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Chronisch-entzündliche Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts – Update 2008 Kiel Samstag, 5. Juli 2008 9.00 – 15.30 Uhr Veranstaltungsort: Maritim Hotel Bellevue Kiel Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. U. R. Fölsch, Kiel PD Dr. S. Hellmig, Kiel Freiburg Freiburg 11. Oktober 2008 11. Oktober 2008 Osnabrück Osnabrück 12. April 2008 12. April 2008 Gießen Gießen 17. Mai 2008 17. Mai 2008 Bamberg Bamberg 21. Juni 2008 21. Juni 2008 Berlin Berlin 28. Juni 2008 28. Juni 2008 Essen Essen 1. März 2008 1. März 2008 Jena Jena 27. September 2008 27. September 2008 Kiel 5. Juli 2008 Abstracts

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Page 1: GastroForum Kiel Programm · könnte vielmehr die Entwicklung einer atrophischen Gastritis beschleunigt werden, sodass in diesem Falle eine Eradikation empfohlen wird. Zeigt die Histologie

Chronisch-entzündliche Erkrankungendes Gastrointestinaltrakts – Update 2008

Kiel

Samstag, 5. Juli 2008

9.00 – 15.30 Uhr

Veranstaltungsort:

Maritim Hotel Bellevue

Kiel

Wissenschaftliche Leitung:

Prof. Dr. U. R. Fölsch, Kiel

PD Dr. S. Hellmig, Kiel

Freiburg Freiburg 11. Oktober 200811. Oktober 2008

OsnabrückOsnabrück12. April 200812. April 2008

GießenGießen17. Mai 200817. Mai 2008

BambergBamberg21. Juni 200821. Juni 2008

BerlinBerlin28. Juni 200828. Juni 2008

EssenEssen1. März 20081. März 2008

JenaJena27. September 200827. September 2008

Kiel5. Juli 2008

Abstracts

Page 2: GastroForum Kiel Programm · könnte vielmehr die Entwicklung einer atrophischen Gastritis beschleunigt werden, sodass in diesem Falle eine Eradikation empfohlen wird. Zeigt die Histologie

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Programm 9.00 Uhr

Begrüßung Prof. Dr. U.R. Fölsch, Kiel

I. Magen – Infektionen mit H. pylori Vorsitz: PD Dr. J. Hampe, Kiel Dr. T. Holst, Preetz

9.10 Uhr Gibt es extraintestinale Manifestationen bei H. pylori-Infektionen? PD Dr. A. Morgner, Dresden

9.30 Uhr Was muss der Kliniker von Histologie verstehen? PD Dr. M. Vieth, Bayreuth

9.50 Uhr Aktuelle Indikationen zur Eradikation von H. pylori PD Dr. S. Hellmig, Kiel

10.10 Uhr Management bei resistenten Stämmen Prof. Dr. S. Miehlke, Dresden

II. Kolon – chronisch entzündliche Darmerkrankungen Vorsitz: Prof. Dr. S. Schreiber, Kiel Dr. K. Jessen, Kiel

11.00 Uhr Einsatz neuer Techniken zur Dysplasieerkennung im Kolon PD Dr. A. Meining, München

11.20 Uhr Stufentherapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – „Step up“ oder „Top down“ PD Dr. S. Nikolaus, Kiel

11.40 Uhr Therapie der CED in der Schwangerschaft Dr. T. Kühbacher, Kiel

12.00 Uhr Indikationen zur OP bei CED-Patienten PD Dr. J. Tepel, Kiel

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III. Leber – von der medikamentösen Therapie zur Transplantation Vorsitz: Prof. Dr. D. Becker, Eckernförde Dr. R. Günther, Kiel

13.30 Uhr Management und Überwachung von Hepatitis-Patienten in der Praxis PD Dr. H. Hinrichsen, Kiel

13.50 Uhr Neue Therapien bei Hepatitis B und C Prof. Dr. S. Zeuzem, Frankfurt

14.10 Uhr Overlap-Syndrome – Herausforderung in der Therapie Prof. Dr. R. Kubitz, Düsseldorf

14.30 Uhr Abklärung von Leberrundherden (ohne Abstract) Dr. M. Seeger, Kiel

14.50 Uhr Transplantation, Leberlebendspende: Was ist möglich? Prof. Dr. Dr. D.C. Bröring, Kiel

15.10 Uhr Zusammenfassung und Schlusswort PD Dr. S. Hellmig, Kiel

Anschriften der Referenten und Vorsitzenden siehe Seiten 31–32

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Gibt es extraintestinale Manifestationen bei H. pylori-Infektionen?

A. Morgner

Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Dresden

Anfang der 90er-Jahre wurde begonnen, mögliche Assoziationen zwischen der

Infektion mit Helicobacter pylori und extragastralen Manifestationen zu diskutieren.

Das Spektrum der zum Teil bis heute untersuchten möglichen Zusammenhänge ist

breit und beinhaltet verschiedene Erkrankungen wie Gefäß-, Haut-, Autoimmun- oder

Lebererkrankungen, Nahrungsmittelallergien, hämatologische Erkrankungen,

Diabetes mellitus, pädiatrische Erkrankungen oder extragastrale Lymphome. Als

grundlegende Rationale einer extragastralen Manifestation der H. pylori-Infektion

wird angeführt, dass die chronische Infektion mit H. pylori nicht nur eine lokale

entzündliche Antwort in der Magenschleimhaut induziert, sondern auch mit einer

systemischen Immunantwort einhergeht. Zudem besteht die H. pylori-induzierte

Gastritis als chronische Entzündung oft seit der Kindheit über Jahrzehnte unentdeckt.

Die chronische Infektion wird zudem von einer verstärkten Bildung von

Sauerstoffradikalen, proentzündlichen Zytokinen (IL-1, IL-8, TNFα), Leukotrienen

(LTB4, C4, E4), plättchenaktivierendem Faktor, Prostaglandinen (PGE2) und Histamin

sowie deren Freisetzung ins Blut begleitet. Auf der Basis der Interaktion

Immunologie/Wirt und Virulenz/Keim kann es dann zu einer solchen extragastralen

Manifestation kommen. Bis heute ist allerdings die Datenlage für die meisten der

genannten möglichen Assoziationen dünn und beruht ausschließlich auf Fall-

berichten.

Insbesondere die ätiopathogenetische Assoziation der H. pylori-Infektion mit der

koronaren Herzerkrankung (KHK) bzw. Pathogenese der Atherosklerose wurde

intensiv diskutiert. Atherosklerose ist als inflammatorischer Prozess zu verstehen,

und neben den etablierten kardiovaskulären Risikofaktoren wurde auch für Infek-

tionen mit Chlamydia pneumoniae oder Herpesviren die Induktion einer epithelialen

Dysfunktion gezeigt. In einer 1994 publizierten Fallkontrollstudie konnte dann

erstmals eine signifikant höhere Prävalenz der H. pylori-Infektion bei Patienten mit

KHK (OR = 2,1–2,3) nachgewiesen werden, und eine Vielzahl von Studien

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untersuchte diese mögliche Assoziation. Auf der Basis von mittlerweile mehreren

Metaanalysen liegt die Odds-Ratio bei 1,26 für vaskuläre Erkrankungen auf der Basis

einer chronischen Infektion mit cagA-positiven H. pylori (zum Vergleich:

C. pneumoniae IgA OR = 1,25). Damit scheint ein minorer pathogenetischer Link

vorhanden zu sein, eine Intervention ist aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerecht-

fertigt.

Die beste Evidenz für eine Assoziation mit der chronischen H. pylori-Infektion liegt für

die idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) und die Eisenmangelanämie

vor. Die Indikation zur Eradikation bei Vorliegen dieser Assoziationen ist gegeben

und wird in den aktuellen Leitlinien der DGVS (in press, 2008) auch entsprechend

Berücksichtigung finden. Für alle anderen Assoziationen ist die Datenlage kontrovers

und von geringer medizinischer Qualität.

