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Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer Informationen bei der Unternehmensbewertung Martin Klein

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Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativerInformationen bei der Unternehmensbewertung

Martin Klein

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Monte-Carlo Simulation

und Fuzzyfizierung

qualitativer Informationen

bei der Unternehmensbewertung

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors

der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

(Dr. rer. pol.)

der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

vorgelegt von: Dipl.-Kfm. Martin Klein

aus: Nürnberg

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Erstreferent: Professor Dr. Klaus Henselmann

Zweitreferent: Professor Dr. Wolfram Scheffler

Tag der mündlichen Prüfung: 3. Februar 2011

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Vorwort

Die vorliegende kumulative Arbeit entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als wissen-

schaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Rechnungswesen und Prüfungswesen an der

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Mit abgeschlossener Dissertation

geht für mich auch ein sehr schöner und intensiver Lebensabschnitt zu Ende.

An dieser Stelle möchte ich meinen Dank an all diejenigen richten, die mich bei der

Erstellung der Arbeit tatkräftig unterstützt und begleitet haben. Ganz besonders möchte

ich mich bei meinem Doktorvater und akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Klaus

Henselmann, bedanken. Er gab mir stets wichtige Impulse, die maßgeblich zum Gelin-

gen der Dissertation beigetragen haben. Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Pro-

fessor Dr. Wolfram Scheffler für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Weiterhin würdige ich meine ehemaligen und gegenwärtigen Lehrstuhlkollegen, die mir

eine wichtige Stütze während der Promotionsphase waren. An erster Stelle spreche ich

meiner geschätzten Kollegin Frau Dipl.-Kffr. Elisabeth Scherr für die wertvollen – ins-

besondere fachlichen und methodischen Aspekte betreffenden – Anregungen meinen

Dank aus. Sehr verbunden bin ich auch Herrn Dipl.-jur. oec. Benedikt Fürst. Aufgrund

seiner interdisziplinären Kenntnisse und hilfsbereiten Art bildete er mir ein wichtiges

Rückgrat bei den Formatierungsarbeiten. Des Weiteren sorgten Frau Dipl.-jur. oec. Le-

na Borgwardt, Herr Dipl.-Kfm. Matthias Jepp, Frau Inge Molkenthin und Frau Dipl.-

Kffr. Claudia Schrenker durch ihre stete Hilfsbereitschaft und herzliche Art für ein sehr

angenehmes Lehrstuhlklima. Auch ihnen gilt mein aufrichtiger Dank. Meinen ehemali-

gen Kollegen Herrn Dr. Benjamin Roos, Frau Dr. Susanne Fink und Frau Dr. Andrea

Prinz danke ich für die wertvolle Unterstützung im Rahmen meiner ersten Monate am

Lehrstuhl.

Für die orthografischen Korrekturen der einzelnen Arbeitspapiere und Zeitschriftenbei-

träge möchte ich den studentischen Hilfskräften des Lehrstuhls, insbesondere Frau Ra-

mona Christ, Frau Alexandra Kaiser und Frau Julia Merkl, besonders danken.

Sehr dankbar bin ich auch meinen Freunden. Ohne unsere „abwechslungsreichen Akti-

onen“ und Gespräche wäre ein Gelingen der Arbeit wohl um ein vielfaches schwieriger

gewesen. Zugleich ermöglichten sie mir den zeitweise notwendigen Abstand zur Arbeit.

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Danken möchte ich auch für den moralischen und „kirchlichen“ Beistand, welchen mir

meine Geschwister Stefan und Sonja sowie meine Großmutter Emilie stets entgegen-

brachten.

Besonders herzlicher Dank gebührt abschließend meinen Eltern. Ihre uneingeschränkte,

selbstlose Förderung und ihre liebevolle Unterstützung gaben mir stets einen wichtigen

Rückhalt in manch verzwickter Lage. Sie waren es auch, die mir das Rüstzeug einer

jeden erfolgreichen Arbeit in die Wiege gelegt haben: Fleiß, Ausdauer und Ehrgeiz.

Ihnen sei diese Dissertation gewidmet.

Nürnberg, im Februar 2011

Martin Klein

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Inhaltsübersicht

Abschnitt A: Einführung ............................................................................................... 1

Abschnitt B: Hauptteil ................................................................................................. 19

Abschnitt B.1: Monte-Carlo Simulation und Due Diligence ......................................... 21

Abschnitt B.2: Valuation is fuzzy................................................................................... 47

Abschnitt B.3: Add-In basierte Softwaretools zur stochastischen

Unternehmensbewertung? .................................................................... 137

Abschnitt C: Schluss ................................................................................................... 207

Anhang ......................................................................................................................... 219

Anhang 1: Monte-Carlo-Simulation in der Due Diligence .......................................... 221

Anhang 2: Fuzzy-Set Theorie im Risikomanagement .................................................. 233

Anhang 3: Proaktives Risikomanagement im Mittelstand ........................................... 257

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Abschnitt A

Einführung

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Gliederung

1 Ausgangssituation ........................................................................................................ 5

2 Problemfelder und Zielsetzungen ................................................................................ 8

2.1 Datengewinnung und Teamarbeit: „Monte-Carlo Simulation und Due

Diligence“ ......................................................................................................... 8

2.2 Wissensmanagement und Aggregierung mehrerer qualitativer Risiken:

„Valuation is fuzzy“ ....................................................................................... 10

2.3 Leistungsbeurteilung der Software: „Add-In basierte Softwaretools zur

stochastischen Unternehmensbewertung?“ .................................................... 13

Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 15

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1 Ausgangssituation

Ökonomische Entscheidungen sind abhängig von den erwarteten Erträgen eines potenti-

ellen Zielunternehmens und den darauf einwirkenden Risiken. In deterministischen Be-

wertungsmodellen wird jedoch nur ein Wert – nämlich der mit der höchsten Eintritts-

wahrscheinlichkeit – kalkuliert, d.h. den Ausprägungen aller identifizierten Risikofakto-

ren fällt die Eintrittswahrscheinlichkeit eins zu.1 Bei herkömmlichen Unternehmensbe-

wertungen spiegeln sich somit die Unsicherheiten der einzelnen Größen des Planungs-

modells nicht unmittelbar im Ergebnis wider. Mit anderen Worten, der Bewertungsad-

ressat erhält keine Auskunft über die möglichen Schwankungsbandbreiten und damit die

Eintrittswahrscheinlichkeiten künftiger Risiken.

Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines

Unternehmens wenig geeignet, da die engen Prämissen in der Praxis nicht einmal nähe-

rungsweise gegeben sind. Des Weiteren erlauben die engen Modellprämissen einen

enormen Bewertungs- und Manipulationsspielraum.3 Bei vielen kleinen und mittleren

Unternehmen können zudem aufgrund fehlender Börsennotierung keine Betawerte er-

mittelt werden.4 Nicht zuletzt erscheint die Missachtung unsystematischer Risiken häu-

fig als realitätsfern.5 Die Individualisierung der Risikomenge hat unter diesen Umstän-

den anhand alternativer Methoden zu erfolgen, welche alle auf ein Unternehmen ein-

wirkenden systematischen und unsystematischen Risiken erfassen und aggregieren.

Um den Gesamtumfang der quantifizierbaren Risiken (z.B. Absatzmenge, Rohstoffprei-

se, Personalkosten, etc.) in entsprechenden Risikoprofilen darzustellen, ist der Einsatz

von Simulationsverfahren erforderlich.6 Eine besonders zukunftsbasierte Variante bietet

hierbei die Monte-Carlo Simulation.7

1 Vgl. Reinhart, G./von Bredow, M.: ZWF 2008, S. 834.

2 Vgl. zum CAPM bspw. Henselmann, K./Kniest, W.: Unternehmensbewertung, S. 219-223.

3 Vgl. hierzu Fink, S.: Bewertungsprobleme, S. 219-220 m.w.N.

4 Vgl. zur Bestimmung von Betawerten bspw. Kern, C./Mölls, S.: CF biz 2010, S. 440-448.

5 Vgl. Gleißner, W./Kamaras, E./Wolfrum, M.: Beteiligungen, S. 130-131.

6 Vgl. zu den Simulationsverfahren Henselmann, K./Klein, M./Fürst, B.: CF biz 2010, S. 460-464.

7 Vgl. Henselmann, K./Klein, M.: Der Konzern 2010, S. 352.

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Obwohl die theoretische Beschreibung der Monte-Carlo Simulation bereits seit einigen

Jahren verstärkt in der wissenschaftlichen Literatur Eingang gefunden hat,8 wird das

Konzept in der Unternehmensbewertungspraxis nach wie vor als eine rein wissenschaft-

liche Disziplin mit geringem praktischen Nutzen betrachtet. Insbesondere die noch vor-

herrschende Auffassung, dass die Durchführung einer Simulationsrechnung leistungsfä-

hige Rechnerkapazitäten, eine kostspielige Spezialsoftware und ein vertieftes statisti-

sches Wissen der Mitglieder des Due Diligence Reviews bzw. der Bewertungsexperten

erfordert, gibt deterministischen Varianten – wie den klassischen DCF- und

Multiplikatorverfahren – häufig den Vorrang.9

Der Einsatz von Monte-Carlo Simulationen in der Unternehmensbewertung weist viele

potenzielle Vorteile auf. Sie erlaubt es nämlich die aggregierte Risikomenge eines Un-

ternehmens zu berechnen. Mit deren Kenntnis ist es möglich10

die Prognosesicherheit, d.h. den Umfang möglicher risikobedingter Planabweichun-

gen zu beurteilen,

den Bedarf an Eigenkapital und damit die risikogerechte Finanzierungsstruktur zu

ermitteln,

die künftige Entwicklung der Insolvenzwahrscheinlichkeit einzuschätzen und diese

bei den Kapitalkosten zu berücksichtigen sowie

risikogerechte Kapitalkostensätze (Diskontierungszinssätze) ohne Rückgriff auf das

CAPM abzuleiten.

Zusätzlich ist die Monte-Carlo Simulation besonders geeignet, alternative Unterneh-

mensstrategien zu bewerten. Diese Möglichkeit ist gerade bei Akquisitionen von größter

Bedeutung und macht ihre Anwendung besonders attraktiv.

Um die in einem Zielunternehmen liegenden – systematischen und nicht diversifizierten

unsystematischen – Einzelrisiken aggregieren zu können, müssen diese durch geeignete

Verteilungen beschrieben und dann denjenigen Positionen des Planungsmodells zuge-

8 Vgl. in Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung bspw. Gillenkirch, R. M./Thamm, R.:

WiSt 2008, S. 685-689; Gleißner, W./Wolfrum, M.: M&A Review 2008, S. 343-350; Jödicke, D.:

FB 2007, S. 166-171; Moser, U./Schieszl, S.: FB 2001, S. 530-541; Sureth, C./Nordhoff, D.: DB

2008, S. 305-311.

9 Vgl. bspw. Henselmann, K./Barth, T.: Empirie, S. 21-24.

10 Vgl. bspw. Gleißner, W.: WPg 2010, S. 737-742; Klein, M./Höfner, A.: KSI 2011, S. 5-12.

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ordnet werden, bei denen die Risiken zu wesentlichen negativen oder positiven Planab-

weichungen führen können.

Dennoch bleiben einige Fragestellungen in Zusammenhang mit der Monte-Carlo Simu-

lation offen. Beispielsweise sind viele wertbeeinflussende qualitative Risiken (kulturelle

Unterschiede, Marktstrategien und Managementfähigkeiten, etc.) nicht mit scharfen

Verteilungen bzw. Eintrittswahrscheinlichkeiten, sondern lediglich mit unscharfen

(engl. fuzzy) Termen wie etwa „ausreichend“, „genügend“, „stark“ oder „schwach“ zu

umschreiben. Monetär nicht unmittelbar quantifizierbare Risiken werden – anders als

im vorgelagerten Screening – damit in der Simulation des Planungsmodells nicht oder

lediglich ungenau berücksichtigt.11

Ein Verfahren, welches qualitative Risiken aggregieren kann, stellt die Fuzzy-Set Theo-

rie dar.12

Fuzzy basierte Methoden werden seit Jahren erfolgreich in der Regelungstech-

nik angewendet. Am bekanntesten sind die Regelungen von Staubsaugern, Waschma-

schinen und anderen technischen Anlagen.13

Der Grundgedanke besteht darin, sich die

Möglichkeit der unscharfen Beschreibung von Sachverhalten durch linguistische Vari-

ablen und Terme zunutze zu machen. Dieses Konzept lässt sich auch auf betriebswirt-

schaftliche Fragestellungen übertragen.

Die Vorgehensweise ist dabei mit einem Fuzzy-Regler zu vergleichen, der die vorlie-

genden Eingangsdaten (z.B. qualitative Risikoinformationen über ein Zielunternehmen)

zunächst fuzzyfiziert, also in Zugehörigkeitswerte zu den vorher formulierten linguisti-

schen Termen „übersetzt“, die vorliegenden Informationen in der Fuzzy-Inferenz an-

schließend softwaregestützt aggregiert, d.h. mathematisch zusammenführt und abschlie-

ßend durch eine Defuzzyfizierung in einen quantitativ verarbeitbaren Wert des Pla-

nungsmodells umrechnet.

Eine aussagekräftige Verarbeitung und Aggregierung quantitativer und qualitativer Ri-

siken ist jedoch nur dann möglich, wenn verschiedene Probleme überwunden werden

können.14

11

Vgl. zur Einschätzung qualitativer Faktoren im Screening bspw. Hendel, H.: Bewertung, S. 47-68.

12 Zur allgemeinen Funktionsweise vgl. bspw. Momsen, B.: Wissensmanagement, S. 66-78.

13 Vgl. Guttenberger, S.: ZP 1999, S. 290; Steinmüller, H.: Waschautomaten, S. 155-168.

14 Vgl. Gleißner, W.: Risikomanagement, S. 102.

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Hierzu gehören

die eingeschränkte Datenverfügbarkeit (Notwendigkeit der Datengewinnung),

die Koordination der Teamarbeit (Notwendigkeit zur Zusammenführung verschie-

dener Experteneinschätzungen),

die Speicherung und Nutzung von Branchenwissen (Notwendigkeit eines Wissens-

managements),

das simultane Wirken verschiedener Risikofaktoren (Problem der Aggregierung),

die komplexen Rechenvorgänge (Bedarf an leistungsfähigen Softwaretools).

Der Beitrag zur betriebswirtschaftlichen Forschung, den die vorliegende Dissertation zu

leisten bestrebt ist, stellt Lösungsansätze der eben aufgezeigten Probleme dar, um so die

Vorteile der Monte-Carlo Simulation – insbesondere unter Rückgriff auf die Fuzzy-Set

Theorie und moderne Softwarelösungen – im Rahmen der Unternehmensbewertung

weiter zu untermauern.

Die kumulative Arbeit ist hierzu in drei Abschnitte gegliedert. An die Einführung (A)

schließt sich der in drei Arbeitspapiere untergliederte Hauptteil (B) an. Die Ausführun-

gen enden in Teil C mit einer thesenförmigen und kritischen Zusammenfassung der vor-

gestellten Konzepte, verbunden mit einem Ausblick auf den weiteren Forschungsbedarf.

Der Anhang enthält die in verschiedenen Zeitschriften veröffentlichten Ausschnitte die-

ser Arbeit.

2 Problemfelder und Zielsetzungen

2.1 Datengewinnung und Teamarbeit: „Monte-Carlo Simulation

und Due Diligence“

Die Schritte zur Ermittlung notwendiger Verteilungen wurden in den bisherigen Veröf-

fentlichungen zur stochastischen Unternehmensbewertung noch nicht näher problemati-

siert.

In der Bewertungspraxis sind Verteilungen im Regelfall aufgrund fehlender historischer

Datenpunkte nur schwer ermittelbar oder aufgrund der Instabilität der Datenpunkte

nicht auf die Zukunft fortschreibbar. Eine Due Diligence hat sich daher auch mit der

Frage zu beschäftigen, welcher Verteilung oder Eintrittswahrscheinlichkeit die identifi-

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zierten Risiken folgen. Besondere zusätzliche Probleme tauchen dann auf, wenn die

Mitglieder eines Expertenteams zu unterschiedlichen Verteilungseinschätzungen kom-

men und daher eine Verteilung konstruiert werden muss, welche die Kenntnisse aller

Teammitglieder angemessen berücksichtigt. Die Ermittlung und Zusammenführung von

Verteilungen der wichtigsten Risikotreiber im Rahmen des Due Diligence Reviews lie-

fert dem Entscheidungsträger wichtige Hinweise über die aggregierte Risikoeinschät-

zung der beteiligten Experten.

Das erste, im Mai 2010 erschienene Arbeitspapier „Monte-Carlo Simulation und Due

Diligence“ (in etwas modifizierter Form veröffentlicht in: M&A Review 2010, Heft 7,

siehe Anhang 1) bietet einen Lösungsansatz, wie Verteilungen anhand einer Experten-

befragung ermittelt und anhand einfacher Softwaretools kombiniert werden können.

Damit wird über alle Risikofaktoren hinweg das Ziel erreicht, eine aggregierte Zah-

lungsstromverteilung zu generieren, die die Risikosituation unter Berücksichtigung aller

Expertenmeinungen widerspiegelt.

wesentliche quantitative Risiken in der Planrechnung (aus Risikoinventar)

Due Diligence:

Ermittlung der Verteilungen bzw. Eintrittswahrscheinlichkeiten der relevanten Risiken

hierfür: Befragung mehrerer Experten (modifizierte Delphi-Methode)

computergestützte Aggregierung der verschiedenen Expertenschätzungen(= aggregierte Verteilungen/Eintrittswahrscheinlichkeiten der relevanten Risiken in der Planrechnung)

wesentliche quantitative Risiken in der Planrechnung (aus Risikoinventar)

Due Diligence:

Ermittlung der Verteilungen bzw. Eintrittswahrscheinlichkeiten der relevanten Risiken

hierfür: Befragung mehrerer Experten (modifizierte Delphi-Methode)

computergestützte Aggregierung der verschiedenen Expertenschätzungen(= aggregierte Verteilungen/Eintrittswahrscheinlichkeiten der relevanten Risiken in der Planrechnung)

Abb. 1: Prozessschritte zur Ermittlung der Risikosituation einzelner Plangrößen unter

Berücksichtigung aller Expertenmeinungen

Das Arbeitspapier beschreibt hierzu zunächst grundlegende Vorarbeiten, um aus einem

erstellten Risikoinventar mehrwertig zu formulierende Wert- und Risikotreiber ableiten

zu können. Anschließend wird die Frage beantwortet, wie durch eine Modifizierung der

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klassischen Delphi-Methode aus den identifizierten Risiken – trotz unterschiedlicher

Experteneinschätzungen – geeignete Verteilungen für das Planungsmodell konstruiert

werden können (vgl. Abb. 1).

2.2 Wissensmanagement und Aggregierung mehrerer qualitativer

Risiken: „Valuation is fuzzy“

Stochastische Planungsmodelle berücksichtigen in der Regel nur quantitative Einfluss-

faktoren, die Auswirkungen auf einzelne monetäre Größen des Planungsmodells haben.

Erfolgskritische qualitative Größen – wie bspw. die Mitarbeitermotivation, die akquisi-

tionsbedingte Abwanderungsgefahr und Kulturunterschiede – fließen hingegen nicht

unmittelbar als monetäre Messgröße in die Planrechnung ein und können somit auch

nicht simuliert werden. Unsystematische Risiken werden dadurch häufig nur mangelhaft

erfasst. Bisher versucht man dieses Problem mit Risikokomponentenansätzen zu lösen.

Bei diesen Methoden sind zur Ermittlung der Kapitalkosten Risikozuschläge zum risi-

kofreien Zins zu definieren, die zwar weitgehend subjektiv, dafür aber unter Einbezie-

hung unternehmensspezifischer, ideosynkratischer Risiken (Kundenstruktur, Prozesse,

etc.) erhoben werden.15

Häufig erfolgt die Schätzung der Eigenkapitalkosten unter An-

wendung von Scoring-Verfahren, indem unternehmensspezifische Risiken identifiziert

und anschließend einer subjektiven Bewertung durch Experten unterzogen werden.16

Diskutiert werden des Weiteren pauschale Zuschläge für eine geringe Größe (erhöhtes

Insolvenzrisiko) und für eine fehlende Börsennotierung (erhöhtes Wiederverkaufsrisi-

ko).17

Je nach Abschneiden wird das Zielunternehmen dann einer bestimmten Risikoklasse

zugeordnet, die wiederum einen bestimmten Risikozuschlag zum risikofreien Zins be-

wirkt.18

Bekannte Methoden sind die Verfahren der Boston Consulting Group (BCG)

und von Fuqua Industries.

15

Vgl. Henselmann, K./Kniest, W.: Unternehmensbewertung, S. 215.

16 Vgl. Pfister, C.: Kapitalkosten, S. 221.

17 Vgl. Gampenrieder, P./Behrendt, A.: UM 2004, S. 85-91.

18 Vgl. Rebien, A.: Kapitalkosten, S. 112.

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Der Ansatz der Boston Consulting Group sieht sechs Hauptrisikofelder vor, welchen

nach einem umfangreich durchgeführten Review jeweils eine Ausprägung zwischen

1 (geringes Risiko) und 5 (sehr hohes Risiko) zuzuordnen ist. Durch die Kombinati-

on mehrerer Einzelkriterien kann so eine mehrdimensionale Risikobewertung

durchgeführt werden.19

Der Ansatz von Fuqua Industries sieht ein Kriterienraster mit 14 qualitativen Risi-

koelementen vor, denen Werte zwischen 1 (niedriges Risiko) und 5 (hohes Risiko)

zuzuordnen sind. Dabei handelt es sich um jene Risikoelemente, die aus Sicht des

Bewertenden für die Erfassung der Risikosituation eines Unternehmens bedeutend

sind.20

Beide Verfahren haben den Nachteil, dass die Schätzungen pauschal vorgenommen

werden. Sofern die Zusammenhänge der qualitativen Einflussgrößen nicht eindeutig

bekannt sind – bspw. durch vorliegende empirische Untersuchungen – lässt sich der

Risikozuschlag nur näherungsweise und weitgehend subjektiv bestimmen.21

Die Objektivität kann aber durch einen strukturierten Bewertungsprozess sowie durch

quantitative Belege für die qualitativen Kriterien gesteigert werden.22

Zudem verringert

eine strukturierte Darstellung aller Einflussgrößen die Gefahr, dass Risiken doppelt er-

fasst werden.23

Folglich ist ein qualitatives Bewertungsverfahren zu entwickeln, welches auch die Zu-

sammenhänge der Einflussfaktoren betrachtet und somit die vielfältigen Abhängigkeits-

beziehungen zwischen den einzelnen qualitativen Risiken berücksichtigt. Außerdem ist

es notwendig, die Zusammenhänge zwischen den Einflussfaktoren und den betroffenen

Größen des Planungsmodells darzustellen und in eine monetäre Bewertung zu überfüh-

ren. Um Subjektivität und die Doppelerfassung von Risiken zu vermeiden, ist ein um-

fassendes Wissensmanagement erforderlich. Ohne ein systematisches Wissensmanage-

ment kann keine stetige Weiterentwicklung und Anpassung des unscharfen Wissens in

Bezug auf eine Branche erfolgen, sodass für jeden Bewertungsvorgang – mit entspre-

19

Vgl. Faust, M.: Eigenkapitalkosten, S. 213.

20 Vgl. hierzu und im Folgenden ausführlich Bufka, J./Schiereck, D./Zinn, K.: ZfB 1999, S. 115-131.

21 Vgl. Henselmann, K./Kniest, W.: Unternehmensbewertung, S. 217.

22 Vgl. Behringer, S.: Unternehmensbewertung, S. 171.

23 Vgl. Henselmann, K.: Unternehmensrechnungen, S. 141.

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12

chend großem Aufwand – die Informationen neu zu erheben sind. Damit wird zugleich

die Chance versäumt, über mehrere Bewertungsvorgänge hinweg ein stabiles und lern-

fähiges Netzwerk mit allen Risikofaktoren und deren Abhängigkeiten zu entwickeln,

dessen Informationen zentral hinterlegt und für mehrere Bewertungen genutzt werden

können.

Das zweite, Ende Dezember 2010 erscheinende Arbeitspapier „Valuation is fuzzy“ bie-

tet einen Lösungsvorschlag, welcher diese Anforderungen berücksichtigt (ein Auszug

hieraus wurde in leicht modifizierter Form veröffentlicht in: Controlling – Zeitschrift

für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung 2010, Heft 12, siehe Anhang 2). Durch

das Konzept gelingt es, mittels Rückgriffs auf ein wissensbasiertes System sowie einer

einfachen Softwarelösung qualitative Risikofaktoren, die auf eine Plangröße wirken, zu

identifizieren, entsprechende Zusammenhänge mit anderen Einflussgrößen aufzudecken

und anschließend mit Hilfe der sog. Fuzzy-Inferenz zu aggregieren.

wesentliche, auf die Planrechnung wirkenden qualitative Risiken

(aus Fuzzy Business Risk Model, abgeleitet aus Wissensbasis)

Due Diligence:

Bewertung (Fuzzyfizierung) und Aggregierung der relevanten qualitativen Risiken

zu einer unscharfen Risikomenge

hierfür: Befragung mehrerer Experten (modifizierte Delphi-Methode)/

Rückgriff auf die in der Wissensbasis gespeicherten Daten;

computergestützte Zusammenführung der Expertenmeinungen (Fuzzy-Inferenz)

computergestützte Defuzzyfizierung der aggregierten Expertenschätzungen(= Umrechnung der unscharfen Risikomenge in eine scharfe Wahrscheinlichkeitsverteilung)

Einbindung in die Monte-Carlo Simulation

wesentliche, auf die Planrechnung wirkenden qualitative Risiken

(aus Fuzzy Business Risk Model, abgeleitet aus Wissensbasis)

Due Diligence:

Bewertung (Fuzzyfizierung) und Aggregierung der relevanten qualitativen Risiken

zu einer unscharfen Risikomenge

hierfür: Befragung mehrerer Experten (modifizierte Delphi-Methode)/

Rückgriff auf die in der Wissensbasis gespeicherten Daten;

computergestützte Zusammenführung der Expertenmeinungen (Fuzzy-Inferenz)

computergestützte Defuzzyfizierung der aggregierten Expertenschätzungen(= Umrechnung der unscharfen Risikomenge in eine scharfe Wahrscheinlichkeitsverteilung)

Einbindung in die Monte-Carlo Simulation

Abb. 2: Prozessschritte zur Einbindung qualitativer Risiken in die Monte-Carlo Simulation

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Abschließend wird eine Umrechnung des qualitativen Risikopotentials einer Plangröße

in eine quantifizierbare Verteilung vorgenommen und ins stochastische Planungsmodell

eingebettet. Anders als bei den oben aufgezeigten Ansätzen erfolgt in der finalen Ziel-

setzung zur Abbildung der systematischen und unsystematischen Risiken somit kein

Zuschlag zum risikofreien Zins, sondern eine Zurechnung zu den Zahlungsüberschüssen

im Planungsmodell. Gleichwohl können aus dem so entstehenden Risikoprofil (Zah-

lungsstromschwankungen zum Erwartungswert) periodenspezifische Kapitalkostenzu-

schläge abgeleitet werden.24

Aufbauend auf den allgemeinen Grundlagen wird hierfür zunächst ein Fuzzy Business

Risk Model zur Identifizierung der wesentlichen qualitativen Risiken entwickelt. An-

schließend wird aufgezeigt, wie ein wissensbasiertes System zur Identifikation und Be-

wertung dieser Erfolgsfaktoren im Rahmen des Due Diligence Reviews wesentlich bei-

tragen und mit der Fuzzy-Set Theorie verknüpft werden kann. Darauf aufbauend erfolgt

eine Erläuterung, auf welche Weise die aggregierten qualitativen Risikoinformationen

unter Rückgriff auf entsprechende Softwarelösungen in ein stochastisches Planungsmo-

dell zur Ableitung von Risikoprämien überführt werden können.

2.3 Leistungsbeurteilung der Software: „Add-In basierte

Softwaretools zur stochastischen Unternehmensbewertung?“

Die jüngsten technologischen Entwicklungen erlauben, dass komplexe stochastische

Modelle unter Rückgriff auf vertraute Tabellenkalkulationsprogramme erstellt und si-

muliert werden können. Preiswerte Softwaretools, die als Add-Ins zu bekannten

Spreadsheets geladen werden, bieten über die eigentliche Berechnung hinaus eine Viel-

zahl unterschiedlichster Features, um den Due Diligence Review und den stochastischen

Bewertungsprozess auf allen Stufen zu vereinfachen und die Ergebnisse anschaulich für

die weitere Risikoanalyse aufzubereiten. Des Weiteren müssen sich die Add-Ins dazu

eignen, die unter Kap. 2.1 und 2.2 vorgestellten theoretischen Konzepte in der Bewer-

tungspraxis verwirklichen zu können.

Zielsetzung des dritten, im Juli 2010 erschienenen Arbeitspapiers „Add-In basierte

Softwaretools zur stochastischen Unternehmensbewertung?“ ist es folglich, einen um-

24

Vgl. zur Risikozuschlags- und Sicherheitsäquivalentmethode Gleißner, W.: WPg 2010, S. 742.

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fassenden Überblick zu geben, inwieweit die Monte-Carlo Simulation zur Unterneh-

mensbewertung rechnergestützt möglich ist (ungekürzt als zweiteiliger Beitrag veröf-

fentlicht in: Corporate Finance biz 2011, Heft 1 und Heft 2 sowie in Teilausschnitten

veröffentlicht in: Zeitschrift für Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung 2011, Heft

1, siehe Anhang 3). Hierzu wird – aufbauend auf einem theoretischen Konzept – die

Leistungsfähigkeit vier marktführender Softwaretools (@Risk, ModelRisk, Crystal Ball

und Risk Solver) näher untersucht.

Der Beitrag beschäftigt sich zunächst mit der Frage, welche Möglichkeiten die jeweili-

gen Programme bieten, um in der Due Diligence entdeckte Risiken im Planungsmodell

mit entsprechenden Verteilungen bzw. Eintrittswahrscheinlichkeiten zu hinterlegen.

Hierzu werden auch bewertungsspezifische Anforderungen an das Probability Manage-

ment vorgestellt und geprüft. Des Weiteren wird diskutiert, inwieweit es gelingt, Ab-

hängigkeitsbeziehungen zwischen den Risikovariablen des DCF-Modells zu berücksich-

tigen. Anschließend werden die Analysierbarkeit der aus der Simulation resultierenden

Ergebnisse sowie die Limitationen der Softwaretools aufgezeigt. Basierend auf dem

synoptischen Softwarevergleich wird abschließend die Frage beantwortet, welche Add-

Ins sich für die stochastische Unternehmensbewertung unter Kosten-/Nutzenaspekten

besonders gut eignen.

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Literaturverzeichnis

Behringer, S. (Unternehmensbewertung): Unternehmensbewertung der Mittel- und

Kleinbetriebe – Betriebswirtschaftliche Verfahren, 4. Aufl., Berlin 2009

Bufka, J./Schiereck, D./Zinn, K.: Kapitalkostenbestimmung für diversifizierte Unter-

nehmen, in: ZfB 1999, S. 115-131

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19

Abschnitt B

Hauptteil

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20

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21

Abschnitt B.1

Monte-Carlo Simulation und Due Diligence

Ein methodischer Ansatz zur computergestützten Aggregierung

von Wahrscheinlichkeitsverteilungen aus Expertenbefragungen

veröffentlicht als:

Working Paper in Accounting Valuation Auditing Nr. 2010-5

abrufbar unter: http://hdl.handle.net/10419/32770 (12.11.2010)

in leicht modifizierter Form veröffentlicht in:

M&A Review 2010, Heft 7, S. 358-366

Titel: „Monte-Carlo-Simulation in der Due Diligence“

(mit Klaus Henselmann, siehe Anhang 1)

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23

Gliederung

1 Einleitung ................................................................................................................ 25

2 Monte-Carlo Simulation ......................................................................................... 25

2.1 Grundlagen ..................................................................................................... 25

2.2 Anforderungen an das einzusetzende Softwaretool ........................................ 27

3 Grundlegende Vorarbeiten ...................................................................................... 28

3.1 Planung der Due Diligence und Teamzusammenstellung .............................. 28

3.2 Erstellung eines Risikotableaus ...................................................................... 29

4 Ermittlung zugehöriger Verteilungstypen im Due Diligence Prozess .................... 31

4.1 Datenerhebungsvarianten ............................................................................... 31

4.2 Argumente für eine Expertenbefragung ......................................................... 32

4.3 Heranzuziehende Verteilungstypen ................................................................ 33

4.4 Erhebungsschritte ........................................................................................... 34

4.4.1 Risikoworkshop .................................................................................. 34

4.4.2 Modifizierung der Delphi-Methode ................................................... 36

4.4.3 Einzelinterviews ................................................................................. 37

4.4.4 Auswertung der Einzelinterviews ...................................................... 39

4.4.5 Rückkopplung .................................................................................... 39

4.4.6 Computergestützte Aggregation ......................................................... 39

5 Zusammenfassung................................................................................................... 44

Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 45

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25

1 Einleitung

Im Rahmen der klassischen Unternehmensbewertung - sei es nun für den Akquisitions-

oder für den Rechnungslegungsprozess (z. B. Beteiligungsbewertung) - werden mehr-

wertige Zukunftsszenarien frühzeitig zu einem kaum mehr nachvollziehbaren Erwar-

tungswert verdichtet oder finden allenfalls in einfachen Sensitivitätsanalysen Berück-

sichtigung. Dies liegt insbesondere darin begründet, dass die Schritte zur Ermittlung

notwendiger Verteilungen in den bisherigen Veröffentlichungen zur stochastischen Un-

ternehmensbewertung noch nicht näher problematisiert wurden.1 In der Bewertungspra-

xis sind diese Verteilungen im Regelfall aufgrund fehlender oder sehr instabiler histori-

scher Datenpunkte nur schwer ermittelbar bzw. nicht auf die Zukunft fortschreibbar.

Der folgende Beitrag beschäftigt sich daher mit der Frage, wie die Ermittlung und

Aggregierung von Verteilungen für die Monte-Carlo Simulation im gewöhnlichen Due

Diligence Prozess computergestützt berücksichtigt werden kann.

In Abschnitt 2 werden hierzu zunächst die Funktionsweise der Monte-Carlo Simulation

und die notwendigen Anforderungen an das einzusetzende Softwaretool aufgezeigt.

Anschließend wird ein Ansatz vorgestellt, wie die Verteilungen der wichtigsten Wert-

und Risikotreiber im Due Diligence Prozess computergestützt zu ermitteln sind. Der

Beitrag schließt mit einer Zusammenfassung und kurzen Würdigung der hier gewonne-

nen Erkenntnisse.

2 Monte-Carlo Simulation

2.1 Grundlagen

Eine mehrwertige Unternehmensbewertung kann wahlweise mit analytischen oder si-

mulationsbasierten Verfahren durchgeführt werden. Da jedoch eine mathematisch-

analytische Darstellung mit zunehmenden Umfang und Komplexität des Bewertungs-

modells sehr schnell zu erheblichen Schwierigkeiten bzw. Mehraufwendungen führt,

sind vorrangig die simulativen Vorgehensweisen, zu welcher die Monte-Carlo Simulati-

on zählt, für die betriebswirtschaftliche Bewertungspraxis von besonderem Interesse.

1 Vgl. bspw. Gillenkirch, R. M./Thamm, R.: WiSt 2008, S. 685-689; Gleißner, W./Wolfrum, M.:

MA&R 2008, S. 343-350; Jödicke, D.: FB 2007, S. 166-171; Moser, U./Schieszl, S.: FB 2001,

S. 530-541.

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26

Abb. 1: Prozessschritte einer Monte-Carlo Simulation

Das Bewertungsverfahren auf Basis einer Monte-Carlo Simulation kann allgemein mit

folgenden Schritten beschrieben werden (vgl. Abb. 1):2

Suchen derjenigen mit Unsicherheit behafteten Inputgrößen X im Planungsmodell

(Business Risk Model), die einen entscheidenden Einfluss auf den Unternehmens-

wert aufweisen (bspw. Absatzmengen und Rohstoffpreise);

Schätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die unsicheren Inputgrößen;

Erzeugung der Ergebnisverteilung durch multiple Berechnung der interessierenden

Zielgröße mit Hilfe simulationsbasierter Softwareprogramme;

2 Vgl. hierzu auch Bleuel, H. H.: Controlling 2006, S. 371-378; French, N./Gabrielli, L.: Journal of

Property Investment & Finance 2005, S. 76-89; Günther, T./Smirska, K./Siemann, F./Weber, S.: Con-

trolling 2009, S. 48-56.

Wahrscheinlichkeitsverteilungen der risikobehafteten Modellvariablen Xi

Erzeugung der Stichprobenwerte xij nach der

Monte-Carlo Methode für alle zu stochastisierenden

Modellvariablen Xi (z. B. DCF-Modell) im Simulationslauf j

Eingabe der erzeugten Stichprobenwerte xij in das Modell

Berechnung des j-ten Ergebnisstichprobenwertes (EDV-gestützt)

Wiederholung

der Simulations-

läufe j

X1 X2

…..

X3 Xn X4

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27

Ableitung von Erwartungswert sowie statistischen Momenten höherer Ordnung

(Standardabweichung als zweiseitiges Risikomaß, Schiefe, Wölbung, etc.) zur Of-

fenlegung des aus der Übernahme resultierenden Chancen-/Risikoprofils.

Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die Schätzung der Wahrschein-

lichkeitsverteilungen für die unsicheren Inputgrößen speziell im Due Diligence Prozess.

2.2 Anforderungen an das einzusetzende Softwaretool

Zur Durchführung der Simulationen ist am Markt eine zunehmende Anzahl von Soft-

warelösungen verfügbar. Neben teueren Komplettlösungen eignen sich für das hier vor-

gestellte Konzept auch einfache, kostengünstige Tools, die als Add-ins für gängige Ta-

bellenkalkulationsprogramme wie bspw. Microsoft Excel entwickelt wurden und daher

auch auf herkömmliche Planungsmodelle anwendbar sind. Bereits vorhandene und in

der Unternehmensbewertung bewährte Tabellenkalkulationen können somit weiterhin

genutzt werden.

Um jedoch Verteilungen, die von unterschiedlichen Mitgliedern des Due Diligence

Teams vorgeschlagen werden, zusammenführen zu können, muss das jeweilige Soft-

wareprogramm sowohl die in der Due Diligence vorgeschlagenen Verteilungen unter-

stützen als auch über ein solches „Aggregationsfeature“ verfügen.

Abb. 2 enthält eine Liste bekannter Softwareprogramme, die aufbauend auf einem gän-

gigen Tabellenkalkulationsprogramm deterministische Planungsmodelle mehrwertig

simulieren können. Alle Programme verfügen u. a. über die Möglichkeit, relevante

Wert- bzw. Risikotreiber mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu

unterlegen.3

3 Ein detaillierter Softwarevergleich findet sich in der Arbeit von Klein, M.: Softwaretools.

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28

Produktname Hersteller Website

@Risk 5.5 Palisade www.palisade.com

RiskSolver 9.5 Frontline Systems www.solver.com

Crystal Ball 11.1 Oracle www.oracle.com

ModelRisk 3.0 Vose Software www.vosesoftware.com

Abb. 2: Add-in basierte Softwaretools

Die jeweiligen Add-ins selbst weisen darüber hinaus unterschiedliche Features auf, um

die gewonnenen Ergebnisse bspw. auch entsprechend graphisch oder statistisch aufzu-

bereiten. Zur Aggregierung von im Due Diligence Prozess prognostizierten Verteilun-

gen eignen sich einige dieser Programme besonders gut.

Die Erhebung und computergestützte Kombinierung von Verteilungen ist ein wesentli-

cher Bestandteil der nachfolgend aufzuzeigenden Erweiterung des klassischen Due Di-

ligence Prozesses.

