gastroforum kiel programm · könnte vielmehr die entwicklung einer atrophischen gastritis...
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Chronisch-entzündliche Erkrankungendes Gastrointestinaltrakts – Update 2008
Kiel
Samstag, 5. Juli 2008
9.00 – 15.30 Uhr
Veranstaltungsort:
Maritim Hotel Bellevue
Kiel
Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. U. R. Fölsch, Kiel
PD Dr. S. Hellmig, Kiel
Freiburg Freiburg 11. Oktober 200811. Oktober 2008
OsnabrückOsnabrück12. April 200812. April 2008
GießenGießen17. Mai 200817. Mai 2008
BambergBamberg21. Juni 200821. Juni 2008
BerlinBerlin28. Juni 200828. Juni 2008
EssenEssen1. März 20081. März 2008
JenaJena27. September 200827. September 2008
Kiel5. Juli 2008
Abstracts
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Programm 9.00 Uhr
Begrüßung Prof. Dr. U.R. Fölsch, Kiel
I. Magen – Infektionen mit H. pylori Vorsitz: PD Dr. J. Hampe, Kiel Dr. T. Holst, Preetz
9.10 Uhr Gibt es extraintestinale Manifestationen bei H. pylori-Infektionen? PD Dr. A. Morgner, Dresden
9.30 Uhr Was muss der Kliniker von Histologie verstehen? PD Dr. M. Vieth, Bayreuth
9.50 Uhr Aktuelle Indikationen zur Eradikation von H. pylori PD Dr. S. Hellmig, Kiel
10.10 Uhr Management bei resistenten Stämmen Prof. Dr. S. Miehlke, Dresden
II. Kolon – chronisch entzündliche Darmerkrankungen Vorsitz: Prof. Dr. S. Schreiber, Kiel Dr. K. Jessen, Kiel
11.00 Uhr Einsatz neuer Techniken zur Dysplasieerkennung im Kolon PD Dr. A. Meining, München
11.20 Uhr Stufentherapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – „Step up“ oder „Top down“ PD Dr. S. Nikolaus, Kiel
11.40 Uhr Therapie der CED in der Schwangerschaft Dr. T. Kühbacher, Kiel
12.00 Uhr Indikationen zur OP bei CED-Patienten PD Dr. J. Tepel, Kiel
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III. Leber – von der medikamentösen Therapie zur Transplantation Vorsitz: Prof. Dr. D. Becker, Eckernförde Dr. R. Günther, Kiel
13.30 Uhr Management und Überwachung von Hepatitis-Patienten in der Praxis PD Dr. H. Hinrichsen, Kiel
13.50 Uhr Neue Therapien bei Hepatitis B und C Prof. Dr. S. Zeuzem, Frankfurt
14.10 Uhr Overlap-Syndrome – Herausforderung in der Therapie Prof. Dr. R. Kubitz, Düsseldorf
14.30 Uhr Abklärung von Leberrundherden (ohne Abstract) Dr. M. Seeger, Kiel
14.50 Uhr Transplantation, Leberlebendspende: Was ist möglich? Prof. Dr. Dr. D.C. Bröring, Kiel
15.10 Uhr Zusammenfassung und Schlusswort PD Dr. S. Hellmig, Kiel
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden siehe Seiten 31–32
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Gibt es extraintestinale Manifestationen bei H. pylori-Infektionen?
A. Morgner
Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Dresden
Anfang der 90er-Jahre wurde begonnen, mögliche Assoziationen zwischen der
Infektion mit Helicobacter pylori und extragastralen Manifestationen zu diskutieren.
Das Spektrum der zum Teil bis heute untersuchten möglichen Zusammenhänge ist
breit und beinhaltet verschiedene Erkrankungen wie Gefäß-, Haut-, Autoimmun- oder
Lebererkrankungen, Nahrungsmittelallergien, hämatologische Erkrankungen,
Diabetes mellitus, pädiatrische Erkrankungen oder extragastrale Lymphome. Als
grundlegende Rationale einer extragastralen Manifestation der H. pylori-Infektion
wird angeführt, dass die chronische Infektion mit H. pylori nicht nur eine lokale
entzündliche Antwort in der Magenschleimhaut induziert, sondern auch mit einer
systemischen Immunantwort einhergeht. Zudem besteht die H. pylori-induzierte
Gastritis als chronische Entzündung oft seit der Kindheit über Jahrzehnte unentdeckt.
Die chronische Infektion wird zudem von einer verstärkten Bildung von
Sauerstoffradikalen, proentzündlichen Zytokinen (IL-1, IL-8, TNFα), Leukotrienen
(LTB4, C4, E4), plättchenaktivierendem Faktor, Prostaglandinen (PGE2) und Histamin
sowie deren Freisetzung ins Blut begleitet. Auf der Basis der Interaktion
Immunologie/Wirt und Virulenz/Keim kann es dann zu einer solchen extragastralen
Manifestation kommen. Bis heute ist allerdings die Datenlage für die meisten der
genannten möglichen Assoziationen dünn und beruht ausschließlich auf Fall-
berichten.
Insbesondere die ätiopathogenetische Assoziation der H. pylori-Infektion mit der
koronaren Herzerkrankung (KHK) bzw. Pathogenese der Atherosklerose wurde
intensiv diskutiert. Atherosklerose ist als inflammatorischer Prozess zu verstehen,
und neben den etablierten kardiovaskulären Risikofaktoren wurde auch für Infek-
tionen mit Chlamydia pneumoniae oder Herpesviren die Induktion einer epithelialen
Dysfunktion gezeigt. In einer 1994 publizierten Fallkontrollstudie konnte dann
erstmals eine signifikant höhere Prävalenz der H. pylori-Infektion bei Patienten mit
KHK (OR = 2,1–2,3) nachgewiesen werden, und eine Vielzahl von Studien
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untersuchte diese mögliche Assoziation. Auf der Basis von mittlerweile mehreren
Metaanalysen liegt die Odds-Ratio bei 1,26 für vaskuläre Erkrankungen auf der Basis
einer chronischen Infektion mit cagA-positiven H. pylori (zum Vergleich:
C. pneumoniae IgA OR = 1,25). Damit scheint ein minorer pathogenetischer Link
vorhanden zu sein, eine Intervention ist aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerecht-
fertigt.
Die beste Evidenz für eine Assoziation mit der chronischen H. pylori-Infektion liegt für
die idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) und die Eisenmangelanämie
vor. Die Indikation zur Eradikation bei Vorliegen dieser Assoziationen ist gegeben
und wird in den aktuellen Leitlinien der DGVS (in press, 2008) auch entsprechend
Berücksichtigung finden. Für alle anderen Assoziationen ist die Datenlage kontrovers
und von geringer medizinischer Qualität.
Grundsätzlich scheint es Assoziationen der H. pylori-Infektion mit extraintestinalen
Manifestationen zu geben. Diese Assoziationen erscheinen aber eher als ein patho-
genetisch minorer Anteil einer multifaktoriellen Genese der entsprechenden
Erkrankungen. Die Frage nach einer sich daraus ableitenden Interventionstherapie
stellt sich bis auf die ITP und die Eisenmangelanämie derzeit daher nicht.
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Was muss der Kliniker von Histologie verstehen?
M. Vieth
Institut für Pathologie, Klinikum Bayreuth
Gastritis ist eine histologische Diagnose. Die Einfachheit dieses Satzes täuscht über
die unzähligen Versuche in den letzten Jahrzehnten hinweg, eine endoskopische
Diagnose zu erlauben. Eine Gastritis kann jedoch viele Ursachen haben, was die
Ursachenermittlung umso schwieriger macht. Beispielsweise kann sich hinter einer
endoskopisch sichtbaren Rötung, eine Helicobacter-pylori (Hp)-Gastritis, eine
C-Gastritis, eine infektiöse nicht Hp-bedingte Gastritis oder gar ein Frühkarzinom
verbergen. Mittlerweile ist man völlig von einer endoskopischen Diagnose abgerückt,
wenngleich es trotzdem wichtig ist, dem Pathologen das Gesehene zu schildern und
eine Verdachtsdiagnose mitzuteilen.
