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SoWi Ü - 1
Schadenersatzrecht: §§ 1293 ff ABGB
Große Bedeutung für die Praxis § 1311 Satz 1 ABGB: Grundsätzlich hat jeder
seinen Schaden selbst zu tragen Viele Schäden werden daher nicht ersetzt
– zB verlorener Schlüsselbund Zufall im juristischen Sinn = Ereignis, das von keiner
Seite zu verantworten ist Zur Schadensüberwälzung vom Geschädigten auf
den Schädiger braucht es eine Norm: Schadenersatzrecht = Summe der
(Überwälzungs-)Normen Sondergesetze: zB EKHG, AHG, D(N)HG, PHG ...
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SoWi Ü - 2
Entstehung von Schadenersatzansprüchen
Aus "verletztem" Vertrag ex contractu oder vertragsähnlicher Beziehung (cic):
– zB Lieferant liefert „schlampig“
Aus (zivilrechtlichem) Delikt ex delicto Verletzung allgemeiner Sorgfaltspflichten Ohne Zusammenhang mit einem Vertrag
– zB Autofahrer stößt Fußgänger nieder
Günstiger sind Ansprüche aus Vertrag! Daher– wenn möglich –Schadenersatzanspruch
darauf stützen !– Aber: Ersatz kann aber nur „1x“ erlangt werden
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SoWi Ü - 3
Gesetzliche Schuldverhältnisse
vgl § 859 ABGB Schadenersatzrecht
– §§ 1293 ff ABGB
Ungerechtfertigte Bereicherung– Kondiktionen: §§ 1431ff ABGB ua
Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)– §§ 1035 ff ABGB
Gläubigeranfechtung– Anfechtungsordnung (AnfO)
culpa in contrahendo (cic)
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SoWi Ü - 4
„Warum“ ist Schaden zu ersetzen? Gedanke der ausgleichenden Gerechtigkeit Gedanke der Schadensprävention, im Sinne
von Schadensverhütung Generalprävention Spezialprävention
Vergeltungsgedanke – Talionsprinzip: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“
Soziale Überlegungen / Billigkeit– spielen im Schadenersatzrecht grundsätzlich
keine Rolle– der Schädiger kann arm, der Geschädigte reich sein,
dennoch hat der Arme vollen Ersatz zu leisten
– Ausnahmen– zB § 1310 ABGB (3 Fälle), § 2 DNHG
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SoWi Ü - 5
Schadenersatzrecht - Strafrecht
Für denselben Sachverhalt zugleich (kumulierend) mehrere Rechtsfolgen
privatrechtlichen Schadenersatz– Zivilgericht
gerichtliche Strafe– Strafgericht; StGB
Verwaltungsstrafe– Verwaltungsbehörde; VStG, StVO
§ 1338 ABGB Abgrenzung der Bereiche bereitet immer wieder
Schwierigkeiten Bedeutsam auch für die Zuständigkeit:
Verwaltungsbehörde - Strafgericht - Zivilgericht
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SoWi Ü - 6
Die „vier“ Fragen des Schadenersatzrechts
Nach Gschnitzer
Was heißt Schaden ? Wann ist Schaden zu ersetzen ? Wie ist Schaden zu ersetzen ? Warum ist Schaden zu ersetzen ?
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SoWi Ü - 7
„Wie“ ist Schaden zu ersetzen?
Grundsätzlich " ... muß alles in den vorigen Stand zurückversetzt werden“
§ 1323 Satz 1 ABGB sog Naturalersatz (restitutio in integrum)
– Schädiger kann daher dem Geschädigtem Geldersatz nicht aufdrängen !
Geldersatz: „Schätzwert", nur wenn Naturalersatz nicht möglich oder nicht "tunlich" ist
sog gemeiner Wert: § 305 ABGB nur ausnahmsweise ist Geldersatz zu leisten
– zB nach § 1 Abs 1 letzter Satz AHG
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SoWi Ü - 8
Beweislast und Gehilfenhaftung
Geltendmachung aus Vertrag und Delikt: Vergleich Beweislast:
vertraglich: § 1298 ABGB (günstiger für Geschädigten) deliktisch: § 1296 ABGB (ungünstiger für Geschädigten)
Gehilfenhaftung: vertraglich: § 1313 a ABGB (günstiger für Geschädigten) deliktisch: § 1315 ABGB (ungünstiger für Geschädigten)
Beispiel: Hoteldiener hilft beim Abladen von Gästegepäck
a) und beschädigt einen Koffer oder den Gast selbst b) verletzt einen Passanten
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SoWi Ü - 9
Ersatz von Vermögensschäden
Höhe des Ersatzes ist abhängig vom Verschuldensgrad
§§ 1331, 1332 ABGB Bei leichter Fahrlässigkeit:
§ 1323 ABGB: Ersatz des erlittenen, "positiven" Schadens: sog Schadloshaltung
§ 1331 ABGB: gemeiner Wert Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz:
sog „volle Genugtuung“ = Schadloshaltung + entgangener Gewinn
– Im Handelsrecht ist entgangener Gewinn schon bei leichter Fahrlässigkeit zu ersetzen: Art 8 Nr 2 EVHGB
Bei Verstoß gegen ein Strafgesetz oder Handeln aus Mutwillen und Schadenfreude: § 1331 ABGB
sog “Affektionsinteresse“ = „Wert der besonderen Vorliebe“
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SoWi Ü - 10
Ersatz von Körperverletzungen
Nach § 1325 ABGB sind bei Körperbeschädigung immer zu ersetzen:
also ohne Unterschied des Verschuldensgrades daher schon ab leichter Fahrlässigkeit !
