiheit.
33DIE GLEICHSTELLUNG DES ISLAM IN DEUTSCHLAND: MEHR STILLSTAND ALS FORTSCHRITT
34 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
FINANZIERUNG RELIGIÖSER UND SOZIALER DIENSTE DER DİTİB
Bekir Alboğa
1. RELIGIÖSE DIENSTE
DİTİBwurdeimJahr1984vonetwa250MoscheegemeindenalsihrDachverbandgegründet.
DieseMoscheevereinewurdeninitiativvonderbereitsbestehenden,zivilentürkisch-muslimi-
schenArbeitnehmerschaftdererstenGenerationaufgebaut.GemäßVereinsrechtwarDİTİB
zunächstDachverbanddieserGemeinden.BinnenkurzerZeitentwickeltesichdieDİTİBzur
größtenReligionsgemeinschaftmuslimischerMoscheegemeindenundzu ihrerDachorgani-
sationen innerhalbDeutschlands.DasGrundgesetzderBundesrepublikDeutschlandbildet
ausdrücklichdenRahmen,indemDİTİBarbeitet,sodassbisheuteihreDiensteausschließlich
imEinklangmitderRechtsordnunggeleistetwerden.
DaDİTİBsichvonAnfanganalsReligionsgemeinschaftwahrnahmundalsMigrantenselbst-
organisationverstandunddefinierte,verpflichtetesiesichauchdazu,ausschließlichreligiöse
undsozialeDiensteanzubietenundganzundgarparteipolitischneutralzuseinundzubleiben.
DaranhältDİTİBseitjeherundbisheutekonsequentfest.
DieeinzelnenMoscheegemeinden,dieaufeigeneInitiativeMitgliedimDİTİB-Dachverband
wurden, entschieden sich überdies ebenfalls selbst, Gebetsräume zu unterhalten und mit
derZeitauch repräsentativeGotteshäuserzubauen,umdie religiösenDienste ineigenen
Moscheenleistenzukönnen.DiesistderTatsachegeschuldet,dassdieGemeindemitglieder
vorallemabden80erJahrenzunehmendfeststellten,dasssienichtmehrindieTürkei,ihre
ursprünglicheHeimat,zurückkehren,sonderninDeutschlandbleibenwürden.
Die Räumlichkeiten der DİTİB-Moscheegemeinden, die als muslimische Gebetsräume be-
nutzt oder als neueMoscheengebautwerden,werden vonder jeweiligenGemeinde vor
Ortgemietetoderneuerrichtet.SowohldieMiet-oderBaukostenalsauchdie laufenden
KostennachderFertigstellungdesMoscheebauswerdenausschließlichvonderGemeinde
vorOrtgetragen.BisheutefließenkeinerleistaatlicheoderöffentlicheGelder indieDİTİB-
Moscheegemeindenkassen.Ausnahmefällesindhierbeiäußerstselten.Auchvomdeutschen
StaatbekommendieMoscheegemeindenkeinerleifinanzielleFörderungfüreinenMoschee-
bau,denUnterhaltderMoscheesowiereligiöseodersozialeDienste.DieMoscheegemeinden
finanzierensichalsolediglichausSpendenundMitgliedsbeiträgen,welchediemuslimischen
GläubigeninFormvonGeldleistungoderphysisch-körperlicher,aberauchgeistigerEigenleis-
tung,erbringen.WenneinMoscheevereinsvorstandauseigenenKräftenbeispielsweiseeinen
Moscheebaunichtfinanzierenkann,sowendetersichaneineBankinderjeweiligenStadt,
umeinenBaukreditinAnspruchzunehmen.DieswürdendiemuslimischenGemeindenaus
religiösenGründengernevermeiden,dadasKreditwesenundZinsausreligiösenGründen
ehernegativbewertetwerden.
DieVorstandsmitgliedereinerDİTİB-Moscheegemeinde,dievondeneingetragenenMitglie-
dernundausdenReihenderjeweiligenGemeindedemokratischgewähltwerden,übendas
AmtehrenamtlichausunddürfenkeineGeldleistungfürdiesesehrenamtlicheEngagement
erhalten.DİTİB-GemeindenvorOrtsindgemäßihrerSatzungdemokratischundtransparent
aufgebautundandersorganisiertalsvieleMoscheegemeindenaußerhalbderDİTİB.
35FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND FINANZIERUNG RELIGIÖSER UND SOZIALER DIENSTE DER DITIB
Esgibtbundesweitungefähr6.500EhrenamtlicheindenMoscheevorständen.Hinzukommen
nochehrenamtlichaktiveFrauenundMänner inderJugend-,Frauen-undElternarbeit,so
dassetwa25.000weiblicheundmännlicheGläubigeihrekostbareZeitfürdieseehrenamtliche
Beschäftigungaufbringen.
Um vor allem die religiösen Dienste, die eine muslimische Moscheegemeinde unerlässlich
benötigt,anbietenzukönnen,bemühensichdieMoscheevereinsvorständeumeinenhaupt-
amtlichenReligionsbeauftragten,auchalsImambekannt.DiesakraleBetreuungdurcheinen
Religionsbeauftragten mit theologisch-religiösem Wissen und spezifischer Berufserfahrung
istdasFundamenteinerMoscheegemeindenebendemGemeindevorstand.UmeinenReligions-
beauftragtenanzustellen,musseineMoscheegemeindenichtnurübereinGebets-undGe-
meindehausverfügen,sonderndarüberhinauseineWohnungfürdiemännlichenundweib-
lichen Religionsbeauftragten, die selbst für ihre Nebenkosten aufkommen, zur Verfügung
stellen.WenneineMoscheegemeindeeinenReligionsbeauftragtengemäßderWürdedes
Amtesselbstfinanzierenmüsste,wärendiesmonatlichetwa4.000-5.000€,wozudiemeisten
MoscheevereinefinanziellnichtinderLagesind.
LässtmanalsobeiderBetrachtungzunächstaußenvor,dassesderzeitkeineinDeutschland
studiertenislamischenTheologinnenundTheologengibt,diediesesAmtimGanzenausüben
könnten,istdieÜbernahmederHonorarederReligionsbeauftragtendurchdieDIYANET-Religions-
behördefürdieVorständederMoschee-GemeindeneinegroßeErleichterung.DasBetreiben
einerMoscheeerforderteinenhohenfinanziellenAufwand.AußerdempotenziellenGehalteines
ImamsodereinerPredigerinsindzahlreicheKostenzutragen.DabeiwerdenderMoscheebau,sein
Unterhalt,religiösesowiesozialeDienste,BeratungsangeboteundähnlichesvomMoschee-
vereinsvorstandalleinausderGemeindekasseohneöffentliche FörderungoderZuschüsse
finanziert.
NunhatsichdieSituationderMuslimedahingehendentwickelt,dassdieGemeindenzuneh-
mendvonMuslimenderzweitenunddrittenGenerationgetragenwerden.DieseMenschen
habendasBedürfnisnacheinemReligionsbeauftragten,der ihreLebensweltkenntundim
Sinnedes Islamverständnisseshier vorOrt Lösungenaufzeigt.DieDİTİBhat sichandiese
wandelndenBedürfnisseangepasstundbereits2006–alsovierJahrevorderEmpfehlung
desWissenschaftsrates–den„InternationalenStudiengangfürTheologie“insLebengerufen.
DİTİBermöglichtinZusammenarbeitmitderDIYANET-Religionsbehördeundmehrerentheo-
logischen Hochschulen diverser Universitäten deutschen Abiturientinnen und Abiturienten
türkischerHerkunftmitStipendiendieAufnahmeeinestheologischenStudiumsinderTürkei.
DenAbsolventendiesertheologischenStudiengängewirdseitensderDİTİB-AkademieinKöln
dieergänzendeAus-undFortbildunginihrenMoscheegemeindeninDeutschlandangeboten,
umsiefürallepraktischenAufgabeneinesImamsgänzlichzubefähigenundzusensibilisieren.
Bereitscirca60dieserAbsolventinnenundAbsolventenwerdenaktuellinDİTİB-Gemeinden
imPraktikumsstadiumalsReligionsbeauftragteundPredigerinnenbeschäftigt.DİTİBarbeitet
verstärktandemZiel,dassinnerhalbdernächstenzehnJahrevieleImameinDeutschland
geboren,hierzurSchulegegangenundhiersozialisiertsind.
FürdiereligiöseUnterweisungvonmuslimischenKindernundJugendlicheninWochenend-
kursenbeispielsweisestellendieVorständevongrößerenGemeindenaufgrunddergroßen
Nachfrage zudem zusätzliche theologische Hilfskräfte ein und bezahlen deren Honorare
ebenfallsausderGemeindekassedesMoscheevereins.
36 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
DieGläubigeninderMoscheegemeindewerdeninjedemAlterundinjederLebenslagereligiös,
theologisch, pädagogisch, emotional und seelsorgerisch betreut. Daher wünschen die Ge-
meinden hauptamtliche Religionsbeauftragte, die bestenfalls ein Hochschulstudium der
islamischenTheologieabsolvierthabensollten,beidemsienebentheologischenundpäda-
gogischenauchpraxisrelevanteFähigkeitenerwerbenkonnten.Dasmentale,sprachlich-emo-
tionaleundseelsorgerischeVerhältniszwischendemReligionsbeauftragtenunddenGemein-
demitgliedernisteinewichtigeKomponentefürseelischeVitalitätundempathischeMentalität
innerhalbeinerfunktionierendenMoscheegemeinde.UmdieWertedesIslamindenGemeinden
zu vermitteln und im muslimischen Alltagsgeschehen vorzuleben, müssen Religionsbeauf-
tragte alsoneben ihrer theologisch-theoretischenAusbildung vor allemauch impraktisch
anwendbaren,psychologisch-seelsorgerischenBereichund inder fürsorglichen Interaktion
mitderGemeindefirmundgeschultsein.
DieMoscheegemeindenundihreGläubigenerwartenvoneinemTheologenmitHochschul-
qualitätennebenderVorbeter-undPredigertätigkeitreligiöseDiensteinbesonderenLebens-
situationen,wieetwaaufAnfrageinKrankenhäusern,inGefängnissenundinJugendsozial-
einrichtungenoderinNotfällen.DieseErwartungleitetsichvondenjenigenislamischenGe-
botenab,diezureligiöserundgesellschaftlicherVerantwortungaufrufen.
EinTheologeodereineTheologinsolltebeidiesemanspruchsvollenAufgabenspektrumdaher
würdigundangemessenhonoriertwerden.OhneeineKooperationmitderDIYANETund
ohnederenÜbernahmeder FinanzierungwürdendieMoscheegemeindenund ihregesell-
schaftlichen und friedenstiftenden Beiträge unter fehlenden Kompetenzen und Qualitäten
nichtnurleiden,siewärenwahrscheinlichnichtdurchführbar.
GrundsätzlichistdieDIYANET-Religionsbehördeverpflichtet,allentürkisch-muslimischenBür-
gerinnenundBürgern,gleichgültig,wosieleben,religiöseDienstezuunterbreitenundihnen
einen Religionsbeauftragten zur Verfügung zu stellen, wenn sie ein muslimisches Bethaus
einrichten oder eine neue Moschee errichten. Dies ähnelt der Finanzierung der Auslands-
pfarrerinderevangelischenundkatholischenKirche.DainDeutschlanddieDeutungshoheit
unddasRecht,dasreligiösePersonalfreibestimmenzukönnen,auchfürdiemuslimischen
Gemeindengilt,habendieDİTİB-MoscheegemeindendieseKooperationmitderDIYANETin
Anspruchgenommen.DieFinanzierungdesreligiösenPersonalsindenMoscheenwirdnicht
nurinderTürkei,sondernebenfallsinBelgienundinähnlicherFormauchinvielenanderen
EU-LändernwieinGriechenland,inItalienundinweiterenLändern,vonderStaatskasseüber-
nommen.ChristlicheGläubigeausDeutschlandwerdenindiesenLändernebenfallsinihrer
Muttersprachereligiösundseelsorgerischbetreut.
FrankreichundDeutschlandsinddurchdiePraxisvonLaizismusundKirchensteuerzweibe-
sondereEinzelfälle.IhreVorgehensweisewirdvondenmeistenwestlichen,christlichgepräg-
tenStaatennichtübernommen.
2. SOZIALE DIENSTE
DieDİTİB-ReligionsgemeinschaftbietetnebenreligiösenauchvielfältigesozialeDiensteund
finanziertdieseausSpenden-undSponsorengeldernsowieMitgliedsbeiträgen.
NebendenbereitserwähntenreligiösenDienstensowiereligiösenUnterweisungenvonmuslimi-
schenKindernundJugendlicheninWochenendkorankursenbietendieDİTİB-Moscheegemeinden
ebenfallsHausaufgabenbetreuungfürSchülerinnenundSchüler,DeutschkursefürMigranten
37
undFlüchtlingesowie InformationsveranstaltungenundWorkshopszurFörderungvonbe-
ruflichenQualifikationen.DieVorständestellendiverseMöglichkeitenundRäumlichkeitenals
EigenanteiloderkostenloszurVerfügung.
Die Wohlfahrt und gegenseitige Solidarität gehören zu den wichtigsten Bestandteilen der
islamischen Religion und Lehre. Zur positiven Gestaltung der Beziehungen zwischen den
MenschengehörtdieFürsorgefürdenAnderen.DemsozialenLebenliegtdasStrebennach
Gerechtigkeitzugrunde.Jedenalsgleichwertiganzuerkennenundsolidarischzusein,gehörtzu
denGrundeinstellungen,diezumehrGerechtigkeitführen.TeilenbedeutetdasTeilenmaterieller
GüterundimmateriellerRessourcenwieEmpathie,FürsorgeundZuneigunggleichermaßen.
JedeMuslimaundjederMuslimistdazuangehalten,soweitdazuinderLage,denMenschen
imdirektenundindirektenLebensumfeldzuhelfen.