3 Grundlegende Vorarbeiten

3.1 Planung der Due Diligence und Teamzusammenstellung

Die Offenlegung der Unsicherheitsdimension in der Unternehmensbewertung erfordert

eine Vielzahl zu erfassender Daten, die das Chancen/ Risikoprofil des Unternehmens-

kaufs bestmöglich widerspiegeln sollten.

Page 38: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

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Abb. 3: Phasen der Due Diligence

(in Anlehnung an Kulhavy, H./Unzeitig, E.: UM 2004, S. 445.)

Das explizite Ziel des „klassischen“ Due Diligence Prozesses besteht darin, über den zu

erwerbenden Geschäftsbereich bzw. über das zu erwerbende Unternehmen möglichst

detaillierte Informationen hinsichtlich des Kaufgegenstands, der Werthaltigkeit, den

Risiken und dem Wertsteigerungspotenzial aus der Integration zu gewinnen, um hieraus

nach der Ergebnisauswertung einen dafür angemessenen Kaufpreis ableiten zu können

(vgl. Abb. 3).4

Bei der Zusammenstellung des Due Diligence Teams in Zusammenhang mit einer Mon-

te-Carlo Simulation ist zu beachten, dass zumindest der Teamleiter über grundlegende

Kenntnisse über das einzusetzende Softwareprogramm sowie über hinreichende statisti-

sche Zusammenhänge (z. B. Eigenschaften von Verteilungstypen) verfügen sollte. Nur

so kann bereits im Vorfeld der Simulation die Gefahr der Anwendung falscher Vertei-

lungstypen (sog. Meta-Risiken) vermieden werden.

3.2 Erstellung eines Risikotableaus

Nachdem die einzelnen Teams gebildet, aus den beschafften Informationsmaterialien

die Risikofelder gesichtet und die wichtigsten Risiken zugeordnet wurden, müssen die

wesentlichen bewertungsrelevanten Risiken, die simuliert werden sollen, in einem Risi-

koinventar zusammengefasst werden.

4 Vgl. Lucks, K./Meckl, R.: M&AR 2002, S. 498.

Impuls für

Unternehmens-

erwerb

Kontakt-

aufnahme

Letter of Intent/

Vertraulich-

keits-

vereinbarung

Kauf-

entscheidung/

Kaufpreisver-

handlung

Ergebnisaus-

wertung/

Due Diligence

Report

Informationsbe-

schaffung

Zusammenstel-

lung des Due

Diligence Teams

Planung der

Due Diligence

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30

Risikotableau zur Erfassung des bewertungsrelevanten Risikoinventars N

r.

Tei

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eich

Bes

chre

ibun

g

Risikoklassifikation

(1)

Un

sich

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(2)

Wes

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Ris

ikofe

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nd

1 Market

Due

Diligence

Verlust

eines

Groß-

kunden

Fortführungs-

risiko

II

(Ziel-

unternehmen)

Vertrieb/

Marke-

ting

Umsatz-

erlöse;

Umsatz-

kosten

(1) mittel

bis hoch

(2) bedeu-

tendes

Risiko

enger

Kontakt

zu Alt-

eigen-

tümer

Nr. 5

2 .... .... .... .... .... .... .... .... ....

3

Abb. 4: Bewertungsrelevantes Risikoinventar

Je nach Branche und Zielunternehmen spielen dabei unterschiedliche Risiken eine stär-

kere oder weniger gewichtige Rolle, sodass die Entscheidung je nach Akquisitionssitua-

tion stets individuell getroffen werden muss. Wichtig ist dabei die Identifizierung jener

Hauptrisiken, die einen besonders starken Einfluss auf die Zahlungsströme und damit

auf die zu errechnende Unternehmenswertverteilung nehmen können.

Als erster Schritt empfiehlt es sich, wie beim klassischen Risikomanagementprozess, in

den für die Bewertung relevanten Risikofeldern (z. B. Vertrieb/Marketing, Beschaffung,

etc.) mittels Risikotableau entsprechende Risikoschwerpunkte zu setzen (1. Filter) und

diese auf die einzelne Teilbereiche bzw. Due Diligence Teams (z. B. Market Due Dili-

gence Team)5 zu verteilen (vgl. Abb. 4). Eine entscheidende Hilfe bieten hier bspw. die

in den Unternehmen vorhandenen Risikomanagement-Unterlagen, durchgeführte Kurz-

interviews mit den betroffenen Personen (Risikomanager, Controller, Geschäftsführung)

und ähnliches.

Sind die wichtigsten zu simulierenden Risiken identifiziert und auf die einzelnen Teams

verteilt, ist als nächster Schritt jeweils eine Relevanzbewertung hinsichtlich des Un-

sicherheitsgrads und der Wesentlichkeit durchzuführen (2. Filter). Insbesondere sind zur

Darstellung der Ursachen und Bedeutung einzelner Risiken ausreichende Branchen-

kenntnisse und eine langjährige Berufserfahrung von besonderem Vorteil, was ebenfalls

5 Vgl. zu den Aufgaben der einzelnen Due Diligence Teams auch Helbling, C.: Due Diligence Review,

S. 236-238.

Page 40: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

31

bei der Besetzung des Due Diligence Teams durch entsprechende Experten zu berück-

sichtigen ist.

Als dritter und letzter Schritt erfolgt schließlich eine eingehende Detailanalyse der

wichtigsten Risiken. Im Mittelpunkt stehen die Herausarbeitung von Szenarien und die

Erarbeitung von monetären Ursache-Wirkungs-Beziehungen samt Feststellung etwaiger

Risikointerdependenzen innerhalb des Planungsmodells. Dadurch gelingt es auch, zu-

sätzliche - bisher nicht in den Geschäftsbereichen bzw. Unternehmen dokumentierten -

Chancen und Risiken zu identifizieren, die bspw. primär aus der Akquisition entstehen.6

Als Ergebnis erhält man jene Risiko- und Werttreiber, für die im weiteren Due Diligen-

ce Prozess entsprechende Risikoquantifizierungen und -aggregationen vorzunehmen

sind.

Da die Monte-Carlo Simulation kein eigenes Bewertungsverfahren darstellt, sondern im

Regelfall auf einem deterministischen DCF-Bewertungsmodell aufbaut, sind die Teil-

gebiete der „klassischen“ Due Diligence also zunächst auch bei den simulativen Bewer-

tungskonzepten zwingend durchzuführen.

Eine wichtige Frage liegt bei der Monte-Carlo Simulation darin, welche Verteilungsty-

pen und Korrelationskoeffizienten zur Bestimmung des bewertungsrelevanten Integrati-

onsrisikos und deren Verarbeitung im Planungsmodell herangezogen werden sollten. Im

Folgenden beschränkt sich die Darstellung auf die Ermittlung notwendiger Verteilun-

gen. Hinsichtlich der Berücksichtigung von Korrelationen kann jedoch ein ähnliches

Konzept Anwendung finden.7

4 Ermittlung zugehöriger Verteilungstypen im Due Diligence

Prozess

4.1 Datenerhebungsvarianten

Zur Festlegung, welcher Verteilung eine Zufallsvariable im Bewertungsmodell zur Be-

stimmung der Akquisitionsrisiken folgen sollte, stehen im Due Diligence Prozess

grundsätzlich drei verschiedene Vorgehensweisen zur Verfügung. Dabei ist ein entspre-

6 Vgl. Strauch, J.: Due Diligence, S. 128-129.

7 Vgl. hierzu bspw. Klein, M.: Softwaretools.

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32

chender Trade off zwischen einem zunehmenden Zukunftsbezug einerseits und einem

abnehmenden Unternehmensbezug andererseits zu berücksichtigen (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Möglichkeiten zur Bestimmung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen

Wahrscheinlichkeitsverteilungen lassen sich erstens aus der Analyse vergangener Daten

ableiten, woraus wiederum die jeweiligen Verteilungen der Zukunft bestimmt werden

können. Die zweite - bewertungstechnisch weit wichtigere - Variante stellt die Generie-

rung der Verteilungsfunktionen auf Grundlage von Expertenmeinungen, insbesondere

den Mitgliedern des Due Diligence Teams, dar. Eng verwandt ist drittens die Ergänzung

dieser auf Expertenmeinung bezogenen Daten mittels einer Konkurrenz- bzw. Umwelt-

analyse.8

4.2 Argumente für eine Expertenbefragung

Der Bestimmung der Verteilungen auf Grundlage von Expertenbefragungen kommt im

Rahmen der simulativen Unternehmensbewertung ein besonders hoher Stellenwert zu.

Gerade bei zu akquirierenden kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die über kein

ausreichendes strategisches und operatives Controlling bzw. über keine entsprechende

Risikomanagementabteilung verfügen,9

wurden die in der Simulation benötigten internen Daten in der Vergangenheit nie

gesammelt;

standen und stehen die Kosten für die Datenbeschaffung in keinem angemessenen

Kosten/Nutzenverhältnis zur Zweckerfüllung der Bewertungsabsicht;

8 Vgl. hierzu bspw. Henselmann, K.: BFuP 2005, S. 296-305.

9 In Anlehnung an Klein, R./Scholl, A.: Planung, S. 302.

Wahrscheinlichkeitsverteilung

Empirische Daten des

Zielunternehmens

Expertenmeinung (Investmentbanker, M&A Experten,

Due Diligence Team)

Konkurrenz-, Branchen- und

Umweltanalysen (z. B. Risiko-/Prognosebericht,

Konjunkturdaten, ifo-Index)

Trade off: zunehmender Zukunftsbezug/abnehmender Unternehmensbezug

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33

sind in der Vergangenheit erfasste Daten häufig für die Zukunft nicht mehr

prognoserelevant (bspw. durch Veränderung der strategischen Wettbewerbspositio-

nen, der globalen und branchenbezogenen Umwelt, etc.);

sind die vorliegenden Daten meist lückenhaft, unzureichend und nur von qualitativer

Natur;

ist das zu bewertende Unternehmensmodell oftmals neu- bzw. einzigartig;

sind die benötigten Prognosezeiträume ggf. sehr langfristig, die interne Planung

- wenn überhaupt - hingegen eher kurz- bis mittelfristig ausgerichtet.

Aufgrund dieser Ursachen muss die Ermittlung der entsprechenden Verteilungen anstel-

le historischer Daten auf der persönlichen Erfahrung und der Intuition der Experten ba-

sieren.10

Dies trifft insbesondere auch auf die bewertungsrelevanten Übernahmerisiken

zu.

Sind die Kenntnisse in den KMU diesbezüglich (noch) als relativ schwach einzuschät-

zen, verfügt das Due Diligence Team bei einer entsprechenden Zusammenstellung im

Regelfall über diese branchen- und umweltspezifischen Erfahrungen. Die Ableitung der

Verteilungstypen aus der Befragung der Mitglieder des Due Diligence Teams wird

nachfolgend als „modifizierte Delphi-Methode“ bezeichnet.

4.3 Heranzuziehende Verteilungstypen

Im Rahmen des stochastischen Bewertungsprozesses empfiehlt es sich, zur Ermittlung

des Übernahmerisikos ausschließlich auf leicht interpretierbare Wahrscheinlichkeits-

und Dichtefunktionen zurückzugreifen. Diese sollten zudem flexibel und leicht durch

den jeweiligen Experten anzupassen sein. Damit scheiden bereits jene Verteilungstypen

aus, deren Parameter keine unmittelbare Verbindung zu der Verteilungsform besitzen,

da sich diese nur schwer an die Vorstellungen der jeweiligen Mitglieder des Due Dili-

gence Teams anpassen lassen.11

Ideale Verteilungsformen sind im Rahmen von Expertenbefragungen insbesondere die

diskreten (Poissonverteilung, Binomialverteilung) sowie die einfach nachvollziehbaren

10

Vgl. Mootz, C.: Risikoanalyse, S. 126.

11 Vgl. Hildenbrand, K.-H.: Systemanalyse, S. 160.

Page 43: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

34

parametrischen Verteilungstypen (Dreiecksverteilung, Gleichverteilung und PERT-

Verteilung).12

Bei letzteren lässt sich - trotz des subjektiven Einflusses - die Bewertung

relativ einfach rekonstruieren, da maximal eine Zwei- bzw. Dreipunktschätzung ver-

langt wird.13

Ausgehend vom Risikoinventar (vgl. Abschnitt 3.2) sind zur Ermittlung geeigneter Ver-

teilungen im Due Diligence Prozess mehrere Schritte durchzuführen, die nachfolgend

kurz dargestellt werden.

4.4 Erhebungsschritte

4.4.1 Risikoworkshop

Aufbauend für alle Teilbereiche der Due Diligence, in denen die Hauptrisiken identifi-

ziert wurden, sind zunächst sog. „Risikoworkshops“ durchzuführen. Die Mitglieder der

jeweiligen Workshops sind wiederum mit den jeweiligen Fachleuten des „klassischen“

Due Diligence Teams zu besetzen. Als Moderator der jeweiligen Workshops bietet sich

der jeweilige Teamleiter eines Zuständigkeitsbereiches an:

Hauptrisiken aus

Risikoinventar Zuständigkeitsbereich Workshop Teammitglieder

Portfoliorisiko Strategic

Due Diligence Team Workshop „Strategie“

Strategieberater, externe

Berater, Mitarbeiter des strategischen Controllings Trendchance

Großkundenrisiko

Commercial/Market Due

Diligence Team

Workshop „Operatives

Geschäft“

Controller, Disponenten;

Marktstrategen

Vertriebsprozessrisiko

Rohstoffpreisrisiko

Markteintritt/-austritt

Zinsrisiko

Financial Due Diligence Team

Workshop „Finanzen“ Finanzexperten (Corporate Finance), externe Berater

Währungsrisiko

Liquiditätsrisiko

Produkthaftungsrisiko Legal Due Diligence Team Workshop „Recht“ Juristen, externe Berater

Umweltrisiko

Abb. 6: Workshopbildung zur Verteilungsherleitung im Due Diligence Prozess

12

Zu den Eigenschaften möglicher Verteilungen vgl. bspw. Hauwermeiren, M./Vose, D.: Distributions,

S. 23-161.

13 Vgl. Madlener, R./Siegers, L./Bendig, S.: ZfE 2009, S. 143.

Page 44: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

35

Aufgabe der jeweiligen Workshops ist zunächst, die Auswirkungen der jeweiligen Risi-

ken auf die verschiedenen Stellen des deterministischen Bewertungsmodells, ggf. auch

unter Berücksichtigung von Korrelationen, nochmals aufzuzeigen und untereinander zu

diskutieren. Dies gibt zugleich allen Beteiligten die Möglichkeit, sich aktiv und mit ei-

genen Ideen ins Bewertungsmodell einzubringen. Dadurch wird gewährleistet, dass al-

len Teammitgliedern die gleichen Informationen und die gleiche Wahrnehmung über

die Chancen- und Risikosituation des zu bewertenden Unternehmens vermittelt werden.

Ergebnis des jeweiligen Workshops ist dann die endgültige Entwicklung und Validie-

rung einer stochastischen Variablenstruktur, ohne dabei die entsprechenden Variablen

bereits stochastisch quantifiziert zu haben.14

Um diese Zielsetzung zu gewährleisten,

kommt den jeweiligen Teamleitern der verschiedenen Workshops eine hohe Bedeutung

zu.15

Der jeweilige Teamleiter

muss alle wichtigen Informationen über die Chancen und Risiken, die im Risikoin-

ventar identifiziert wurden und nun zu diskutieren sind, vor dem eigentlichen Work-

shop allen Teammitgliedern in verständlicher und graphisch aufbereiteter Weise zu-

kommen lassen. Insbesondere ist die vorläufige deterministische und stochastische

Variablenstruktur des Bewertungsmodells darzustellen;

hat darüber hinaus auch, soweit vorhanden, Zeitreihen (empirische Datensample)

über die Entwicklung der entsprechenden Variablen des Bewertungsmodells in der

Vergangenheit sowie die Zukunft betreffende Studien bereitzustellen (z. B. prognos-

tizierte Inflationsentwicklungen der Wirtschaftsinstitute, Wechselkursprognosen des

Euros, Konjunkturindex, Branchenentwicklung, etc.);

muss des Weiteren alle Mitglieder des jeweiligen Due Diligence Teams in die De-

batte einbinden und die Diskussion ziel- und problemorientiert vorantreiben. Hierbei

dürfen weder Ergebnisse vorweggenommen, noch eventuelle Widersprüche in den

verschiedenen Aussagen aufgedeckt werden;

14

Ein ähnliches Vorgehen schlagen Adam und Mootz im Rahmen von allgemeinen Investitionsent-

scheidungsprozessen vor; vgl. Adam, D.: Planung, S. 39; Mootz, C.: Risikoanalyse, S. 131-132.

15 Vgl. hierzu auch Kegel, K. P.: Risikoanalyse, S. 251; Scholl, A.: Befragung, S. 120.

Page 45: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

36

hat dafür Sorge zu tragen, dass die Diskussion über die Risikosituation der Variab-

len, ihrer Struktur und möglichen Korrelationen zu anderen Bereichen der Due Dili-

gence (und damit auch zu anderen Risikoworkshops) im Mittelpunkt steht.

Nach Beendigung der Sitzung ist zeitnah eine Mitteilung an die Teilnehmer des Work-

shops zu versenden. Diese enthält dann die ausgearbeitete, vorläufige Variablenstruktur

des Bewertungsmodells.

4.4.2 Modifizierung der Delphi-Methode

Anders als bei klassischen Workshops, bei denen zur gemeinsamen Entscheidungsfin-

dung häufig die sog. Delphi Methode herangezogen wird, ist im Workshop allerdings

nach keinem gemeinsamen Konsens, d. h. nicht unmittelbar nach einer gemeinsam ab-

geleiteten Verteilungsform mit entsprechender Beschreibung der Parameter, zu stre-

ben.16

Damit würde nämlich eine wichtige Funktion des Workshops verloren gehen.

Der gemeinsame Konsens birgt stets die Gefahr, nicht alle Umweltzustände bzw. Band-

breiten, die auf den Unternehmenswert einwirken könnten, adäquat zu erfassen. Darüber

hinaus können Macht- und Statusunterschiede innerhalb des Teams dazu führen, dass

die Meinung der dominierenden oder der am meisten geschätzten Persönlichkeit ange-

nommen wird. Ob dies dann zu einer besseren Schätzung führt, bleibt anzuzweifeln.

Abb. 7: Ablauf der Expertenschätzungen im Due Diligence Prozess

16

Vgl. Eisenführ, F./Weber, M.: Entscheiden, S. 312.

Hauptrisiken laut Risikoinventar

(Strategic Due Dili-

gence)

Workshop im Strategic

Due Diligence

Team

Einzelinterview mit

jedem Teammitglied

des Workshops

Auswertung und

Aggregation der

Einzelinterviews

Rückkopplung bei erheblichen Abweichungen in den Einzelinterviews

Hauptrisiken laut

Risikoinventar (Legal Due

Diligence)

Auswertung und

Aggregation der Einzelinterviews

Einzelinterview mit

jedem Teammitglied des

Workshops

Workshop im Legal

Due Diligence

Team

Rückkopplung bei erheblichen Abweichungen in den Einzelinterviews

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37

Des Weiteren besteht bei Workshops generell die Gefahr des sog. „Groupthink“. Hie-

runter versteht man das Bedürfnis einer Gruppe, schnell zu einem gemeinsamen Kon-

sens kommen zu wollen. Vorschnelle Entscheidungen und nicht ausreichend reflektierte

Problemstellungen wären die Folgen, was sich wiederum nachteilig auf das stochasti-

sche Modell auswirken könnte.17

4.4.3 Einzelinterviews

Nach Beendigung der jeweiligen Workshops und Sichtung der ausgearbeiteten Unterla-

gen ist mit den einzelnen Workshop-Teilnehmern ex-post durch den Moderator des je-

weiligen Due Diligence Teams ein Einzelinterview zu führen. Hierbei wird den Team-

mitgliedern die Gelegenheit gegeben, Vorschläge zu machen, wie die Verteilungstypen

der einzelnen Variablen des Bewertungsmodells, die im Workshop zur Stochastisierung

übereinstimmend vorgeschlagen wurden, konkret ausgestaltet sein sollten. Anonyme

Einzelinterviews eignen sich im Gegensatz zum Workshop besonders gut dazu, ohne

negative Gruppeneffekte und ohne Gruppendruck in Ruhe über die Quantifizierung der

festgelegten Modellvariablen entscheiden zu können.18

In der investitionstheoretischen

Literatur werden als gängige Vorgehensweise dabei das (Drei-) Punktschätzverfahren,

die Intervalltechnik sowie die diskrete Schätzung diskutiert.19

Das sog. Dreipunktschätzverfahren eignet sich für diejenigen Variablen im Bewer-

tungsmodell, die mit leicht nachvollziehbaren, stetigen bzw. quasi-stetigen Verteilungs-

typen zu unterlegen sind. Die einzelnen Teammitglieder jeder Due Diligence Einheit

werden hierbei vom Teamleiter nach dem minimal möglichen, dem wahrscheinlichsten

(Modus) sowie dem maximal möglichen Wert befragt. Hieraus können dann die ent-

sprechenden Dreiecks- oder PERT-Verteilungen abgeleitet werden. Ergänzend besteht

die Möglichkeit, dass den Unter- und Obergrenzen auch Wahrscheinlichkeiten zugeord-

net werden. Das Teammitglied hat dann zusätzlich die Möglichkeit Informationen dazu

zu liefern, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Unter- und/oder Obergrenze der Vertei-

lung nicht unter- bzw. überschritten wird.

17

Vgl. Vose, D.: Risk Analysis, S. 393-422.

18 Vgl. Kegel, K. P.: Risikoanalyse, S. 239.

19 Vgl. hierzu Keefer, D. L./Bodily, S. E.: Management Science 1983, S. 595.

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38

Abb. 8: Möglichkeiten zur Quantifizierung von Wahrscheinlichkeiten

Bei der Intervalltechnik liegt der Vorteil darin, dass das jeweilige Teammitglied nicht

auf vorgegebene Verteilungen beschränkt ist. Ausgangspunkt des Verfahrens bildet die

Vorgabe eines Gesamtintervalls innerhalb dessen eine zu stochastisierende Variable des

Bewertungsmodells liegt. Dieses Intervall ist anschließend in entsprechende Teilinter-

valle zu zerlegen. Für jedes Teilintervall ist des Weiteren eine Eintrittswahrscheinlich-

keit p anzugeben, wobei die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller Intervalle gleich

eins ergeben muss.

Mittels Division der Wahrscheinlichkeit der einzelnen Teilklassen durch deren Breite

kann dann die Dichtefunktion in Form eines Histogramms berechnet werden. Jeder

Wert innerhalb eines Teilintervalls tritt mit gleicher Wahrscheinlichkeit ein, sodass man

quasi von einer „gestückelten Gleichverteilung“ sprechen kann. Da die Intervalltechnik

dem jeweiligen Teammitglied eine weitergehende Wahrscheinlichkeitsinformation als

das Dreipunktschätzverfahren abverlangt, sollte sie nur in denjenigen Fällen Anwen-

dung finden, wenn diese Informationen auch tatsächlich durch den Bewertenden abruf-

bar sind.

Bei der diskreten Schätzung werden die Mitglieder des jeweiligen Workshops direkt

nach Wahrscheinlichkeiten der möglichen Einzelereignisse gefragt. Eine Einteilung in

Intervalle ist nicht nötig. Diskrete Schätzungen sind immer dann durchzuführen, wenn

sich die wesentlichen bewertungsrelevanten Chancen- und Risikofaktoren, die auf das

Modell einwirken, nicht in stetige oder quasi-stetige Verteilungen transformieren lassen.

In der Bewertungspraxis erfolgt dies - wie bereits beschrieben - regelmäßig durch die

Modellierung von Binomial- und Poissonverteilungen in Zusammenhang mit ereignis-

orientierten Risiken (strategische Risiken, operationelle Risiken).

Quantifizierungstechniken im Einzelinterview

Dreipunktschätzverfahren diskrete Schätzung Intervalltechnik

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39

4.4.4 Auswertung der Einzelinterviews

Nach Beendigung der Einzelinterviews haben die jeweiligen Teamleiter die jeweils ab-

gegebenen Einschätzungen auszuwerten. Überall dort, wo einzelne Teammitglieder - im

Gegensatz zur Mehrheit - zu grob unterschiedlichen Verteilungsannahmen kommen,

muss die persönliche Chancen-/Risikobeurteilung dieses Mitglieds nochmals mit dem

Workshopleiter reflektiert werden. Hierin müssen die angenommenen Wahrscheinlich-

keitsverteilungen bzw. deren Ausprägungen detailliert begründet werden. Durch den

Erläuterungszwang wird gleichzeitig eine Präventivwirkung erreicht, da hier eventuell

vorhandene Inkompetenzen einzelner Teammitglieder aufgedeckt werden können.20

4.4.5 Rückkopplung

Sofern die erhebliche Abweichung weiterhin glaubwürdig begründet werden kann, emp-

fiehlt es sich, alle Experten des jeweiligen Teams nochmals über den Sachverhalt bera-

ten zu lassen und die Quantifizierung gegebenenfalls in erneuten Einzelinterviews

nochmals durchzuführen (Rückkopplung). Dies gilt insbesondere überall dort, wo be-

sonders sensible Chancen und Risiken diskutiert werden, die einen erheblichen Einfluss

auf die Zahlungsströme des zu bewertenden Unternehmens haben könnten. Dabei soll

jedoch keinesfalls ein Konsens erzielt, als vielmehr die strittigen Variablen, die zu

stochastisieren sind, nochmals eingehend beleuchtet werden.21

Im Fall von nicht sorg-

fältig erhobenen oder auf bloßen Zufallsergebnissen beruhenden Eingaben führt auch

die Simulation zu einem nicht gehaltvollen Ergebnis und folglich zu einer nicht robus-

ten Unternehmensbewertung.

4.4.6 Computergestützte Aggregation

Aus der modifizierten Delphi-Methode resultiert konsequenterweise, dass innerhalb der

jeweiligen Due Diligence Teams kein Konsens hinsichtlich der zu stochastisierenden

Inputvariablen des Bewertungsmodells vorliegt.

20

Vgl. hierzu bereits Moxter, A.: ZfbF 1980, S. 459.

21 Vgl. Mootz, C.: Risikoanalyse, S. 132.

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Abb. 9: Vereinigung mehrerer Verteilungen

Um nun die im Workshop erarbeitete vorläufige Variablenstruktur in eine endgültige

Variablenstruktur überführen zu können, müssen die verschiedenen Experteneinschät-

zungen, die ggf. zu völlig unterschiedlichen Verteilungen führen, innerhalb der einzel-

nen Teams noch aggregiert werden.22

Ein Vorteil dieser Zusammenführung liegt darin, dass nicht nur die unterschiedlichsten

Verteilungstypen vereint, sondern den einzelnen Expertenmeinungen auch unterschied-

lich hohe Gewichte beigemessen werden können. Inwiefern die Gewichtung letztlich

vorgenommen werden sollte, hängt entscheidend davon ab, über welche Erfahrung das

jeweilige Teammitglied über den zu beurteilenden Sachverhalt verfügt. Dem Erfah-

rungsschatz von in die Bewertung involvierten externen Unternehmensberatern mit

langjähriger Berufserfahrung ist bspw. bei der Abschätzung des strategischen (Akquisi-

tions-) Risikos ein relativ hohes Gewicht beizumessen.

22

Auf die reine Gewichtung bzw. Durchschnittsbildung von Expertenmeinung ist hingegen zu verzich-

ten, da hieraus unrealistische Verzerrungen und Verschiebungen resultieren können, die neben feh-

lerhaften Ergebnissen auch zur Verletzung des zentralen Grenzwerttheorems führen. Die reine Ge-

wichtung führt ggf. zu überlagerten Ereignissen, die realiter nicht existieren bzw. so nicht mit den

abgegebenen Expertenschätzungen übereinstimmen. Vgl. hierzu ausführlich Clemen, R./Winkler, R.:

Risk Analysis 1999, S. 187-203; Mootz, C.: Risikoanalyse, S. 140-143.

Eintritts-

wahrscheinlichkeit

(Gleichverteilung)

monetäre

Auswirkung

(Normalverteilung)

Teammitglied 1

kombinierte

Verteilung

(VT1)

Teammitglied 2

kombinierte

Verteilung

(VT2)

gewichtet mit 0,6

gewichtet mit 0,3

Risikoworkshop

kombinierte,

aggregierte

Verteilung für Risiko

1

Commercial

Due Diligence

Team

Com

mercia

l Du

e Dilig

ence T

eam

Teammitglied 3

kombinierte

Verteilung

(VT3)

gewichtet mit 0,1

Eintritts-

wahrscheinlichkeit (Gleichverteilung)

monetäre

Auswirkung

(Dreiecksverteilung)

Eintritts-

wahrscheinlichkeit

(Gleichverteilung)

monetäre Auswirkung (gestückelte

Gleichverteilung)

Risiko 1 laut Risikoinventar

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41

Des Weiteren ist auch grundsätzlich möglich, primär vergangenheitsorientierte, empiri-

sche Datensample mit zukunftsgerichteten Expertenmeinungen zu kombinieren, indem

durch die Verknüpfung die aus empirisch erhobenen Daten resultierende Verteilung mit

der aggregierten Workshopverteilung kombiniert wird. Hierbei kann auch der Trade-off

zwischen dem Zukunftsbezug einerseits und der Unternehmensspezifität andererseits

gemildert werden (vgl. Abschnitt 4.1). Mit der Aggregation der einzelnen Verteilungen

wird die vorläufige im Workshop festgelegte Variablenstruktur so durch die endgültige

Variablenstruktur ersetzt.

Das gewichtete Zusammenführen mehrerer Verteilungen wird von den in Abschnitt 2.2

vorgestellten Software Packages derzeit lediglich durch ModelRisk (Version 3.0) direkt

ermöglicht. Abb. 10 zeigt das entsprechende Vorgehen, wobei Experte A als Vertei-

lungstyp eine PERT-Verteilung, Experte B eine (modifizierte) PERT-Verteilung vorge-

schlagen hat. Die Gewichtung der Verteilung beträgt 1/3 (Experte A) bzw. 2/3 (Experte

B). Hieraus resultiert die im unteren Bild dargestellte gewichtete Verteilung der beiden

Experten.

Abb. 10: Gewichtetes Zusammenführen von Verteilungen im Due Diligence Prozess (ModelRisk 3.0)

Bei @Risk, ModelRisk und RiskSolver können mit den benutzerdefinierten Verteilungs-

typen VoseDiscrete, RiskDiscrete und PsiDiscrete auf stetigen Verteilungen (z.B.

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42

PERT-Verteilung) aufbauende, gewichtete diskrete Verteilungen indirekt generiert und

für das Bewertungsmodell genutzt werden. So kann in Zelle A1 des Spreadsheet-

Modells bspw. eine PERT-Verteilung von Experte A (Minimum 120; Modus 140; Ma-

ximum 220), in Zelle A2 eine PERT-Verteilung von Experte B (Minimum 155; Modus

180; Maximum 220) des Due Diligence Teams zur Abschätzung des Personalaufwands

in Planperiode 1 hinterlegt werden. In Zelle B1 wird wiederum die Wahrscheinlichkeit

des Eintreffens des Experten A hinterlegt (z.B. 33,3% wegen der geringeren Erfahrung),

in Zelle B2 die des Experten 2 (66,7%). Im Spreadsheetmodell wird dann bspw. bei

RiskSolver für den Personalaufwand der Periode 1 die Zellformel

=PsiDiscrete(A1:A2;B1:B2)

generiert und in die Excel-Spreadsheetzelle „Personalaufwand der Periode 1“ integriert.

So ergeben sich im Rahmen der Simulation hinreichend viele Zufallszahlen, wobei die

Eintrittswahrscheinlichkeit des Experten B höher ist als die des Experten A (vgl.

Abb. 11).

Abb. 11: Indirekt gewichtete Expertenverteilung (RiskSolver 9.5)

Bei Crystal Ball können „kombinierte Verteilungen“ über die benutzerdefinierte Vertei-

lung „Custom Distribution“ erzeugt werden. Eine Gewichtung ist allerdings nicht mög-

lich.

Ggf. ist auch eine mehrfache Zusammenführung von Verteilungen nötig, da die Exper-

ten zunächst nach der Eintrittswahrscheinlichkeit einer Chance bzw. eines Risikos und

Page 52: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

43

dann nach deren Eintrittshöhe (monetäre Auswirkung) befragt werden. Diese Verknüp-

fungsnotwendigkeit tritt insbesondere bei der Integration sog. ereignisorientierter Risi-

ken auf.23

Bei verteilungsorientierten Risiken (Umsatzschwankungen, Marktpreis-

schwankungen) ist eine solche vorangehende Verknüpfung im Regelfall nicht notwen-

dig.

Durch die Zusammenführung kann bspw. die Eintrittswahrscheinlichkeit eines bewer-

tungsrelevanten Risikos durch das erste Teammitglied mit ausgeprägten Wettbewerbs-

kenntnissen als gleichverteilt (z. B. Marktaustritt bzw. -eintritt eines Wettbewerbers als

ereignisorientiertes Risiko), die daraus resultierende monetäre Auswirkung (z. B. zu-

sätzliche/geringere Absatzmenge) hingegen als normalverteilt aufgefasst werden

(vgl. Abb. 9).

Teammitglied 2 könnte sich bspw. mit einer Dreipunktschätzung dahingehend äußern,

dass bei Eintritt zusätzlicher Wettbewerber die determinierte Absatzmenge am wahr-

scheinlichsten um 5%, nicht aber um mehr als 10% und mindestens um 3% sinkt (Drei-

ecksverteilung). Das dritte Teammitglied könnte hinsichtlich der monetären Auswir-

kung wiederum eine gestückelte Gleichverteilung schätzen (Absatzmenge sinkt um 3-

5% (p=0,2), 6-8% (p=0,7) bzw. 9-11% (p=0,1)) aus der eine entsprechende Dichtefunk-

tion resultiert. Ebenso können beide Teammitglieder auch eine Eintrittswahrscheinlich-

keit schätzen, deren Verteilungen wiederum voneinander abweichen können.

Das „richtige“ Aggregieren von Verteilungen nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Ein-

trittshöhe wird derzeit lediglich durch @Risk und ModelRisk unterstützt. Bei den beiden

anderen Anbietern (Crystal Ball, RiskSolver) müssen Eintrittswahrscheinlichkeit und

Eintrittshöhe über eine entsprechende Zellformel multipliziert werden, was zu fehlerhaf-

ten Ergebnissen führt. Bei einer gezogenen Eintrittshäufigkeit von bspw. 10 Ereignissen

und einer gezogenen Eintrittshöhe (Schadenshöhe) von bspw. 2.000 € wird unterstellt,

dass bei allen 10 Ereignissen stets ein Schaden in Höhe von 2.000 € auftritt. In Wirk-

lichkeit werden diese 10 Ereignisse aber unterschiedliche quantitative Auswirkungen

nach sich ziehen.

23

Vgl. Füser, K./Rödel, K./Kang, D.: FB 2002, S. 501.

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5 Zusammenfassung

Die vorgenannten Ausführungen zeigen, dass die Generierung von aggregierten Vertei-

lungen im Rahmen des Due Diligence Prozesses mit einfachen Mitteln möglich ist.

Durch leicht bedienbare und kostengünstige Softwaretools, die als Add-ins zu gängigen

Tabellenkalkulationsprogrammen wie Microsoft Excel fungieren und über geeignete

Features verfügen, können mehrwertig prognostizierte Szenarien verschiedener Mitglie-

der der jeweiligen Due Diligence computergestützt aufbereitet, aggregiert und in das

deterministische Planungsmodell zur Stochastisierung überführt werden. Umfangreiche

Zusatzarbeiten im Vergleich zur klassischen Due Diligence fallen dabei nicht an, da

bereits bei der deterministischen Bewertung eine konkrete Auseinandersetzung mit den

Hauptrisiken des Bewertungsobjektes erfolgen sollte.

Durch die vorgestellte modifizierte Delphi-Methode wird gewährleistet, dass die wich-

tigsten Wert- und Risikotreiber von unterschiedlich erfahrenen Experten identifiziert,

mehrwertig prognostiziert und einschlägig diskutiert werden können. Im Endeffekt ge-

lingt es so, computergestützt eine Unternehmenswertverteilung und damit auch eine

Chancen- und Risikostruktur des Bewertungsobjekts zu generieren, welche auf den dis-

kutierten Einschätzungen und aggregierten Erfahrungen aller Teammitglieder beruht.

Um die Nachvollziehbarkeit und Reliabilität des Bewertungsprozesses zu gewährleis-

ten, sollten jedoch zur Vermeidung von Meta-Risiken grundsätzlich nur einfach nach-

vollziehbare Verteilungen zur Anwendung kommen und die Teamleiter über hinrei-

chende statistische Grundkenntnisse verfügen.

Die Aussagekraft des Modells macht es zudem erforderlich, von einer „zwangsweisen“

Generierung schwer ermittelbarer Verteilungen abzusehen. Dies betrifft insbesondere

jene Risiken, die ohnehin nur schwer quantifizierbar sind (z. B. Abschätzung kultureller

Integrationsrisiken, etc.).

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2008

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47

Abschnitt B.2

Valuation is fuzzy

Integration qualitativer Risiken ins stochastische

Bewertungsmodell mit Hilfe der Fuzzy-Set Theorie

veröffentlicht als:

Working Paper in Accounting Valuation Auditing Nr. 2010-8

abrufbar unter: http://www.pw.wiso.uni-erlangen.de/forschung/arbeitspapiere.shtml

(24.02.2011)

ein Auszug hieraus wurde in leicht modifizierter Form

veröffentlicht in:

Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung (ZfC),

Heft 12, S. 710-719

Titel: „Fuzzy-Set Theorie im Risikomanagement“

(siehe Anhang 2)

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49

Gliederung

1 Einleitung .......................................................................................................................... 51

2 Allgemeine Grundlagen .................................................................................................... 55

2.1 Ausgangsproblem .................................................................................................... 55

2.2 Formen der Unsicherheit ......................................................................................... 59

2.3 Fuzzy-Set Theorie .................................................................................................... 61

2.4 Wissensbasierte Systeme ......................................................................................... 64

2.5 Besonderheiten der Due Diligence .......................................................................... 67

3 Erstellung des Fuzzy Business Risk Models ..................................................................... 69

3.1 Retrograde Risikoanalyse ........................................................................................ 69

3.2 Auswahl wesentlicher qualitativer Risikofaktoren .................................................. 70

3.3 Einbettung der qualitativen Risikofaktoren ins Modell ........................................... 72

4 Wissenserwerb ................................................................................................................... 74

4.1 Bedeutung ................................................................................................................ 74

4.2 Wissensquellen ........................................................................................................ 75

4.2.1 Internes Wissen ............................................................................................ 75

4.2.2 Externes Wissen ........................................................................................... 78

4.3 Beispiel zum Wissenserwerb ................................................................................... 84

4.3.1 Faktenwissen ................................................................................................ 84

4.3.2 Regelwissen .................................................................................................. 86

5 Fuzzyfizierung der qualitativen Risiken ............................................................................ 89

5.1 Grundlegende Aufgaben .......................................................................................... 89

5.1.1 Festlegung des Typs der Zugehörigkeitsfunktion ........................................ 89

5.1.2 Festlegung der linguistischen Terme ............................................................ 91

5.1.3 Festlegung der Definitionsbereiche .............................................................. 91

5.2 Ermittlung der Zugehörigkeitsgrade ........................................................................ 93

5.2.1 Ordinalskalierte Ausprägungen .................................................................... 93

5.2.2 Reellwertige Ausprägungen ......................................................................... 94

5.2.3 Erfülltheitsgrade als Zugehörigkeitsgrade ................................................... 97

5.3 Formulierung der Regelsätze und Zuordnung der Zugehörigkeitsgrade ................. 99

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50

6 Inferenzkomponente bei unscharfen Mengen ................................................................. 102

6.1 Aggregation ........................................................................................................... 102

6.2 Implikation............................................................................................................. 104

6.3 Akkumulation ........................................................................................................ 105

7 Defuzzyfizierung unscharfer Mengen ............................................................................. 106

7.1 Zielsetzung............................................................................................................. 106

7.2 Methoden zur Defuzzyfizierung ............................................................................ 107

7.2.1 Überblick .................................................................................................... 107

7.2.2 Anwendung ................................................................................................ 108

7.3 Ergebnisse und Vergleich ...................................................................................... 111

8 Integration unscharfer Mengen in die Monte-Carlo Simulation ..................................... 113

8.1 Zielsetzung............................................................................................................. 113

8.2 Methoden zur Umrechnung in Wahrscheinlichkeiten ........................................... 114

8.2.1 Überblick .................................................................................................... 114

8.2.2 Dreipunktschätzverfahren .......................................................................... 115

8.2.3 Intervalltechnik ........................................................................................... 116

8.3 Durchführung der Monte-Carlo Simulation .......................................................... 118

8.3.1 Ganzheitliches Risikoprofil ........................................................................ 118

8.3.2 Risikoprämie und Unternehmenswert ........................................................ 121

9 Kritische Würdigung des Konzepts ................................................................................. 122

10 Zusammenfassung und Ausblick ..................................................................................... 125

Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 127

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1 Einleitung

Bei den Discounted Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) ergibt sich der Unterneh-

menswert aus den diskontierten Zahlungsüberschüssen des Unternehmens im Zeitab-

lauf.1 Der Zahlungsüberschuss (Free Cashflow) basiert dabei grundsätzlich auf einer

Gewinnprognoserechnung, die um entsprechende Korrekturen (Abweichungen zwi-

schen Einzahlungen und Ertrag; Auszahlungen und Aufwand) modifiziert wird. Für

diese explizite Unternehmensplanung bedient man sich eines formalen Modells des Un-

ternehmens,2 das mit den künftig erwarteten Daten aufgefüllt wird. Hierbei handelt es

sich um eine integrierte Finanz-, Erfolgs- und Bilanzplanung.3 Der zur Unternehmens-

bewertung gesuchte Free Cashflow stellt einen Ausschnitt aus der Plan-Finanzrechnung

dar.