Grundsätzlich scheint es Assoziationen der H. pylori-Infektion mit extraintestinalen

Manifestationen zu geben. Diese Assoziationen erscheinen aber eher als ein patho-

genetisch minorer Anteil einer multifaktoriellen Genese der entsprechenden

Erkrankungen. Die Frage nach einer sich daraus ableitenden Interventionstherapie

stellt sich bis auf die ITP und die Eisenmangelanämie derzeit daher nicht.

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Was muss der Kliniker von Histologie verstehen?

M. Vieth

Institut für Pathologie, Klinikum Bayreuth

Gastritis ist eine histologische Diagnose. Die Einfachheit dieses Satzes täuscht über

die unzähligen Versuche in den letzten Jahrzehnten hinweg, eine endoskopische

Diagnose zu erlauben. Eine Gastritis kann jedoch viele Ursachen haben, was die

Ursachenermittlung umso schwieriger macht. Beispielsweise kann sich hinter einer

endoskopisch sichtbaren Rötung, eine Helicobacter-pylori (Hp)-Gastritis, eine

C-Gastritis, eine infektiöse nicht Hp-bedingte Gastritis oder gar ein Frühkarzinom

verbergen. Mittlerweile ist man völlig von einer endoskopischen Diagnose abgerückt,

wenngleich es trotzdem wichtig ist, dem Pathologen das Gesehene zu schildern und

eine Verdachtsdiagnose mitzuteilen.

Bis Mitte der 90er-Jahre herrschte bez. der Gastritis-Klassifikation ein babylonisches

Sprachgewirr. Viele beschreibende Ausdrücke mit zahlreichen Adverbien garniert,

beherrschten die histologische Nomenklatur. Was sich auch von Deutschland

ausgehend entwickelte, war eine einheitliche Klassifikation, die eine Ursache der

Gastritis beinhalten sollte. Im Sydney-System, das anfangs noch eine endoskopische

Graduierung besaß, die mittlerweile jedoch verlassen wurde, ist die Angabe der

Ursache unter Verwendung einer weltweit einheitlichen Terminologie zur Pflicht

geworden. Darüber hinaus wurde erstmals auch dezidiert verlangt, die Biopsien

standardmäßig zu entnehmen (mind. 2 Antrum- und Corpus-Biopsien). Werden

weniger Biopsien entnommen, so kann man entsprechend damit rechnen, dass die

Gastritis-Diagnose unsicher wird. Diese Unsicherheit wurde bei der Konzeption des

Sydney-Systems berücksichtigt, sodass man auf die Mindestforderung von je

2 Antrum- und Corpus-Biopsien kam. Weniger ist also bei der Gastritis ein Fehler.

Es gibt im Sydney-System obligate und fakultative Kriterien. Obligat ist die Dichte der

Hp-Besiedelung, die Anzahl der neutrophilen Granulozyten (Aktivität der

Entzündung) und die Anzahl der Lymphozyten und Plasmazellen (Chronizität der

Entzündung), die Ausdehnung der intestinalen Metaplasie und mit größeren Inter-

observer-Variationen belegt, die Graduierung der Atrophie in Antrum und Corpus.

Fakultativ sind Kriterien, wie die Schleimdepletion, der Ersatz des Oberflächen-

epithels durch Regeneratepithel und basale Lymphozytenaggregate bzw. Lymph-

follikel. In der Routinediagnostik werden diese Parameter zumeist nicht verwendet,

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um die Befunde nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Eine Diagnose muss schnell

erfasst und verstanden werden. Die Zeit als Pathologen Prosatexte in epischer Breite

als Diagnosen „verkauft“ haben, ist endgültig vorbei.

Erst die vereinheitlichte Terminologie des Sydney-Systems hat dazu geführt, die

Risikofaktoren des Magenkarzinoms besser zu verstehen. Atrophie und intestinale

Metaplasie werden in der Literatur immer wieder als präkanzeröse Läsionen

dargestellt. Fakt ist jedoch, dass diese Veränderungen das Risiko ein Magen-

karzinom im Rahmen einer Hp-Infektion zu entwicklen, auf das 5–6-Fache der

Allgemeinbevölkerung erhöhen. Eine stärkere Aktivität der Hp-Infektion im Magen-

Corpus jedoch erhöht das Risiko auf das fast 35-Fache. Selbst Rauchen und eine

genetische Prädisposition erhöhen das Risiko „nur“ auf das 15-Fache. Intestinale

Metaplasie und Atrophie sind lediglich Ausdruck einer vorangegangenen starken

Schädigung der Magenschleimhaut und eher als parakanzeröse, denn als

präkanzeröse Kondition anzusehen. Insofern ist die Correa-Hypothese einer

Gastritis-Atrophie-intestinale Metaplasia-Dysplasie-Karzinom-Sequenz als ein ideali-

siertes Modell anzusehen, das nicht bei jedem Patienten in dieser Reihenfolge

beobachtet werden kann.

Eine Eradikationstherapie verhindert zumindest die Progression von Atrophie und

intestinaler Metaplasie und mindert vermutlich auch das Risiko an einer Neoplasie zu

erkranken. Dies ist jedoch noch immer mangels geeigneter groß angelegter

Langzeitbeobachtungen zurzeit nicht vollends bestätigt. Die Kosteneffektivität einer

Eradikation ist für Deutschland immer noch gegeben.

Liegt endoskopisch ein Malignitätsverdacht vor, muss der Gastroenterologe wissen,

dass ca. 80% der Magenkarzinome bei der Erstdiagnose histologisch bestätigt

werden können. Aus diesem Grund ist die Kontrolle eines Ulkus während der

Abheilungsphase auch so entscheidend. Bei einem Ulkus kann die Art der Nekrose

auch eine Aussage zulassen, ob ein Ulkus oder eine Erosion medikamentös-toxisch

oder Hp-bedingt ist. Dies kann für das weitere Management eine Rolle spielen. Eine

ganz andere Gruppe von Neoplasien abgesehen von Metastasen stellen die

Lymphome dar. Möglich ist ein primärer Befall des Magens durch z. B. ein B-Zell-

Non-Hodgkin-Lymphom vom Typ des MALT-Lymphoms oder ein extranodaler Befall

des Magens durch andere Lymphome. Die Anzahl der Biopsien spielt wie beim

Karzinom eine entscheidende Rolle, um zu beurteilen, was für ein Lymphom vorliegt.

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In den letzten Jahren ist sehr viel Wissen um die Gastritis „verloren“ gegangen, da

klinisch im Grunde nur als entscheidend angesehen worden ist, ob ein Patient Hp-in-

fiziert war oder nicht und ob eine Neoplasie vorlag oder nicht.

Dieses Wissen ist heute allerdings umso wichtiger, da die endoskopische Bilddar-

stellung immer besser wird und immer feinere Details auflösen kann, sodass der

Gastroenterologe nicht mehr nur ein Basiswissen an Histologie haben muss, um

überhaupt die histologischen Befunde verstehen und ggf. mit dem endoskopisch

Gesehenen korrelieren zu können, sondern ausgerüstet mit der entsprechenden

Technik bereits selber Gewebediagnosen anstellen kann.

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Aktuelle Indikationen zur Eradikation von H. pylori

S. Hellmig

I. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Die Helicobacter-pylori-Infektion stellt eine der häufigsten Infektionskrankheiten der

Welt dar. In den letzten Jahren wird die H. pylori-Infektion auch mit extraintestinalen

Erkrankungen in Verbindung gebracht. Immer häufiger stellen resistente Stämme ein

Problem in der Therapie dar. Die aktuellen Therapieempfehlungen für Europa

orientieren sich an der dritten Maastricht-Konsensuskonferenz der European

Helicobacter Study Group (EHSG). Die Indikation zur Eradikation bei einem Ulcus

ventriculi oder duodeni, einem primär niedrig malignen B-Zell-Lymphom des Magens

im Frühstadium und einem Magenkarzinom ist nach wie vor unbestritten.