MaterielleUnterstützungundzweckgebundeneSpendendieneninderDİTİB-Religionsge-
meinschaftbeispielsweisefolgendenZwecken:
• HilfezurSelbsthilfe
• SozialeInklusiondurchzielgruppenorientierteDienstleistungen
• StudienbeihilfenanbedürftigeStudentinnenundStudenten,Doktorandinnenund
Doktoranden,teilweiseauchSchülerinnenundSchüler
• HilfskampagnenbeiNaturkatastrophenundmenschlichenNotlagen
• UnterstützungvonMoscheebauten
• OpferabgabeinVertretunganbedürftigeMuslimeinärmerenTeilenderWelt
• Seelsorgerischer,theologischerundsozialerBeistandfürdieFlüchtlingeinmateriellerwie
immateriellerHinsicht
Diereligiöse,sozialeundseelsorgerischeBetreuungmuslimischerGläubigerundMigranten
durchehrenamtlicheLeistunginteilsorganisierterFormdurchdieDİTİBseit1984hatauch
ohnestaatlicheZuschüsseundFördergelderdie Integrationnachhaltigpositivmitgestaltet.
StaatlicheZuschüsseundFördergeldersindohnehinerstindenletztenJahrenalleinezweck-
gebundenfürProjektemitklardefinierten Inhalten,ZielenundTeilnehmergruppenerfolgt,
diehierexemplarischaufgegriffenwerdensollen.
3. PROJEKTE
AuflokalerEbeneundindenBundesländernführenDİTİB-Gemeinden,Landesverbände,Frauen-
und Jugendverbände in eigener Trägerschaft oder alsKooperationspartner Projektedurch.
DieseunterschiedlichenProjekteinBereichenwieBildung,Flüchtlingshilfe,Radikalisierungs-
prävention sowieFamilienhilfewerdenhauptsächlichdurchdieehrenamtlichenGemeinde-
mitgliederkoordiniertoderdurchgeführt.
LauteinerUntersuchungausdemJahr2015,dievonderDIKüberdasBAMFinAuftragge-
gebenundvomZentrumfürTürkeistudienundIntegrationdurchgeführtwurde,arbeitenmin-
destens10.000ehrenamtlichaktiveDİTİB-MitgliederimBereichderKinder-undJugendhilfe
undSeniorenarbeit.EssindkaumhauptamtlicheMitarbeiterzuverzeichnen.Dieserschwert
denZuganginbestehendeFördersysteme,NetzwerkeundGremienundverhindertimErgebnis
eineprofessionellereArbeit.DadurchkanndieQualitätundEinhaltungvonbisherinderSozial-
arbeitentwickeltenStandardsnichtdurchgehendgesichertwerden.DieseSituationverhindert
zugleicheinenstrukturellenAufbaudauerhafterundnachhaltigersozialerAngebote.
FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND FINANZIERUNG RELIGIÖSER UND SOZIALER DIENSTE DER DİTİB
38 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
DieVereineundGemeindenmöchten ihreStrukturenmittlerweileprofessionalisieren.Dies
wäredurchHauptamtlichebesserzukoordinieren.AucheineRegelförderungzuakquirieren
undfinanzielleUnterstützungfürdieprofessionelleArbeitzusichern,isteinwichtigerBedarf.
AusdiesemGrundhabenwirmit sechsweiterenmuslimischenVerbändenkooperiertund
das„IslamischeKompetenzzentrumfürWohlfahrtswesen–IKWe.V.“gegründet.DasZieldes
Vereinsistes,dieGemeindendurcheineBundesförderunginderWohlfahrtsarbeitzustärken.
EbenfallshatDİTİBimJahr2016eineinmaligesProjektmitweiterenvierVerbändenimBe-
reichderFlüchtlingshilfegetragen,dasauchvomBundesministeriumfürFamilie,Senioren,
FrauenundJugendgefördertwurde. ImRahmendiesesProjekteswurdenbundesweit inner-
halbvondreiMonatenbislang481ehrenamtlicheFlüchtlingsbeauftragteakquiriertundzer-
tifiziert.LeiderkonntenwirdieseseinmaligesProjektaufgrundaktuellerDiskussionennicht
weiterführenunddamitdenEinsatzvongeschultenEhrenamtlichennichtweiterunterstützen
oderdieFlüchtlingshilfeausbauen.
EinweiteresProjekt,„GegenwartGeschwisterlichGestalten“,wirdimRahmendesBundes-
programms„MenschenStärkenMenschen“gefördert.Dadurchhabenwirbislangbundesweit
mitzweiweiterenKooperationspartnernüber3.500PatenschaftenfürGeflüchtetegebildet.
MiteinemweiterenProjektfördernwir Jugendliche in ihrenStrukturen,arbeitenpräventiv,
umeinerRadikalisierungvorzubeugenundtragendabeijährlich20%derProjektkosten.
DasbeschriebeneSpannungsfeld„Finanzen“wirktsichalsoaufvielerleiEbenenausundbe-
dingtwiederumanderedamiteinhergehendeDiskussionen.VielleichthilftunsinderKontex-
tualisierungeinRückblickaufdieEntwicklungderMuslimeinDeutschland,diegrößtenteils
alsGastarbeiterinden70ernund80erneinwanderten:WirbeobachteneineTransformation
vonGastarbeiternüberAusländerundMigrantenhinzudeutschenMuslimen.EineEntwick-
lung,die indenAnfängen inden70erund80er Jahrennichtnurundenkbar,nein, sogar
explizitunerwünschtwar.WennsichauchdieRahmenbedingungenseitdemgeänderthaben,
sindBemühungenumdieMuslimedochsehrzögerlichundwerdenrechtschnelldurchver-
schiedensteDiskussionenimKeimerstickt.
DasSpannungsfeld„Finanzen“müsstealsoumdieFelder„Erwartungshaltungen“,„Angebots-
strukturen“und„Bedürfnislagen“erweitertwerden–diesistimaktuellgegebenenRahmen
jedoch nicht möglich. Zusammengefasst: Die Erwartungshaltung ist auf allen Seiten sehr
hochunddieFinanzierungderAngebotsstrukturdringendnotwendig,umdieBedürfnislagen
diverserAkteureentsprechendzubedienen.
Die hauptsächlich von 25.000 ehrenamtlich aktiven Muslimen getragene Belastung, aber
auchFinanzierung,kannnichtmitderSituationderKircheninDeutschlandverglichenwerden.
DieKirchenundandereanerkannteReligionsgemeinschafteninDeutschlandgreifenaufimmense
öffentliche,aberaucheigeneFinanzquellenzurück,diedenMuslimenschlichtwegverschlossen
sind.DiewenigenProjektförderungen,dieäußerstdetailbeflisseninHinblickaufEinhaltung
vonZiel, InhaltundFinanzrahmenrealisiertwerden,werden langfristigandieserSituation
nichtsändern.Diesistinsbesonderedeshalbkontraproduktiv,weilMuslimelängstTeildieser
Gesellschaft sind,hier lebenundsterben, ihreProduktivität, ihreArbeitundEhrenamtein-
bringenundihreSteuernverrichten.NebeneinerAnerkennungdieserLeistungensollteeine
FinanzierungvonsozialenProjektenundArbeitenderNormalfallsein,nichtdervieldiskutierte
Ausnahmefall.
OhnefinanzielleFörderungwirdesaberschwersein,SozialarbeitindenMoscheegemeindenzupro-
fessionalisierenunddieVielfaltinderAngebotslandschaftzusichern.AlsDİTİBtunwirunserBestes.
39
4. FAZIT
DieFinanzierungderImamedurchdiereligiöseDIYANET-BehördesolltenichtalsVorwand
instrumentalisiertwerden,umDİTİBinderÖffentlichkeitalsnegativ,fremdartigundintegra-
tionsfeindlichdarzustellen.DİTİBisteinsehrvertrauensvollerPartnerfürdieTeilnahmeder
MuslimeamgesellschaftlichenLebeninsgesamt.DieDİTİBschütztdurchdieintensiveArbeit
derImameunddieerwähntenProjekteseitJahrenJugendlicheerfolgreichvorRadikalität.
DiereligiösenundsozialenDienstederDİTİBsolltenkeinesfallspolitischenundlaizistischen
DebattenundOpportunitätenzumOpferfallen.LösungenkönnennurgemeinsamimDialog
undGesprächmitDİTİBundDIYANETgefundenwerden,fallssiegesuchtwerden.
FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND FINANZIERUNG RELIGIÖSER UND SOZIALER DIENSTE DER DİTİB
40 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
FINANZIERUNGSFRAGEN AUS SICHT EINER KLEINEREN MUSLIMISCHEN
ORGANISATION AM BEISPIEL DES LIBERAL-ISLAMISCHEN BUND
Nushin Atmaca
DerLiberal-IslamischeBund(LIB)ist–imVergleichzumZentralratderMuslimeinDeutschlandund
derDİTİB,derenPositionenzurFragederFinanzierungmuslimischerOrganisationenebenfallsin
diesemArbeitspapierdargelegtwerden–einkleinerundjungerVerein.SeitseinerGründung
imJahr2010zählterca.300Mitglieder,vondenendiemeisten–sofernsiekeinenermäßigten
Beitragzahlen–einenMitgliedsbeitragvon80EuroproJahrandenVereinentrichten.Hinzu
kommenSpendenvonMitgliedernoderunszugeneigtenPersonen.AusdiesenZahlenlässt
sichohneSchwierigkeitenableiten,dassesunsnochnichtmöglichist,einenGeschäftsführer
odereineGeneralsekretärinzufinanzieren.Somitarbeitenalle,dieVorstandsmitgliederinbe-
griffen,ehrenamtlichfürdenVerein.DashatzurFolge,dasswirnichtalleAnfragenwahrnehmen
können,dieunserreichen,dasieteilweisemitberuflichenVerpflichtungenkollidierenoder
unsereZeit-undEnergiereservenübersteigen.DiesmagzuEnttäuschungenaufderanderen
Seiteführenundmöglicherweiseauchzu„verpasstenChancen“fürdenLIB.Vorallemzeigt
dieseSituationaberdeutlich,wieengOrganisationsstrukturenunddamitauchderTätigkeits-
undWirkungsradiusvondenfinanziellenMöglichkeiteneinesAkteursabhängen.
Nunließesichkritischeinwenden,dassdiesesDilemmaselbstverschuldetsei:EinVereinvon
derGrößedesLIBübernehmesichmöglicherweisemitdemAnspruch,bundesweittätigzu
sein.AllerdingssteigtdieNachfragenachderArbeitdesVereinsstetigundderLIBhatsich
alspolitischerundgesellschaftlicherAnsprechpartneretabliert.Wirwerdenals Partner für
sozialeodergesellschaftspolitischeProjekteebensoangefragtwiealsReferierende,alsTeil-
nehmendeaufPodienoderalsExpertinnenundExpertenfür informelleGespräche.Neben
unserem gesellschafts- bzw. religionspolitischen Engagement kommen wir außerdem den
Aufgabennach,dieGlaubensgemeinschaftentraditionellerweisezugeschriebenwerden.So
beratenwirMenschen,diesichmitpersönlichenFragenundAnliegenanunswenden,schließen
Ehen, bieten eine religiöse Gemeinschaft. Dabei bilden unsere Gemeinden in Köln, Berlin,
FrankfurtundHamburgdenKernunseresspirituellenLebens.Aberauchhiermachtsichdie
finanzielleSituationbemerkbar:KeineunsererGemeindenverfügtüberangemieteteRäume,die
ausschließlichihnenzurVerfügungstehen.EingeschränktefinanzielleMöglichkeitenführen
somit unter anderem zu fehlender Sichtbarkeit,waswiederumdieGewinnungneuerMit-
glieder erschwert.1 Zudem kann keine unserer Gemeinden einen Imam oder eine Imamin
entlohnen,wobeihinzugefügtwerdenmuss,dassdiese(hierarchische)Strukturauchnichtin
allenGemeindengewünschtist.GegründetwurdendieGemeindennichtdurchdenVorstand,
sonderndurchVereinsmitgliedervorOrt.SiesindsomitErgebnisklassischer„Basisarbeit“.
Dazupasst,dassdieAufgabengebietedesLIBsowohldurchdieAnliegendesVorstandsund
derMitglieder,alsauchexterngeformtwurden.ImErgebnisarbeitenwirinhaltlichundorga-
nisatorischzuunterschiedlichstenThemenundsindinverschiedeneProjekteundStrukturen
eingebunden.Finanziellaberhinkenwirhinterher.
[1]GleichzeitigsindunsaucheinigeMenschenverbunden,dieunteranderemausAngstvor gesellschaftlicher Diskriminierung den Schritt scheuen, offizielles Mitglied eines mus-limischenVereinszuwerden.DiesmageinErgebnisderoftmalsmitunwidersprochenenStereotypenaufgeheiztenDebattenumIslamundMuslimeinunseremLandsein.
41FINANZIERUNGSFRAGEN AUS SICHT EINER KLEINEREN MUSLIMISCHEN ORGANISATION …
WasaberistnunmitdenfinanziellenMitteln,dieunsdurchMitgliedsbeiträgeundSpenden
zurVerfügungstehen,tatsächlichmöglich?WirkönnendamitöffentlicheDiskussionsveran-
staltungenorganisieren,wie beispielsweise jene am14.2.2018 in Berlin zumThema „Isla-
mischeWerte–auchinDeutschland?“DamitleistenwirnichtnureinenBeitragzurgesell-
schaftlichenDebatte,sonderntragenauchzumAbbauvonVorurteilenundRessentiments
bei.WirkönneninterreligiöseBegegnungenmitunserenPartnerngestalten,wiedie jährliche
Kooperation unsere Kölner Gemeinde mit der dortigen Luther-Kirche zeigt. Damit zeigen
wirdasGemeinsameaufunderinnerngleichzeitigdaran,dassUnterschiedezwischenden
Religionenwederverwischtwerden,nocheinerBegegnung imWegestehenmüssen.Wir
könnenimMonatRamadanzumgemeinsamenFastenbrecheneinladen,entwederaufBundes-
vereinsebene, wie 2017 in Berlin geschehen, oder auf lokaler beziehungsweise regionaler
Ebenewieebenfalls2017inFrankfurt.DergelebteIslamwirddamitTeildesöffentlichenLebens.
