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Transkript Interview mit Mirko Messner (KPÖ), Matthias Strolz (NEOS) und Christopher Clay (PIRAT) und Lisa Gadenstätter (ORF) in der ZIB24 Samstag, 31. August 2013, 00.00 Uhr ZIB24, ORF1 Quelle: http://tvthek.orf.at/ Autoren: Dominik.Leitner @neuwal.com und Dieter.Zirnig @neuwal.com Artikel auf http://neuwal.com/?p=30469 Bild: orf.at

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Transkript: Interview mit Mirko Messner (KPÖ), Matthias Strolz (NEOS) und Christopher Clay (PIRAT) und Lisa Gadenstätter (ORF) in der ZIB24 (31.08.2013, ORF)http://neuwal.com/index.php/2013/08/31/strolz-messner-clay-zib24-neos-piratenpartei-kpo/

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Interview mitMirko Messner (KPÖ), Matthias Strolz (NEOS) undChristopher Clay (PIRAT) und Lisa Gadenstätter (ORF)in der ZIB24

Samstag, 31. August 2013, 00.00 UhrZIB24, ORF1Quelle: http://tvthek.orf.at/Autoren: [email protected] und [email protected]

Artikel auf http://neuwal.com/?p=30469

Bild: orf.at

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“Vermögenssteuer ist heute einLuftgitarrenkonzert der SPÖ.”

Lisa Gadenstätter: Und ich darf jetzt die drei Spitzenkandidaten live im Studiobegrüßen. Matthias Strolz von den NEOS. Schönen Guten Abend.

Matthias Strolz: Guten Abend.

Lisa Gadenstätter: Mirko Messner von der KPÖ, guten Abend.

Mirko Messner: Guten Abend.

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Lisa Gadenstätter: Und Christopher Clay von den Piraten.

Christopher Clay: Guten Abend.

Lisa Gadenstätter: Ja, wir haben hier drei Politiker im Studio, die sehr viel zu sagenhaben. Wir haben uns daher folgendes überlegt: Jeder der Spitzenkandidaten hat einfür seine Partei wichtiges Thema nomininert, über das wir dann mit den anderenKandidaten diskutieren. Ich würde sagen, wir fangen gleich. Herr Strolz, ich darf Sie hierauf meine linke Seite bitten.

Matthias Strolz: Gerne.

Bildung

Lisa Gadenstätter: Die NEOS Das Neue Österreich schreibt sich Bildung als Kernthemaauf die pinken Fahnen. Konkret soll die Parteienförderung gekürzt und die Gelderstattdessen ins Bildungssystem investiert werden. Zum Beispiel bräuchte es mehrPersonal in Kindergärten. Außerdem will NEOS die mittlere Reife als Bildungsabschlusseinführen. Und es bräuchte eine bessere Ausbildung und mehr Flexibilität als Lehrer inÖsterreich.

Herr Strolz, Sie haben einen sehr schönen Satz gesagt bei Ihrem Thema Bildung: "Ich habeeinen Traum. Heben wir jedem Kind die Flügel." Schauen wir uns das einmal an. Sie habengesagt, "den jahrzehntelangen Bildungsbeton soll man aufbrechen", "Bildungspower stattNeugebauer".

Lisa Gadenstätter: Wenn man Sie jetzt gerne wählen möchte. Vielleicht können Sie unssagen, wie schaut denn für Sie die ideale Schule aus?

Matthias Strolz: Die ideale Schule ist eine Schule, wo die Kinder gerne hingehen. Und ich erlebedas an meiner ältesten Tocher. Sie kommt jetzt das zweite Jahr in die Schule. Die ist in so eineridealen Schule. In einer öffentlichen Schule. Es ist ein Schulversuch allerdings. Und die ist jedenTag gerne hingegangen. Das ganze Jahr. Sie ist einen halben Meter gewachsen in diesem Jahr.Und warum war das so?

Ich habe sie einmal gefragt: "Was machst Du heute?"

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Dann sagt sie: "Ich lerne heute das 'K'."Das 'K'. "Und was macht Deine Freundin, die Sarah heute?""Die lernt das 'M'", sagt sie.Ich sage: "Aha, K, M. Das war bei mir anders. Wer entscheidet das?"Dann sagt sie: "Papa", antwortet sie mit 6 Jahren, "das entscheide ich".

