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Arbeitshefte 2007 #2 Trommeln, Telegraphen, Tastaturen – EINE ZEITREISE MIT LINGULINA

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Arbeitshefte 2007

#2Trommeln, Telegraphen, Tastaturen –EINE ZEITREISE MIT LINGULINA

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KON TE XIS Arbeitsheft #2 Trommeln, Telegraphen, Tastaturen – eine Zeitreise mit LINGULINA2

Der Philosoph ImmanuelKant (1724-1804), einerder bedeutendsten Denkerder Aufklärung, lebte undarbeitete fast sein gesam-tes Leben lang nur in derStadt Königsberg. Von dortaus kommunizierte er mitden klügsten KöpfenEuropas und äußerte vieleneue Gedanken undAnsichten. Zu seinen Lehr-fächern an der Universitätgehörten neben Logik,Anthropologie, Ethik undTheologie auch Mathema-tik, Physik, Mechanik, Geographie, Pädagogikund Naturrecht. Er steht, ebenso wie viele ande-re Philosophen und Geisteswissenschaftler, diewir aus der Geschichte bereits kennen oder nochkennenlernen werden, dafür, dass lange Zeit dieGeistes- und Naturwissenschaften eine Einheitbildeten. Die Namen von Erfindern, die uns indiesem oder anderen KON TE XIS-Arbeitsheften begegnen, und ihreLeistungen entdeckt man deshalbauch in Schriften über die Gesell-schaft oder in Büchern und Roma-nen.

Wie begeistert wäre ImmanuelKant wohl gewesen, wenn er -statt lange Briefe zu schreibenund oftmals Wochen auf Antwort zu warten -einfach hätte zum Handy greifen können, umschnell mal eben seinen Kollegen, z. B. in Hei-delberg oder Berlin, die neuesten Gedanken zuübermitteln!

Wenn uns heute eine Vielfalt von Klingeltöneneinen Anruf auf dem Handy signalisiert, freuenwir uns auf ein Gespräch oder sind gespannt aufeine aktuelle „Info“. Wir denken überhaupt nichtdarüber nach, dass es ein sehr weiter, oftmalsnicht ganz einfacher Weg gewesen ist, bis dieneuesten Nachrichten über das Handy so ein-fach auszutauschen waren. Dass wir heute rund um die Uhr und nahezuunabhängig davon, wo auf der Welt wir unsbefinden, in gemeinsamen Kontakt treten kön-nen, ist uns selbstverständlich.

Wir sprechen miteinan-der und dies natürlich ambesten, wenn wir diegleiche Sprache verste-hen. Wir senden unsTexte und Bilder – ja,sogar Filme - zu. Undwenn wir es wollen, kön-nen wir uns über Inter-net oder Bildtelefon beimSprechen auch sehen.

Statt Briefe oder Post-karten zu versenden –wer tut das heute schonnoch! - schreiben wir lie-

ber SMS, MMS oder E-Mails. Das ist leichter,bequemer, schneller und kostet auch weniger.Über Satellitensysteme verbreiten sich neueNachrichten in Sekundenschnelle in alle Welt.Radio und Fernsehen sind bei großen Ereignis-sen rund um den Erdball natürlich live dabei.

Alles also Selbstverständlichkeiten, die wir daso umfassend nutzen? Stopp! Ganz so einfachist die Sache denn doch nicht.

Die Errungenschaften der modernen Technik ver-danken wir vielen klugen Köpfen: Entdeckern,Erfindern, Ingenieuren und Tüftlern. Diese warenfasziniert davon, immer neue Methoden zu ersin-nen, um den Menschen, die sich nicht direkttreffen oder sehen konnten, das Miteinander-kommunizieren zu ermöglichen. Kommunikati-on ist die unerlässliche Voraussetzung, um eige-ne neue Ideen in der Gesellschaft zu verbreiten,das Denken anzuregen und die Gedanken sei-ner Mitmenschen aufzunehmen.

Bernd Wishöth

Begriffserklärung

Logik

(griech.: „die denkende Kunst,

Vorgehensweise“).

Die Logik ist die Lehre des vernünfti-

gen Schlussfolgerns. Sie ist sowohl ein

Teilgebiet der Philosophie als auch der

Mathematik und Informatik.

Anthropologie

(griech.: „Mensch“ und „Lehre“), ist

„die Wissenschaft vom Menschen“.

Die einzelnen Fachgebiete dieser Lehre

versuchen eine Erklärung zu geben,

was der Mensch ist.

Ethik

(griech.: „das sittliche (Verständnis)“),

ist ein Teilgebiet der Philosophie. Die

Ethik bezeichnet man auch als „prakti-

sche Philosophie“, da sie sich mit dem

konkreten menschlichen Handeln

befasst.

Theologie

(griech.: „die Lehre von Gott“),

beschäftigt sich mit den Inhalten des

(christlichen) Glaubens und der

Glaubensdokumente, z. B. der Bibel.

Naturrecht,

diesem Begriff liegt die Überzeugung

zugrunde, dass jeder Mensch mit

unveräußerlichen Rechten ausgestattet

ist. Dazu gehören das Recht auf Leben

und persönliche Freiheit.

Zur Einführung

HABE MUT, DICH DEINES EIGENEN

VERSTANDES ZU BEDIENEN.(Immanuel Kant)

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3Fragen, Anregungen & Kritik: [email protected] l www.kontexis.de

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Laute, Rufe oder Schreie für die Nachrichtenübermittlung zu nut-zen, ist naheliegend. Doch haben diese kaum die Reichweite vonTrommelsignalen. Denn wer kann oder möchte schon ständig lautschreien? Aber die Menschen wussten sich bereits vor Jahrtausen-den zu helfen! Sie stellten Rufpostenketten auf. Rekordhalter bezüg-lich der Länge solcher Ketten waren die Römer. Von ihnen wirdberichtet, dass sie innerhalb eines Tages 240 km überbrücken konn-ten, indem eine Nachricht von Mann zu Mann weitergerufen wurde.Erfunden haben die Römer diese Methode allerdings nicht. Sie warbereits vor ihnen bekannt. Doch was geschieht, wenn die Ketteirgendwo unterbrochen wird? Die Information geht verloren. Ein großer Nachteil!

Eine Alternative war die Aussendung vonBoten – zu Fuß oder zu Pferde. Diese Art,Nachrichten zu übermitteln, hat einberühmtes Beispiel: Die Krieger der StadtAthen siegten 490 v. Chr. bei Marathonüber das starke Heer der Perser. Um die-ses glorreiche Ereignis zu verkünden, liefein Bote ohne Pause die ca. 40 Kilometerlange Strecke von Marathon bis Athen.Nachdem er den Athenern den Sieg ihresHeeres verkündet hatte, brach er totzusammen. Die Boten kamen bei weitemnicht immer an ihrem Zielort an. Keinzuverlässiges System zur Nachrichtenüber-mittlung, werdet ihr denken. Und ihr habtRecht!