Magdasauchbeidemeinenoderderanderenaufgrundderhäufignegativkonnotierten
islambezogenen Debatten Ängste hervorrufen, so tragen solche Einladungen doch zum
KennenlernendesalsvermeintlichfremdempfundenenundzurSichtbarkeiteinerreligiösen
Minderheitbei,dielängstselbstverständlichseinsollte.Letztlichkönnenwirdurchdieuns
zurVerfügungstehendenMittelThementagefürunsereMitgliederorganisierenundunsere
Öffentlichkeitsarbeit,inFormvonFlyer-,Plakat-undBroschürendrucku.ä.finanzieren.Trotz
dieserBreiteanAktivitätensindwirbeidenmeistengemeinsammitKooperationspartnern
durchgeführtenProjekten– seies imgesellschaftspolitischen, sozialenoder interreligiösen
Bereich – ausschließlich ideeller Partner, da unsere finanziellen Ressourcen eine monetäre
Beteiligung ausschließen. Auch andere Aktivitäten bzw. Entwicklungen sind aufgrund der
finanziellenSituationunmöglichoderzumindesterschwert.
WederunsereGemeindennochunserVorstandverfügenübereigeneRäume.DieGemeinden
sindGastentwederindenRäumenvonKirchenodervonsozialenTrägern.DieSchaffungeiner
bezahltenStelle,wiebeispielsweisedieeinerGeschäftsführungfürdenLIB, istmomentan
ebenfallsWunschdenken.DamitistauchdemweiterenStrukturaufbauundeinerdamitmeist
einhergehendenProfessionalisierungderVereinstätigkeit ein Riegel vorgeschoben. Ebenso
schwieriggestaltetsichdieAnwerbungvonProjektgeldern.ZwarführtderLIBeineigenes
Projektdurch–„EmpowermentstattAntisemitismus“–undistanweiterenalsPartnerbeteiligt.
AllerdingsgibteszunehmendFörderausschreibungen,diedieEinbringungvonEigen-bezie-
hungsweiseDrittmittelnverlangen,soauch imBundesprogramm„Demokratie leben!“des
BundesministeriumsfürFamilie,Senioren,FrauenundJugend.HierhatderLIB2017einen
Projektantrageingereicht,derzurFörderungalssogenanntesModellprojektausgewähltwurde
undeinfinanziellesVolumenvonknapp260.000€überzweiJahreumfassthätte.Letztlich
musstederAntragjedochzurückgezogenwerden,dasichdieEinwerbungvonDrittmitteln,
diemindestens20%derFördersummeumfassenmussten,alsunerwartetschwieriggestaltete
undEigenmittelindergefordertenHöheschlichtnichtvorhandenwaren.DassProjektemit
gesellschaftspolitisch wertvollen Impulsen und Beiträgen nicht umgesetzt werden können,
weilsieanfinanziellenVorgabenderFörderrichtlinienscheitern,wardurchausfrustrierend.
NunsolldieserBeitragnichtdazudienen,dieSchwierigkeitenkleinerermuslimischerOrga-
nisationenzubeklagen.VielmehrergebensichausderobenbeschriebenenSituationeinige
Schlussfolgerungen,die Teil einer konstruktivenDebatteüberMöglichkeitenundGrenzen
derFinanzierungreligiöserOrganisationenimAllgemeinenundmuslimischerOrganisationen
imBesonderenwerdenkönnen.DasBeispieldesLIBzeigt,dassVereinesichimLaufeihrer
Entwicklungprofessionalisierenmüssen,umdenwachsendenAufgabengerechtzuwerden.
DazugehörenderAufbauunddieFestigungvon(Organisations-)StrukturensowiedieÜber-
nahmeständigerAufgabendurchbezahlteAngestellte,umsowohlfürMitgliederalsauchfür
externeAnfrageneinekontinuierlicheundständigeAnsprechbarkeit,PräsenzundBetreuung
42 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
zugarantieren.AnalldieseBeobachtungenschließtsichdahereinefundamentaleFragean:
Wie ist die Finanzierung der ganz grundlegenden Arbeit von muslimischen Vereinen
und Organisationen möglich, ohne auf eine dauerhafte Finanzierung aus dem Aus-
land zurückzugreifen?Hierseihinzugefügt,dassnachMeinungderVerfasserinnichtder
ausländischeGeldgeberpersedasKritischeeinerdauerhaftenFinanzierungausdemAusland
darstellt.VielmehristdieDauerhaftigkeitdasProblem,dennsiebringtunterUmständeneine
EinflussnahmeaufInhalteundLehremitsichundstelltdamitdieUnabhängigkeitdesUnterstüt-
zungsempfängersinFrage.
EineerstedarananknüpfendeÜberlegungwärediefolgende:EinefinanzielleFörderungdurch
dendeutschenStaatübereinengewissenZeitraum,wirdvonvielenMuslimenalsGefährdung
derdieeigenenUnabhängigkeitabgelehnt.2ZugleichverweisendiemeistenStaatsrechtler
aufdieUnmöglichkeiteinerdirektenFörderungdergenuinreligiösenAufgabenvonReligions-
gemeinschaftendurchden religiös-weltanschaulichneutralenStaat.Andererseits stehtder
säkularedeutscheStaatdenReligionsgemeinschaftengrundsätzlichpositivgegenüber,unter
anderemweil siewichtige soziale undgesellschaftsstabilisierendeAufgabenwahrnehmen.
GäbeesdannnichtdieMöglichkeit,eineunabhängigeStellewiebeispielsweiseeineStiftung
„dazwischenzuschalten“,diestaatlicheGeldernachgründlicherPrüfungeineseingereichten
FörderantragsanmuslimischeVereinevergibt?AufdieseWeisekönnteeine„Anschubfinan-
zierung“fürProfessionalisierungundislamischenStrukturauf-und-ausbauebensogewährt
werdenwieGelderfürganzkonkreteAnliegenundVorhaben.
InBezugaufdieFörderungkonkreterProjekte,dievonehrenamtlicharbeitendenVereinen
durchgeführtwerden,stelltsichalszweiteÜberlegungdieFragenachderSinnhaftigkeiteines
Eigen-bzw.Drittmittelanteils.DieFörderlandschaftistbegrenztundjeneVereineverfügenoft
nichtüberdiepersonellenundzeitlichenKapazitäten,dieesbraucht,umbeiunterschiedlichsten
DrittmittelgebernweitereAnträgeeinzureichenbzw.Gesprächezuführen.WäreesinAnbe-
trachtdieserTatsachennichtwichtiger,fürgutundsinnvollbefundeneProjektetatsächlichzu
fördern,alsihnenzusätzlicheHürdenaufzuerlegen?
Drittenswärezuermöglichen,dassdieseelsorgerischen,sozialenundweiterenLeistungen,
diebislangerbrachtwerden,auchohnedauerhafteFinanzierungausdemAuslanderbracht
werdenkönnen.DaheristzumeinenderGesetzgeberinderPflicht,einenrechtlichenRahmenzu
entwickeln,derdieFinanzierungderbestehendenStrukturenundderenAusbaudurchdirekte
oderindirektestaatlicheFörderungundUnterstützungermöglicht.Zumanderenistesander
Exekutive,bereitsvorhandenerechtlicheMöglichkeiteninbestehendenFörderprogrammenaus-
zuschöpfen,ummuslimischeVereineundOrganisationen indenunterschiedlichenStadien
eineAntragstellungzuermöglichenunddamitindirektihreEntwicklungfinanziellzufördern.
[2]InderPraxiswürdesichdieseBefürchtungstaatlicherEinflussnahmewahrscheinlichalsunbegründeterweisen,dadasTransparenzgebotöffentlichfinanzierterTräger,dasRechts-staatprinzipunddieparlamentarischeKontrolleöffentlicherBudgetsdementgegenstünden.DennochzeigtalleindieseBefürchtungeinmalmehrdienegativenAuswirkungenunsererhiesigenDebattenum IslamundMuslime:unabhängigdavon,obes sichumdieEinrich-tungvonInstitutenfürIslamischeTheologieandeutschenUniversitätenhandeltoderumdieFragederIntegrationvonMenschenmuslimischenGlaubens:DerWunschnacheinemwahlweise„liberalen“,„europäischen“oder„deutschen“IslamwirdvonNichtmuslimenallent-halbengeäußertundmarkiertdamitdiedavonabweichendenGlaubensverständnissealsunerwünscht,selbstwennsiesichinnerhalbdesrechtlichenRahmensbewegen.
43
Abschließendistfestzuhalten,dasseinegedanklicheLoslösungvondemindieserDebatteimmer
wieder zitierten Staatskirchenrecht bzw.demStatus der „Körperschaft desöffentlichen
Rechts“unumgänglichscheint.BeideswirdindieserDebattemuslimischenVereinenundVer-
bändenentgegenhalten,umihnenzuverdeutlichen,dasssieihreOrganisationsformändern
und/odersichdenhistorischgewachsenenkirchlichenStruktureninDeutschlandannähern
müssten.NursowürdensiedenfüreinefinanzielleUnterstützungnotwendigenrechtlichen
Erfordernissengerecht.Demlässtsichentgegnen:NichtdieheutigeRealitätsollte inhisto-
risch gewachsene Strukturen gepresst werden. Vielmehr sollte das Recht ebenso wie die
strukturellenAnforderungenmodernisiertundderheutigenRealitätangepasstwerden.Denn
letztlichgehtesbeiderFragederFinanzierungmuslimischerVereineauchdarum,dermusli-
mischenMinderheitdiegleichberechtigteAusübungihrerReligionzuermöglichen–und
damitumdieWahrnehmungeinesinunseremGrundgesetzverankertenRechts.
FINANZIERUNGSFRAGEN AUS SICHT EINER KLEINEREN MUSLIMISCHEN ORGANISATION …
44 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
GRÜNDUNG EINER ISLAMISCHEN STIFTUNG BERLIN ZUR
TRANSPARENTEN FINANZIERUNG DES ISLAMISCHEN LEBENS
Lydia Nofal
BisherfehltnochimmereineangemesseneGrundfinanzierungdesmuslimischenreligiösen
LebensinBerlin.DiesbetrifftdenMoscheebau,Moscheeunterhalt,dieFinanzierungderImame,
religiösesowiesozialeDienstleistungen,aberzumBeispielauchdieFinanzierungdesEigen-
anteilsderReligionsgemeinschaftbeiderBezahlungdermuslimischenReligionslehreran
BerlinerSchulen.UndnichtzuletztfehltesanderFinanzierungeinerdringendnotwendigen
Öffentlichkeitsarbeit–geradeangesichtsderimmerwiederkehrendenöffentlichenDebatten
überislambezogeneThemen.
AufGrundmehrererFaktorenkanndavonausgegangenwerden,dasssichdieFragenachder
FinanzierungmuslimischenLebensinderZukunftzuspitzenwird.Hierzuzählen:
• MoscheegemeindengeratenaufGrundderMietentwicklunginBerlingenausowieauch
inanderenGroßstädtenmehrundmehrunterDruck.ZwaristBerlinnochweitentfernt
vondenEntwicklungeninMünchen,wodieMietentwicklungdazugeführthat,dasses
keineeinzige innerstädtischeMoscheemehrgibt,dochauch inBerlinstehenvieleGe-
meindenangesichtsderMietentwicklungenuntergroßemfinanziellenDruck.
• FürdieGemeindenistesnacheinerKündigungsehrschwierig,neuegeeigneteRäum-
lichkeitenzufinden,somusstez.B.dasTeibaKulturzentrumzweiJahrelangohneeigene
Räumeauskommen.
• Insbesondere inarabischsprachigenMoscheen istdieZahlderMoscheebesucherinnen
und-besucheraufGrunddesZuzugsderFlüchtlingestarkgestiegen,sodassteilweisein
Treppenhäusern,imEingangsbereich,undzumTeilimFreienodersogaraufGehwegen
gebetetwird.VieleMoscheenverfügennichtüberToiletten,Waschräume,Büroräume,
Seminarräumeetc.
• DieErwartungenderGemeinden(und,nebenbeibemerkt,auchderPolitikundderGesell-
schaft)andieImamesteigen.Manerwartettheologischgutausgebildete,inderImam-
tätigkeitgeschulteundmitderhiesigenLebenswirklichkeitundSprachevertrauteImame.
Imame,diediesenAnsprüchengenügen,erwartenaber–zuRecht–eineihrerQualifikation
entsprechende Bezahlung, was die finanziellen Möglichkeiten der meisten Moscheen
weitübersteigt.
• InsbesonderejungeBerlinerMusliminnenundMuslimeerwarteneinreligiösesAngebot
undreligiöseOrte,dieihreLebenswirklichkeitwiderspiegeln.Dochinsbesonderehier
fehltesanfinanziellenRessourcen,umsolche–nichtmiteinerHerkunftskulturver-
bundenen–Angeboteaufzubauen.
• ZudemwächstdasBedürfnisgeradeunterjungenMusliminnenundMuslimennacheinem
eigenen,dieGrenzenderVerbändeüberschreitendenRaumzumAustauschüberreligiöse
FragenundzuselbstbestimmterReflexion.
• SozialeDienstleistungenderMoscheenwerdenfastausschließlichehrenamtlicherbracht.
DiessetztderProfessionalitätdersozialenArbeitaberengeGrenzenundwirddenstei-
gendenErwartungenderMenschenandieseDienstenichtgerecht.
45GRÜNDUNG EINER ISLAMISCHEN STIFTUNG BERLIN ZUR TRANSPARENTEN FINANZIERUNG DES ISLAMISCHEN LEBENS
DiessindeinigederHerausforderungen,aufdiediemuslimischeCommunityAntwortenfor-
mulierenmuss.DieserBeitragkonzentriertsichimWeiterenaufzweibesondersdringende
Fragen:DieFragederMoscheebau-bzw.Moscheekauf-Finanzierung sowiedieBezahlung
derImame.