Bei jungen Dyspepsie-Patienten ohne Risikofaktoren wie Gewichtsverlust oder Blut

im Stuhl ist ein nicht-invasives H. pylori-„test-and-treat“-Konzept vertretbar. Patienten

mit einer Langzeit-NSAR-Therapie und einem Ulkusleiden in der Anamnese

profitieren eher von einer dauerhaften PPI-Therapie als von einer H. pylori-Eradi-

kation. Im Gegensatz dazu sollten Patienten mit einer Langzeit-Aspirin-Therapie und

positivem H. pylori-Nachweis eradiziert werden.

Bislang belegt keine Studie überzeugend, dass eine gastroösophageale

Refluxerkrankung durch die eine H. pylori-Eradikation getriggert oder verschlechtert

wird. Durch eine Langzeit-PPI-Therapie bei H. pylori-infizierten GERD-Patienten

könnte vielmehr die Entwicklung einer atrophischen Gastritis beschleunigt werden,

sodass in diesem Falle eine Eradikation empfohlen wird.

Zeigt die Histologie bei einer chronischen H. pylori-Infektion auch eine atrophische

Gastritis, besteht die absolute Indikation zur Eradikation, da sich eine Regredienz

dieser Präkanzerose nachweisen lässt. Der Effekt einer Eradikation auf eine

intestinale Metaplasie ist nicht sicher belegt.

Die Datenlage zu dem Effekt einer Eradikation auf extraintestinale Erkrankungen wie

die chronische Urtikaria, die unerklärbare Eisenmangelanämie oder die autoimmune

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Thrombozytopenie ist uneinheitlich. Während durch eine antibiotische Therapie bei

Patienten mit einer chronischen Urtikaria auch andere infektiöse Trigger der Erkran-

kung beseitig werden, wird sich der alleinige Effekt der H. pylori-Eradikation niemals

beweisen lassen. Bei der Eisenmangelanämie und der Autoimmunthrombozytopenie

findet sich in einigen Fällen ein positiver Effekt, der sich bisweilen auch patho-

physiologsich erklären lassen könnte. Ob H. pylori bei diesen Erkrankungen jedoch

wirklich eine Rolle spielt, ist keinesfalls bewiesen.

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Management bei resistenten Stämmen

S. Miehlke

Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Dresden

Die Infektion mit Helicobacter pylori (HP) ist weltweit hochprävalent und mit

signifikanter Morbidität und Mortalität assoziiert. Standard in der Primärbehandlung

der HP-Infektion ist gegenwärtig die Protonenpumpeninhibitor (PPI)-basierte

Tripeltherapie mit Clarithromycin und Metronidazol oder Amoxicillin.

Die Effektivität der Primärtherapie ist in den letzten Jahren weltweit auf ca. 70%

gesunken. Zu den entscheidenden Faktoren, die den Erfolg der HP-Eradikations-

therapie beeinflussen, zählen die primäre Antibiotika-Resistenz und die Compliance

(Tab. 1). Eine primäre Clarithromycin-Resistenz, die in Deutschland bei ca. 10% der

Patienten erwartet werden kann, reduziert den Therapieerfolg eines Makrolid-

haltigen Regimes um mehr als 60%. Eine primäre Resistenz gegen Metronidazol ist

demgegenüber häufiger zu erwarten (ca. 30%), der Einfluss auf den Therapieerfolg

einer Metronidazol-haltigen Tripletherapie ist allerdings geringer ausgeprägt

(Reduktion des Therapieerfolgs < 20%).

Tabelle 1: Mögliche potenzielle Risikofaktoren für das Versagen einer HP-Eradi-

kationstherapie

Bakterielle Faktoren Wirtsfaktoren Medikamenten-assoziierte Faktoren Antibiotika-Resistenz Compliance Therapiedauer CagA-Status Alter PPI-Dosis und Administration Kolonisationsdichte Diagnose Antibiotika-Dosis Genetik

(CYP2C19 u. a.) Rauchen

Als alternative Erstlinientherapie kann heute die sogenannte sequenzielle Therapie

(PPI plus Amoxicillin Tag 1–5 gefolgt von PPI plus Clarithromycin plus Imidazol-

Derivat an Tag 6–10) empfohlen werden, die sich in mehreren randomisierten

Studien der Standard-Tripeltherapie als überlegen erwiesen hat, und deren

Effektivität durch primäre Antibiotika-Resistenzen offenbar nicht beeinträchtigt wird.

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Als weitere Option für die Primärtherapie wird in internationalen Empfehlungen bzw.

Leitlinien die Bismutsalz-basierte Quadrupeltherapie genannt, die allerdings aus

Gründen der Komplexität und Praktikabilität hierzulande nur eine geringe Akzeptanz

aufweist.

Nach Versagen einer primären Tripeltherapie steigt in Abhängigkeit der eingesetzten

Antibiotika die Resistenzrate insbesondere gegen Metronidazol (> 70%) und/oder

Clarithromycin (< 50%) deutlich an. Daher sollte nach Versagen der Primärtherapie

die Auswahl der Zweitlinientherapie insbesondere unter Berücksichtigung der zu

erwartenden Resistenzlage erfolgen.

In internationalen Leitlinien wird gegenwärtig als Zweitlinientherapie der Wahl die

Bismut-basierte Quadrupeltherapie empfohlen. Eine sinnvolle und praktikable Alter-

native hierzu ist die PPI-Tripeltherapie mit einem modernen Fluorochinolon

(Levofloxacin, Moxifloxacin) in Kombination mit Amoxicillin (Therapiedauer 10 Tage),

die in 2 Metaanalysen eine höhere Wirksamkeit und bessere Verträglichkeit im

Vergleich zu der Bismut-basierten Quadrupeltherapie gezeigt hat.

Spätestens nach zweimaligem Versagen einer HP-Therapie sollte eine Vorstellung

des Patienten bei einem Spezialisten für eine weitere individualisierte Therapie

erfolgen. Aktuelle Leitlinien empfehlen gegenwärtig eine Resistenztestung nach

zweimaligem Therapieversagen, wenngleich der direkte klinische Nutzen durchaus

kontrovers diskutiert werden kann. Als weitere Optionen für die Reservetherapie bei

persistierender Infektion können heute auf der Grundlage zahlreicher klinischer

Studien die Rifabutin-haltige Tripeltherapie in Kombination mit Amoxicillin (Therapie-

dauer 10 Tage) oder eine hoch dosierte Dualtherapie (Therapiedauer 14 Tage)

eingesetzt werden (Tab. 2).

Für Patienten mit bekannter Penicillin-Unverträglichkeit stehen neben der primären

italienischen Tripeltherapie (Clarithromycin plus Metronidazol) als Zweitlinien- bzw.

Reservebehandlung die Bismut-basierte Quadrupeltherapie oder eine Tripeltherapie

mit PPI, Rifabutin und einem Fluorochinolon (Levofloxacin, Moxifloxacin) zur

Verfügung.

Die Komedikation von Probiotika (z. B. Saccharomyces boulardii) hat einer aktuellen

Metaanalyse zufolge einen günstigen Einfluss auf die Eradikationsrate und das

Nebenwirkungsprofil und kann daher insbesondere nach vorangegangenem

Therapieversagen im Einzelfall in Erwägung gezogen werden. Grundsätzlich gilt,

dass alle Maßnahmen zur Therapieoptimierung, wie z. B. erneute Motivation zur

Therapietreue, Rauchstopp, optimierte Säurehemmung und Dosierung der

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Antibiotika im oberen Bereich der zulässigen Grenzen konsequent ausgeschöpft

werden sollten.