Gewinn t

Zahlungs-

überschusst

Werttreiber

(Value Driver)Einflussgrößen

+/-

Korrekturen t

Gewinn t

Zahlungs-

überschusst

Werttreiber

(Value Driver)Einflussgrößen

+/-

Korrekturen t

Abb. 1: Einflussgrößen auf den Zahlungsüberschuss einer Periode4

Erfolgs-, Finanz- und Bilanzgrößen werden aus vorgelagerten Rechengrößen abgeleitet,

die auf der untersten Stufe des baumartigen Zusammenhangs als Werttreiber (Value

1 Vgl. Mandl, G./Rabel, K.: Methoden, S. 64.

2 Vgl. Ballwieser, W./Leuthier, R.: DStR 1986, S. 550.

3 Vgl. Chmielewicz, K.: Finanzrechnung, S. 21-23.

4 Vgl. Henselmann, K.: Unternehmensrechnungen, S. 101.

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52

Driver) bezeichnet werden. Aus der Gesamtheit aller Zusammenhänge resultiert das

sog. Business Model.5

In tabellarischer Darstellung – etwa für Tabellenkalkulationsmodelle – enthalten die

Spalten die verschiedenen Planjahre. In den Zeilen wird der in Abb. 1 dargestellte

„Baum“ mit seinem Stamm, Ästen und Blättern abgebildet. Diese umfassen den Zah-

lungsüberschuss (Stamm) einschließlich der Finanzrechnung, die Erfolgsrechung (Ast

mit Zweigen), die Bilanzveränderungen und die Bilanz (Ast mit Zweigen) sowie ggf.

Zwischengrößen und die jeweiligen Werttreiber (Blätter).6 Um eine Ursache-Wirkungs-

Beziehung zwischen dem zu bewertenden Unternehmen bzw. den zu vergleichenden

Alternativen und dem Unternehmenswert herzustellen, muss die Kette funktionaler Zu-

sammenhänge lückenlos über alle Zwischenstufen hinweg vorliegen.

Hinsichtlich der quantitativ-monetären Ebenen des Bewertungsmodells ist dies relativ

unproblematisch, da sich die rechnerischen Zusammenhänge logisch ableiten lassen.

Beispielsweise wird die Größe „Gewinn“, durch die vorgelagerten Einflussgrößen „Um-

satz“ und „Kosten“ determiniert:

Gewinn

(100 GE)

Umsatz

(400 GE)

Kosten

(300 GE)

Gewinn

(100 GE)

Umsatz

(400 GE)

Kosten

(300 GE)

Abb. 2: Deterministische Gewinnfunktion

So ergibt sich der Gewinn durch Subtraktion der Kosten vom Umsatz. Für sicher vorlie-

gende (deterministische) Daten gilt beispielsweise:

Gewinn = 400 GE - 300 GE = 100 GE

5 Vgl. hierzu ausführlich Ernst, H.-J./Hanikaz, M.: Modulgesteuerte Businessplanung, S. 214-219.

6 Vgl. hierzu auch Henselmann, K: Unternehmensrechnungen, S. 101-112.

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53

Daran ändert sich nichts grundsätzliches, wenn die vorgelagerten Größen nicht mit Ge-

wissheit bekannt sind, sondern hierfür „nur“ Wahrscheinlichkeitsverteilungen vorliegen:

Gewinn

Umsatz

Kosten

Verteilung des simulierten

Gewinns

Verteilung des Umsatzes

Verteilung der Kosten

Gewinn

Umsatz

Kosten

Gewinn

Umsatz

Kosten

Verteilung des simulierten

Gewinns

Verteilung des Umsatzes

Verteilung der Kosten

Abb. 3: Stochastische Gewinnfunktion

Für das Ergebnis „Gewinn“ lässt sich dann eine Wahrscheinlichkeitsverteilung errech-

nen. Bei der Verknüpfung der beiden Einflussgrößen „Umsatz“ und „Kosten“ sind je-

doch zusätzliche Zusammenhänge (z.B. Korrelationen) zwischen den Verteilungen zu

beachten. Die Berechnung selbst kann mit Hilfe von Simulationsmethoden, insbesonde-

re der Monte-Carlo Simulation, erfolgen.7

Das Business Model wird auf diese Weise zu einem Business Risk Model erweitert,

wobei man die Simulation von Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf vorher identifizier-

te, besonders relevante Risikoquellen begrenzen wird. Hinweise auf die besondere Re-

levanz von Risikoquellen ergeben sich im Verlauf einer Due Diligence. Auch im Rah-

men der sorgfältigen Prüfung des zu erwerbenden Unternehmens können Daten zur ge-

nauen Gestalt der Wahrscheinlichkeitsverteilungen und der Interdependenzen erhoben

werden.8

7 Vgl. zur Funktionsweise Henselmann, K./Klein, M./Fürst, B.: Corporate Finance biz 2010, S. 462.

8 Vgl. hierzu auch Henselmann, K./Klein, M.: M&A Review 2010, S. 358-366.

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54

Die quantitativ-monetäre Betrachtung umfasst jedoch nur einen Teil des Bewertungs-

modells. Die Ausprägung der monetären Werttreiber wird nämlich von verschiedenen

vorgelagerten Einflussgrößen bestimmt. Hierbei handelt es sich entweder um9

exogene Umweltbedingungen (z.B. Entwicklung des Nachfragevolumens, Eintritt

neuer Wettbewerber, Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen) oder aber

um

endogene Parameter der Unternehmensstrategie (z.B. Investitionen, Preisänderun-

gen, Produktpolitik).

Die Verbindungen zwischen den Werttreibern - welche als Kennzahlen die Ausgangsda-

ten der Unternehmensbewertung bilden - und den nicht-monetären Einflussgrößen stel-

len eine kritische Schwachstelle der Unternehmensbewertung dar.10

Solche Verbindungen zu oder zwischen qualitativen Größen können keine rechneri-

schen Funktionen im engeren Sinne sein, sondern treten lediglich in Form hypotheti-

scher oder auch empirisch untermauerter Zusammenhänge auf. „Aus methodischer Sicht

besteht das Ziel der Bewertungslehre vor allem darin, auch „soft methods“ in den Be-

wertungsprozess zu integrieren und gleichzeitig die Verbindung zu einer Preisvorstel-

lung herzustellen.“11

Eine Unternehmensbewertung, die auf einer ganzheitlichen Risikoaggregation aufbaut,

kann letztlich nur dann befriedigend sein, wenn sie sowohl quantitative als auch qualita-

tive Risiken integriert.12

Ziel des folgenden Beitrags ist es daher, die „herkömmliche“

Unternehmensbewertung, welche sich auf quantitative Werttreiber beschränkt, um wei-

ter vorgelagerte qualitative Einflussgrößen zu erweitern. Dabei können Ursache-

Wirkungs-Zusammenhänge zwischen qualitativen Größen auf Basis der Prädikatenlogik

mit Hilfe von WENN ... DANN ... - Aussagen (anstelle von mathematischen Formeln

zwischen quantitativen Größen) dargestellt werden.13

An die Stelle der Monte-Carlo

Simulation bei quantitativen Größen tritt bei qualitativen Faktoren zunächst die Theorie

9 Vgl. Böhler, H.: Früherkennung, S. 204.

10 Vgl. Bretzke, W.: BFuP 1993, S. 42.

11 Ruhnke, K.: DB 1991, S. 1893.

12 Vgl. Krebs, P./Müller, N./Reinhardt, S./Schellmann, H./von Bredow, M./Reinhart, G.: ZWF 2009,

S. 178.

13 Vgl. hierzu Lämmel, U./Cleve, J.: Künstliche Intelligenz, S. 54-65.

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55

„unscharfer Mengen“ (Fuzzy-Sets).14

Diese erlaubt ebenfalls ein Rechnen mit unsiche-

ren Merkmalsausprägungen. Das zu schaffende Bewertungsmodell kann man somit

auch als Fuzzy Business Risk Model bezeichnen. Des Weiteren wird gezeigt, dass sich

die mit Hilfe der Fuzzy-Set Theorie gewonnenen Ergebnisse in die Monte-Carlo Simu-

lation überführen lassen. Die Weiterverarbeitung des aggregierten, qualitativen Risiko-

potentials im Rahmen der Monte-Carlo Simulation erzeugt damit ein ganzheitliches

Risikoprofil.

2 Allgemeine Grundlagen

2.1 Ausgangsproblem

Die Schwierigkeit bei der Zuordnung qualitativer Risiken zur finanziellen Planrechnung

besteht darin, dass viele dieser „weichen Einflussgrößen“ im Rahmen des Bewertungs-

prozesses nicht unmittelbar zu quantifizieren sind.15

Anders als finanzwirtschaftliche

und operative Risiken finden erfolgskritische qualitative Faktoren – wie beispielsweise

die akquisitionsbedingte Mitarbeitermotivation, Strategiekonzepte oder kulturelle Un-

terschiede – trotz ihrer betonten Wichtigkeit16

häufig nur durch Scoring-Modelle Be-

rücksichtigung.17

Damit bleibt eine monetäre Verbindung dieser Größen mit der

integrierten deterministischen bzw. stochastischen Planrechnung weitgehend aus.18

Nicht-quantifizierbare Risiken darf es in der Unternehmensbewertung eigentlich nicht

geben, weil jeder Investor sein Engagement und damit seine Kaufpreisvorstellung letzt-

lich von der prognostizierten Chancen- und Risikostruktur abhängig macht.19

Insbeson-

dere bei kleineren Unternehmen ohne ausreichende Diversifikation nehmen weiche Fak-

toren häufig die Rolle eines „leading indicators“ ein, d.h. die qualitativen Einflussgrö-

14

Die Grundzüge der Fuzzy-Ansätze (engl. für vage, unbestimmt) gehen auf den polnischen Logiker

Jan Lukasiewicz – der in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die unscharfe Logik als di-

rekte Erweiterung der binären Logik herausarbeitete – zurück. Zur Geschichte vgl. Karagiannis,

D./Telesko, R.: Wissensmanagement, S. 195-206 sowie Kosko, B.: Zukunft ist fuzzy, S. 40-43.

15 Vgl. Vester, V.: Vernetztes Denken, S. 20 und S. 99.

16 Vgl. Fülbier, R./Niggemann, T./Weller, M.: FB 2008, S. 807; Popp, M.: Lageanalyse, S. 202-205.

17 Vgl. hierzu auch die Studie von D.I.R.K. e.V.: Corporate Perception on Capital Markets sowie Fink,

S.: Bewertungsprobleme, S. 261-263.

18 Vgl. Reinhart, G./Krebs, P./Haas, M./Zäh, M.: ZWF 2008, S. 845.

19 Vgl. Gleißner, W./Mott, B.: ZRFG 2008, S. 53-63.

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56

ßen laufen meist der Entwicklung der erfolgs- bzw. finanzwirtschaftlichen quantitativen

Größen voraus.20

Es ist daher nach einem Bewertungssystem zu suchen, das eine Menge von quantitati-

ven und qualitativen Risikoaspekten abbilden kann, die allein betrachtet eventuell un-

problematisch sind, im Zusammenspiel für einen Investor aber entscheidungsrelevant

werden können.21

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass auch innerhalb der vorgelagerten

qualitativen Einflussgrößen verschiedene kettenartige kausale Verknüpfungen möglich

sind.22

Beispielsweise hängt die Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit (hier

mit der Variable bzw. Ergebnisgröße „Publik“ bezeichnet) sowohl davon ab, welche

eigenen Marketingmaßnahmen das Unternehmen ergreift (Variable bzw. Einflussgröße

„Marketing“) als auch davon, wie das Unternehmen in der Presse dargestellt wird (Va-

riable bzw. Einflussgröße „Presseecho“):

Publik

Marketing

Presseecho

Publik

Marketing

Presseecho

Abb. 4: Einflussgrößen auf die Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit

Im konkreten Fall könnte für die Ausprägungen der Einflussgrößen gelten:

Marketing = „niedrig“

Presseecho = „negativ“

20

Vgl. Hayn, M.: Junge Unternehmen, S. 676-677; Helbling, C.: Kleine und mittlere Unternehmen,

S. 715-716; Vater, H./Meckel, M./Hoffmann, C./Fieseler, C.: DB 2008, S. 2605.

21 Ähnlich Eickemeier, S.: Fuzzy-Entscheidungsmodelle, S. 664; Krebs, P./Müller, N./Reinhardt, S./

Schellmann, H./von Bredow, M./Reinhart, G.: ZWF 2009, S. 178.

22 Zu Einflussfaktorennetzen vgl. Dietrich, R.: Methoden, S. 89.

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57

Hieraus würde sich zum Beispiel – auf Basis bekannter oder noch zu erhebender Daten,

die zusammen eine sog. Wissensbasis ergeben (vgl. hierzu Kap. 2.4) – für die Ergebnis-

größe Publik eine Ausprägung von Publik = „schlecht“ ergeben:

Publik„schlecht“

Marketing„niedrig“

Presseecho„negativ“

Publik„schlecht“

Marketing„niedrig“

Presseecho„negativ“

Abb. 5: Zusammenhänge zwischen den Einflussgrößen

Unter Unsicherheit sind die Merkmalsausprägungen allerdings nicht eindeutig definiert.

Versucht man im Rahmen einer Due Diligence die Einflussgröße Presseecho zu erhe-

ben, so müssen hierfür vom Team beispielsweise fünf Zeitungsberichte eingestuft wer-

den.

(1) Die Erfassung könnte als erstes durch (subjektive) Abschätzung und Einordnung auf

einer Ordinalskala erfolgen:

„negativ

_groß“

„negativ“ „neutral“ „positiv“ „positiv

_groß“

Zeitung 1 X

Zeitung 2 X

Zeitung 3 X

Zeitung 4 X

Zeitung 5 X

Gesamt X

Tab. 1: Einordnung der Einflussgröße Presseecho

Anschließend wird mittels Durchschnittsbildung ein Gesamturteil abgeleitet, wel-

ches hier z.B. „negativ“ lauten würde (mit leichter Tendenz zu „neutral“). Ebenso

wäre es auch möglich, die verschiedenen Einschätzungen der Due Diligence Team-

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58

mitglieder zu aggregieren. Nachteilig hieran ist, dass die Informationen über die

Streuung der Ergebnisse verloren gehen, welche aber für die Risikoeinstufung von

zentraler Bedeutung ist.

(2) Eine Alternative, die auf der Theorie unscharfer Mengen beruht (vgl. hierzu

Kap. 2.3), würde hingegen die möglichen Merkmalsausprägungen „negativ_groß“,

„negativ“, „neutral“, positiv“ und „positiv_groß“ beibehalten. Für jede Ausprägung

wird jedoch ein „Zugehörigkeitsmaß“ angegeben. Letzteres ist größer, je „passen-

der“ der qualitative Ausdruck für den untersuchten Sachverhalt ist. Die Summe aller

„Zugehörigkeitsmaße“ muss dabei nicht eins ergeben. Im Beispiel:

Merkmalsausprägungen Zugehörigkeitsmaß

„negativ_groß“ 0,1

„negativ“ 0,5

„neutral“ 0,2

„positiv“ 0,0

„positiv_groß“ 0,0

Tab. 2: Ausgestaltung der Merkmalsausprägungen der Einflussgröße Presseecho

Mit Techniken des sog. „Unscharfen Schließens“ (vgl. hierzu Kap. 5.3) ist es mög-

lich, die Ausprägungen bei „Presseecho“ und „Marketing“ zu verarbeiten und eine

ebenfalls unscharfe Ergebnismenge für die Variable „Publik“ abzuleiten:

Publik

Marketing

Presseecho

0,0„positiv_groß“

0,0„positiv“

0,2„neutral“

0,5„negativ“

0,1„negativ_groß“

ZugehörigkeitsmaßAusprägungen

0,0„sehr_hoch“

0,0„hoch“

0,1„mittel“

0,8„niedrig“

0,1„sehr_niedrig“

ZugehörigkeitsmaßAusprägungen

0,0„sehr_gut“

0,0„gut“

0,1„mittel“

0,4„schlecht“

0,3„sehr_schlecht“

ZugehörigkeitsmaßAusprägungen

Publik

Marketing

Presseecho

Publik

Marketing

Presseecho

0,0„positiv_groß“

0,0„positiv“

0,2„neutral“

0,5„negativ“

0,1„negativ_groß“

ZugehörigkeitsmaßAusprägungen

0,0„sehr_hoch“

0,0„hoch“

0,1„mittel“

0,8„niedrig“

0,1„sehr_niedrig“

ZugehörigkeitsmaßAusprägungen

0,0„sehr_gut“

0,0„gut“

0,1„mittel“

0,4„schlecht“

0,3„sehr_schlecht“

ZugehörigkeitsmaßAusprägungen

Abb. 6: Grundprinzip des Unscharfen Schließens

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59

Solche Zusammenhänge lassen sich selbstverständlich auch zwischen mehreren Stufen

herstellen. Das obige (Teil-)Ergebnis „Publik“ wäre dann beispielsweise die Einfluss-

größe für eine nachgelagerte Variable „Kundentreue“. Die „Kundentreue“ wiederum hat

einen Einfluss auf die Absatzmenge. Damit kann ein Übergang auf den quantitativen

Teil des Bewertungsmodells und eine Einbettung in die Monte-Carlo Simulation vorge-

nommen werden. Für die Unternehmensbewertung ist natürlich die Güte der hypotheti-

schen Verbindungen zwischen dem monetären Modellteil und den tiefer liegenden Ur-

sache-Wirkungs-Ketten von entscheidender Bedeutung.23

2.2 Formen der Unsicherheit

Auf den Unternehmenswert wirkende Faktoren bzw. Risiken können sowohl quantitati-

ver als auch qualitativer Natur sein.

Im Gegensatz zu qualitativen Faktoren können sicher eintretende quantitative Faktoren

durch eindeutige Zahlen ausgedrückt, also scharf beschrieben werden (beispielsweise

als zu prognostizierende Fixkosten aus Mietverträgen). Eine stochastische Unsicherheit

liegt dann vor, wenn zwar eine scharfe Beschreibung möglich ist (z.B. als Absatzpreis

oder Absatzmenge), die zu beschreibende quantitative Größe aber nicht die einzige

Möglichkeit darstellt.

Stochastischen Unsicherheiten werden daher Eintrittswahrscheinlichkeiten zugerechnet.

Sind die zukünftig möglichen Umweltzustände genau quantifizierbar, ohne aber zu wis-

sen, welcher dieser Zustände tatsächlich eintreten wird, handelt es sich um eine infor-

mationsorientierte Unsicherheit.24

Die wirkungsorientierte Unsicherheit ist – als zweite

Ausprägung der stochastischen Unsicherheit – als Chance bzw. Gefahr zu verstehen,

dass eine prognostizierte scharfe Größe vom gesetzten Ziel abweicht (z.B. die prognos-

tizierte Absatzmenge). Diese möglichen Abweichungen lassen sich durch die Wahr-

scheinlichkeitstheorie ausdrücken, indem den prognostizierten Werten bestimmte Wahr-

scheinlichkeitsverteilungen zugewiesen werden. Beide Konzepte haben damit gemein-

23

Vgl. Rappaport, A.: Creating, S. 81.

24 Vgl. Bennert, R.: Soft-Computing Methoden, S. 33; Reinhart, G./Krebs, P./Haas, M./Zäh, M.: ZWF

2008, S. 846. Die informationsorientierten Unsicherheiten werden im Folgenden nicht näher betrach-

tet.

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60

sam, dass sie – anders als die linguistische Unsicherheit – auf quantifizierbare Chancen

und Risiken abzielen und sich über die Monte-Carlo Simulation abbilden lassen.

Unsicherheit

quantitativ qualitativ

stochastische

Unsicherheit

(z.B. Absatzmenge, Absatzpreise)

Beschreibung

scharf

Beschreibung unscharf(terminologisch/ relational)

linguistische

Unsicherheit

(z.B. Kulturunterschiede,

öffentliche Wahrnehmung)

Fu

zzy

-Set

Th

eorie

Mo

nte

-Ca

rlo S

imu

latio

n

Unsicherheit

quantitativ qualitativ

stochastische

Unsicherheit

(z.B. Absatzmenge, Absatzpreise)

Beschreibung

scharf

Beschreibung unscharf(terminologisch/ relational)

linguistische

Unsicherheit

(z.B. Kulturunterschiede,

öffentliche Wahrnehmung)

Fu

zzy

-Set

Th

eorie

Mo

nte

-Ca

rlo S

imu

latio

n

Abb. 7: Abgrenzung zwischen stochastischer und linguistischer Unsicherheit

Qualitative Risiken, wie beispielsweise die öffentliche Wahrnehmung des Unterneh-

mens, die Leistungsfähigkeit des bisherigen Managements oder Kulturunterschiede zwi-

schen zwei Unternehmen, lassen sich nur unscharf beschreiben. Unscharfe Angaben

entstehen dadurch, dass die Mehrzahl menschlicher Gedankengänge nur durch – der

Allgemeinheit nicht und nur schwer interpretierbare – Attribute, wie etwa „ausrei-

chend“, „genügend“, „stark“ oder „schwach“ zum Ausdruck gebracht werden können.25

In diesem Zusammenhang spricht man von intrinsischer, lexikalischer oder terminologi-

scher Unschärfe, die die inhaltliche Unsicherheit oder Undefiniertheit von Wörtern und

Sätzen zum Ausdruck bringt (z.B. „starke“ Kulturunterschiede).26

Aussagen, in denen die Beziehungen zwischen den betrachteten Objekten oder Sach-

verhalten keinen scharfen oder zweiwertigen Zusammenhang haben (z.B. stimmt oder

stimmt nicht), werden als unscharfe Relationen bezeichnet.27

Terminologische Unschär-

fen und unscharfe Relationen bilden zusammen die linguistische Unsicherheit.28

Letzte-

re steht im Mittelpunkt der sog. Fuzzy-Set Theorie.

25

Vgl. Theileis, U./Kalhoff, A.: ZfgK 2000, S. 32.

26 Vgl. bspw. Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 16; Mißler-Behr, M.: Fuzzybasierte

Controllinginstrumente, S. 24.

27 Unscharfe Relationen werden im Folgenden vernachlässigt.

28 Vgl. Rosenkranz, F./Mißler-Behr, M.: Unternehmensrisiken, S. 94.

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61

2.3 Fuzzy-Set Theorie

Linguistische Variablen bzw. unscharfe Einflussgrößen lassen sich mit Hilfe sog.

Fuzzy-Mengen (engl. Fuzzy-Sets) quantitativ bewerten. Während bei der binär-scharfen

0;1-Logik beispielsweise eine bestimmte Kundentreue beim Zielunternehmen als abso-

lut hoch (1) oder nicht hoch (0) angesehen wird, arbeitet die Fuzzy-Set Theorie mit ei-

ner differenzierten Bewertung über sog. Zugehörigkeitsfunktionen.29

Die Fuzzy-Set Theorie geht also von der einfachen Annahme aus, dass ein Element

(= unscharfe Einflussgröße) nur zu einem bestimmten Grad zu einer Menge gehören

kann.30

Die Zugehörigkeitsfunktion bringt somit den Grad der Zugehörigkeit eines Ele-

ments zu einem unscharfen Term zum Ausdruck.31

Dabei lassen sich ordinalskalierte Ausprägungen und reelwertige Ausprägungen der

Einflussgröße unterscheiden.

Beispiel (1): Ordinalskalierte Ausprägung

Für die unscharfe Einflussgröße Presseecho gilt etwa (vgl. Kap. 2.1):

Name der linguistischen Variable

(= unscharfe Einflussgröße):

Presseecho

Termmenge

(= Merkmalsausprägungen der linguistischen Variable):

„negativ_groß“, „negativ“, „neutral“,

„positiv“, „positiv_groß“

Tab. 3: Termmenge der linguistischen Variable Presseecho

In einem konkreten Bewertungsfall kann das Presseecho direkt durch den Bewerter, das

von ihm eingesetzte Due Diligence Team und/oder externe Experten eingestuft werden.

29

Vgl. bspw. Erben, R. F.: Fuzzy-Logic, S. 82-83. Vgl. zur Fuzzy-Mathematik Rommelfanger, H.: OR

Spektrum 15/1993, S. 31-42.

30 Vgl. de Almeida Cunha, C.: Strategiealternativen, S. 79; Schroll, A.: Fuzzy-Control, S. 102.

31 Vgl. Beemelmann, T.: Fuzzy-Systems, S. 170.

Page 71: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

62

Weil die Einordnung der „Tonfalls“ unterschiedlicher vorliegender Zeitungsberichte

durch mehrere Personen kein scharfes, eindeutiges Ergebnis ergibt, könnte die Einstu-

fung nach Zugehörigkeitsgraden etwa wie folgt gelautet haben (vgl. Kap. 2.1):

Ausprägung der Termmenge Zugehörigkeitsgrad

„negativ_groß“ 0,1

„negativ“ 0,5

„neutral“ 0,2

„positiv“ 0,0

„positiv_groß“ 0,0

Tab. 4: Zugehörigkeitsgrade der einzelnen Terme

Je höher der Zugehörigkeitsgrad ist, desto eher trifft die Beschreibung aus der

Termmenge für die konkrete Berichterstattung zu.

Beispiel (2): Reellwertige Ausprägung

In manchen Fällen bedient man sich zur Konstruktion des Modells jedoch eines Um-

wegs über eine reellwertige, quantitative Größe (= scharfe Basisvariable).

Beispielsweise sollen die Zugehörigkeitsgrade der linguistischen Variable Kundentreue

aus dem Kundenzufriedenheitsindex abgeleitet werden. Hierzu werden die in Abb. 8

dargestellten fünf Terme, die jeweiligen Definitionsbereiche sowie der Zugehörigkeits-

funktionstyp formuliert.

Für die unscharfe Einflussgröße Kundentreue ergibt sich beispielsweise folgendes Bild:

Name der linguistischen Variable: Kundentreue

Termmenge: Definitionsbereich: „sehr_niedrig“ 0-25 Punkte

„niedrig“ 20-47 Punkte

„mittel“ 35-65 Punkte

„hoch“ 53-80 Punkte

„sehr_hoch“ 68-100 Punkte

Funktionstyp: überlappende Dreiecksfunktion

Tab. 5: Daten zur Einflussgröße Kundentreue

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63

Graphisch lässt sich der Sachverhalt somit wie folgt darstellen:

Zugehörigkeitsgrad

mittel

vom Grad 0,6

niedrig

vom Grad 0,19

100

mögliche Ausprägungen der Kundenzufriedenheit beim Zielunternehmen

(= scharfe Basisvariable)

Kundentreue (= linguistische Variable)

sehr niedrig niedrig sehr hochhochmittel

1

0

45

Kundenzufriedenheit in Punkten

linguistische Terme (Termmenge)

50

35 65

Zugehörigkeitsgrad

vom Grad 0,6

niedrig

vom Grad 0,19

100

mögliche Ausprägungen der Kundenzufriedenheit beim Zielunternehmen

(= scharfe Basisvariable)

Kundentreue (= linguistische Variable)

sehr niedrig niedrig sehr hochhochmittel

1

0

45

Kundenzufriedenheit in Punkten

linguistische Terme (Termmenge)

50

35 65

Zugehörigkeitsgrad

mittel

vom Grad 0,6

niedrig

vom Grad 0,19

100

mögliche Ausprägungen der Kundenzufriedenheit beim Zielunternehmen

(= scharfe Basisvariable)

Kundentreue (= linguistische Variable)

sehr niedrig niedrig sehr hochhochmittel

1

0

45

Kundenzufriedenheit in Punkten

linguistische Terme (Termmenge)

50

35 65

Zugehörigkeitsgrad

vom Grad 0,6

niedrig

vom Grad 0,19

100

mögliche Ausprägungen der Kundenzufriedenheit beim Zielunternehmen

(= scharfe Basisvariable)

Kundentreue (= linguistische Variable)

sehr niedrig niedrig sehr hochhochmittel

1

0

45

Kundenzufriedenheit in Punkten

linguistische Terme (Termmenge)

50

35 65

Abb. 8: Beispiel für eine Zugehörigkeitsfunktion in der Unternehmensbewertung

Eine Kundenzufriedenheit wird bei 50 Punkten demnach als vollständig „mittelwertige“

Kundentreue identifiziert. Folglich wird ihr ein Zugehörigkeitsgrad von 1 zugeordnet,

der die volle Zugehörigkeit zur Fuzzy-Menge „mittel“ widerspiegelt. In den linken und

rechten Bereichen dieses Punktwerts (50) nimmt der Zugehörigkeitsgrad jeweils ab.

Eine Kundenzufriedenheit in diesen Bereichen wird damit nicht mehr als (eine vollwer-

tig) „mittelwertige“ Kundentreue betrachtet.

So ergibt sich bei einem Punktwert des Kundenzufriedenheitsindizes von 45 beispiels-

weise eine „mittelwertige“ Kundentreue vom Zugehörigkeitsgrad 0,6. Gleichzeitig wird

eine zweite Termausprägung („niedrige“ Kundentreue) angesprochen, d.h. die Kunden-

treue ist bei 45 Punkten des Kundenzufriedenheitsindizes zugleich mit einem Zugehö-

rigkeitsgrad von 0,19 als „niedrig“ einzustufen. Falls die Kundenzufriedenheit mit klei-

ner gleich 35 bzw. größer gleich 65 Punkten ermittelt wird, ergibt sich für den Term

Page 73: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

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„mittel“ jeweils ein Zugehörigkeitsgrad von 0. Diese Ausprägungen sind folglich nicht

mehr Elemente des Terms „mittel“.32

Insbesondere die Ermittlung der Zugehörigkeitsgrade stellt eine besondere Aufgabe im

Rahmen der Due Diligence dar (vgl. ausführlich Kap. 5.2).

2.4 Wissensbasierte Systeme

Grundsätzlich wird die Fuzzy-Set Theorie heute durch Einsatz entsprechender Soft-

wareprogramme unterstützt, die das bewertungsrelevante Fakten- und Regelwissen in

einer sog. Wissensbasis33

speichern und/oder Methoden zur Ableitung von Schlussfol-

gerungen (sog. Inferenzkomponente) beherrschen. Zusätzlich sollten die eingesetzten

Softwarelösungen auch eine Erklärungs- und eine Dialogkomponente enthalten:

Dialogkomponente Wissenserwerbskomponente

Wissensbasis

Inferenzkomponente

Erklärungskomponente

Faktenwissen und Regelwissen

Regelwissen

Dialogkomponente Wissenserwerbskomponente

Wissensbasis

Inferenzkomponente

Erklärungskomponente

Faktenwissen und Regelwissen

Regelwissen

Abb. 9: Grundlegender Aufbau eines wissensbasierten Systems

Faktenwissen

Als Ausgangspunkt aller weiteren Verarbeitungsschritte ist die Wissensbasis mit ent-

sprechendem Datenmaterial anzureichern (Wissenserwerb), welches das sog. Fakten-

wissen enthält.34

Das Faktenwissen beinhaltet das Wissen über alle unscharfen Ein-

flussgrößen, welche Ausgangspunkt der Berechnung im Rahmen des Modells sind.

32

Vgl. allgemein Borgelt, C./Klawonn, F./Kruse, R./Nauck, D.: Neuro-Fuzzy-Systeme, S. 154.

33 Ein Softwareüberblick zu wissensbasierten Programmen geben bspw. Dobler, T./Lambert, A.: KSI

2010, S. 171-175.

34 Vgl. Beemelmann, T.: Fuzzy-Systems, S. 162.

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Dazu zählen beispielsweise die vom Bewerbungsteam erhobenen Zugehörigkeitsgrade

(Merkmalsausprägung(en)) der linguistischen Variablen Marketing und Presseecho (vgl.

Kap. 2.1):

Faktenwissen über die

linguistische Variable „Marketing“ linguistische Variable „Presseecho“

Termmenge Zugehörigkeitsgrad Termmenge Zugehörigkeitsgrad

„sehr_niedrig“ 0,1 „negativ_groß“ 0,1

„niedrig“ 0,8 „groß“ 0,5

„mittel“ 0,1 „neutral“ 0,2

„hoch“ 0,0 „positiv“ 0,0

„sehr_hoch“ 0,0 „positiv_groß“ 0,0

Tab. 6: Erhobenes Faktenwissen

Regelwissen

Das Regelwissen umfasst als zweiter Teil der Wissensbasis die Kenntnisse über das

Zusammenwirken verschiedener unscharfer Einflussgrößen (linguistischer Variablen).35

Um diese Zusammenhänge verknüpfen zu können, sind die unscharfen Einflussgrößen

unter Zuhilfenahme sog. Regelblöcke zu aggregieren.

Ein Beispiel für einen Regelblock wäre die Variable Publik, deren Ergebnis die Wahr-

nehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit widerspiegelt (vgl. Kap. 2.1). Der

Ausgang eines Regelblocks stellt damit eine aggregierte (Zwischen-)Ergebnisgröße

einzeln verknüpfter unscharfer Einflussgrößen dar. Dabei kann das aggregierte Ergebnis

eines Regelblocks wiederum als Einflussgröße Bestandteil eines übergeordneten Regel-

blocks sein.

Inferenzkomponente

Die Inferenzkomponente bildet das Herzstück eines wissensbasierten Systems und ent-

hält quasi das Wissen über die Verarbeitung des Fakten- und Regelwissens.36

Bei-

spielsweise versucht das Programm die voraussichtliche Absatzmenge zu bestimmen.

35

Vgl. Kratzberg, F.: Fuzzy-Szenario-Management, S. 119.

36 Vgl. allgemein Momsen, B.: Wissensmanagement, S. 70.

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66

Im Faktenwissen der Wissensbasis ist die entsprechende Information zunächst nicht

enthalten.

Die Wissensbasis enthält dafür aber eine Regel (Regelwissen), welche besagt, dass

die Absatzmenge u.a. von der unscharfen Einflussgröße Kundentreue abhängt. Die

Ausprägung der Variablen Kundentreue ist allerdings zunächst ebenfalls nicht im

Faktenwissen vorhanden.

Allerdings findet das Programm im Regelwissen eine weitere Regel. Demnach

hängt die Kundentreue u.a. von der öffentlichen Wahrnehmung, also von der Vari-

ablen Publik ab. Die Ausprägung der Variable Publik ist allerdings ebenfalls nicht

im gespeicherten Faktenwissen vorhanden.

Deshalb sucht und findet die Software Einflussgrößen auf die Variable Publik. Das

Ergebnis der Variablen Publik hängt demzufolge von den beiden Einflussgrößen

Marketing und Presseecho ab. Beide Informationen lassen sich dem, beispielsweise

durch die Due Diligence Review ermittelten, Faktenwissen entnehmen. Deshalb

wendet das System diese Regel an und leitet aus den Variablen Marketing und Pres-

seecho den Wert für die Variable Publik ab.

Hierdurch ist auch die Variable Publik, die zugleich einen Regelblock darstellt, be-

kannt und kann in die Regel zur Ermittlung der Kundentreue eingesetzt werden.

Aus der Variable Kundentreue und weiteren Daten ergibt sich schließlich die Vari-

able Absatzmenge.

Durch die geschilderte Regelverkettung wurde die gesuchte Information aus der Wis-

sensbasis abgeleitet.

Im Ergebnis ist die Wirkungsweise der Inferenzkomponente daher mit dem Lösungssys-

tem einer Tabellenkalkulationssoftware vergleichbar. Letztere verknüpft die in einzel-

nen Zellen gespeicherten Daten (Faktenwissen) durch Formeln mit Zellbezügen (Re-

gelwissen) in der richtigen Berechnungsreihenfolge untereinander, um schließlich das

gewünschte Endresultat zu ermitteln.

Page 76: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

67

Dialog- und Erklärungskomponente

Die Dialogkomponente stellt die Schnittstelle zwischen dem menschlichen Benutzer

und dem Inhalt wissensbasierter Systeme dar.37

Auch die eingesetzte Fuzzy-Software

sollte stets über eine entsprechende Schnittstelle verfügen, um in der Wissensbasis ab-

gelegtes Wissen (z.B. über die Branche, die globale Umwelt und das zu bewertende

Unternehmen) einfach in die Fuzzy-Inferenz überführen und verarbeiten zu können.

Die Erklärungskomponente hat zur Aufgabe – entsprechend den Grundsätzen ord-

nungsmäßiger Unternehmensbewertung – die Nachvollziehbarkeit der einzelnen kausal

zusammenhängenden Ereignisabfolgen innerhalb eines Regelblocks und ihrer Verknüp-

fungen zu den übergeordneten Hierarchien im Fuzzy Business Risk Model aufzuzei-

gen.38

Somit können auf jeder Hierarchiestufe die angesprochenen Regelblöcke identifi-

ziert und ihr Einfluss auf die Gesamtergebnisgröße intersubjektiv nachvollzogen wer-

den.39

Dies ist insofern wichtig, als dass die richtige Definition der Regelsätze eine

Grundbedingung für eine erfolgreiche Bewertung darstellt.40

2.5 Besonderheiten der Due Diligence

Mit Hilfe der Due Diligence Review soll durch den Käufer und/oder dessen Beauftragte

(Wirtschaftsprüfer, Rechtsberater, etc.) eingehend und sorgfältig geprüft werden, ob das

zu übernehmende Unternehmen den grundsätzlichen Erwartungen des Käufers ent-

spricht.41

Dabei ist ein wesentliches Ziel der Due Diligence die Risikominimierung für

den Käufer.42

Ein Hauptanliegen ist es daher, die der Bewertung zugrunde gelegten An-

nahmen selbst festzulegen oder die Annahmen Dritter Plausibilitätstests zu unterziehen.