Bis Mitte der 90er-Jahre herrschte bez. der Gastritis-Klassifikation ein babylonisches
Sprachgewirr. Viele beschreibende Ausdrücke mit zahlreichen Adverbien garniert,
beherrschten die histologische Nomenklatur. Was sich auch von Deutschland
ausgehend entwickelte, war eine einheitliche Klassifikation, die eine Ursache der
Gastritis beinhalten sollte. Im Sydney-System, das anfangs noch eine endoskopische
Graduierung besaß, die mittlerweile jedoch verlassen wurde, ist die Angabe der
Ursache unter Verwendung einer weltweit einheitlichen Terminologie zur Pflicht
geworden. Darüber hinaus wurde erstmals auch dezidiert verlangt, die Biopsien
standardmäßig zu entnehmen (mind. 2 Antrum- und Corpus-Biopsien). Werden
weniger Biopsien entnommen, so kann man entsprechend damit rechnen, dass die
Gastritis-Diagnose unsicher wird. Diese Unsicherheit wurde bei der Konzeption des
Sydney-Systems berücksichtigt, sodass man auf die Mindestforderung von je
2 Antrum- und Corpus-Biopsien kam. Weniger ist also bei der Gastritis ein Fehler.
Es gibt im Sydney-System obligate und fakultative Kriterien. Obligat ist die Dichte der
Hp-Besiedelung, die Anzahl der neutrophilen Granulozyten (Aktivität der
Entzündung) und die Anzahl der Lymphozyten und Plasmazellen (Chronizität der
Entzündung), die Ausdehnung der intestinalen Metaplasie und mit größeren Inter-
observer-Variationen belegt, die Graduierung der Atrophie in Antrum und Corpus.
Fakultativ sind Kriterien, wie die Schleimdepletion, der Ersatz des Oberflächen-
epithels durch Regeneratepithel und basale Lymphozytenaggregate bzw. Lymph-
follikel. In der Routinediagnostik werden diese Parameter zumeist nicht verwendet,
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um die Befunde nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Eine Diagnose muss schnell
erfasst und verstanden werden. Die Zeit als Pathologen Prosatexte in epischer Breite
als Diagnosen „verkauft“ haben, ist endgültig vorbei.
Erst die vereinheitlichte Terminologie des Sydney-Systems hat dazu geführt, die
Risikofaktoren des Magenkarzinoms besser zu verstehen. Atrophie und intestinale
Metaplasie werden in der Literatur immer wieder als präkanzeröse Läsionen
dargestellt. Fakt ist jedoch, dass diese Veränderungen das Risiko ein Magen-
karzinom im Rahmen einer Hp-Infektion zu entwicklen, auf das 5–6-Fache der
Allgemeinbevölkerung erhöhen. Eine stärkere Aktivität der Hp-Infektion im Magen-
Corpus jedoch erhöht das Risiko auf das fast 35-Fache. Selbst Rauchen und eine
genetische Prädisposition erhöhen das Risiko „nur“ auf das 15-Fache. Intestinale
Metaplasie und Atrophie sind lediglich Ausdruck einer vorangegangenen starken
Schädigung der Magenschleimhaut und eher als parakanzeröse, denn als
präkanzeröse Kondition anzusehen. Insofern ist die Correa-Hypothese einer
Gastritis-Atrophie-intestinale Metaplasia-Dysplasie-Karzinom-Sequenz als ein ideali-
siertes Modell anzusehen, das nicht bei jedem Patienten in dieser Reihenfolge
beobachtet werden kann.
Eine Eradikationstherapie verhindert zumindest die Progression von Atrophie und
intestinaler Metaplasie und mindert vermutlich auch das Risiko an einer Neoplasie zu
erkranken. Dies ist jedoch noch immer mangels geeigneter groß angelegter
Langzeitbeobachtungen zurzeit nicht vollends bestätigt. Die Kosteneffektivität einer
Eradikation ist für Deutschland immer noch gegeben.
Liegt endoskopisch ein Malignitätsverdacht vor, muss der Gastroenterologe wissen,
dass ca. 80% der Magenkarzinome bei der Erstdiagnose histologisch bestätigt
werden können. Aus diesem Grund ist die Kontrolle eines Ulkus während der
Abheilungsphase auch so entscheidend. Bei einem Ulkus kann die Art der Nekrose
auch eine Aussage zulassen, ob ein Ulkus oder eine Erosion medikamentös-toxisch
oder Hp-bedingt ist. Dies kann für das weitere Management eine Rolle spielen. Eine
ganz andere Gruppe von Neoplasien abgesehen von Metastasen stellen die
Lymphome dar. Möglich ist ein primärer Befall des Magens durch z. B. ein B-Zell-
Non-Hodgkin-Lymphom vom Typ des MALT-Lymphoms oder ein extranodaler Befall
des Magens durch andere Lymphome. Die Anzahl der Biopsien spielt wie beim
Karzinom eine entscheidende Rolle, um zu beurteilen, was für ein Lymphom vorliegt.
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In den letzten Jahren ist sehr viel Wissen um die Gastritis „verloren“ gegangen, da
klinisch im Grunde nur als entscheidend angesehen worden ist, ob ein Patient Hp-in-
fiziert war oder nicht und ob eine Neoplasie vorlag oder nicht.
Dieses Wissen ist heute allerdings umso wichtiger, da die endoskopische Bilddar-
stellung immer besser wird und immer feinere Details auflösen kann, sodass der
Gastroenterologe nicht mehr nur ein Basiswissen an Histologie haben muss, um
überhaupt die histologischen Befunde verstehen und ggf. mit dem endoskopisch
Gesehenen korrelieren zu können, sondern ausgerüstet mit der entsprechenden
Technik bereits selber Gewebediagnosen anstellen kann.
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Aktuelle Indikationen zur Eradikation von H. pylori
S. Hellmig
I. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Die Helicobacter-pylori-Infektion stellt eine der häufigsten Infektionskrankheiten der
Welt dar. In den letzten Jahren wird die H. pylori-Infektion auch mit extraintestinalen
Erkrankungen in Verbindung gebracht. Immer häufiger stellen resistente Stämme ein
Problem in der Therapie dar. Die aktuellen Therapieempfehlungen für Europa
orientieren sich an der dritten Maastricht-Konsensuskonferenz der European
Helicobacter Study Group (EHSG). Die Indikation zur Eradikation bei einem Ulcus
ventriculi oder duodeni, einem primär niedrig malignen B-Zell-Lymphom des Magens
im Frühstadium und einem Magenkarzinom ist nach wie vor unbestritten.
Bei jungen Dyspepsie-Patienten ohne Risikofaktoren wie Gewichtsverlust oder Blut
im Stuhl ist ein nicht-invasives H. pylori-„test-and-treat“-Konzept vertretbar. Patienten
mit einer Langzeit-NSAR-Therapie und einem Ulkusleiden in der Anamnese
profitieren eher von einer dauerhaften PPI-Therapie als von einer H. pylori-Eradi-
kation. Im Gegensatz dazu sollten Patienten mit einer Langzeit-Aspirin-Therapie und
positivem H. pylori-Nachweis eradiziert werden.
Bislang belegt keine Studie überzeugend, dass eine gastroösophageale
Refluxerkrankung durch die eine H. pylori-Eradikation getriggert oder verschlechtert
wird. Durch eine Langzeit-PPI-Therapie bei H. pylori-infizierten GERD-Patienten
könnte vielmehr die Entwicklung einer atrophischen Gastritis beschleunigt werden,
sodass in diesem Falle eine Eradikation empfohlen wird.