NocheinWortzurRolledesStaats:DieTrennungvonReligionundStaatunddiestaatliche
NeutralitätinreligiösensowieweltanschaulichenFragenbedeutetnichteindesinteressiertes
IgnorierenderHerausforderungenundEntwicklungen,vordenenbeispielsweiseMuslimein
Deutschlandstehen.DiegrundgesetzlichgeboteneNeutralitätverpflichtetdenStaatzudem,
alleKirchenundReligionsgemeinschaftengleichzubehandelnundnicht inderenreligiöse
Selbstbestimmung einzugreifen. Das deutsche Religionsverfassungsrecht ermöglicht somit
durchaus,dieUnterstützungund/oderBegleitungvonAntwortenaufdieobenangesprochenen
Herausforderungen. Inder föderalenBundesrepublikDeutschland istReligionLändersache.
DiesermöglichgeraderegionalpassendeAntwortenaufdiegegebenenHerausforderungen
desislamischenLebensinDeutschlandzuentwickeln,wasichalsgroßeChanceansehe.
1. DIE BISHERIGE FINANZIERUNG DES MOSCHEEKAUFS
BeiderMehrzahlderknapp100BerlinerMoscheenhandeltessichumangemieteteGewerbe-
räume.EsgibtaberauchGemeinden,dieinzwischenübereigeneImmobilienverfügen,insbe-
sondereGemeindenderDİTİB,derIslamischenFöderationBerlin(IFB)unddesVerbandsder
islamischenKulturzentren(VIKZ).DabeihandeltessichaberzumeistnichtumMoscheen,die
alssolchegebautwurden,sondernumdenAnkaufehemaligerGewerberäume.
DieFinanzierungdesKaufsmussdieGemeindevorOrtübernehmen.DafürwerdenSpenden
unterdenBesucherinnenundBesuchergesammelt.BeiBedarfwerdenauchSpendeninan-
derenMoscheengesammelt,dieimgleichenVerbandorganisiertsind,oderzudenenman
einengutenKontaktunterhält.NormalerweisewerdenauchKrediteinAnspruchgenommen,
dieübervieleJahreabgezahltwerden.VIKZ-Mitgliedergehenz.B.auchvonTürzuTür,umbei
islamischbzw.türkischklingendenNamenzuklingelnundumUnterstützungzubitten.Bisweilen
wirdeineGemeindevonerfolgreichenUnternehmernunterstützt,derenSpendenwesentlichzur
Finanzierungbeitragen.AuchkannmanchmalderVerbandunterstützen,wenndieGemeinde
Problemehat,ihreRatenzuzahlen.
BeidengekauftenMoscheegebäudenhandeltessichnormalerweiseumeinWaqf.Waqfist
dasarabischeWortfürStiftungundmeint,dasseinGebäudeoderaucheinandererStiftungs-
gegenstanddauerhaftfürreligiöseZweckegestiftetwurde.ImislamischenGlaubenistdiefinan-
zielle Unterstützung eines religiösen Waqf eine von drei Dingen, die den Tod überdauern
undEinflussaufdasJenseitshaben.DahergibtesunterdenGläubigendurchauseinegroße
Bereitschaftzuspenden.
Allerdings,auchwenndieGemeindenganzoderzueinemgroßenTeildieSpendenfürden
Kaufselbergesammelthaben,istderEigentümernormalerweisenichtdieGemeinde,sondern
(beiDİTİBundVIKZ)derBundesverbandodereineStiftung,diemitdemVerbandengverbun-
denist(z.B.derIslamWaqfe.V.,verbundenmitderIFB).DanebengibtesauchdiePraxis,dass
eineislamischeStiftungeinGebäudeerworbenhatundanschließendderGemeindedasNut-
zungsrechtvertraglichüberlässt.OderabereineGemeindemietetRäumlichkeitenbeieiner
islamischenStiftungan,unddasRechtsverhältnisbeschränktsichaufeineMieter-Vermieter
Beziehung.DabeientsprechendieBedingungenallerdingsnormalerweisenichtdenendesfreien
Marktes,daesAufgabederStiftungist,religiösesLebenzufördern.Dies ist insbesondere
46 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
eineOptionfürGemeinden,derenMitgliedschaftsowieBesucherinnenundBesucherwirt-
schaftlichnichtinderLagesind,eineMoscheeselbstzutragen.Grundsätzlichgilt:zumeist
werdendenGemeindendieRäumenurüberlassen,auchwenndieGeldervorOrtgesammelt
werden.EinerderGründe,warumdieGemeindennichtEigentümersind,istdieErfahrung,
dassGemeinden,diejaalseingetrageneVereineorganisiertsindundindenennureinBruch-
teilderBesucherauchMitgliedersind,voneinerkleinenGruppe„gekapert“werdenkannund
diegroßeMehrheitderBesucherverdrängt.DassineinemsolchenFallauchdasGebäude
betroffenwäre,solldiegezeigtePraxisverhindern.
SpendenausdemAusland sindmirbeiMoscheen türkischerHerkunftskulturaus jüngerer
VergangenheitnichtbekanntundauchsonstdiegroßeAusnahme.Dietürkischsprachigen
Gemeindensindauchzumeistwirtschaftlichwesentlichbesseraufgestelltalsz.B.diearabisch-
sprachigenGemeinden– sowohl sunnitischwie schiitisch.Esgibt jedochzumindesteinen
BerlinerFall,indemeineausländischeStiftung(Mit-)EigentümereinesMoscheegebäudesist.
ImGegensatzzuSpenden,dieaneineMoscheegemeinde/Verband/Stiftunggetätigtwerden
undnichtmiteinerEinflussnahmeverknüpftwerden,istdieMiteigentümerschaftnatürlich
einWegzuKontrolleundEinflussnahmeundversperrtdamiteinerMoscheegemeindeeine
eigenständige,unabhängigeWeiterentwicklung,dieeine stärkereAuseinandersetzungmit
demeigenenUmfeldunweigerlichmitsichbringt.
Nicht nur der Erwerb eines Moscheeraumes bedeutet einen finanziellen Kraftakt für eine
Gemeinde,sondernauchdessenUnterhalt,InsoferndiejeweiligeGemeindedafürselbstauf-
kommenmuss.DerUnterhaltskosteneinerMoscheesindrechthoch,insbesondereaufGrund
derHeiz-undvorallemauchWasserkosten(religiöseWaschung)undliegenoftmonatlichim
vierstelligenBereich.
2. FINANZIERUNG DER IMAME
Währenddie ImamederDİTİB vonder türkischenReligionsbehördeausAnkarafinanziert
werden,werdendieImamederanderenMoscheenauchvonderGemeindeselbstfinanziert.
Diesbedeutetauch,dassdieDİTİB ImameunabhängigervondemjeweiligenMoscheevor-
standsind.DiesbedeutetfürdieGemeindeneinegroßefinanzielleHerausforderung.Neben
KleinspendenderBesucherundmancherortsauchMitgliedsbeiträgengibtesnochverschie-
deneweitereMöglichkeitenderFinanzierungeinesImams,wiedasErhebenvonSchulgeld
fürdieKoranschule,dasBetreibeneinerTeestube,einesFriseurgeschäftsoderkleinerLäden
fürMitgliederinderMoschee.SolcheEinnahmenfließenaberinderPraxisstetszunächstin
dieFinanzeriungderlaufendenKosteneinerMoschee.Erst,wennnochGeldübrigseinsollte,
washäufignichtderFallist,wirddiesfürdieBezahlungdesImamseingesetzt
DennochstehtinderPraxisderallermeistenBerlinerGemeindennebendemUnterhaltder
MoscheenurwenigGeldzurVerfügung.InFolgedessenwerdenImamemeistnurinTeilzeit
eingestelltundschlechtbezahlt.FürweitereAufgabeninderGemeindewiesozialeArbeit,
Jugendarbeit,Seelsorge(überdieTätigkeitdesImamshinaus)oderÖffentlichkeitsarbeitfehlt
denGemeindendasGeld.Diesfindetdaherfastimmerehrenamtlichstatt.
47
3. DIE IDEE EINER STIFTUNGSGRÜNDUNG ZUR TRANSPARENTEN
FINANZIERUNG DES MOSCHEEBAUS UND ISLAMISCHEN LEBENS IN BERLIN
DieUnterstützungderFinanzierungvonMoscheebautenoderdesislamischenLebensdurch
ausländischeStiftungenwirdinDeutschlandmitgroßemMisstrauengesehen.DieFurchtvor
ausländischerEinflussnahmeistgroß–undwieobenerwähntbisweilendurchausberechtigt.
Dabeiwirdjedochmanchmalvergessen,dasswirineinerglobalisiertenWeltlebenundinter-
nationaleZusammenarbeit sowiepersonelleundfinanzielleVerflechtungenzurNormalität
gehören.SchonseitvielenJahrzehntenunterstützendiedeutschenKirchenzahlreichePartner-
kirchenimAuslandfinanziell.DieEvangelischeKircheinDeutschlandwähltPfarrerinnenund
PfarrerausDeutschlandfürdenDienstinvielendeutschsprachigenGemeindenweltweitaus,
bezahlt und begleitet diese für ihren Pfarrdienst als interkulturelle Begleitung und Brücke
deutschsprachigerChristenweltweit.Inderrömisch-katholischenKircheDeutschlandswirbt
manangesichtsdesPriestermangels inzwischenumPriesterausPolen,Südamerika,Afrika
oder Asien. Auch in vielen der anderen fremdsprachigen orthodoxen und freikirchlichen
christlichenGemeindeninDeutschlandsindPfarrertätig,diesowohlzudenHerkunftskirchen
alsauchzumdeutschenKontextengeVerbindungenpflegen.Diesspiegeltdieinternationa-
lenMigrationsbewegungenausunterschiedlichenGründenwiederundfordertdazuheraus,
die Formen gegenseitiger Unterstützung transparent und verantwortlich zu gestalten – in
ÜbereinstimmungmitdeutschemundeuropäischemRecht.
Esgiltzubeachten,dassesEinzelfälleinEuropagibt,indenenGelderausdemAuslandge-
nutztwurden,umdauerhaftenEinflusszunehmenaufdieLehreunddieGemeinde–ganz
davonabgesehen,dasszumTeileinIslamverständnisgefördertwurde,dassdiemeistenMuslime
in Europa ablehnen. Zugleich herrscht in zunehmendem Maße in Politik und Gesellschaft
AngstvordemImporteinesradikalenReligionsverständnissesundderaktuellenSpannungen
ausderarabischenWelt.
Esgiltaberauchzubeachten,dasssich–wieobenausgeführt–vieleGemeindenohnefinan-
zielle Unterstützung aus dem Ausland den Kauf oder Bau von würdigen und geeigneten
Räumen für eine Ausübung ihres grundgesetzlich geschützten kollektiven Glaubenslebens
nichtleistenkönnen.Diessiehtmanauchdaran,dassessichauchbeidenbishergekauften
MoscheeräumenmeistumehemaligeFabriketagenhandelt.KaumeineMoscheegemeinde
inBerlinverfügtübereinarchitektonischalsMoscheekonzipiertesundgebautesGebäude,
dasicheineDurchschnittsgemeindeeine„echte“Moscheeschlichtnichtleistenkann.Soer-
gibtsichdiegemeinsamzuregelndeHerausforderung,wieGelderausdemAuslandineiner
FormnachDeutschlandfließenkönnen,dietransparentundimAustauschmitAkteurenaus
GesellschaftundPolitikgeschieht.
Ein unter Berliner Muslimen derzeit diskutierter Vorschlag lautet, in Berlin eine Islamische
Stiftungzugründen,dieauchGelderausdemAuslandannimmtunddiesedanninKenntnis
desdeutschenRechtsundderhiesigenBedürfnissevonMusliminnenundMuslimennutzt
zum (Teil-)ErwerbvongeeignetenRäumlichkeiten fürMoscheegemeinden.Darüberhinaus
kann die Stiftung weitere Aufgaben finanzieren zur Entfaltung und Unterstützung islami-
schenLebens inBerlin imRahmenderAnerkennungundWertschätzunggesellschaftlicher
undreligiöserVielfalt.DieseStiftungsolltebreitgetragenseinundauchnicht-muslimische,
z.B.Kirchenvertretermiteinbeziehen.
Dieskönntesicherstellen,dassGeldgeberkeinenEinflussaufdieGemeindenausübenkönnen
undwirtrotzdeminderLagesind,denMusliminnenundMuslimengeeigneteundwürdige
Gebetsräume–undnichtlängerumfunktionierteoderimprovisierteFabriketageninBerliner
GRÜNDUNG EINER ISLAMISCHEN STIFTUNG BERLIN ZUR TRANSPARENTEN FINANZIERUNG DES ISLAMISCHEN LEBENS
48 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
Hinterhöfen–zurVerfügungzustellen.EskönntezudemdieaktuellherrschendeRaumnot
einigerGemeindenlindern,sodassMenschennichtmehraufderStraßebetenmüssen.Auch
bietetdiesdieGelegenheit,eine„deutsche“MoscheeinBerlinzugründen,sodassauchfür
dieMuslime,dienichttürkisch,arabischodereineandereHerkunftssprachesprechenoder
wenigAnknüpfungspunkteandieHerkunftskulturenderMehrzahlderMuslimehaben,ein
entsprechendesreligiösesAngebotindeutscherSprachezurVerfügungsteht.DerBedarfist
enorm.NichtzuletztkanneinesolcheStiftungdieEntfaltung islamischenLebens inBerlin
fördern und die Anerkennung und Wertschätzung religiöser und gesellschaftlicher Vielfalt
fördern.
4. STRUKTUR UND AUFGABEN EINER BERLINER ISLAMISCHEN STIFTUNG
DieAntwortenaufvieledieStiftungbetreffendeFragenmüssennochausgehandeltwerden,
daherhandeltessichbeidenfolgendenPunktenumVorschläge,diealsDiskussionsgrundlage
dienensollen:
• Eshandeltsichumeineselbstständige,rechtsfähigeStiftungmiteigenerSatzung,Gremien,etc.