37

Vgl. Bennert, R.: Soft-Computing Methoden, S. 60.

38 Vgl. allgemein Bagus, T.: Wissensbasierte Bonitätsanalyse, S. 44-45.

39 Vgl. allgemein zum Inhalt der Erklärungskomponente Puppe, F.: Expertensysteme, S. 135-136.

40 Vgl. Reinhart, G./Krebs, P./Haas, M./Zäh, M.: ZWF 2008, S. 848.

41 Vgl. Helbling, C.: Due Diligence Review, S. 235.

42 Vgl. Bömelburg, P.: Vorbereitung, S. 164.

Page 77: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

68

Die Einbindung der Fuzzy-Set Theorie in die stochastische Unternehmensbewertung

stellt an die Due Diligence Review allerdings einige Anforderungen:

Den Ausgangspunkt bildet die Erstellung des Fuzzy Business Risk Models, in dem

die wesentlichen qualitativen Risiken identifiziert und strukturiert dargestellt wer-

den.

Des Weiteren bildet der vollständige Wissenserwerb über das Fakten- und Regel-

wissen eine wichtige Erfolgskomponente. Neben der Formulierung von sog. WENN

... DANN ... - Regelsätzen stehen die Ermittlung der Zugehörigkeitswerte

(Fuzzyfizierung) einzelner Variablen im Aufgabenspektrum des Due Diligence

Teams.43

Die Risikoaggregierung zu einer unscharfen Fuzzy-Menge und die abschließende

Umrechnung in quantitativ rechenbare Werte des Business Risk Models

(Defuzzyfizierung) stellen weitere Herausforderungen dar, die das Due Diligence

Team zu meistern hat.

Die folgenden Ausführungen verdeutlichen die einzelnen Arbeitsschritte näher.

43

Vgl. allgemein Schroll, A.: Fuzzy-Control, S. 138.

Page 78: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

69

3 Erstellung des Fuzzy Business Risk Models

3.1 Retrograde Risikoanalyse

Während im klassischen Risikomanagementprozess die progressive Methode von den

identifizierten Risikoursachen ausgeht und deren Einflüsse bis hin zu den Sicherheits-

zielen – beispielsweise der Generierung eines prognostizierten Plan-Cashflows – ver-

folgt, setzt die retrograde Methode entgegengesetzt an.44

Abb. 10: Fuzzy Business Risk Model

Das unternehmensspezifische Ursachen-Wirkungs-Geflecht wird hier ausgehend von

der Businessplanung (Business Risk Model) durchdrungen, indem diejenigen Faktoren

identifiziert und modularisiert werden, die die jeweilige Größe der Planrechnung (z.B.

Absatzmenge bzw. Umsatzerlöse) wesentlich beeinflussen.

44

Vgl. Wolf, K./Runzheimer, B.: Risikomanagement, S. 42.

Umsatzerlöse

Materialaufwand

Personalaufwand

Investitionen ins

Anlagevermögen

sonstige

Aufwendungen (Integrationskosten,

Abfindungszahlungen)

diverse sonstige

Posten ei

ei

ei

ei

ek

ki

ei

ei

scharfe Größen der

Businessplanung (Business Risk Model)

ek

ek

ek

ek

Monte-Carlo

Simulation

FreeCashflow/Unternehmenswert

Wa

hrs

chei

nli

chke

it

Einflussfaktoren auf die Perioden-Cashflows/Unternehmenswert

scharfer Zusammenhang

unscharfer Zusammenhang

ek

ei

unscharfe quantitative Ergebnisgröße (Regelblock)

unscharfe qualitative Einflussgröße

Fuzzy Business Risk Model

Page 79: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

70

Auch die Risikoidentifikation im Rahmen der Fuzzy-Set Theorie greift auf die retrogra-

de Methode zurück. Ein quantitativ scharfes Risiko ist beispielsweise das Risiko eines

Absatzmengen- und damit Umsatzeinbruches. Die relevante scharfe Zielgröße in der

Planrechnung stellt die Absatzmenge dar. Das beschriebene Risiko kann beispielsweise

durch den Wegfall eines wichtigen Vertriebspartners ausgelöst werden. Zwischen dem

Ausfall des Vertriebspartners und der Absatzmenge (Umsatzerlöse) besteht somit ein

scharfer Zusammenhang.

3.2 Auswahl wesentlicher qualitativer Risikofaktoren

Fraglich ist nun, welche unscharfen Einflussgrößen ei bzw. Zusammenhänge – d.h. qua-

litative Risiken – in ihrer aggregierten Wirkung zum Ausfall des Vertriebspartners füh-

ren. Darüber hinaus kann die Absatzmenge von weiteren unscharfen Einflussgrößen ei

abhängen (z.B. der Produktqualität). Auch die qualitativen Risiken selbst werden wiede-

rum von einer Vielzahl von Faktoren (z.B. Qualität der Zulieferteile zur Bestimmung

der Qualität der Produkte) gesteuert (vgl. Abb. 10).

Zur Strukturierung des Problems wird empfohlen, für Teilbereiche der Due Diligence

sog. Risikoworkshops durchzuführen (vgl. Tab. 7).45

Aufgabe der jeweiligen Work-

shops ist es, die wesentlichen Risiken des identifizierten Risikoinventars im Sinne einer

Rückwärtsverkettung auf ihre einzelnen Einflussgrößen ei herunterzubrechen. Dabei ist

zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der „Mikronisierung“ der Risiken Überschnei-

dungen in den Zuständigkeitsbereichen der einzelnen Due Diligence Teams ergeben

können (z.B. weil das Großkundenrisiko insbesondere von der Kundentreue abhängt

(Commercial/Market Due Diligence Team) und diese wiederum von der ökologischen

Nachhaltigkeit des Unternehmens bestimmt sein könnte (Environmental Due Diligence

Team)).

45

Zum Ablauf eines Due Diligence Prozesses vgl. Kulhavy, H./Unzeitig, E.: UM 2004, S. 445-451.

Page 80: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

71

wesentliche Risiken

(Risikoinventar) Zuständigkeitsbereich Workshop

mögliche

Teammitglieder

Portfoliorisiko Strategic

Due Diligence Team/

Human Resources

Workshop

„Strategie“ und

„Personal“

Strategieberater, externe

Berater, Mitarbeiter des

strategischen Control-

lings, Personalexperten

Trendchance/

Managementqualität

Kundentreue

CCommercial/Market

Due Diligence Team

Workshop

„Operatives Geschäft“

Controller, Disponenten,

Marktstrategen,

Finanzexperten

Vertriebsprozessrisiko

Rohstoffpreisrisiko

Markteintritt/-austritt

Zinsrisiko

Financial

Due Diligence Team

Workshop

„Finanzen“

Finanzexperten

(Corporate Finance),

externe Berater Währungsrisiko

Liquiditätsrisiko

Produkthaftungsrisiko

Legal/Environmental

Due Diligence Team

Workshop

„Recht“ und „Umwelt“

Juristen, externe Berater

und Gutachter Nachhaltigkeit

Umweltrisiko (Emission)

Tab. 7: Workshopbildung im Due Diligence Prozess

Die Rückwärtsverkettung gibt zugleich allen Beteiligten der Workshops die Möglich-

keit, sich aktiv mit eigenen Ideen einzubringen. Dadurch wird gewährleistet, dass allen

Teammitgliedern die gleichen Informationen und die gleichen Wahrnehmungen über

die Risikosituation des zu bewertenden Unternehmens vermittelt werden. Abschließend

werden die Ergebnisse der jeweiligen Workshops in Zusammenarbeit der Teamleiter in

ein einheitliches Fuzzy Business Risk Model überführt (vgl. Abb. 10).

Um diese Zielsetzungen zu gewährleisten, kommt dem jeweiligen Teamleiter eine hohe

Bedeutung zu:46

Als Moderator der einzelnen Workshops bietet sich der Teamleiter eines Zuständig-

keitsbereiches an, wobei bereits an dieser Stelle darauf zu achten ist, dass – anders

als die einzelnen Mitglieder des Teams – dieser auch über ein Wissen hinsichtlich

der Theorie unscharfer Mengen besitzen sollte.47

Die Teamleiter müssen alle wichtigen Informationen über die Risiken, die im Risi-

koinventar identifiziert wurden und nun ggf. auf Mikroebene, d.h. auf ihre (unschar-

46

Vgl. allgemein Kegel, K. P.: Risikoanalyse, S. 251; Mootz, C.: Risikoanalyse, S. 133-134; Scholl, A.:

Befragung, S. 120.

47 Ähnlich Kratzberg, F.: Fuzzy-Szenario-Management, S. 122.

Page 81: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

72

fen) Einflussgrößen herunterzubrechen sind, vor dem eigentlichen Workshop allen

Teammitgliedern in verständlicher Weise zukommen lassen.

Des Weiteren muss der Teamleiter alle Mitglieder des jeweiligen Due Diligence

Teams in die Debatte einbinden und die Diskussion ziel- und problemorientiert füh-

ren.

Der jeweilige Teamleiter hat dafür Sorge zu tragen, dass die Diskussion über die

Wirkung und Bedeutung einzelner Einflussgrößen ei, ihre Struktur und ihre mögli-

chen Verbindungen zu anderen Bereichen der Due Diligence (und damit auch zu

anderen Risikoworkshops) im Mittelpunkt der Diskussion steht.

Nach Beendigung der Sitzung ist zeitnah eine Mitteilung an die Teilnehmer des

Workshops zu versenden. Diese enthält die ausgearbeitete Struktur des Fuzzy Busi-

ness Risk Models.

3.3 Einbettung der qualitativen Risikofaktoren ins Modell

Zur Bewertung, Aggregation und Interpretation der qualitativen Risikofaktoren muss

ein dreistufiger Prozess durchlaufen werden, der aus der Fuzzyfizierung der oben identi-

fizierten unscharfen Einflussgrößen ei, deren Verarbeitung in der Inferenzkomponente

sowie aus der Defuzzyfizierung besteht (vgl. Abb. 11).48

unscharfe

Einfluss-

größe

ej1

Fu

zzy

fizi

eru

ng

der

qu

ali

tati

ven

Ris

iken

(Erm

ittl

un

g v

on

Zu

geh

öri

gk

eits

gra

den

)

unscharfe

Einfluss-

größe

ej2

unscharfe

Einfluss-

größe

ejn

Inferenzkomponente(rechnerische Verarbeitung der

qualitativen Risiken)

Ag

gre

gati

on

Imp

lik

ati

on

Ak

ku

mu

lati

on

Def

uzzy

fizi

eru

ng

(Um

rech

nun

g i

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schar

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grö

ße)

unscharfe

Einfluss-

größe

ej1

Fu

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qu

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tati

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Ris

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(Erm

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un

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on

Zu

geh

öri

gk

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gra

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)

unscharfe

Einfluss-

größe

ej2

unscharfe

Einfluss-

größe

ejn

Inferenzkomponente(rechnerische Verarbeitung der

qualitativen Risiken)

Ag

gre

gati

on

Imp

lik

ati

on

Ak

ku

mu

lati

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Def

uzzy

fizi

eru

ng

(Um

rech

nun

g i

n e

ine

schar

fe E

rgeb

nis

grö

ße)

Abb. 11: Prozessschritte

48

Zu den Prozessschritten der Fuzzy-Set Theorie vgl. allgemein bspw. Beemelmann, T.: Fuzzy-

Systems, S. 168-176; Karagiannis, D./Telesko, R.: Wissensmanagement, S. 148-157; Werners, B.:

Wissensbasierte Systeme, S. 129-200; Zimmermann, H.-J.: Fuzzy Technologien, S. 91-102.

Page 82: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

73

Innerhalb des Fuzzy Business Risk Models werden die identifizierten und einzeln be-

werteten unscharfen Einflussgrößen ei – d.h. die qualitativen Risiken – über mehrere

Stufen aggregiert, jedoch in keine Wahrscheinlichkeitsverteilungen wie bei der Monte-

Carlo Simulation,49

sondern über ihre Implikationen in weitere unscharfe Fuzzy-

Mengen ek umgerechnet.50

Jede Fuzzy-Menge ek vereinigt alle vorgelagerten qualitati-

ven Einflussgrößen ei.

Am Ende muss die aggregierte Fuzzy-Menge aller qualitativen Risiken

entweder in einen deterministischen Wert oder – sofern die Unternehmensbewer-

tung als Monte-Carlo Simulation durchgeführt wird –

in eine Wahrscheinlichkeitsverteilung

überführt werden. 51

Man spricht hierbei von der sog. Verschärfung oder Defuzzyfizierung. Damit gehen

auch alle qualitativen Risikofaktoren in das stochastische Discounted Cashflow Model

(DCF-Model) als rechenbare Größen ein.

Zur Durchführung des dreistufigen Prozesses muss das oben dargestellte wissensbasier-

te System allerdings entsprechend erweitert werden (vgl. Abb. 12). Im Mittelpunkt steht

hierbei zunächst der Wissenserwerb, also die Anreicherung des Modells um bewer-

tungsrelevantes Wissen.

49

Vgl. Henselmann, K./Klein, M.: M&A Review 2010, S. 358.

50 Vgl. Reinhart, G./Krebs, P./Haas, M./Zäh, M.: ZWF 2008, S. 845.

51 Vgl. allgemein Momsen, B.: Wissensmanagement, S. 159.

Page 83: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

74

scharfes Ergebnis

(deterministisch oder stochastisch)

Due Diligence Team externe Experten

Dialogkomponente Wissenserwerbskomponente

Wissensbasis

Fuzzyfizierung(Risikobewertung der

identifizierten qualitativen

Risiken)

Inferenzkomponente(unscharfe Risikoaggregation

aller identifizierten qualitativen

Risiken)

Defuzzyfizierung(Transformation der

Fuzzy-Mengen in rechenbare

Größen)

ErklärungskomponenteBeeinflussung der

Erfolgsgröße der

Businessplanung

Faktenwissen und Regelwissen

RegelwissenFaktenwissen

Eingangsvariablen

Ausgangsvariablen

der Fuzzy-Inferenz

unscharfes Ergebnislinguistische Terme mit

Zugehörigkeitsgraden

Analyse der Risikostruktur

des Zielunternehmens

scharfes Ergebnis

(deterministisch oder stochastisch)

Due Diligence Team externe Experten

Dialogkomponente Wissenserwerbskomponente

Wissensbasis

Fuzzyfizierung(Risikobewertung der

identifizierten qualitativen

Risiken)

Inferenzkomponente(unscharfe Risikoaggregation

aller identifizierten qualitativen

Risiken)

Defuzzyfizierung(Transformation der

Fuzzy-Mengen in rechenbare

Größen)

ErklärungskomponenteBeeinflussung der

Erfolgsgröße der

Businessplanung

Faktenwissen und Regelwissen

RegelwissenFaktenwissen

Eingangsvariablen

Ausgangsvariablen

der Fuzzy-Inferenz

unscharfes Ergebnislinguistische Terme mit

Zugehörigkeitsgraden

Analyse der Risikostruktur

des Zielunternehmens

Abb. 12: Fuzzy-basierte Unternehmensbewertung

4 Wissenserwerb

4.1 Bedeutung

Die Wissenserwerbskomponente spielt bei der Gewinnung und Pflege des bewertungs-

relevanten und in der Wissensbasis gespeicherten Fakten- und Regelwissens eine tra-

gende Rolle. Aufbauend auf den grundsätzlichen Sachverhalten einer Branche kann so

für den jeweiligen Bewertungsfall ein entsprechendes Fuzzy Business Risk Model abge-

leitet werden.

Dies bedeutet einerseits die ständige Weiterentwicklung und Speicherung des Regelwis-

sens über die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen qualitativen Risikofaktoren

und bestimmten finanzwirtschaftlichen Größen. Nur wenn dies durch die Wissenser-

werbskomponente gewährleistet wird, können die WENN ... DANN ... - Regelsätze

richtig formuliert und in die Fuzzy-Set Theorie integriert werden.

Andererseits hat das zu erwerbende Faktenwissen dafür Sorge zu tragen, dass der

WENN-Teil des Regelsatzes beantwortet werden kann. Dazu muss das entsprechende

bewertungsrelevante Faktum, also die Ausprägung einer unscharfen Einflussgröße ei

(z.B. die Höhe der Wiederkaufrate beim Zielunternehmen), ermittelt werden. Ein dies-

Page 84: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

75

bezügliches Faktum könnte beispielsweise lauten: „Die Wiederkaufrate beim Zielunter-

nehmen ist hoch“.

Um das Fakten- und Regelwissen richtig zu gewinnen und in der Wissensbasis zu spei-

chern, muss die Wissenserwerbskomponente auf unternehmensexterne und -interne In-

formationen zurückgreifen.

4.2 Wissensquellen

4.2.1 Internes Wissen

Die traditionell in der internen Unternehmenssteuerung und im (Risiko-)Controlling

eingesetzte Balanced Scorecard52

und die hier zugrunde gelegte Fuzzy-Set Theorie wei-

sen starke Parallelen auf.

Die in den Scorecards abgebildeten Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge gelten für viele

zu bewertende Unternehmen einer Branche und werden zudem häufig in Management-

Informationssysteme eingebettet.53

Dieses Wissen über regelbasierte Abläufe sollte da-

her auch von Prüfungsgesellschaften in einer Wissensbasis erfasst, kontinuierlich erwei-

tert und im Rahmen der Due Diligence für den jeweiligen Bewertungsfall entsprechend

angewendet werden.

Ein großer Vorteil besteht darin, dass die so – über mehrere Bewertungsvorgänge – ent-

stehenden Zusammenhänge softwarebasiert abgebildet und in der Wissensbasis abge-

speichert werden können. Due Diligence Teams müssen damit nicht für jede neue Un-

ternehmensbewertung ein neues Modell über die Wirkung unscharfer Einflussgrößen

entwickeln und verfügen so im Zeitablauf für jede Branche über ein bewährtes – in der

Wissensbasis abgespeichertes – Regelwissen.54

Spielt in einem bestimmten Bewer-

52

Zur Verbindung der klassischen Balanced Scorecard mit dem Risikocontrolling vgl. die grundlegen-

den Arbeit von Wurl, H./Mayer, J.: Balanced Scorecards, S. 180-213. Zur klassischen Balanced

Scorecard vgl. Kaplan, R./Norton, D.: Harvard Business Review 1992, S. 71-79. Zum Einsatz der

Balanced Scorecard in deutschen Unternehmen vgl. den Literaturüberblick über 26 empirische Studi-

en von Bach, N.: ZfCM 2006, S. 298-304.

53 Vgl. ausführlich Wittland, M.: WISU 2009, S. 1298-1304.

54 Im hier eingesetzten Softwareprogramm fuzzyTech

® 5.7 (Inform GmbH) gelingt dies dadurch, dass

Modelleingangsvariablen (unscharfe Einflussgrößen ei) durch die Deaktivierung eines Kontrollfelds

keine Berücksichtigung im Fuzzy Business Risk Model finden; vgl. FuzzyTech: Benutzerhandbuch,

S. 51.

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76

tungsprozess eine qualitative Einflussgröße nur eine untergewichtige oder keine Rolle,

kann diese im Fuzzy Business Risk Model einfach deaktiviert werden.

Kunden-/Markt-

perspektive(z.B. Marktanteil,

Kundenzufriedenheit)

Finanzperspektive(Erfolgsgrößen der

Planrechnung,

z.B. Umsatz)

Personalperspektive(z.B. Managementqualität,

Facharbeiterquote)

Strategie-/Produkt-

perspektive(z.B. Produktqualität,

Innovationsgrad)

Prozessperspektive(z.B. Durchlaufzeiten,

Fehlerquote)

Balanced

Scorecard

&

Fuzzy-Set

Theorie

Economic & Business Due Diligence

Human Resources Due Diligence

Economic & Business Due Diligence

Supply Chain Due Diligence

Fuzzy-Set Theorie

Monte-Carlo Simulation

Fuzzy Business Risk Model

Business Risk Model

Unscharfe Einflüsse

Quantitative Ebene

Qualitative Ebene

Wissensbasis (Regelwissen)

Wissensbasis (Faktenwissen)

Kunden-/Markt-

perspektive(z.B. Marktanteil,

Kundenzufriedenheit)

Finanzperspektive(Erfolgsgrößen der

Planrechnung,

z.B. Umsatz)

Personalperspektive(z.B. Managementqualität,

Facharbeiterquote)

Strategie-/Produkt-

perspektive(z.B. Produktqualität,

Innovationsgrad)

Prozessperspektive(z.B. Durchlaufzeiten,

Fehlerquote)

Balanced

Scorecard

&

Fuzzy-Set

Theorie

Economic & Business Due Diligence

Human Resources Due Diligence

Economic & Business Due Diligence

Supply Chain Due Diligence

Fuzzy-Set Theorie

Monte-Carlo Simulation

Fuzzy Business Risk Model

Business Risk Model

Unscharfe Einflüsse

Quantitative Ebene

Qualitative Ebene

Wissensbasis (Regelwissen)

Wissensbasis (Faktenwissen)

Abb. 13: Einbindung der Balanced Scorecard in die Fuzzy-Set Theorie

Durch den Rückgriff auf das Konzept der Balanced Scorecard fließen wichtige Aspekte

hinsichtlich der Kunden-, Strategie-, Prozess- und Personalperspektive in die Bewertung

mit ein und können entsprechend als qualitative Einflussgrößen ei im Fuzzy Business

Risk Model abgebildet werden (vgl. Abb. 13). Der Vorteil einer sorgfältig umgesetzten

Balanced Scorecard liegt darin, dass diese in der Lage ist, die angenommenen Abhän-

gigkeitsbeziehungen zwischen den verschiedenen finanziellen und nicht finanziellen

Variablen anschaulich darzustellen.55

So muss beispielsweise bekannt sein, dass die

Lieferzuverlässigkeit die Kundentreue beeinflussen kann und diese wiederum Auswir-

kungen auf die künftige Absatzmenge und damit auf die Umsatzerlöse bzw. die Cash-

flows hat. Die in der qualitativen, nicht-finanziellen Ebene der Scorecard abgebildeten

Risiken (z.B. Produktqualität) sind hierbei als unscharfe Einflussgrößen ei (= qualitative

Risiken) zu interpretieren. Die quantitative Ebene der Scorecard beinhaltet hingegen

jene Erfolgsgrößen der Businessplanung, die durch die aggregierten Risikofaktoren be-

55

Vgl. Gleißner, W.: BC 2000, S. 129; allgemein zur Vorgehensweise Tewald, C.: CM 2004, S. 278-

284.

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einflusst werden. Auch für die externe (Lage-)Berichterstattung ist durch das interne

Rechnungswesen eines Unternehmens entsprechendes Fakten- und Regelwissen der

Balanced Scorecard bereitzustellen.56

Perspektive empfohlenes

regelbasiertes Faktenwissen

Beispiele für

typische Kennzahlen (Faktum)

Kunden/

Markt

Wissen über Kundenzufriedenheit

Wissen über die relative Position des

Unternehmens am Markt

Wissen über Vertriebsaktivitäten

...

Neukunden-Kontakte

Vertriebsmitarbeiter

Kundenzufriedenheit (Index)

Anteil Stammkunden

Kundentreue

Auftragseingang (Periode)

positive Erwähnungen in der Presse/Image

Prozesse

Wissen über Komplexität der Betriebsprozesse

Wissen über Prozessgüte

Wissen über Lieferzuverlässigkeit

...

Lieferzuverlässigkeit

Verfügbarkeit der Anlagen (Ausfallzeiten)

Time to Market

Kundenanzahl

Lieferantenanzahl

Vertriebsdichte und -wege

Personal

Wissen über Weiterbildungsmaßnahmen

Wissen über Managementfähigkeiten

Wissen über Fluktuation, Betriebsklima und

Unternehmenskultur

Wissen über Fähigkeiten im F&E-Bereich

...

Mitarbeiterzufriedenheit (Index)

veröffentlichte Fachartikel

Weiterbildungsumfang der Mitarbeiter

Lehraufträge an Hochschulen

Managementqualität (Punkte)

Berufserfahrung (Führung, F&E)

Strategie/

Produkte

Wissen über Entwicklungsraten von

Neuprodukten

Wissen über Produktstruktur (Diversifikation)

Wissen über Produktqualität

Wissen über Technologieausrichtung

...

Anzahl Kundenreklamationen

Anzahl Innovationen

Produktpräsenz an Hochschulen

Anzahl Patente/Lizenzen

Produktqualität

Bekanntheitsgrad

Tab. 8: Prozessperspektiven und kennzahlenbezogenes Faktenwissen57

Im Rahmen der Due Diligence Review bietet das interne Rechnungswesen bzw. das

Risikomanagement/-controlling des Zielunternehmens eine gute Anlaufstelle zur Auf-

deckung dieser dort dargestellten Zusammenhänge.

Die vier einzelnen Perspektiven der traditionellen Scorecard enthalten im Regelfall auch

eine Vielzahl von Kennzahlen, die auf unscharfen Einflussgrößen basieren und so wert-

volle Hinweise über die vergangene und gegenwärtige Leistungsfähigkeit eines zu be-

56

Vgl. Freidank, C.-C./Steinmeyer, V.: Controlling 2009, S. 249-256; Tesch, J./Wissmann, R.: Lagebe-

richterstattung, S. 108.

57 Vgl. zu weiteren Kennzahlen Brunner, J.: ST 2000, S. 20; Fischer, T. M./Wenzel, J.: Controlling

2004, S. 308; Tesch, J.: Nichtfinanzielle Leistungsindikatoren, S. 301-317.

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78

wertenden Zielunternehmens geben können (vgl. Tab. 8). Die Ausprägungen dieser

Kennzahlen stellen nichts anderes als das intern verfügbare Faktenwissen dar, welches

entsprechend durch die einzelnen Workshops der Due Diligence zu erheben und in der

Fuzzy-Set Theorie zu verarbeiten ist. Ausgehend von den einzelnen Perspektiven der

Balanced Scorecard haben hierzu die einzelnen Teams innerhalb verschiedener Work-

shops das auf den jeweiligen Bewertungsfall bezogene Regelwissen in Teamarbeit zu

überprüfen, zu erweitern und mit dem entsprechenden Faktenwissen auszufüllen (bei-

spielsweise Durchleuchtung der Personalperspektive durch die Human Resources Due

Diligence und Quantifizierung der Managementqualität in Punkten).58

Im Rahmen der Fuzzy-Set Theorie ist allerdings nicht zwingend eine numerische Dar-

stellung einer Kennzahl (z.B. „Die Managementqualität beträgt 70 von 100 Punkten“)

nötig. Ausreichend sind auch unscharfe, d.h. rein qualitative Beschreibungen (z.B. „Die

Managementqualität ist hoch“), da sowohl numerisch-scharfe Kennzahlen als auch qua-

litativ-unscharfe Beschreibungen im Rahmen der sog. Fuzzyfizierung in Fuzzy-Zahlen

(Zugehörigkeitsgrade) überführt werden können.

Ein ähnliches Konzept wie die Balanced Scorecard verfolgt der sog. PIMS-Ansatz (Pro-

fit Impact of Market Strategies).59

Dieser versucht, die maßgeblichen unscharfen Ein-

flussfaktoren (Kundenprofil, relativer Marktanteil, etc.) für den Erfolg einer Strategie

und deren Wechselwirkungen zu erfassen.60

Entsprechend können die diesbezüglichen

empirischen Forschungsergebnisse61

auch zur Formulierung des Fuzzy Business Risk

Models im Rahmen der Unternehmensbewertung genutzt werden.

4.2.2 Externes Wissen

Bewertungsrelevantes Fakten- und Regelwissen kann zum einen an eigene Erfahrungen

aus früheren Bewertungsvorgängen anknüpfen und permanent im Sinne einer Doku-

mentation in einer sog. Erfahrungsdatenbank fortgeschrieben werden.62

Andererseits

58

Vgl. bspw. für die Kundenperspektive Schmeisser, W./Clausen, L.: DStR 2005, S. 2198-2203.

59 Vgl. Brunner, F.: Corporate Finance biz 2010, S. 185.

60 Vgl. Müller-Stewens, G./Lechner, C.: Strategisches Management, S. 322.

61 Vgl. hierzu die Arbeit von Peters, T. J./Watermann, R. H.: Spitzenleistungen.

62 Vgl. allgemein Mertens, P./Meier, M.: Integrierte Informationsverarbeitung, S. 107-110.

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79

bieten sich sowohl traditionelle als auch softwaregestützte Analysemöglichkeiten an, die

direkt als Schnittstelle zur Wissensbasis fungieren können.

Wissenserwerb durch Datenanalysemethoden

Die Konkurrenzanalyse (Competitive Intelligence) definiert sich als Prozess, dessen

Aufgabe es ist, „ohne Verletzung ethischer Maßstäbe genaue, relevante, spezielle, aktu-

elle und verwertbare Informationen zu sammeln, zu analysieren und zu verteilen.“63

Neben der traditionellen Inhaltsanalyse (Content Analysis)64

finden in diesem Zusam-

menhang vermehrt computer- und onlinegestützte Methoden Anwendung:

Das Data Mining hat sich in den letzten Jahren zu einer besonders stark ausgepräg-

ten Disziplin im Grenzgebiet zwischen Informatik, Wirtschaftsinformatik und Sta-

tistik etabliert. Hierunter fallen beispielsweise

Methoden der Clusterung,

die Klassifizierung der gefundenen Auffälligkeiten in Entscheidungsbäumen und

der Aufbau „lernender“ künstlicher Neuronaler Netze.65

Während das Data Mining sich primär mit quantitativen Daten beschäftigt, versucht

das Text Mining Wissenswertes aus qualitativen Daten herauszufiltern. Der Nutzen

dieses Verfahrens liegt vor allem darin begründet, umfangreiche Datenmengen in

Entscheidungssituationen mit geringem Zeitaufwand zu erschließen. Als Kernele-

mente kristallisieren sich hier in letzter Zeit insbesondere die Dokumentenklassifi-

kation bzw. -indizierung, die Informationsextraktion, die Relevanzbewertung sowie

die Textvisualisierung heraus.66

Eng verwandt mit dem Text Mining ist das sog. Web Content Mining, welches das

Internet beispielsweise gezielt nach bewertungsrelevanten Informationen durchsu-

63

Hummeltenberg, W.: Business Intelligence, S. 41. Zur Konkurrenz- und Wettbewerbsanalyse vgl.

bspw. Effing, W.: Konkurrenzanalyse; Henselmann, K.: BFuP 2005, S. 296-305; Mertens, P.: WI

1999, S. 405-415.

64 Durch Inhaltsanalysen wird versucht, bestimmte thematische Teile eines Textes analog zu analysie-

ren und spezifisches, bewertungsrelevantes Faktenwissen herauszufiltern. Meist geschieht dies unter

Zuhilfenahme von linguistischer Analysesoftware wie MAXqDa; vgl. hierzu bspw. die Arbeiten von

Fülbier, R./Niggemann, T./Weller, M.: FB 2008, S. 807; Henselmann, K./Klein, M./Maier, C.: Risi-

koangaben, S. 11; Henselmann, K./Klein, M./Raschdorf, F.: Prognoseeignung, S. 11-32.

65 Vgl. hierzu bspw. Beekmann, F./Chamoni, P.: Data Mining, S. 263-282.

66 Vgl. Mertens, P./Meier, M.: Integrierte Informationsverarbeitung, S. 36-37 und S. 86.

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80

chen kann. Bedeutung gewinnt die internetbasierte Datenrecherche mit dem seit

01.01.2007 geltenden Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossen-

schaftsregister sowie das Unternehmensregister, kurz EHUG.67

Gem. § 325 HGB

sind die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften verpflichtet, den (Kon-

zern-)Abschluss und ggf. (Konzern-)Lagebericht beim Betreiber das elektronischen

Bundesanzeigers einzureichen und im Internet zu veröffentlichen. Durch das EHUG

hat sich damit die Publizitätswirkung von Abschlüssen deutlich erhöht, sodass die

entsprechenden Inhalte per Web Content Mining durchsucht und interessantes Fak-

tenwissen in der Wissensbasis gespeichert werden kann.

Wissenserwerb durch XBRL

Die Entwicklung und Umsetzung der Finanzberichterstattung mittels XBRL (eXtensible

Business Reporting Language) liefert zukünftig wertvolle Ansatzpunkte zur computer-

gestützten Wettbewerbsbeobachtung. Ziel von XBRL ist es, Ineffizienzen im Prozess

des Datenaustauschs und der Datenanalyse zu reduzieren sowie den Vergleich von In-

formationen zu verbessern.68

Bisher stehen allerdings (noch) die quantitativen Informationen der Bilanz und Erfolgs-

rechnung im Mittelpunkt der Entwicklung. Langfristig sind aber auch primär qualitative

Aussagen (z.B. die des Prognoseberichts) entsprechend aufzubereiten und den Investo-

ren zugänglich zu machen.69

XBRL basierte Forschungsarbeiten sollten sich daher ver-

stärkt mit diesem zukunftsträchtigen Themenfeld auseinandersetzen.

In diesem Zusammenhang ist etwa die derzeitige Entwicklung des Analysetools

eXfinance zu nennen. eXfinance extrahiert und aggregiert relevante Informationen aus

Geschäftsberichten, die im PDF-Format verfügbar sind und bildet diese Informationen

in XBRL ab. Dann können sowohl strukturierte Daten (Bilanzen, GuV-Rechnung) als

auch Fließtexte (z.B. Erläuterungen in Anhang und Lagebericht) berücksichtigt werden.

Die Entwickler von eXfinance beabsichtigen, in Zukunft auch andere Textquellen, wie

67

Vgl. hierzu bspw. Henselmann, K./Kaya, D.: WPg 2009, S. 498.

68 Vgl. Kesselmeyer, B./Frank, R.: Die Bank 2009, S. 72. XBRL (eXtensible Business Reporting Lan-

guage) ist eine auf XML basierende Sprache, mit der elektronische Dokumente im Bereich der Fi-

nanzberichterstattung erstellt werden.

69 Vgl. bspw. Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung (AKEU) der Schmalenbach-Gesellschaft

e.V.: DB 2010, S. 1472.

Page 90: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

81

Newsticker oder Finanzportale, zu erschließen. Das so gewonnene Faktenwissen über

unscharfe Einflussgrößen bietet einen erweiterten Informationspool für Analysten,

Fondsmanager oder Mitglieder des Due Diligence Teams, die auf Fuzzy-basierte An-

wendungen zurückgreifen.70

Allerdings liefert der Standard XBRL in der momentanen rechtlichen Ausgestaltung nur

die Möglichkeit, die zu publizierenden Informationen sachgerecht und strukturiert dar-

zustellen.71

Damit kann das berichtende Unternehmen den Umfang und die Qualität der

weiterzugebenden Daten, wie beispielsweise den Umfang und die Präzision der Anga-

ben im Lagebericht, nach wie vor selbst festlegen. Die Qualität des in der Wissensbasis

zu speichernden Faktenwissens hängt somit entscheidend von der Qualität der externen

Berichterstattung ab.

Wissenserwerb aus (Konzern-)Lageberichten

Qualitative Informationen finden sich in (Konzern-)Lageberichten insbesondere im Zu-

sammenhang mit der Berichterstattung zu nicht finanziellen Leistungsindikatoren, zu

Forschung und Entwicklung sowie zu immateriellen Vermögenswerten (vgl. Tab. 9).72

70

Vgl. hierzu die Mitteilung der Deutschen Forschungsstelle für Künstliche Intelligenz (DFKI), abruf-

bar unter http://www.dfki.de/CeBIT2005/dfki_stand.shtml#exfinance (Stand 19.09.2010).

71 Vgl. Henselmann, K./Klein, M./Hartmann, A.: Corporate Finance biz 2010, S. 551.

72 Der Arbeitskreis Immaterielle Vermögenswerte im Rechnungswesen der Schmalenbach Gesellschaft

für Betriebswirtschaft e.V. hat einen Standardisierungsvorschlag für die freiwillige externe Berichter-

stattung über immaterielle Werte vorgelegt. Hierin wird eine Berichterstattung kategorisiert in „Inno-

vation Capital (Patente, Neuproduktrate, etc.)“, „Human Capital (Mitarbeiterzufriedenheit, Fehlzei-

ten, Ausbildung, etc.)“, „Customer Capital (Kundenzufriedenheit, Marktanteil, etc.)“, „Supply Capi-

tal (Schlüssellieferanten, Fertigungszeiten, etc.)“, „Investor Capital (Aktionärsstruktur, etc.)“, „Pro-

cess Capital (Produktqualität, Prozessabläufe, etc.)“, „Location Capital (Medienpräsenz, Standortqua-

lität, etc.)“ vorgeschlagen; vgl. Arbeitskreis Immaterielle Werte im Rechnungswesen der

Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.: DB 2003, S. 1233-1237.

Page 91: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

82

Art der Angabe Beispiele

DRS 15.31-15.32 i. V. mit

DRS 15.145-15.147

Angaben zu nicht finanziellen

Leistungsindikatoren

Qualitative Aussagen Pflicht;

sofern diese alleine nicht

ausreichen, sind zusätzlich

quantitative Angaben zu machen

Fluktuationsrate,

Kundenzufriedenheit,

Patentanmeldungen,

Produktqualität, etc.

DRS 15.40-15.42 i. V. mit

DRS 15.153-15.156

Angaben zu Forschung

und Entwicklung

Qualitative Aussagen Pflicht,

Kennzahlen werden empfohlen

Forschungsquote,

Neuproduktrate,

F&E-Intensität, etc.

DRS 15.169-15.173

Angaben zu immateriellen

Vermögenswerten

Qualitative Aussagen und Angabe

von Kennzahlen werden

empfohlen

Rückweisquoten,

Mitarbeiterqualifikation,

Wertschöpfung pro Kunde,

Marktanteilsquoten, etc.

Tab. 9: Faktenwissen im (Konzern-)Lagebericht

Die in den §§ 289 und 315 HGB umrissenen Inhalte wurden hinsichtlich der Angaben

zu den qualitativen Risiken in den letzten Jahren permanent erweitert und für Konzerne

im DRS 15 näher detailliert.73

Durch die Analyse von weichen Kennzahlen der Konkurrenzunternehmen wie bei-

spielsweise der Marktanteilsquote können unscharfe Rückschlüsse auf die Marktstel-

lung des zu analysierenden Zielunternehmens gezogen werden. Verbale Aussagen über

Fluktuationsraten bei den Wettbewerbern können helfen, die Fluktuationssituation (als

Komponente der Mitarbeiterzufriedenheit) beim Zielunternehmen vergleichend einzu-

schätzen und diese mit linguistischen Termen wie „hoch“, „mittel“ oder „niedrig“ zu

definieren.

Auch der jüngst verabschiedete Exposure Draft zum IFRS Management Commentary

fordert künftig von kapitalmarktorientierten Unternehmen Angaben zu nicht finanziel-

len Ressourcen (MC-ED, Tz. 28-32).74

Die Qualität dieses sog. Value Reportings ist aber, insbesondere auch aus Wettbewerbs-

gründen, bisher noch als zurückhaltend einzustufen, sodass durch die manuelle oder

computergestützte Datenanalyse diesbezüglich nur bedingt zusätzliche Erkenntnisse für

73

Im Bundesanzeiger Nr. 27 vom 18.02.2010 (Beilage 27a) ist der DRÄS 5 zur Lageberichterstattung

durch das Bundesministerium der Justiz gem. § 342 Abs. 2 HGB bekannt gemacht worden. Die Neu-

fassung des Standards ist mit einigen vorgezogenen Ausnahmen für nach dem 31.12.2009 beginnen-

de Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden (DRS 15.143). Vgl. hierzu auch Henselmann, K./Klein,

M./Raschdorf, F.: Prognoseeignung, S. 3.

74 Zum Exposure Draft vgl. bspw. Kajüter, P./Guttmeier, M.: DB 2009, S. 2333-2339; Unrein, D.: PiR

2009, S. 260

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83

die Wissensbasis zu erwerben sind.75

Externes Faktenwissen sollte daher auch über

Dienstleistungsunternehmen bezogen werden.