So musste schon Alexander derGroße (356–323 v. Chr.), der aus-gehend von Makedonien (im heuti-gen Griechenland) ein Riesenheer in Bewe-gung hielt, sich gut überlegen, wie er seine Befehle möglichstschnell und verständlich übermitteln konnte. Er nutzte dafür gewal-tige Signalhörner. Auch später zogen die Heere noch lange mit„Pauken und Trompeten“ in den Kampf.

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Als Telegraphie

bezeichnet man

verschiedene Formen

der Übermittlung

von Texten über

kurze oder weite

Entfernungen.

Im Gegensatz zur

Telefonie wird bei

der Telegraphie nicht

gesprochen, sondern

die Buchstaben oder

Zahlen des Textes

werden mit Hilfe eines

Codes übertragen,

d. h., dass jedem

Buchstaben und jeder

Ziffer ein bestimmtes

(Trommel-)Zeichen

zugeordnet wird.

Die Übertragung

funktioniert gleich-

zeitig nur in eine

Richtung.

Es ruft die Trommel

Vielleicht habt ihr irgendwann einmal zum Geburtstag oder zuWeihnachten eine Trommel bekommen und sie begeistert geschla-gen, weil sie so schön laut war und das Spaß gemacht hat. Sie warfür euch ein Spielzeug, bestenfalls ein Musikinstrument. Aber habendie anderen verstanden, was ihr da getrommelt habt? Sicher nicht!Wann Menschen das erste Mal Trommeln benutzt haben, um Nach-richten zu übertragen und so anderen etwas Wichtiges mitzutei-len, liegt im Dunkel der Geschichte. Tatsächlich zählt das Trom-meln zu den ältesten Kommunikationstechniken der Menschheit.Es entstand die „Trommelsprache“ - eine akustische Telegraphie.Das setzte voraus, dass die Empfänger der Trommelsignale dieseentschlüsseln konnten, die Bedeutung der vereinbarten Zeichengenau kannten. Diese Art der Kommunikation war einst am wei-testen in Afrika verbreitet. Auch heute noch tönen Nachrichten-

trommeln durch Westafrika, Südamerika und Melanesien, demgeografischen Raum von Australien bis nach Neuguinea. Dass damitmehr als nur einfache Nachrichten über-mittelt werden können, schildertein Forschungsbericht über denDuala-Volksstamm in Kame-run: „...Es werden Geschichtenerzählt, Neuigkeiten mitgeteilt,Gesetze bekanntgemacht. Manfragt nach etwas, man ruft, höhnt,schimpft ...“ Die Reichweite die-ser Trommelsignale beträgt etwaanderthalb Kilometer und ist starkvon der Windrichtung abhängig.

AAKKUUSSTT II SSCCHHEE SSYYSSTTEEMMEE

„Nachrichtensprecher“, Boten und Trompeter

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Ein anderes einfaches Hilfsmittel zurÜbertragung von Sprache

übergrößere

Entfernungen ist dasSprachrohr, auch Ruf-

trichter genannt. Dabeikann aber jeder, der sich imÜbertragungsbereichaufhält, mithören. EinRelief aus dem 9. Jh. v. Chr.

zeigt die Verwendungeines solchen Gerätes.

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AAKKUUSSTT II SSCCHHEE SSYYSSTTEEMMEE -- SSPPRREECCHHRRÖÖHHRREE

Die Notwendigkeit der Befehls- und damit Nachrichtenübermitt-lung war es, die zu weiteren Ideen führte, wie und mit welchenHilfsmitteln dies am besten gelingen konnte. So baute man bereits1000 v. Chr. auf Sardinien lange Sprechröhren in die Häuser wohl-habender Bürger ein. Das Prinzip der Sprechröhren beruht auf derTatsache, dass in diesen der Schall gebündelt wird. So kann manz. B. durch eine gerade Sprechröhre über eine Entfernung von knappeinem Kilometer selbst leise Geräusche noch gut hören.Diese Idee war so genial einfach und zuverlässig, dass sie in dennachfolgenden Jahrhunderten weiter genutzt wurde. Bis in das 19. Jahrhundert hinein gab es immer wieder Vorschlä-ge, die menschliche Stimme durch Röhren aus unterschiedlichsten

Materialien zu übertragen. So wurden solche Röhren in Festun-gen, Schlössern und Burgen verlegt, um eine Verständigung übermehrere Räume hinweg zu gewährleisten. Um 1800 baute man in England sogar in geschlossene KutschenSprechröhren ein, die nach außen zum Kutscher führten. Niemandmusste mehr nass werden, wenn er bei Regen oder Schnee demKutscher etwas mitteilen wollte. Ein wenig Zukunftsmusik klang bei dem Plan des Physikers undMathematikers Johann Sigismund Gottfried Huth an, der 1796 vor-schlug, ein ganzes Netz von Sprechröhrenstationen bauen zu las-sen, die er „Telephon“ oder „Fernsprecher“ nannte.

1671 entwickelte der englische Diplomat, Mathematiker und Erfin-der Sir Samuel Morland die Sprachtrompete. Diese Neuheit mach-te sich zunächst die englische Marine zunutze, um sich von Schiffzu Schiff zu verständigen.Auch heute noch nutzt man dieses Prinzip zur Nachrichtenüber-mittlung. Die modernen Sprachrohre - sie heißen Megaphone -

besitzen jedoch elektronische Verstärker. Mit ihnen kann Sprachebis zu einer Entfernung von etwa 300 Metern noch verständlichübertragen werden. Die Bezeichnung „Flüstertüte“ tragen Mega-phone damit wohl nicht zu Unrecht, denn wer sie benutzt, ist weit-hin hörbar, auch wenn er nur „flüstert“.

Nicht „in die Röhre schauen“ - sondern sprechen

Auch heute gibt esnoch Sprechröhren in Schiffen. Sollteneinmal alle elektro-nischen Bordsystemeausfallen, bestehttrotzdem eine zuver-lässige Verbindungzwischen den wichtig-sten Punkten einesSchiffes - der Kom-mandobrücke und dem Maschinenraum.

Auch HirtenverwendetenSprachrohre,um so ganzeinfach ihreweit verstreu-ten Herdenzusammen-zurufen.