Und das ist es: Das individuelle Lerntempo. Die Kinder mitentscheiden lassen. Ihnen Freiheit zugeben. Ihnen die Flügel  heben. Das ist mein Traum von Österreich: Jedem Kind die Flügelheben. Jeder von uns kann es: Du, Du, Sie. Jeder von uns hat Talente. Und die wollen wirheben. Und das gelingt uns im Moment nicht. Im Moment brechen wir Flügel.

27.5 % der 15jährigen, ein Viertel, können mit 15 nicht sinnerfassend lesen. Das ist eineTragödie und das müssen wir ändern.

Lisa Gadenstätter: Lassen Sie mich kurz nachfragen, weil Sie auch gesagt haben, HerrNeugebauer ist Ihnen offensichtlich ein Dorn im Auge...

Matthias Strolz: Ja! Das ist ein Betonierer.

Lisa Gadenstätter: ...Sie haben gesagt, Sie wollen ­ also, eine Koalition, die Sie sichvorstellen können ­ wäre Schwarz­Grün­Pink. Aber da werden Sie an dem HerrnNeugebauer nicht vorbeikommen. Warum soll es denn mit Ihnen funktionieren? Warumsoll denn Herr Neugebauer sagen: "Ja, super, was Sie sagen, Herr Strolz?"

Matthias Strolz: Ja, eines ist klar. Wenn NEOS ins Parlament kommt, dann wird rot­schwarzkeine Mehrheit mehr haben. Und ich glaube, das ist wichtig, dass dieses Machtkartell auchgebrochen wird. Das wird jetzt seit 68 Jahren...

Lisa Gadenstätter: Aber Herr Neugebauer ist schwarz.

Matthias Strolz: Aber eines ist auch klar. Das am 30., wenn NEOS reinkommt, eineKrisensitzung der ÖVP stattfindet. Und wenn NEOS drin ist, dann werden sie sich am 30. vonNeugebauer verabschieden.

Lisa Gadenstätter: Okay.

Matthias Strolz: Weil die werden eine Analyse fahren: "Wie hat es NEOS geschafft?" Und eineder Erkenntnisse wird sein: Bildung ist wichtig und die Leute haben die Nase voll von Menschen,

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die 13 Jahre verhandeln und dann immer noch nichts herausbringen.

Lisa Gadenstätter: Eine gewagte Aussage. Herr Clay, lassen Sie mich mal bei Ihnennachfragen: Sie haben auch Bildung in ihrem Programm. Wie soll denn das bei Ihnenaussehen? Stimmen Sie mit den Positionen von Herrn Strolz überein?

Christopher Clay: Da sind viele schöne Worte gefallen. Also, ich stimme zu. Bildung ist einBereich, wo ein extremer Reformstau besteht. Schon seit Jahrzehnten. Und das ist wirklich derSchlüssel zu einer mündigeren Gesellschaft, wie auch die Piraten sie wollen. Wir wollen ja mehrMitbestimmung für alle Menschen. Vorraussetzung ist, dass alle Menschen wirklich die Bildunggenießen können, die ihnen individuell die Stärke gibt, hier mitzubestimmen. Ich kann halt beiDetails des Programms der NEOS nicht mit, wenn es um Studiengebühren geht, usw.

Also, wir glauben, dass die Gesellschaft als Ganzes ganz klar profitiert, wenn möglichst vieleLeute die Möglichkeit haben auch höhere Bildung zu genießen. Und, ich sehe keinen Grund, hierkeine zusätzlichen finanziellen Hürden einzubauen. Ich glaube, damit schneiden wir uns inseigene Fleisch. Aber sonst sind wir da ziemlich weit auf einer Linie.

Matthias Strolz: Wobei "nachgelagerte Studiengebühren".

Christopher Clay: Das stimmt.

Matthias Strolz: Das heißt: Wir haben das australische Modell. Der Staat schießt vor. Und wennich über ein gewisses Einkommensniveau in meiner Berufsbiographie meiner Karriere, dannzahle ich zurück. Ich glaube, das ist fair. Ich bin bei Dir: Jeder der studieren will, soll studierenkönnen.

Lisa Gadenstätter: Herr Messner, wie sehen Sie das? Darf ich Sie kurz zwischenfragen?

Mirko Messner: Naja, ich sehe ein Hauptproblem darin, dass die Bildungspolitik heutzutage imGrunde reduziert. Also, das immer weniger ausgegeben wird für die Bildung im Vergleich zu denAnsprüchen, die eigentlich Bildung stellt an die Gesellschaft. Das in Personal zu wenig investiertwird, das in die Ausstattung der Klassen usw. zu wenig investiert wird. Bis zur Tatsache, dassdie Studierenden heute, die meisten, nebenbei arbeiten müssen, um überhaupt studieren zukönnen. Also, das sind untragbare Zustände.

