wissenschaftsdialog 2015 der bundesnetzagentur: prof. dr. jens wolling, marko bräuer, tu ilmenau:...
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Protest oder Beteiligung – Kommunikation und Partizipation
aus Sicht der Bürgerinitiativen
Vortrag Wissenschaftsdialog „BNetzA meets Science“ am 18.09.2015 in Bonn
Prof. Dr. Jens Wolling & Marco Bräuer
Technische Universität Ilmenau
www.tu-ilmenau.de Seite 1 18.09.2015
Ausgangspunkt
Zusammenfassung des Diskussionsstandes zur Kommunikation und Partizipation: 1. Beiträge zur Akzeptanz von Infrastrukturprojekten (z.B. Schnelle & Voigt, 2012; Kubicek, 2013; Eisenkopf, Burgdorf & Rhomberg, 2014) und 2. Wahrnehmung des Landschaftsbildes (z.B. Reuss, Rühmland, Hildebrand, Rau & Schweizer-Ries, 2013)
3. Leitfäden für verbesserte Kommunikation, Konsultation und Partizipation (z.B. Plan N 2.0; VDI 7001)
4. Veränderungen der Planungs- und Genehmigungsverfahren (Netzentwicklungsplanung) und Angebote der Netzbetreiber
Intensives Bemühen aller involvierten Akteure und Austausch (in Publikationen, auf Konferenzen und Workshops)
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Ausgangspunkt
Bürgerinnen und Bürger sind in der Diskussion… • ...von der Planung Betroffene • ...regionale Experten • ...Souverän • ...Mitgestaltende • ...Querulanten • ...Adressaten von Informations- und Konsultationsangeboten • ...Publikum im öffentlichen Raum
zum Teil „atomisierte“ Perspektive auf Bürgerinnen und Bürger
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Rolle der Bürgerinitiativen
• Zentraler Akteur/Träger des „Widerstands“ sind Bürgerinitiativen (Kubicek, 2013, S. 63; Marg et al., 2013)
• Würdigung durch Deutsche Umwelthilfe (Plan N-Prozess) und BNetzA (Veranstaltung „Bürgerinitiative trifft Bundesnetzagentur“)
• Bürgerinitiativen sind die „Architekten“ und „Manager“ von Protest und Partizipation in den folgenden Dimensionen: – Agenda Setting – Framing – Mobilisierung
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Forschungsstand zu Bürgerinitiativen
• “Forschungsboom”: 1970er/1980er Jahre
• Forschungsaktivitäten BI und Netzausbau (z.B. Schnelle & Voigt, 2012; Marg, Hermann, Hambauer & Becké, 2013)
• Forschungsprojekt “Kommunikationsstrategien lokaler Umweltinitiativen” (DFG gefördert, 2012-2015)
– Kommunikationswissenschaftlicher Fokus (politische Kommunikation) – Bewegungssoziologischer Fokus („Protestforschung“) – Fragestellungen:
• Welche Protestmittel werden eingesetzt? • Was beeinflusst den Einsatz der Protestmittel?
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Übersicht Forschungsprojekt
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„Exploration“ „Quantifizierung“ Untersuchungs-raum
Südwest-Kuppelleitung Wahle-Mecklar
(EnLAG-Projekte)
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
Untersuchungs-zeit
2012-2014
2015
Methoden Überwiegend qualitative Methoden Fallstudien mit 8 Bürgerinitiativen • Leitfadeninterviews • Gruppendiskussionen • Dokumentensammlung/-analyse • Beobachtungen
Quantitative Online-Befragung von BI-Mitgliedern (nur BI im Rahmen des Netzausbaus) (über 140 kontaktierte BI) N=275 ausgefüllte Fragebögen
18.09.2015
Fragestellungen
1. Normale Bürger oder doch ganz anders? è Das soziodemografische Profil der BI-Mitglieder
2. Betroffene, Besorgte oder Wutbürger? è Die Einstellungen der BI-Mitglieder
3. Gut informierte Meinungsführer? è Aktive Informationssuche und interpersonale Kommunikation
4. Protest oder Partizipation? è Die Wahrnehmung der Bedeutung von Protestmitteln
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Berufstätigkeit Angaben in Prozent
n= 262
Das Soziodemografische Profil
5
43
9
14
3
22
4 Arbeiter Angestellte Beamte Selbständige Ausbildung Rentner nicht berufstätig
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11
38 37
15 20-35 36-50 51-65 66-84
Alter und Geschlecht Angaben in Prozent
n= 221
Durchschnittsalter = 51 Jahre
64
36 Männer Frauen
n= 267
Das Soziodemografische Profil
Typologie der Kernmitglieder – Qualitative Befunde
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Kommunalpolitische Mandatsträger
personelle Brücken zwischen
politischem System, Mediensystem und
Bürgerprotesten
Lokale „Prominenz“
in Region aufgrund beruflicher Tätigkeit und/oder
gesellschaftlichem und kulturellen Engagement
bekannt
Kosmopolitische Netzwerker
pflegen Kontakte mit
Journalisten, Politikern und Unternehmensvertretern sowie Lobbyisten über den regionalen
Bereich hinaus
Neue Meinungsführer
erst durch die Mitgliedschaft in der Bürgerinitiative treten sie in
der Öffentlichkeit in Erscheinung
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Betroffene, Besorgte oder Wutbürger?