Wissenserwerb durch Rückgriff auf externe Dienstleister

Faktenwissen über qualitative Einflussgrößen ist beispielsweise über die Unternehmens-

und Branchendatenbank Dun&Bradstreet (D&B) erhältlich. Aktuell sind hier Informati-

onen über Firmen aus über 200 Ländern gespeichert. Für die tägliche Anreicherung der

Datenbank nutzt D&B unterschiedliche Quellen und verarbeitet jährlich über 200.000

Presse- und Internetinformationen. Die Datenelemente können dann von den potentiel-

len Investoren bzw. den Mitgliedern der Due Diligence mit speziellen Programmen via

Internet extrahiert werden. Neben „Hard Facts“ (Bilanz, GuV-Rechnung) werden insbe-

sondere auch Angaben zu branchen- und länderspezifischen qualitativen Risiken gelie-

fert.76

Darüber hinaus wird durch eine Vielzahl von Anbietern Wissen zu den globalen und

branchenspezifischen Umweltbedingungen (wie etwa Marktumfragen von Marktfor-

schungsinstituten, Trendscouts, Wirtschaftsforschungsinstituten, etc.) bereitgestellt.

Wirtschaftswissenschaftliche und technologiebasierte Datenbanken geben wichtige

Auskünfte über die derzeitige Entwicklung bestimmter unternehmens- bzw. branchen-

spezifischer Erfolgsfaktoren, technologische Neuerungen, demographische Entwicklun-

gen und ähnliche bewertungsrelevante Sachverhalte.77

75

Vgl. bspw. die Arbeiten von Fischer, T. M./Wenzel, J.: Controlling 2004, S. 305-314 sowie den

Überblick in Kaya, D.: Der Konzern 2010, S. 358-365.

76 Abrufbar unter http://www.dnb.com (Stand 02.09.2010). Zu weiteren Datenbankanbietern vgl. bspw.

die Ausführungen und Übersichten in Mertens, P./Meier, M.: Integrierte Informationsverarbeitung,

S. 22-24.

77 Zur Erfolgsfaktorenforschung und deren Einfluss auf den Erfolg bzw. Wert eines Unternehmens vgl.

bspw. Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 7-15; Vanini, U.: WISU 2009, S. 1330-1331 sowie Vater,

H./Meckel, M./Hoffmann, C./Fieseler, C.: DB 2008, S. 2605-2611.

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84

4.3 Beispiel zum Wissenserwerb

4.3.1 Faktenwissen

Ausgangsbeispiel:

Die mittelständische Fuzzy Software AG entwickelt Produkte für Finanzdienstleister

sowie für Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Die bereitgestellten

Softwarelösungen sind in der Lage, durch Umsetzung der Fuzzy-Set Theorie in der

quantitativen Bilanzanalyse durch Auswertung von Kennzahlen Rückschlüsse auf die

Bonität und das Ausfallrisiko von Firmen- und Privatkunden zu ziehen.78

Darüber hin-

aus beschäftigt sich die AG mit Forschungsprojekten über Fuzzy-gestützte Softwarelö-

sungen, um Unternehmen die Beurteilung der Attraktivität von Marktfeldern (strategi-

sche Frühaufklärung) und von Kundengruppen sowie die Personalplanung zu erleich-

tern.79

Aufgrund der Finanzmarktkrise rechnen viele Investoren mit einer starken Nachfrage

nach solchen Produkten und möchten daher in dieses Erfolg versprechende Geschäfts-

feld einsteigen. Eine auf die Bewertung von mittelständischen Softwareunternehmen

spezialisierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wird beauftragt, für einen großen Soft-

warekonzern (Akquisiteur) nach Abschluss eines Letters of Intent bei der Fuzzy Soft-

ware AG (Zielunternehmen) eine Due Diligence Review durchzuführen.

In der Wissensbasis der Prüfungsgesellschaft ist im Zusammenhang mit der Bewertung

von Softwareunternehmen bereits folgendes grundsätzliches Faktenwissen gespeichert:

Der Absatz von Softwareprodukten hängt stark von der Qualität und der Verkaufs-

stärke des Vertriebsmanagements ab. Besonders ältere Manager greifen hier auf

größere Erfahrungen im Vertrieb zurück. Junge Unternehmensgründer verfügen

zwar meist über das entwicklungsspezifische technische Know-How, jedoch (noch)

über wenig betriebswirtschaftliches Geschick bei der Vermarktung ihrer Innovatio-

nen.

78

Zu weiteren Anwendungsmöglichkeiten von Fuzzy-Systemen in der Betriebswirtschaft vgl. bspw.

den Literaturüberblick von Popp, H.: Industrie, S. 32-33.

79 Vgl. hierzu Bodjadziev, G./Bodjadziev, M.: Fuzzy Logic for Business; Kratzberg, F.: Fuzzy-

Szenario-Management; Mißler-Behr, M.: Fuzzybasierte Controllinginstrumente; Momsen, B.: Wis-

sensmanagement; Schroll, A.: Fuzzy-Control.

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85

Akquisitionsspezifisch ist die Abwanderungsgefahr von Vertriebsprofis zu berück-

sichtigen, da diese meist über einen engen Kontakt zu den vorhandenen Bestands-

kunden und zudem über ein hohes Cross-Selling Potential verfügen. Dabei ist neben

dem Verlust von Bestandskunden ist auch die Akquisition von Neukunden zunächst

als kritisch zu beurteilen. Den Nachfolgern fehlt häufig noch das Verkaufs-Know-

How über die Produktpalette der neuen Unternehmenseinheit.

Hohen Einfluss auf die zukünftige Absatzmenge hat im Softwarebusiness auch die

Wiederkaufrate. Zufriedene Kunden wechseln nur selten ihre Softwareanbieter, da

Updates ohne hohe zusätzliche Implementierungskosten durchgeführt werden kön-

nen und somit auch hohe Schulungskosten entfallen. Dies gilt insbesondere bei häu-

figem und personalintensivem Einsätzen solcher Programme wie beispielsweise im

Rahmen der Kreditberatung und der Insolvenzprognose.

Ebenfalls einen hohen Einfluss auf die Absatzmenge hat die Teilnahme und marke-

tingspezifische Mitwirkung von Mitarbeitern an Kongressen potentieller Zielkun-

den, wie beispielsweise an Bankfachtagungen, Handelskammertagungen und ähnli-

chem. Darüber hinaus fördern Publikationen über Fuzzy-basierte Anwendungsmög-

lichkeiten in einschlägigen Fachzeitschriften das Interesse und die Aufmerksamkeit

hinsichtlich solcher „Soft Computing“ Produkte. Ebenso wichtig ist des Weiteren

das Monitoring des Unternehmens durch die passive Berichterstattung von Dritten,

wie beispielsweise Fachzeitschriften, Internetveröffentlichungen oder sonstigen pu-

blizierten Werken (sog. Medienecho). Entsprechend stark kann durch die negative

bzw. positive Berichterstattung das Image eines Unternehmens beeinflusst werden.

Neben der Medienpräsenz spielen auch Kooperationen mit Hochschulen und ähnli-

chen IT-spezifischen Bildungseinrichtungen eine wesentliche Rolle. Vergünstigte

Studenten- und Forschungsabonnements sind für den Bekanntheitsgrad der Soft-

wareprodukte ebenso förderlich wie kostenlos angebotene Schulungen oder ange-

nommene Lehraufträge durch Repräsentanten der jeweiligen Softwareschmiede.

Alle in der Wissensbasis gespeicherten Aspekte wurden eingehend und sorgfältig in den

Workshops der Due Diligence Review durchleuchtet und unter Berücksichtigung des

speziellen Sachverhalts im Fuzzy Business Risk Model wiedergegeben.

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86

Die Absatzmenge von Softwareprodukten (unscharfe Zielgröße ek bzw. scharfe Größe

des Business Risk Models) des Zielunternehmens hängt demzufolge von folgenden un-

scharfen Einflussgrößen ei ab:

der Verkaufsstärke des Vertriebsmanagements,

der Abwanderungsgefahr von Vertriebsprofis,

der Wiederkaufrate,

dem Umfang der Marketingmaßnahmen (z.B. Teilnahme an Kongressen und „indi-

rekte“ Werbung durch Publikationen firmeneigener Mitarbeiter),

dem Presseecho (z.B. Empfehlungen in Fachzeitschriften),

dem Umfang der Kooperationen mit Hochschulen und ähnlichen IT-spezifischen

Bildungseinrichtungen.

Nachdem der Due Diligence Review die wesentlichen unscharfen Einflussgrößen ei

identifiziert und die Abhängigkeitsbeziehungen aufgedeckt hat, bietet es sich im

nächsten Schritt an, das im Fuzzy Business Risk Model verankerte Faktenwissen gra-

phisch darzustellen. Durch die graphische Darstellung soll insbesondere die Verbindung

des Fakten- mit dem Regelwissen sichtbar werden (vgl. Abb. 14).

4.3.2 Regelwissen

Das Regelwissen beinhaltet die Kenntnisse über das Zusammenwirken verschiedener

unscharfer Einflussgrößen ei. Um diese Zusammenhänge verknüpfen zu können, sind

die unscharfen Einflussgrößen ei unter Zuhilfenahme sog. Regelblöcke zu aggregieren.

Dabei kann das aggregierte Ergebnis eines Regelblocks wiederum als unscharfe Ein-

flussgröße Bestandteil eines übergeordneten Regelblocks sein. Der Ausgang eines Re-

gelblocks stellt damit quasi eine aggregierte, unscharfe (Zwischen-)Ergebnisgröße ek

(und damit eine Teil-Fuzzy-Menge) einzeln verknüpfter unscharfer Einflussgrößen ei

dar.

Welche unscharfen Einflussgrößen ei zu einem Regelblock aggregiert werden bzw. wie

viele Regelblöcke zu modellieren sind, ist Bestandteil des Regelwissens. Ausgehend

von der scharfen Plangröße des Business Risk Models (Absatzmenge_zus) sind zu-

nächst die unscharfen Einflussgrößen ei des obersten Regelblocks zu ermitteln und auf

die niedrigste Aggregationsebene herunterzubrechen. Anschließend werden die Ergeb-

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87

nisse dieser retrograden Risikoidentifikation miteinander verknüpft und über mehrere

Ebenen (Regelblöcke) aggregiert.

Eine wichtige Aufgabe kommt den Mitgliedern des Due Diligence Teams im Zuge der

Formulierung der sog. WENN ... DANN ... - Regelsätze zu.80

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Auf die Kundentreue wirkt zum einen der publike Einfluss (Publik), zum anderen

die Wiederkaufrate.

Der publike Einfluss (Publik) wiederum ermittelt sich aus den unscharfen Einfluss-

größen Presseecho und den Marketingmaßnahmen (Marketing). Damit stellt Regel-

block 2 zur Ermittlung der Kundentreue (= Ergebnis des Regelblocks 3) die unterste

Hierarchieebene dar.

Die Managementqualität (Management), d.h. das Ergebnis des Regelblocks 1, wird

durch die beiden unscharfen Einflussgrößen Abwanderungsgefahr (Abwanderung)

und Berufserfahrung bestimmt.

Die Ergebnisse des Regelblocks 1 und des Regelblocks 3 gehen als unscharfe Ein-

flussgrößen ei (= zugleich unscharfe (Zwischen-)Ergebnisgrößen ek) in den Regel-

block 4 ein. Dieser bildet somit den obersten Regelblock, der die unscharfe (Ge-

samt-)Ergebnisgröße (d.h. die gesamte Fuzzy-Menge) enthält, welche sich aus allen

qualitativen Einflussgrößen des Fuzzy Business Risk Models ermittelt.

Abb. 14: Graphische Darstellung des Fakten- und Regelwissens

80

Vgl. allgemein Schroll, A.: Fuzzy-Control, S. 138.

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Entsprechende WENN ... DANN ... - Regelsätze eines Regelblocks könnten beispiels-

weise durch die Mitglieder der Due Diligence Workshops wie folgt formuliert werden:

„WENN die Kundentreue und die Managementqualität hoch sind, DANN wirkt sich

dies auch positiv im Sinne einer zusätzlichen Absatzmenge aus.“

„WENN die Marketingmaßnahmen hoch sind und das Presseecho positiv ist, DANN

ist auch der publike Einfluss positiv.“

„WENN der publike Einfluss positiv ist und eine hohe Wiederkaufrate vorliegt,

DANN ist die Kundentreue hoch.“

Daneben sind durch die Workshops auch folgende zwei Fragen zu beantworten:

Welche Einflussstärke (hoch oder niedrig) haben die unscharfen Einflussgrößen ei

auf einen Regelblock?

Welche Einflussrichtung (positiv oder negativ) haben die unscharfen Einflussgrößen

ei auf einen Regelblock?

Die meisten Fuzzy-basierten Softwaretools bieten hier zahlreiche Optionen an. Durch

entsprechende Regler, die die Einflussstärke und -richtung auf das Intervall [-1;+1]

normieren, sind die unscharfen Einflussgrößen entsprechend zu gewichten.81

Ein Wert

von -1 bewirkt einen vollständig negativen Einfluss, ein Wert von +1 einen vollständig

positiven Einfluss auf die Ergebnisgröße des Regelblocks.

Zur Ermittlung der Managementqualität (Regelblock 1) könnte der Berufserfahrung

theoretisch eine höhere Bedeutung als der Abwanderungsgefahr beigemessen werden.

Eine hohe Abwanderungsgefahr wirkt negativ auf die Managementqualität, während

eine hohe Berufserfahrung positive Auswirkungen auf die Managementqualität hat. Alle

nachfolgenden Einflussrichtungen und -stärken dieser Arbeit werden entweder als sehr

negativ (-1) oder sehr positiv (+1) unterstellt. Zwischenwerte, die einzelnen unscharfen

Einflussgrößen ei ein geringeres Gewicht zuweisen, werden nicht gesetzt, sind in bewer-

tungsspezifischen Anwendungen aber generell möglich (vgl. Abb. 14 und Tab. 10).

81

Die hier eingesetzte Software fuzzyTECH® bietet einen Reglerschieber an, durch den der Einfluss

einer unscharfen Einflussgröße auf das Ergebnis eines Regelblocks im Intervall [-1;+1] festgelegt

werden kann; vgl. FuzzyTech: Benutzerhandbuch, S. 51. Darüber hinaus können die unscharfen Ein-

flussgrößen eines Regelblocks auch generell deaktiviert werden.

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unscharfe Einflussgröße ei Einflussrichtung u. Einflussstärke Einwirkung auf den Regelblock

Abwanderungsgefahr sehr negativ (-1)

Managementqualität (Regelblock 1)

Berufserfahrung sehr positiv (+1)

Marketing sehr positiv (+1)

publiker Einfluss (Regelblock 2)

Presseecho sehr positiv (+1)

publiker Einfluss sehr positiv (+1)

Kundentreue (Regelblock 3)

Wiederkaufrate sehr positiv (+1)

Management sehr positiv (+1)

Absatzmenge (Regelblock 4)

Kundentreue sehr positiv (+1)

Tab. 10: Festlegung der Einflussrichtung und Einflussstärke

Nachdem die unscharfen Einflussgrößen im Fuzzy Business Risk Model abgebildet

wurden, müssen die jeweiligen Größen bewertet werden. Hierzu sind zunächst mehrere

grundlegende Aufgaben zu bewältigen.

5 Fuzzyfizierung der qualitativen Risiken

5.1 Grundlegende Aufgaben

5.1.1 Festlegung des Typs der Zugehörigkeitsfunktion

Der Typ der Zugehörigkeitsfunktion entscheidet darüber, wie die Werte auf der Abszis-

se (z.B. scharfe Basisvariable aus dem Kundenzufriedenheitsindex der Balanced

Scorecard) in eine Fuzzy-Zahl, d.h. in einen Zugehörigkeitsgrad, umgerechnet werden.

Obwohl in der allgemeinen Fuzzy-Literatur mehrere Funktionstypen diskutiert wer-

den,82

sollten im Rahmen betriebswirtschaftlicher Anwendungen ausschließlich lineare

Bandpass-Typen, lineare S- und Z-Funktionen (sog. lineare Hochpass und Tiefpass-

Typen) sowie Kombinationen daraus verwendet werden.

Unter Bandpass-Typen versteht man Funktionstypen, bei denen die Zufriedenheit des

Entscheidungsträgers bis zu einer akzeptierten Grenze zunimmt (= Zugehörigkeitsgrad

1) und danach wieder abnimmt (wie bei der Dreiecks- und Trapezfunktion). Bei den

82

Vgl. Rommelfanger, H.: OR Spektrum 15/1993, S. 31-42.

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90

Hoch- bzw. Tiefpass-Typen nehmen die Funktionsverläufe kontinuierlich bis zum Zu-

gehörigkeitsgrad 1 zu (lineare S-Funktion) bzw. ausgehend vom Grad 1 ab (lineare Z-

Funktion).83

Insofern gleichen sie damit einer halbierten Trapezfunktion (vgl. Abb. 15).

Abb. 15: Lineare, kombinierte Funktion aus Bandpass-Typ („niedrig“, „mittel“, „hoch“), Hochpass-

Typ (lineare S-Funktion, „sehr hoch“) und Tiefpass-Typ (lineare Z-Funktion, „sehr niedrig“)

Lineare Typen verzichten auf Parameter. Parametrisierte nicht-lineare Funktionen wer-

den hingegen immer dann eingesetzt, wenn man die Zugehörigkeitsgrade – wie bei rein

technischen Anwendungen üblich – möglichst exakt angeben will.84

Im Rahmen be-

triebswirtschaftlicher Anwendungen, wie beispielsweise im Zusammenhang mit der

Bewertung qualitativer Risiken, wird man diese exakten Angaben aber eben nicht ma-

chen können. Vielmehr erscheint eine Widerspiegelung von Tendenzen anstelle punkt-

genauer Schätzungen völlig ausreichend.85

Darüber hinaus besitzen universelle, leicht verständliche und nachvollziehbare Zugehö-

rigkeitsfunktionstypen für betriebswirtschaftliche Anwendungen den Vorteil, dass auch

die Anzahl der erforderlichen linguistischen Terme überschaubar bleibt und damit dem

Entscheidungsträger (z.B. einem potentiellen Käufer) keine übertriebene Scheingenau-

igkeit vorgespiegelt wird.86

Grundsätzlich sollte – zur Optimierung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses – für alle Be-

wertungsvorgänge und Regelblöcke der gleiche Zugehörigkeitsfunktionstyp festgelegt

werden. Abb. 8 (Dreiecksfunktion als linearer Bandpass-Typ) und Abb. 15 (linearer

83

Vgl. hierzu ausführlich Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 39-41.

84 Vgl. Erben, R. F.: Fuzzy-Logic, S. 83.

85 Ähnlich Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 43-44.

86 Vgl. Erben, R. F.: Fuzzy-Logic, S. 83.

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91

Mischtyp) zeigen mögliche und häufig in betriebswirtschaftlichen Anwendungen einge-

setzte Varianten.

5.1.2 Festlegung der linguistischen Terme

Nach Festlegung des Zugehörigkeitstyps sind die Anzahl und die jeweiligen Bezeich-

nungen der festzulegenden Terme einer linguistischen Variable zu bestimmen.

Bei der Wahl der Terme ist zur Wahrung der Übersichtlichkeit darauf zu achten, dass

nicht zu viele Ausprägungen festgelegt werden. In der Regel sind für betriebswirtschaft-

liche Anwendungen drei bis fünf Terme empfehlenswert.87

Die jeweiligen

Workshopleiter haben dafür zu sorgen, dass die Anzahl der Terme das Meinungsbild

des gesamten Due Diligence Teams widerspiegelt.

5.1.3 Festlegung der Definitionsbereiche

Nach Festlegung der Terme sind diese mit Definitionsbereichen zu versehen. Damit

spiegelt ein bestimmter Abschnitt einer auf der Abszisse abgetragenen und normierten

scharfen Basisvariable (z.B. Kundenzufriedenheit) einen bestimmten Term wider.

Zur Festlegung der Definitionsbereiche empfiehlt sich in Anlehnung an Henselmann/

Klein die modifizierte Delphi-Methode (vgl. Abb. 16).88

Je nach Situation können ext-

reme Schätzungen in den Einzelinterviews der einzelnen Workshops (z.B. Human Re-

sources Due Diligence) dazu genutzt werden, die Definitionsbereiche der

Termausprägungen einer unscharfen Einflussgröße (z.B. Managementqualität) festzule-

gen. Bei extremen Abweichungen sollte nochmals ein Feedback des gesamten Due Di-

ligence Teams eingeholt werden, sofern der Schätzer im Einzelinterview seine extreme

Abweichung vernünftig begründen kann.

Bei Festlegung der Definitionsbereiche empfiehlt es sich, bei reellwertigen Ausprägun-

gen linguistischer Variablen (beispielsweise Managementqualität in Punkten) als erstes

in Einzelinterviews nach dem Gipfelpunkt (Dreiecksfunktion) bzw. dem Teilintervall

(Trapezfunktion) zu fragen, der bzw. das am besten der verbal beschriebenen Ausprä-

87

Vgl. Kratzberg, F.: Fuzzy-Szenario-Management, S. 124.

88 Vgl. Henselmann, K./Klein, M.: M&A Review 2010, S. 362.

Page 101: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

92

gung des Terms entspricht.89

Anschließend sind die Punkte auf der Basisvariablen zu

schätzen, die nicht mehr mit dem jeweiligen linguistischen Term vereinbar sind. Die

Einschätzungen sind verbal zu begründen. Bei der Befragung ist darauf zu achten, dass

die Fragestellung möglichst konkret und eindeutig formuliert wird, um zu große Varian-

zen zu vermeiden.90

unscharfe

Einflussgrößen(Human Resources

Due Diligence)

Workshop im

Human Resources

Due Diligence

Team

Einzelinterview

mit jedem

Teammitglied

des Workshops

Auswertung der

Einzelinterviews

Rückkopplung bei erheblichen Abweichungen in den Einzelinterviews

unscharfe

Einflussgrößen(Legal

Due Diligence)

Auswertung der

Einzelinterviews

Einzelinterview

mit jedem

Teammitglied des

Workshops

Workshop im

Legal

Due Diligence

Team

Rückkopplung bei erheblichen Abweichungen in den Einzelinterviews

unscharfe

Einflussgrößen(Human Resources

Due Diligence)

Workshop im

Human Resources

Due Diligence

Team

Einzelinterview

mit jedem

Teammitglied

des Workshops

Auswertung der

Einzelinterviews

Rückkopplung bei erheblichen Abweichungen in den Einzelinterviews

unscharfe

Einflussgrößen(Legal

Due Diligence)

Auswertung der

Einzelinterviews

Einzelinterview

mit jedem

Teammitglied des

Workshops

Workshop im

Legal

Due Diligence

Team

Rückkopplung bei erheblichen Abweichungen in den Einzelinterviews

Abb. 16: Ablauf der Expertenschätzungen im Due Diligence Prozess

(in Anlehnung an Henselmann, K./Klein, M.: M&A Review 2010, S. 363)

Beispiel:

Zur Bestimmung des Definitionsbereichs des linguistischen Terms „hohe“ Manage-

mentqualität werden drei Mitglieder des Workshops „Human Resources Due Diligence

Team“ befragt, die über eine hinreichend große Erfahrung in Personalangelegenheiten

verfügen. In den geführten Einzelinterviews weisen die drei Mitglieder auf einer Skala

von 0 (extrem schlechte Managementqualität) bis 100 Punkten (extrem hohe Manage-

mentqualität) dem Term „hohe“ Managementqualität Teilintervalle von 75-85, 80-90

bzw. 79-87 Punkten zu. Der Bereich, in dem sich die Einschätzungen decken (80-85

Punkte) könnte als Basis für das Fuzzy-Intervall mit dem Zugehörigkeitsgrad 1 festge-

legt werden. Die Spreizungen stellen die beiden Extrempunkte (75 Punkte, 90 Punkte)

dar, sodass sich ein trapezförmiger Funktionsverlauf ergibt. Bei zu starken Ausprägun-

gen der Extrempunkte müsste – sofern diese gut begründet werden können – per Rück-

89

Vgl. allgemein Hönerloh, A.: Unscharfe Simulation, S. 50-52.

90 Vgl. allgemein zu dieser Technik Erben, R. F.: Fuzzy-Logic, S. 76.

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93

kopplung eine erneute Befragung durchgeführt werden. Ähnlich geht man bei den rest-

lichen Termen zur Festlegung der übrigen Intervalle vor.

Anstelle eines Intervalls können je Term auch drei einzelne Zahlen der scharfen Basis-

variablen angegeben werden, wobei die mittlere den Zugehörigkeitsgrad 1 repräsentiert.

Die beiden Zahlen links und rechts stellen dann die Anknüpfungspunkte für die Spann-

weiten dar, sodass sich eine lineare Dreiecksfunktion ergibt.91

5.2 Ermittlung der Zugehörigkeitsgrade

5.2.1 Ordinalskalierte Ausprägungen

Im Rahmen der Fuzzyfizierung ist zu berücksichtigen, dass bei einzelnen unscharfen

Einflussgrößen bzw. qualitativen Risiken die Festlegung von Zugehörigkeitsfunktionen

und damit von Definitionsbereichen nicht notwendig ist. Abhängig ist dies davon, wie

die Ermittlung der Zugehörigkeitsgrade in der Due Diligence erfolgt.

Bei ordinalskalierten Ausprägungen sind die Zugehörigkeitsgrade aller festgelegten

linguistischen Terme direkt, d.h. bereits fuzzyfiziert (also im Intervall [0;1]) zu ermit-

teln.92

Eine Zugehörigkeitsfunktion und entsprechende Definitionsbereiche müssen so-

mit nicht gebildet werden.

Hierzu ist zunächst jedes Teammitglied des jeweiligen Workshops im Einzelinterview

nach seiner individuellen Einschätzung zu befragen und diese ggf. in der Gruppe kri-

tisch zu hinterfragen (modifizierte Delphi-Methode, vgl. Kap. 5.1.3). Um zu einer

Gruppeneinschätzung zu gelangen, müssen die als Zugehörigkeitsgrad angegebenen

Zahlen durch eine Durchschnittsbildung gemittelt werden. Alternativ können aus Kos-

ten-Nutzen-Aspekten bzw. bei ausreichend großer Erfahrung die Werte auch durch die

jeweiligen Workshopleiter direkt festgelegt werden. Zur Unterstützung der Einschät-

zung durch das Team bzw. durch die Workshopleiter dient u.a. das in der Wissensbasis

gespeicherte Faktenwissen.

91

Vgl. Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 47. Ähnlich Schroll, A.: Fuzzy-Control, S. 104.

92 In der Literatur werden allgemein axiomatische, experimentelle und heuristische Verfahren disku-

tiert, die teilweise sehr aufwendig sind und damit für die Unternehmensbewertung nicht als geeignet

erscheinen; vgl. hierzu Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 34-37.

Page 103: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

94

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Die Ausprägungen der unscharfen Einflussgröße Presseecho werden beim Zielun-

ternehmen (Fuzzy Software AG) nach einer durchgeführten empirischen Erhebung

(„Web Content Mining“) von den Mitgliedern des beauftragten Market Due Dili-

gence Teams separat erhoben und anschließend arithmetisch gemittelt. Als linguisti-

sche Terme, denen jeweils Werte im Intervall [0;1] zuzuordnen sind, werden die

Ausprägungen „negativ groß“, „negativ“, „null“, „positiv“ und „positiv groß“ for-

muliert.

Die Einschätzung der linguistischen Variablen Abwanderungsgefahr wird individu-

ell durch den Workshopleiter der Human Resources Due Diligence und damit eben-

falls ohne Zugehörigkeitsfunktion und Definitionsbereiche festgelegt, nachdem die-

ser die entsprechenden Manager des Zielunternehmens interviewt hat. Hierzu hat

der Workshopleiter für die drei formulierten Terme „niedrig“, „mittel“, „hoch“ ent-

sprechende Einschätzungen abzugeben.

5.2.2 Reellwertige Ausprägungen

Bei reellwertigen Ausprägungen ist in der Due Diligence zunächst ein scharfer Wert zu

ermitteln, der vor dem Hintergrund des festgelegten Typs der Zugehörigkeitsfunktion

und deren Definitionsbereiche anschließend – durch Rückgriff auf das in der Wissens-

basis gespeicherte Faktenwissen – fuzzyfiziert wird.

Hier bieten sich die aus der traditionellen Bewertung oder Unternehmensführung be-

kannten Scoringbögen an (beispielsweise zur Beurteilung der Kundenzufriedenheit).93

Dies hat insbesondere den Vorteil, dass sich damit aufwändige und zeitraubende Grup-

peneinschätzungen der einzelnen Teams bzw. Workshops erübrigen.

Das Wissen über diese scharfen Werte kann evtl. auch über eine bereits im Zielunter-

nehmen vorhandene Balanced Scorecard ermittelt werden, aus der sich entsprechend

scharfe Kennzahlen (= scharfe Basisvariablen) ableiten lassen (vgl. Kap. 2.3).

93

Zur Ermittlung weicher Risikofaktoren (bspw. Fluktuation, Kundenzufriedenheit, etc.) bestehen be-

reits seit längerem eine Reihe leistungsstarker Softwareprogramme, die mit den Fuzzy-Tools kombi-

niert werden können, vgl. bspw. Mosiek, T.: ZfCM 2003, S. 15-18.

Page 104: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

95

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Die linguistische Variable Marketing wird mit den fünf Termen „sehr niedrig“,

„niedrig“, „mittel“, „hoch“, „sehr hoch“ umschrieben. Die Marketingaktivität wird

beim Zielunternehmen (Fuzzy Software AG) durch eine Kennzahl der im Risiko-

controlling eingesetzten Balanced Scorecard gemessen und dabei auf einen Bereich

zwischen 0 und 100 Punkten normiert. Entsprechend wird – nach Rückgriff auf das

in der Wissensbasis gespeicherte Faktenwissen – durch die Market/Strategic Due

Diligence in Schritten von 20 Punkten eine entsprechende Einteilung des Definiti-

onsbereichs vorgenommen (z.B. 0-20 Punkte bedeutet laut Faktenwissen eine „sehr

niedrige“ Marketingaktivität) und anschließend der scharfe Wert in eine Fuzzy-Zahl

(Zugehörigkeitsgrad) umgerechnet.

Die unscharfe Einflussgröße bzw. linguistische Variable Wiederkaufrate wird durch

die Market/Strategic Due Diligence auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent unter-

nehmensspezifisch durch einen Scoringbogen ermittelt und mit drei Definitionsbe-

reichen unterlegt. Als linguistische Terme werden durch den Workshop die Ausprä-

gungen „klein“, „mittel“, „groß“ vorgeschlagen, die jeweils einen gleich großen De-

finitionsbereich aufweisen (z.B. entspricht ein Prozentwert bis 33% einer kleinen

Wiederkaufrate).

Für die Abschätzung der unscharfen Einflussgröße Berufserfahrung werden mittels

einer Skala (0 bis 40 Jahre) und den Termen „niedrig“, „mittel“, „hoch“ die entspre-

chenden, in der Wissensbasis gespeicherten Definitionsbereiche zugeordnet (vorlie-

gendes Faktenwissen). Die Berufserfahrung des Managements in Jahren wird durch

den Workshopleiter der Human Resources Due Diligence durch eine entsprechende

Managementbefragung erhoben.

Nach Festlegung der Anzahl sowie der Bezeichnungen der Terme und ggf. der Definiti-

onsbereiche ergibt sich für die fünf unscharfen Einflussgrößen bzw. linguistischen Vari-

ablen das in Tab. 11 dargestellte Bild. Terme linguistischer Variablen, die ohne Zugehö-

rigkeitsfunktion und Definitionsbereiche ermittelt wurden (ordinalskaliert), werden in

den Tabellen mit dem Symbol hinterlegt. Bei reellwertigen Erhebungen von Zuge-

hörigkeitsgraden wird das Symbol herangezogen.

Page 105: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

96

Nr.

linguistische

Variable/

unscharfe

Einflussgröße

Typ Einheit

Definitionsbereich

Termmenge

min max

1 Abwanderungs-

gefahr - - -

niedrig

mittel

hoch

2 Berufserfahrung Jahre 0 40 niedrig

mittel

hoch

3 Marketing Punkte 0 100

sehr_niedrig

niedrig

mittel

hoch

sehr_hoch

4 Presseecho - - -

negativ_groß

negativ

null

positiv

positiv_groß

5 Wiederkaufrate Prozent 0 100 klein

mittel

groß

Tab. 11: Festzulegende Eingangsvariablen des Fuzzy Business Risk Model

Nach Durchführung der Due Diligence konnte die beauftragte Wirtschaftsprüfungsge-

sellschaft bei der Fuzzy Software AG (Zielunternehmen) annahmegemäß folgende fünf

Datenreihen (unterschiedliche Szenarien) erheben, die jeweils andere Situationen hin-

sichtlich der unscharfen Einflüsse darstellen (vgl. Tab. 12).

In Abhängigkeit des Szenarios (S1 bis S5) ergeben sich nachfolgend fünf unterschiedli-

che Risikosituationen mit entsprechenden Auswirkungen auf die jeweilige Gesamter-

gebnisgröße im Businessplan.

Page 106: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

97

Nr.

linguistische

Variable/

unscharfe

Einflussgröße

Typ Term/

Einhheit S1 S2 S3 S4 S5

1 Abwanderungs-

gefahr

niedrig 0,25 0,05 0,80 0,20 0,15

mittel 0,17 0,61 0,10 0,34 0,15

hoch 0,03 0,19 0,00 0,77 0,15

2 Berufserfahrung Jahre 17 9 34 23 5

3 Marketing Punkte 60 40 78 15 24

4 Presseecho

negativ_groß 0,05 0,74 0,00 0,05 0,6

negativ 0,22 0,19 0,00 0,09 0,5

null 0,34 0,08 0,23 0,70 0,2

positiv 0,19 0,00 0,45 0,52 0,0

positiv_groß 0,02 0,00 0,09 0,19 0,0

5 Wiederkaufrate Prozent 23 61 50 21 44

Tab. 12: Ergebnisse des Due Diligence Prozesses

5.2.3 Erfülltheitsgrade als Zugehörigkeitsgrade

Im Rahmen der Fuzzy-basierten Bewertung der qualitativen Risiken sind mehrere Re-

gelblöcke im Fuzzy Business Risk Model zu durchlaufen. Dies bedeutet, dass nicht für

jede unscharfe Einflussgröße ei eines Regelblocks Zugehörigkeitsgrade ermittelt werden

müssen, da sich diese bereits als unscharfe (Zwischen-)Ergebnisgröße ek eines vorgela-

gerten Regelblocks ergeben können. Man spricht hierbei von Erfülltheitsgraden.

Mit anderen Worten, Erfülltheitsgrade einer unscharfen (Zwischen-)Ergebnisgröße ek

eines vorgelagerten Regelblocks können gleichzeitig die Zugehörigkeitsgrade einer un-

scharfen Einflussgröße ei für einen nachgelagerten Regelblock liefern. Dennoch müssen

– analog zu den „klassischen“ unscharfen Einflussgrößen ei – auch diese in der Due

Diligence mit Zugehörigkeitsfunktionen, entsprechenden Termausprägungen und Defi-

nitionsbereichen versehen werden.

Page 107: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

98

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Die Erfülltheitsgrade der Managementqualität (unscharfes Zwischenergebnis des vorge-

lagerten Regelblocks 1) sowie der Kundentreue (unscharfes Zwischenergebnis des vor-

gelagerten Regelblocks 3) fließen als Zugehörigkeitsgrade in den Regelblock 4 (Ab-

satzmenge_zus) ein. Die Erfülltheitsgrade des publiken Einflusses (Regelblock 2) flie-

ßen als Zugehörigkeitsgrade in den nachgelagerten Regelblock 3 zur Ermittlung der

Kundentreue ein (vgl. hierzu auch Abb. 14). Die Definitionsbereiche und Termmengen

wurden für diese drei unscharfen Zwischenergebnisgrößen bzw. unscharfen Einfluss-

größen wie folgt definiert:

Regel-

block

unscharfe Zwischen-

ergebnisgröße ek

=

unscharfe

Einflussgröße ei

Typ Einheit

Definitionsbereich

Termmenge

min max

1 Management-

qualität Punkte 0 100

niedrig

mittel

hoch

2 publiker Einfluss Punkte -100 100

negativ_groß

negativ

null

positiv

positiv_groß

3 Kundentreue Punkte 0 100

sehr_niedrig

niedrig

mittel

hoch

sehr_hoch

Tab. 13: Definitionsbereiche und Termmengen der unscharfen Zwischenergebnisgrößen

Im Rahmen der Due Diligence müssen des Weiteren auch der unscharfen Gesamtergeb-

nisgröße ek des obersten Regelblocks ein Zugehörigkeitsfunktionstyp, entsprechende

Termausprägungen und Definitionsbereiche zugeordnet werden (vgl. Tab. 14).

Page 108: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

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Regel-

block

unscharfe

Ergebnisgröße ek

Typ Einheit

Definitionsbereich

Termmenge

min max

4 zusätzliche

Absatzmenge Prozent -10 10

negativ_groß

negativ

null

positiv

positiv_groß

Tab. 14: Definitionsbereich und Termmenge der unscharfen Gesamtergebnisgröße

Insbesondere die Festlegung der Basis der unscharfen Ergebnisgröße des obersten Re-

gelblocks (Regelblock 4: Absatzmenge_zus) erfordert von den Bewertenden ein hohes

Maß an Sachverständnis und tiefergehende Branchenkenntnisse. Da die Größe das agg-

regierte qualitative Risikopotential darstellt und später als scharfer Wert bzw. als schar-

fe Verteilung in die Businessplanung einfließt, hängt das qualitative Risikoprofil eines

Zielunternehmens auch maßgeblich von der Gestaltung der linguistischen Variablen des

obersten Regelblocks ab.

Der Nachteil der verzweigt wirkenden qualitativen Risiken bzw. ihrer einzelnen Ein-

flussgrößen ei liegt darin, dass häufig keine empirisch verlässliche Möglichkeit besteht,

bestimmte Einflüsse und deren Auswirkungen auf den Zahlungsstrom bzw. das Ergeb-

nis isoliert darzustellen (beispielsweise „Wie viel Prozent Umsatzverlust sind auf die

Rufschädigung zurückzuführen?“, „Ist der Umsatzeinbruch auf kulturelle Unterschiede

zurückzuführen?“).

5.3 Formulierung der Regelsätze und Zuordnung der Zugehörig-

keitsgrade

Den Mittelpunkt des Fakten- und Regelwissens bildet das sog. Schließen.94

Dadurch

wird beschrieben, wie durch Rückgriff auf die formulierten WENN ... DANN ... - Re-

gelsätze eines Regelblocks eine Schlussfolgerung, die sog. Konklusion, aus einem vor-

handenen Faktenwissen gezogen werden kann.95

94

Vgl. allgemein Kahlert, J./Frank, H.: Fuzzy-Logik, S. 43.

95 Vgl. Beemelmann, T.: Fuzzy-Systems, S. 171.

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100

WENN ... DANN ...

(Regelwissen):

Regelsatz 1:

WENN die Wiederkaufrate „niedrig“ ist, DANN ist die Kundentreue „niedrig“.

Regelsatz 2:

WENN die Wiederkaufrate „befriedigend“ ist, DANN ist die Kundentreue „befriedigend“.

Regelsatz 3:

WENN die Wiederkaufrate „hoch“ ist, DANN ist die Kundentreue „hoch“.

Faktum

(Faktenwissen): Die Wiederkaufrate des Zielunternehmens ist „hoch“.