Tabelle 2: Mögliche Zweitlinientherapie (empirisch ohne Resistenzbestimmung

möglich) in Abhängigkeit der vorangegangenen Primärtherapie

Erstlinientherapie Zweitlinientherapie Dosierung Dauer Italienische TT / PPI* 1-0-1 10 Tage Sequenzialtherapie Levofloxacin 500 mg 1-0-0

Amoxicillin 1000 mg 1-0-1 (Penicillin-Allergie: Rifabutin statt Amoxicillin)

PPI* 1-0-1 10 Tage

Rifabutin 150 mg 1-0-1 Amoxicillin 1000 mg 1-0-1

Französische TT PPI* 1-0-1 10 Tage Levofloxacin 500 mg 1-0-0

Amoxicillin 1000 mg 1-0-1 (Penicillin-Allergie: Rifabutin statt Amoxicillin) PPI* 1-0-1 10 Tage Amoxicillin 1000 mg 1-0-1 Rifabutin 150 mg 1-0-1 PPI* 1-0-1 10 Tage Amoxicillin 750 mg 1-1-1 Metronidazol 400 mg 1-1-1 Alle Schemata PPI** 40 mg 1-1-1 14 Tage Amoxicillin 750 mg 1-1-1 PPI* 1-0-1 10 Tage

Bismutsalz 120 mg 1-1-1-1 Metronidazol 400 mg 1-1-1 Tetracyclin 500 mg 1-1-1-1

*Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg,

Rabeprazol 20 mg, ** Omeprazol

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Einsatz neuer Techniken zur Dysplasieerkennung im Kolon

A. Meining

II. Medizinische Klinik des Klinikums rechts der Isar der TU München

Über die letzten 20 Jahre haben bemerkenswerte Innovationen stattgefunden,

welche das Gebiet der gastrointestinalen Endoskopie entscheidend beeinflussten.

Die Evolution vom Glasfaserendoskop zum HDTV-Videoendoskop hat zu einer

signifikanten Verbesserung der Bildauflösung geführt; die Bilddokumentation und

Betrachtungsweise wurde vereinfacht. Dennoch war und ist es auch durch den

Einsatz moderner Videoendoskope die ungezielte Vierquadrantenbiopsie immer

noch Standard bei endoskopischen Überwachungsuntersuchungen zur Dysplasie-

detektion beim Barrett-Ösophagus oder der Colitis ulcerosa. Der erste Ansatz dieses

aufwendige und bei der Vielzahl der Biopsien auch teure Vorgehen zu umgehen,

erfolgte erstmals vor einigen Jahren durch Einsatz der Chromoendoskopie. Hierbei

wurde durch den Gebrauch von absorptiven oder kontrastverstärkenden Farbstoffen

eine endoskopisch gesteuerte histopathologische Diagnose angestrebt. Die ersten

Studien zum Einsatz der Chromoendoskopie zur Dysplasiedetektion bei Patienten

mit langjähriger Colitis ulcerosa ergaben hervorragende Ergebnisse. Der Einsatz von

Farbe in den Endoskopieabteilungen war und ist jedoch aufgrund des zeitlichen und

materiellen Mehraufwands eher limitiert. Weiterhin scheint es in der Breite – abseits

von die Methode propagierenden Zentren – doch z. T. schwierig zu sein, zwischen

Neoplasie und Entzündung allein durch Chromo-/Vergrößerungsendoskopie zu

unterscheiden. Andere Verfahren wie NBI (Narrow-Band-Imaging) der Firma

Olympus, welche eine „Chromoendoskopie auf Knopfdruck“ versprechen, scheinen

bisher keinen signifikanten Vorteil im Vergleich zur normalen Endoskopie zu bieten.

Ein gewisser Benefit in der Detektion neoplastischer Areale scheint jedoch in der

Kombination von NBI mit der Autofluoreszenzendoskopie zu bestehen.

Ein weiteres Verfahren, welches die Dysplasiediagnostik möglicherweise verein-

fachen kann, ist die konfokale Laserscanningmikroskopie oder Endomikroskopie. Ziel

dieser Methode ist es in vivo – während der Untersuchung – die Mukosa in mikro-

skopischer Auflösung zu untersuchen und somit letztendlich nur dann eine histo-

logische Sicherung anzustreben, wenn ein suspekter endomikroskopischer Befund

vorliegt. Bisherige Daten der Mainzer Arbeitsgruppe mit einem System der Firma

Pentax/Optiscan, aber auch eigene in Kooperation mit der Amsterdamer Arbeits-

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gruppe generierte Daten mit einem Sonden-basierten System der Firma Mauna Kea

Technologies (Abbildung) belegen diesen theoretischen Vorteil.

Schwierig ist jedoch letztendlich bei Diskussion aller dieser neuen bildgebenden

Verfahren die Frage zu beantworten, inwieweit diese in der täglichen Routine über-

haupt praktikabel sind. Handelt es sich hier nicht doch vorwiegend um Spielereien für

spezialisierte Zentren? Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es weiterführender

multizentrischer Studien an nicht selektierten Patientenkollektiven. Unabhängig vom

Ergebnis dieser Studien wird jedoch bereits jetzt schon ohne breite wissenschaftliche

Evidenz ein nicht zu übersehender Weg seitens der Industrie eingeschlagen: weg

vom „Allzweckendoskop“ und hin zum multimodalen Diagnoseendoskop. Ob sich

dieses Konzept allgemein durchsetzt, wird hierbei über die jeweilige Praktikabilität,

die verbundenen Kosten und die diagnostische Genauigkeit ermittelt werden

müssen.

Abbildung: Von links nach rechts: Miniproben-basierte konfokale Laserscanning-

mikroskopie von normaler Kolonmukosa (regelrechte Kryptenöffnungen mit Becher-

zellen), entzündlich veränderter Mukosa bei schwerer Colitis ulcerosa (Destruktion

der Krypten, Hyperämie, inflammatorisches Infiltrat), hochgradiger intraepithelialer

Neoplasie auf dem Boden einer langjährigen Kolitis (tubuläres Muster statt Krypten,

Verlust der Becherzellen, dickes Epithelband mit „schwarzen“ Zellen).

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Stufentherapie der chronisch entzündlichen Darmerkran-kungen – „Step up“ oder „Top down“

S. Nikolaus

I. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Die Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) hat sich im

Laufe der letzten 10 Jahre wesentlich geändert. Orale immunsuppressive Therapien

wie Azathioprin werden inzwischen innerhalb der ersten 3 Jahre bei bis zu 50% der

CED-Patienten eingesetzt. Mit den sogenannten „Biologika“, bisher in der Therapie

der CED ein Synonym für Anti-TNF-Therapien, ist seit 1999 eine neue Substanz-

klasse zur Behandlung schwerer, therapierefraktärer oder komplizierter Fälle

verfügbar. Nach nunmehr über 10 Jahren Erfahrung mit dieser Substanzklasse

konnten viele Kenntnisse bezüglich des Nutzens und der Risiken, die eine solche

Therapie mit sich bringen, gesammelt werden. Damit lässt sich ein für den Patienten

klar positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bei komplexen Verläufen ableiten. Unklar ist

bisher allerdings immer noch, wann der optimale Zeitpunkt ist, bei dem mit einer

Biologika-Therapie im Krankheitsverlauf begonnen und wie lange sie fortgeführt

werden sollte. Aus Ergebnissen aus mehreren großen kontrollierten Studien gibt es

derzeit Hinweise, dass eine maximale Wirkung der Biologika erzielt werden kann,

wenn sie bereits initial, sehr früh im Krankheitsverlauf eingesetzt werden („Top

down“) im Gegensatz zum derzeitigen Vorgehen einer Therapieeskalation bei

refraktären Krankheitsverläufen („Step up“). Hierbei scheint eine bessere Wirksam-

keit und ein länger anhaltender Effekt und möglicherweise auch eine günstige

Beeinflussung des weiteren Verlaufs erzielt zu werden. Kritik an einem solchen

Vorgehen ist allerdings, dass über die Hälfte der CED-Patienten einen milden Verlauf

zeigen und wohl nie in ihrem Leben einer immunsuppressiven Therapie bedürfen

werden. Diese Patienten wären mit einer „Top-down“-Strategie deutlich überthera-

piert und potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen einer Biologika-Therapie

ausgesetzt. Weitere Studien sind erforderlich, um Patienten, die von einer solchen

Strategie profitieren könnten besser zu identifizieren. Eine generelle Empfehlung für

eine „Top-down“-Therapie kann derzeit außerhalb von Studienprotokollen nicht aus-

gesprochen werden.