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4
1
46
1
1
14
3
1
16
10
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15
84
85
9
Die Pläne zum Netzausbau vernachlässigen die Interessen der betroffenen Regionen
Der Netzausbau wird über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden
Für die Energiewende ist der Netzausbau notwendig
"-2" "-1" "0" "+1" "+2"
Zustimmung auf einer Skala von -2 „stimme gar nicht zu“ bis +2 „stimme vollkommen zu“, Angaben in Prozent
Betroffene, Besorgte oder Wutbürger?
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3
5
4
2
3
5
14
24
19
21
19
22
60
49
50
Der Netzausbau macht mich wütend
Der Netzausbau macht mich traurig
Der Netzausbau macht mir Angst
"-2" "-1" "0" "+1" "+2"
Zustimmung auf einer Skala von -2 „stimme gar nicht zu“ bis +2 „stimme vollkommen zu“, Angaben in Prozent
Gut informierte Meinungsführer?
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0
2
2
9
25
38
42
31
32
22
Ich spreche mit Freunden, Kollegen und Bekannten über das Thema Netzausbau
Ich spreche auch mit Menschen über das Thema Netzausbau, die nicht meiner
Meinung sind nie selten gelegentlich häufig sehr häufig
Angabe auf einer Skala von 1=nie bis 5=sehr häufig, Angaben in Prozent
Protest oder Beteiligung?
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Für den Erfolg einer Bürgerinitiative ist es wichtig... Zustimmung auf einer Skala von -2 „stimme gar nicht zu“ bis +2 „stimme vollkommen zu“, Angaben in Prozent
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3
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1
1
19
6
3
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13
30
78
83
...den direkten Kontakt mit den Netzbetreibern zu suchen
...alle Möglichkeiten der Planungs- und Genehmigungsverfahren zu nutzen
...Politiker vom eigenen Anliegen zu überzeugen
"-2" "-1" "0" "+1" "+2"
Protest oder Beteiligung?
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Für den Erfolg einer Bürgerinitiative ist es wichtig... Zustimmung auf einer Skala von -2 „stimme gar nicht zu“ bis +2 „stimme vollkommen zu“, Angaben in Prozent
4
4
0
3
6
0
15
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4
29
27
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44
78
...lautstark zu protestieren
...auf Veranstaltungen von Politik und Netzbetreibern auch mal ordentlich auf den
Putz zu hauen
...möglichst viele Menschen zu Demonstrationen zu mobilisieren
"-2" "-1" "0" "+1" "+2"
Fazit und Diskussion
• Einstellungen der BI-Mitglieder sind deutlich ausgeprägt: klare Positionierung
• „Horizontale Netzwerke“ / Mitglieder sind Meinungsführer: Stellen Aufmerksamkeit für das Thema in Region her
• „Vertikale Netzwerke“ und Entstehung einer „Bewegung“
• Protest oder Partizipation? Protest UND Partizipation
18.09.2015 www.tu-ilmenau.de Seite 16
Zitierte Quellen
Bretschneider, F. (2014). Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung in der Energiewende. In Bundesnetzagentur, Wissenschaftsdialog 2014 (S. 33-50). Bonn Eisenkopf, A., Burgdorf, C., & Rhomberg, M. (2014). In Bundesnetzagentur, Wissenschaftsdialog 2014 (S. 33-50). Bonn Kubicek, H. (2013). „Mitreden“ beim Netzausbau: Erwartungen, Wissenstand und Empfehlungen. In Bundesnetzagentur, Wissenschaftsdialog 2013 (S. 57-78). Bonn Marg, S., Hermann, C., Hambauer, V. & Becké, A. B. (2013). „Wenn man was für die Natur machen will, stellt man da keine Masten hin“. Bürgerproteste gegen Bauprojekte im Zuge der Energiewende. In F. Walther, Die neue Macht der Bürger. Was motiviert die Protestbewegungen? (S. 94-138). Reinbek: Rowohlt. Deutsche Umwelthilfe e.V. (2013). Plan N 2.0. Politikempfehlungen zum Um- und Ausbau der Netze. Radolfzell. Reuss, M., Rühmland, S., Hildebrand, J., Rau, I. & Schweizer-Ries, P. (2013) In Bundesnetzagentur, Wissenschaftsdialog 2013 (S. 205-220). Bonn Schnelle, K., & Voigt, M. (2012). Energiewende und Bürgerbeteiligung. Öffentliche Akzeptanz von Infrastrukturprojekten auf am Beispiel der „Thüringer Strombrücke“. Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen. Abgerufen von https://germanwatch.org/fr/download/4135.pdf
18.09.2015 www.tu-ilmenau.de Seite 17