Schlussfolgerung

(Konklusion): Die Kundentreue des Zielunternehmens ist „hoch“. (= Regelwissen gem. Regelsatz 3)

Tab. 15: Beispiel für Unscharfes Schließen

Das Schließen kann auch auf unscharfe Einflussgrößen ei erweitert werden (vgl. Tab.

15).

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Anhand des in Abb. 14 dargestellten Regelblocks 4 mit den beiden unscharfen Einfluss-

größen Kundentreue und Managementqualität leitet sich beispielsweise aus der Wis-

sensbasis das in Tab. 16 dargestellte Regelwissen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf

die unscharfe Ergebnisgröße des Fuzzy Business Risk Models (Absatzmenge_zus) ab.

Regelsätze

(Regelbasis)

unscharfe Einflussgrößen ei unscharfe Ergebnisgröße ek

(Fuzzy Business Risk Model)

WENN DANN

Kundentreue Managementqualität zusätzliche Absatzmenge

1 sehr hoch hoch positiv_groß

2 sehr hoch mittel positiv

3 sehr hoch niedrig null

4 hoch hoch positiv

5 hoch mittel positiv

6 hoch niedrig null

7 mittel hoch null

8 mittel mittel null

9 mittel niedrig negativ

10 niedrig hoch null

11 niedrig mittel negativ

12 niedrig niedrig negativ

13 sehr niedrig hoch null

14 sehr niedrig mittel negativ

15 sehr niedrig niedrig negativ_groß

Tab. 16: Regelsätze und Regelbasis des Regelblocks 4

Page 110: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

101

Mit drei bzw. fünf unterstellten Termausprägungen der beiden unscharfen Einflussgrö-

ßen ei setzt sich der Regelblock aus insgesamt 15 Regelsätzen (= 3*5) zusammen. Alle

Regelsätze eines Regelblocks bilden die sog. Regelbasis. Welche und wie viele

Termausprägungen Verwendung finden, wurde bereits im Rahmen der Darstellung der

Due Diligence Arbeiten zur Fuzzyfizierung erläutert (vgl. Kap. 5.1.2).

Den unscharfen Einflussgrößen ei eines jeden Regelblocks sind abschließend die in der

Due Diligence bzw. die als Erfülltheitsgrade ermittelten Zugehörigkeitsgrade zuzuord-

nen.

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Annahmegemäß sind der Regelbasis des Regelblocks 4 als Erfülltheitsgrade errechnete

Zugehörigkeitsgrade für die Kundentreue von 0,7 (niedrig) und von 0,3 (mittel) zuzu-

ordnen. Für die Managementqualität wurde entsprechend ein Zugehörigkeitsgrad von

0,2 (hoch) und von 0,8 (mittel) ermittelt. Damit ergibt sich folgendes Bild:

Regelsätze

(Regelbasis)

unscharfe Einflussgrößen ei unscharfe Ergebnisgröße ek

(Fuzzy Business Risk Model)

WENN DANN

Kundentreue Managementqualität zusätzliche Absatzmenge

1 sehr hoch (-) hoch (0,2) positiv_groß

2 sehr hoch (-) mittel (0,8) positiv

3 sehr hoch (-) niedrig (-) null

4 hoch (-) hoch (0,2) positiv

5 hoch (-) mittel (0,8) positiv

6 hoch (-) niedrig (-) null

7 mittel (0,3) hoch (0,2) null

8 mittel (0,3) mittel (0,8) null

9 mittel (0,3) niedrig (-) negativ

10 niedrig (0,7) hoch (0,2) null

11 niedrig (0,7) mittel (0,8) negativ

12 niedrig (0,7) niedrig (-) negativ

13 sehr niedrig (-) hoch (0,2) null

14 sehr niedrig (-) mittel (0,8) negativ

15 sehr niedrig (-) niedrig (-) negativ_groß

Tab. 17: Regelbasis der unscharfen Ergebnisgröße zusätzliche Absatzmenge (Regelblock 4)

Wie aus Tab. 18 ersichtlich ist, werden von der gesamten Regelbasis (Tab. 17) nur die-

jenigen Regelsätze angesprochen, bei denen kein (-) auftritt, d.h. immer zwei Zugehö-

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102

rigkeitsgrade zuordenbar sind (sog. aktive Regelsätze). Dies ist bei den Regelsätzen 7,

8, 10 und 11 der in Tab. 17 abgebildeten Regelbasis der Fall.

aktive

Regelsätze

unscharfe Einflussgrößen ei unscharfe Ergebnisgröße ek

(Fuzzy Business Risk Model)

WENN DANN

Kundentreue Managementqualität zusätzliche Absatzmenge

7 mittel (0,3) hoch (0,2) null

8 mittel (0,3) mittel (0,8) null

10 niedrig (0,7) hoch (0,2) null

11 niedrig (0,7) mittel (0,8) negativ

Tab. 18: Zuordnung der Zugehörigkeitsgrade zu den unscharfen Einflussgrößen eines Regelblocks

Wurden die Zugehörigkeitsgrade aller Eingangsgrößen des Fuzzy Business Risk Models

ermittelt, erfolgt die eigentliche und softwaregestützte Verarbeitung der daraus abgelei-

teten aktiven Regelsätze.

Mittels einer dreistufigen Inferenzkomponente – Aggregation, Implikation, Akkumula-

tion – gelingt es, die in der Risikoidentifikation aufgedeckten und mit Zugehörigkeits-

graden versehenen unscharfen Einflussgrößen ei für jeden Regelblock zu einer unschar-

fen Fuzzy-Menge zu verknüpfen.96

Letztere stellt damit die aggregierte qualitative Risi-

komenge eines Regelblocks dar.

6 Inferenzkomponente bei unscharfen Mengen

6.1 Aggregation

Aufgabe der Aggregation ist es, die Erfülltheitsgrade der Regelsätze zu ermitteln (sog.

Degree of Fulfillment, DOF).97

Dies erfolgt durch die Kombination der Zugehörigkeits-

grade aller auf einen Regelblock einwirkenden aktiven Regelsätze. Um dies zu ermögli-

chen, sind entsprechende Rechenoperatoren festzulegen.98

Im Rahmen der Unterneh-

mensbewertung ist zu beachten, dass bei einem Vergleich mehrerer Akquisitionsobjekte

96

Vgl. Schroll, A.: Fuzzy-Control, S. 133.

97 Vgl. Momsen, B.: Wissensmanagement, S. 71.

98 Einen guten Überblick über die in der Fuzzy-Set Theorie verwendeten Operatoren liefert Bothe, H.-

H.: Fuzzy Logic, S. 36-53.

Page 112: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

103

einheitliche Operatoren in der Fuzzy-Inferenz verwendet werden sollten. Unterschiedli-

che Operatoren führen zu unterschiedlichen Fuzzy-Mengen und damit zu nicht mehr

vergleichbaren Ergebnissen.

In der allgemeinen Literatur zur Fuzzy-Set Theorie werden einige beschränkende prag-

matische und mathematische Aspekte genannt, welche die Auswahl eines adäquaten

Operators für den jeweiligen Anwendungsfall erleichtern sollte.99

Für die Zwecke der

Unternehmensbewertung muss der Operator grundsätzlich leicht nachvollziehbar sein,

um so auch den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung (GoU) zu ge-

nügen. Im Rahmen betriebswirtschaftlicher Fragestellungen hat sich fast ausnahmslos

der sog. Minimum-Operator etabliert.100

Der Minimum-Operator gehört zur Klasse der sog. T-Normen101

, welche mathematische

Modelle für den mengentheoretischen Durchschnitt darstellen und zur Modellierung des

„logischen UND“ dienen.102

In der klassischen Mengenlehre ist der Durchschnitt zweier

Mengen durch jene Elemente definiert, die zu beiden Mengen gehören.

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Überträgt man nun diesen Sachverhalt auf die hier dargestellte Bewertung von qualitati-

ven Risiken, bedeutet dies, dass sich die gemeinsame Fuzzy-Menge zweier unscharfer

Einflussgrößen ei (z.B. Kundentreue (K) UND Managementqualität (M)) aus der Mini-

mumbildung dieser beiden eingehenden Fuzzy-Mengen (= Zugehörigkeitsgrade)

ergibt.103

Der Bedingungsteil eines aktiven Regelsatzes ist folglich mit dem kleinsten

zugeordneten Zugehörigkeitsgrad erfüllt (vgl. Tab. 19).

99

Vgl. Hauke, W.: Fuzzy-Modelle, S. 59-60; Hönerloh, A.: Unscharfe Simulation, S. 48-50; Karagian-

nis, D./Telesko, R.: Wissensmanagement, S. 166; Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 30-31; Mayer,

A./Mechler, B./Schlindwein, A./Wolke, R.: Fuzzy Logic, S. 46-48. Insbesondere die mathematischen

Aspekte führen stark in das Gebiet der Fuzzy-Mathematik und spielen für die bewertungsspezifischen

Fragestellungen allenfalls eine nebensächliche Rolle, sodass auf eine vertiefende Darstellung an die-

ser Stelle verzichtet wird.

100 Vgl. Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 27.

101 Vgl. hierzu ausführlich Schroll, A.: Fuzzy-Control, S. 105-112.

102 Vgl. Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 27.

103 Vgl. Hauke, W.: Fuzzy-Modelle, S. 52; Traeger, D. H.: Fuzzy-Logik, S. 33.

Page 113: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

104

aktive

Regelsätze

unscharfe Einflussgrößen ei unscharfe Ergebnisgröße ek

(Fuzzy Business Risk Model)

WENN DANN (DOF)

Kundentreue Managementqualität zusätzliche Absatzmenge

7 mittel (0,3) hoch (0,2) null (0,2)

8 mittel (0,3) mittel (0,8) null (0,3)

10 niedrig (0,7) hoch (0,2) null (0,2)

11 niedrig (0,7) mittel (0,8) negativ (0,7)

Tab. 19: Ermittlung der Zugehörigkeitsgrade der unscharfen Ergebnisgröße eines Regelblocks

6.2 Implikation

In der Implikation (auch Kompositionsschritt genannt) wird der Erfülltheitsgrad eines

aktiven Regelsatzes (= Degree of Fulfillment, DOF) zusätzlich mit einem Gewichtungs-

faktor (= Degree of Support, DOS) multipliziert. Dieser nimmt ebenfalls Werte aus dem

Intervall [0;1] an, womit allen aktiven Regelsätzen unterschiedliche Einflussstärken

zugewiesen werden können.104

Die so entstehende „Gewichtung der aktiven Regelsätze“

spielt insbesondere bei Feinsteuerungen im Zusammenhang mit technischen Anwen-

dungen eine größere Rolle.105

Praktisch geschieht dies dadurch, dass jeder aktive Regelsatz zunächst mit einem

Sicherheitsfaktor aus dem Intervall [0;1] versehen wird. Anschließend ist dieser mit

dem Ergebnis der Aggregation zu verknüpfen. Mit anderen Worten, die Berechnung der

Schlussfolgerung eines aktiven Fuzzy-Regelsatzes resultiert aus der Verbindung des

Erfülltheitsgrads des aktiven Regelsatzes (= Degree of Fulfillment, DOF) mit dem ihm

zugeordneten Plausibilitätsgrad (= Degree of Support, DOS). Als Kompensationsopera-

tor kommt grundsätzlich das algebraische Produkt (sog. Produkt-Operator) zum Ein-

satz.106

Im Rahmen betriebswirtschaftlicher Anwendungen werden aus Vereinfachungsaspekten

und zur Vermeidung von „übertriebenen Scheingenauigkeiten“ alle aktiven Regelsätze

104

Vgl. Theileis, U./Kalhoff, A.: ZfgK 2000, S. 34. Zu den Gewichtungsverfahren vgl. ausführlich de

Almeida Cunha, C.: Strategiealternativen, S. 115-129.

105 Vgl. Guttenberger, S.: ZP 1999, S. 298.

106 Vgl. Karagiannis, D./Telesko, R.: Wissensmanagement, S. 151; Scherer, A.: Neuronale Netze,

S. 187. Beim hier verwendeten Softwareprodukt fuzzyTech 5.7 ist der Produkt-Operator bspw. fest

vorgegeben; vgl. Fuzzytech: Benutzerhandbuch, S. 51.

Page 114: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

105

gleich gewichtet, sodass stets gilt DOS = 1.107

Die in der Aggregation ermittelten Er-

fülltheitsgrade der Regelsätze (DOF) ändern sich somit nicht. Auch im Rahmen der

Fuzzy-basierten Unternehmensbewertung sind keine Gründe ersichtlich, welche eine

zusätzliche Gewichtung und damit eine „gekünstelte Genauigkeit“ der aktiven Regel-

sätze rechtfertigen würden.

6.3 Akkumulation

Betrachtet man Tab. 19 so fällt auf, dass der Term „null“ dreimal vertreten ist, d.h.

durch drei aktive Regelsätze (Nr. 7, 8 und 10) geschlussfolgert wird. Um die Fuzzy-

Inferenz abschließen und die unscharfe Ergebnismenge ek des Regelblocks ermitteln zu

können, kommt die Akkumulationskomponente zum Einsatz.

In der Akkumulation (auch Ergebnisaggregation genannt) werden diejenigen aktiven

Regelsätze, die die gleiche Schlussfolgerung – jedoch unterschiedliche Erfülltheitsgrade

(DOF) – aufweisen, durch einen weiteren Operator zusammengeführt.108

Eine Möglichkeit bietet hier der sog. Maximum-Operator. Dieser ist in die Klasse der

sog. T-Conormen einzuordnen, die mathematische Modelle für die mengentheoretische

Vereinigung darstellen und der Modellierung des „logischen inklusiven ODER“ dienen.

In der klassischen Mengenlehre ist die Vereinigung zweier Mengen die Supermenge der

Elemente.109

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Für die zu ermittelnde Fuzzy-Menge ergibt sich der Erfülltheitsgrad für die Manage-

mentqualität bzw. Kundentreue aus dem Maximum der Erfülltheitsgrade.110

Somit wür-

de für den Term „null“ der Wert 0,3 in die unscharfe Ergebnisgröße des obersten Re-

gelblocks (= Fuzzy-Menge) eingehen. Das Ergebnis des zweiten Terms „negativ“ kann

hingegen direkt übernommen werden, da hier keine unterschiedlichen Erfülltheitsgrade

(DOF) auftreten:

107

Vgl. Momsen, B.: Wissensmanagement, S. 72.

108 Vgl. Momsen, B.: Wissensmanagement, S. 73.

109 Vgl. hierzu ausführlich Hauke, W.: Fuzzy-Modelle, S. 56; Schroll, A.: Fuzzy-Control, S. 113-118;

Zimmermann, H.-J.: Fuzzy Technologien, S. 22-24.

110 Vgl. Hauke, W.: Fuzzy-Modelle, S. 54; Traeger, D. H.: Fuzzy-Logik, S. 34.

Page 115: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

106

3,0)2,0;3,0;2,0max(nullDOF

7,0negativDOF

Graphisch ergibt sich somit für den obersten Regelblock (Absatzmenge_zus) die in

Abb. 17 dargestellte, grau hinterlegte Fuzzy-Menge.

Verwandt mit dem Maximum-Operator ist der sog. Bounded Sum-Operator, welcher

aktive Regelsätze mit gleicher Schlussfolgerung aufaddiert, maximal aber bis zur

oberen Grenze von eins.111

Dies soll gewährleisten, dass die Erfülltheitsgrade der un-

scharfen Ergebnisgröße im Intervall [0;1] liegen. Mit anderen Worten, es wird verhin-

dert, dass es zu einem „übervoll gültigen“ aktiven Regelsatz mit einem Wert größer als

eins kommen kann:

7,02,03,02,01

Re

n

i

gelsatzaktivernull iDOF

7,0negativDOF

Nachfolgend werden in jedem Regelblock die jeweils fuzzyfizierten unscharfen Ein-

flussgrößen durch den Minimum-Operator (Min) aggregiert. Im Rahmen der Implikati-

on gilt DOS = 1 und damit DOF * DOS = DOF * 1 = DOF. Zur Akkumulation gleicher

Schlussfolgerungen wird in allen Regelblöcken jeweils der Bounded Sum-Operator

(BSum) und alternativ der Maximum-Operator (Max) eingesetzt. Je nachdem, welcher

Operator im Rahmen der Akkumulation eingesetzt wird, spricht man daher von einer

sog. Min/BSum-Inferenz bzw. Min/Max-Inferenz.

7 Defuzzyfizierung unscharfer Mengen

7.1 Zielsetzung

Die als Ergebnis der Min/BSum- bzw. Min/Max-Inferenz entstehende aggregierte und

unscharfe Ergebnismenge ek (sog. Fuzzy-Menge) aller qualitativen Risiken des

obersten Regelblocks bzw. aller Risiken eines vorgelagerten Regelblocks kann in der

vorliegenden Form noch nicht unmittelbar interpretiert werden.

111

Vgl. FuzzyTech: Handbuch, S. 51 und S. 119. Zu weiteren Fuzzy-Softwareprogrammen vgl. bspw.

die Übersicht in Kratzberg, F.: Fuzzy-Szenario-Management, S. 260.

Page 116: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

107

Aufgabe der Defuzzyfizierung ist es daher, die unscharfe Ergebnismenge, die sich als

Ergebnis der Fuzzy-Inferenz ergab, mit möglichst geringem Verlust an Informationen in

einen scharfen Outputwert des Planungsmodells zu transformieren, um auf diese Weise

eine deterministische oder stochastische Weiterverarbeitung im Discounted Cashflow

Model (DCF-Model) zu ermöglichen.112

Durch die Defuzzyfizierung werden also die auf eine aggregierte Fuzzy-Menge verdich-

teten qualitativen Risiken ei in eine quantitativ verwertbare, scharfe Ergebnisgröße

übersetzt. Mit anderen Worten, die qualitativ-unscharfe, linguistische Unsicherheit wird

in eine quantitativ-scharfe, deterministische bzw. stochastische Unsicherheit „über-

führt“.

7.2 Methoden zur Defuzzyfizierung

7.2.1 Überblick

In der Literatur zur allgemeinen Fuzzy-Set Theorie werden mehrere Methoden zur

Defuzzyfizierung unscharfer Fuzzy-Mengen diskutiert (vgl. Tab. 20):113

Center-of-Area Method (Flächenschwerpunktmethode)

Median Method (Flächenhalbierungsmethode)

Mean-of-Maximum Method (Maximum-Mittelwert Methode)

Center-of-Maximum Method (gewichtete Maximum-Mittelwert Methode).

Alle Methoden haben gemeinsam, dass sie als scharfe Ergebnisgröße einen determinis-

tischen Wert liefern.

112

Vgl. Traeger, D. H.: Fuzzy-Logik, S. 102; Zimmermann, H.-J.: Fuzzy Technologien, S. 101.

113 Einen ausführlichen Überblick geben bspw. Hönerloh, A.: Unscharfe Simulation, S. 81-84; Schroll,

A.: Fuzzy-Control, S. 146-153; Urban, M.: Fuzzy-Konzepte, S. 320; Zimmermann, H.-J.: Fuzzy

Technologien, S. 99-102.

Page 117: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

108

Center-of-Area

Method

Median

Method

Center-of-

Maximum

Method

Mean-of-

Maximum

Method

Definition

die scharfe Ergeb-

nisgröße ergibt sich

als Flächen-

schwerpunkt der

unscharfen

Fuzzy-Menge

der scharfe Wert,

der die unscharfe

Fuzzy-Menge in

zwei gleich große

Hälften teilt, wird

als scharfe Ergeb-

nisgröße definiert

die Terme mit den

relativ zu den

anderen Termen

höchsten

Erfülltheitsgraden

bilden die scharfe

Ergebnisgröße

die Terme mit den

(arithmetisch

gemittelten) absolut

höchsten

Erfülltheitsgraden

bilden das Ergebnis

für die scharfe

Größe des

DCF-Models

Charakteristik bester Kompromiss plausibelste Lösung

Tab. 20: Vergleich möglicher Defuzzyfizierungsmethoden

7.2.2 Anwendung

Die Methoden sollen anhand unseres Beispielsfalls verglichen werden.

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Abb. 17 zeigt die in Kap. 6 hergeleitete Fuzzy-Menge des obersten Regelblocks (Regel-

block 4: Absatzmenge_zus), in der alle wesentlichen qualitativen Risiken, d.h. unschar-

fen Einflussgrößen ei des Fuzzy Business Risk Models bereits verarbeitet und mittels

der Min/Max-Inferenz aggregiert wurden. Der Term „null“ besitzt demzufolge einen in

der Min/Max-Inferenz errechneten Erfülltheitsgrad (DOF) von 0,3; der Term „negativ“

einen Erfülltheitsgrad von 0,7.

Der grau schraffierte Teil bildet somit die gesamte unscharfe Fuzzy-Menge und damit

das Integral für die weitere Berechnung, d.h. den zu defuzzyfizierenden Flächeninhalt

der scharfen Ergebnisgröße „zusätzliche Absatzmenge“, ab.

Page 118: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

109

negativ groß negativ positiv großpositivnull

1

0

negativ

vom

Grad

0,7

null

vom

Grad

0,3

3,6%

zusätzliche Absatzmenge (in %)

Erfülltheitsgrad (DOF)Terme der linguistischen Variablen „Absatzmenge_zus“

Center-of-Area Method

a bc d3,3%

Mean-of-Maximum Method

negativ groß negativ positiv großpositivnull

1

0

negativ

vom

Grad

0,7

null

vom

Grad

0,3

3,6%

zusätzliche Absatzmenge (in %)

Erfülltheitsgrad (DOF)Terme der linguistischen Variablen „Absatzmenge_zus“

Center-of-Area Method

a bc d3,3%

Mean-of-Maximum Method

Abb. 17: Defuzzyfizierung der Fuzzy-Menge des obersten Regelblocks

Center-of-Area Method (Flächenschwerpunktmethode)

Um den gesuchten Abszissenwert und damit die scharfe Ergebnisgröße zu ermitteln,

wird bei der Center-of-Area Method der Schwerpunkt der grau schraffierten Fläche

(Fuzzy-Menge) innerhalb der Intervallgrenzen a und b berechnet (vgl. Abb. 17).114

In betriebswirtschaftlichen Fragestellungen hat sich die Flächenschwerpunktmethode

mittlerweile umfassend bewährt und findet in zahlreichen Arbeiten Anwendung.115

In

Abb. 17 würde die zusätzliche Absatzmenge demzufolge 3,6% betragen.

Median Method (Flächenhalbierungsmethode)

Bei der Median Method wird für die zu ermittelnde scharfe Ergebnisgröße derjenige

Abszissenwert herangezogen, der die Fuzzy-Menge, also die über das Integral berechne-

te grau schraffierte Fläche, in zwei Hälften gleicher Größe teilt.116

114

Vgl. Güllich, H.-P.: Fuzzy-Expertensysteme, S. 37; Reinhart, G./Krebs, P./Haas, M./Zäh, M.: ZWF

2008, S. 848. Eine exakte mathematische Berechnung liefert Schroll, A.: Fuzzy-Control, S. 149-152.

115 Vgl. Beemelmann, T.: Fuzzy-Systems, S. 175-176; Erben, R. F.: Fuzzy-Logic, S. 124-126; Güllich,

H.-P.: Fuzzy-Expertensysteme, S. 37; Reinhart, G./Krebs, P./Haas, M./Zäh, M.: ZWF 2008, S. 848;

Guttenberger, S.: ZP 1999, S. 300. Auch das hier eingesetzte Softwareprogramm fuzzyTech 5.7 greift

auf diese Methode zurück.

Page 119: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

110

Mean-of-Maximum Method (Maximum-Mittelwert Methode)

Bei der Mean-of-Maximum Method ermittelt sich die scharfe Ergebnisgröße über den-

jenigen Abszissenwert, der auf den Term mit dem maximalen Erfülltheitsgrad (DOF)

fällt. Wenn das Maximum allerdings – wie beim Term „negativ“ – nicht eindeutig ist,

wird das arithmetische Mittel des Teilintervalls herangezogen (vgl. Abb. 17):117

2

maxmax

%cd

ineAbsatzmeng

xxx

Die Mean-of-Maximum Method berechnet im Gegensatz zu allen anderen hier genann-

ten Methoden damit nicht den besten Kompromiss, sondern die plausibelste Lösung.

Mit anderen Worten, die scharfe Ergebnisgröße wird hier also lediglich über den Term

mit dem höchsten resultierenden Erfülltheitsgrad berechnet, während die Flächeninhalte

und damit die Erfülltheitsgrade der anderen Terme vernachlässigt werden. Gem. Abb.

17 würde sich demzufolge eine zusätzliche Absatzmenge von 3,3% ergeben.

Center-of-Maximum Method (gewichtete Maximum-Mittelwert Methode)

Die Center-of-Maximum Method entspricht in der Vorgehensweise zunächst der Maxi-

mum-Mittelwert Methode. Jedoch errechnet diese nun die scharfe Ergebnisgröße als

gewichtetes Mittel der Maxima der Erfülltheitsgrade aller vorkommenden Terme.

Demzufolge ist in der Due Diligence grundsätzlich auch eine Wahl der

Defuzzyfizierungsmethode notwendig, um so einen deterministischen Wert für die

scharfe Ergebnisgröße des obersten Regelblocks zu erhalten. Allerdings ist eine

Defuzzyfizierung dann nicht zwingend nötig, wenn die unscharfe Fuzzy-Menge (bzw.

deren Erfülltheitsgrade) eines Regelblocks in einen nachgelagerten Regelblock einfließt.

Die Erfülltheitsgrade (DOF) eines vorgelagerten Regelblocks stellen dann die Zugehö-

rigkeitsgrade für den nachgelagerten Regelblock dar. Aus informatorischer Sicht emp-

fiehlt sich aber bei allen Regelblöcken eine entsprechend scharfe Darstellung und damit

eine Defuzzyfizierung.

116

Vgl. Scheffels, R.: Jahresabschlussprüfung, S. 89; Zimmermann, H.-J.: Fuzzy Technologien, S. 100.

117 Vgl. Erben, R. F.: Fuzzy-Logic, S. 123; Karagiannis, D./Telesko, R.: Wissensmanagement, S. 168-

170; Zimmermann, H.-J.: Fuzzy Technologien, S. 99-100.

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111

7.3 Ergebnisse und Vergleich

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Für die Defuzzyfizierung aller drei Zwischenergebnisgrößen (vgl. Tab. 21) sowie der

Endergebnisgröße (vgl. Tab. 22) wird laut Beschluss des Kernteams jeweils die Center-

of-Area Method (CoA) herangezogen ( ). Der Pfeil markiert jeweils die Stelle der

Abszisse, wo sich gem. dieser Methode der Flächenschwerpunkt für das scharfe Zwi-

schen- bzw. Endergebnis befindet (vgl. Abb. 18).

Über alle Regelblöcke betrachtet stellt somit Szenario S3 die Konstellation mit den ge-

ringsten qualitativen Risiken bzw. höchsten Chancen dar. Sowohl die Managementqua-

lität (80,56 Punkte von 100 Punkten), die Kundentreue (66,67 Punkte von 100 Punkten)

wie auch der publike Einfluss (+60,98 Punkte auf einer Skala von -100 bis +100 Punk-

ten) weisen in der Min/Max-Inferenz sehr hohe Werte auf (vgl. Tab. 21).

Regel-

block Zwischenergebnis Typ Inferenz S1 S2 S3 S4 S5

1

Management-

qualität

(in Punkten, 0-100)

Min/BSum 50,81 20,67 80,55 50,00 27,08

Min/Max 54,17 21,03 80,56 40,04 31,67

2

publiker Einfluss (in Punkten,

-100 bis +100)

Min/BSum 9,83 -51,81 55,65 -34,92 -59,45

Min/Max 6,69 -56,67 60,98 -32,52 -43,96

3 Kundentreue

(in Punkten, 0-100)

Min/BSum 27,04 46,08 66,67 15,25 24,81

Min/Max 24,08 48,91 66,67 16,08 33,33

Tab. 21: Deterministische, scharfe Zwischenergebnisse der vorgelagerten Regelblöcke

Insgesamt ergibt sich damit eine zusätzliche Absatzmengenwirkung von +7,41% (vgl.

Tab. 22). Ähnliche Resultate werden in der Min/BSum-Inferenz erzielt.

Regel-

block Endergebnis Typ Inferenz S1 S2 S3 S4 S5

4

zusätzliche

Absatzmenge

(in Prozent)

Min/BSum -3,39 -5,24 7,41 -3,94 -6,39

Min/Max -1,94 -5,45 7,41 -4,40 -4,13

Tab. 22: Deterministisches, scharfes Gesamtergebnis des obersten Regelblocks

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112

Betrachtet man die in der Due Diligence ermittelten Ausprägungen für die fünf unschar-

fen Einflussgrößen ei war dieses Ergebnis zu erwarten, da einerseits einer geringen Ab-

wanderungsgefahr eine lange Berufserfahrung gegenübersteht und andererseits das Un-

ternehmen einen sehr guten Ruf und eine hohe Wiederkaufrate besitzt.

Szenario unscharfe Fuzzy- bzw. Gesamtergebnismenge (zusätzliche Absatzmenge in %)

Min/BSum-Inferenz Min/Max-Inferenz

S1

S2

S3

S4

S5

Abb. 18: Gesamtergebnismengen und scharfe Ergebnisgrößen des obersten Regelblocks

Die Szenarien S2, S4 und S5 schneiden hingegen deutlich schlechter ab. Aufgrund der

geringen Erfahrung des Managements (S2 und S5), der hohen Abwanderungsgefahr (S2

und S4), dem außerordentlich schlechten Ruf (S4) und den relativ niedrigen Marketing-

aktivitäten sind die jeweiligen Fuzzy-Mengen der Zwischenergebnisse bzw. ist die

Fuzzy-Menge des obersten Regelblocks bei diesen Szenarien entsprechend negativ aus-

geprägt.

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113

Auch die graphische Auswertung in Abb. 18 zeigt, dass das Szenario S3 ein Ergebnis

liefert, das scheinbar die wahre Risikosituation der qualitativen Risiken und damit aller

unscharfen Einflussgrößen widerspiegelt.

Des Weiteren geht aus der graphischen Darstellung hervor, dass die mittels der

Min/BSum-Inferenz ermittelte Fuzzy-Menge einen größeren Flächeninhalt aufweist als

die Berechnung mittels der Min/Max-Inferenz. Damit wird auch die Bedeutung der rich-

tigen Operatorenkombination sichtbar. Bei mehreren hintereinander geschalteten Regel-

blöcken bzw. vielen gleichen Zugehörigkeitsgraden verschlechtert sich die Situation

und damit die Aussagekraft bei der Min/BSum-Inferenz zunehmend. Das liegt daran,

dass in der Akkumulation der BSum-Operator alle aktiven Regelsätze mit gleicher

Schlussfolgerung bis maximal eins addiert, während der Max-Operator nur den aktiven

Regelsatz mit dem höchsten Zugehörigkeitsgrad heranzieht. Bei vielen gleichen aktiven

Regelsätzen ergibt sich nach dem BSum-Operator somit in der Akkumulation relativ

schnell ein Erfülltheitsgrad von eins.118

Ähnlich wie bereits bei anderen betriebswirtschaftlichen Anwendungen empfohlen,

dürfte die Min/Max-Inferenz daher auch für die Aggregation unscharfer Einflussgrößen

im Rahmen der Unternehmensbewertung verhältnismäßig gute Ergebnisse liefern. Den-

noch sollte die Plausibilität der Ergebnisse stets durch beide Operatorenkombinationen

geprüft werden.

8 Integration unscharfer Mengen in die Monte-Carlo Simulation

8.1 Zielsetzung

Anstelle eine – aus der Defuzzyfizierung abgeleitete – deterministische Größe ins Pla-

nungsmodell zu integrieren, ist das verschärfte qualitative Risikopotential stochastisch

zu betrachten, wenn man mit den Daten in einer Monte-Carlo Simulation weiterrechnen

will.

Hierzu wird die ermittelte Fuzzy-Menge des obersten Regelblocks in eine Wahrschein-

lichkeitsverteilung umgerechnet. Mit anderen Worten, die Defuzzyfizierung wird nicht

118

Vgl. hierzu das Beispiel in Kap. 6.3. Der Term „null“ weist nach der Min/Max-Inferenz einen Er-

fülltheitsgrad von 0,3 auf, während nach der Min/BSum-Inferenz aufgrund der Addition bereits ein

Erfülltheitsgrad von 0,7 ermittelt wird.

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114

punktgenau, sondern basierend auf einer Verteilung mehrwertig vorgenommen. Damit

fließt die gesamte Schwankungsbreite der unscharfen Ergebnisgröße ek – d.h. aller auf

die Zielgröße wirkenden qualitativen Risiken – in die Bewertung mit ein.

Obwohl die aus den Erfülltheitsgraden abgeleitete Fuzzy-Menge aufgrund ihrer Form

stark einer Wahrscheinlichkeitsverteilung gleicht, handelt es sich bei einer Fuzzy-

Menge und einer Wahrscheinlichkeitsverteilung um zunächst zwei grundlegend ver-

schiedene Konstrukte.119

Erfülltheitsgrade und Wahrscheinlichkeitszahlen unterscheiden

sich dahingehend, dass letztere die Glaubwürdigkeiten angeben, mit der künftige Ereig-

nisse eintreten, während Erfülltheitsgrade die Unsicherheiten beschreiben, mit der die

Ausprägungen von bestimmten in der Termmenge festgelegten Ereignissen erwartet

werden.120

Die aus den Erfülltheitsgraden abgeleitete Fuzzy-Menge spiegelt also eine

qualitativ-linguistische, aber noch keine quantitativ-stochastische Unsicherheit wider.

8.2 Methoden zur Umrechnung in Wahrscheinlichkeiten

8.2.1 Überblick

Zur Ableitung von Verteilungen werden in der Literatur zur stochastischen Unterneh-

mensbewertung als gängige Vorgehensweisen

das Dreipunktschätzverfahren,

die Intervalltechnik sowie

die diskrete Schätzung

diskutiert.121

Die ersten beiden Varianten lassen sich durch eine einfache Modifizierung auch zur

Ableitung einer Verteilung aus einer Fuzzy-Menge im Rahmen der Due Diligence an-

wenden. Welche der beiden Methoden geeigneter erscheint, hängt vom jeweiligen Be-

wertungsfall und letztlich von der Form der resultierenden Fuzzy-Menge ab.

119

Vgl. Guttenberger, S.: ZP 1999, S. 289.

120 Vgl. Nauck, D./Kruse, R.: Fuzzy-Systeme, S. 12.

121 Vgl. hierzu Henselmann, K./Klein, M.: M&A Review 2010, S. 363.

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115

8.2.2 Dreipunktschätzverfahren

Das sog. Dreipunktschätzverfahren eignet sich für diejenigen Variablen im stochasti-

schen Bewertungsmodell (Businessplan), die mit leicht nachvollziehbaren, stetigen Ver-

teilungstypen (z.B. Normalverteilung, Gleichverteilung, etc.) zu unterlegen sind. Das

Due Diligence Team hat hierbei den minimal möglichen, den wahrscheinlichsten (Mo-

dus) sowie den maximal möglichen Wert anzugeben. Interpretiert man die Fuzzy-

Menge des obersten Regelblocks zunächst als „fiktive“ Wahrscheinlichkeitsverteilung,

kann sich diese Schätzung an die unscharfe Fuzzy-Menge anlehnen.

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Für die Fuzzy-Menge aus Szenario S2 könnte beispielsweise eine PERT-Verteilung

abgeleitet werden.122

Der Vorteil dieser Verteilung liegt darin, dass das Minimum, der

Modalwert und das Maximum direkt angegeben werden können. Der wahrscheinlichste

Wert (Modalwert) ist hier sehr eng am Minimum zu formulieren, um so die Schiefe

möglichst gut wiedergeben zu können (vgl. Abb. 19).123

Szenario Fuzzy-Set Theorie Monte-Carlo Simulation

S2

Abb. 19: Umwandlung der unscharfen Fuzzy-Menge in eine scharfe PERT-Verteilung124

Der Mittelwert (≠ Modalwert(!)) der Verteilung sollte dabei möglichst nah an dem nach

der Center-of-Area Method ermittelten Wert liegen. Der äußerste linke Abszissenwert

(-10%) könnte demnach als Minimum, der äußerste rechte Abszissenwert als Maximum

(+6,5%) und der durch die Center-of-Area Method berechnete Abszissenwert (-5,45%)

122

Vgl. zur PERT-Verteilung allgemein Vose, D.: Risk Analysis, S. 672-674.

123 Vgl. Madlener, R./Siegers, L./Bendig, S.: ZfE 2009, S. 143.

124 Darstellung der Monte-Carlo Simulation mit Crystal Ball

® (Oracle).

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116

als Modus herangezogen und daraus eine der Fuzzy-Menge ähnelnde Verteilung, z.B.

eine PERT-Verteilung, abgeleitet werden.

Für die Szenarien S1, S3 und S5 empfiehlt es sich, eine einfache Gleichverteilung125

heranzuziehen, da die Spannweiten der Absatzmengen keine großen Unterschiede auf-

weisen. Für das Szenario S5 ergibt sich damit beispielsweise eine Gleichverteilung zwi-

schen -10% und +3% (vgl. Abb. 20).

Das Dreipunktschätzverfahren hat allerdings zwei Nachteile. Zum einen muss im Regel-

fall zunächst eine Defuzzyfizierung der unscharfen Ergebnisgröße erfolgen. Das Due

Diligence Team hat infolgedessen auch eine Entscheidung hinsichtlich einer der in Kap.

7.2 aufgezeigten Methoden zu treffen. Zum anderen kann die Fuzzy-Menge eine Form

annehmen, die nicht unmittelbar einer entsprechenden Verteilung ähnelt.

Szenario Fuzzy-Set Theorie Monte-Carlo Simulation

S5

Abb. 20: Umwandlung der unscharfen Fuzzy-Menge in eine scharfe Gleichverteilung

8.2.3 Intervalltechnik

Bei der Intervalltechnik ist – anders als beim Dreipunktschätzverfahren – der Bewerten-

de nicht auf durch die eingesetzte Software vorgegebene Verteilungen beschränkt.126

Die Verteilung wird vielmehr manuell definiert.

Ausgangspunkt des Verfahrens bildet die Vorgabe eines Gesamtintervalls. Dieses ist

anschließend in entsprechende Teilintervalle zu zerlegen. Für jedes Teilintervall ist eine

Eintrittswahrscheinlichkeit anzugeben, wobei die Summe der Wahrscheinlichkeiten

aller Intervalle eins ergeben muss. Durch die Division der Wahrscheinlichkeit der ein-

125

Vgl. zur Gleichverteilung allgemein Vose, D.: Risk Analysis, S. 687-688.

126 Vgl. Klein, M.: Add-In basierte Softwaretools, S. 17.

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117

zelnen Teilintervalle durch deren Breite kann die Dichtefunktion in Form eines Histog-

ramms berechnet werden. Jeder Wert innerhalb eines Teilintervalls tritt dann mit glei-

cher Wahrscheinlichkeit ein, sodass man quasi von einer „gestückelten Gleichvertei-

lung“ sprechen kann.127

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Bei den Szenarien S2 und S4 (vgl. Abb. 18, rechte Spalte) ist – wie bereits durch die

PERT-Verteilung gezeigt – nur ein indirekter, näherungsweiser Vergleich mit einer

Verteilung möglich. Da die Fuzzy-Mengen der jeweiligen Terme unterschiedliche Aus-

prägungen besitzen, besteht des Weiteren die Möglichkeit, zur Ableitung einer Vertei-

lung die Intervalltechnik heranzuziehen.

Bei Szenario S2 lässt sich das Gesamtintervall (-10% bis +6,5%) beispielsweise auf drei

Teilintervalle herunterbrechen, die schätzungsweise die Fuzzy-Menge wiedergeben

(Intervall 1: -10% bis -5%; Intervall 2: -5% bis 0%; Intervall 3: 0% bis 6,5%; vgl. Abb.