• ZentralesOrganderStiftungkönnteeinzehnköpfigesKuratoriumsein,bestehendaus
MuslimenundNichtmuslimen.
• SiebenMitgliederdesKuratoriumssindMuslime,die seitvielen Jahren indermuslimi-
schenCommunity inBerlinVerantwortungtragenunddaher indenGemeindenhohe
Wertschätzunggenießen.ZudemsollensiediemuslimischeCommunitymöglichstbreit
widerspiegeln.DieAuswahlerfolgtimRahmeneinesAushandlungsprozesses,indendie
GemeindenundGlaubensgemeinschafteneinbezogenwerden,diesichindenvergangenen
Jahrengesellschaftlichengagierthaben,z.B.imRahmendesBerlinerIslamforums.Drei
MitgliederdesKuratoriumssindjeeinVertreterderevangelischenundderkatholischen
Kirche sowieeinVertreterder Zivilgesellschaft.DiesedreiMitgliederwerden vonden
siebenmuslimischenMitgliederndesKuratoriumsgemeinsambestimmt.Dieswürdeeine
Berücksichtigunggesamtgesellschaftlicher InteressenfördernunddasVertrauen indie
Stiftungstärken.
• Das Gründungskapital von 100.000 € wird durch Spendensammlungen unter Berliner
Muslimeneingeworben.
• Zu-Stiftungen–auchausdemAusland–ermöglichenes,dieZielederStiftungmittelfristig
umzusetzen.
• DieStiftungkannImmobilienerwerbenundMoscheegemeindengeeigneteGebäudezur
Verfügungstellen.
• Möglichistauch,dassStiftungundGemeindeanteiligdieKostenübernehmenunddas
MoscheegebäudegemeinsamerBesitzderGemeindeundderStiftungist.Dieswürdedie
PositionderGemeindestärken.
• InsbesondereunterstütztdieStiftungdenAufbaudeutschsprachigerMoscheeninBerlin,
so dass die Muslime, die nicht türkisch, arabisch oder eine andere Herkunftssprache
sprechenoderwenigAnknüpfungspunkte andieHerkunftskulturenderMehrzahl der
Muslimehaben,einentsprechendesreligiösesAngebotvorfinden.Denngeradedieser
(überwiegendjungen)ZielgruppefehltesandenfinanziellenMitteln.
• DieStiftungfördertzudemdieEntfaltungundUnterstützungislamischenLebensimRah-
menderAnerkennungundWertschätzungvonreligiöserundgesellschaftlicherVielfalt.
49
Hierzukannzählen:
–EineBezuschussungderGehälterderImame,umeineangemesseneFinanzierung
von inDeutschlandakademisch ausgebildeten Imamen (inAnlehnunganden
TVöD)zuermöglichen.
–dieFörderungderAnerkennungundWertschätzungreligiöserundgesellschaft-
licherVielfalt
–dieFinanzierungeinesRechtshilfefondsfürislamischeGemeindeninBerlin.
DieUmsetzungderStiftungsideebedeutetkeineswegs,dassdamitalleFinanzierungsfragen
dermuslimischenCommunitygelöstsind,eshandeltsichvielmehrumeinenBaustein,der
durchweitereergänztwerdenmuss.
DieserBeitragverstehtsichalseinDiskussionsbeitrag,wiedieFinanzierungislamischenLebens
inBerlinzukünftigermöglichtwerdenkann.KritikundErgänzungensindwillkommen.Denn
beiderFragenachderzukünftigenFinanzierungislamischenLebensinBerlinhandeltsichum
eineFrage,dieunsalleangeht–egalobMuslimodernicht.DenndiegesellschaftlichenFolgen,
dieentstehen,wennwiresnichtschaffen,dieseProblemeanzupacken,werdenebensouns
allebetreffen.
GRÜNDUNG EINER ISLAMISCHEN STIFTUNG BERLIN ZUR TRANSPARENTEN FINANZIERUNG DES ISLAMISCHEN LEBENS
50 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
DIE LEGENDE VON EINER UMFASSENDEN STAATLICHEN FINANZIERUNG
CHRISTLICHER GLAUBENSVERMITTLUNG – KEIN TRAGBARES MODELL
ZUR FINANZIERUNG VON MOSCHEEN UND ISLAMISCHEN VERBÄNDEN
Ehrhart Körting
WährendmeinerTätigkeitalsInnensenatordesLandesBerlinvon2001bis2011binichbei
Gesprächen inmuslimischenGemeindenhäufigdarauf angesprochenworden,warumdie
KirchenvomStaatgefördertwürden,diemuslimischenVerbändeundMoscheenhingegen
nicht.DenGesprächenhaftetehäufigdieVorstellungan,dassdie islamischenReligionsge-
meinschaftenaufgrundderNichtförderungihrerMoscheendurchdenStaatimVerhältniszu
denchristlichenKirchendiskriminiertwürden.
AuchinderöffentlichenDebatteüberdieFinanzierungvonReligionsgemeinschaftenspielen
LeistungendesStaatesanKirchenoderkirchlicheOrganisationeneineerheblicheRolle.Ins-
besondereKirchenkritikerweisendaraufhin,dassderStaatdiechristlichenKirchenmitMilliar-
denbeträgenfinanziere.SohatCarstenFrerk inseinem„ViolettbuchKirchenfinanzen“von
2010rund19MilliardenEuroaufgelistet,dievomStaatandieKirchengezahltwerden.Auch
JohannAlbrechtHauptlistetinseinen„DiePrivilegienderKirchen“(2010,veröffentlichtauf
www.humanistische-union.de)vielfältigefinanzwirksame„Sonderregelungen“fürdieKirchenauf.
FüreinerealistischeDiskussionmusszwischenmittelbarenundunmittelbarenStaatsausgaben
fürdieKirchenundkirchlicheTrägervonEinrichtungenunterschiedenwerden.Diesunter-
nimmtdieserArtikelundunterbreitetanschließendeinenVorschlag,wasdarausfürdie(öffent-
liche)FinanzierungmuslimischerOrganisationenfolgt.
1. ALLGEMEINE FÖRDERUNG GEMEINNÜTZIGER ORGANISATIONEN
1.1 Finanzierung von Sozialeinrichtungen und sozialen Diensten
KirchlicheTrägerundStiftungennehmenwieandereTrägerauchanstaatlicherFinanzierungihrer
sozialenAngeboteteil.DasbetrifftetwaKrankenhäuser,Senioreneinrichtungen,Behindertenwerk-
stätten,PflegeheimeundAltenpflegeangebote.EinerechtlicheSonderstellungnehmendiekirch-
lichenTrägerimVerhältniszuanderenTrägerndabeinichtein.DiskriminiertwerdenandereTräger
somitjuristischnicht,auchnichtislamischeAnbieter.DiekirchlichenTrägerhabenlediglicheinen
faktischenWettbewerbsvorteil,weilessichumlangeanerkannteundbewährteAngebotehandelt.
1.2 Die Förderung von Kindertagesstätten
InDeutschlandgibteseineVielzahlvonstaatlichgefördertenKindertagesstättenkirchlicher
Träger.MiteinerFörderungderGlaubensvermittlunghatdasnichtszutun,wennaucheine
religiösePrägungvorliegt.InersterLiniegehtesunseremVerständnisnachumdiedemStaat
obliegendeKinderbetreuung.SoweitkirchlicheTräger (übrigensauchvieleanderegemein-
nützigeTräger)denStaat imSinnedesSubsidiaritätsprinzipsvondieserAufgabeentlasten,
habensieAnspruchaufErstattungihrerAufwendungen.
51
AuchislamischeKindertagesstättenhabenunterdemGesichtspunktderGleichbehandlung
AnspruchaufstaatlicheFörderung,wennsiedieVoraussetzungenebensoerfüllenwiechristliche
KindertagestättenundinentsprechendePlanungenaufgenommenwerden.Insofernliegtauch
hierkeinerechtlicheDiskriminierungvor.
1.3 Die Förderung von Privatschulen
AucheineVielzahlvonKonfessionsschulenwirdinDeutschlandmitöffentlichenGeldernge-
fördert.MaßgebendisthierfürdasjeweiligePrivatschulrechtderLänder;esgiltnichtnurfür
christlicheSchulensondernfürallenichtstaatlichenTräger,beispielsweiseWaldorf-Schulen.
IslamischeSchulensindmöglich,abernochselten.EinBeispielistdiestaatlicheanerkannte
islamischeGrundschuleinBerlin.AuchdiederGülen-Bewegungzuzurechnendenbundesweit
sechsPrivatschulensindzunennen.
EsgibtallerdingsBesonderheitenaufgrundderVerträgezwischenStaatundKirche.Sogibtes
nachdemBayerischenSchulfinanzierungsgesetzeineSonderregelungfürkirchlicheSchulen
derjenigenRechtsträger,dieunterdasKonkordatmitdemHeiligenStuhlvom29.März1924
undunterdenVertragmitderEvangelisch-LutherischenKircheinBayernrechtsdesRheins
vom15.November1924fallen(Art.29Abs.2desGesetzes).SiegiltaberauchfürTräger
andererReligionsgemeinschaftenundweltanschaulicheGemeinschaften,dieKörperschaften
desöffentlichenRechtssind.
BundeseinheitlichwirddasRechtzurErrichtungvonPrivatschulenmitAusnahmederprivaten
Volksschulengewährleistet(Art.7Abs.4Satz1GGmitArt.7Abs.5GG).BeiBekenntnis-oder
Weltanschauungsschulen–unddiesgiltfüralleSchulendieserArt,nichtnurfürdiechrist-
lichenSchulen–wirdselbstdieZulassungprivaterVolksschulenerleichtert.DieSchulträger
erhalten nach dem zitierten Bayerischen Gesetz Leistungen für den Personalaufwand und
LeistungenfürdenSchulaufwand,wozuinBayernauchBaumaßnahmengehören(Art.31,32
desGesetzes).ÄhnlicheRegelungenzumindestfürdenPersonalaufwandgibtesauchinden
anderenBundesländern.
NichtstaatlicheislamischeSchulensindnachgeltendemRechtmöglich.Dietatsächlichen
Startbedingungensind–wiefürPrivatschulenanderernichteingeführterPrivatschulträger–
sicherlichschwieriger.MiteinerFörderungislamischerSchulengehtaucheineAufsichtdes
genehmigendenundförderndenLandeseinher(vgl.Art.7Absatz4Sätze2und3GG).Zwar
istdieZahlislamischerSchuleninDeutschlandimVergleichzuanderenPrivatschulennoch
sehrbegrenzt,rechtlichwerdensiebeiderFörderungdeslaufendenBetriebesjedochnicht
diskriminiert.
1.4 Die Absetzbarkeit der Kirchensteuer und von Spenden an
Religionsgemeinschaften von der Einkommensteuer als indirekte Förderung
DiewichtigsteFörderungderReligionsgemeinschafteninDeutschland,aberauchallerge-
meinnützigenOrganisationenwieauchderParteien,bestehtinsteuerlichenVergünstigungen
fürdieBürgerinnenundBürger,dieihrerseitsBeiträgeoderSpendenanKirchen,Religionsge-
meinschaften,gemeinnützigeOrganisationenoderParteienerbringen.Ebensowiebeianderen
SteuerbegünstigungenzahltderStaathierzwarnicht,abererverzichtetaufEinnahmen,was
diegleichenwirtschaftlichenKonsequenzenhatwieeinedirekteFörderung.
DIE LEGENDE VON EINER UMFASSENDEN STAATLICHEN FINANZIERUNG CHRISTLICHER GLAUBENSVERMITTLUNG
52 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
Die Zahlung der Kirchensteuern und von Spenden ist eine Entscheidung jedes Einzelnen.
Durchdas freiwilligeBekenntnis zueinerReligionsgemeinschaftunddurchdie freiwilligen
SpendensindesLeistungenvonPrivaten.DieSpendenbereitschaft,wieauchdieBereitschaft
einerReligionsgemeinschaftanzugehören,wirddurchdieSteuervergünstigunggefördert.
DieSteuerbegünstigungderKirchensteuerzahlernach§10Absatz1Ziffer4EStGgiltfür
alleKirchensteuern,nichtnurfürchristlicheKirchen.Sieistdeshalbnichtdiskriminierendim
VerhältniszuanderenalsKörperschaftdesöffentlichenRechtsanerkanntenReligionsgemein-
schaften.DasdeutscheSteuerrechtkenntzusätzlichdieSteuerabzugsfähigkeitvonMitglieds-
beiträgenundSpendenangemeinnützigeOrganisationennach§10bAbsatz1EStG.Dies
wirdfürzusätzlicheSpendennebenderKirchensteuervonAngehörigenchristlicherKirchen
genutzt.EsgiltauchfüralleMoscheenundIslamischenVerbände,dienichtKörperschaften
desöffentlichenRechtssind,derenGemeinnützigkeitaberanerkanntist.Insofernkönnendie
MuslimeingleicherWeisedieSteuerabzugsfähigkeitihrerMitgliedsbeiträgeundSpenden
geltendmachen.
DieSteuerbegünstigungvonMitgliedsbeiträgenundSpendensetztGemeinnützigkeitvoraus.
Gemeinnützigistnach§52Abs.2Nr.2Abgabenordnung(AO)auchdieFörderungderReligion.
DiesgiltfüralleReligionsgemeinschaftengleichermaßen.AusgenommensindnurVereinigungen,
auchreligiöseVereinigungen,dieverfassungsfeindlicheBestrebungenunterstützen(vgl.§51
Abs.3AO).
HierbestehtfüreinigeMoscheenundMoscheeverbände,deneninVerfassungsschutzberichten
einenichtdemokratischeAusrichtungvorgeworfenwird,eineSperre.Dasgiltübrigensnicht
nurfürreligiöseOrganisationensondernfüralleextremistischenVereineundOrganisationen
gleichermaßen.InhaltlichistdieseSperreselbstverständlich:WerdendemokratischenStaat
ablehntundbekämpft,hatkeinenAnspruchaufFörderungoderindirekteFörderungseiner
ZieledurchdendemokratischenStaat.