die Heilungskosten von ärztlicher Erstversorgung bis zur Rehabilitation …
der Verdienstentgang der entgangene + bei Erwerbsunfähigkeit der künftig
entgehende Verdienst ein angemessenes Schmerzen(s)geld
= Ersatz des ideellen Schadens
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SoWi Ü - 11
Tödliche Körperverletzung: § 1327 ABGB
"Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so müssen nicht nur alle Kosten [siehe § 1325] , sondern auch den Hinterbliebenen [zB Kindern od Gatte/in], für deren Unterhalt der Getötete zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden.“
Hier handelt es sich um die gesetzliche Anordnung von Drittschadensersatz !
Ein Kind muß nach der Rspr, um gem § 1327 ABGB unterhaltsberechtigt zu sein, im Zeitpunkt der Verletzung gezeugt sein
Beachte: Vgl mit § 1327 ABGB - § 12 EKHG: Verkehrsunfälle - §§ 332 ff ASVG: zB Arbeitsunfälle
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SoWi Ü - 12
Voraussetzungen des Schadenersatzanspruchs
Es müssen kumulativ vorliegen :1. Schaden
Ist ein Schaden entstanden ? Welcher ?2. Kausalität
Ist der Schaden vom Schädiger (durch eine Handlung oder Unterlassung) verursacht worden ?
3. Rechtswidrigkeit Hat die Handlung oder Unterlassung gegen ein
gesetzliches Gebot oder Verbote oder einen Vertrag verstoßen?
4. Verschulden Wurde der Schaden schuldhaft zugefügt? Bei Gefährdungshaftungen fehlt dieses Kriterium
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SoWi Ü - 13
Was heißt Schaden?
§ 1293 Satz 1 ABGB Vermögensschäden: §§ 1331, 1332 ABGB Nicht-Vermögensschäden: §§ 1325 - 1330
ABGB – Körperverletzungen, Freiheitsverletzungen etc
Ideeller/immaterieller Schaden: zB "Schmerzengeld“; § 1325 ABGB "Wert der besonderen Vorliebe“; § 1331 ABGB
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SoWi Ü - 14
Schadensermittlung: Differenzmethode
Nach Gschnitzer
Wir vergleichen 2 Lagen miteinander: die wirkliche, die durch das (Schadens)Ereignis
eingetreten ist, und die gedachte, hypothetische Lage, die ohne
Schadenseintritt bestehen würde Ist die wirkliche, Lage gegenüber der
gedachten für den Betroffenen schlechter, sprechen wir von Schaden und schädigendem Ereignis
Steht der Betroffene ohne das Schadensereignis besser, dann hat er dadurch keinen Nachteil erlitten, ist nicht geschädigt.
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SoWi Ü - 15
Kausalität / Verursachung
Ein Schaden muß vom Schädiger verursacht werden, sein Verhalten (Handeln oder Unterlassen) muß kausal sein
Juristische Kausalität deckt sich nicht völlig mit naturwissenschaftlich-philosophischer Kausalität:
Kausalität der Unterlassung Zurechnung fremden Verhaltens; zB
Gehilfenhaftung eigene rechtliche Kausalität des
Zusammenwirkens nach § 1301 f ABGB: zB Wirtshausrauferei
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SoWi Ü - 16
Tod
Überholende oder hypothetische Kausalität
Anlageleiden konkurriert zB mit Unfallschaden: Etwa ein vorhandener Kopftumor führt nach schwerer Körperver-letzung durch einen Kfz-Unfall zum Tod
Frage: Wer trägt welchen Teil des Schadens ?
1. Kausalreihe
Anlageleiden Unfall
2. Kausalreihe
Angenommener Toddurch Anlageleiden,
also ohne Unfall
Wer trägt für diese Zeit die Unterhaltskosten?
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SoWi Ü - 17
Sonderformen der Kausalität
Natürliche und juristische Kausalität Jurist baut auf naturwissenschaftlich-
philosophischer Kausalität auf Alternative Kausalität
Jäger schießen, nur einer trifft; man weiß aber nicht wer
Kumulative Kausalität mehrere (Teil-)Ursachen führen
gemeinsam Schaden herbei zB Abwässer mehrerer Industriebetriebe
verursachen Fischsterben
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SoWi Ü - 18
Kausalitätsspektrum
Kausalität muß vom Anspruchswerber wenigstens wahrscheinlich gemacht werden, nicht nur möglich sein!
0 % 100 %50 %Möglichkeit Wahrscheinlichkeit
Schlichte W.
höhere W.
höchste W.
an Sicherheit grenzende W.
