aspekte zur pränatalen prägung und prävention - … · hastings et al 2003 oder ....

64
1 Aspekte zur pränatalen Prägung und Prävention -Was sollten künftige Eltern wissen und bedenken ? – Frühlingstagung Nutrinet 2010 Bern, 4.5.2010 Dr. med. Josef Laimbacher

Upload: doanquynh

Post on 17-Sep-2018

212 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

1

Aspekte zur pränatalen Prägung und Prävention

-Was sollten künftige Eltern wissen und bedenken ? –

Frühlingstagung Nutrinet 2010Bern, 4.5.2010

Dr. med. Josef Laimbacher

3

Zu einem gesunden Lebensstil gehört eine ausgeglichene Energiebilanz :

Leider ist sie heute vielfach aus dem Lot !

4

Evolution zur Moderne

Homo sapiens

vor 195‘000 Jahren vor 10‘000 Jahren

Ackerbau

heute

Die Neuzeit entspricht lediglich 0,5 Promille der Entwicklung des Homo sapiens zum

.....unbeweglichen Menschen

Die Realität des 21. Jahrhunderts

6

Dick

Dumm

Schlapp

Einsam

Kinder im Grundschulalter: Durchschnittlich (!) 3 h/Tag TV ≙

20 000-40 000 Werbespots/Jahr

BABELUGA

Robinson TN Ped Clin North Am Cooper V Eating Behaviors 06

7

und…achten Sie beim Kind auf genügend Schlaf, denn:„Schlafdefizit als Kind- später dick“...u.a. Ghrelin ↑

/ Leptin ↓

(Landhuis CE: Pediatrics 2008; 122: 955)

8

„Schlaraffenland“

9

Supersize me! Immer grösser! Esst mehr!?

10

Hastings et al 2003 oder www.foodcomm.org.au

Lebensmittelpyramide Promotionspyramide

Fleisch / Fisch

Brot

Früchte / Gemüse

Wasser

Gesunde Ernährung TV-Werbung

Fett

Zucker

Energiereiche gezuckerte

+ fetthaltige

Produkte

Wie der Markt die Dinge „regelt“

11

„Essen ist mehr als nur sättigen“

Essen kann Gefühle auslösen• ⇓

Gefühle können Essen auslösen und es beeinflussen

12

(SAPS)

Energiebilanz

(Wang YC, Pediatrics 06)

1991-2001:Positive Energiebilanz:

110-165 kcal/Tag

Faktoren die unseren Lebenstil beeinflussen

LEBENSSTIL

INDIVIDUELL

Geschlecht

Alter

Vergnügen

SOZIOKULTURELL

EinstellungenSoziales Kapital

Einfluss Arzt/Hausarzt

Städteplanung

Soziale Unterstützung der Freunde

SozialeNormen Zeit im Freien

Lebensstil Geschwister

Sozialisation

Soziale Unterstützungder Familie

Ethnizität

UMGEBUNG

Klima

SozioökonomischerStatus Umfeld

Kriminalitäts-raten/Sicherheit

Fuss-/Fahrradstrecken

Umfeld-gestaltung

Bedingungen für aktiven Transport

Zugang zu Freizeitangeboten

Verkehr

Partner für Bewegung und Sport

Selbstvertrauen

Ausbildung

Sozioökonomischer Status

Barrieren Lebensstil Eltern

Austausch mit Gleichaltrigen

Gleichaltrige in Nachbarschaft

Aktivitäts-gewohnheiten

Familie

KulturelleNormen

Sicherheits-wahrnehmung

Zugang zu Parks/Spielplätzen

Anbindung Strassen/ÖV

Unbekannte Gefahren

Topographie

Förderungsstrategien körperlicher

Aktivität

Nahrungsmittel-preise

Arbeitssituation

Versicherungen

(Puder abgeändert nach Davison & Birch 2001)

System-Modell

Umwelt

30 % des Körpergewichts wird mit Umweltfaktoren begründet

(Bonchard 1994)

Veranlagung zu Übergewicht

genetische Faktoren spielen in 20-80 % eine Rolle

(Bonchard 1994)

Und die Gene ?A Twin study of human obesityStunkkard AJ et al: JAMA 1986;256:51-4

Positional cloning of the mouse obese gene and its human homologueZhang Y et al: Nature 1994; 372:425-32

Effects of neuropetides and leptin on nutrient partitioning: dysregulation in obesityJeanrenaud B et al: Annu Rev Med 2001: 52:339-51

Und die Gene ?Binge eating as a major phenotype of melanocortin 4 receptor gene mutationsBranson R et. Al: N Engl J Med 2003; 348:1096-103Zu FTO und MC4R sechs neue zentrale Adipositasgene: TMEM18,KCTD15, GNPDA2, SH2B1, MTCH2 und NEGR1Nature Genetics 41, 2008, 25

Monogenetische Formen: seltenPolygenetische Formen: am häufigsten Frage der genetischen Prädisposition in Kombination mit den „Lifestyle“-Faktoren

(Hergersberg 2010)

Vom adipösen Phänotyp zum adipösen Genotyp (James Müller 2009)