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Leuchtet uns ein hel-ler Feuerschein entge-gen, wissen wir nureins: Es brennt. DassFeuer in der Antike je-doch ein wichtigesMittel zur gezieltenNachrichtenübertra-gung war, ist heutekaum noch bekannt.Bei den Völkern desAltertums, besondersGriechen und Persern,gehörten Feuersignalezu den schnellstenMitteln der Nachrich-tenübertragung. Hier-für errichtete maneinst in Griechenland,auf Sizilien, bei den Karthagern (Nordafrika) und den Iberern (heu-tiges Spanien) auf geeigneten Anhöhen Signaltürme. In alten Berich-ten finden sich auch zahlreiche Hinweise auf Signalfeuerschiffe,die vor den Küsten kreuzten. Frühe Auskunft über das zuverlässi-ge Funktionieren der Feuertelegraphie gibt der griechische Dich-ter Aischylos (525–456 v. Chr.) in seinem Drama „Agamemnon“,das vom Kampf um Troja berichtet. Darin schreibt er, dass mitRauch- und Feuerzeichen der Fall der Stadt Troja 1184 v. Chr. erstnach Athos und dann weiter nach Mykene und Argos gemeldetwurde. In mehreren heutigen Versuchen gelang es, dieses Ereignisnachzustellen, indem man 10 Meter hohe Holzstöße, die teilwei-se mit Pflanzenöl übergossen waren, aufschichtete und dann anzün-dete. Tatsächlich sah man bei guten Sichtverhältnissen die Feuernoch in einer Entfernung von 150 bis 200 km lodern.

In der Regel wurden die Feuersignale nur für einfache militärischeKommandos genutzt, z. B. für Aufbruch, Sammeln, Rückzug, Angriffoder als Not- und Alarmsignale.

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Wo Feuer ist, da ist auch Rauch

Aus Filmen und Büchern wisst ihr sicher schon,dass viele nordamerikanische IndianerstämmeRauchzeichen benutzten. Aber wie konnten sie auf dieseWeise gezielt Nachrichten übermitteln? Zunächst ent-fachten sie – möglichst auf einer Anhöhe – ein Feuer undlegten frische oder feuchte Zweige oder Gräser darauf. Miteiner tief darübergehaltenen Decke, die in bestimmten Abstän-den weggezogen wurde, erzeugten sie aufsteigende Wölk-chen. Diese konnten rund oder länglich, länger oder kürzersein und hatten jeweils eine festgelegte Bedeutung. So wurdenMitteilungen über weite Entfernungen schnell weitergegeben. Weraber hat die Signalübermittlung durch Rauchzeichen erfunden? Sogenau lässt sich das nicht sagen, denn auf den unterschiedlichenKontinenten wurde sie von verschiedenen Völkern benutzt. Beson-ders ausgeklügelt ist die Nachrichtenübermittlung durch Rauch-

zeichen bei den Ureinwohnern Austra-liens, den Aborigines. Hier wechseln dieRauchsäulen in Stärke, Gestalt undsogar Färbung. Die Nutzung von Rauch-zeichen ist auch aus dem alten Chinaund dem antiken Europa überliefert.

Mag diese optische Nachrichtenübertra-gung auch weithin sichtbar sein, Nachtei-

le hat sie schon: Stark von Wind undWetter abhängig, bedarf die Weiterlei-tung des Signals immer auch der unbe-dingten Aufmerksamkeit des Empfän-

gers. Und Rauchzeichen sind nicht „abhörsicher“. Schlimmer noch!Aus der Antike sind Berichte bekannt, dass Signale gefälscht wur-den - mit zum Teil verheerenden Folgen für die Empfänger derNachricht. Außerdem: Wer kann in der Nacht schon Rauchzeichenerkennen?

Praktisch konnte das so aussehen, wie es von Philipp V.von Makedonien (238–179 v. Chr.) und dessen Sohn Per-seus überliefert ist: „Durch ein-, zwei- oder dreimaligesAufflammen eines Feuerzeichens hintereinander oderdurch gleichzeitiges Aufflammen von ein, zwei oder dreiFeuerzeichen nebeneinander ließen sie die Befehle zurLandung, Plünderung oder Belagerung an ihre Schiffesignalisieren.“ Ihr Nachrichtenvorrat blieb gering, sie über-mittelten keine Buchstaben oder Worte, obwohl bereitsum 450 v. Chr. die Griechen die Fackelzeichentelegraphieentwickelt hatten. Bei diesem System verfügte der Sen-der über zwei Gruppen (eine linke und eine rechte) mitje fünf Feuerstellen. Der Empfänger besaß eine Tafel, aufder die 24Buchstabendes griechi-schen Alpha-bets in 5 mal5 Reihen auf-

geteilt waren. Mit derlinken Gruppe sig-nalisierte der Senderdie zu lesende Spalte.Die rechte Gruppe gabdie zutreffende Zeile an.

OOPPTT II SSCCHHEE SSYYSSTTEEMMEE -- RRAAUUCCHH-- UUNNDD FFEEUUEERRZZEE II CCHHEENN

Spaltenzahl: 2 Zeilenzahl: 5

Wäre es nicht sehr spannend, einmal selbst auszuprobieren, wie das, z. B.mit Teelichten, funktioniert? Doch Vorsicht! Wegen der Brandgefahr immereinen Erwachsenen als „Assistenten” für das Experiment suchen!

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OOPPTT II SSCCHHEE SSYYSSTTEEMMEE -- FFEEUUEERR UUNNDD WWAASSSSEERR

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Kommunikation mit Feuer UND Wasser

Dass man die Nachrichtenübertragung auch etwas kompliziertergestalten kann, zeigt der Wassertelegraph, der eigentlich Wasser-

Feuer-Telegraph heißen müsste. Er soll um das Jahr 350 v. Chr.erfunden worden sein. Zum Wassertelegraphen gehörten zwei

gleich große Gefäße mit Auslaufhahn, die bis zum Rand mitWasser gefüllt wurden. Durch gleichzeitiges Absenkendes Wasserspiegels in den Gefäßen auf der Sender- undEmpfängerseite wurden Schwimmer bewegt. Auf diesen befand sich jeweils ein Stab mit Markierun-gen, die in gleichmäßigen Abständen angebracht waren.Jede dieser Kennzeichnungen trug eine Beschriftung –

die Nachricht. Diejenige in Höhe der Gefäßoberkan-te war die gültige Nachricht.