EinSonderthema,dasichhiernichtvertiefe,istdieArtderKirchensteuererhebungdurchdie
staatlichenFinanzämternachdenKirchensteuergesetzenderLänder.Grundsätzlichkönnen
alleReligionsgemeinschaften,dieKörperschaftendesöffentlichenRechtssind,dieKirchen-
steuerndurchdieFinanzämtereinziehenlassen.NichtalleReligionsgemeinschaftenmachen
davonGebrauch.DiemeistenislamischenReligionsgemeinschaftenhabenbishereineAner-
kennungalsKörperschaftdesöffentlichenRechtsnichtangestrebt.EineAusnahmebilden
nurineinigenBundesländerndieAhmadiyyaMuslimJamaatunddieAlevitischeGemeinde
Deutschland.DiestaatlicheVerwaltungsleistungwirdnachdenjeweiligenlandesrechtlichenRe-
gelungenvondenReligionsgemeinschaftenvergütet.ObdieVergütunginallenBundesländern
imVergleichzudenentstehendenKostenangemessenist,kannhiernichtuntersuchtwerden.
EinweiteresSonderthemaergäbesich,wenndieZahlderKirchenaustritteimbisherigenUmfang
anhältunddieBereitschaftzuSpendenanReligionsgemeinschaftenabnimmt.Heuteistdie
KirchejanichtnurTrägerderGlaubensvermittlungsondernbedientvielfältigesozialeBedürfnisse.
DasgleichegiltfürdieMoscheenundislamischenVerbände.DerPfarrerundderImamsind
nichtnurdiejenigen,dieeineGlaubensbotschaftvermitteln,sondernzugleichRatgeber,die
beiFamilien-undErziehungsproblemenoderbeiArbeitslosigkeitbishinzurObdachlosigkeit
inAnspruchgenommenwerden.DiesesozialeFunktionerstrecktsichnachmeinenErfahrungen
biszurHilfebeiderKriminalitätspräventionvonJugendlichenundderWiedereingliederung
vonStraftätern.Langfristigkannmanbeidenjenigen,diekeineKirchensteuernzahlenund
keineSpendenanReligionsgemeinschaftenleisten,übereineSozialabgabenachdenken,die
53
allegemeinnützigenOrganisationen–undebenauchdieReligionsgemeinschaften–inihrer
sozialenArbeitunterstützt.
1.5 Steuerbegünstigungen bei der Grundsteuer und Gebührenbefreiungen
VonderGrundsteuerbefreitistGrundbesitzvonReligionsgemeinschaften,dieKörperschaften
desöffentlichenRechtssind.DasselbegiltfürjüdischeKultusgemeinden,§3Abs.1Nr.4und
§4Nr.1Grundsteuergesetz.EineentsprechendeRegelunggibtesfürDienstwohnungender
GeistlichenundKirchendienernach§3Abs.1Nr.5Grundsteuergesetz.DieBefreiungengelten
füralleReligionsgesellschaften,diedenStatusalsKörperschaftdesöffentlichenRechtshaben
undfürdiejüdischenGemeinden.FürandereKörperschaftengibteseineähnlicheSteuerbe-
freiungfürdenGrundbesitz,dergemeinnützigenodermildtätigenZweckendient,§3Abs.1
Nr.3 Buchstabe b Grundsteuergesetz, aber beispielsweise nicht für Dienstwohnungen der
GeistlichenundsonstigenMitarbeiter.
HinzukommenlandesrechtlicheRegelungenzurGebührenbefreiungderKirchenbeiVerwal-
tungskosten und bei Gerichtskosten, die nach Johann Albrecht Haupt (aaO, S. 12f.) aber
teilweiseähnlichfürandereKörperschaftenundprivatrechtlichorganisierteReligionsgemein-
schaftengelten.AusGründenderGleichbehandlungsolltendieislamischenundanderen
Religionsgemeinschaften,dienichtalsKörperschaftendesöffentlichenRechtsorganisiertsind,
völliggleichgestelltwerden.
2. FÖRDERUNG DER RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN DURCH
STAATLICH FINANZIERTEN RELIGIONSUNTERRICHT
DieFörderungdesReligionsunterrichtsistinArt.7Absatz4GGfürdiemeistenBundesländer
verfassungsrechtlichgarantiert.SieistinzwischennichtmehraufchristlichenReligionsunter-
richtbeschränkt;inetlichenBundesländernwirdauchislamischerReligionsunterrichtgefördert.
HierzugibteskeinebesonderegrundgesetzlicheGarantienachArt.7Absatz4GG,aberden
zubeachtendenGleichbehandlungsgrundsatz.AuchistvomUmfangherderislamischeReligions-
unterrichtnochimAufbaubegriffen.AberderSachenachistindenBundesländerndieBe-
reitschaftzurGleichstellungvorhanden,gleichesgiltfürdenalevitischenReligionsunterricht.
SoistauchdieErteilungislamischenReligionsunterrichtsbeispielsweiseinNordrhein-Westfalen
nachdemGesetzzurEinführungvonislamischemReligionsunterrichtalsordentlichesLehr-
fachvom22.Dezember2011(Gesetz-undVerordnungsblatt.NRW.2011,S.725)möglich.
Ein anderesBeispiel ist Berlin.DerReligionsunterrichtwirdnicht alsordentliches Lehrfach
erteilt,sondernvondenReligionsgemeinschaften,diedafürbiszu90%derKostenerhalten.
DasgiltnichtnurfürdiechristlichenKirchen.AusdemGleichbehandlungsgrundsatzergibt
sichnacheinemUrteildesOVGBerlinvom16.Dezember1994dieFinanzierungauchfürUn-
terrichtsanbieteraußerhalbderKirchen.DeswegenerhältinBerlindieIslamischeFöderation
nachdemHaushaltsplan2017Zuschüssevonmehrals500.000€(vgl.www.berlin.de/sen/
kulteu/religion-und-lebensanschauung).
DIE LEGENDE VON EINER UMFASSENDEN STAATLICHEN FINANZIERUNG CHRISTLICHER GLAUBENSVERMITTLUNG
54 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
3. FÖRDERUNG DER RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN DURCH THEOLOGIE-
LEHRSTÜHLE UND -PROFESSUREN AN DEN UNIVERSITÄTEN UND FÖRDERUNG
KIRCHLICHER HOCHSCHULEN UND FORTBILDUNG
AnetlichenHochschulen inDeutschlandgibt es theologische Fakultätenbeziehungsweise
einzelneLehrstühle.SiestellenaufgrundihrerstaatlichenFinanzierungeineindirekteFörderung
vonKirchendar.BesondersumfangreichistdasinBayernderFall,wieeinBlickaufdieInternet-
AuftrittederHochschulenzeigt.AndenstaatlichenUniversitäteninWürzburg(mit16Lehr-
stühlenbzw.Professuren),Regensburg(mit13Lehrstühlenbzw.Professuren),Augsburg(mit
16Lehrstühlenbzw.Professuren)undMünchen(mit20Lehrstühlenbzw.Professuren)bestehen
FakultätenfürkatholischeTheologie.
AnderUniversitätinMünchenbestehtaußerdemeineEvangelischeTheologischeFakultätmit
11Lehrstühlen.FernergibtesInstitutebzw.LehrstühleinWürzburg,Regensburg,Nürnberg
undBamberg,sowieeinenFachbereichinErlangen.DanebenbietendieUniversitätAugsburg
StudiengängefürEvangelischeReligionslehreundfürKatholischeReligionslehreunddieUni-
versitätPassaufürKatholischeReligionslehrean.
ZusätzlichgibteskirchlicheHochschulen(dieKatholischeStiftungsfachhochschuleinMünchen,
diekatholischeUniversitätEichstätt-Ingolstadt,dieAugustana-HochschulederEvangelisch-
Lutherischen Kirche in Neuendettelsau, die Evangelische Hochschule Nürnberg), die einen
AnspruchaufstaatlicheZuschüsseinHöhevon80%desPersonal-undSachaufwandshaben
(Art.84Abs.2BayerischenHochschulgesetzes).
SoweistderHaushaltsplan2017vonBayerninKapitel1506Titel68671-0Leistungenzum
laufendenAufwandderKath.UniversitätEichstätt-Ingolstadtvon43.160.900€aus.Nach
denErläuterungenwerdenaufGrundeinesam8.Juni1988geschlossenenVertrages85%des
Aufwandesersetzt.EbensowerdennachKapitel1549Titel68601unterHinweisaufArt.84
BayHSchGZuschüssezumlaufendenBetriebfürdieKath.StiftungsfachhochschuleMünchen
unddieEvangelischeHochschuleNürnbergvon10.205.400€geleistet.Weiterwirdnach
Kapitel1506Titel68613-1einZuschuss fürdenBetriebderHochschulederEvang.-Luth.
KircheinBayerninNeuendettelsauvon945.000€gezahlt.
SchließlichweistderHaushaltsplanWissenschaft inBayern imKapitel1503Titel68624-5
„soweitnichtTitelanandererStelledesHaushaltseinschlägigsind“einenZuschussfürnicht-
staatlichetheologischeAusbildungsstättenvoninsgesamt663.000€aus,davon497.000€
fürkatholisch-theologischeund166.000€fürevangelisch-theologischeAusbildungsstätten.
EineähnlicheFörderungderTheologiegibtesinBaden-WürttembergandenUniversitätenund
durchFörderungkirchlicherHochschulen:KatholischeFakultätengibtesnachdenInternet-Auf-
trittenandenUniversitäteninFreiburg(mit21Professuren)undTübingen(mit17Lehrstühlen);
evangelischeFakultätenanderUniversitätTübingen(mit15Lehrstühlen)undHeidelberg(mit
33Professoren,außerplanmäßigenundHonorarprofessoren).
ZusätzlichgibtesAbteilungenundInstitutefürTheologie/ReligionspädagogikandenPäda-
gogischenHochschulen.DanebenwerdendieKatholischeHochschuleFreiburgmitStudien-
gängenfürSozialeArbeitundHeilpädagogik,dieEvangelischeHochschuleLudwigsburgmit
AusbildungsgängenzurSozialenArbeitunddieEvangelischeHochschuleFreiburgmitAusbil-
dungsgängenzurSozialenArbeitundzurReligionspädagogikgefördert.
55
DieZuschüssefürdiekirchlichenHochschulenbetragennachKapitel1403Titel68492des
HaushaltsvonBaden-Württemberg12.147.300€,diesonstigenZuschüsse(bereinigtumden
AnteilfürdientaIsny)1.210.000€.AußerdemwerdenimHaushaltsplanvonBaden-Württem-
berg2017nachKapitel0455Titel68411ZuschüsseandieEvangelischenLandeskirchenund
dieRömisch-KatholischenDiözesen fürdieArbeitder kirchlichenAkademien inHöhe von
266.800€gezahlt.
AlsweiteresBespielnenntNordrhein-Westfalen imHaushaltsplan2017nebendenWissen-
schaftsausgabenfürdieUniversitätenundHochschulenimKapitel05300indenTiteln684
11und68412ZuschüsseandieEvangelischenKirchenundandieKatholischeKirchezur
kirchlichenLehrerfortbildungvonjeweils588.000€
DieindirekteFörderungderKirchendurchFinanzierungvonLehrstühlenundProfessurenfür
TheologieindenHochschulenderBundesländeristnichtmehraufdiechristlichenKirchen
beschränkt.InzwischenwerdenZentrenfürislamischeTheologieinTübingen,Frankfurt(mit
Gießen), Münster, Osnabrück und Erlangen-Nürnberg gefördert. Auch in Berlin ist an der
Humboldt-UniversitäteinInstitutfürislamischeTheologieimAufbau.Insofernwirddieisla-
mischeTheologiezwardemGrundenach,abernochlangenichtdemUmfangnachgleich
gestellt.EinevölligerechtlicheGleichstellungislamischerReligionsgemeinschaftenaufFörde-
rungstehtnochaus.BeispielsweisegibtArt.84Abs.2desBayerischenHochschulgesetzes
nureinerKirchenachMaßgabedesStaatshaushaltseinenAnspruchaufZuschüssezurErrichtung
undzumBetriebeinernichtstaatlichenFachhochschule.
AuchgibtesnochkeinedenchristlichenEinrichtungenvergleichbarestaatlicheFörderung
fürislamischeHochschulenodernichtstaatlicheAusbildungsstättenfürislamischeTheologie.
EineFörderungnicht-staatlicherislamischerAusbildungsstättenistmöglich.Ihrwürdenicht
entgegenstehen,dasseshistorischeAnsprüchefürdiekirchlichenAusbildungsstättengäbe.
DieKatholischeUniversitätEichstättwurdebeispielsweiseerst1843alsBischöflichesLyzeum
wieder gegründet und 1924 in Bischöfliche Philosophisch-Theologische Hochschule umbe-
nannt. IhrerFörderung liegtdemnachkeineEntschädigungaufgrundeinerSäkularisierung
zugrunde. Vielmehr könnten islamische Hochschulen und Ausbildungsstätten wie andere
nichtstaatliche Ausbildungsstätten gefördert werden. Damit hat das fördernde Land aller-
dingsaucheineAufsichtüberdienichtstaatlicheEinrichtung.
4. SEELSORGE IM JUSTIZVOLLZUG UND IN BESONDEREN VERHÄLTNISSEN
DiechristlicheSeelsorgeimJustizvollzugwirdvondenLändernfinanziert.Sowerdenbei-
spielsweise inBaden-Württemberg imHaushaltsplan2017nachKapitel0508Titel67102
ErstattungenanKirchenverwaltungenfürSeelsorgerindenJustizvollzugsanstalteninHöhe
von920.000€geleistet.
DerHaushaltsplanvonBayernsiehtalsweiteresBeispielimKapitel0405Titel42201für
dieSeelsorgeimVollzugfünfStellenfürDekane(BesoldungsgruppeA15)und25Stellenfür
PfarrerinnenundPfarrer(Bes.GruppenA13undA14)vor.AuchbeiderBundeswehrwerden
nachKapitel1413desHaushaltsplansdesBundes2017dieMilitärseelsorgeunddiehaupt-
amtlichenMilitärgeistlichenausStaatsmittelnbezahlt.