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Therapie der CED in der Schwangerschaft

T. Kühbacher

Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,

Campus Kiel

Aufgrund des Hauptmanifestationsalters der chronisch entzündlichen Darmer-

krankungen (CED) im jungen Erwachsenenalter ist der/die behandelnde Arzt/Ärztin

oft mit Fragen zur Fertilität und Schwangerschaft/Stillzeit konfrontiert.

Die Fertilität ist grundsätzlich im Vergleich zur gesunden Normalbevölkerung nicht

verändert, kann jedoch nach großen Operationen oder unter Einnahme von

bestimmten Medikamenten, wie z. B. Sulfasalazin beim Mann vorübergehend zu

einer Verminderung der Fertilität führen.

Da ein Rezidiv der chronisch entzündlichen Darmerkrankung für die Kindes-

entwicklung und/oder den Schwangerschaftsverlauf Risiken bedingen kann, sollte

grundsätzlich eine indizierte remissionserhaltende Therapie unter Berücksichtigung

der Kontraindikationen fortgeführt werden Dies gilt insbesondere für Patienten mit

einem chronisch aktiven Krankheitsverlauf. Aufgrund von Beobachtungsstudien

konnte nachgewiesen werden, dass es unter einer Therapie mit Kortikosteroiden,

Mesalazinen und/oder Sulfasalazinen zu keinem vermehrten Risiko für die

Schwangerschaft bzw. den Fetus kommt. Vielmehr konnte gezeigt werden, dass die

Aktivität der Erkrankung, nicht die Standardmedikation den Schwangerschaftsverlauf

maßgeblich beeinflussen kann.

Obwohl in Tierversuchen ein potenzielles teratogenes Risiko berichtet wurde, ist für

die Immunsuppressiva Azathioprin/6-Mercaptopurin aus Beobachtungsstudien und

Erfahrungen der Transplantationsmedizin kein erhöhtes fetales und maternales

Risiko nachgewiesen.

Bei männlichen Patienten sollte vor geplanter Konzeption Azathioprin/6-Mercapto-

purin mindestens 3 Monate pausiert sein, da ein schädigender Einfluss auf die

Spermiogenese berichtet wurde. Methotrexat als Immunsuppressivum ist für die

schwangere Patientin kontraindiziert, da es teratogen ist und abortiv wirken kann.

Die Therapie mit Biologika (Infliximab, Adalimumab) sollte nur in Ausnahmefällen in

der Schwangerschaft bei schwerem Krankheitsverlauf durchgeführt werden. Auswer-

tungen aus Studien, in denen Patientinnen unter der Therapie mit Infliximab bzw.

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Adalimumab schwanger geworden sind, bzw. Studien, die mit freiwilligen

Schwangeren durchgeführt worden sind, zeigten bisher zwar keine fetalen Risiken,

jedoch ist aufgrund der langen Halbwertszeit der Antikörper nach neuesten Studien

von einer verzögerten oder ausbleibenden Immunantwort auf Impfungen beim Neu-

geborenen auszugehen.

Patientinnen, die eine immunsuppressive Therapie erhalten, sollten postpartum nicht

stillen. Das Stillen unter einer Glukokortikoid-Therapie ist möglich, die Neugeborenen

sollten jedoch engmaschig monitoriert werden

Zusammenfassend ist eine Therapie der Patientinnen in der Schwangerschaft, insbe-

sondere bei chronisch aktivem Verlauf oder akutem Schub, aber auch zur Rezidiv-

prophylaxe unabdingbar, um maternale Schäden und fetale Risiken zu minimieren.

Die Auswahl der geeigneten Therapie sollte immer zusammen mit einem Fach-

spezialisten für chronisch entzündliche Darmerkrankungen zusammen mit dem

Gynäkologen und ggf. dem Pädiater im Team erfolgen.

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Indikationen zur OP bei CED-Patienten

J. Tepel

Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-

Holstein, Campus Kiel

Die Rolle der chirurgischen Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkran-

kungen (CED) ist vor dem Hintergrund neuer ätiologisch-pathogenetischer

Erkenntnisse, der Weiterentwicklung der endoskopischen Diagnostik und Inter-

ventionstechniken und der Innovationen im Bereich der Pharmakotherapie in den

letzten Jahren modifiziert worden. Die operative Behandlung ist eines von mehreren

Instrumenten im interdisziplinären Orchester und so ist die Indikation in

entsprechender Abstimmung zu stellen. Heute können 3 Hauptindikationsgruppen

unterschieden werden: die Behandlung von Komplikationen und Notfällen, Therapie-

refraktärität sowie die Prävention und Behandlung von Neoplasien.

Beim Morbus Crohn stellen Komplikationen (z. B. Fisteln und Stenosen/Strikturen)

und therapierefraktäre Verlaufsformen (z. B. eine terminale Ileitis) die häufigsten

Operationsindikationen dar. Wichtig ist hierbei neben der rein medizinischen Betrach-

tung die Frage, welches Angebot die Chirurgie zur kurz- und langfristigen

Verbesserung der Lebensqualität im Vergleich zur konservativen Therapie machen

kann. So können beispielsweise ca. 60% der Patienten nach einer Ileozökalresektion

mit einem dauerhaften Erfolg rechnen. Ähnliches gilt für symptomatische narbige

Strikturen. Die Minimalisierung des Zugangstraumas durch den Einsatz der Laparo-

skopie und eine darmerhaltende Operationstechnik – wo immer sie möglich und

sinnvoll ist – tragen dazu bei, nachteilige Effekte der chirurgischen Behandlung zu

reduzieren. Bei einer Fistelproblematik werden relative und absolute Indikationen

unterschieden, die sich am Fistelverlauf, den beteiligten Organen und Komplika-

tionen orientieren. Bei einer Gefährdung des Kontinenzorgans besteht unverändert in

vielen Fällen die Indikation zur Anlage eines Deviationsstomas. Als besondere

Subgruppe kann bei einer exklusiven Colitis Crohn auch eine Proktokolektomie mit

ileoanaler Pouch-Rekonstruktion erwogen werden.

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Für die Colitis ulcerosa besteht die Indikation zur operativen Behandlung über-

wiegend bei einer therapierefraktären/steroidabhängigen Verlaufsform oder bei

drohender oder eingetretener maligner Transformation. Hier wird als Standard eben-

falls eine restaurative Proktokolektomie, in der Regel laparoskopisch durchgeführt.

Fazit: Die operative Therapie bei CED ist interdisziplinär angelegt. Dies gilt im

Besonderen für die Indikationsstellung und die peri- und postoperative medikamen-

töse Behandlung.

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Management und Überwachung von Hepatitis-Patienten in der Praxis

H. Hinrichsen

Gastroenterologische Schwerpunktpraxis Kiel

Im Vergleich zu den chronischen Hepatitiden sind akute Hepatitiden relativ selten.

Bei symptomatischen Patienten mit Ikterus erfolgt heutzutage häufig eine stationäre

Einweisung. Patienten mit chronischen Lebererkrankungen hingegen weisen in der

Regel einen Krankheitsverlauf über Jahrzehnte auf, sodass das Management und

die Überwachung dieser Patienten eindeutig ambulant zu erfolgen hat. Gerade die

Berufstätigkeit dieser Patienten erfordert die ambulante Betreuung. Die Primär-

diagnostik einer chronischen Erkrankung umfasst neben der Anamneseerhebung,

der körperlichen Untersuchung vor allem Laborparameter und eine Farbduplex-

sonografie. In Einzelfällen ist dann auch noch eine Leberbiopsie zur weiteren

Abklärung erforderlich. Alle Leistungen inklusive der Leberbiopsie können prinzipiell

in der ärztlichen Praxis ambulant durchgeführt werden. Erst bei Patienten im finalen

Stadium der Lebererkrankung (dekompensierte Leberzirrhose) ist eine enge Anbin-

dung der hepatologisch orientierten Praxis an ein Schwerpunktkrankenhaus bzw. ein

