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ISSN 1867-5166 Jubiläums- Ausgabe 40 September 2018 – November 2018 Ausgabe 40 September 2018 – November 2018 Technik – Musik – Lebensart HIFI-STARS Deutschland € 11 | Österreich € 12,30 | Luxemburg € 13,00 | Schweiz sfr 15,50 4 197947 011001 50040 C.E.C. / Euphonic Architect | The Pineapple Thief | Kaniché XO hifi-stars.de

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Page 1: ISSN 1867-5166 hifi -stars · dy SE: Das 1987 erschienene Album “Siroco” des 2014 verstorbenen spanischen Gitarristen Paco de Lucia (Mercury 830913-1) zählt meiner Einschätzung

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Jubiläums- Ausgabe 40September 2018 –November 2018

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Kompaktlautsprecher GURU Junior

An die Wand!Wie klein „darf“ denn eigentlich ein HiFi-Lautsprecher sein? Vielleicht erinnern Sie sich in diesem Zusammen-hang an den 1987 vorgestellten JBL Control One. Dieser Winzling von Lautsprecher sorgte weltweit für Furore, da er trotz seiner bescheidenen Abmessungen von 229 mm Höhe, 155 mm Breite und 139 mm Tiefe erstaunlich ausgeglichen musizierte – von deutlichen Abstrichen im Baßbereich einmal abgesehen. Nur ein wenig größer ist der Kompaktlautsprecher „Junior“ der schwedischen Marke GURU – genau 280 mm hoch, 182 mm breit und 235 mm tief. Ein solches Junior-Pärchen steht jetzt bei mir im Abhörraum. Ich bin gespannt, wieviel HiFi denn aus einem derart kleinen Gehäuse kommen kann.

Immerhin ist der schwedische Hersteller alles andere als ein Newcomer im Lautsprecherbau. Bereits im Alter von knapp zwölf Jahren baute Ingvar Öhman einen Drei-

Wege-Lautsprecher mit verstellbarem Hochtonchassis. Jahre später arbeitete der Elektroingenieur in seinem Institut in Uppsala gerade intensiv an psychoakustischen Experimenten, die eine möglichst natürliche Lautspre-cher-Wiedergabe erforderten. Nachdem ihn die Ergeb-nisse mit dem vorhandenen Equipment ganz und gar nicht zufriedenstellten, entschloß er sich kurzerhand, einen seinen hohen Anforderungen entsprechenden Lautsprecher selbst zu bauen. Das war 1978 und der Lautsprecher hieß QM60. Wohlgemerkt: Bei diesen Ex-perimenten ging es ausschließlich um die Wiedergabe von Testtönen und Geräuschen. In der Folge kam es jedoch immer öfter vor, daß jemand mit seiner Lieblings-LP unter dem Arm vorbeikam, um sie über den QM60 anzuhören. Und es dauerte nicht lang, bis die ersten den QM60 kaufen wollten – ob Öhman ihnen denn nicht ein Lautsprecherpärchen fertigen könnte? Die Nachfra-

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ge wurde immer größer. Öhman jedoch – mehr Ent-wickler als Verkäufer – zeigte sich daran nicht besonders interessiert. Wer den Lautsprecher hören wollte, mußte extra nach Uppsala kommen. Und abholen mußte man ihn auch selbst, denn ein Versand existierte damals nicht.

Besagten Standlautsprecher QM60 gibt es indes auch heute noch im Programm der 2007 gegründeten Firma Guru Audio, sonst hat sich aber doch einiges verändert – wie etwa ein weltweites Vertriebsnetz; Partner in Deutschland ist seit 2014 die Firma Connect Audio im hessischen Pohlheim. Auch die Produktpalette wurde erweitert – um die Kompaktlautsprecher QM10T und den GURU Junior. Um letzteren – den kleinsten Spröß-ling aus Uppsala in jetzt neuer, weiter verbesserter Ver-sion – geht es hier.