EshandeltsichbeidenangeführtenRegelungenundentsprechendenRegelungeninanderen
BundesländernzwarumausderchristlichenTraditionDeutschlandsherzuleitendeFörderungen,
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56 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
inzwischengehtesabernichtmehrnurumspezifischeRegelungenfürdiechristlicheReligions-
vermittlung.SohatbeispielsweisedasJustizministeriumNiedersachsen,wiedenInternetseiten
von „Celle Heute“ zu entnehmen ist am 18.12.2012 eine Vereinbarung zur muslimischen
SeelsorgeimJustizvollzugmitdemLandesverbandderMuslimeinNiedersachsene.V.,Schura
NiedersachsenunddemDİTİBLandesverbandderIslamischenReligionsgemeinschaftenNieder-
sachsenundBremene.V.geschlossen,dieaucheineRegelungzurVergütungderislamischen
Seelsorgerenthält.NachderLandtagsdrucksache17/2558vom4.12.2014gabesangesichts
derhohenZahlderInhaftiertenmuslimischenGlaubensBedarfanseelsorgerischerBetreuung.
AllerdingsgabesnochkeineanGehaltskostenorientierteVergütung,sondernlediglicheine
EntschädigungwegenZeitversäumnis,fürNachteilebeiderHaushaltsführungundfürVer-
dienstausfall.
ImRahmendesGleichbehandlungsgebotswirdindenJustizvollzugsanstaltenauchdiemusli-
mischeSeelsorgeentsprechenddemBedarfvomjeweiligenBundeslandzufinanzierensein.
GleichesgiltfürdieMilitärseelsorgefürmuslimischeBundeswehrangehörige(wiefürAnge-
hörigeandererReligionsgemeinschaften)ausBundeshaushaltsmitteln.
DiesgiltentsprechendfürvergleichbarebesondereLebenslagen.Flüchtlingesindnichtinder
Lage,ihreSeelsorgerzubezahlen.DieLeistungennachdemAsylbewerberleistungsgesetz
beispielsweiselassenkeinenRaumfürMitgliedsbeiträgeoderSpendenanMoscheenoder
Moscheeverbände.Hier istesAufgabedesSozialstaates,dieentsprechendenSeelsorgeleis-
tungenzufinanzieren.
5. UNMITTELBARE FÖRDERUNG DER KIRCHEN UND RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN
DURCH STAATLICHE FINANZIERUNG VON KIRCHENBAUTEN UND STAATS-
LEISTUNGEN AN DIE KIRCHEN
DiebisherigenPrüfungenhabenergeben,dassdieuntersuchtenstaatlichenLeistungen im
wirtschaftlichenErgebnisnichtdiskriminierendsindimVerhältnisvondenKirchenzuanderen
Religionsgemeinschaften,insbesondereMoscheevereinenundislamischenVerbänden,insofern
die Moscheevereine und islamischen Verbände derartige Unterstützungen grundsätzlich
ebenfallsinAnspruchnehmenkönnen.RechtlichgibtesimGrundsteuer-undGebührenrecht
undbeiderFinanzierungvonnichtstaatlichenHochschulenabernochGleichstellungsbedarf.
AndersstelltsichdieSituationbeieinerBetrachtungderunmittelbarenstaatlichenBauleistungen
undStaatsleistungenandieKirchendar,diesichausArt.140GGmitArt.137derWeimarer
Reichsverfassungergeben.IchbetrachtedabeinurdieEvangelischenKirchenunddieRömisch-
KatholischeKirche.DieAltkatholischeKirchebleibtunberücksichtigt,weil siezahlenmäßig
eineuntergeordneteRollespielt,auchwennsieinvielenBundesländerngefördertwird.Ebenso
betrachteichnichtdiejüdischenGemeinden.DieFörderungjüdischerFriedhöfe,dieWieder-
herstellungzerstörterSynagogenistunterdemGesichtspunktderWiederherstellungdesim
DrittenReichvernichtetenjüdischenLebensmitanderenFörderungennichtvergleichbar.In
einigenBundesländernwerdenauchnochweitereReligions-undWeltanschauungsgemein-
schaftengefördert,diehieraufgrunddervergleichsweisegeringenFördersummenunberück-
sichtigtbleiben.
DiestaatlichenBauleistungenunddieStaatsleistungenandieKatholischenKirchenunddie
EvangelischenKirchenergebensichausdenHaushaltsplänenderBundesländer.Begründet
werdensiemitaltenVerpflichtungenaufgrundderfrüherenSäkularisationvonKirchengütern
57
durchdieLandesherrninDeutschlandundausvertraglichenBindungen.Siefallenindenein-
zelnenBundesländernunterschiedlichaus.HäufigfindenwirnebendenStaatsleistungenan
dieKirchenindenLandeshaushaltsplänenverstreutEinzelleistungen.
5.1 Staatliche Finanzierungen von Baumaßnahmen an Kirchengebäuden
NebendendirektenStaatsleistungenderLänderandieKirchengibtesZahlungenaufgrund
vonBauverpflichtungenfürKirchenundPfarrhäuser.DiesedienenjedochheutederDenk-
malpflegeundnicht(mehr)derFörderungderReligionsgemeinschaft.Aufdievollständige
Einzeldarstellungder Länderwird verzichtet.Besonderswill ichnuraufdiePfarrhäuser in
Baden-WürttembergundaufKirchenbautennachdemHaushaltsplan inBayernverweisen
unddieszurVeranschaulichungmitDatenauseinigenLändernergänzen.
SogibtesinBaden-Württemberg533regelmäßigbewohntePfarrhäusermitstaatlicherBau-
pflicht,vondenen278unterDenkmalschutzstehen.Hiervonwerden314vonderEvange-
lischenKirche inWürttemberg,109vonderEvangelischenKirche inBaden,70vonder
KatholischenKircheinWürttembergund40vonderKatholischenKircheinBadengenutzt.
DiewichtigstenrechtlichenGrundlagenfürdieseBaulastensindnachderLandtagsdruck-
sache14/2914vom26.Juni2008fürWürttembergdasKomplexablösungsgesetzvom19.April
1865undfürBadendasBadischeBauediktvom26.April1808.
BesondersanschaulichunddetailliertistderHaushaltsplanvonBayern,derfürdasJahr2017
fürsächlicheVerwaltungsausgaben,ZuweisungenundZuschüsse,sowieBaumaßnahmenin
Kapitel0553eineSummevon31.271.600€ausweist.FürInstandsetzungsmaßnahmender
unterDenkmalschutzstehendenDomeinAugsburg(Baubeginnab955),Bamberg(Baubeginn
ab1190),Eichstätt(BaubeginndesgotischenWestschiffesab1256),München(Baubeginn
1468),Passau(BaubeginndesbarockenBaus1668),Regensburg(Baubeginn1273),Würzburg
(Baubeginnum1040)undFreising(Baubeginn1159)werdenindenTiteln51913,79103
und791046.664.200€vorgesehen.
Weitere7.000.000€betreffennachTitel71000-9Baumaßnahmenanstaatseigenenkirchlichen
Gebäuden.DieeinzelnenBaumaßnahmenwer-den inderAnlageSzumHaushaltsplan05
nachgewiesen.EshandeltsichdurchwegumunterDenkmalschutzstehendeBauten,beginnend
mitderTheatinerkircheSt.Kajetan inMünchenundendendmitderDominikanerkirche in
Regensburg.
8.040.000€werdenfürBauverpflichtungenankirchen-eigenenGebäudenaufgrundbeson-
dererRechtsverhältnisseausgewiesen.(Kapitel0553Titel79101-0).Auchhiernennendie
ErläuterungendurchwegdenkmalgeschützteBauten, die PfarrkircheBernried (neugebaut
nachdemDreißigjährigenKrieg),dieKlosterkircheMarktIndersdorf(neugebaut1264),die
PfarrkircheTuntenhausen(neuerrichtetab1548),diePfarrkircheWeihenlinden(Baubeginn
1653),diePfarrkircheAldersbach(Gründungab1120),PfarrkircheAsbach(gebautab1771),
dieKlosterkircheRegensburg-Prüfening(erbautbis1109),dieFilialkircheReichenbach(barocker
Umbauab1695),diePfarrkircheWaldsassen(erbautab1685),dieStadtkircheBayreuth
(Wiederaufbauab1611),dieevangelisch-lutherischeKircheCreußen(erbautbis1477),die
evangelisch-lutherischePfarrkircheMünchberg (Wiederaufbaubis1872),dieevangelisch-
lutherischeKircheNürnberg-Mögldorf(erbautab1414)unddieKuratiekircheOberwittelsbach
(nachgewiesenab1418).
DIE LEGENDE VON EINER UMFASSENDEN STAATLICHEN FINANZIERUNG CHRISTLICHER GLAUBENSVERMITTLUNG
58 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
Zusätzlich werden im Haushaltsplan 2017 von Bayern neben Ausgaben für staatseigene
GrundstückeundstaatseigenekirchlicheGebäudeimTitel51712-0dieBewirtschaftungvon
kircheneigenenGebäudenmit35.000€undimTitel51912-8dieUnterhaltungderkirchen-
eigenenGrundstückemit3.060.000€aufgeführt.DerHaushaltsplanverweistdarauf,dass
aufgrundbesondererRechtstiteldemStaatdieprimäreodersubsidiäreBaupflichtobliegt.
AuchimHaushaltvonHessenwerdenfür2017imKapitel0402/Buchungskreisnummer2395
FörderproduktNr.2SanierungsmaßnahmenanderElisabethkircheMarburg(errichtetab1235),
derOrgelinstandsetzungderabdem14.Jahrhundertnachgewiesenenund1978neugebauten
OrgeldesLimburgerDoms,anDachundFassadedesLimburgerDoms(eingeweiht1235)und
amDomzuFulda(geweiht1712)vonzusammen1.648.000€genannt.
Mecklenburg-Vorpommernweistfür2017imKapitel0904inTitel893.01keineEinzelkosten
fürBaumaßnahmenaus,sondernunter„AblösungenfürKirchenbaulasten“einenBetragvon
3.222.000€.DieAnsprücheausstaatlichenPatronatensindnachArt.13desGüstrowerVer-
tragesmitdenEvangelischenKirchenvom20.1.1994(GVOBl.M-VS.559)durcheinepauschale
jährlicheBeteiligungdesLandesandenBaulastenersetztworden.
DerHaushaltvonRheinland-PfalzweistinKapitel1559Titel89301für2017Kostenvon
460.200€zurSanierungdesSpeyererDoms(erbautbis1106)aus.AusdemHaushaltvon
Schleswig-HolsteinwirdnachKapitel0941Titel89302dieSanierungdesSt.Petri-Domsin
SchleswigmitGesamtkostenvon17.300.000€miteinemAnteilvon4.100.000mitfinanziert,
davoneinTeilbetragvon500.000€imJahr2017.
WiedargestelltsinddiestaatlichenBauleistungenfürKirchengebäudeundkirchlichgenutzte
staatlicheGebäudeindenLändernsehrunterschiedlich.NachmeinerAuffassunggehörensie
nichtindieDiskussionumstaatlicheFinanzierungderKircheninDeutschland.Auchwennsie
teilweiseaufaltenRechtstitelnbeziehungsweiseaufStaatsverträgenzwischenKirchenund
Staatberuhen,sinddieKostenfastausschließlichderDenkmalpflegeundderPflegevonKultur-
einrichtungenzuzurechnen–deswegendieNennungderhistorischenDatenderKirchenbauten.
DiePflegedieseskulturellenErbesisteigenestaatlicheAufgabeundkanndahernichtzurFinanzie-
rungvonReligionsgemeinschaftengerechnetwerden.DasgiltvielleichtnichtfürallePfarrhäuser,
abererfahrungsgemäßpraktischfürallegenanntenDomeundKirchen,dieimÜbrigentatsäch-
lichweitmehrvonkulturinteressiertenTouristengenutztwerdenalsvonGottesdienstbesuchern.
NebendenstaatlichenKirchenbaulastengibtesnochweitereöffentlicheKirchenbaulasten
fürKirchenundPfarrhäuser,diedenGemeindenobliegenkönnen.SielassensichdemStaats-
haushaltsplannichtentnehmen.DasBundesverwaltungsgerichthatinseinemUrteilvom5.
Februar2009–7C11.08–klargestellt,dasskommunaleKirchenbaulastendurchdieKirchen-
gutsgarantiedesArt.140GG,Art.138Abs.2WRVerfasstwerden(RdNr.34desUrteils).Wenn
manvondergesamtenöffentlichenHandausgeht,mussmandieindenLandeshaushalten
ausgewiesenenZahlennochergänzen.AberauchhiergehtesderSachenach inzwischen
mehrumDenkmalpflegeundnichtumFinanzierungderGlaubensvermittlung.Hessenhat
ineinerRahmenvereinbarungvom17.12.2003zurAblösungderKirchenbaulastendiekom-
munalenVerpflichtungengeregeltundabgelöst(einsehbarwww.kirchenrecht-online.de).Die
baulastverpflichtetenStädteundGemeindeerhieltenhierzufürdieaufzubringendenLeistungen
eineFörderungvon50%durchdasLand.
DurchdieFinanzierungdesbauhistorischkulturellenErbesderKircheninDeutschlandwerden
andereReligionsgemeinschaftenwiederIslamoderandereWeltanschauungsgemeinschaften,
dieeinederartigebauhistorischeTraditionnichthaben,nichtdiskriminiert.
59
5.2 Unmittelbare Staatsleistungen an die Kirchen
EinUnterschied inderstaatlichenFörderungzwischenKirchenundanderenReligionsgemein-
schaftenbestehtnurindenunmittelbarenStaatsleistungenandieKirchen.Eslohntsich,diesehr
unterschiedlichenRegelungenindeneinzelnenBundesländernanzusehen.AusPlatzgründenwird
hiernurexemplarischdieSituation inBaden-Württembergaufgezeigtundanschließendeine
Übersichtder2017ausgewiesenenStaatsleistungenindeneinzelnenBundesländerngegeben.