Wie funktionierte so ein Wassertelegraph exakt?Beide Schwimmer wurden durch Auffüllen der Gefä-ße mit Wasser in die gleiche Position gebracht,wobei die unterste Markierung des Stabes in Höheder Gefäßoberkante stehen musste. Der Sender kün-

digte dem Empfänger über ein Feuerzeichen das Ablassen von Was-ser an. Dieser, der ja den gleichen Apparat besaß, ließ das Wassersolange abfließen, bis er ein weiteres Feuerzeichen vom Senderempfing: das Signal zum Schließen des Auslaufhahns. Nun konn-

te er die Nachricht vom Stab an der Gefäßoberkante ablesen. Ver-sucht doch selbst einmal, einen Wassertelegraphen nachzubauen.Überlegt euch, in welchen Situationen ihr ihn benutzen könntetund mit welchen Nachrichten der Stab markiert werden soll. DasLicht des Feuers ersetzt ihr am einfachsten durch das Licht einerTaschenlampe.

Auch die Römer kannten Rauch- und Feuerzeichen. Sie hatten einRiesenreich zu verwalten. Deshalb wurde das Straßen- und Nach-richtensystem bestens ausgebaut. So verfügte das Römische Reichbereits um 150 v. Chr. über ein Rauch- und Feuerzeichen-Telegra-phennetz von beachtlichen 4500 km Ausdehnung. Die Römer führ-ten auch die Verschlüsselung von Nachrichten ein. Das gut ausge-baute Straßennetz sowie die mustergültig organisierte Verwaltungtrugen dazu bei, dass wichtige Informationen in Windeseile ver-breitet wurden. Damit besaßen die Römer ein umfassendes Systemder öffentlichen Beförderung von Nachrichten, Gütern und Perso-nen.

Im Jahre 100 v. Chr. waren in dieses System Straßen und Wege miteiner Gesamtlänge von fast 85 000 km einbezogen. So gelang es,Entfernungen von 300 bis 325 km innerhalb von nur 24 Stundenzu überwinden. Da auf längeren Strecken Läufer oder Pferd müdewurden, nutzten die Römer das Relaissystem. An Wechselstatio-nen wurden der Bote oder dessen Pferd ersetzt und es konnte mitHöchstgeschwindigkeit weitergehen.Sind die Römer aber wirklich die Erfinder dieses gut durchdachtenSystems? Nein, dieses Verdienst kommt den alten Ägyptern zu. Siebesaßen schon 2300 v. Chr. ein vergleichbares Relaissystem, umdie aktuellen Wasserstandsmeldungen des Nils so schnell wie mög-lich weiterzuleiten.

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OOPPTT II SSCCHHEE SSYYSSTTEEMMEE -- LL II CCHHTT

Sonne und Mond als Boten

Die Menschen nutzten auch Sonnen- und Mondlicht für die Über-mittlung von Nachrichten. Dabei wurden Spiegel verwendet, dieSonnen- oder Mondlicht in die Richtung eines entfernten Beob-achters reflektierten. Dieser sah bei einer Bewegung des SpiegelsLichtblitze, aus deren Zahl und Abstand er die konkrete Informa-tion entnahm. In der Antike wurden anstelle von Spiegeln blank-geputzte Schilde zur Signalübermittlung benutzt – so ist es erst-malig aus dem Jahre 405 v. Chr. dokumentiert. Was macht man aber, wenn die Sonne von der „falschen Seite“ herscheint?Der berühmte Mathematiker, Physiker und Astronom Carl Fried-rich Gauß (1777-1855) konstruierte im Jahr 1820 ein Gerät, dasmit mehreren drehbaren Spiegeln ausgerüstet war, so dass Son-nenlicht in jede beliebige Richtung gelenkt werden konnte. Gauß

nannte es „Heliotrop“, zu deutsch: Sonnenwen-der. Eine Weiterentwicklung nahm der EngländerHenry Mance vor. Er versah das Gerät 1875 zusätz-lich mit einer Art Fernrohr und konnte so Son-nenblitze von längerer oder kürzerer Dauer – ver-gleichbar mit Morsezeichen – bis auf 100 km Ent-fernung übertragen. Letztlich gehört auch dieMorselampe in den Bereich der Lichttelegraphie– allerdings mit einer eigenen Lichtquelle. Sie wirdnoch heute gelegentlich auf Schiffen eingesetztund besteht aus einem Scheinwerfer, der einendurch einen Reflektor gerichteten Lichtstrahlerzeugt, welcher von einer leicht zu öffnendenund zu schließenden Lamellenklappe im Rhyth-mus der Morsezeichen gesteuert werden kann.

Im 18. Jahrhundert wurde die optische Nachrichtenübermittlungdurch ein neues Verfahren erweitert, das für die nächsten Jahr-zehnte die schnellste Kommunikationsmöglichkeit darstellen soll-te. Im Jahre 1791 entwickelte der französische Techniker und Geist-liche Claude Chappe (1763–1805) zusammen mit seinen Brüdernden „Tachygrafen“ (Schnellschreiber), dessen Brauchbarkeit vorallem von der französischen Armee erkannt wurde. Schon im Jahre1794 waren zwischen Paris und Lille auf einer Strecke von unge-fähr 225 km 22 Telegraphenstationen mit merkwürdigen hohenMasten zu bestaunen. Diese Konstruktionen enthielten hoch obenan der Spitze eine über vier Meter lange, drehbare Vorrichtung(Regulator). An deren beiden Enden befand sich jeweils ein kürze-rer Indikator (Anzeiger), womit verschiedene Positionen eingestelltwerden konnten. Die Verwendung glänzender Anzeigerstäbe sowiedie Betrachtung durch ein Fernrohr erleichterten die Erkennbar-keit der eingestellten Signale. Durch das Anbringen von Leuchtenkonnte – mit Einschränkungen - auch nachts kommuniziert wer-den. Im Stationshaus wurden hierzu über einen Mechanismus aus

Kurbeln, Rollen und Seilen die unterschiedlichen Positionen derRegulatoren und Indikatoren eingestellt. Diese auch Flügeltelegra-phen genannten Einrichtungen boten die Möglich-keit, 196 verschiedene Kombinationen für Buch-staben und Zahlen, aber auch häufig verwendeteWörter und ganze Sätze zu übermitteln. Ein sol-ches Zeichen legte in einer Minute mehr Kilome-ter zurück, als reitende Boten oder Postkutschenin einem Tag schafften.

Keine Windmühlen – Telegraphenstationen!

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RROOHHRRPPOOSSTT

Napoleon Bonaparte (1768-1821) nutzte die Flügeltelegraphenbesonders intensiv. So ließ er z. B. am 10. November 1799 seineMachtübernahme auf diesem Wege in ganz Frankreich verkünden.Auch in England, Dänemark, Schweden, Russland und Deutschlandbaute man ähnliche optische Telegraphenlinien auf. Sie waren zudem Zeitpunkt die modernste Möglichkeit der Informationsüber-

tragung. So brauchte eine Nachricht über die 600 km Entfernungzwischen Berlin und Koblenz nur 15 Minuten. Die Übertragungs-rate lag bei max. zwei bis drei Zeichen pro Minute. Um 1850 gabenFrankreich und Preußen jedoch ihre gesamten optischen Netzewieder auf, denn die elektrische Telegraphie war schon längst „aufder Überholspur“ - und das nicht nur in Europa.