Transplantationszentrum erforderlich, um in gemeinsamer Absprache die Patienten

mit ihren schweren Komplikationen zu betreuen. Neben den diagnostischen

Aspekten steht heutzutage aber auch die Therapie der chronischen Leberer-

krankungen im Mittelpunkt. Die Therapie der chronischen Hepatitis-B-Virusinfektion

mit Nukleosid- oder Nukleotidanaloga ist eine ambulante Therapie. Auch der

derzeitige Standard in der Therapie der chronischen Hepatitis-C-Virusinfektion

(pegyliertes Interferon in Kombination mit Ribavirin) stellt eine ambulante Behand-

lung dar. Da die Therapie dieser Infektionskrankheiten stets im Wandel begriffen ist,

ist eine adäquate Therapie nur dann möglich, wenn eine entsprechende Qualifikation

im ambulanten Sektor gegeben ist. Hier kann als Qualifikation die Zertifizierung als

hepatologische Schwerpunktpraxis des Bundesverbandes der niedergelassenen

Gastroenterologen (bng) gewertet werden. Gleichzeitig bieten die Richtlinien der

Fachgesellschaft (DGVS) Leitpfade in der Behandlung dieser chronischen

Virusinfektionen. Lediglich bei Patienten mit weit fortgeschrittener Lebererkrankung

oder bei schweren extrahepatischen Manifestationen oder bei Kontraindikationen für

die Standardtherapie ist dann eine Mitbehandlung in einem qualifizierten stationären

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Zentrum erforderlich. Nach mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Lebertransplantation

ist inzwischen auch die Betreuung von langzeittransplantierten Patienten in der

hepatologischen Praxis Standard. Gerade die Betreuung der langzeittransplantierten

Patienten weist zahlreiche allgemeininternistische Aspekte auf, die häufig in hoch

spezialisierten Gratulationseinrichtungen nicht adäquat überwacht und behandelt

werden können.

Zusammenfassend ist heutzutage eine ambulante Betreuung von Patienten mit

chronischen Lebererkrankungen sowohl vonseiten der Diagnostik als auch der

Therapie bei qualifizierten Praxen möglich.

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Neue Therapien bei Hepatitis B und C

S. Zeuzem

Medizinische Klinik I, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt

am Main

Serologisches Ziel einer antiviralen Therapie der chronischen Hepatitis B ist die

Serokonversion von HBeAg zu Anti-HBe bzw. die Serokonversion von HBsAg zu

Anti-HBs. Im Falle einer HBeAg-Minusvariante ist das Therapieansprechen durch

eine dauerhafte signifikante Reduktion der HBV DNA definiert. Zur Behandlung der

chronischen Hepatitis B sind in Deutschland 7 Substanzen zugelassen: Interferon-α

und pegyliertes Interferon-α2a (HBe-Serokonversionsraten 30–40%) und die

Nukleos(t)idanaloga Lamivudin, Telbivudin, Adefovir-Dipivoxil, Entecavir und

Tenofovir (HBe-Serokonversionsraten ca. 15% pro Jahr). Unter der Therapie mit

Nukleos(t)idanaloga können resistente Hepatitis-B-Virusmutanten entstehen.

Virusmutationen, die sich unter einer Therapie mit Nukleosidanaloga (Lamivudin,

Telbivudin, Entecavir) entwickeln, werden durch Adefovir und Tenofovir gehemmt.

Pegylierte Interferone (PEG-IFN), die nur einmal wöchentlich injiziert werden

müssen, haben bei der chronischen Hepatitis B eine höhere Effektivität als Standard-

Interferone. Kombinationsstrategien pegylierter Interferone mit einem Nukleos(t)id-

analogon erbringen bislang keine verbesserten virologischen Ansprechraten.

Die Standardtherapie der chronischen Hepatitis C ist die Kombinationstherapie mit

einem pegylierten Interferon-α und Ribavirin (akute Hepatitis C: Interferon-Mono-

therapie über 24 Wochen). Die heute gültigen Algorithmen werden sich bezüglich der

Therapiedauer weiter individualisieren. Patienten mit einer HCV-Genotyp-1-Infektion

können bei einem langsamen virologischen Ansprechen (d. h. 2 log Abfall zu Thera-

piewoche 12, aber noch nachweisbarer HCV RNA [zwischen 50 und 6000 IU/ml])

von einer Verlängerung der Therapie von 48 auf 72 Wochen profitieren. Andererseits

brauchen HCV-1-infizierte Patienten mit einer niedrigen Viruslast zu Therapiebeginn

(< 600.000 IU/ml besser < 250.000 IU/ml) und fehlendem Nachweis von HCV RNA

bereits zu Therapiewoche 4 nicht länger als 24 Wochen behandelt zu werden.

Möglicherweise sind bei HCV-2- und HCV-3-infizierten Patienten niedrigere Dosen

von pegyliertem Interferon und/oder Ribavirin erforderlich. Patienten mit einer

HCV-Genotyp-2-Infektion oder einer HCV-Genotyp-3-Infektion mit weniger als

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400.000 IU/ml zu Therapiebeginn und einer Viruslast < 50 IU/ml zu Therapiewoche 4

können mit einer Ribavirin-Dosierung von 1000–1200 mg ohne Beeinträchtigung der

dauerhaften virologischen Ansprechraten für nur 14–16 Wochen behandelt werden.

Die optimale Therapiedauer bei HCV-3-infizierten Patienten mit hoher Viruslast ist

noch nicht geklärt (24–48 Wochen). Mittelfristiges Ziel ist die vollständige Individua-

lisierung der Dauer einer Kombinationstherapie nach HCV-Genotyp, Viruslast und

initialem virologischem Ansprechen sowie dem Fibrosestadium. Zahlreiche Medika-

mente befinden sich aktuell in der klinischen Prüfung und könnten in den kommen-

den Jahren für die Behandlung der chronischen Hepatitis C zugelassen werden.

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Overlap-Syndrome – Herausforderung in der Therapie

R. Kubitz

Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum

Düsseldorf

Die Autoimmunhepatitis (AIH) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Leber

mit bisher ungeklärter Ätiologie. Typisch ist die Trias bestehend aus Autoantikörpern,

einer Hypergammaglobulinämie (v. a. Immunglobulin G) und einer „Interface-

Hepatitis" („Mottenfraßnekrosen"). Unbehandelt kann die AIH zu einer Leberzirrhose

führen. Nicht wenige Patienten mit einer AIH haben zusätzlich klinische, sero-

logische, cholangiografische oder histologische Zeichen einer primär biliären

Zirrhose (PBC) oder einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC). Derartige

Konstellationen werden als Overlap-Syndrome (Überlappungssyndrome) bezeichnet.

Die International Autoimmune Hepatitis Group hat ein Bewertungssystem zur

Vereinheitlichung der Diagnostik der AIH entwickelt (Tab. 1). In diesem Bewertungs-

system verringern histologisch nachgewiesene Gallengangsschäden, als auch das

Vorkommen PBC-typischer AMA-M2-Antikörper die zur Diagnose einer AIH nötige

Punktzahl, sodass durch dieses System die Overlap-Syndrome nicht optimal

abgebildet werden. Für die Diagnose des AIH-PBC-Overlap hat sich das Bewer-

tungssystem von Chazouillères et al. (1998) bewährt (Tab. 2).

Epidemiologie: Die AIH betrifft überwiegend Frauen (80–90%) aller Altersstufen mit

einer Inzidenz von 19/1.000.000 und einer Prävalenz von 116–169/1.000.000 Ein-

wohnern. Überlappungen mit einer PBC werden in 7–14% beschrieben, mit einer

PSC in bis zu 7% und mit einer Autoimmuncholangitis (AMA-negative PBC) in bis zu

11%. Das gleichzeitige Auftreten einer AIH und einer Sarkoidose sowie der AIH und

einer chronischen Hepatitis-C-Virus-Hepatitis (welche selbst eine AIH auslösen kann)

ist möglich, in diesen Fällen sollte jedoch die Bezeichnung „Overlap-Syndrom"

vermieden werden.