Lisa Gadenstätter: Sie haben da eigentlich alle im Prinzip ähnliche Positionen. HerrMessner, ich würde gerne mit Ihnen weitermachen. Ich bin gespannt, wie es beimnächsten Thema ist. Herr Strolz, ich danke Ihnen fürs Erste.

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Herr Messner, Sie haben das Thema "Umverteilung von unten nach oben". Ich darf Sie an meinelinke Seite bitten. Die Kommunisten kämpfen ­ wenig überraschend ­ für eine stärkereUmverteilung: Weg von den sogenannten Reichen, hin zu den Armen. Zentrale Maßnahme solleine Steuerreform sein, um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. Die KPÖ will dieLohnsteuerfreigrenze von derzeit 11.000 EUR pro Jahr erhöhen. Außerdem sollen Vermögenstärker besteuert werden.

Mirko Messner: Ja, das ist eine kurze Zusammenfassung dessen, was wir uns vorstellen. ImGrunde geht es darum: Seit der neoliberalen Wende in Europa haben wir ein ganz großesProblem. Das Problem lässt sich so beschreiben, dass die Politik sich in eineUmverteilungsmaschine geändert hat, die in zunehmendem Tempo die Werte, diegesellschaftlich werden, von unten nach oben umverteilt. Also: Unten nimmt und nach oben hingibt. Die Formen sind bekannt: Vermögenssteuer wurde schon vor längerer Zeit abgeschafftschon vor längerer Zeit. Körperschaftssteuer verringert. Steuerprivilegien für die Stiftungeneingeführt, usw. Könnte man den ganzen Katalog faktisch aufführen, will ich mir jetzt sparen. Aufder anderen Seite haben wir...

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Umverteilung

Lisa Gadenstätter: Aber können wir es vielleicht konkret machen? Entschuldigung,wenn ich Sie unterbreche. Was erwartet denn den Wähler, wenn Sie jetzt sagen: "EineUmverteilung". Was konkret wird da jetzt umverteilt?

Mirko Messner: Na die gesellschaftlichen Werte. Das Geld. Das heißt: Das, was untengeschaffen wird, soll auch unten bleiben und soll nicht nach oben umverteilt werden. Denn dieFolgen der Umverteilung sind an bestimmten Zahlen abzulesen, die für sich sprechen: Wenn 1% der Bevölkerung über ein Drittel des gesamten Vermögens verfügt und die untere Hälfte derBevölkerung über 4  % des Vermögens, dann ist es ein Ungleichgewicht, das in Wirklichkeit sichauch anders beschreiben lässt: Wir haben 1.5 Millionen Arme bzw. durch die Armut gefährdetePersonen auf der einen Seite und andererseits an die knapp 90.000 Millionäre in Österreich.

Lisa Gadenstätter: Also Stichwort "Vermögenssteuer". Ab wann soll denn die...

Mirko Messner: Vermögenssteuer ist viel zu klein gegriffen. Also Vermögenssteuer ist heute einLuftgitarrenkonzert der SPÖ.

Lisa Gadenstätter: Wie würde das bei Ihnen ausschauen?

Mirko Messner: Konkret einzuführen. Denn, wer hat die Vermögenssteuer abgeschafft? Mankann sich vielleicht noch erinnern, wenn man noch ein bisschen zurück nachdenkt. Unter einemSPÖ­Minister ist die Vermögenssteuer abgeschafft worden. Heute wird ein Luftgitarrenkonzertgeführt.

Lisa Gadenstätter: Auf welcher Höhe soll es denn bei Ihnen kommen?

Mirko Messner: Die Vermögenssteuer zum Beispiel ab einem Einkommen von 100.000. DemSpitzensteuersatz wieder anzuheben auf das Niveau, auf dem man sich bereits einmalbefunden hat: 62 %.

Lisa Gadenstätter: Okay. Ab einem Einkommen von 100.000 EUR eineVermögenssteuer? Was sagen die Herren?