Fast zeitgleich kam man auf den Gedanken, einen Luftstrom zur Nachrichtenbeförderung zunutzen. Diese Idee von der Rohrpost wurde 1853 in London durch den englischen IngenieurJosiah Latimer Clark (1822-1898) praktisch umgesetzt. Gegenstände oder Postsendungenwurden zielgerichtet in kleinen, zylindrischen Behältern mittels Druckluft in abgeschlosse-nen Röhren bewegt. Das funktionierte prima und deshalb entstanden bis zum Anfang des 20.Jahrhunderts in vielen Großstädten riesige Rohrpostanlagen von teilweise mehreren Hunder-ten Kilometern Länge. In Berlin wurde eine solche Anlage ab dem Jahre 1865 aufgebaut. Sieverband mit 400 km Länge nahezu alle damaligen Stadtteile. Abschnitte dieses Systems wur-den sogar noch bis 1977 genutzt.

Signale über Länder und Meere - der Beginn desZeitalters der elektrischen Telegraphie

Aus der Geschichte der Entdeckungen zur Elektrizität

„Zwischen den beiden hat es gefunkt.“ Wenn ihr diesen Satz hört, dann wisstihr sicher auch, was damit gemeint ist: Zwei sind unheimlich verliebt inein-ander. Tatsächlich geht diese Aussage auf eines von vielen merkwürdigen Expe-rimenten zurück, die mit sogenannten „Elektrisiermaschinen“ im 18. Jh. gemachtwurden. Wie das funktioniert, seht ihr auf dem Bild: Eine Frau steht auf einemHocker und lässt sich durch eine solche Maschine statisch aufladen. Wenn sieden Mann küsst, bekommt dieser einen elektrischen Schlag. Vermutlich wirder dieses Ereignis nicht so schnell vergessen!

Eine schnelle Art, ganze Dokumente zu transportieren - Die Rohrpost

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EELLEEKKTTRR II SSCCHHEE TTEELLEEGGRRAAPPHH II EE

Elektrische Telegraphie

Ende des 18. Jahrhunderts entstanden Ideenund Versuche zur elektrischen Nachrichten-übertragung. Sie stützten sich zunächst aufdie gewonnenen Erkenntnisse zu den Geset-zen der Anziehung und Abstoßung elektrischgeladener Körper.

Die Vorzüge elektrischer gegenüber optischen Telegraphen lagenauf der Hand: Nachrichten konnten nun unabhängig von Sicht-verhältnissen, ohne Zwischenstationen und mit nur wenig Perso-nalaufwand schnell und zuverlässig übertragen werden. Der Arztund Erfinder Samuel Tho-mas von Sömmering(1755-1830) schuf imJahre 1809 eine „Drahtkon-struktion“ zur Nachrich-tenübertragung, die sichder elektrochemischen Zer-setzung von Wasser be-diente. Dabei war jedemBuchstaben und jeder Zif-fer ein separater Stromkreiszugeordnet. Als Empfängerdiente ein mit Wassergefülltes Gefäß, in dem sichGoldspitzen befanden, diemit den Buchstaben undden Ziffern von 0 bis 9

gekennzeichnet waren. Mit Hilfe einer Voltaischen Säule (Urformder Batterie; weitere Infos und Experimente dazu im KON TE XIS -Arbeitsheft „Einfach genial – LINGULINA im Reich der Erfinder“)wurde das Wasser durch Anlegen einer Spannung an einen bestimm-

ten Draht – und somitauch an die damit ver-bundene Goldspitze –elektrolytisch zersetzt. ImErgebnis kam es bei demübertragenen Buchsta-ben bzw. der gesendetenZiffer zu einer deutlichsichtbaren Gasentwick-lung. Hierfür benötigteman mehr als 30 isolier-te Drähte. Dieser Riesen-aufwand war ein Grunddafür, dass SömmeringsErfindung keine Anwen-dung in der Praxis fand.

Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und sein junger Kollege WilhelmEduard Weber (1804-1891) arbeiteten an der Herstellung eineselektromagnetischen Telegraphen. Ihr 1833 entwickeltes Gerät„Telegraph“ basierte auf der kurz zuvor von dem dänischen Physi-ker und Philosophen Hans Christian Oersted (1777-1851) entdeck-ten Tatsache, dass elektrische Impulse immer dann erzeugt wer-den, wenn sich ein Draht oder eine Drahtspule in einem Magnet-feld bewegen. Diese Impulse wiederum können über eine Draht-leitung übertragen werden. Als Sender des Telegraphen wurde eine

Spule aus Kupferdraht auf einen Magnetstab gesteckt. Bewegteman diese Spule nun nach oben oder unten, entstanden kurzeStromimpulse.

Als Empfänger dienten ein Spiegel und ein Magnetstab, die aneinem dünnen Draht befestigt waren. Sobald sich der Magnetstabdurch den vom Sender übertragenen elektrischen Impuls in der ihnumgebenden Spule bewegte, veränderte auch der Spiegel seineLage nach links oder rechts.

SENDER

EMPFÄNGER

EMPFÄNGER

SENDER

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Eine interessante Entwicklung vollzog sich in den USA.Vielleicht habt ihr schon einmal vom Morsealphabet gehört, mitdem man mittels Punkten und Strichen oder kurzer und langer Töneeine Nachricht übertragen kann. SeinNamensgeber, SamuelMorse (1791-1872),war kein Techniker – sondern Kunstmaler.Er hatte die Idee, aus Drahtresten, Blech-abfällen und einer Wanduhr einen Telegra-phen zu bauen, dessen Funktionsfähigkeiter 1837 bewies. Das Grundgestell seinesTelegraphenmodells bildete eine Malerstaf-felei. Unter dem an der Oberleiste drehbar

angebrachten Schreibarm lief ein durch ein Uhrwerk bewegterPapierstreifen. Der Schreibarm zeichnete so eine gerade Linie auf.Dieser Arm konnte durch einen an der Mittelleiste installierten

Magneten abgelenkt werden. Im Ergebnisentstand beim Schließen des Magnet-Stromkreises auf dem Papierstreifen eineZackenlinie. Aus diesem Grundaufbau wur-de dann das Morsegerät entwickelt, wel-ches keine Zacken mehr erzeugte, sondernkurze oder lange Markierungen auf demPapierstreifen hinterließ.