Zeigt die Histologie bei einer chronischen H. pylori-Infektion auch eine atrophische
Gastritis, besteht die absolute Indikation zur Eradikation, da sich eine Regredienz
dieser Präkanzerose nachweisen lässt. Der Effekt einer Eradikation auf eine
intestinale Metaplasie ist nicht sicher belegt.
Die Datenlage zu dem Effekt einer Eradikation auf extraintestinale Erkrankungen wie
die chronische Urtikaria, die unerklärbare Eisenmangelanämie oder die autoimmune
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Thrombozytopenie ist uneinheitlich. Während durch eine antibiotische Therapie bei
Patienten mit einer chronischen Urtikaria auch andere infektiöse Trigger der Erkran-
kung beseitig werden, wird sich der alleinige Effekt der H. pylori-Eradikation niemals
beweisen lassen. Bei der Eisenmangelanämie und der Autoimmunthrombozytopenie
findet sich in einigen Fällen ein positiver Effekt, der sich bisweilen auch patho-
physiologsich erklären lassen könnte. Ob H. pylori bei diesen Erkrankungen jedoch
wirklich eine Rolle spielt, ist keinesfalls bewiesen.
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Management bei resistenten Stämmen
S. Miehlke
Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Dresden
Die Infektion mit Helicobacter pylori (HP) ist weltweit hochprävalent und mit
signifikanter Morbidität und Mortalität assoziiert. Standard in der Primärbehandlung
der HP-Infektion ist gegenwärtig die Protonenpumpeninhibitor (PPI)-basierte
Tripeltherapie mit Clarithromycin und Metronidazol oder Amoxicillin.
Die Effektivität der Primärtherapie ist in den letzten Jahren weltweit auf ca. 70%
gesunken. Zu den entscheidenden Faktoren, die den Erfolg der HP-Eradikations-
therapie beeinflussen, zählen die primäre Antibiotika-Resistenz und die Compliance
(Tab. 1). Eine primäre Clarithromycin-Resistenz, die in Deutschland bei ca. 10% der
Patienten erwartet werden kann, reduziert den Therapieerfolg eines Makrolid-
haltigen Regimes um mehr als 60%. Eine primäre Resistenz gegen Metronidazol ist
demgegenüber häufiger zu erwarten (ca. 30%), der Einfluss auf den Therapieerfolg
einer Metronidazol-haltigen Tripletherapie ist allerdings geringer ausgeprägt
(Reduktion des Therapieerfolgs < 20%).
Tabelle 1: Mögliche potenzielle Risikofaktoren für das Versagen einer HP-Eradi-
kationstherapie
Bakterielle Faktoren Wirtsfaktoren Medikamenten-assoziierte Faktoren Antibiotika-Resistenz Compliance Therapiedauer CagA-Status Alter PPI-Dosis und Administration Kolonisationsdichte Diagnose Antibiotika-Dosis Genetik
(CYP2C19 u. a.) Rauchen
Als alternative Erstlinientherapie kann heute die sogenannte sequenzielle Therapie
(PPI plus Amoxicillin Tag 1–5 gefolgt von PPI plus Clarithromycin plus Imidazol-
Derivat an Tag 6–10) empfohlen werden, die sich in mehreren randomisierten
Studien der Standard-Tripeltherapie als überlegen erwiesen hat, und deren
Effektivität durch primäre Antibiotika-Resistenzen offenbar nicht beeinträchtigt wird.
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Als weitere Option für die Primärtherapie wird in internationalen Empfehlungen bzw.
Leitlinien die Bismutsalz-basierte Quadrupeltherapie genannt, die allerdings aus
Gründen der Komplexität und Praktikabilität hierzulande nur eine geringe Akzeptanz
aufweist.
Nach Versagen einer primären Tripeltherapie steigt in Abhängigkeit der eingesetzten
Antibiotika die Resistenzrate insbesondere gegen Metronidazol (> 70%) und/oder
Clarithromycin (< 50%) deutlich an. Daher sollte nach Versagen der Primärtherapie
die Auswahl der Zweitlinientherapie insbesondere unter Berücksichtigung der zu
erwartenden Resistenzlage erfolgen.
In internationalen Leitlinien wird gegenwärtig als Zweitlinientherapie der Wahl die
Bismut-basierte Quadrupeltherapie empfohlen. Eine sinnvolle und praktikable Alter-
native hierzu ist die PPI-Tripeltherapie mit einem modernen Fluorochinolon
(Levofloxacin, Moxifloxacin) in Kombination mit Amoxicillin (Therapiedauer 10 Tage),
die in 2 Metaanalysen eine höhere Wirksamkeit und bessere Verträglichkeit im
Vergleich zu der Bismut-basierten Quadrupeltherapie gezeigt hat.
Spätestens nach zweimaligem Versagen einer HP-Therapie sollte eine Vorstellung
des Patienten bei einem Spezialisten für eine weitere individualisierte Therapie
erfolgen. Aktuelle Leitlinien empfehlen gegenwärtig eine Resistenztestung nach
zweimaligem Therapieversagen, wenngleich der direkte klinische Nutzen durchaus
kontrovers diskutiert werden kann. Als weitere Optionen für die Reservetherapie bei
persistierender Infektion können heute auf der Grundlage zahlreicher klinischer
Studien die Rifabutin-haltige Tripeltherapie in Kombination mit Amoxicillin (Therapie-
dauer 10 Tage) oder eine hoch dosierte Dualtherapie (Therapiedauer 14 Tage)
eingesetzt werden (Tab. 2).
Für Patienten mit bekannter Penicillin-Unverträglichkeit stehen neben der primären
italienischen Tripeltherapie (Clarithromycin plus Metronidazol) als Zweitlinien- bzw.
Reservebehandlung die Bismut-basierte Quadrupeltherapie oder eine Tripeltherapie
mit PPI, Rifabutin und einem Fluorochinolon (Levofloxacin, Moxifloxacin) zur
Verfügung.
Die Komedikation von Probiotika (z. B. Saccharomyces boulardii) hat einer aktuellen
Metaanalyse zufolge einen günstigen Einfluss auf die Eradikationsrate und das
Nebenwirkungsprofil und kann daher insbesondere nach vorangegangenem
Therapieversagen im Einzelfall in Erwägung gezogen werden. Grundsätzlich gilt,
dass alle Maßnahmen zur Therapieoptimierung, wie z. B. erneute Motivation zur
Therapietreue, Rauchstopp, optimierte Säurehemmung und Dosierung der
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Antibiotika im oberen Bereich der zulässigen Grenzen konsequent ausgeschöpft
werden sollten.
Tabelle 2: Mögliche Zweitlinientherapie (empirisch ohne Resistenzbestimmung
möglich) in Abhängigkeit der vorangegangenen Primärtherapie
Erstlinientherapie Zweitlinientherapie Dosierung Dauer Italienische TT / PPI* 1-0-1 10 Tage Sequenzialtherapie Levofloxacin 500 mg 1-0-0
Amoxicillin 1000 mg 1-0-1 (Penicillin-Allergie: Rifabutin statt Amoxicillin)
PPI* 1-0-1 10 Tage
Rifabutin 150 mg 1-0-1 Amoxicillin 1000 mg 1-0-1
Französische TT PPI* 1-0-1 10 Tage Levofloxacin 500 mg 1-0-0
Amoxicillin 1000 mg 1-0-1 (Penicillin-Allergie: Rifabutin statt Amoxicillin) PPI* 1-0-1 10 Tage Amoxicillin 1000 mg 1-0-1 Rifabutin 150 mg 1-0-1 PPI* 1-0-1 10 Tage Amoxicillin 750 mg 1-1-1 Metronidazol 400 mg 1-1-1 Alle Schemata PPI** 40 mg 1-1-1 14 Tage Amoxicillin 750 mg 1-1-1 PPI* 1-0-1 10 Tage
Bismutsalz 120 mg 1-1-1-1 Metronidazol 400 mg 1-1-1 Tetracyclin 500 mg 1-1-1-1
*Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg,
Rabeprazol 20 mg, ** Omeprazol
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Einsatz neuer Techniken zur Dysplasieerkennung im Kolon
A. Meining
II. Medizinische Klinik des Klinikums rechts der Isar der TU München
Über die letzten 20 Jahre haben bemerkenswerte Innovationen stattgefunden,
welche das Gebiet der gastrointestinalen Endoskopie entscheidend beeinflussten.