Matthias Strolz: Also, das wär dann eine Einkommenssteuer, keine Vermögenssteuer. Das sindzwei unterschiedliche Töpfe. Wir  NEOS wollen da einen ganz anderen Weg gehen. Ich glaube,

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der eigentliche Skandal ist, dass uns zu viel aus dem Hosensack gezogen wird und aus derGeldtasche. Wir haben eine Steuer­Abgabenquote, die liegt bei 45% schon fast. Das heißt, vondem Hunderter, den Sie verdienen, Frau Gadenstätter, schneidet die Regierung 45 weg, amMonatsende. In Deutschland sind’s 40, in der Schweiz sind’s 28. Und dann gehst in die Schweiz,da gibt’s Schulen, da gibt’s Straßen, da gibt’s Hochschulen,. Sogar bessere wie bei uns. Und dafragst dich: Was passiert mit dem Geld in Österreich?

Wir haben eine Parteienförderung, die ist 13 mal höher wie in Deutschland. Wir verschwendenGeld. Zum Beispiel die über 20 Sozialversicherungsanstalten können wir zusammenlegen. Wirhaben einen Föderalismus, wo wir im Gesundheitssystem Milliarden verlochen… Unser Ziel ist,2020 10 Prozent für jeden/jede ÖsterreicherIn mehr in der Geldbörse. Insgesamt runter damit.

Lisa Gadenstätter: Herr Clay.

Christopher Clay:  Ich glaub' die Wahrheit ist irgendwo in der Mitte. Es geht nicht darum einfachpauschal alle Steuern zu senken, es geht darum, dass es treffsicher ist. Also warum sollenEinkommen von Arbeit stärker besteuert sein als von Spekulation, von Vermögenszuwächsen.Da muss man nachjustieren. Und wir wollen, dass es einen Grundsockel für alle Menschen gibt,unter den niemand fallen kann. Ich platziere mich da irgendwo in der Mitte zwischen den beidenHerrschaften.

Lisa Gadenstätter: Gut, aber wer soll denn das finanzieren?

Mirko Messner:  Ich seh‘ das ein bisschen anders. Also ich sehe da eine Systemfrage. DieSystemfrage besteht darin, dass wir in Europa es zu tun haben mit einem Niederreißen desSozialstaates. Und dieses Niederreißen des Sozialstaates geht in Südeuropa schnell vor sich,gewalttätig, mit offener Brutalität. Bei uns stückweise, Salamitaktik­mäßig, aber genauso perfideund genauso effizient.

Matthias Strolz:  Seh ich nicht, Mirko Messner. Seh ich nicht.

Mirko Messner:  Naja, das ist ja kein Wunder.

Matthias Strolz:  Wir leben seit 50 Jahren auf Pump. Wir machen seit 50 Jahren jedes Jahrverlässlich Schulden.

Mirko Messner:  Von wem sprechen Sie, wenn Sie von wir sprechen?

Matthias Strolz:  Unser Gemeinwesen.

Mirko Messner:  Ja, aber …

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Matthias Strolz:  Unser Pensionswesen.

Mirko Messner:  Sprechen Sie von den 1% der Vermögenden, oder von der anderen Hälfte ...

Matthias Strolz:  Nein, nein. Ich spreche z.B. von Leuten, die soziale Gerechtigkeit plakatieren.Ein Herr Blecha, der 10.000 Euro Pension pro Monat kassiert, und das seit zweieinhalbJahrzehnten. Das ist absurd. Wenn wir Studenten haben, Lehrlingsabsolventen, die nicht einmalein bezahltes Praktikum bekommen. Und ich will natürlich dort auch hineinschneiden, bei diesenPensionsprivilegien, beispielsweise. Vielleicht können wir uns da treffen.

Datenschutz

Lisa Gadenstätter: Vielleicht könnten Sie vermitteln, Herr Clay, weil sie stehen ja in derMitte. Wie gesagt, sie würden von beiden etwas nehmen. Vielleicht kann ich diesesThema auch dabei belassen, man könnte wirklich sehr viel länger darüber diskutieren.Ich würde jetzt nämlich gerne zu ihnen kommen. Ich darf sie auf ihren Platz bitten undsie herüber, Herr Clay. Die Piratenpartei hätte am liebsten Edward Snowden alsSpitzenkandidat ins Rennen geschickt, der Whistleblower würde nämlich das Kernthemader Piraten am besten vertreten, den Datenschutz. Der Skandal rund um dieUS­Überwachungsprogramme wie PRISM hat da eine aktuelle Steilvorlage geliefert, diePiraten fordern daher Datenschutz, außerdem sollen Bürger besser vor Überwachung

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und Bespitzelung durch den Staat geschützt werden. Herr Clay, Datenschutz ist aktuellwie nie zuvor, eben durch NSA, warum haben sie dann das für ihre Partei nicht nutzenkönnen?