Elektro-magnet

KON TE XIS Arbeitsheft #2 Trommeln, Telegraphen, Tastaturen – eine Zeitreise mit LINGULINA12

EELLEEKKTTRR II SSCCHHEE TTEELLEEGGRRAAPPHH II EE

So funktioniert ein Morse-Telegraph: Beim Drücken der Taste wird der Stromkreis des Elektromagneten geschlossen. DieMagnetkraft zieht den drehbar gelagerten Hebel an, wobei der Schreibstift gegen dengleichmäßig vom Uhrwerk bewegten Papierstreifen drückt. Das Lösen der Taste unter-bricht den Stromkreis und die Feder zieht den Stift vom Papier weg: Pause. Kurze Strom-stöße ergeben so auf dem Streifen Punkte, lange erzeugen Striche.Den Ziffern und Zahlen hatte Morse in einem Code bestimmte „Punkt-Strich-Kombinatio-nen“ zugewiesen. Samuel Morse wurde dadurch weltberühmt, dass er 1843 zwischen Washing-ton D.C., der Hauptstadt der USA, und Baltimore eine 60 km lange elektrische Telegraphen-linie einrichtete. Über diese sendete er am 24. Mai 1844 die erste Nachricht: „What hathGod wrought?“. Den dafür benutzten Telegraphen hatte Morses Mitarbeiter Alfred Vail(1807-1859) gebaut. Die amerikanische Öffentlichkeit feierte dieses Ereignis höchst begeistert und schon nachwenigen Tagen erfolgte die Freigabe der Telegraphenstrecke für die Allgemeinheit. DerPreis für ein Morse-Telegramm war mäßig: Vier Buchstaben wurden gegen eine Gebührvon 1 Cent übertragen. Nur ein Jahr später waren die Telegraphenlinien in den USAbereits auf 1455 km Länge angewachsen. Die Ära der elektromagnetischen Telegra-phie hatte begonnen.

Der Telegraphiebetrieb erwies sich schnell als gewinnbringend, waszum weiteren Ausbau der Netze führte und ab 1854 auch Verbin-dungen innerhalb Europas, z. B. nachSkandinavien, die Schweiz, Frankreich,Italien und Großbritannien, ermöglichte.

Nur der Sprung über den Ozean fehltenoch. Deshalb kam der amerikanischeGeschäftsmann Cyrus W. Field (1818-1892) auf die Idee, ein Kabel auf demMeeresgrund des Atlantiks zu verlegen.Am 5. August 1858 wurde eine Verbin-dung zwischen Südwestirland und Neu-fundland hergestellt und mit dem Aus-tausch von Glückwunschtelegrammen

zwischen der britischen Königin Viktoria (1819-1901) und demdamaligen amerikanischen Präsidenten James Buchanan (1791-

1868) in Betrieb genommen.Aber schon im September1858 versagte das Kabel. DieTechniker gaben jedoch nichtauf. Einige Jahre später gelanges dann, sowohl die USA alsauch den südamerikanischenKontinent mittels Seekabeltelegraphisch zu erreichen. Einweiteres Seekabel verlief bisnach Kapstadt (Südafrika).

Kabel verbinden Kontinente

Der Morse-Telegraph

Frühes Modell eines Schreibtelegraphen

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DD II EE EENNTTSSTTEEHHUUNNGG DDEERR TTEELLEEFFOONN II EE

Ein Problem bestand darin, dass der Morsecode nur von Spezialisten beherrscht wurde. Um die Über-mittlung von Nachrichten zu erleichtern, vor allem aber zu beschleunigen, konstruierte 1855 der bri-tisch-amerikanische Erfinder David Edward Hughes (1831-1900) als Weiterentwicklung des Telegra-phen ein Gerät, bei dem auf einer Tastatur Buchstaben, Ziffern und Zeichen direkt eingegeben wer-den konnten. Das Prinzip war einfach: Mittels einer Stanzeinrichtung wurde der Text zunächst aufeinen Lochstreifen geschrieben. Dieser konnte nachfolgend mit sieben Buchstaben pro Sekunde vielschneller als mit Morsezeichen von einer Maschine übertragen werden. Der Vorläufer des Fernschrei-bers war geboren!

Die Tastaturen kommen

Am einfachsten und bequemsten ist es, für die Kommunikation die Sprache zu nutzen – auch über große Ent-fernungen. Erstmals Erfolg damit hatte der deutsche Lehrer Philipp Reis (1834-1874). Im Jahre 1861

konstruierte er eine Vorrichtung zur elektrischen Übertragung von Tönen. Der Sendeteil dieses Gerä-tes war dem menschlichen Ohr nachgebildet. Das aus Eichenholz geschnitzte „Ohr“ versah er miteiner Membran, einem gespannten Häutchen, vergleichbar dem Trommelfell im Gehörgang. Einelektromechanischer Schalter hinter dieser Membran nahm die durch die Sprache verursachtenMembranschwingungen auf und beeinflusste die Stärke des Stroms in einem angeschlossenenStromkreis. Diese Stromschwankungen wurden über Kabel auf den Empfänger übertragen, deraus einer um eine Stricknadel gewickelten Kupferdrahtspule bestand. Diese Anordnung wandel-

te die Stromimpulse wieder in Schallschwingungen um. Obwohl Reis seinen Apparat vor Wissen-schaftlern und Ingenieuren präsentierte, stieß er auf kein nachhaltiges Interesse. Seine Konstruktion

wurde als kuriose Spielerei abgetan.

Erst mit der Patentanmeldung des Taubstummenlehrers und Stimmphysiologen Alexander Graham Bell (1847-1922) am 14. Februar 1876beim US-amerikanischen Patentamt startete das Telefon seinen Siegeslauf als Kommunikationsmittel für alle. Bell stützte sich bei seinerAnmeldung offensichtlich auf die Arbeiten und Erkenntnisse mehrerer andererTechniker und Erfinder, die sich um den Lohn ihrer Mühen betrogen fühl-ten. Daraus resultierten zahlreiche Gerichtsprozesse, die dank gewiefterAnwälte jedoch alle zu Bells Gunsten ausgingen.

Das Telefon von Bell war noch stark verbesserungsbedürftig. Innerhalb kurzer Zeitwurden durch die Arbeit vieler Techniker und Wissenschaftler Übertragungsqualitätund Arbeitsweise der Geräte vervollkommnet. Das Telefon entwickelte sich schnell zu einemtechnischen Gebrauchsgegenstand für das Geschäfts- und Privatleben.

