infektiologie und spitalhygiene expositionen im spital · • 1344 hcw, davon 606 mit mind. 1...

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05.02.2019 1 Dr. med. Evelin Bucheli Laffer HiP - 22.02.2019 Infektiologie und Spitalhygiene Expositionen im Spital Oberärztin mbF, Leiterin Spitalhygiene Stichverletzung 2 CDC: 385000 Stichverletzung in den USA jährlich Pflegefachleute>Ärzte>Studenten Injektionsnadeln>Nahtmaterial Prävention Schulung der Mitarbeitenden (kein recapping, Arbeitstechnik…) Sharp-Safe Behälter zur Entsorgung Tragen von Handschuhen, Schutzbrillen (Spritzer) Übertragungsrisiko: HIV: 0.3% Hepatitis B: 6-30% Hepatitis C: 1.8% (1-7%) MMWR 2001

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05.02.2019

1

Dr. med. Evelin Bucheli Laffer

HiP - 22.02.2019

Infektiologie und Spitalhygiene

Expositionen im Spital

Oberärztin mbF, Leiterin Spitalhygiene

Stichverletzung

2

• CDC: 385000 Stichverletzung in den USA jährlich• Pflegefachleute>Ärzte>Studenten• Injektionsnadeln>Nahtmaterial

• Prävention• Schulung der Mitarbeitenden (kein recapping, Arbeitstechnik…)• Sharp-Safe Behälter zur Entsorgung• Tragen von Handschuhen, Schutzbrillen (Spritzer)

• Übertragungsrisiko: • HIV: 0.3%• Hepatitis B: 6-30%• Hepatitis C: 1.8% (1-7%)

MMWR 2001

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Stichverletzung

3AJIC 2006

4AJIC 2006

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Stichverletzung - Erstmassnahmen

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• Identifikation von Indexpatient, Risikoanamnese des Indexpatienten• Serologie für HIV, HCV und HBV, in Spezialfällen PCR

• Kein Indexpatienten bekannt: Risikoabschätzung• Anamnese bzgl. Art der Exposition (Stich, intakte Haut, Art der Verletzung, Art

der Flüssigkeit (Blut, Körperflüssigkeit mit oder ohne Blut)• Erstmassnahmen: Ausspülen der Wunde oder Auge, Desinfektion• Vorstellung PAD/Notfall

• Klären des Hepatitis B Impfstatus• Abnahme von Nullserologien (für HIV und HCV)• Risikoabschätzung und ggf. Einleiten der HIV-PEP

BAG 2007

Stichverletzung Hepatitis C

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• Keine effektive Prä- oder Postexpositionsprophylaxe bekannt• HCV-Nullserologie und nach 3 und 6 Monaten (bei positiver Quelle)

• Bei Serokonversion: DAA-Therapie mit Heilungsraten >95%

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Hepatitis B-Impfung BAG

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Jeder Mitarbeitende kennt seinen HBV-Impfstatus und –titer!

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• Nullserologie bei Stichverletzung

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Exposition mit HIV

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• Prospektive Studie, CDC, Start 1983, Publikation 1990• 1344 HCW, davon 606 mit mind. 1 Exposition kutan, perkutan (179

Expositionen) oder Schleimhäute (346 Expositionen)• 1 HIV-Serokonversion nach tiefer Schnittverletzung mit blutigem Sharp• Keine Übertragung nach Exposition cutan oder mucosal

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2015 J Int A P AIDS Care

• Expositionen (zumeist Stichverletzungen) 2005-2010: 295 Ereignisse, 289/295 mit HIV-PEP, davon 181 mit 6-Monate FUP

• Therapie mit AZT/3TC oder AZT/3TC/LPV/r für 28 Tage• 0 Serokonversion bei den Patienten mit Nachkontrolle

HIV

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• HIV-Serologie beim Indexpatienten (notfallmässig!) PLUS Risikoeinschätzung• Falls Indexpatient mit bekannter HIV-Infektion möglichst sofortige Rücksprache

mit dem behandelnden Arzt (Therapieerfolg, Resistenzen)• HIV-Nullserologie beim HCW