Christopher Clay:  Ähm, also einerseits als das Timing genau richtig war, waren wir mit demSammeln der Unterstützungserklärung sehr beschäftigt, die viele unserer Ressourcen getroffenhaben. Aber wir haben viel gemacht. Wir haben einen 6­Punkte­Plan aus demÜberwachungsstaat vorgelegt, Anti­Prism.eu, in der sich 20 internationale Piratenparteienangeschlossen haben, der von uns ausgegangen ist. Wir haben eine Demonstration vor derUS­Botschaft gemacht, in einer Woche gibt es eine weitere.

Wir haben viel gemacht, medial ist davon nicht alles angekommen. Aber, was man bei demThema betonen muss, ist dass es da um nichts Geringeres geht als um die Verteidigungunserer Freiheit und unserer Demokratie. Privatssphäre ist ein Menschenrecht und nicht ohneGrund wurde im Staats­Grundgesetz das Briefgeheimnis sehr prominent platziert. Im digitalenRaum, wo wir heutzutage am meisten kommunizieren, ist das alles nicht in dieser Formexistent. Und das geht so nicht weiter. Und wir brauchen uns allein die Vorkommnisse derletzten Woche anschauen, um zu sehen, wie sehr das ein Problem ist, das alle betrifft.

Es gab die Nachricht, dass die Amerikaner in Wien einen Abhörposten betreiben, dieMinisterinnen schieben sich gegenseitig die Zuständigkeit dafür zu, keiner will zuständig sein fürdie Verteidigung unserer Bürgerrechte. Der Minister Klug sagt, wir dürfen nicht wissen, inwiefernmit dem NSA kooperiert wird. Patientendaten werden weitergegeben, das zeigt alles, das wir ...

Lisa Gadenstätter: Darf ich da jetzt ganz kurz zwischenfragen? Es stimmt natürlich alles,allerdings kommt das offenbar bei der Bevölkerung nicht an. Sie liegen bei ungefähr2%, und es scheint auch nicht zu steigen. Warum kann man der Bevölkerung nichtvermitteln, dass das wirklich ein wichtiges Thema ist?

Christopher Clay:  Die Schwierigkeit ist, dass es halt unsichtbar ist.

Lisa Gadenstätter: Liegts an Ihnen?

Christopher Clay:  Das man nicht sofort davon betroffen ist. Nein.

Lisa Gadenstätter: Machen Sie hier zu wenig?

Christopher Clay:  Nein, ich glaub nicht, dass es an uns liegt. Aber nach diesemNationalratswahlergebnis, obs jetzt 4,0 oder 3,9 liegt, wird dieses Thema ein größeres Thema

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sein. Auch die anderen Parteien werden da endlich aufwachen müssen. Aber es ist haltunsichtbar. Wenn ich in der Früh zum Briefkasten gehen würde, und alle meine Briefe sindaufgerissen, und ich weiß nicht, wer hat sie kopiert, wo sind die Daten gelandet, warum, werspeichert sie? Dann würden die Leute auf die Barrikaden gehen. Dasselbe passiert im Netz, nurman siehts halt nicht.

Lisa Gadenstätter: Herr Messner, sind sie eigentlich auf Facebook oder Twitter?

Mirko Messner:  Derzeit noch nicht, nein.

Lisa Gadenstätter: Wie stehen sie zu diesem Ganzen. Ist das eher für Sie eineBedrohung des Datenschutzes, die Social Media, stimmen sie da überein mit dem HerrnClay?

Mirko Messner:  Naja, es ist beides, es ist beides. Es ist eigentlich auf der einen Seite eine großeKapazität, eine große Möglichkeit zu kommunizieren. Auf der anderen Seite ist es durch dieTransparenz, die dort herrscht, und die völlige, das völlige Offensein auch der privaten Datennatürlich das beste Polizeiarchiv, was man sich vorstellen kann.

Lisa Gadenstätter: Herr Strolz, die Piraten hätten gerne Edward Snowden alsSpitzenkandidaten gehabt? Was hätten sie denn mit Edward Snowden gemacht?

Matthias Strolz:  Wir haben ja auch gesagt, wir wollen zumindest dass Österreich hier auch Asylanbietet, dem Herrn Snowden. Unsere Losung als neos lautet, "Gläserner Staat, nicht gläserneBürger" und ich find das gut, was die Piraten hier machen. Wir haben ja auch gemeinsam vorder amerikanischen Botschaft demonstriert. Uns ist es genauso ein Anliegen, wir haben ganzviel engagierte Leute bei uns, wir sind mit dem aufgewachsen. Und natürlich ist dasungeheuerlich, was hier passiert. Und ich glaube, dass Europa sich auf die Hinterfüße stellensollte und sich das nicht alles gefallen lassen sollte in dieser Form. Also da suchen wir auchweiterhin die Zusammenarbeit mit allen Kräften guten Willens.