AIH-PBC-Overlap: Die AIH und die PBC können beim Overlap in unterschiedlicher

zeitlicher Abfolge auftreten (Poupon et al. 2006). Im Hinblick auf das therapeutische

Vorgehen müssen serologische und histologische Parameter berücksichtigt werden:

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Finden sich bei Patienten die für die PBC typischen AMA-M2-Antikörper und

histologisch die Charakteristika einer AIH, aber keine Merkmale einer PBC, sollten

die Patienten wie bei klassischer AIH immunsuppressiv behandelt werden. Der

Einsatz einer Steroid-Monotherapie oder einer Kombination aus einem Steroid und

Azathioprin richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und dem Zustand des

Patienten. Ziel der Therapie ist die Normalisierung der Transaminasen und eine

Verbesserung der histologischen Veränderungen. Nach Normalisierung der

Transaminasen (meist innerhalb eines Monats bis 6 Monate) sollte die niedrigste

mögliche Erhaltungsdosis des Steroids eingesetzt werden, entweder als Mono-

therapie oder in Kombination mit Azathioprin oder als Azathioprin-Monotherapie. Ein

Auslassversuch ist frühestens nach (1–)2 Jahren sinnvoll. Eine vorherige Re-Biopsie

ist gerechtfertigt, um jegliche entzündliche Aktivität auszuschließen. Bei zu früher

Beendigung der Therapie ist mit einer hohen Relaps-Rate zu rechnen.

Finden sich AMA-M2-Antikörper und stehen histologisch Veränderungen einer PBC

im Vordergrund („klassische AMA-M2-positive PBC") können die Patienten auch trotz

AIH-typischer Befunde (5-fach über den oberen Normwert erhöhte GPT; 2-fach über

den oberen Normwert erhöhte IgG-Serumkonzentration, positiver ASMA-Titer oder

lobuläre Entzündung in der Histologie) auf eine Ursodeoxycholsäure (UDCA)-Mono-

therapie gut ansprechen mit Verbesserung der Transaminasen und Rückgang der

PBC-typischen IgM-Erhöhung (Joshi et al. 2002). Lassen sich die für die AIH

typischen Histokompatibilitätsantigene HLA-B8, DR3, und DR4 nachweisen, liegt

möglicherweise eine „hepatitische Ausprägung" der PBC vor (Lohse et al. 1999).

Hierbei ist wahrscheinlich die Kombinationstherapie, bestehend aus einem Immun-

suppressivum und UDCA, zum Erreichen einer kompletten Remission erforderlich

(Chazouillères et al. 1998, 2006). Zusammengenommen erscheint beim histolo-

gischen Nachweis PBC-typischer Veränderungen der Verzicht auf eine Immunsup-

pression bei der Initialtherapie gerechtfertigt, um das Ansprechen auf UDCA

einschätzen und Nebenwirkungen der Immunsuppression vermeiden zu können.

Eine weitere Gruppe zeigt histologische Veränderungen einer PBC, serologisch

finden sich jedoch keine AMA-M2-Antikörper, dafür aber anti-nukleäre Antikörper

(ANA) oder anti-smooth-muscle-Antikörper (ASMA). Für diese Konstellation

existieren mehrere Synonyme, z. B. AMA-negative PBC, (Auto-)Immunchol-

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angiopathie oder (Auto-)Immuncholangitis. Patienten mit AMA-negativem AIH-PBC-

Overlap sprechen schlechter auf Steroide an als Patienten mit AMA-M2-positivem

AIH-PBC-Overlap und führender AIH.

AIH-PSC-Overlap: Patienten mit einem AIH-PSC-Overlap zeigen serologische

Charakteristika einer AIH und gleichzeitig die typischen cholangiografischen

Veränderungen (ERC oder MRC) einer PSC. Steht die Diagnose einer AIH, sollte an

einen Overlap mit einer PSC gedacht werden, wenn ein oder mehrere

Symptome/Befunde hinzukommen: (1) Pruritus, (2) Colitis ulcerosa, (3) Gallengangs-

abnormalitäten in der Histologie, (4) Erhöhung der Cholestaseparameter (AP, GGT),

(5) unzureichendes Ansprechen auf eine immunsuppressive Therapie oder (6) eine

Cholangiografie mit Zeichen der PSC. Umgekehrt sollte bei Patienten mit

diagnostizierter PSC an einen Overlap gedacht werden, wenn erhöhte IgG-Kon-

zentration, positive ANA- oder ASMA-Titer (> 1:40) oder eine Interface-Hepatitis

gefunden werden. Patienten mit einem AIH-PSC-Overlap sind im Durchschnitt jünger

als Patienten mit einer ausschließlichen PSC, meist wird die AIH vor der PSC

klinisch evident.

Zur Therapie von Patienten mit einem AIH-PSC-Overlap gibt es nur wenige Daten.

Eine Monotherapie mit Steroiden führte in einer kleinen Serie zu einem Ansprechen

bei 2 von 9 Patienten. Je deutlicher die Laborwerte eine AIH widerspiegeln (niedrige

AP, hohe Gammaglobulin- bzw. IgG-Spiegel), umso besser ist das Ansprechen. Eine

immunsuppressive Kombinationstherapie, bestehend aus einem Glukokortikoid und

Azathioprin, erscheint wirkungsvoller als die Monotherapie. Die zusätzliche Gabe von

UDCA zeigte in einer kleinen Serie ebenfalls ein besseres Ansprechen als eine

Monotherapie mit einem Glukokortikoid (Gohlke et al. 1996). Die Kombinations-

therapie verbesserte zwar nicht alle biochemischen Marker, dafür scheinen die

Patienten darunter einen stabileren klinischen Verlauf mit besserer Prognose zu

haben als Patienten mit „klassischer" PSC und einer Standard UDCA-Therapie

(Floreani et al. 2005).

Kommt es trotz adäquater Therapie zu einer Progression der Erkrankung und der

Entwicklung einer Leberzirrhose mit ihren Komplikationen, stellt die Lebertransplan-

tation häufig die ultimative Therapie der Overlap-Syndrome dar.

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Tabelle 1

Parameter Punkte Weibliches Geschlecht +2

Quotient aus AP zu GOT (oder GOT) (jeweils als Mehrfaches des oberen Normwertes)

< 1,5 +2 1,5–3,0 0

> 3,0 -2 Gammglobuline oder IgG (Mehrfaches des oberen Normwertes)

> 2,0 +3 1,5–2,0 +2 1,0–1,5 +1

< 1,0 0 Antikörper-Titer (ANA, SMA, LKM-1)

> 1:80 +3 1:80 +2 1:40 +1

< 1:40 0 AMA-positive -4

Marker für virale Hepatitis Positiv -3

Negativ +1 Einnahme hepatotox. Medikamente

Positiv -4 Negativ +1

Alkoholkonsum < 25 g/Tag +2 > 60 g/Tag -2

Leberhistologie „Interface-Hepatitis" +3 Plasmazellinfiltrate +1

Rosettenphänomen +1 Keine der Veränderungen -5

Gallengangsschäden -3 Andere Schäden -3

Weitere Autoimmun-erkrankungen1 +2

Bei ANA-, ASMA-, LKM1- Negativität2 Nachweis anderer

Autoantikörper +2

HLA-DR3 oder DR4 +1 Therapieansprechen

Komplett +2 Rückfall +3

Bewertung

vor Therapie AIH sicher > 15

AIH wahrscheinlich 10–15 nach Therapie

AIH sicher > 17 AIH wahrscheinlich 12–17

In Anlehnung an Alvarez et al., J. Hepatol. 1999; 31: 934. 1. Autoimmunerkrankung der Indexperson oder

erstgradiger Verwandter. 2. Suche nach weiteren Autoantikörpern und

HLA-DR3/4 nur bei Verdacht auf AIH trotz negativer ANA, ASMA und LKM1.