• Bei verzögerter Diagnostik unverzüglicher Start einer HIV-PEP (je früher umso besser)

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Aerosol-Übertragung

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• Inhalation kleinster Tröpfchen (Aerosol, droplet nuclei, 1-5µm), schweben in der Luft

� Tuberkulose � Varizellen� Masern

Aerosol - Tuberkulose

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• Offene Lungentuberkulose, Pleuratuberkulose mit liegender Drainage, intraoperative Aerosolisierung, Labor

• Ansteckungsrisiko abhängig von Konzentration der dropletnuclei und Expositionsdauer

• Infektiosität• Positive Ziehl/Neelsen oder Auramin/Rhodamin-Färbung

(10 000 Keime/ml)• PCR• Kultur (Wachstum nach frühestens 2-3 Wochen)

• Ansteckend grundsätzlich alle, ABER in der Praxis positive Mikroskopie

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Prä- und postexpositionelleMassnahmen

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• Eintrittsuntersuchung unter Einschluss der latenten Tuberkulose, ggf. Therapie der latenten Tuberkulose

• Umgebungsabklärung durch Personalarzt bei nicht isolierter offener Lungentuberkulose (am häufigsten):

• Identifizieren der exponierten Mitarbeiter gemäss Infektiosität des Indexpatienten

• Infektionsrisiko abschätzen (Hochrisikountersuchungen, Dauer und Häufigkeit des Kontaktes, Immunschwäche bei MA)

� IGRA, ggf. Therapie der latenten Tuberkulose� Ca. 8-12 Wochen nach Exposition

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• Hepatitis B (≥ 3 Dosen)• MMR (2 Dosen)• Varizellen (2 Dosen)• Influenza (jährlich)• Diphtherie, Tetanus (≥ 3 Dosen)• Polio (≥ 3 Dosen): alle 10 Jahre bei

Labormitarbeitenden mit Kontakt zu Polioviren

• Hepatitis A (2 Dosen): Labormitarbeitende

• Meningokokken: Labormitarbeitende

19.10.2009

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Aerosol - Masern

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• Impfung mit MMR-Impfstoff (Lebendimpfstoff) 2x im Abstand von mind. 4 Wochen

• für alle HCW und alle nach 1964 geborenen Menschen gemäss Impfplanempfohlen � Herdimmunität bei >95% Geimpften!

• Isolation Erkrankter im Spital• Auch geimpftes Personal trägt FFP2-Maske

BAG 2003

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• Outbreak in Kalifornien 2014, CDC-Umgebungsabklärung• Übertragung auf 5 HCW, davon 4 mit davor dokumentierter Immunität, keine

Sekundärfälle ausgehend von diesen und milder Krankheitsverlauf

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Aerosol – Varizellen - Prävention

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• Hochkontagiös! R0: 7-14• Immunität: anamnestisch durchgemachte Varizellen oder dokumentierte

Impfung mit 2 Impfdosen• Übertragungsrisiko grösser bei primärer Varizelleninfektion als bei Herpes

zoster• Jeder HCW kennt seinen Varizellen-Status!

• Varizellen-Primoinfektion � Schürzenpflege mit FFP2-Maske (letzteres nur für Nicht-Immune)

• Herpes zoster: • lokalisiert bis 2 Dermatome und abdeckbar � keine Isolation • nicht abdeckbar oder >2 Dermatome � wie Primoinfektion

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Tröpfchen

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• Influenza und andere respiratorische Viren• Pertussis• Meningokokken• Noroviren und andere Gastroenteritiserreger (auch Schmierinfektion)• (MRSA und multiresistente Gramnegative: bei respir. Kolonisation und Husten)

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• Register seit 2013 zur Analyse von Outbreaks• 94 Outbreaks mit 464 Personen mit Infektion und 168 mit Kolonisation

• 1-66 Personen/Outbreak betroffen• 192 Mitarbeitende krank: 162x Noro, 22x Influenza, 8x Scabies• 2x Kolonisation mit MRSA, keine Übertragungen von VRE oder MRGN• Risikofaktoren für Übertragung:

• Überbelegung, Personalknappheit• Fehler im Umgang mit Schutzausrüstung• Fehlende Influenzaimpfung• Rückkehr an Arbeitsplatz mit Symptomen (Noro, Influenza)• Diagnose noch unbekannt (Scabies)

Noroviren

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• Virusausscheidung: • 100 Millionen Viren/Gramm Stuhl/Erbrochenes

• Hochinfektiös• Fäkal-oral: 100 Viren• beim Erbrechen: 10 Viren

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Influenza

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• PRÄVENTION!!!• Impfung, Tragen von MNS• Isolation

• Postexpositionsprophylaxe• Tamiflu 1x75mg p.o./d für 10 Tage, Start innerhalb 2d nach Exposition

• Risikopatienten!!

Asymptomatisch ≠ Nicht ansteckend

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Asymptomatische H3N2-Träger

scheiden nicht weniger Viren aus!

Ip DKM, CID 2017

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Meningokokken

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• Wer ist gefährdet?• Enger Kontakt mit Patient mit invasiver Meningokokkeninfektion

• Haushalt, Gemeinschaftsunterkunft, Schulklasse • Exposition mit Nasopharynxsekreten

• Chemoprophylaxe• Eradikation der Bakterien aus dem Nasen-Rachenraum bei potentiellem

Trägertum mittels Antibiotikagabe• Innerhalb 48h (bis 10 Tage)

• Ciproxin 500mg Einmaldosis (Wirksamkeit 95-97% (Eradikation))• Rifampicin 600mg 12-stündlich für 2d• Ceftriaxon 250mg i.m. oder i.v.

Pertussis

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• Übertragung durch Tröpfchen, lange infektiös (4 Wochen ab Start Husten!!) • R0: 15-17• Impfung als Prophylaxe, Schutzdauer der azellulären Vakzine whs. kurz • Isolation mit MNS im Spital (infektiös bis 5d nach Start AB-Therapie)

• Medikamentöse PEP: • Ungeschützter Kontakt <2m oder Exposition mit respiratorischen Sekreten• Immer bei Säuglingen, HH-Kontakt von Säuglingen, Schwangere im 3.

Trimenon und Medizinalpersonal ohne sichere Immunität• Azithromycin für 5d, Clarithromycin für 7d oder Bactrim für 14d

• Plus Impfung

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Kontaktübertragung

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• Hepatitis A• Multiresistente gramnegative und grampositive Erreger• Ektoparasiten

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• 9 deutsche EUREGIO Spitäler, freiwilliges nasales MRSA-Screening für HCW

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Prävention und Dekolonisierung

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• Standardhygienemassnahmen!!!• HÄNDEHYGIENE

• Kontaktisolation von kolonisierten Patienten

• Dekolonisierung• Screening von eintretenden Mitarbeitenden

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• ESBL- E. coli: 4.5% oder 5.6 Fälle/1000 Expositionstage • ESBL- K. pneumoniae: 8.3% oder 1.8 Fälle/1000 Expositionstage

• 2.8% (5/177) oder 0.9/1000 Expositionstage (zwei davon waren E.coli ESBL)

Schlussfolgerung: Übertragungen von E.coli ESBL ist selten in Schweizer Akutspitälern

Bedrohung aus der Küche?Nachweis von ESBL-produzierende Enterobacteriaceae (%) auf Schneidebrettern und Handschuhen nach Zubereitung verschiedener Lebensmitteln.

Lebensmittel Spitalküche

(n = 154)

Privater Haushalt

(n = 144)

Geflügel 15.6 8.1

Rind- und Kalbfleisch 0 0

Schweinfleisch 0 0

Lamm 0 0

Wild 0 0

Fisch 0 -

Gemüse 0 -

Handschuhe nach der

Zubereitung von Geflügel

50 -

Tschudin S. et al., ICHE 2014

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…auf Reisen!

Kennedy K et al, Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2010

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• 2016, Punktprävalenz für MRE in Pflegeheim und Geriatrie in Bozen• alle 115 Bewohner, 67/91 MA

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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