21, linkes Bild). Die kumulierten Wahrscheinlichkeiten lassen sich als Ausprägungen

der Fuzzy-Mengen auf der Ordinate der Fuzzy-Graphik annähernd ablesen (Teilintervall

1: 0,55; Teilintervall 2: 0,40; Teilintervall 3: 0,05; vgl. Abb. 21, linkes Bild).

Um diese „fiktiven“ auf echte Wahrscheinlichkeiten zu normieren, dividiert man die

Ausprägungen der drei Fuzzy-Mengen durch die ungefähre Länge der drei Teilintervalle

(vgl. Abb. 21, linkes Bild):

Szenario Fuzzy-Set Theorie Monte-Carlo Simulation

S4

Abb. 21: Umwandlung der unscharfen Fuzzy-Menge mit Hilfe der Intervalltechnik

127

Vgl. Henselmann, K./Klein, M.: M&A Review 2010, S. 363.

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118

Teilintervall 1: 0,55 / (-5%-(-10%)) = 0,55 / 5% = 0,11%

Teilintervall 2: 0,40 / (0%-(-5%)) = 0,40 / 5% = 0,08%

Teilintervall 3: 0,05 / (6,5%-0%) = 0,05 / 6,5% ≈ 0,008%

Als Ergebnis erhält man für die zusätzliche Absatzmenge eine scharfe, stochastische

Verteilung (vgl. Abb. 21, rechtes Bild).

8.3 Durchführung der Monte-Carlo Simulation

8.3.1 Ganzheitliches Risikoprofil

Die aus der Fuzzy-Menge aggregierte Verteilung ist abschließend in das stochastische

DCF-Model zu integrieren.128

Eingabedaten (Inputvariablen)

X1 = …

X1 = …

X2 = …

X3 = …

Ergebnishistogrammz.B. EBIT, Cashflow einer Planperiode

Wahrscheinlichkeitsverteilungen

der Inputfaktoren

des PlanungsmodellsTabellenkalkulation

Planungsmodell

Gleichverteilung(historisch)

PERT-Verteilung(aus Fuzzy-Menge)

Monte-Carlo Simulation

Eingabedaten (Inputvariablen)

X1 = …

X1 = …

X2 = …

X3 = …

Ergebnishistogrammz.B. EBIT, Cashflow einer Planperiode

Wahrscheinlichkeitsverteilungen

der Inputfaktoren

des PlanungsmodellsTabellenkalkulation

Planungsmodell

Gleichverteilung(historisch)

PERT-Verteilung(aus Fuzzy-Menge)

Monte-Carlo Simulation

Abb. 22: Risikoaggregation129

128

Vgl. zur Integration von Verteilungen in Excel-basierte DCF-Modelle bspw. Klein, M.: Add-In ba-

sierte Softwaretools, S. 10-16.

129 In Anlehnung an Klein, M./Höfner, A.: KSI 2011, S. 5-12.

Page 128: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

119

Die bereits im Planungsmodell vorhandene Verteilung der Plangröße und die aus der

Fuzzy-Menge konstruierte Verteilung liefern zusammen die Ergebnisgröße für ein si-

muliertes Szenario des interessierenden Werttreibers.

Bei einer Spreadsheet basierenden Anwendung, beispielsweise mit Microsoft Excel,

wären im Planungsmodell zur Errechnung der Streuung des periodenspezifischen Cash-

flows bzw. der interessierenden scharfen Ergebnisgröße damit zwei Felder (mit der

gleichen Variable) durch entsprechende Verteilungen zu hinterlegen (vgl. Abb. 22).130

Die Schwierigkeit, die Erkenntnisse der Fuzzy-Set Theorie mit den stochastischen Plan-

größen zu verbinden, liegt dabei darin, dass die mehrwertig interpretierten Plangrößen

der Businessplanung häufig bereits qualitative Risiken mit einkalkulieren.131

Damit be-

steht zwangsläufig die Gefahr einer Doppelerfassung.

Um dies zu vermeiden, sollten im stochastischen Modell zunächst nur die per Vergan-

genheitsanalyse ermittelten und historisch bereinigten Größen mehrwertig dargestellt

und simuliert werden.132

Die zukünftige Entwicklung wird dann über den entsprechen-

den aus der Fuzzy-Menge abgeleiteten Wert simuliert. Somit wird mit jedem Simulati-

onslauf (Szenario) der aus der historischen Verteilung ermittelte vergangenheitsbasierte

Wert einer Variablen durch einen – mittels der Fuzzy-Set Theorie erzeugten – primär

zukunftsbasierten Wert ergänzt. Je nach Form der Fuzzy-Menge und der daraus abgelei-

teten Verteilung kann es in jedem Szenario somit zu einem Zu- bzw. Abschlag zur his-

torisch simulierten Größe der interessierenden scharfen Variablen der integrierten Busi-

nessplanung kommen.

Fortsetzung des Ausgangsbeispiels:

Die mehrwertige Ermittlung von künftigen Absatzmengen ist zunächst aus der Simula-

tion von historischen Absatzmengen des Zielunternehmens möglich (beispielsweise

130

Vgl. hierzu Klein, M.: Add-In basierte Softwaretools, S. 14-15.

131 Zur Businessplanung mit Excel-basierten DCF-Modellen vgl. bspw. Gillenkirch, R. M./Thamm, R.:

WiSt 2008, S. 685-689.

132 Die Monte-Carlo Simulation enthält damit Elemente der historischen Simulation, vgl. zur Abgren-

zung beider Varianten bspw. Henselmann, K./Klein, M.: Der Konzern 2010, S. 352-353. Zur Ver-

gangenheitsanalyse vgl. bspw. Peemöller, V./Kunowski, S.: IDW, S. 293-294.

Page 129: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

120

mittels einer Gleichverteilung).133

Die Höhe des (absoluten bzw. prozentualen) Zu-

schlags zur historisch simulierten Basismenge wird z.B. bei Szenario S2 durch den si-

mulierten Wert der aus der Fuzzy-Menge abgeleiteten PERT-Verteilung bestimmt, die

insbesondere unscharfe Einflussgrößen – wie beispielsweise die Managementqualität –

berücksichtigt. Gem. Szenario S2 würde sich der Ab- bzw. Zuschlag in den Grenzen

zwischen -10% und +6% bewegen (vgl. Abb. 19). Unterstellt man historische Absatz-

mengen, die sich durch eine Gleichverteilung zwischen 40.000 und 55.000 Stück abbil-

den lassen, ergibt sich bei 10.000 Simulationsläufen folgende Wirkung auf die gesamte

Absatzmenge einer Periode:

Simulationslauf

gezogener Wert aus der

Gleichverteilung des

Planungsmodells (aus historischen Größen,

in Stück)

gezogener relativer Wert

aus der

PERT-Verteilung (absoluter Ab-/Zuschlag

in Stück)

Absatzmenge

des Szenarios

insgesamt (in Stück)

1 52.700 -8,7% (-4.585) 48.115

2 43.600 -2,3% (-1.003) 42.597

9.999 54.298 +2,4% (+1.303) 55.601

10.000 47.255 -7,5% (-3.544) 43.711

Tab. 23: Ermittlung der Absatzmenge für das Szenario S2

Alle Simulationsläufe ergeben nach einer entsprechenden Verknüpfung mit dem Ab-

satzpreis eine entsprechende Verteilung der Umsatzerlöse und damit der simulierten

Erfolgs-/Zahlungsstromgröße einer Periode (= ganzheitliches Risikoprofil), die dann

den Ausgangspunkt der Risikoanalyse bildet.134

133

Zur Ableitung und Beurteilung von Verteilungen aus historischen Größen im Due Diligence Prozess

vgl. Klein, M.: Add-In basierte Softwaretools, S. 21-28.

134 Vgl. zur Auswertung und Analyse von Simulationsergebnissen Klein, M.: Add-In basierte Software-

tools, S. 40-56.

Page 130: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

121

Entscheidung

unter

Unsicherheit

Definition der

Zielgröße(z.B. Cashflow)

Abweichung

der Zielgröße(z.B. Cashflow)

Risikoprämie

aus

Risikoanalyse

qualitativ linguistisch

Stochastik

z.B.

objektive/

subjektive

Verteilungen

der

Absatzmengenstochastischquantitativ

Unschärfe

z.B.

Mitarbeiter-

motivation,

kulturelle

Risiken, etc.

Verarbeitung der auf die Zielgröße wirkenden UnsicherheitenEntscheidung

unter

Unsicherheit

Definition der

Zielgröße(z.B. Cashflow)

Abweichung

der Zielgröße(z.B. Cashflow)

Risikoprämie

aus

Risikoanalyse

qualitativ linguistisch

Stochastik

z.B.

objektive/

subjektive

Verteilungen

der

Absatzmengenstochastischquantitativ

Unschärfe

z.B.

Mitarbeiter-

motivation,

kulturelle

Risiken, etc.

Verarbeitung der auf die Zielgröße wirkenden Unsicherheiten

Abb. 23: Ganzheitliches Risikoprofil

Die simulierten Cashflow-Verteilungen aller Planperioden charakterisieren die Risiko-

struktur des Zielunternehmens, indem die Möglichkeit der Abweichung des tatsächli-

chen Zahlungsstroms einer Periode vom erwarteten Wert transparent gemacht wird.135

8.3.2 Risikoprämie und Unternehmenswert

Die Gefahr der negativen Abweichung des prognostizierten Zahlungsstroms von seinem

Erwartungswert stellt die Grundlage für die Berechnung eines Risikomaßes und damit

der Risikoprämie einer Planperiode dar.136

Durch die jeweilige Diskontierung der um

die Risikoprämie bereinigten Erwartungswerte mit dem risikofreien Zins (Sicherheits-

äquivalentmethode137

), kann schließlich ein Unternehmenswert ermittelt werden, wel-

cher sowohl die unscharfen Einflussgrößen als auch die historischen Entwicklungen

– d.h. qualitative und quantitative Komponenten – unternehmensspezifisch erfasst (vgl.

135

Vgl. Klein, M./Höfner, A.: KSI 2011, S. 5-12. Ein solches Risikomaß stellt bspw. der mit dem Value-

at-Risk verwandte Cashflow-at-Risk (CFaR) einer Planperiode dar; vgl. zum at-Risk Konzept bspw.

Henselmann, K./Klein, M./Fürst, B.: Corporate Finance biz 2010, S. 459-467.

136 Vgl. ausführlich Gleißner, W./Kamaras, E./Wolfrum, M.: Beteiligungen, S. 129-193; Klein, M.: Add-

In basierte Softwaretools, S. 46.

137 Vgl. zur Sicherheitsäquivalentmethode Ballwieser, W.: BFuP 1981, S. 97-114.

Page 131: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

122

Abb. 23).138

Eine zunehmende quantitative und qualitative Risikomenge führt demnach

zu einem sinkenden Unternehmenswert. Des Weiteren kann aus dem sich ergebenden

ganzheitlichen Risikoprofil auch ermittelt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für

ein Eigenkapital kleiner Null einer Periode ist. Die entsprechende Insolvenzwahrschein-

lichkeit lässt sich dann ebenfalls als Inputfaktor im Bewertungsmodell erfassen.139

Vorteilhaft ist zudem, dass durch die Anwendung des hier vorgestellten Konzepts für

das Risikomaß keine historischen Kapitalmarktdaten – wie bei der traditionellen Rendi-

tegleichung des Capital Asset Pricing Models (CAPM) – über das Bewertungsobjekt

benötigt werden.140

Die unternehmensspezifischen Ausprägungen der Ursache-Wir-

kungs-Beziehungen werden, aufbauend auf der Wissensbasis, durch eine ganzheitliche

Risikobewertung in der Due Diligence bzw. durch Rückgriff auf die Wissensbasis si-

chergestellt.

9 Kritische Würdigung des Konzepts

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass wissensbasierte Systeme und die da-

ran anknüpfende Fuzzy-Set Theorie gute Ansätze liefern, um qualitative Einflussfakto-

ren bzw. linguistische Unsicherheiten in die monetäre, stochastische Unternehmensbe-

wertung zu integrieren. Allerdings führt die Anwendung der Fuzzy-Set Theorie zu ge-

wissen Limitationen, die gleichzeitig als Chancen für eine allumfassende Unterneh-

mensbewertung zu interpretieren sind:

Die Erstellung des Fuzzy Business Risk Models führt – sofern in der Wissensbasis

noch kein gespeichertes Fakten- und/oder Regelwissen vorhanden ist – im Rahmen

der Due Diligence zu einem erhöhten Schätzaufwand (beispielsweise hinsichtlich

der Terme linguistischer Variablen, deren Definitionsbereiche sowie der Darstellung

des notwendigen Regelwissens). Andererseits können aber gerade durch den Aufbau

solcher wissensbasierter Netze im Zeitablauf die qualitativen Einflussfaktoren einer

138

Vgl. grundlegend hierzu Gleißner, W.: WPg 2010, S. 742. Die Insolvenzwahrscheinlichkeit kann aus

der sich ergebenden Verteilungsfunktion des periodenspezifischen Eigenkapitals abgeleitet werden;

vgl. hierzu auch Klein, M./Höfner, A.: KSI 2011, S. 5-12.

139 Vgl. Gleißner, W.: WPg 2010, S. 742.

140 Vgl. Gleißner, W.: Risikomanagement, S. 277-278. „Lediglich“ die Bestimmung des Marktpreises

des Risikos ist demnach vom Kapitalmarkt zu ermitteln. Damit kann das hier vorgestellte Konzept

auch bei nicht börsennotierten Unternehmen Anwendung finden.

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123

Branche gut dargestellt und stetig verbessert werden. Dadurch entsteht eine Art

„Neuronales Netz“141

, welches durch die Lernfähigkeit und Fähigkeit zur Anpas-

sung an sich verändernde Situationen eine kontinuierliche Verbesserung der Bewer-

tung garantiert. Des Weiteren erleichtert die Darstellung als netzwerkbasiertes

Fuzzy Business Risk Model mit allen unscharfen Faktoren und Zusammenhängen

(Fakten- und Regelwissen) die Verarbeitung der bewertungsrelevanten Daten und

die Visualisierung der Ergebnisse.

Die Gewinnung von internem Fakten- und Regelwissens im Rahmen der Due Dili-

gence gestaltet sich mitunter noch schwierig. Zwar gibt mittlerweile ein Großteil des

Managements in empirischen Studien an, dass der Markt selbst zunehmend qualita-

tive – d.h. unscharfe – Einflussgrößen betont, die Messung im Unternehmen – trotz

vorhandener Balanced Scorecards – aber als primär schlecht beurteilt wird. Dies gilt

insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, bei denen aber die unscharfen

Einflussgrößen und deren Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufgrund fehlender

(Strategie-)Diversifikation, mangelnder Historie der Zahlungsströme, etc. eine be-

sonders wichtige Rolle spielen.142

Durch die Nachwirkungen der jüngsten Finanz-

marktkrise – und der damit einhergehenden vorsichtigeren Kreditvergabepraxis vie-

ler Banken – profitiert der unscharfe Bewertungsansatz auch indirekt von den künf-

tigen Entwicklungen im internen Risikomanagement und -controlling vieler Unter-

nehmen. Durch neue Vorschriften zur Eigenmittelunterlegung (Stichwort Basel III),

dürften Banken aus Eigeninteresse viele Kreditnehmer dazu anhalten, sich verstärkt

mit Fragen des Risikomanagements und damit der Erfassung unscharfer operativer

und strategischer Einflussgrößen auseinanderzusetzen.143

Die Pflege der Wissensbasis, insbesondere der kontinuierliche Erwerb von externem

Fakten- und Regelwissen, erfordert eine aktive Umsetzung von neuen Methoden der

141

Vgl. zur Verbindung von Neuronalen Netzen und der Fuzzy-Technik bereits Nauck, D./Klawonn,

F./Kruse, R.: Neuronale Netze. Allgemein Lämmel, U./Cleve, J.: Künstliche Intelligenz, S. 193-204.

142 Von 175 Vorständen und Aufsichtsräten größerer Unternehmen wurde in einer Studie von Deloitte

aus dem Jahr 2007 angegeben, dass die Fähigkeit zur Messung nicht-finanzieller Leistungsindikato-

ren nur mit 5% als hervorragend und mit 24% als gut zu bezeichnen ist; vgl. Deloitte: In the dark II

sowie Tesch, J./Wissmann, R.: Lageberichterstattung, S. 107.

143 Vgl. hierzu insbesondere Graumann, M./Linderhaus, H./Grundei, J.: BFuP 2009, S. 492-505. Die

Autoren fordern, dass die Vorstände und Geschäftsführer über angemessene Entscheidungsinstru-

mente verfügen müssen, um das Ausmaß möglicher Risiken frühzeitig beurteilen zu können. Zur stra-

tegischen Frühaufklärung vgl. auch Krystek, U.: ZfCM 2007, Sonderheft 2, S. 50-58.

Page 133: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

124

Datenanalyse und -verarbeitung. Gerade dieser Punkt sollte mit der künftigen Ein-

führung der XBRL-Technik in der Rechnungslegungspublizität nicht als Nachteil,

sondern als Chance gesehen werden. Durch die einfache Aufbereitung einer Viel-

zahl an Informationen der Bilanz und GuV-Rechnung können nicht nur branchen-

spezifische quantitative Verteilungen für einzelne Plangrößen des stochastischen

Bewertungsmodells abgeleitet, sondern langfristig auch qualitativ-linguistische In-

formationen im Anhang und Lagebericht aufbereitet und für die Fuzzy-basierte An-

wendung genutzt werden. Bereits heute deuten erste Untersuchungen darauf hin,

dass zwischen der Wortwahl der externen Berichterstattung und den künftigen Er-

gebnissen empirisch relevante Zusammenhänge bestehen.144

Des Weiteren kann

durch die strukturierte Darstellung auch branchenspezifisches Fakten- und Regel-

wissen für die Wissensbasis abgeleitet werden.

Mit der Umsetzung der Fuzzy-Set Theorie kommen auch an die Verantwortlichen

im Due Diligence Team erhöhte Anforderungen zu, da diese grundlegende Kennt-

nisse der Fuzzy-Inferenz sowie der Stochastik besitzen müssen. Allerdings ist die

Fuzzyfizierung, d.h. die Bewertung der qualitativen Risiken, einfach in Workshops

vorzunehmen, sodass lediglich der Workshopverantwortliche vertiefende Kenntnis-

se, insbesondere über die mathematische Umsetzung der Regelverarbeitung, aufwei-

sen muss. Gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung (beispielsweise Verkür-

zung der Produktlebenszyklen in der Mobilfunktechnologie, politische Instabilitäten

in Schwellenländer) besitzen Akquisitionen eine hohe Gefahr des Scheiterns.145

Die

Kosten für die zusätzliche Ausbildung zur Errichtung einer Wissensbasis und zur

Umsetzung der Fuzzy-Set Theorie stehen damit in keinem unangemessenen Ver-

hältnis zum daraus resultierenden Nutzen.

Das Ergebnis der Fuzzy-Set Theorie hängt entscheidend von der richtigen Regelver-

arbeitung ab, da die Wahl der Operatorenkombination in der Inferenzkomponente

bzw. die Festlegung der Definitionsbereiche erheblichen Einfluss auf die Ausgestal-

tung der Fuzzy-Menge und damit auf die daraus abzuleitende scharfe Verteilungs-

form einer Plangröße nehmen. Insbesondere die Auswahl, die Anzahl und die

Fuzzy-basierte Umrechnung der qualitativen Risiken in eine scharfe Größe eröffnen

144

Vgl. Henselmann, K./Klein, M./Raschdorf, F.: Prognoseeignung, S. 19.

145 Vgl. allgemein bspw. Kinkel, S.: Erfolgsfaktor, S. 49-73.

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125

– trotz der durchgeführten Expertenworkshops – somit subjektive Ermessensspiel-

räume.

10 Zusammenfassung und Ausblick

Die Modellierung und Verarbeitung qualitativer Risiken mittels der Fuzzy-Set Theorie

bietet eine attraktive Möglichkeit, unscharfe Einflussgrößen auf den Erfolg eines Unter-

nehmens computergestützt zu bewerten und zu aggregieren. Durch neue Techniken der

Informationsverarbeitung kann Regel- und Faktenwissen aus verschiedenen Datenquel-

len bzw. aus einer vorhandenen Wissensbasis erhoben und zur weiteren Verarbeitung in

der Due Diligence genutzt werden.

Das so entstehende Fuzzy Business Risk Model stellt dem potentiellen Käufer Wissen

über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zur Verfügung, welches dazu beiträgt, den

Beurteilungsprozess über im Zielunternehmen innewohnende Risiken zu beschleunigen

und zu objektivieren.146

Investoren können so frühzeitig negatives von Belang, Stolper-

steine oder gar Deal Breaker aufdecken und kritisch hinterfragen. Durch die Umrech-

nung des fuzzyfizierten qualitativen Risikopotentials eines Unternehmens in Wahr-

scheinlichkeitsdichtefunktionen gelingt es, sowohl qualitative als auch quantitative Ein-

flussgrößen monetär in der stochastischen Planrechnung zu berücksichtigen. Dadurch

kann für jede Periode eine Zahlungsstromverteilung simuliert werden, welche die wahre

Risikosituation eines Unternehmens widerspiegelt.

Das dadurch entstehende ganzheitliche Risikoprofil aller Planperioden liefert einen um-

fassenden Einblick in die Risikostruktur eines Unternehmens und lässt sich zugleich für

die Ableitung von Risikoprämien nutzen. Insofern ist bei der hier vorgestellten Methode

die häufig aufgeworfene Frage „Wahrscheinlichkeit ODER Fuzziness?“ zu beantworten

mit „Wahrscheinlichkeit UND Fuzziness!“.147

Oder wie Zimmermann es treffend aus-

drückt: „Decision models might contain probabilistic as well as possibilistic compo-

nents“.148

146

Vgl. Klemm-Bax, S.: Erfolgsfaktoren, S. 177-178.

147 Wolf, J.: Fuzzy-Modelle, S. 159 im Zusammenhang mit Investitionsfragen.

148 Zimmermann, H.-J.: European Journal of Operational Research 1993, S. 205.

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126

Künftige Forschungsarbeiten sollten sich zur Aufdeckung von bewertungsrelevanten

Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen verstärkt mit der qualitativen Erfolgsfaktorenfor-

schung und Fragen zur semantischen Datenanalyse auseinandersetzen. Die künftige

Einführung von XBRL in der Rechnungslegung und die damit verbundene Möglichkeit

zur computergestützten Konkurrenzanalyse dürften Fuzzy-basierten Anwendungen und

wissensbasierten Systemen – insbesondere im Rahmen der Unternehmensbewertung –

weiteren Auftrieb verleihen.

Page 136: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

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137

Abschnitt B.3

Add-In basierte Softwaretools zurstochastischen Unternehmensbewertung?

Spreadsheet basierte Monte-Carlo-Simulation und Risikoanalysebei den vier marktführenden Softwarepaketen im Vergleich

veröffentlicht als:Working Paper in Accounting Valuation Auditing Nr. 2010-7

abrufbar unter: http://hdl.handle.net/10419/36702(24.02.2011)

ungekürzt als zweiteiliger Beitrag veröffentlicht in:Corporate Finance biz 2011, Heft 1, S. 39-51

Titel: “Add-In basierte Softwaretools zur stochastischen Unternehmensbewertung imVergleich. Teil 1 – Entwicklung des Simulationsmodells”

Corporate Finance biz 2011, Heft 2, S. 108-118“Add-In basierte Softwaretools zur stochastischen Unternehmensbewertung im

Vergleich. Teil 2 – Simulationsdurchführung und Risikoanalyse”

zudem in Teilausschnitten veröffentlicht in:Zeitschrift für Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI) 2011, Heft 1, S. 5-12

Titel: „Proaktives Risikomanagement im Mittelstand“(mit André Höfner, siehe Anlage 3)

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139

Gliederung

1 Einleitung.............................................................................................................. 141

2 Monte-Carlo-Simulation ....................................................................................... 142

2.1 Historische Entwicklung............................................................................... 142

2.2 Allgemeine Anforderungen an Softwaretools .............................................. 144

2.3 Gegenstand der Untersuchung...................................................................... 145

3 Grundlegende Vorarbeiten.................................................................................... 147

3.1 Erstellung des deterministischen Planungsmodells ...................................... 147

3.2 Definieren und Verwalten von Verteilungen................................................ 148

3.2.1 Deterministische Sensitivitätsanalyse .............................................. 148

3.2.2 Auswahl an Verteilungstypen .......................................................... 151

3.2.3 Unterstützungsfunktionen in der Due Diligence .............................. 153

3.2.4 Verteilungsanpassung und Anpassungstests .................................... 158

4 Definieren von Abhängigkeiten............................................................................ 165

4.1 Einfache Zusammenhänge............................................................................ 165

4.2 Komplexere Zusammenhänge ...................................................................... 169

4.2.1 Copulas............................................................................................. 169

4.2.2 SLURPs............................................................................................ 171

5 Durchführen der Simulation ................................................................................. 173

5.1 Sampling-Methoden und Anzahl der Simulationsläufe................................ 173

5.2 Konvergenzüberwachungsfunktion .............................................................. 174

5.3 Simulationsgeschwindigkeit und Fehlerüberwachung ................................. 175

6 Auswerten und Analyse der Simulationsergebnisse ............................................. 177

6.1 Graphische Darstellung der Outputgrößen ................................................... 177

6.2 Statistische Darstellung der Outputgrößen ................................................... 179

6.2.1 Anforderungen ................................................................................. 179

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140

6.2.2 Notwendigkeit zur Berechnung und Darstellung statistischer

Kennzahlen....................................................................................... 180

6.2.3 Leistungsfähigkeit der Programme .................................................. 184

6.3 Stochastische Sensitivitäts- und Szenarioanalyse......................................... 185

6.4 Speichermöglichkeit, Datenaufbereitung und -export.................................. 189

6.5 Limitationen der Risikoanalyse .................................................................... 192

7 Support.................................................................................................................. 193

8 Zusammenfassung und Fazit................................................................................. 195

Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 199

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1 Einleitung

Bei der zukunftsorientierten Unternehmensbewertung handelt es sich um Entschei-

dungssituationen unter Unsicherheit. Die Zustände der Einflussparameter der Unter-

nehmensergebnisse sind im Regelfall unbekannt. Add-In basierte Simulationsprogram-

me liefern eine günstige und leicht umsetzbare Möglichkeit, Unsicherheiten im Due

Diligence Prozess adäquat zu formulieren und Dritten transparent zu machen. Durch

Rückgriff auf die Monte-Carlo-Methode wird die Risikostruktur eines Akquisitionsob-

jekts graphisch und statistisch aufbereitet und der weiteren Risikoanalyse zugänglich

gemacht. Obwohl die Entwicklung und das Angebot Spreadsheet basierter Programme

in den letzten Jahren rasant fortgeschritten ist, konzentriert sich ihr Einsatzgebiet vor-

wiegend auf den finanzwirtschaftlichen Sektor und auf das industrielle Risikomanage-

ment.

Graphische Darstellung Statistische Darstellung Stochastische Sensitivitäts-und Szenarioanalysen

Speichermöglichkeit,Datenaufbereitung und

Datenexport

Anzahl der Simulationsläufe undSampling-Methoden Konvergenzüberwachungsfunktion Simulationsgeschwindigkeit und

Fehlerüberwachung

Einfache Zusammenhänge Komplexere Zusammenhänge

DeterministischeSensitivitätsanalyse

Auswahl anVerteilungstypen

Unterstützungsfunktion undProbability Management in

der Due DiligenceVerteilungsanpassung und

Anpassungstests

Mehrperiodisches DCF-Modell bestehend aus Plan-Bilanz, Plan-GuV und Plan-Kapitalflussrechnung

Supp

ort(

Kap

itel 7

)

Deterministisches Planungsmodell

Durchführen der Simulation

Definieren von Abhängigkeiten

Definieren und Verwalten von Verteilungen

Auswerten und Analyse der Simulationsergebnisse

Kapitel3.1

Kapitel3.2

Kapitel4

Kapitel5

Kapitel6

Abb. 1: Vom deterministischen Planungsmodell zur Ergebnispräsentation

Im folgenden Beitrag wird daher untersucht, inwiefern auch der Due Diligence Prozess

unter Zuhilfenahme von Simulationssoftware (@Risk (Palisade), Crystal Ball (Oracle),

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142

ModelRisk (Vose Software) und Risk Solver (Frontline Systems)) im Rahmen der Unter-

nehmensbewertung bereichert werden kann.

Aufbauend auf den allgemeinen Anforderungen an eine Spreadsheet basierte Software-

lösung (Kapitel 2) und den Prozessschritten einer Monte-Carlo-Simulation wird zu-

nächst dargestellt, welche Möglichkeiten die jeweiligen Programme bieten, um die in

der Due Diligence aufgedeckten Wert- und Risikotreiber des Planungsmodells mit ent-

sprechenden Verteilungen zu hinterlegen (Kapitel 3). Des Weiteren wird diskutiert, in-

wieweit es mittels Add-Ins gelingt, Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den Inputvari-

ablen des Discounted Cashflow Modells zu berücksichtigen (Kapitel 4). Neben der Si-

mulationsdurchführung (Kapitel 5) werden anschließend die Analysierbarkeit der aus

der Simulation resultierenden Ergebnisse sowie deren Limitationen für den Einsatz in

der Bewertungspraxis aufgezeigt (Kapitel 6). Nach Durchleuchtung der durch die An-

bieter bereitgestellten Supportfunktionen (Kapitel 7) schließt der Beitrag mit einer Zu-

sammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse. Basierend auf dem Softwarevergleich

wird dabei die Frage beantwortet, ob und wenn ja welche Programme sich für die sto-

chastische Unternehmensbewertung - insbesondere unter Berücksichtigung des Due

Diligence Prozesses - besonders gut eignen.

2 Monte-Carlo-Simulation

2.1 Historische Entwicklung

Eingang in die breite wissenschaftliche Literatur fand der Begriff - soweit ersichtlich -

im Jahre 1949 durch den Beitrag „The Monte Carlo Method“ der beiden Mathematiker

Metropolis und Ulam im Journal of the American Statistical Association. Die Idee, Ver-

fahren zu entwickeln, mit denen mathematische Probleme auf statistischem Wege mit

Hilfe von Zufallszahlen numerisch gelöst werden können „[…] is referred to as the

Monte Carlo Method“1. Da auch die Simulation in Zusammenhang mit betriebswirt-

schaftlichen Anwendungen auf Zufallszahlen basiert, erinnert der Sachverhalt an Vor-

gänge am Roulettetisch, der streng genommen ebenfalls wie ein Zufallsgenerator arbei-

1 Vgl. Metropolis, N./Ulam, S.: Journal of the American Statistical Association 1949, S. 335-341.

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143

tet. Der Name dürfte daher auf ein berühmtes Casino im heutigen Fürstentum Monaco

zurückzuführen sein2.

In Anlehnung an die Untersuchungen von Hertz3 lieferten Coenenberg4 und Bretzke5 vor

einigen Jahrzehnten erste theoretische Denkansätze, die eine Übertragung der Simu-

lationsrechnung sowie der Chancen- bzw. Risikoanalyse einzelner Investitionsprojekte

auf ganze Bewertungsvorgänge ermöglichen sollten. Darauf aufbauend entwickelte

Brunner6 Mitte der siebziger Jahre erstmals ein einfaches, aber in sich geschlossenes

EDV gestütztes Simulationsmodell für die Unternehmensbewertung. Mit der Erforder-

lichkeit einer individuellen Programmierung und dem daraus resultierenden hohen

Aufwand sowie dem Bedarf an statistischem Erfahrungswissen konnte sich die Monte-

Carlo-Simulation in der Bewertungspraxis seinerzeit jedoch nicht durchsetzen. Zu Be-

ginn dieses Jahrtausends wurde in Zusammenhang mit dem Realoptionsansatz von

Schwartz/Moon7 die Monte-Carlo-Simulation zur Bewertung von Wachstumsunterneh-

men der „New Economy“ in der Theorie erneut diskutiert. In der Praxis findet das Ver-

fahren jedoch so gut wie keine Anwendung8. In den letzten Jahren stieg durch das zu-

nehmende Leistungsvermögen Spreadsheet basierter Simulationssoftware das allgemei-

ne Interesse, die Monte-Carlo-Simulation mit der unternehmensspezifischen Planungs-

rechnung zu verbinden9. Im Zuge einer wachsenden Bedeutung in der industriellen Pra-

xis werden seit kurzer Zeit auch die nach IDW S 1 vorgeschlagenen klassischen

Discounted Cashflow (DCF) Bewertungsmodelle mit der Monte-Carlo-Simulation in

Verbindung gebracht. Arbeiten hierzu lieferten u.a. Moser/Schieszl (2001)10, von Weiz-

2 Das Land um das heutige Spielkasino herum wurde früher „Les Spelugues“ genannt. Erst 1866 wur-de es in „Monte Carlo“ umbenannt. Der Name „Carlo“ kommt vom damals herrschenden FürstenPrinz Charles III., dem Urgroßvater des heute herrschenden Fürsten Prinz Rainier III.; vgl. Frey, H.C./Nießen, G.: Monte Carlo, S. 15.

3 Vgl. Hertz, D. B.: Harvard Business Review 1/1964, S. 95-106.4 Vgl. Coenenberg, A. G.: Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1970, S. 793-804.5 Vgl. Bretzke, W. R.: Prognoseproblem, S. 189-209.6 Vgl. Brunner, E. M.: Simulationsmodell, S. 23-35.7 Vgl. Schwartz, E. S./Moon, M.: Financial Review 2001, S. 7-26.8 Vgl. Henselmann, K./Barth, T.: Empirie, S. 33.9 Vgl. Bednarczyk, T./Golla, S./Klandt, H.: Finanz-Betrieb 2006, S. 56; Schulten, R.: Controlling

2010, S. 235-237.10 Vgl. Moser, U./Schieszl, S.: Finanz-Betrieb 2001, S. 530-541.

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säcker/Krempel (2004)11 und Jödicke (2007)12, deren Modelle allesamt auf Excel ba-

sierte Spreadsheets aufbauen. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von klassischen

Simulationssoftwareprogrammen, die an Spreadsheetmodelle anknüpfen, fanden in die-

sen bisherigen Veröffentlichungen nur sehr unzureichend Berücksichtigung.

Demtentsprechend gering sind die Kenntnisse über die volle Leistungsfähigkeit solcher

Programme im Rahmen der Unternehmensbewertung.

2.2 Allgemeine Anforderungen an Softwaretools

Für den kommerziellen Einsatz von Softwaretools hinsichtlich einer simulationsbasier-

ten Unternehmensbewertung muss die Anwendung gewisse grundlegende Vorausset-

zungen erfüllen.

Aber auch die Intuitivität und Benutzerfreundlichkeit der Arbeitsoberfläche spielen eine

entscheidende Rolle. Dadurch können die Funktionen und Features einfach und zügig

ausgeführt werden. Bezüglich der Unternehmensbewertung sollte das jeweilige Tool

daher über folgende grundlegende Potentiale verfügen:

Eine Einfluss- bzw. Sensitivitätsanalysefunktion, mit welcher sowohl

o im Vorfeld der Simulation die wichtigsten Risiko- und Werttreiber bezüglich

des Ergebnisses identifiziert als auch

o im Anschluss an die Simulation die zuvor definierte Variablenstruktur tieferge-

hend untersucht und konkretisiert bzw. korrigiert werden können;

ein ausreichendes Angebot an stetigen, diskreten und benutzerdefinierten Verteilun-

gen, mit denen Inputfaktoren modelliert und mehrere Verteilungstypen im Rahmen

des Due Diligence Prozesses zusammengeführt werden können;

die Fähigkeit zur zentralen und standardisierten Ablage von benutzerdefiniert er-

stellten Verteilungen, um eine angemessene Umgebung für ein geordnetes und sys-

tematisches Verteilungsmanagment durch entsprechende Spezialisten zu schaffen;

11 Vgl. von Weizsäcker, R. K./Krempel, K.: Finanz-Betrieb 2004, S. 808-814.12 Vgl. Jödicke, D.: Finanz-Betrieb 2007, S. 166-171.

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die Möglichkeit, einfache Korrelationen oder darüber hinaus mehrdimensionale Ab-

hängigkeiten zwischen den unsicheren Inputgrößen innerhalb einer und/oder zwi-

schen mehreren Perioden zu erstellen;

eine ausreichende Zahl an Simulationsdurchläufen, so dass hinreichend stabile, feh-

lerfreie Ergebnisverteilung generiert werden kann;

verschiedene graphische Darstellungsmöglichkeiten, die eine vielseitige Visualisie-

rung, Untersuchung und Anpassung der erzeugten Ergebnisse (Korrelationen, Sensi-

tivitäten, Statistiken, etc.) direkt auf der Arbeitsoberfläche erlauben;

eine Berichterstellungsfunktion, welche die Ergebnisse der Risiko- bzw. Unterneh-

menswertanalyse auch für Dritte (z.B. Akquisitionsbeteiligte) anhand von Kennzah-

len, statistischen Momenten und Graphiken übersichtlich darstellt und sich für Prä-

sentationen gut in andere Applikationen (Textverarbeitung, Präsentationsfolien, etc.)

überführen lässt;

umfangreiche Supportfunktionen und Erläuterungen zum Erlernen der Software.

2.3 Gegenstand der Untersuchung

Den Gegenstand der Untersuchung bilden die derzeit vier führenden Excel basierten

Simulationsprogramme (Stand 01.06.2010):

Der Hersteller Palisade (USA) bietet mit @Risk seit über zwanzig Jahren ein leis-

tungsfähiges Tool zur Spreadsheet basierten Planungsrechnung an13. Im Rahmen der

Untersuchung wurde das angebotene Produkt @Risk Professional 5.5 näher analy-

siert.

Das ursprünglich im Jahr 1986 von Decisioneering entwickelte und mittlerweile

über Oracle (USA) vertriebene Crystal Ball stellt nach Herstellerangaben derzeit

das meistgenutzte Spreadsheet basierte Simulationsprogramm dar14. Den Gegen-

stand der Untersuchung bildet die aktuelle Version 11.1.1 (Basic Edition).

13 Vgl. Palisade: Risikoanalyse (05.06.2010).14 Vgl. Oracle: Brochure (05.06.2010).

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Relativ neu am Markt ist das belgische Unternehmen Vose Software. Während die

erste, 2007 erschienene Variante des Programms noch speziell an die Finanz- und

Versicherungsbranche gerichtet war, ist die Version ModelRisk Professional 3.0 an

einen weitreichenderen kommerziellen Kreis adressiert und laut Herstellerangaben

nun auch für die Bewertungspraxis einsetzbar15.

Das Unternehmen Frontline Systems (USA) ist mit der Entwicklung des Solvers für

Microsoft Excel bereits seit 1990 auf dem Gebiet der Spreadsheet basierten Simula-

tionssoftware tätig. Mit der Einführung des eigenen Produkts Risk Solver im Jahr

2007 war es das erste Unternehmen weltweit, welches ein Programm zur interakti-

ven Simulation anbieten konnte16. Gegenstand der Untersuchung bildet die Version

9.5. Ein kürzliches Update (Version 9.6) brachte keine Änderungen der hier darge-

stellten Leistungskapazität mit sich.

Alle Anbieter stellen darüber hinaus weitere Versionen zur Verfügung, die entweder

primär für akademische Ausbildungszwecke oder auf die Lösung von komplexeren Op-

timierungsfragen bei industriellen Entscheidungen zugeschnitten sind. Die Systemvo-

raussetzungen und notwendigen Excel Versionen für eine reibungslose Umsetzung der

jeweiligen Programme sind Abb. 2 zu entnehmen. Das Modell wurde mit Microsoft

Excel 2007 auf den Betriebssystemen Windows XP und Windows 7 konstruiert. An-

schließend wurden die Add-Ins durch zwei Personen unabhängig voneinander auf

Grundlage eines geschlossenen Planungsmodells getestet.