Lisa Gadenstätter: Ein Thema noch: Die Patientendaten, die weitergegeben wordensind, an alle drei. Warum war denn da von ihnen so wenig zu hören an Empörung?

Christopher Clay:  Wir haben unsere Presseaussendungen gemacht, das müssen Sie ihreRedaktion fragen, warum das nicht ...

Page 12: Transkript: Interview mit  Mirko Messner (KPÖ), Matthias Strolz (NEOS) und Christopher Clay (PIRAT) und Lisa Gadenstätter (ORF)  in der ZIB24

Lisa Gadenstätter: Ja, aber Presseaussendungen an sich sind ja irgendwie ein bisschenwenig, also.

Christopher Clay:  Wir haben unsere Positionierung dazu abgegeben.

Lisa Gadenstätter: Sie meinen, es geht alles auch mit einer Presseaussendung.

Christopher Clay:  Als Kleinpartei mit wenig … nein, es geht natürlich nicht nur mitPresseaussendungen, aber mit wenig Öffentlichkeit muss man seine Energien gezielteinrichten.

Mirko Messner:  Ich glaube, dass diese Weitergabe der Patientendaten nur die Spitze desEisbergs ist. aus die Kooperation des Gesundheitswesens mit den Pharmakonzernen. Und dasist ein Knackpunkt, der in der Gesellschaft eigentlich noch zu wenig bewusst gemacht wordenist und der gelöst gehört. Das heißt: die Pharmakonzerne müssen ihre dominante Position imGesundheitswesens verlieren. Wir sind für Vergesellschaftung der Pharmakonzerne.

Matthias Strolz:  Also, wir haben hier auch protestiert, Wieland Alge, einer unserer Kandidaten,Spitzenkandidat in Tirol, ist mit dem Thema ein Spezialist. Das geht natürlich gar nicht. Und hierhat die Politik auch entschlossen und schnell gehandelt, der Druck war auch groß, das finde ichgut.

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Frau Gadenstätter, ich habe noch ein wichtiges Anliegen, bevor wir dann in die Schlussgeradekommen, und ich glaube, das teilen wir auch. Wir freuen uns, dass wir heute da sind. Ichmöchte auch meinen Respekt den ORF JournalistInnen und Journalisten kundtun. Ich glaube,Sie machen einen guten Job und bemühen sich aufrichtig, unabhängige Berichterstattung.Womit wir nicht einverstanden sind ­ und ich glaube, das teilen wir alle Drei ­ sind dieZulassungsregeln für die Konfrontationen. Wir haben 16 Konfrontationen im ORF. Und einmalkommen die drei Nichtparlamentsparteien vor. Das wäre, wie, wenn die Wiener Austria, die inder Champions League spielt. Sie hat die Qualifikation geschafft. Die Qualifikation ist diebundesweite Kandidatur. Und die Wiener Austria müsste jetzt immer mit einem Strafaufschlagvon zwei Gegentoren beginnen. Das wäre nicht fair.

Lisa Gadenstätter: Herr Strolz, ich danke Ihnen für das Statement. Ich hätte Sie gernenoch eine Schlussrunde gefragt. Deswegen waren Sie ja...

Matthias Strolz: Aber darf ich Ihnen den offenen Brief übergeben. Unser Protest.

Lisa Gadenstätter: Deswegen waren Sie ja heute hier und wie haben Ihnen dieMöglichkeit, die Bühne geboten. Ich danke Ihnen sehr.

Page 14: Transkript: Interview mit  Mirko Messner (KPÖ), Matthias Strolz (NEOS) und Christopher Clay (PIRAT) und Lisa Gadenstätter (ORF)  in der ZIB24

Matthias Strolz: Ja, wir wollen noch öfter kommen. Das ist unser Thema.

Lisa Gadenstätter: Danke für Ihre Ansagen. Und, dass sie uns einen Einblick gegebenhaben, eben diese drei Themen, die für ihre Parteien die größten sind. Noch vielenherzlichen Dank, dass wir das so auf engem Raum machen konnten. Ich wünsche Ihnennoch einen schönen Abend.

Herzlichen Dank an die Herren.

Christopher Clay: Danke vielmals.

Matthias Strolz: Danke schön.