Um Anschlüsse zu mehreren, d. h. wechselnden Sprechpartnernherstellen zu können, mussten die entsprechenden Leitungen ver-bunden werden. So entstanden 1878 dieersten Vermittlungsämter. Die Verbindungs-aufnahme lief folgendermaßen ab: DerFernsprechteilnehmer, nennen wir ihn HerrnMeyer, drehte an seinem Apparat eine Kur-bel – den Induktor – und erzeugte damiteine Wechselspannung, die im Amt am„Klappenschrank“ eine Klappe mit seinerRufnummer herabfallen ließ. Dabei ertön-te ein Klingelzeichen. Vom „Fräulein vomAmt“ wurden nun Herrn Meyers Verbin-dungswünsche entgegengenommen: „HierAmt – was beliebt?“ Herr Meyer erwiderte:

„Wünsche Nummer ... zu sprechen.“ Der erbetene Kontakt wurdeper Hand durch die Verbindung der Leitungen, das sogenannte

„Stöpseln”, hergestellt. Die Erfindung der Wählscheibe und des Heb-drehwählers führten schließlich dazu, dasssich die Teilnehmer selbst verbinden konnten.Lange Reihen von Wählschränken prägten bisin die 80er Jahre des vergangenen Jahrhun-derts das Bild der Telefonsäle in den Ämtern.Da die Hebdrehwähler auch Bewegungen nachoben und unten ausführten, bebte währendder Hauptgesprächszeiten häufig der Fußbo-den dieser Riesenräume und Fehler in der Ver-mittlung traten auf. „Sie sind falsch verbun-den!“, konnte es deshalb mitunter heißen.

In die Ferne sprechen - Die Entstehung der Telefonie

„Das Fräulein vom Amt“ - Der Telefon-Vermittlungsdienst

Fernschreiber

Frühes Telefonmodellnach Philipp Reis

Auch das ist ein „Telefon”

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Unabhängig zu werden von vielen Tausenden Kilometern an Kabelnund Leitungen, war zunächst noch eine Vision. Doch um 1880 war die Zeit reif für die drahtlose elektrische Nach-richtenübertragung. So gelang es dem deutschen Physiker Hein-rich Hertz (1857-1894) mit dem nach ihm benannten „HertzschenOszillator“, 1887/88 elektromagnetische Wellen mit Funken zuerzeugen, diese auszusenden und auch zu empfangen. Als Sender benutzte er zwei lange gerade Drähte, die sich genaugegenüberstanden. Der Abstand der beiden Drahtenden, an denen

jeweils eine größere Metallkugel befestigt war, betrug etwa 1 cm.Diese Drähte wurden mit einer Induktionsspule verbunden, so dasssie elektrisch aufgeladen werden konnten. Da der Abstand zwi-schen den beiden aufgeladenen Metallkugeln sehr gering war, ent-luden sich diese periodisch. Es entstanden elektromagnetischeSchwingungen, die sich „durch die Luft“ fortpflanzten. Den Beweisdafür lieferte ein Empfänger, der aus einem offenen Drahtringbestand, der ebenfalls zwei Metallkugeln enthielt, die im gleichenAbstand wie beim Sender angebracht waren. Immer wenn beim Sender ein Funke übersprang, geschah das Glei-che auch beim Empfänger.

Einen bedeu-tenden Mei-lenstein auf

dem Weg zurdrahtlosen Tele-

graphie setzte der franzö-sische Forscher Edouard Branly (1844 -1940). Er entwickelte 1890einen Empfänger für elektromagnetische Wellen, den sogenann-ten „Kohärer“, der gegenüber dem Drahtring von Hertz wesentlichpraxistauglicher war. Der Kohärer bestand aus einem Glasröhrchen,das locker mit Metallspänen gefüllt war. Empfing nun der Kohä-rer eine Funkwelle, „backten“ die Späne zusammen. Folglich sankder elektrische Widerstand und es konnte ein Strom fließen. Schlugnun ein Klopfer gegen das Glasröhrchen, lösten sich die Späne wie-der voneinander, um bei der nächsten Funkwelle erneut zusam-menzubacken. Der Kohärer erwies sich als nützlich zur Ansteue-rung eines Morseschreibers.

Die zündende Idee, die eine breite Einführung der Funktelegraphieerst möglich machte, hatte der Italiener Guglielmo Marconi (1874-

1937). Er baute eine Funkanlage, die auf derSenderseite einen „Funkeninduktor“ zur Erzeu-

gung elektromagnetischer Wellen nutzte. Auf der Empfängerseiteverwendete er den von Branly konstruierten Kohärer, der mit einerBatterie und einer elektrischen Klingelanlage in Reihe geschaltetwar. Kam ein Funksignal, klingelte es - so einfach! Das war im Jahre1895.Bald konnte Marconi über viele Kilometer hinweg funken, indemer sowohl Sender als auch Empfänger mit einer Antenne versah.Bereits 1901 gelang es ihm, mit Morsezeichen erfolgreich den Nord-atlantik zu überbrücken. Das war die erste transatlantische draht-lose Nachrichtenübermittlung!

Als die Funken übersprangen - Die drahtlose Telegraphie

In der Folgezeit entwickelten Wissenschaftler und Techniker viele neue Geräte und Verfahren zur Funkübertragung.Die erste Sprechfunkverbindung brachte schon 1904 Valdemar Poulsen (1869-1942), ein dänischer Erfin-der und Techniker, mit einem „Lichtbogensender“ zustande. Eine technische Höchstleistung war der Aufbau eines großen Maschinensenders westlich von Berlin, inNauen im Jahre 1906. Mit ihm konnten Funktelegramme bis nach Südamerika übertragen werden. Die ein-stige „Großfunkstelle Nauen“ ist heute als technisches Denkmal zu besichtigen.

Siegeszug der Funktechnik

Im April des Jahres 1912 sank der Luxusdampfer „Titanic“ nach der Kollision mit einem Eisberg imNordatlantik. Die Schiffsfunker sandten SOS–Rufe, die erstmals durch den Äther klangen und unteranderem vom Dampfer „Carpathia“ gehört wurden. Das Schiff eilte zur Unglücksstelle und es konn-ten mehr als 700 Menschen aus den eisigen Fluten gerettet werden. Hätte die „Titanic“ keine Funk-station gehabt, wären wohl alle Passagiere ums Leben gekommen. In Auswertung dieser Rettungs-aktion wurden international verbindliche Regelungen zur Ausrüstung von Schiffen mit Funkstatio-nen in Kraft gesetzt.