Die Evolution vom Glasfaserendoskop zum HDTV-Videoendoskop hat zu einer
signifikanten Verbesserung der Bildauflösung geführt; die Bilddokumentation und
Betrachtungsweise wurde vereinfacht. Dennoch war und ist es auch durch den
Einsatz moderner Videoendoskope die ungezielte Vierquadrantenbiopsie immer
noch Standard bei endoskopischen Überwachungsuntersuchungen zur Dysplasie-
detektion beim Barrett-Ösophagus oder der Colitis ulcerosa. Der erste Ansatz dieses
aufwendige und bei der Vielzahl der Biopsien auch teure Vorgehen zu umgehen,
erfolgte erstmals vor einigen Jahren durch Einsatz der Chromoendoskopie. Hierbei
wurde durch den Gebrauch von absorptiven oder kontrastverstärkenden Farbstoffen
eine endoskopisch gesteuerte histopathologische Diagnose angestrebt. Die ersten
Studien zum Einsatz der Chromoendoskopie zur Dysplasiedetektion bei Patienten
mit langjähriger Colitis ulcerosa ergaben hervorragende Ergebnisse. Der Einsatz von
Farbe in den Endoskopieabteilungen war und ist jedoch aufgrund des zeitlichen und
materiellen Mehraufwands eher limitiert. Weiterhin scheint es in der Breite – abseits
von die Methode propagierenden Zentren – doch z. T. schwierig zu sein, zwischen
Neoplasie und Entzündung allein durch Chromo-/Vergrößerungsendoskopie zu
unterscheiden. Andere Verfahren wie NBI (Narrow-Band-Imaging) der Firma
Olympus, welche eine „Chromoendoskopie auf Knopfdruck“ versprechen, scheinen
bisher keinen signifikanten Vorteil im Vergleich zur normalen Endoskopie zu bieten.
Ein gewisser Benefit in der Detektion neoplastischer Areale scheint jedoch in der
Kombination von NBI mit der Autofluoreszenzendoskopie zu bestehen.
Ein weiteres Verfahren, welches die Dysplasiediagnostik möglicherweise verein-
fachen kann, ist die konfokale Laserscanningmikroskopie oder Endomikroskopie. Ziel
dieser Methode ist es in vivo – während der Untersuchung – die Mukosa in mikro-
skopischer Auflösung zu untersuchen und somit letztendlich nur dann eine histo-
logische Sicherung anzustreben, wenn ein suspekter endomikroskopischer Befund
vorliegt. Bisherige Daten der Mainzer Arbeitsgruppe mit einem System der Firma
Pentax/Optiscan, aber auch eigene in Kooperation mit der Amsterdamer Arbeits-
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gruppe generierte Daten mit einem Sonden-basierten System der Firma Mauna Kea
Technologies (Abbildung) belegen diesen theoretischen Vorteil.
Schwierig ist jedoch letztendlich bei Diskussion aller dieser neuen bildgebenden
Verfahren die Frage zu beantworten, inwieweit diese in der täglichen Routine über-
haupt praktikabel sind. Handelt es sich hier nicht doch vorwiegend um Spielereien für
spezialisierte Zentren? Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es weiterführender
multizentrischer Studien an nicht selektierten Patientenkollektiven. Unabhängig vom
Ergebnis dieser Studien wird jedoch bereits jetzt schon ohne breite wissenschaftliche
Evidenz ein nicht zu übersehender Weg seitens der Industrie eingeschlagen: weg
vom „Allzweckendoskop“ und hin zum multimodalen Diagnoseendoskop. Ob sich
dieses Konzept allgemein durchsetzt, wird hierbei über die jeweilige Praktikabilität,
die verbundenen Kosten und die diagnostische Genauigkeit ermittelt werden
müssen.
Abbildung: Von links nach rechts: Miniproben-basierte konfokale Laserscanning-
mikroskopie von normaler Kolonmukosa (regelrechte Kryptenöffnungen mit Becher-
zellen), entzündlich veränderter Mukosa bei schwerer Colitis ulcerosa (Destruktion
der Krypten, Hyperämie, inflammatorisches Infiltrat), hochgradiger intraepithelialer
Neoplasie auf dem Boden einer langjährigen Kolitis (tubuläres Muster statt Krypten,
Verlust der Becherzellen, dickes Epithelband mit „schwarzen“ Zellen).
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Stufentherapie der chronisch entzündlichen Darmerkran-kungen – „Step up“ oder „Top down“
S. Nikolaus
I. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Die Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) hat sich im
Laufe der letzten 10 Jahre wesentlich geändert. Orale immunsuppressive Therapien
wie Azathioprin werden inzwischen innerhalb der ersten 3 Jahre bei bis zu 50% der
CED-Patienten eingesetzt. Mit den sogenannten „Biologika“, bisher in der Therapie
der CED ein Synonym für Anti-TNF-Therapien, ist seit 1999 eine neue Substanz-
klasse zur Behandlung schwerer, therapierefraktärer oder komplizierter Fälle
verfügbar. Nach nunmehr über 10 Jahren Erfahrung mit dieser Substanzklasse
konnten viele Kenntnisse bezüglich des Nutzens und der Risiken, die eine solche
Therapie mit sich bringen, gesammelt werden. Damit lässt sich ein für den Patienten
klar positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bei komplexen Verläufen ableiten. Unklar ist
bisher allerdings immer noch, wann der optimale Zeitpunkt ist, bei dem mit einer
Biologika-Therapie im Krankheitsverlauf begonnen und wie lange sie fortgeführt
werden sollte. Aus Ergebnissen aus mehreren großen kontrollierten Studien gibt es
derzeit Hinweise, dass eine maximale Wirkung der Biologika erzielt werden kann,
wenn sie bereits initial, sehr früh im Krankheitsverlauf eingesetzt werden („Top
down“) im Gegensatz zum derzeitigen Vorgehen einer Therapieeskalation bei
refraktären Krankheitsverläufen („Step up“). Hierbei scheint eine bessere Wirksam-
keit und ein länger anhaltender Effekt und möglicherweise auch eine günstige
Beeinflussung des weiteren Verlaufs erzielt zu werden. Kritik an einem solchen
Vorgehen ist allerdings, dass über die Hälfte der CED-Patienten einen milden Verlauf
zeigen und wohl nie in ihrem Leben einer immunsuppressiven Therapie bedürfen
werden. Diese Patienten wären mit einer „Top-down“-Strategie deutlich überthera-
piert und potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen einer Biologika-Therapie
ausgesetzt. Weitere Studien sind erforderlich, um Patienten, die von einer solchen
Strategie profitieren könnten besser zu identifizieren. Eine generelle Empfehlung für
eine „Top-down“-Therapie kann derzeit außerhalb von Studienprotokollen nicht aus-
gesprochen werden.
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Therapie der CED in der Schwangerschaft
T. Kühbacher
Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Campus Kiel
Aufgrund des Hauptmanifestationsalters der chronisch entzündlichen Darmer-
krankungen (CED) im jungen Erwachsenenalter ist der/die behandelnde Arzt/Ärztin
oft mit Fragen zur Fertilität und Schwangerschaft/Stillzeit konfrontiert.
Die Fertilität ist grundsätzlich im Vergleich zur gesunden Normalbevölkerung nicht
verändert, kann jedoch nach großen Operationen oder unter Einnahme von
bestimmten Medikamenten, wie z. B. Sulfasalazin beim Mann vorübergehend zu
einer Verminderung der Fertilität führen.