Körpergewicht der Eltern

• Ein adipöser Elternteil25 % der Kinder sind adipös(wenn Mutter: 32 %, wenn Vater: 14 %)

• Beide Eltern adipös71 % der Kinder sind adipös

(Bonchard 1994 / Bray 1991)

Die Epigenetikist ein Spezialgebiet der Biologie. Sie befasst sich mit Zelleigenschaften (Phänotyp), die auf Tochterzellen vererbt werden und nicht in der DNA-Sequenz (dem Genotyp) festgelegt sind. Hierbei erfolgen Veränderungen an den Chromosomen, wodurch Abschnitte oder ganze Chromosomen in ihrer Aktivität beeinflusst werden. Man spricht infolgedessen auch von epigenetischer Veränderung bzw. epigenetischer Prägung. Die DNA-Sequenz wird dabei jedoch nicht verändert. (Wikipedia)

Epigenetische Veränderungen

(Wikipedia)

Methylierung der DNA

(Wikipedia)

Perinatale Programmierung

…bezeichnet einen Prozess, bei dem während kritischer Entwicklungsphasen das innere Milieu im Mutterleib durch Einwirkung von spezifischer Faktoren (z.B. Ernährung, Hormone oder Bewegung) die künftigen Funktionsweisen von Organen und Organsystemen dauerhaft festlegt.

(Plagemann 2009)

Geschmackssinn formt sich im

Mutterleib

(Tabula 2009)

Metabolische Prägung

Überernährung und Bewegungsmangel in der Schwangerschaft

Führt zu einer anhaltenden Fehlprogrammierung zentraler Regelkreise

(Plagemann 2008)

Zentralnervöse Regulation der Nahrungsaufnahme

(Schwartz Nature 2000)

Berthoud: Physiology and Behavior 2007

Homöostatisches und hedonistisches Netzwerk

Empfohlene Gewichtszunahme während der Schwagerschaft (BAG 2008)

Gynäkologische und geburtshilfliche Komplikationen bei Frauen mit Adipositas

(Bühling 2009)

FertilitätRisiken im 1. Trimenon• Abortrisiko• Fehlbildungsrisiko

Gewicht der Mutter und Fehlbildungsrisiko für Kind

BMI 30 bei Mutter in 15 %

BMI 40 bei Mutter in 30 %

Risiko für Herzfehler beim Kind

Gynäkologische und geburtshilfliche Komplikationen bei Frauen mit Adipositas

(Bühling 2009)

Risiken im 2./3. Trimenon• Schwangerschafts-induzierte

Hypertonie/Präeklampsie• Frühgeburtlichkeit• Fetales Wachstum• Intrauteriner Fruchttod• Gestationsdiabetes

Gestationsdiabetes

5-10/100 Schwangere haben Blutzuckerwerte ohne es zu merken

von diesen werden 4 von 5 Frauen nicht rechtzeitig erkannt und behandelt

Auswirkungen Gestationsdiabetes auf den FoetusBZ bei der Mutter

= Nahrungsangebot beim Foetus

Insulinproduktion beim Foetus

Fehlprogrammierung im Gehirn mit Folgen auf: Sättigung, Stoffwechsel, Körpergewicht

Insulinüberproduktion bleibt lebenslang

Appetit, gestörte Glukosetoleranz

Übergewicht, Diabetes Typ 2

Gynäkologische und geburtshilfliche Komplikationen bei Frauen mit Adipositas

(Bühling 2009)

EntbindungWochenbettEndokrine postpartaleund postnatale Aspekte

Risiko für ein metabolisches Syndrom in Abhängigkeit vom Geburtsgewicht

(Bühling 2009)

The fetal and infant origins of adult diseaseBarker DJ: BMJ 1990; 301:1111

Intrauterine Risc Factors for Precocious Atherosclerosis Skilton MR: Pediatrics 2008; 121:570-74

Schwangerschaft / 1. Lebensjahr

Schulärztliche Untersuchungen Basel-Stadt: Entwicklung Übergewicht

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Schweiz1.

Klasse

Schweiz3.

Klasse

Schweiz9.

Klasse

Ausland1.

Klasse

Ausland3.

Klasse

Ausland9.

Klasse

Total

Proz

ent ü

berg

ewic

htig

e K

inde

r 1979/19801989/19901999/20002005/2006

40

Bedeutung der Adipositasprävention im Kindes- und Jugendalter

PrimärePrävention

SekundärePrävention

TertiärePrävention

Rehab.

1. Pränatale Zeit(vorgeburtlich)

+++ - - -

2. Säuglingsalter +++ (+) - -

3. Kleinkindesalter +++ + -

4. Vor- u. Schulalter +++ ++ + -

5. Adoleszentenalter + +++ ++ +

Ausblick:Nur durch Prävention und Gesundheitsförderung kann diese Epidemie beeinflusst werden !!!

Beispiel Pilotprojekt: (GFS/BAG/Kt.SG/OKS) „Kinder im Gleichgewicht“

42

.....undsetzen sich mitden ThemenErnährung und körperliche Aktivitätfür sich und ihr künftigesKindauseinander.....