Die dahinterliegende Wand gehört zum akustischen Konzept

Auf der Homepage des deutschen Vertriebes gibt es kla-re Vorgaben zur Positionierung des GURU Junior. Da heißt es: Wenige Zentimeter von der Rückwand entfernt, leicht nach innen gedreht und 60 cm vom Boden entfernt. Natürlich, denke ich, damit wird die Rückwand in das akustische Konzept mit einbezogen – sehr gut! Die op-timale Hörentfernung gibt der Hersteller mit einem bis vier Meter an. Okay, an diesen Vorgaben kann ich mich in meiner Hörsituation orientieren. Nach einem kleinen Umbau positionie-re ich beide Lautsprecher (auf der Unterseite befin-den sich jeweils vier fix montierte Schaumstoff-Füße) auf vorhandenen Lautsprecherständern di-rekt vor einer Wandfläche – und zwar leicht angewin-kelt, wobei die zur Wand nächste Lautsprecherkan-te nur etwa drei Zentimeter Luft hat. Auch die gefor-derten 60 Zentimeter Höhe erreiche ich in dieser An-ordnung. Im übrigen bietet der Hersteller passende, stativartige Ständer an.

Der GURU Junior ist ein Zwei-Wege-Lautsprecher mit 20,5 mm Hochtonkalotte und 102 mm Baß-/Mittelton-Chassis und als Helmholtz-Resonator ausgelegt. Die längliche Baßreflexöffnung erstreckt sich über die gan-ze Breite der Frontseite. Statt einer Übernahmefrequenz zwischen Hochtöner und Baß-/Mitteltonchassis gibt der Hersteller an, daß die Funktion der passiven Fre-quenzweiche im Bereich zwischen 2.000 und 7.000 Hz liegt. Mit einem Wirkungsgrad von 87 dB (2,83 V/1 m) verträgt sich der kleine Schwede durchaus auch mit weniger potenten Verstärkern, etwa solchen aus der Röhrenfraktion. Fünf Kilogramm bringt der GURU Junior auf die Waage, an der Verarbeitungsqualität ist nichts auszusetzen.

Eine kleine Überraschung erlebe ich, als ich die Laut-sprecherstrippen, die von meinem Vollverstärker Sym-phonic Line RG 14 Edition zu den beiden Testprobanden führen, anschließen will. Denn die eigenwilligen An-schlußterminals der Schweden harmonieren nicht mit jedem Steckertyp. Glücklicherweise bin ich nicht auf Anschlüsse für Kabelschuhe angewiesen, mit den Hohl-bananas meiner LS-Kabelverbindung oder mit Bananas klappt es denn auch bestens. Grund für die speziellen Anschlußterminals, so überlege ich, ist möglicherweise die Erfordernis zur besonders wandnahen Lautsprecher-aufstellung – besonders viel Platz für die Stecker gibt’s in diesem Fall ja wirklich nicht.

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Die Hörsession startet

Ein schwedischer Lautsprecher – schwedische Musiker, schwedischer Tonmeister, schwedisches Label! Ich be-ginne meine Hörsession mit kleiner Besetzung – mit “Jazz på svenska” (Megafon mflp s4), einer Schallplat-te von 1964 mit Jan Johansson (Piano) und Georg Rie-del (Baß). Die zwei Freunde geben traditionelle Volks-lieder aus einigen schwedischen Landesteilen zum Besten, Jan Johansson hat sie arrangiert. Manchen Jazzliebhabern in unseren Breiten sind beide Künstler durchaus bekannt; Riedel war einer der Mitwirkenden an der legendären audiophilen LP “Jazz At The Pawn-shop” und Johansson komponierte unter anderem die Musik für die TV-Filme nach den Kinderbüchern von Astrid Lindgren, etwa für “Pippi Langstrumpf”. Zu-ständig für die Aufnahmetechnik war ein gewisser Olle Swembel, der schon bei einigen anderen Schallplatten in meiner LP-Sammlung als Verantwortlicher für gu-ten Ton zeichnete.

Besonders beeindruckt mich im letzten Cut auf der A-Seite (“Vallåt från Jämtland”) der langgezogene ge-strichene Baßton – ein wunderbar warmer und sono-rer Ton, der den mächtigen Korpus dieses Instruments bei der Wiedergabe vor meinem inneren Auge enstehen läßt. Eine herausragende Leistung für einen derart kleinvolumigen Lautsprecher! Mit dem Baßton wird das Klavierspiel unterlegt und dabei fällt mir die ex-akte Trennung der beiden Instrumente auf – sowohl im Klang, als auch in ihrer Position auf der imaginä-ren Bühne.