Da ein Rezidiv der chronisch entzündlichen Darmerkrankung für die Kindes-
entwicklung und/oder den Schwangerschaftsverlauf Risiken bedingen kann, sollte
grundsätzlich eine indizierte remissionserhaltende Therapie unter Berücksichtigung
der Kontraindikationen fortgeführt werden Dies gilt insbesondere für Patienten mit
einem chronisch aktiven Krankheitsverlauf. Aufgrund von Beobachtungsstudien
konnte nachgewiesen werden, dass es unter einer Therapie mit Kortikosteroiden,
Mesalazinen und/oder Sulfasalazinen zu keinem vermehrten Risiko für die
Schwangerschaft bzw. den Fetus kommt. Vielmehr konnte gezeigt werden, dass die
Aktivität der Erkrankung, nicht die Standardmedikation den Schwangerschaftsverlauf
maßgeblich beeinflussen kann.
Obwohl in Tierversuchen ein potenzielles teratogenes Risiko berichtet wurde, ist für
die Immunsuppressiva Azathioprin/6-Mercaptopurin aus Beobachtungsstudien und
Erfahrungen der Transplantationsmedizin kein erhöhtes fetales und maternales
Risiko nachgewiesen.
Bei männlichen Patienten sollte vor geplanter Konzeption Azathioprin/6-Mercapto-
purin mindestens 3 Monate pausiert sein, da ein schädigender Einfluss auf die
Spermiogenese berichtet wurde. Methotrexat als Immunsuppressivum ist für die
schwangere Patientin kontraindiziert, da es teratogen ist und abortiv wirken kann.
Die Therapie mit Biologika (Infliximab, Adalimumab) sollte nur in Ausnahmefällen in
der Schwangerschaft bei schwerem Krankheitsverlauf durchgeführt werden. Auswer-
tungen aus Studien, in denen Patientinnen unter der Therapie mit Infliximab bzw.
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Adalimumab schwanger geworden sind, bzw. Studien, die mit freiwilligen
Schwangeren durchgeführt worden sind, zeigten bisher zwar keine fetalen Risiken,
jedoch ist aufgrund der langen Halbwertszeit der Antikörper nach neuesten Studien
von einer verzögerten oder ausbleibenden Immunantwort auf Impfungen beim Neu-
geborenen auszugehen.
Patientinnen, die eine immunsuppressive Therapie erhalten, sollten postpartum nicht
stillen. Das Stillen unter einer Glukokortikoid-Therapie ist möglich, die Neugeborenen
sollten jedoch engmaschig monitoriert werden
Zusammenfassend ist eine Therapie der Patientinnen in der Schwangerschaft, insbe-
sondere bei chronisch aktivem Verlauf oder akutem Schub, aber auch zur Rezidiv-
prophylaxe unabdingbar, um maternale Schäden und fetale Risiken zu minimieren.
Die Auswahl der geeigneten Therapie sollte immer zusammen mit einem Fach-
spezialisten für chronisch entzündliche Darmerkrankungen zusammen mit dem
Gynäkologen und ggf. dem Pädiater im Team erfolgen.
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Indikationen zur OP bei CED-Patienten
J. Tepel
Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-
Holstein, Campus Kiel
Die Rolle der chirurgischen Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkran-
kungen (CED) ist vor dem Hintergrund neuer ätiologisch-pathogenetischer
Erkenntnisse, der Weiterentwicklung der endoskopischen Diagnostik und Inter-
ventionstechniken und der Innovationen im Bereich der Pharmakotherapie in den
letzten Jahren modifiziert worden. Die operative Behandlung ist eines von mehreren
Instrumenten im interdisziplinären Orchester und so ist die Indikation in
entsprechender Abstimmung zu stellen. Heute können 3 Hauptindikationsgruppen
unterschieden werden: die Behandlung von Komplikationen und Notfällen, Therapie-
refraktärität sowie die Prävention und Behandlung von Neoplasien.
Beim Morbus Crohn stellen Komplikationen (z. B. Fisteln und Stenosen/Strikturen)
und therapierefraktäre Verlaufsformen (z. B. eine terminale Ileitis) die häufigsten
Operationsindikationen dar. Wichtig ist hierbei neben der rein medizinischen Betrach-
tung die Frage, welches Angebot die Chirurgie zur kurz- und langfristigen
Verbesserung der Lebensqualität im Vergleich zur konservativen Therapie machen
kann. So können beispielsweise ca. 60% der Patienten nach einer Ileozökalresektion
mit einem dauerhaften Erfolg rechnen. Ähnliches gilt für symptomatische narbige
Strikturen. Die Minimalisierung des Zugangstraumas durch den Einsatz der Laparo-
skopie und eine darmerhaltende Operationstechnik – wo immer sie möglich und
sinnvoll ist – tragen dazu bei, nachteilige Effekte der chirurgischen Behandlung zu
reduzieren. Bei einer Fistelproblematik werden relative und absolute Indikationen
unterschieden, die sich am Fistelverlauf, den beteiligten Organen und Komplika-
tionen orientieren. Bei einer Gefährdung des Kontinenzorgans besteht unverändert in
vielen Fällen die Indikation zur Anlage eines Deviationsstomas. Als besondere
Subgruppe kann bei einer exklusiven Colitis Crohn auch eine Proktokolektomie mit
ileoanaler Pouch-Rekonstruktion erwogen werden.
19
Für die Colitis ulcerosa besteht die Indikation zur operativen Behandlung über-
wiegend bei einer therapierefraktären/steroidabhängigen Verlaufsform oder bei
drohender oder eingetretener maligner Transformation. Hier wird als Standard eben-
falls eine restaurative Proktokolektomie, in der Regel laparoskopisch durchgeführt.
Fazit: Die operative Therapie bei CED ist interdisziplinär angelegt. Dies gilt im
Besonderen für die Indikationsstellung und die peri- und postoperative medikamen-
töse Behandlung.
20
Management und Überwachung von Hepatitis-Patienten in der Praxis
H. Hinrichsen
Gastroenterologische Schwerpunktpraxis Kiel
Im Vergleich zu den chronischen Hepatitiden sind akute Hepatitiden relativ selten.
Bei symptomatischen Patienten mit Ikterus erfolgt heutzutage häufig eine stationäre
Einweisung. Patienten mit chronischen Lebererkrankungen hingegen weisen in der
Regel einen Krankheitsverlauf über Jahrzehnte auf, sodass das Management und
die Überwachung dieser Patienten eindeutig ambulant zu erfolgen hat. Gerade die
Berufstätigkeit dieser Patienten erfordert die ambulante Betreuung. Die Primär-
diagnostik einer chronischen Erkrankung umfasst neben der Anamneseerhebung,
der körperlichen Untersuchung vor allem Laborparameter und eine Farbduplex-
sonografie. In Einzelfällen ist dann auch noch eine Leberbiopsie zur weiteren
Abklärung erforderlich. Alle Leistungen inklusive der Leberbiopsie können prinzipiell
in der ärztlichen Praxis ambulant durchgeführt werden. Erst bei Patienten im finalen
Stadium der Lebererkrankung (dekompensierte Leberzirrhose) ist eine enge Anbin-
dung der hepatologisch orientierten Praxis an ein Schwerpunktkrankenhaus bzw. ein
Transplantationszentrum erforderlich, um in gemeinsamer Absprache die Patienten
mit ihren schweren Komplikationen zu betreuen. Neben den diagnostischen
Aspekten steht heutzutage aber auch die Therapie der chronischen Leberer-
krankungen im Mittelpunkt. Die Therapie der chronischen Hepatitis-B-Virusinfektion
mit Nukleosid- oder Nukleotidanaloga ist eine ambulante Therapie. Auch der
derzeitige Standard in der Therapie der chronischen Hepatitis-C-Virusinfektion
(pegyliertes Interferon in Kombination mit Ribavirin) stellt eine ambulante Behand-
lung dar. Da die Therapie dieser Infektionskrankheiten stets im Wandel begriffen ist,
ist eine adäquate Therapie nur dann möglich, wenn eine entsprechende Qualifikation
im ambulanten Sektor gegeben ist. Hier kann als Qualifikation die Zertifizierung als
hepatologische Schwerpunktpraxis des Bundesverbandes der niedergelassenen
Gastroenterologen (bng) gewertet werden. Gleichzeitig bieten die Richtlinien der
Fachgesellschaft (DGVS) Leitpfade in der Behandlung dieser chronischen
Virusinfektionen. Lediglich bei Patienten mit weit fortgeschrittener Lebererkrankung
oder bei schweren extrahepatischen Manifestationen oder bei Kontraindikationen für
die Standardtherapie ist dann eine Mitbehandlung in einem qualifizierten stationären
21
Zentrum erforderlich. Nach mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Lebertransplantation
ist inzwischen auch die Betreuung von langzeittransplantierten Patienten in der
hepatologischen Praxis Standard. Gerade die Betreuung der langzeittransplantierten
Patienten weist zahlreiche allgemeininternistische Aspekte auf, die häufig in hoch
spezialisierten Gratulationseinrichtungen nicht adäquat überwacht und behandelt
werden können.