„Schwere Schwangere, schwere Kinder“Obstetrics and Gynecology 112, 2008

Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit

• Präkonzeptionelle Anpassung der Ernährung• Folsäure-Supplementierung von 0.4 mg 4 Wo.

präkonzeptionell bis zur 12. SSW, evtl. ab der 12. SSW Vitamin-Supplementierung.

• Beratung bezüglich einer dem Body Mass Index entsprechenden angestrebten Gewichtszunahme

• In keinem Fall „Essen für zwei“

Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit

• Ausgewogene Ernährung mit Gemüse und Früchten pro Tag. Zu jeder Hauptmahlzeit 1 Stärkebeilage (Vollkornprodukte). Täglich 3 Portionen Milch und Milchprodukte, 2-3x Fleisch/Wo. Und 1-2x Fisch/Wo. Täglich Mass Öle und Fette, hochwertige Pflanzenöle bevorzugen. Eine Portion Nüsse (20-30g) ist zu empfehlen. Massvoll mit Genuss Süssigkeiten, salzige Knabbereien und energiereiche Getränke. Tägliche Flüssigkeitszufuhr von 1.5 – 2 Liter.

• Minimierung der Schadstoffaufnahme besonders Quecksilber, Dioxine, Blei: Verzicht auf Schwertfisch, Marlin/Speerfisch und Hai. Max. 1 x/Wo. Frischer Thunfisch und ausländischer Hecht; Ostsee-Hering und –Lachs meiden. Stattdessen 1-2 x/Wo. Forelle, Rotbarsch, Felchen, Sardinen, weisser Heilbutt oder Thunfisch aus der Dose. Max. 2x/Wo. eingepfeffertes Wildfleisch

Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit

• Keine tierischen Rohprodukte: Milch, Fleisch Eier (Infektionsgefahr Toxoplasmose, Listeriose).

• Vorsicht vor Süssgetränken wegen des sehr hohen Zucker- und Kalorienanteils.

• Kein Alkohol, Nikotin und andere Suchtmittel. Höchstens 2-3 Tassen Kaffee pro Tag.

• Hygienemassnahmen: Gründliches Waschen von Händen und Nahrungsmitteln, Garen von Eiern und Fleisch, vorsichtiger Umgang mit Katzen.

Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit

• Beibehaltung von körperlicher Aktivität - ausser bei Kontraindikationen: Ideal sind Gehen (Arbeitsweg, Spaziergang, Treppe statt Lift), Schwimmen und Wassergymnastik, Heimtrainer und Herz-Kreislaufgeräte mit geringer Stossbelastung, Aerobic mit geringer Stossbelastung, evtl. Spezialangebot für Schwangere, ebensolche Yogakurse. Mind. Eine halbe Stunde körperliche Aktivität pro Tag (Intensität entsprechend zügigem Gehen).

• Vermeiden von Aktivitäten mit erhöhter Sturz- und Verletzungsgefahr (Skifahren, Mountain Biking, Fussball), intensiven energischen Bewegungen oder bei extremen Temperaturen.

47

...und werden oder bleibenaktivund ernähren uns ausgewogen...

„Hilfe! Unsere Babys werden immer schwerer“Ernährungsbericht 2008 DGE

Intrauterin/ 1. Lebensjahr

Duration of Breastfeeding and Risk of Overweight: A Meta-AnalysisHarder T: Am J Epidemiol 2005; 162:397-403Breast-feeding and childhood Obesity -a systematic review Arenz S, Koletzko B: Int J Obes 2004;28:1247-56

1

Kohorte von Obeldicks / Ulmer Kohorte der UBSC-Studie 2008

49

Ernährungsscheibe für Kinder www.sge-ssn.ch

51

...den natürlichenBewegungsdrangerhalten und fördern!

52

Bewegungsempfehlungen für Jugendliche ab 12 Jahren

Täglichmindestens eine Stunde körperliche(Alltags) Aktivität, am besten kombiniert aus…

53

Berherzige:

„Nimm 5 am Tag“

„Täglich 30 MinutenBewegung“

Einige Schweissperlen müssen schon

sein…

54

Bewegung tut gut und macht

glücklich

55

56

Umfassendes Programm zur Primärprävention von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen

Wirkungsvolle Verhaltens- und Verhältnis- prävention durch Lebensphasen-Orientierung

Regionales Netzwerk von AkteurInnen auf Gemeinde-Ebene

Programm St.Gallen

Kinder in GleichgewichtGemeinsames Projekt von Gesundheitsförderung Schweiz und dem Kanton St.Gallen

Lebensphasenkonzept Übergewichtsprävention

59

60

61

BABELUGA

Kleine sorgfältige Schritte führenzu großen Veränderungen

62

Wichtige Internetadressen

www.sge-ssn.ch www.swiss-paediatrics.org www.suissebalance.ch www.kinder-im-gleichgewicht.ch www.kindergesundheit.de www.gesundheitsfoerderung.ch

63

Geniessen Sie gutes Essen und gestalten Sie sich einen bewegten Alltag...

Danke für Ihre Aufmerksamkeit64

aus Tiptopf