Funktechnik rettet Leben

KON TE XIS Arbeitsheft #2 Trommeln, Telegraphen, Tastaturen – eine Zeitreise mit LINGULINA14

Marconi mit seinerFunkanlage

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Dem Berliner Ingenieur Paul Nipkow (1860-1940), der sich 1884ein „Elektrisches Teleskop“ patentieren ließ, gebührt die Ehre, alsErster das Prinzip der Bildabtastung und -zerlegung praktisch ver-wirklicht zu haben. Damit lieferte er eine wichtige Grundlage fürdas Fernsehen. Die nach ihm benannte „Nipkow-Scheibe“ ermög-lichte tatsächlich die Übertragung einfacher Bilder. „Richtiges“bewegtes Fernsehen war das aber noch lange nicht. Auf dem Wege dahin ist unbedingt der deutsche Physiker undNobelpreisträger Karl Ferdinand Braun (1850-1918) zu erwähnen,der 1897 die nach ihm benannte „Braunsche Röhre“ entwickelte.Deren Prinzip: Ein Strahl aus Elektronen erzeugt auf einer fluores-zierenden Fläche helle und dunkle Bildpunkte. Damit war die„Urform“ der Fernsehbildröhre erfunden. Dass ein Bild, welches zei-len- und spaltenweise zusammengesetzt ist, aus hellen und dunk-

leren Punkten besteht, könnt ihr selbst überprüfen. Nehmt einestarke Lupe und schaut da durch einfach mal auf den Fernsehbild-schirm. Einen Riesenschritt voran kam der Physiker Manfred von Ardenne(1907-1997), der 1930 erstmals mittels Braunscher Röhre einevollelektronische Übertragung von Bildern vorführte. Bereits zu den Olympischen Spielen 1936 in Berlin erfolgten stän-dige Fernsehübertragungen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegsließ die Entwicklung der Fernsehtechnik ins Stocken geraten. Erstab 1952 sendete das Fernsehen in Deutschland wieder. Zunächstwurde nur schwarz-weiß gesendet.

In den USA gab es das Farbfernsehen bereits seit 1954, in Deutsch-land erfolgte der Start am 25. August 1967.

Die Übertragungsverfahren für Funk, Rundfunk, Fernsehen undauch die ersten Funktelefone beruhten anfangs auf der direktenUmwandlung akustischer Schwingungen und optischer Signale inelektrische und umgekehrt. Bei diesen Verfahren erschien jedeÄnderung einer Schallwelle entsprechend - „analog“ - in der elek-trischen Schwingung und umgekehrt.Mit der Entwicklung der Computertechnik entstand nun nicht nurdas Internet, sondern es wurde auch möglich, die elektrischenSchwingungen der Nachrichten in die Sprachelemente des Com-puters, d. h. die „Bits“ oder „Digits“, zu übersetzen – die Signalewurden digitalisiert.

Aktuell verschmelzen die Kommunikationstechniken zu komple-xen Systemen. Text-, Sprach- und Bildübertragungsmöglichkeitengehören zur Standardausstattung der Multimediacomputer, fin-den sich aber auch schon im Handybereich. Radio- und Fernsehem-pfang lassen sich bequem integrieren. Allgemein wird unter Mul-timedia die Integration verschiedener Medien, wie Text, Video, Foto,Sprache und Musik, verstanden. Insbesondere Computer bietenzahlreiche Möglichkeiten, diese Elemente zu verbinden.

„Väter“ des Fernsehens

Multimedia bestimmt die Kommunikation von heute und morgen

Hören und Sehen - Die Anfänge des Rundfunks und des Fernsehens

Die ersten Rundfunksender gab es 1920 in den USA. Am 29. Okto-ber 1923 startete der Rundfunk auch in Deutschland. Die Rund-funkgeräte jener Zeit unterschieden sich wesentlich von den heu-tigen. Anfänglich benutzte man, wie im Funkverkehr, Kopfhörer,um eine Sendung zu hören. Und oft war auch gemeinschaftlichesHören angesagt, da die Geräte noch sehr teuer waren.

Höchstwahrscheinlich ist euch das Fernsehen mit seiner Fülle täg-licher Programme wesentlich wichtiger als das Radio. Kennt ihraber auch die „Fernsehpioniere“ – jene unermüdlichen Männer, diemit ihrer Kreativität und ihrem Forscherdrang dazu beitrugen, dasses das Fernsehen überhaupt gibt?

1934-351955

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Alexander der Große übermittelteseine Befehle durchJ) Rauchzeichen F) Trommelsignale R) Signalhörner

Die Nachrichtenübermittlung durch Rauchzeichen war besonders ausgeklügelt beiA) den IndianernU) den AboriginesE) den alten Griechen

Zur Beförderung von Nachrichtenund Gütern besaßen die Römer einSystem. Wie lang war es?C) ca. 14 000 kmG) ca. 53 000 kmN) ca. 85 000 km

Im 18. Jh. wurde welcher Telegraphzur optischen Nachrichtenübermitt-lung entwickelt?D) FlügeltelegraphT) WindmühlentelegraphW) Langstreckentelegraph

Das erste Überseekabel existiertezwischenI) Frankreich und den USAF) Irland und Neufundland P) den USA und Südafrika

Alexander G. Bell meldete 1876 dasPatent an fürS) einen TelegraphenQ) einen Vorläufer des FernsehensU) ein Telefon

Die erste transatlantische drahtloseNachrichtenübermittlung gelangN) G. MarconiV) H. HertzL) J. L. Clark

1930 erfolgte die erste vollelektroni-sche Übertragung von Bildern durchB) einen KohärerK) eine Braunschen RöhreH) einen Maschinensender

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I M P R E S S U M

Herausgeber: Technischer Jugendfreizeit- und Bildungsverein (tjfbv) e.V., Geschäftsstelle: Wilhelmstraße 52 • D-10117 Berlin,

Fon +49(0)30 97 99 13 0, Fax +49(0)30 97 99 13 22, www.tjfbv.de, [email protected]

Redaktion: Thomas Hänsgen (V.i.S.d.P.), Sieghard Scheffczyk, Dr. Carmen Kunstmann

Autor: Bernd Wishöth; Grundschuldidaktische Beratung/Lektorat: StR. Christiane Wishöth; Illustrationen: Egge Freygang; Grafik-Layout: Sascha Bauer

Druck: Möller Druck und Verlag GmbH, Auflage 25.000

KON TE XIS wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie den Europäischen Sozialfonds (ESF).

Dieses Arbeitsheft wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Schreibweise weiblich/männlich:Wir bitten um Verständnis, dass aus Gründen der Lesbarkeit auf eine durchgängige Nennung der weiblichen und männlichen Bezeichnungen

verzichtet wurde. Selbstverständlich beziehen sich alle Texte in gleicher Weise auf Frauen und Männer.

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