Zusammenfassend ist heutzutage eine ambulante Betreuung von Patienten mit
chronischen Lebererkrankungen sowohl vonseiten der Diagnostik als auch der
Therapie bei qualifizierten Praxen möglich.
22
Neue Therapien bei Hepatitis B und C
S. Zeuzem
Medizinische Klinik I, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt
am Main
Serologisches Ziel einer antiviralen Therapie der chronischen Hepatitis B ist die
Serokonversion von HBeAg zu Anti-HBe bzw. die Serokonversion von HBsAg zu
Anti-HBs. Im Falle einer HBeAg-Minusvariante ist das Therapieansprechen durch
eine dauerhafte signifikante Reduktion der HBV DNA definiert. Zur Behandlung der
chronischen Hepatitis B sind in Deutschland 7 Substanzen zugelassen: Interferon-α
und pegyliertes Interferon-α2a (HBe-Serokonversionsraten 30–40%) und die
Nukleos(t)idanaloga Lamivudin, Telbivudin, Adefovir-Dipivoxil, Entecavir und
Tenofovir (HBe-Serokonversionsraten ca. 15% pro Jahr). Unter der Therapie mit
Nukleos(t)idanaloga können resistente Hepatitis-B-Virusmutanten entstehen.
Virusmutationen, die sich unter einer Therapie mit Nukleosidanaloga (Lamivudin,
Telbivudin, Entecavir) entwickeln, werden durch Adefovir und Tenofovir gehemmt.
Pegylierte Interferone (PEG-IFN), die nur einmal wöchentlich injiziert werden
müssen, haben bei der chronischen Hepatitis B eine höhere Effektivität als Standard-
Interferone. Kombinationsstrategien pegylierter Interferone mit einem Nukleos(t)id-
analogon erbringen bislang keine verbesserten virologischen Ansprechraten.
Die Standardtherapie der chronischen Hepatitis C ist die Kombinationstherapie mit
einem pegylierten Interferon-α und Ribavirin (akute Hepatitis C: Interferon-Mono-
therapie über 24 Wochen). Die heute gültigen Algorithmen werden sich bezüglich der
Therapiedauer weiter individualisieren. Patienten mit einer HCV-Genotyp-1-Infektion
können bei einem langsamen virologischen Ansprechen (d. h. 2 log Abfall zu Thera-
piewoche 12, aber noch nachweisbarer HCV RNA [zwischen 50 und 6000 IU/ml])
von einer Verlängerung der Therapie von 48 auf 72 Wochen profitieren. Andererseits
brauchen HCV-1-infizierte Patienten mit einer niedrigen Viruslast zu Therapiebeginn
(< 600.000 IU/ml besser < 250.000 IU/ml) und fehlendem Nachweis von HCV RNA
bereits zu Therapiewoche 4 nicht länger als 24 Wochen behandelt zu werden.
Möglicherweise sind bei HCV-2- und HCV-3-infizierten Patienten niedrigere Dosen
von pegyliertem Interferon und/oder Ribavirin erforderlich. Patienten mit einer
HCV-Genotyp-2-Infektion oder einer HCV-Genotyp-3-Infektion mit weniger als
23
400.000 IU/ml zu Therapiebeginn und einer Viruslast < 50 IU/ml zu Therapiewoche 4
können mit einer Ribavirin-Dosierung von 1000–1200 mg ohne Beeinträchtigung der
dauerhaften virologischen Ansprechraten für nur 14–16 Wochen behandelt werden.
Die optimale Therapiedauer bei HCV-3-infizierten Patienten mit hoher Viruslast ist
noch nicht geklärt (24–48 Wochen). Mittelfristiges Ziel ist die vollständige Individua-
lisierung der Dauer einer Kombinationstherapie nach HCV-Genotyp, Viruslast und
initialem virologischem Ansprechen sowie dem Fibrosestadium. Zahlreiche Medika-
mente befinden sich aktuell in der klinischen Prüfung und könnten in den kommen-
den Jahren für die Behandlung der chronischen Hepatitis C zugelassen werden.
24
Overlap-Syndrome – Herausforderung in der Therapie
R. Kubitz
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum
Düsseldorf
Die Autoimmunhepatitis (AIH) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Leber
mit bisher ungeklärter Ätiologie. Typisch ist die Trias bestehend aus Autoantikörpern,
einer Hypergammaglobulinämie (v. a. Immunglobulin G) und einer „Interface-
Hepatitis" („Mottenfraßnekrosen"). Unbehandelt kann die AIH zu einer Leberzirrhose
führen. Nicht wenige Patienten mit einer AIH haben zusätzlich klinische, sero-
logische, cholangiografische oder histologische Zeichen einer primär biliären
Zirrhose (PBC) oder einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC). Derartige
Konstellationen werden als Overlap-Syndrome (Überlappungssyndrome) bezeichnet.
Die International Autoimmune Hepatitis Group hat ein Bewertungssystem zur
Vereinheitlichung der Diagnostik der AIH entwickelt (Tab. 1). In diesem Bewertungs-
system verringern histologisch nachgewiesene Gallengangsschäden, als auch das
Vorkommen PBC-typischer AMA-M2-Antikörper die zur Diagnose einer AIH nötige
Punktzahl, sodass durch dieses System die Overlap-Syndrome nicht optimal
abgebildet werden. Für die Diagnose des AIH-PBC-Overlap hat sich das Bewer-
tungssystem von Chazouillères et al. (1998) bewährt (Tab. 2).
Epidemiologie: Die AIH betrifft überwiegend Frauen (80–90%) aller Altersstufen mit
einer Inzidenz von 19/1.000.000 und einer Prävalenz von 116–169/1.000.000 Ein-
wohnern. Überlappungen mit einer PBC werden in 7–14% beschrieben, mit einer
PSC in bis zu 7% und mit einer Autoimmuncholangitis (AMA-negative PBC) in bis zu
11%. Das gleichzeitige Auftreten einer AIH und einer Sarkoidose sowie der AIH und
einer chronischen Hepatitis-C-Virus-Hepatitis (welche selbst eine AIH auslösen kann)
ist möglich, in diesen Fällen sollte jedoch die Bezeichnung „Overlap-Syndrom"
vermieden werden.