Wahrheit/Wirklichkeit
In der RO besteht weder ein einheitlicher Kausalitäts-, noch ein einheitlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab
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SoWi Ü - 19
Rechtswidrigkeit: § 1294 ABGB Rechtswidrig: Verhalten, das gegen Ge-
oder Verbote der Rechtsordnung verstößt (Normverstoß)
§ 1294 ABGB gegen einen Vertrag; "lex contractus" gegen ein Gesetz
– zB StGB, StVO gegen die guten Sitten
– § 879 ABGB Unterlassung ist nur rechtswidrig, wenn
ein Handeln rechtlich geboten ist– §§ 140 ff ABGB: Unterhaltspflicht der Eltern
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SoWi Ü - 20
Arten des Verschuldens Vorsatz = böse Absicht, dolus
§ 1294 ABGB: Verursachung eines Schadens „mit Wissen und Willen“
Fahrlässigkeit = Versehen, culpa § 1294 ABGB: Handeln aus schuldbarer
Unwissenheit, mangelnder Aufmerksamkeit / Sorgfalt etc
Fahrlässig handelt, wer gebotene Sorgfalt außer Acht läßt; vgl § 1297 ABGB
Leichte Fahrlässigkeit– „Kleiner“ Sorgfaltsverstoß, der auch sorgfältigen
Menschen bisweilen unterläuft Grobe Fahrlässigkeit
– Auffallende Sorglosigkeit, die einem sorgfältigen Menschen nicht passiert: § 1325 ABGB
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SoWi Ü - 21
Mitverschulden: § 1304 ABGB
Hier trifft auch den Geschädigten am Schadens-eintritt Verschulden; sog Eigenverschulden
Mitverschulden spielt in der Prozeßpraxis eine wichtige Rolle: Schädiger erheben gerne prophylaktisch einen Mitverschuldensvorwurf, um die eigene Ersatzpflicht zu mindern !
Schadensteilung nach Verschuldenanteil oder, wenn sich das Verhältnis nicht bestimmen läßt, zu gleichen Teilen
Gesetzliche Mitverschuldensfiktion Verletzung der Sicherheitsgurt- oder Sturzhelmanlegepflicht; Rechtsfolge: Reduzierung eines allfälligen Schmerzengeldanspruchs
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SoWi Ü - 22
Verschulden (culpa)
Verschulden = rechtlich vorwerfbares Verhalten ABGB steht auf Standpunkt der
Verschuldenshaftung; §§ 1295 und 1306 ABGB Zivilrechtliche Deliktsfähigkeit =
Verschuldensfähigkeit Beginn mit Vollendung des 14. Lj: § 153 ABGB aber wichtige Ausnahme: § 1310 ABGB
Es gibt aber auch sog: Nicht-Verschuldenshaftungen
Gefährdungshaftung; EKHG, PHG, § 1318 ABGB Erfolgs- oder Kausalhaftung; zB § 1315 ABGB
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SoWi Ü - 23
Was zu beweisen ist = Beweisthema
Wer beweispflichtig ist, trägt die Beweislast
Schaden Geschädigter Bemerkungen
Verschulden
- nach § 1296 ABGB: Geschädigter - nach § 1298 ABGB: Schädiger (Beweislast-umkehr)
Zu § 1298 ABGB: OGH verlangt ab grober Fahrlässigkeit Verschuldensbeweis
durch Geschädigten (Aufhebung der Beweislastumkehr)! – Anders das
Schrifttum
Kausalität Geschädigter
Mindestens Wahrscheinlichkeit einer Verursachung notwendig; bloße
Möglichkeit genügt nicht! Jedoch: Beweislastumkehr zB bei Schutzgesetz-
Verletzung iSd § 1311 ABGB Rechtswidrig-
keit Geschädigter Beweis für Vorliegen eines Rechtfertigungs-
grundes (Notwehr, Notstand, Selbsthilfe) trifft Schädiger
„Wer“ hat im Prozeß „was“ zu beweisen ?
Normale Beweislast:
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SoWi Ü - 24
Beweislast
Entscheidend für Prozeßgewinn oder -verlust! Frage: Wer hat im Prozeß was zu beweisen ? Wer ?
Kläger Beklagter
Was ? Schaden Kausalität Rechtswidrigkeit Verschulden
Faustregel: Im Prozeß muß jede Partei die Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsnormen behaupten und beweisen!
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SoWi Ü - 25
Beweislast bei Delikts- und Vertragshaftung
Deliktshaftung:Beweislast nach § 1296 ABGB
Die Beweislast für das Verschulden und die anderen Schadenersatzvoraussetzungen trifft den Geschädigten
Vertragshaftung:Umkehr der Beweislast § 1298 ABGB
Hier trifft also den Schädiger die Beweislast für das Verschulden.
– Wenn der Schädiger seine Schuldlosigkeit nicht beweisen kann, gereicht ihm dies zum (prozessualen) Nachteil, er verliert den Prozeß.
Beachte: Was nützt es, wenn man recht hat und es doch nicht beweisen kann ?! - Daher: Bei wichtigen Rechts- und Wirtschaftsakten immer auch an die Beweisbarkeit denken !