Tabelle 2

AIH-PBC-Overlap

AIH (2 von 3 Kriterien) GPT > 5 x oberer Normwert Serum-IgG > 2 x oberer Normwert Periportale oder periseptale lymphozytäre Mottenfraßnekrosen

PBC (2 von 3 Kriterien) AP > 2 x oberer Normwert oder GGT > 5 x oberer Normwert AMA-M2 positiv Histologisch floride Gallengangsläsionen

In Anlehnung an Chazouillères et al., Hepatology 1998; 28: 296–301.

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Transplantation, Leberlebendspende: Was ist möglich?

D.C. Bröring

Transplantationschirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Die Lebertransplantation (LTX) ist als lebensrettende, kurative Therapieoption mit

sehr guten Ergebnissen für Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose, akutem

Leberversagen, Budd-Chiari-Syndrom, hepatozellulärem Karzinom, Gallengangs-

atresie, primär biliärer Zirrhose (PBC), primär sklerosierender Cholangitis (PSC) und

eine Reihe weiterer, seltenerer Indikationen etabliert. Durch beständige

Fortentwicklungen der chirurgischen Techniken und der Behandlungsprotokolle

einschließlich der Immunsuppression konnte die postoperative Mortalität in den

letzten Jahren drastisch reduziert werden, und das durchschnittliche 5-Jahres-

Überleben nach LTX liegt bei 80–90%. Demgegenüber liegt jedoch aufgrund eines

relativen Mangels geeigneter Spenderorgane im Eurotransplantraum die Mortalität

auf der Lebertransplantationswarteliste bei 20%. Neben der weiteren Optimierung

der chirurgischen Techniken und der medizinischen Protokolle stellt daher die

Vergrößerung des Pools geeigneter Spenderorgane eine der entscheidenden gegen-

wärtigen Herausforderungen der Transplantationsmedizin dar. Hierzu spielt auch die

nationale Gesetzgebung (Transplantationsgesetz), welche die Bedingungen zur

Organspende regelt, eine Rolle. Mit der Einführung der Split- und Leberlebend-

transplantation sollte dem Organmangel von ärztlicher Seite entgegengewirkt

werden. Beide Techniken wurden zunächst Anfang der 90er-Jahre entwickelt, um die

schlechte Situation pädiatrischer Lebertransplantationskandidaten zu verbessern. Mit

dem Splitting einer Leber eines erwachsenen Spenders entstehen 2 Transplantate:

ein größeres, welches den rechten Leberlappen plus dem Segment IV enthält, sowie

ein kleineres aus dem linkslateralen Anteil (Segmente II/III) bestehendes Transplan-

tat. Dieses kleinere Transplantat ist aufgrund seiner geringen Größe für kindliche

Empfänger geeignet. Wir konnten in einer eigenen Arbeit zeigen, dass der größere,

für einen Erwachsenen vorgesehene Leberanteil nach Splitting hinsichtlich der

Ergebnisse nach Transplantation äquivalent zu einem Vollorgan ist (Abb. 1). Somit

können durch das Splitten der Leber 2 Empfänger mit geeigneten Transplantaten

versorgt werden. Analog zum Lebersplitting kann bei Kindern eine Leberlebend-

transplantation vorgenommen werden, bei denen Verwandte, in aller Regel ein

Elternteil, den linkslateralen Leberanteil spenden. Das Risiko für den Spender ist

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dabei minimal und resultiert hauptsächlich aus möglichen medizinisch-perioperativen

(Thromboembolierisiko) und anästhesiologischen Komplikationen. Aufgrund der

kurzen kalten Ischämiezeit und der Tatsache, dass Lebendspender körperlich

gesund sind, resultieren bei dieser Transplantationsform sehr gute Ergebnisse, die

denen der Vollorgantransplantation, der Split- und auch der Reduced-size-Transplan-

tation überlegen erscheinen (Abb. 2). Nichtsdestotrotz hat aufgrund des potenziellen

Risikos für den Spender eine optimalere Nutzung der vorhandenen Ressourcen der

postmortalen Spende hierzulande Priorität. Die Leberlebendspende für erwachsene

Empfänger beinhaltet eine Donorhepatektomie, bei der entweder der rechte Leber-

lappen, oder aber der linke Leberlappen (für Empfänger mit geringerem Gewicht)

entnommen wird. Im Gegensatz zur linkslateralen Resektion im Rahmen der

pädiatrischen Lebertransplantation ist hier von einem deutlich größeren periope-

rativen Risiko für den Spender auszugehen. Nach den weltweit publizierten Berichten

ist von einer Letalität der Spender-Operation von etwa 0,4% auszugehen. Um das

Risiko für den Donor zu minimieren, sind sehr ausgedehnte präoperative

Evaluationsuntersuchungen erforderlich. Auch die peri- und postoperative Phase

setzt ein hohes Maß an Erfahrung voraus. Die Durchführung der Leberlebendspende

sollte daher idealerweise hoch spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben. Die

Indikationen für die Leberlebendspende bei Erwachsenen sind prinzipiell die

allgemein akzeptierten Indikationen zur LTX. Ideal sind jedoch elektive Situationen,

da zum einen für den Spender eine ausreichende Zeit zur Überlegung bleibt, und da

in Notfallsituationen (z. B. akutes Leberversagen, Patienten mit einem MELD

(= Model for End-stage Liver Disease; > 30) nach Leberlebend-LTX schlechtere

Ergebnisse beobachtet worden sind. Am Universitätsklinikum Kiel wird seit 2006 die

Leberlebendspende sowohl für pädiatrische als auch adulte Empfänger regelmäßig

durchgeführt, wodurch dieses Zentrum europaweit als eines der führenden für diese

Transplantationsform angesehen werden kann.

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Abb. 1: Vergleich des Transplantatüberlebens (Kaplan-Meier-Analyse) von

erweiterten rechten Lappen nach Split-LTX (SLT; n = 70) und Vollorganen (WLT;

n = 70) nach einer Case-Match-Studie bei erwachsenen Empfängern (p = 0,43)

Abb. 2: Vergleich des Transplantatüberlebens (Kaplan-Meier-Analyse) nach

pädiatrischer LTX im UKE Hamburg 2001–2004 (LDLT: Leberlebendspende n = 51;

SPLIT: Splitlebertransplantation n = 79; OLT: Vollorgantransplantation n = 22; RED:

Reduced-size-Transplantation n = 18, Log-Rank-Test; LDLT vs. SPLIT p = 0,2967,

LDLT vs. OLT p = 0,157, LDLT vs. RED p = 0,0186.

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Anschriften der Referenten und Vorsitzenden

Prof. Dr. D. Becker Innere Medizin Kreiskrankenhaus Eckernförde Schleswiger Str. 114–116 24340 Eckernförde Prof. Dr. Dr. D.C. Bröring Transplantationschirurgie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel Prof. Dr. U.R. Fölsch Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel Dr. R. Günther Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel PD Dr. J. Hampe Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel PD Dr. S. Hellmig Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel

PD Dr. H. Hinrichsen Internist Gastroenterologische Schwerpunktpraxis Preetzer Chaussee 134 24146 Kiel Dr. T. Holst Innere Medizin Klinik Preetz Am Krankenhaus 5 24211 Preetz Dr. K. Jessen Internist Gastroenterologische Schwerpunktpraxis Goethestr. 11 24116 Kiel Prof. Dr. R. Kubitz Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstr. 5 40225 Düsseldorf Dr. T. Kühbacher Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel PD Dr. A. Meining Innere Medizin II Klinikum rechts der Isar der TU München Ismaninger Str. 22 81675 München Prof. Dr. S. Miehlke Medizinische Klinik und Poliklinik I Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden Fetscherstr. 74 01307 Dresden

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PD Dr. A. Morgner Medizinische Klinik und Poliklinik I Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden Fetscherstr. 74 01307 Dresden PD Dr. S. Nikolaus Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel Prof. Dr. S. Schreiber Allgemeine Innere Medizin und Klinische Molekularbiologie Christian-Albrechts-Universität Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel Dr. M. Seeger Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel PD Dr. J. Tepel Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel PD Dr. M. Vieth Institut für Pathologie Klinikum Bayreuth Preuschwitzer Str. 101 95445 Bayreuth Prof. Dr. S. Zeuzem Innere Medizin I Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt am Main