AIH-PBC-Overlap: Die AIH und die PBC können beim Overlap in unterschiedlicher
zeitlicher Abfolge auftreten (Poupon et al. 2006). Im Hinblick auf das therapeutische
Vorgehen müssen serologische und histologische Parameter berücksichtigt werden:
25
Finden sich bei Patienten die für die PBC typischen AMA-M2-Antikörper und
histologisch die Charakteristika einer AIH, aber keine Merkmale einer PBC, sollten
die Patienten wie bei klassischer AIH immunsuppressiv behandelt werden. Der
Einsatz einer Steroid-Monotherapie oder einer Kombination aus einem Steroid und
Azathioprin richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und dem Zustand des
Patienten. Ziel der Therapie ist die Normalisierung der Transaminasen und eine
Verbesserung der histologischen Veränderungen. Nach Normalisierung der
Transaminasen (meist innerhalb eines Monats bis 6 Monate) sollte die niedrigste
mögliche Erhaltungsdosis des Steroids eingesetzt werden, entweder als Mono-
therapie oder in Kombination mit Azathioprin oder als Azathioprin-Monotherapie. Ein
Auslassversuch ist frühestens nach (1–)2 Jahren sinnvoll. Eine vorherige Re-Biopsie
ist gerechtfertigt, um jegliche entzündliche Aktivität auszuschließen. Bei zu früher
Beendigung der Therapie ist mit einer hohen Relaps-Rate zu rechnen.
Finden sich AMA-M2-Antikörper und stehen histologisch Veränderungen einer PBC
im Vordergrund („klassische AMA-M2-positive PBC") können die Patienten auch trotz
AIH-typischer Befunde (5-fach über den oberen Normwert erhöhte GPT; 2-fach über
den oberen Normwert erhöhte IgG-Serumkonzentration, positiver ASMA-Titer oder
lobuläre Entzündung in der Histologie) auf eine Ursodeoxycholsäure (UDCA)-Mono-
therapie gut ansprechen mit Verbesserung der Transaminasen und Rückgang der
PBC-typischen IgM-Erhöhung (Joshi et al. 2002). Lassen sich die für die AIH
typischen Histokompatibilitätsantigene HLA-B8, DR3, und DR4 nachweisen, liegt
möglicherweise eine „hepatitische Ausprägung" der PBC vor (Lohse et al. 1999).
Hierbei ist wahrscheinlich die Kombinationstherapie, bestehend aus einem Immun-
suppressivum und UDCA, zum Erreichen einer kompletten Remission erforderlich
(Chazouillères et al. 1998, 2006). Zusammengenommen erscheint beim histolo-
gischen Nachweis PBC-typischer Veränderungen der Verzicht auf eine Immunsup-
pression bei der Initialtherapie gerechtfertigt, um das Ansprechen auf UDCA
einschätzen und Nebenwirkungen der Immunsuppression vermeiden zu können.
Eine weitere Gruppe zeigt histologische Veränderungen einer PBC, serologisch
finden sich jedoch keine AMA-M2-Antikörper, dafür aber anti-nukleäre Antikörper
(ANA) oder anti-smooth-muscle-Antikörper (ASMA). Für diese Konstellation
existieren mehrere Synonyme, z. B. AMA-negative PBC, (Auto-)Immunchol-
26
angiopathie oder (Auto-)Immuncholangitis. Patienten mit AMA-negativem AIH-PBC-
Overlap sprechen schlechter auf Steroide an als Patienten mit AMA-M2-positivem
AIH-PBC-Overlap und führender AIH.
AIH-PSC-Overlap: Patienten mit einem AIH-PSC-Overlap zeigen serologische
Charakteristika einer AIH und gleichzeitig die typischen cholangiografischen
Veränderungen (ERC oder MRC) einer PSC. Steht die Diagnose einer AIH, sollte an
einen Overlap mit einer PSC gedacht werden, wenn ein oder mehrere
Symptome/Befunde hinzukommen: (1) Pruritus, (2) Colitis ulcerosa, (3) Gallengangs-
abnormalitäten in der Histologie, (4) Erhöhung der Cholestaseparameter (AP, GGT),
(5) unzureichendes Ansprechen auf eine immunsuppressive Therapie oder (6) eine
Cholangiografie mit Zeichen der PSC. Umgekehrt sollte bei Patienten mit
diagnostizierter PSC an einen Overlap gedacht werden, wenn erhöhte IgG-Kon-
zentration, positive ANA- oder ASMA-Titer (> 1:40) oder eine Interface-Hepatitis
gefunden werden. Patienten mit einem AIH-PSC-Overlap sind im Durchschnitt jünger
als Patienten mit einer ausschließlichen PSC, meist wird die AIH vor der PSC
klinisch evident.
Zur Therapie von Patienten mit einem AIH-PSC-Overlap gibt es nur wenige Daten.
Eine Monotherapie mit Steroiden führte in einer kleinen Serie zu einem Ansprechen
bei 2 von 9 Patienten. Je deutlicher die Laborwerte eine AIH widerspiegeln (niedrige
AP, hohe Gammaglobulin- bzw. IgG-Spiegel), umso besser ist das Ansprechen. Eine
immunsuppressive Kombinationstherapie, bestehend aus einem Glukokortikoid und
Azathioprin, erscheint wirkungsvoller als die Monotherapie. Die zusätzliche Gabe von
UDCA zeigte in einer kleinen Serie ebenfalls ein besseres Ansprechen als eine
Monotherapie mit einem Glukokortikoid (Gohlke et al. 1996). Die Kombinations-
therapie verbesserte zwar nicht alle biochemischen Marker, dafür scheinen die
Patienten darunter einen stabileren klinischen Verlauf mit besserer Prognose zu
haben als Patienten mit „klassischer" PSC und einer Standard UDCA-Therapie
(Floreani et al. 2005).
Kommt es trotz adäquater Therapie zu einer Progression der Erkrankung und der
Entwicklung einer Leberzirrhose mit ihren Komplikationen, stellt die Lebertransplan-
tation häufig die ultimative Therapie der Overlap-Syndrome dar.
27
Tabelle 1
Parameter Punkte Weibliches Geschlecht +2
Quotient aus AP zu GOT (oder GOT) (jeweils als Mehrfaches des oberen Normwertes)
< 1,5 +2 1,5–3,0 0
> 3,0 -2 Gammglobuline oder IgG (Mehrfaches des oberen Normwertes)
> 2,0 +3 1,5–2,0 +2 1,0–1,5 +1
< 1,0 0 Antikörper-Titer (ANA, SMA, LKM-1)
> 1:80 +3 1:80 +2 1:40 +1
< 1:40 0 AMA-positive -4
Marker für virale Hepatitis Positiv -3
Negativ +1 Einnahme hepatotox. Medikamente
Positiv -4 Negativ +1
Alkoholkonsum < 25 g/Tag +2 > 60 g/Tag -2
Leberhistologie „Interface-Hepatitis" +3 Plasmazellinfiltrate +1
Rosettenphänomen +1 Keine der Veränderungen -5
Gallengangsschäden -3 Andere Schäden -3
Weitere Autoimmun-erkrankungen1 +2
Bei ANA-, ASMA-, LKM1- Negativität2 Nachweis anderer
Autoantikörper +2
HLA-DR3 oder DR4 +1 Therapieansprechen
Komplett +2 Rückfall +3
Bewertung
vor Therapie AIH sicher > 15
AIH wahrscheinlich 10–15 nach Therapie
AIH sicher > 17 AIH wahrscheinlich 12–17
In Anlehnung an Alvarez et al., J. Hepatol. 1999; 31: 934. 1. Autoimmunerkrankung der Indexperson oder
erstgradiger Verwandter. 2. Suche nach weiteren Autoantikörpern und
HLA-DR3/4 nur bei Verdacht auf AIH trotz negativer ANA, ASMA und LKM1.
Tabelle 2
AIH-PBC-Overlap
AIH (2 von 3 Kriterien) GPT > 5 x oberer Normwert Serum-IgG > 2 x oberer Normwert Periportale oder periseptale lymphozytäre Mottenfraßnekrosen
PBC (2 von 3 Kriterien) AP > 2 x oberer Normwert oder GGT > 5 x oberer Normwert AMA-M2 positiv Histologisch floride Gallengangsläsionen
In Anlehnung an Chazouillères et al., Hepatology 1998; 28: 296–301.