Derbaden-württembergischeHaushaltsplandesJahres2017weistinKapitel0455Titel684
01PauschalleistungenfürdieEvangelischeLandeskircheBadeninHöhevon15.806.900€
aussowie imKapitel0455Titel68402PauschalleistungenfürdieEvangelischeLandes-
kircheWürttemberginHöhevon43.202.000€.DiekatholischeErzdiözeseFreiburgerhält
29.268.000€(Titel68403)unddieDiözeseRottenburg-Stuttgart29.384.300€(Titel68404).
MitzudenStaatsleistungenzu rechnensindnachKapitel0455Titel68414Pauschalleis-
tungenfürdieEvangelischenSeminareunddasEvangelischeStiftinTübingeninHöhevon
2.290.200€.DiePauschalleistungenfürdieSeminaresowieStiftegehenaufdasWürttem-
bergischeKirchengesetzvom3.März1924zurück.DieEvangelischenSeminaresindder
SachenachGymnasienmitInternatsbetrieb.DasEvangelischeStiftvergibtStipendienmit
Wohnmöglichkeiten fürEvangelischeStudierende,dieeineAusbildungalsPfarrer/Pfarrerin
anstreben,undfürStudierendefürdasLehramtanGymnasien.
EbensoweistderHaushaltsplan inKapitel0455 imTitel68415vonBaden-Württemberg
PauschalleistungenfürdieKatholischenKonvikteunddasKatholischeWilhelmsstiftinTübingen
von1.295.000€aus.AuchhiergiltweiterhindasWürttembergischeKirchengesetzvon1924.
DasWilhelmsstiftunterstütztKatholischeTheologiestudenten.
Übersicht über die im Jahr 2017 gezahlten Staatsleistungen nach Bundesländern
Bundesland Staatsleistungen an evangelische
Landeskirchen
Staatsleistungen an katholische
Diözesen
Weitere Staatsleis-tungen an evange-lische und katho-
lische Empfänger
Baden-Württemberg 59.008.900€ 58.652.300€ 3.585.200€
Bayern 23.959.000€ 71.685.000€
Berlin 7.702.000€ 3.524.000€
Brandenburg 11.459.000€ 1.266.000€ 750.000€
Bremen – –
Hamburg – –
Hessen(2016) 34.555.000€ 14.013.000€
Mecklenburg-Vorpommern 12.305.500€ 640.600€ 230.000€
Niedersachsen 36.483.000€ 9.356.000€
Nordrhein-Westfalen 9.117.000€ 13.490.700€
Rheinland-Pfalz 24.936.000€ 31.608.000€
Saarland 193.700€ 588.200€
Sachsen 25.617.300€ 25.617.300€ 15.000€
Sachsen-Anhalt 28.010.500€ 5.675.300€
Schleswig-Holstein 13.332.750€ 230.250€ 11.100€
Thüringen 18.818.000€ 5.772.000€
DIE LEGENDE VON EINER UMFASSENDEN STAATLICHEN FINANZIERUNG CHRISTLICHER GLAUBENSVERMITTLUNG
60 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
6. FAZIT
EinenüchterneAnalysederstaatlichenFörderungderchristlichenKirchenbeziehungsweise
christlicherTrägerzeigt,dassdieangeblichestaatlicheFinanzierungderchristlichenKirchen
weitgehendeineLegendeist,diesichbeiPrüfungdereinzelnenFeldernichtaufrechterhalten
lässt. InsbesonderegibtesbeiderFörderungvonSozialeinrichtungenundsozialenDiensten,
vonKindertagesstätten,vonPrivatschulen,derAbsetzbarkeitvonKirchensteuernundSpenden,
demstaatlichfinanziertenReligionsunterricht,derSeelsorgeimJustizvollzug,derFinanzierung
vonBaumaßnahmenanKirchengebäudenkeine rechtlicheDiskriminierung vonMoscheen
undislamischenVerbänden–oderanderenreligiösenOrganisationen.InwenigenBereichen,
wiedieGrundsteuer-undGebührenregelungensowiedieFörderungprivaterHochschulen
stehteinerechtlicheGleichstellungnochaus,auchwennimwirtschaftlichenErgebnisteilweise
jetztschoneineGleichbehandlungerfolgt.
Faktisch besteht für die Moscheen und islamischen Verbände jedoch Nachholbedarf. Das
betrifftnichtnurdieFörderungder islamischenTheologieandenUniversitätenundHoch-
schulen,sondernauchdieFörderung islamischerKindertagesstättenundSchulen,den isla-
mischenReligionsunterricht,dieSeelsorgeimJustizvollzugsowiedieFörderungislamischer
Sozialeinrichtungen.DierechtlichenVoraussetzungensindweitgehendandieAnerkennung
derGemeinnützigkeitgebundenundkeinesfallsimmerandieVerleihungdesKörperschafts-
status.DieAnerkennungalsgemeinnützigkann–wieobenausgeführt–beiMoscheenund
VerbändenaneinerNennunginVerfassungsschutzberichtenscheitern.Darinliegtaberkeine
Diskriminierung,sondernesistSachederMoscheenundVerbände,bestehendeZweifelüber-
zeugendauszuräumen.
AuchFinanzmittelfürbesondereVeranstaltungenwieKirchentageoderaktuelldas500jährige
ReformationsjubiläumsindkeinePrivilegierungderchristlichenKirchen.HierwerdenKirchen-
veranstaltungenbehandeltwiegroßeKulturveranstaltungenoderdasDeutscheTurn-und
Sportfest. Ein deutscher Islamtag oder ein Bundestreffen einer anderen Religionsgemein-
schaftkönntebeiBerücksichtigungderGrößederReligionsgemeinschaftundderBedeutung
desTreffensgleichermaßengefördertwerden.
GrundsätzlichbleibtnureinBereich,indenendiechristlichenKircheninDeutschlandprivile-
giertsind,nämlichbeidenunmittelbarenStaatsleistungen,dieausArt.140GGmitArt.137
derWeimarerReichsverfassunghergeleitetwerden.AberauchdieBedeutungdieserStaats-
leistungenrelativiertsich.ZubetrachtenbleibeninsoweitnurdieunmittelbarenZahlungen,
dieunter6.2dargestelltsindunddieinderSumme527Millionen€ergeben.
DieseunmittelbarenStaatsleistungenbetreffennureinenkleinenTeilderAufwendungender
christlichen Kirchen zur Glaubensvermittlung. Diese finanzieren sich nach statistischen Er-
hebungennurzuunter5%ausStaatsleistungenundzuüber95%ausLeistungen,dievon
denKirchenangehörigenderRömisch-KatholischenundderEvangelischenKirchedurchKirchen-
steuernundSpendenaufgebrachtwerden.DieobendargestelltenvondenkirchlichenTrägerner-
brachtenDienstleistungeneinschließlichderHochschulangebotelasseichebensounberücksichtigt
wiedieFinanzierungderSeelsorgeimJustizvollzugundinderBundeswehrsowiedieFinanzierung
besondererVeranstaltungenundvonBaumaßnahmenanhistorischenKirchengebäuden.
NachdenVeröffentlichungendesStatistischenBundesamtsnahmendieRömisch-Katholische
Kircherund6,15Milliarden€unddieEvangelischeKircherund5,45Milliarden€imJahr2016
anKirchensteuernein(Quelle:statista,DasStatistikPortal,EinnahmenderKatholischenund
EvangelischenKircheinDeutschlanddurchdieKirchensteuervon2004bis2016).DieZahlen
für2017dürftenaufgrundderunverändertenBeschäftigungslageannäherndgleichsein.
61
NebendenKirchensteuernstehenderRömisch-KatholischenKircheunddenEvangelischen
KirchennachdenobigenZahlenderHaushaltsplänederLänderfür2017(Hessennachden
Ausgaben2016)rund527Millionen€anunmittelbarenStaatsleistungenzu.
DieUngenauigkeitenbeidenZahlenunddenVergleichsjahrenkönnenbeieinerGrundbetrach-
tungaußerAchtgelassenwerden.527Millionen€anunmittelbarenStaatsleistungenfürdie
beidengroßenKircheninDeutschlandstehen11,6Milliarden€anKirchensteuereinnahmen
gegenüber.DieunmittelbarenStaatsleistungenentsprechen4,5%derKirchensteuereinnahmen.
Ländermäßigvariiertdas,weilsowohldieKirchensteuerhöhewieauchdieStaatszuschüsse
unterschiedlichsind.AberschondieGlobalbetrachtungzeigt,dassdieStaatsleistungenbei
derFinanzierungderRömisch-KatholischenKircheunddenEvangelischenKircheninDeutsch-
landeinenuruntergeordneteRollespielen.
UngeachtetderFrage,dassdieunmittelbarenStaatsleistungenandieKirchendemGrunde
nachaufaltenGesetzen,VerträgenoderbesonderenRechtstitelnberuhen,dienachArt.140
GGi.V.m.Art.138Absatz1WeimarerReichsverfassungbiszueinerAblösungBestandsschutz
haben,auchwennderenHöhe imEinzelfall bezweifelbar seinmag, zeigt sich,dassdiese
unmittelbarenStaatsleistungenheutenurnochzueinemunwesentlichenTeilzurFinanzierung
dereigentlichenKirchenaufgaben,d.h.derGlaubensvermittlungbeitragen.Diehäufigvor-
getrageneThese,diechristlichenKircheninDeutschlandwürdenwesentlichdurchStaatsleis-
tungenmitfinanziert,stelltsichnachdendargestelltenDatenalseineLegendedar.
EinestaatlicheFinanzierungderislamischenGlaubensvermittlungfürdieMuslimeinDeutsch-
landwürdederenFinanzproblemeselbstdannnichteinmalansatzweiselösen,wennden
MoscheenundislamischenVerbändenihrerMitgliedsstärkeentsprechendFörderungenzur
Verfügunggestelltwürden,wasausverfassungsrechtlichenGründenaberunmöglichist.
WesentlicheTeilereligiösgeprägterDienstleistungenkönnenvonMoscheegemeindenoder
islamischenVerbändenheuteschonebensoerbrachtundvomStaatgefördertwerden,wie
dasbeichristlichenEinrichtungenderFallist.IslamischeKrankenhäuser,Senioreneinrichtungen,
Behindertenwerkstätten, Pflegeheime und Altenpflegeangebote können ebenso staatliche
UnterstützunginAnspruchnehmenwieislamischeKindertagesstättenoder islamischePrivat-
schulen oder Akademien zur Imamausbildung. Ebenso können Moscheen und Islamische
Verbände in ihrer IntegrationsarbeitoderbeiderDeradikalisierungvonreligiösenExtremisten
unmittelbargefördertwerden.VieleMoscheenundislamischenVerbändehabendieseMög-
lichkeiten bisher unzureichend genutzt. Aber auch die zuständigen Regierungsstellen und
BehördeninderBundesrepublikDeutschlandhabenvondiesenMöglichkeitenzuwenigGe-
brauchgemacht.SiekönntenmehrundaktivberatendaufMoscheenundislamischeVerbände
zugehenunddieMoscheenundislamischenVerbändedamitvoneinerFörderungausdem
Auslandunabhängigermachen.
ImEinzelfallkannesauchAnschubfinanzierungendurchdenStaatoderkommunaleHilfe-
stellungengebenwiedieHilfebeiderGrundstücksbeschaffungfüreinenMoscheebaudurch
die Stadt Monheim in Nordrhein-Westfalen (www.spiegel.de/politk/deutschland/monheim
vom27.10.2016).
BeidereigentlichenGlaubensvermittlungaberbleibtesmitdendargestelltenAusnahmenwie
beispielsweisebeiderFinanzierungderSeelsorgeindenJustizvollzugsanstalten,beiderBundes-
wehrundbeiFlüchtlingenletztlichAufgabederMoscheenundislamischenVerbändedenBau
vonGebetsstättenunddieFinanzierungvonImamenundsonstigenMoscheemitarbeiternent-
wederüberdenWegdereigenen„Kirchensteuererhebung“oderdurchSpendensicherzustellen.
DIE LEGENDE VON EINER UMFASSENDEN STAATLICHEN FINANZIERUNG CHRISTLICHER GLAUBENSVERMITTLUNG
62 DIE FINANZIERUNG MUSLIMISCHER ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND
DIE AUTORINNEN UND AUTOREN
Dr. Bekir AlboğaistGeneralsekretärderTürkisch-IslamischenUnionderAnstaltfürReligion
(DİTİB)undLehrbeauftragteramInstitutfürIslamischeTheologieanderUniversitätMünster.
Nushim Atmacagehörtseit2011demLiberal-IslamischenBund(LIB)an,dessenersteVor-
sitzendesiederzeitist.SiearbeitetamLeibniz-ZentrumModernerOrientinBerlin.
Lukas HentzschelistwissenschaftlicherMitarbeiteramInstitutfürKirchenrechtundrheini-
scheKirchenrechtsgeschichte
Dr. Ehrhart KörtingistJuristundwaru.a.VizepräsidentdesVerfassungsgerichtshofesBerlin,
Justizsenatorundvon2001-2011BerlinerInnensenator.
Aiman Mazyekistseit1994MitgliedimZentralratderMuslimeinDeutschland(ZMD)und
seit2010dessenVorsitzender.
Dr. Dietmar Molthagen verantwortet denArbeitsbereichReligionundPolitik im Forum
BerlinderFriedrich-Ebert-Stiftung.
Prof. Dr. Stefan MuckelistProfessorfürÖffentlichesRechtundKirchenrechtanderUni-
versitätzuKölnundzugleichDirektordesInstitutsfürKirchenrechtundrheinischeKirchen-
rechtsgeschichte.
Lydia Nofalarbeitethaupt-undehrenamtlichinmehrerenmuslimischenProjekteninBerlin.
ZudemistsieeinederSprecher_innendesArbeitskreisesmuslimischerSozialdemokrat_innen.
63IMPRESSUM
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ISBN978-3-96250-064-1
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