Die Fähigkeit zur plastischen Raumdarstellung ist tat-sächlich eine Schokoladenseite des GURU Junior. Fast

wie von selbst wandert eine Lieblings-LP von mir auf den Plattenteller des Pear Audio Analogue Capt. Han-dy SE: Das 1987 erschienene Album “Siroco” des 2014 verstorbenen spanischen Gitarristen Paco de Lucia (Mercury 830913-1) zählt meiner Einschätzung nach zu den interpretatorischen und aufnahmetechnischen Höhepunkten seiner Diskographie. Die Stücke dieser LP – übrigens ausschließlich Eigenkompositionen – sind für mich ein Gradmesser in puncto Dynamik und Räumlichkeit. “La Cañada” heißt das erste auf der A-Seite und der Rhythmus wird dabei vom Händeklat-schen – dem ‚palmas‘ – bestimmt. Es überrascht mich, wie souverän die Dimensionen des Aufnahmeraumes nachgezeichnet werden, wie der Klang an manchen Stellen richtiggehend zu explodieren scheint. Einige Cuts weiter zieht mich “La Barrosa” mit dem charak-teristischen Geräusch der traditionellen Schuhe mit ihren nagelbeschlagenen Holzabsätzen in seinen Bann. Absolute Exaktheit im Baßbereich ist gefragt – und GURU Junior macht da eine sehr gute Figur.

Schade, daß Sie nicht mithören können

Klavieraufnahmen finde ich besonders aussagefähig in puncto Wiedergabequalität. Eine solche mit dem Pia-nisten Vladimir Horowitz liegt jetzt in meinem riemen-getriebenen CD-Player von CEC. Sie entstand 1989, am Programm stehen Haydn, Chopin und Liszt (CD Ho-rowitz/The last recording, Sony Classical SK 45818). Die rasch wechselnde Intensität der Klavieranschläge, das Perlen der filzangeregten Stahlsaiten, die glaubwürdige Darstellung eines großen Konzertflügels sind für viele Lautsprecher ernstzunehmende Hürden. Aber ja, der Junior schafft das völlig unangestrengt. Schade, daß Sie nicht mithören können…

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INFORMATIONKompaktlautsprecher GURU JuniorPreis/Paar: 1.200 Euro (Ausführung Weiß matt), 1.400 Euro (Ausführung Eiche natur/Echtholz)Lautsprecherständer/Paar: 650 EuroVertrieb:Connect Audio Vertrieb GmbHZum Hasenberg 4D-35415 PohlheimTel.: +49 (0) 6004 – [email protected]

Jetzt kommt, was kommen muß: In der Darstellung großer Klangkörper tun sich kleine Lautsprecher na-turgemäß etwas schwer. Einer meiner Lieblings-Silber-linge im Klassikbereich ist die DGG-Einspielung der “Scheherazade” von Rimsky-Korsakov mit dem Pariser Orchestre de l’Opéra Bastille (DGG 437 818-2). Vom ersten Takt an beweist der GURU Junior, daß er auch vor einem großen Orchester keinerlei Respekt zeigt – er präsentiert das Klanggeschehen auf einer phänomena-len Bühne sowohl in der Breite als auch in der Tiefe. Mühelos vermittelt er Klangstrukturen und besitzt auch die Kraft, in Dynamikpassagen ungestüm zuzupacken.

Das alles bietet der GURU Junior, wenn – ja, wenn eine wichtige Voraussetzung erfüllt wird. Wie erwähnt, ar-beitet der GURU Junior sozusagen mit der dahinterlie-genden Wand zusammen. Sie verschenken daher sehr viel Klangpotential, wenn Sie dem GURU Junior seinen Lieblingsplatz vorenthalten: An die Wand mit ihm, dann zeigt der Winzling aus Schweden, was in ihm steckt – und das ist sehr viel mehr, als man gewöhnlich erwarten darf. Dicke Empfehlung!

Auf den Punkt gebracht

Wer den GURU Junior musizieren hört, kann es kaum fassen, daß ein derartiges Tiefton-Fundament aus so einem kleinen Gehäuse kommt. Das Lautsprecherkon-zept macht’s möglich – es bindet die Hörumgebung eines typischen Wohnraums mit ein. Auch die übrigen Parameter, wie Bühnengröße, Durchsichtigkeit, Natür-lichkeit und Musikalität stehen der Wiedergabequalität der unteren Lagen um nichts nach. Was für ein Laut-sprecher!

Harald Obst

Technik

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