28
Transplantation, Leberlebendspende: Was ist möglich?
D.C. Bröring
Transplantationschirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Die Lebertransplantation (LTX) ist als lebensrettende, kurative Therapieoption mit
sehr guten Ergebnissen für Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose, akutem
Leberversagen, Budd-Chiari-Syndrom, hepatozellulärem Karzinom, Gallengangs-
atresie, primär biliärer Zirrhose (PBC), primär sklerosierender Cholangitis (PSC) und
eine Reihe weiterer, seltenerer Indikationen etabliert. Durch beständige
Fortentwicklungen der chirurgischen Techniken und der Behandlungsprotokolle
einschließlich der Immunsuppression konnte die postoperative Mortalität in den
letzten Jahren drastisch reduziert werden, und das durchschnittliche 5-Jahres-
Überleben nach LTX liegt bei 80–90%. Demgegenüber liegt jedoch aufgrund eines
relativen Mangels geeigneter Spenderorgane im Eurotransplantraum die Mortalität
auf der Lebertransplantationswarteliste bei 20%. Neben der weiteren Optimierung
der chirurgischen Techniken und der medizinischen Protokolle stellt daher die
Vergrößerung des Pools geeigneter Spenderorgane eine der entscheidenden gegen-
wärtigen Herausforderungen der Transplantationsmedizin dar. Hierzu spielt auch die
nationale Gesetzgebung (Transplantationsgesetz), welche die Bedingungen zur
Organspende regelt, eine Rolle. Mit der Einführung der Split- und Leberlebend-
transplantation sollte dem Organmangel von ärztlicher Seite entgegengewirkt
werden. Beide Techniken wurden zunächst Anfang der 90er-Jahre entwickelt, um die
schlechte Situation pädiatrischer Lebertransplantationskandidaten zu verbessern. Mit
dem Splitting einer Leber eines erwachsenen Spenders entstehen 2 Transplantate:
ein größeres, welches den rechten Leberlappen plus dem Segment IV enthält, sowie
ein kleineres aus dem linkslateralen Anteil (Segmente II/III) bestehendes Transplan-
tat. Dieses kleinere Transplantat ist aufgrund seiner geringen Größe für kindliche
Empfänger geeignet. Wir konnten in einer eigenen Arbeit zeigen, dass der größere,
für einen Erwachsenen vorgesehene Leberanteil nach Splitting hinsichtlich der
Ergebnisse nach Transplantation äquivalent zu einem Vollorgan ist (Abb. 1). Somit
können durch das Splitten der Leber 2 Empfänger mit geeigneten Transplantaten
versorgt werden. Analog zum Lebersplitting kann bei Kindern eine Leberlebend-
transplantation vorgenommen werden, bei denen Verwandte, in aller Regel ein
Elternteil, den linkslateralen Leberanteil spenden. Das Risiko für den Spender ist
29
dabei minimal und resultiert hauptsächlich aus möglichen medizinisch-perioperativen
(Thromboembolierisiko) und anästhesiologischen Komplikationen. Aufgrund der
kurzen kalten Ischämiezeit und der Tatsache, dass Lebendspender körperlich
gesund sind, resultieren bei dieser Transplantationsform sehr gute Ergebnisse, die
denen der Vollorgantransplantation, der Split- und auch der Reduced-size-Transplan-
tation überlegen erscheinen (Abb. 2). Nichtsdestotrotz hat aufgrund des potenziellen
Risikos für den Spender eine optimalere Nutzung der vorhandenen Ressourcen der
postmortalen Spende hierzulande Priorität. Die Leberlebendspende für erwachsene
Empfänger beinhaltet eine Donorhepatektomie, bei der entweder der rechte Leber-
lappen, oder aber der linke Leberlappen (für Empfänger mit geringerem Gewicht)
entnommen wird. Im Gegensatz zur linkslateralen Resektion im Rahmen der
pädiatrischen Lebertransplantation ist hier von einem deutlich größeren periope-
rativen Risiko für den Spender auszugehen. Nach den weltweit publizierten Berichten
ist von einer Letalität der Spender-Operation von etwa 0,4% auszugehen. Um das
Risiko für den Donor zu minimieren, sind sehr ausgedehnte präoperative
Evaluationsuntersuchungen erforderlich. Auch die peri- und postoperative Phase
setzt ein hohes Maß an Erfahrung voraus. Die Durchführung der Leberlebendspende
sollte daher idealerweise hoch spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben. Die
Indikationen für die Leberlebendspende bei Erwachsenen sind prinzipiell die
allgemein akzeptierten Indikationen zur LTX. Ideal sind jedoch elektive Situationen,
da zum einen für den Spender eine ausreichende Zeit zur Überlegung bleibt, und da
in Notfallsituationen (z. B. akutes Leberversagen, Patienten mit einem MELD
(= Model for End-stage Liver Disease; > 30) nach Leberlebend-LTX schlechtere
Ergebnisse beobachtet worden sind. Am Universitätsklinikum Kiel wird seit 2006 die
Leberlebendspende sowohl für pädiatrische als auch adulte Empfänger regelmäßig
durchgeführt, wodurch dieses Zentrum europaweit als eines der führenden für diese
Transplantationsform angesehen werden kann.
30
Abb. 1: Vergleich des Transplantatüberlebens (Kaplan-Meier-Analyse) von
erweiterten rechten Lappen nach Split-LTX (SLT; n = 70) und Vollorganen (WLT;
n = 70) nach einer Case-Match-Studie bei erwachsenen Empfängern (p = 0,43)
Abb. 2: Vergleich des Transplantatüberlebens (Kaplan-Meier-Analyse) nach
pädiatrischer LTX im UKE Hamburg 2001–2004 (LDLT: Leberlebendspende n = 51;
SPLIT: Splitlebertransplantation n = 79; OLT: Vollorgantransplantation n = 22; RED:
Reduced-size-Transplantation n = 18, Log-Rank-Test; LDLT vs. SPLIT p = 0,2967,
LDLT vs. OLT p = 0,157, LDLT vs. RED p = 0,0186.
31
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden
Prof. Dr. D. Becker Innere Medizin Kreiskrankenhaus Eckernförde Schleswiger Str. 114–116 24340 Eckernförde Prof. Dr. Dr. D.C. Bröring Transplantationschirurgie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel Prof. Dr. U.R. Fölsch Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel Dr. R. Günther Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel PD Dr. J. Hampe Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel PD Dr. S. Hellmig Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel
PD Dr. H. Hinrichsen Internist Gastroenterologische Schwerpunktpraxis Preetzer Chaussee 134 24146 Kiel Dr. T. Holst Innere Medizin Klinik Preetz Am Krankenhaus 5 24211 Preetz Dr. K. Jessen Internist Gastroenterologische Schwerpunktpraxis Goethestr. 11 24116 Kiel Prof. Dr. R. Kubitz Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstr. 5 40225 Düsseldorf Dr. T. Kühbacher Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel PD Dr. A. Meining Innere Medizin II Klinikum rechts der Isar der TU München Ismaninger Str. 22 81675 München Prof. Dr. S. Miehlke Medizinische Klinik und Poliklinik I Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden Fetscherstr. 74 01307 Dresden
32
PD Dr. A. Morgner Medizinische Klinik und Poliklinik I Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden Fetscherstr. 74 01307 Dresden PD Dr. S. Nikolaus Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel Prof. Dr. S. Schreiber Allgemeine Innere Medizin und Klinische Molekularbiologie Christian-Albrechts-Universität Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel Dr. M. Seeger Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel PD Dr. J. Tepel Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel PD Dr. M. Vieth Institut für Pathologie Klinikum Bayreuth Preuschwitzer Str. 101 95445 Bayreuth Prof. Dr. S. Zeuzem Innere Medizin I Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt am Main