15 Vgl. Vose Software: Compare Versions (05.06.2010).16 Vgl. Savage, S./Brown, A.: Risk Professional 12/2009, S. 37.

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@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk SolverV

ersi

on 5.5Professional

11.1.1Basic Edition

3.0Professional 9.5

Her

stel

ler

Palisade(USA)

Oracle(USA)

Vose Software(Belgien)

Frontline Systems(USA)

UR

L

www.palisade.com www.oracle.com/crystalball/index.html www.vosesoftware.com www.solver.com

Syst

em-

vora

us-

setz

unge

n

ab Windows 2000,Excel 2000

ab Windows 2000,Excel 2000

ab Windows XP,Excel 2003

ab Windows XP,Excel 2003

Abb. 2: Hersteller Add-In basierter Simulationssoftware (Stand: 01.06.2010)

3 Grundlegende Vorarbeiten

3.1 Erstellung des deterministischen Planungsmodells

Analog zur deterministischen Spreadsheet basierten Unternehmensbewertung ist auch

im Rahmen der Monte-Carlo-Simulation zunächst ein Discounted Cashflow (DCF) Pla-

nungsmodell beispielsweise i.S.d. IDW S 1 zu erstellen. Dabei sind die einzelnen Tabel-

lenblätter in Form von Plan-Bilanz, Plan-GuV und Plan-Kapitalflussrechnung so mitei-

nander zu verknüpfen, dass sich ein integriertes Modell ergibt17. Um später eine rei-

bungslose Simulation zu gewährleisten, ist bereits im Vorfeld darauf zu achten, dass

alle Zellen bzw. Tabellenblätter konsistent und richtig miteinander verknüpft werden.

Die meisten Simulationsprogramme sind zwar mittlerweile in der Lage, auftretende

Fehler bei Durchführung der Simulation optional anzuzeigen bzw. zu ignorieren (vgl.

Kapitel 5.3), jedoch verzögert dies den Simulationsdurchlauf bzw. kann bei schwerwie-

genden Fehlern zum Abbruch der Simulation führen. Alle Programme werden mit Hilfe

einer entsprechenden Einstellung im Add-In Manager von Microsoft Excel mit Aufruf

17 Vgl. Baetge, J./Niemeyer, K./Kümmel, J./Schulz, R.: DCF-Verfahren, S. 453-474.

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148

des Tabellenkalkulationsprogramms automatisch gestartet und die Excel Befehlsleiste

mit den entsprechenden Features der jeweiligen Programme erweitert. Auf Basis des in

Excel erstellten Planungsmodells sind anschließend zwei Fragen zu beantworten. Wel-

che Wert- und Risikotreiber des Planungsmodells sollten simuliert werden und welche

Verteilungstypen sind dabei heranzuziehen18?

3.2 Definieren und Verwalten von Verteilungen

3.2.1 Deterministische Sensitivitätsanalyse

Bereits im Vorfeld der Monte-Carlo-Simulation kann eine Sensitivitätsanalyse dazu

beitragen, ein entsprechendes Simulationsmodell zu entwickeln, welches nur die wich-

tigsten unsicheren Wert- und Risikotreiber des DCF-Modells berücksichtigt19.

Die von uns durchgeführten Simulationen haben gezeigt, dass eine Integration vieler

Risikovariablen die Auswertung nur unnötig erschwert und derzeit übliche Rechner

schnell an ihre Leistungsgrenzen stoßen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bereits

bei 10.000 Simulationsläufen für jede Periode und für jede definierte Variable die Daten

für 10.000 Inputs und Outputs zur späteren Datenaufbereitung „zwischengespeichert“

werden müssen. Bei einer langen Detailplanungsphase ist diese Datenmenge nicht mehr

verarbeitbar und der Rechner liefert eine entsprechende Fehlermeldung. Auch aus

Komplexitäts- und Übersichtlichkeitsaspekten sollten nur diejenigen Wert- und Risiko-

treiber stochastisch modelliert werden, deren Variation eine bedeutende Wirkung auf

die interessierende Zielgröße - also bspw. den Unternehmenswert oder den Cashflow

bzw. EBIT einer Periode - besitzt.

Dabei spielt auch die Wirtschaftlichkeit eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Schließ-

lich müssen alle stochastisch zu hinterlegenden Verteilungen durch das Due Diligence

Team vorher quantifiziert werden20. Obwohl die graphischen Darstellungsformen von

deterministischer und stochastischer Sensitivitätsanalyse (vgl. Kapitel 6.3) optisch kaum

differieren, besteht zwischen beiden Varianten ein grundlegender Unterschied. Während

die vorgelagerte deterministische Analyse unter der ceteris paribus Bedingung nur je-

18 Vgl. Wolf, K.: Controlling 2009, S. 545-552.19 Vgl. Savvides, S.: Project Appraisal 1/1994, S. 3-18.20 Vgl. Vanini, U.: Das Wirtschaftsstudium 2005, S. 1031.

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149

weils einen Risikoparameter durch eine entsprechende Abänderung seines deterministi-

schen Werts einbezieht, berücksichtigt die der Simulation nachgelagerte stochastische

Sensitivitätsanalyse die Korrelationen und Auswirkungen aller Inputvariablen auf ein

interessierendes Ergebnis. Dabei werden die Einflussfaktoren einer bereits voll simulier-

ten Outputgröße ohne ceteris paribus Annahme betrachtet. Der Anwender sollte sich

daher im Klaren sein, dass bei stark korrelierten Plangrößen diese deterministische

Vorabanalyse zur Identifizierung der Wert- und Risikotreiber nur bedingt geeignet ist21.

Des Weiteren hängt das Ergebnis der Sensitivitätsanalyse und deren Einfluss auf die

Outputgröße stark vom deterministischen Wert des Planungsmodells ab.

Mit Ausnahme von ModelRisk, das lediglich über ein sehr gutes Feature im Rahmen der

stochastischen Sensitivitätsanalyse verfügt, kann bei allen anderen Programmen auf eine

deterministische Sensitivitätsanalyse zurückgegriffen werden. Bemerkenswert ist das

als „erweiterte Empfindlichkeitsanalyse“ bezeichnete Feature von @Risk. Neben der

prozentualen Änderung eines Basiswerts (z.B. +/-10% des Personalaufwands i.H.v.

500.000 €) können für eine Inputvariable auch ein Minimum und Maximum im Sinne

eines Wertebereichs (z.B. 3% und 5% zur Modellierung der Wachstumsrate) eingege-

ben werden. Das Hinterlegen der Schrittanzahl (z.B. 10) sorgt für eine gleichmäßige

Verteilung der einzelnen Intervalle (z.B. +/-1%, +/-2%, etc.). Darüber hinaus verfügt

@Risk auch über die Möglichkeit, interessierende Werte individuell einzugeben und

ferner erste Verteilungsschätzungen des Due Diligence Teams durch die Angabe ent-

sprechender Quantile zu simulieren (z.B. Festlegung einer Normalverteilung mit Mit-

telwert 4% und Standardabweichung 1% zur Simulation der Wachstumsrate: „Welcher

Unternehmenswert würde sich z.B. im 1%-, 25%- oder 75%-Perzentil dieser durch die

Normalverteilung abgebildeten Wachstumsrate ceteris paribus ergeben?“). Graphisch

lässt sich diese quantilsweise Betrachtung mit Spinnendiagrammen darstellen. Neben

weiteren Darstellungsmöglichkeiten (u.a. Tornadocharts, Box Whisker Plots) verfügt

@Risk auch über mehrere Möglichkeiten zur statistischen Darstellung der Ergebnisse

der Sensitivitätsanalyse (Eingabebericht, vollständiger Übersichtsbericht, verkürzter

Schnellbericht).

21 Vgl. Willeke, A.: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 1998, S. 1149-1151.

Page 159: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

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Crystal Ball und Risk Solver greifen auf einfachere Tools zurück22. Jedoch lassen sich

auch hier problemlos %-Abweichungen vom Basiswert (+/-10%) sowie die minimale

und maximale Ausprägung einer Inputvariable angeben und schrittweise staffeln. Ob-

wohl eine quantilsweise Vorabsimulation mittels Verteilungen im Gegensatz zu @Risk

und Crystal Ball nicht möglich ist, kann Risk Solver durch eine gute statistische Ergeb-

nisaufbereitung überzeugen. Graphisch erfolgt die Darstellung im Tornadochart und

einem wenig aussägekräftigen 3-D-Sensitivitätschart. Aufgrund einer fehlenden

quantilweisen Betrachtung ist eine Darstellung in Form eines Spinnendiagramms - an-

ders als bei @Risk und Crystal Ball - nicht nötig bzw. möglich.

Im Rahmen der praktischen Anwendung sollte die deterministische Sensitivitätsanalyse

zunächst - obwohl dies bei @Risk und Crystal Ball möglich ist - ohne komplizierte Ver-

teilungen getestet werden. Vielmehr geht es zunächst darum, die Haupteinflussfaktoren

grob zu identifizieren, um eine Aussage darüber treffen zu können, welche Werttreiber

im Due Diligence Prozess besonders sensitiv zu modellieren sind.

@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

deterministischeSensitivitätsanalysemöglich?

ja,sehr umfangreich,auch Verteilungen

ja,auch Verteilungen nein

ja,klassische Variante,keine Verteilungen

graphische undstatistischeDarstellung?

Tornadochart,Spinnendiagramm,

Änderungs(%)-Diagramm u.a.;

sehr gute Statistik

nur Tornadochart &Spinnendiagramm;limitierte Statistik

---nur Tornadochart &

3-D-Chart;gute Statistik

Abb. 3: Deterministische Sensitivitätsanalyse

Sind unter Anwendung der deterministischen Sensitivitätsanalyse die wichtigsten Wert-

treiber identifiziert worden, müssen diese mit Verteilungen hinterlegt werden, die deren

Risikostruktur entsprechen. Des Weiteren sind auch Risiken zu quantifizieren, die nicht

unmittelbar als Schwankungsbandbreite im Planungsmodell abzubilden sind (z.B. Aus-

wirkung auf die Absatzmenge bei Eintritt eines neuen Konkurrenten). Die Auswahl und

Abbildung dieser Risiken mittels entsprechender Verteilungen ist eine wichtige Aufga-

be im Due Diligence Prozess.

22 Vgl. Frontline Systems: Risk Solver User Guide, S. 100-107.

Page 160: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

151

3.2.2 Auswahl an Verteilungstypen

Im Rahmen der Unternehmensbewertung empfiehlt sich aus Anwendersicht die Wahl

jener Verteilungstypen, die durch wenige oder gänzlich ohne Parameter bestimmt wer-

den können23. Die meisten der scheinbar einfach gestrickten nicht-parametrischen Ver-

teilungsfunktionen (z.B. PERT-Verteilung24, Dreiecksverteilung und Gleichverteilung)

haben sich bereits in der investitionstheoretischen Anwendung in vielerlei Hinsicht als

sehr robust erwiesen25.

Der Nachteil parametrischer Verteilungen - wie z.B. der Normal-, Beta- und Weibull-

verteilung - besteht darin, dass die durch den Anwender zu wählenden Parameter nur

geringfügig mit der Verteilungsform in Verbindung stehen26. Soll im Rahmen der Be-

wertung dennoch auf parametrische Verteilungen zurückgegriffen werden, sind an das

Softwareprogramm hinreichende Anforderungen hinsichtlich seiner statistischen Erläu-

terungen, wie bspw. die Bedeutung der einzelnen Verteilungsparameter für die Ausprä-

gung der Verteilungsform, zu stellen. Der Einsatz parametrischer Verteilungen eignet

sich bspw. dann, wenn Chancen bzw. Risiken eines Werttreibers vornehmlich in den

Randbereichen einer Verteilung, den sog. „tails“, auftreten.

Grundsätzlich bieten alle Programme eine hinlänglich breite Auswahl an Standardver-

teilungen, welche über die Variation der entsprechenden Verteilungsparameter an die

individuellen Vorstellungen angepasst werden können. Für komplexere Modelle eignet

sich insbesondere ModelRisk, da dieses Programm eine besonders große Vielfalt para-

metrischer Verteilungen enthält. Dementsprechend gut können subjektiv (Due Diligen-

ce) bzw. objektiv erhobene Datensample an eine Vielzahl von Verteilungen angepasst

werden (vgl. Kapitel 3.2.4). Bei allen Programmen wird durch das Aufrufen der ent-

sprechenden Symbolleiste und durch Auswahl der jeweiligen Zelle die gewünschte Ver-

teilung zuordenbar (vgl. Abb. 4). Mit Ausnahme von Crystal Ball sind Verteilungsfunk-

tionen und die Funktionsargumente auch direkt und uneingeschränkt als Excel-Funktion

(z.B. =RiskNormal (500;20) zur Darstellung einer Normalverteilung mit Mittelwert 500

23 Vgl. Kegel, K. P.: Risikoanalyse, S. 126.24 Vgl. Kotiah, T./Wallace, N.: Management Science 1973, S. 44-49.25 Vgl. Raftery, J.: Risk Analysis, S. 85.26 Vgl. Vose, D.: Risk Analysis, S. 402.

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152

Einheiten und Standardabweichung 20 Einheiten) in der jeweiligen Zelle zu erfassen.

Als dritte Variante können Verteilungen zudem über das Aufrufen des Formeleingabe-

fensters in Excel definiert werden. Hierbei sind zugleich auch Informationen über die

jeweilige Verteilungsform verfügbar.

Abb. 4: Einfügen von Verteilungen ins geschlossene Planungsmodell (Crystal Ball)

Zwar unterstützt auch Crystal Ball diese beiden alternativen Möglichkeiten, jedoch un-

terliegen die direkt bzw. im Formeleingabefenster erfassten Verteilungen erheblichen

Einschränkungen (keine Korrelationsdefinition möglich, keine Diagrammausgabe mög-

lich etc.)27. Eine Erläuterung der festzulegenden Verteilungsparameter im Formeleinga-

befenster wird lediglich durch die Software @Risk sowie durch ModelRisk geboten.

Auch die im Formeleingabefenster enthaltene Hilfefunktion wird bei beiden Software-

tools unterstützt. ModelRisk liefert zudem einen Hinweis, falls eine Verteilung in der

Excel Zelle falsch parametrisiert wurde28. Das Tool leistet somit hinsichtlich einer ziel-

gerichteten Verteilungsmodellierung besonders gute Dienste (vgl. Abb. 5).

27 Vgl. Oracle: Crystal Ball User Guide, S. 285.28 Wird bspw. eine Normalverteilung mit =VoseNormal(0,-1) definiert, folgt die Fehlermeldung: „Er-

ror: sigma must be >=0“. @Risk liefert „#VALUE!“, Crystal Ball „#NUM!“.

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153

Häufig stellt sich jedoch die Frage, welche dieser Verteilungen dem jeweiligen Wert-

und Risikotreiber zugeordnet werden soll. Die Auswahl und richtige Definition der Ver-

teilungen sind folglich wichtige Aufgaben im Rahmen des Due Diligence Prozesses.

@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

Anzahl verfügbarerVerteilungen? 41 22 107 47

Art der klassischenVerteilungstypen?

parametrischund

nicht-parametrisch

parametrischund

nicht-parametrisch

parametrischund

nicht-parametrisch

parametrischund

nicht-parametrisch

verbale ErläuterungderVerteilungsartenbzw. -parameter?

ja

keine Erläuterungder

Verteilungs-parameter

ja

keine Erläuterungder

Verteilungs-parameter

verbale Erläuterungbei ungültigenParametereingabenim Formeleingabe-fenster (Excel)?

nur Fehlermeldungohne Erklärung,

Hilfefunktion wirdunterstützt

nur Fehlermeldungohne Erklärung,

Hilfefunktion wirdnicht unterstützt

Fehlermeldung mitErklärung,

Hilfefunktion wirdunterstützt

nur Fehlermeldungohne Erklärung,

Hilfefunktion wirdnicht unterstützt

Abb. 5: Features im Hinblick auf die Definition von Verteilungen

3.2.3 Unterstützungsfunktionen in der Due Diligence

Aufgrund des mit einer mangelnden Datengrundlage einhergehenden Problems, für die

identifizierten Wert- und Risikotreiber objektive Verteilungen zu bestimmen, sind in der

simulationsspezifischen Praxis häufig subjektive Wahrscheinlichkeiten heranzuziehen.

Durch entsprechende benutzerdefinierte Verteilungen kann Erfahrungs- und Spezialwis-

sen für den Bewertungsvorgang nutzbar gemacht werden. Deren Einsatz empfiehlt sich

insbesondere dann, wenn sich eine akzeptable Qualität solcher Schätzungen durch ge-

eignete Verfahren sicherstellen lässt29. Durch entsprechende Arbeitsschritte sind im

Rahmen der Due Diligence auf Basis von Expertenbefragungen benutzerdefinierte Ver-

teilungen abzuleiten30. Das eingesetzte Softwareprogramm sollte deshalb auch über

Features verfügen, welche die graphische Visualisierung der zu treffenden Entscheidung

29 Vgl. Gleißner, W.: Controlling Berater 2007, S. 566.30 Vgl. Henselmann, K./Klein, M.: M&A Review 2010, S. 361-365.

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154

und die Zusammenführung unterschiedlicher subjektiver, von den einzelnen Mitgliedern

des Due Diligence Teams abgegebenen Verteilungen erlauben.

Das gewichtete Zusammenführen verschiedener Verteilungen mehrerer Experten ist

durch @Risk und Risk Solver mithilfe der Funktionen RiskDiscrete bzw. PsiDiscrete

indirekt möglich31. Mit dem eigens für die Verteilungsaggregation vorgesehenen

Combined-Distribution-Feature von ModelRisk können verschiedene Funktionen nicht

nur indirekt, sondern auch unmittelbar zusammengefügt werden. Während mit den üb-

rigen Anbietern des Weiteren jeweils nur stetige oder diskrete Funktionen benutzerdefi-

niert nachgebildet werden können, gestaltet sich die Möglichkeit der gestückelten,

gleichzeitigen Modellierung von stetigen und diskreten Verteilungen im Rahmen von

Crystal Ball‘s Custom Distribution Feature interessant. Hinsichtlich der Anwendung im

Rahmen des Due Diligence Prozesses lassen sich so Wahrscheinlichkeiten für Intervalle

unterschiedlicher Länge direkt eingeben. Hilfreich sind auch die graphischen Unterstüt-

zungsfunktionen von @Risk und ModelRisk, mit welcher der jeweilige Experte (z.B.

Teamleiter eines Due Diligence Bereiches) eine individuelle Verteilung nach seinen

oder den Vorstellungen der Teammitglieder zeichnen und zur weiteren Diskussion und

Konkretisierung - bspw. über PowerPoint - präsentieren kann. Dabei ist auch ein Ver-

gleich der gezeichneten Verteilung mit den im Programm verfügbaren Verteilungen

möglich. Stimmt die im Rahmen des Due Diligence Prozesses ermittelte Zeichnung mit

einer oder mehrerer der standardmäßig vorliegenden Verteilungen hinreichend überein,

so empfiehlt sich zur Vereinfachung der Modellierungsstruktur eine Anpassung der

gezeichneten Datenpunkte an vergleichbare Verteilungen (vgl. Kapitel 3.2.4). Darüber

hinaus erlauben alle vier Programme die Abänderung vordefinierter Funktionen zur

Generierung und Speicherung neuer, individualisierter Verteilungen (z.B. Beschränkung

einer „offenen“ Normalverteilung auf positive Werte) in einer Datenbibliothek, einer

sog. Library.

Erheblich komplizierter als bei verteilungsbasierten Risiken (z.B. einer Absatzmengen-

schwankung) verläuft die Zuordung einer ereignisorientierten Größe zum Bewertungs-

modell. Neben der Ausfallhäufigkeit ist hier auch die damit verbundene Schadenshöhe

abzuschätzen. Ein Beispiel stellt etwa das Abwerben von Personal in Schlüsselpositio-

31 Vgl. Klein, M.: Due Diligence, S. 20.

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155

nen dar. Sowohl Eintrittswahrscheinlichkeit als auch Schadenshöhe können einer unter-

schiedlichen Verteilung folgen. Nach deren getrennter Bestimmung in der Due Diligen-

ce müssen die beiden Verteilungen zusammengeführt werden32. Für die Quantifizierung

dieser Risiken bieten Crystal Ball und Risk Solver nur die Möglichkeit, Eintrittswahr-

scheinlichkeit und Eintrittshöhe über eine entsprechende Formel zu multiplizieren. Die-

se Vorgehensweise hat jedoch den Nachteil, dass sie u.U. zu nicht korrekten Ergebnis-

sen führt33. Deshalb stellen @Risk und ModelRisk ein Tool bereit, welches die direkte

Aggregation von Schadenshöhen- und Schadenshäufigkeitsverteilung unterstützt.

Aus Kosten-Nutzen-Aspekten bietet es sich an, nicht für jeden zeitnahen Bewertungs-

vorgang eine neue Verteilungsabschätzung vorzunehmen. Dies gilt insbesondere dann,

wenn mehrere dezentrale Due Diligence Einheiten vor dem gleichen Problem stehen.

Hierbei kann ein dezentralisiertes Probability Management wertvolle Dienste leisten.

Die Grundidee des Probability Managements liegt darin begründet, in einer extern zug-

reifbaren Stochastic Library - also einer Datenbibliothek - bereits vorgefertigte und für

jeden Bewertungsprozess einsetzbare Verteilungen zu hinterlegen, die von Experten

erstellt und geprüft wurden34. Hierbei eignen sich beispielsweise Mitglieder eines zent-

ralen Due Diligence Teams mit vertieften statistischen Kenntnissen oder auch externe

Sachverständige. Sind etwa zwei Unternehmen bzw. Geschäftsbereiche mit dem Ölpreis

als Hauptwerttreiber zeitgleich und unabhängig voneinander zu bewerten, so könnte

eine dem Sachverhalt entsprechende Verteilung in einer zentralen Datenbibliothek ab-

gelegt und durch die beiden Due Diligence Teams gleichzeitig genutzt werden. Damit

wird gewährleistet, dass vergleichbare Bewertungsfälle vergleichbar modelliert werden

und so kohärente Modelle entstehen. Eine aufwendige, ggf. parallele Generierung von

Verteilungen für verschiedene Bewertungsfälle ist durch die standardisierte Verteilung

damit nicht nötig.

32 Vgl. Hölscher, R./Kalhöfer, C./Bonn, R.: Finanz-Betrieb 2005, S. 498.33 Vgl. Henselmann, K./Klein, M.: M&A Review 2010, S. 366.34 Zum „Probability Management“ vgl. Savage, S./Scholtes, S./Zweidler, D.: OR/MS Today 2006,

S. 21-28 und S. 60-66 sowie Savage, S./Brown, A.: Risk Professional 12/2009, S. 35-39.

Page 165: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

156

Säulen des Probability Managements in der Unternehmensbewertung

Individuell standardisierbareVerteilungen

SystematischesVerteilungsmanagementStochastic Library

• standardisiert speicherbareVerteilungen bilden dieGrundlage für kohärenteBewertungsmodelle

• stellen den „Äpfel mitÄpfeln“-Vergleich sicher

• besondere Unterstützung durchSIPs und SLURPs, welchebereits generierte Trials derInputs kompakt erfassen, dieanschließend im Rahmen derSimulationsdurchführungsequentiell abgearbeitetwerden

• externe Bibliothek zurzentralen Ablage von durchExperten erstellten und/odergeprüften Verteilungen

• Einsatz der zertifiziertenVerteilungen inunterschiedlichenUnternehmensbewertungenund durch verschiedene DueDiligence Teams (z.B.Währungskurse,Rohstoffpreise) zur Wahrungder Kohärenz und ausWirtschaftlichkeitsaspekten

• Verteilungserstellung bzw.Organisation vonExpertenworkshops zurFestlegung vonVariablenstrukturen durch einzentrales Due Diligence Teammit erweiterten statistischenKenntnissen

• Verwaltung der Libraries imSinne einer regelmäßigenÜberprüfung undAktualisierung der hinterlegtenVerteilungsdefinitionen

• Unterstützung der dezentralenDue Diligence Teams bei derVerteilungswahl im Rahmendes Bewertungsprozesses

Säulen des Probability Managements in der Unternehmensbewertung

Individuell standardisierbareVerteilungen

SystematischesVerteilungsmanagementStochastic Library

• standardisiert speicherbareVerteilungen bilden dieGrundlage für kohärenteBewertungsmodelle

• stellen den „Äpfel mitÄpfeln“-Vergleich sicher

• besondere Unterstützung durchSIPs und SLURPs, welchebereits generierte Trials derInputs kompakt erfassen, dieanschließend im Rahmen derSimulationsdurchführungsequentiell abgearbeitetwerden

• externe Bibliothek zurzentralen Ablage von durchExperten erstellten und/odergeprüften Verteilungen

• Einsatz der zertifiziertenVerteilungen inunterschiedlichenUnternehmensbewertungenund durch verschiedene DueDiligence Teams (z.B.Währungskurse,Rohstoffpreise) zur Wahrungder Kohärenz und ausWirtschaftlichkeitsaspekten

• Verteilungserstellung bzw.Organisation vonExpertenworkshops zurFestlegung vonVariablenstrukturen durch einzentrales Due Diligence Teammit erweiterten statistischenKenntnissen

• Verwaltung der Libraries imSinne einer regelmäßigenÜberprüfung undAktualisierung der hinterlegtenVerteilungsdefinitionen

• Unterstützung der dezentralenDue Diligence Teams bei derVerteilungswahl im Rahmendes Bewertungsprozesses

Abb. 6: Bestandteile des Probability Managements in der Unternehmensbewertung

Jedoch muss beachtet werden, dass zur Gewährleistung einer ordnungsmäßigen Unter-

nehmensbewertung auf Basis des Probability Managements die regelmäßige Überprü-

fung und Aktualisierung (z.B. hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung) der benut-

zerdefinierten Verteilungen zwingend erforderlich ist. Für eine sachgerechte Umsetzung

des Probability Managements empfiehlt sich daher der Einsatz primär für große Bewer-

tungs- bzw. M&A-Gesellschaften mit entsprechenden Kapazitäten.

Risk Solver bietet mit der Certified-Distribution-Function ein umfassendes Probability-

Management-Feature. Zwar verfügt Risk Solver über keine ausdrückliche Library-

Funktion, jedoch können benutzerdefinierte Verteilungstypen als Excel- oder Add-In-

Workbook per E-Mail, Firmennetzwerk oder analog (z.B. DVD) arbeitsplatzübergrei-

fend eingelesen werden35. Auch die übrigen Anbieter verfügen über Funktionen, um

benutzerdefinierte Verteilungen zu speichern und Dritten analog oder per Netzwerkver-

bindung zugänglich zu machen. Während @Risk und ModelRisk auf Library-

Funktionen zurückgreifen, wird dies bei Crystal Ball insbesondere auch durch eine be-

reits im Programm eingebettete E-Mail Funktion unterstützt.

35 Vgl. Frontline Systems: Risk Solver User Guide, S. 215-220.

Page 166: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

157

Eine Weiterentwicklung zur Erzeugung kohärenter Bewertungsmodelle stellen sog.

SIPs (Stochastic Information Packet) dar. Diese können simulierte Outputs einer Certi-

fied Distribution auf kompakte, sequentielle Weise speichern. In Anlehnung an obiges

Beispiel könnten 10.000 Simulationen (Trials) aus der Ölpreisverteilung simuliert wer-

den, wodurch man 10.000 Datensample erhält, welche wiederum als Inputvariable se-

quentiell in das DCF-Bewertungsmodell (bspw. zur Abschätzung des Materialaufwands

der ersten Planperiode) nacheinander eingesetzt und abgearbeitet werden. So erhält man

als Output ceteris paribus über 10.000 verschiedene Datensamples eines Cashflows. Das

aus der standardisierten Verteilung ermittelte Datensample kann ebenfalls in einer

Stochastic Library gespeichert und - zur Wahrung der Kohärenz - für die beiden Bewer-

tungsfälle genutzt werden. Mit der Funktion PsiSip kann Risk Solver SIPs (z.B. ein SIP

für 10.000 simulierte Ölpreise) in das Bewertungsmodell integrieren. Auch @Risk,

ModelRisk und Crystal Ball bieten die Möglichkeit, sequentielle Daten einer Certified

Distribution abzuarbeiten. Bei @Risk und ModelRisk kann dies direkt über Library-

Funktionen erfolgen, die Teammitglieder zudem untereinander vernetzen36. Bei Crystal

Ball wird dies auf Basis der Custom Distribution verwirklicht, welche die sequentielle

Abarbeitung der in einer Excel Spalte gespeicherten Daten im Rahmen des Bewer-

tungsmodells erlaubt37. Die SIPs können dann entweder selbst erstellt und für andere

Anwender zentralisiert oder bereits zentral erstellte SIPs über ein Netzwerk angefordert

werden38. Werden mehrere SIPs zusammengeführt, entstehen sog. SLURPs (Stochastic

Library Unit with Relationships Preserved), die für eine korrelierte und kohärente Be-

wertung - auch über verschiedene Geschäftsbereiche hinweg - sorgen können (vgl. hier-

zu Kapitel 4.2.2).

36 Vgl. Palisade: @Risk Benutzerhandbuch, S. 692-693.37 Vgl. Oracle: Crystal Ball User Guide, S. 285-287.38 Vgl. Oracle: Crystal Ball User Guide, S. 59-60.

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@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

benutzerdefinierte(subjektive)Verteilungen?

sowohldiskrete und stetige

sowohldiskrete und stetige;

umfangreichesFeature „Custom

Distribution“

sowohldiskrete und stetige

sowohldiskrete und stetige

benutzerdefinierteVerteilung mitmehreren diskretenund stetigenElementen möglich?

nicht möglich ja, sehr gut möglich nicht möglich nicht möglich

gewichtete Zusam-menführung vonVerteilungenmehrerer Experten?

indirekt(RiskDiscrete) nein

indirekt(VoseDiscrete)

und direkt möglich

indirekt(PsiDiscrete)

graphischeUnterstützung zurExpertenschätzung(Due Diligence)?

ja nein ja nein

Aggregation vonVerteilungenmöglich?

ja nein, nur durchMultiplikation ja nein, nur durch

Multiplikation

Zentralisierungbzw. Dezentralisie-rung vonVerteilungen?

ja, lokal undfirmenübergreifend

(Library)

ja, lokal undfirmenübergreifend(Library, via E-Mail)

ja, lokal undfirmenübergreifend

(Library)

ja, lokal undfirmenübergreifend(aber keine Library)

Abb. 7: Unterstützungsfunktionen in der Due Diligence

3.2.4 Verteilungsanpassung und Anpassungstests

Grundsätzlich ist die Wahl der Verteilung je nach Unsicherheit und/oder Bewertungsfall

zu treffen, wobei eine Verallgemeinerung i.d.R. nicht möglich ist39. Die Problematik

besteht nun darin, dass häufig mehrere Verteilungen gleichzeitig in Frage kommen

könnten. Um herauszufinden, welcher Verteilung Risikohöhe und Risikohäufigkeit fol-

gen, ist die Häufigkeitsverteilung der empirischen (Marktbeobachtung) bzw. subjektiv

erfragten Werte (z.B. im Rahmen einer Due Diligence) zu betrachten und deren Form

mit den Verläufen bekannter theoretischer Verteilungen zu vergleichen40. Zur Errech-

39 Vgl. Krebs, P./Müller, N./Reinhardt, S./Schellmann, H./von Bredow, M./Reinhart, G.: Zeitschrift fürwirtschaftlichen Fabrikbetrieb 2009, S. 177.

40 Vgl. Rosenkranz, F./Missler-Behr, M.: Unternehmensrisiken, S. 241.

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159

nung der bestmöglichen Verteilungen aus objektiven bzw. subjektiv erfragten Daten

existieren verschiedene Verfahren:

Den einfachsten Fall stellt hierbei die auf Pearson zurückgehende

Momentenmethode dar. Die zu schätzenden Verteilungsparameter werden zunächst

in Abhängigkeit von zentralen Momenten ausgedrückt. Anschließend werden auf

Basis der empirisch erhobenen Werteproben Schätzwerte für die entsprechenden

Momente berechnet. In Ermangelung einer umfassenden Anwendungsfähigkeit

(nicht alle Standardfunktionen sind durch berechenbare zentrale Momente zu be-

schreiben) kommt dieser Methode in der Praxis häufig keine nähere Bedeutung zu41.

Im Rahmen der Maximum-Likelihood-Methode wird die vorliegende Standardvertei-

lung mit ihren zu bestimmenden Parametern zunächst in eine sog. Likelihood-

Funktion überführt, welche die Eintrittswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Er-

gebnisse angibt. Die Verteilungsparameter werden schließlich über Differentiation

so ermittelt, dass die Likelihood-Funktion einen maximalen Ergebniswert annimmt,

wobei die Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung der angepassten Verteilung mit

dem empirischen Datensample am größten ist. Mit der universellen Einsatzfähigkeit

für Dichte- und Wahrscheinlichkeitsfunktionen und ihrer steigenden Anpassungsge-

nauigkeit mit der Anzahl der Datenpunkte besitzt diese Methode zwei wichtige Ei-

genschaften, die dazu führen, dass dieses Verfahren zur Ermittlung geeigneter

Schätzfunktionen am häufigsten Anwendung findet42.

Beim Verfahren der kleinsten Quadrate wird die Parameterbestimmung der vorlie-

genden Standardkurve so vorgenommen, dass die Summe der quadrierten Abwei-

chungen der Kurve von den empirischen Datenpunkten minimal ist. Die sich dabei

ergebenden Parameterwerte sind diejenigen, welche die zugehörigen Dichte- bzw.

Summendaten am besten repräsentieren43.

Alle untersuchten Programme nutzen die Maximum-Likelihood-Methode zur Vertei-

lungsanpassung für Werteprobendaten. Da mit dieser Methode bei einer geringen An-

zahl von Werteproben erhebliche Ungenauigkeiten auftreten können, greift @Risk zur

41 Vgl. Boes, D./Graybill, F./Mood, A.: Introduction, S. 274-276.42 Vgl. Davidson, R./MacKinnon, J.: Econometric, S. 399-401.43 Vgl. Robert, C./Casella, G.: Monte Carlo, S. 6-7.

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Steigerung der Anpassungsqualität auch auf die Momentenmethode zurück, um so über

ein hybrides Verfahren bestehende Verzerrungen auszugleichen. Des Weiteren ermög-

licht @Risk als einziges Programm die Verteilungsanpassung von Summen- und Dich-

tedaten anhand des Verfahrens der kleinsten Quadrate.

Die Übereinstimmung einer angepassten Verteilung mit dem korrespondierenden empi-

rischen Datensample kann graphisch mit Hilfe von Cumulative Distribution Function-

Diagrammen (CDF-D), Quantile-Quantile-Diagrammen (QQ-D), Probability-

Probability-Diagrammen (PP-D) und/oder Vergleichsdiagrammen (VD) ausgewertet

werden (vgl. Abb. 8).

Beim CDF-D werden in einem Koordinatensystem die Abstände zwischen der gefitte-

ten kumulativen Verteilungsfunktion und der kumulativen Verteilungsfunktion der zu-

grunde liegenden Daten graphisch gegeneinander abgetragen. Bei totaler Übereinstim-

mung würde sich eine flache Linie ergeben, die parallel zur Abszisse verläuft. Das QQ-

D vergleicht die empirischen Quantile einer stetigen Verteilung mit den theoretischen

Quantilen einer bestimmten Verteilung und stellt beide in einem Diagramm dar. Sofern

sich die beiden Quantilswerte annähernd entsprechen, d.h. möglichst genau auf einer

Diagonalen liegen, kann davon ausgegangen werden, dass die historischen oder die in

der Due Diligence erfragten Daten die angenommene theoretische Verteilung besitzen.

Gleiches gilt für das PP-D, welches jedoch keine Quantile, sondern die kumulierte Häu-

figkeit der Wertprobedaten im Vergleich zur in Frage kommenden kumulativen Vertei-

lung graphisch darstellt44. Beim Vergleichsdiagramm kann hingegen durch optische

Vergleiche eine erste Auswahl an in Frage kommenden Verteilungen erfolgen45.

44 Vgl. Rosenkranz, F./Missler-Behr, M.: Unternehmensrisiken, 2005, S. 243.45 Vgl. Klein, R./Scholl, A.: Planung, S. 286.

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Abb. 8: CDF-, PP- und optisches Vergleichsdiagramm (Risk Solver)

Da insbesondere bei relativ wenig vorhandenen Datenpunkten mehrere Verteilungen

möglich sind und der graphische Vergleich keine eindeutige Lösung liefert, muss das

Softwareprogramm zusätzlich die Qualität der Verteilungsanpassung mittels statisti-

scher Größen darstellen (vgl. Abb. 10). Zur quantitativen Beurteilung der Anpassungs-

qualität eignen sich sog. „Goodness-of-Fit Tests“. Gängige Varianten sind der „Chi-

Quadrat-Test“ (CQ-T), der „Anderson-Darling-Test“ (AD-T) und der „Kolmogorov-

Smirnoff-Test“ (KS-T), die sich hinsichtlich ihrer Berechnungsweise unterscheiden.

Dabei sind u.a. folgende Limitationen zu beachten (vgl. Abb. 9)46:

Der Chi-Quadrat-Test und der Kolmogorov-Smirnoff-Test können auf jede Form von

Datenmaterial angewendet werden (Rohdatensample oder bereits aufbereitetes His-

togramm). Der Anderson-Darling-Test setzt hingegen ein Rohdatensample voraus.

46 Vgl. Liebl, F.: Simulation, S. 136.

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Sofern dieses Datensample lediglich in Form eines bereits verdichteten Histogramms

vorliegt, eignet sich der Anderson-Darling-Test nicht.

Klassische Anpassungstests

Chi-Quadrat-Test Kolmogorov-Smirnoff-TestAnderson-Darling-Test

• Daten müssen in einHistogramm überführt undmit der in Frage kommendenVerteilung verglichen werden

• setzt eine sehr große Zahl anDatenpunkten voraus

• das Fitting hängt von der Formdes Histogramms ab (Anzahlder Histogrammbalken, Breiteder Balken)

• Vergleich der kumulativenVerteilungsfunktion dererhobenen Daten mit der inFrage kommenden(kumulativen)Verteilungsfunktion

• Flächeninhalt zwischen denbeiden kumulativenVerteilungsfunktionen dient alsEntscheidungskriterium

• nicht für diskreteVerteilungstypen geeignet

• Vergleich der kumulativenVerteilungsfunktion dererhobenen Daten mit der inFrage kommenden(kumulativen)Verteilungsfunktion

• maximaler vertikaler Abstandals Entscheidungskriterium

• nicht für diskreteVerteilungstypen geeignet

• konzentriert sich tendenziellauf die Verteilungsmitte

Abb. 9: Eigenschaften und Voraussetzungen zur Verwendung von Anpassungstests

Der Kolmogorov-Smirnoff-Test und der Anderson-Darling-Test sind grundsätzlich

nicht bei diskreten Verteilungstypen anwendbar.

Beim Chi-Quadrat-Test hängt das „Fitting“ von der jeweiligen Form des Histog-

ramms ab (Anzahl und Breite der festgelegten Balken). Zudem setzt der Test eine

sehr große Anzahl an Datenpunkten voraus.

Die durch den Anpassungstest erzeugten Vorschläge beschreiben lediglich ein

Gütemaß, ob die an das jeweilige Datensample approximierte Wahrscheinlichkeitsver-

teilung die beobachteten oder per Expertenbefragung erhobenen Datenwerte produziert

haben könnte (vgl. Abb. 10). Nicht beantwortet wird jedoch, ob hinter den erhobenen

oder beobachteten Werten auch tatsächlich die angenommene theoretische Verteilung

steht47.

Mit Ausnahme von ModelRisk greifen alle Programme auf den Chi-Quadrat-Test, den

Anderson-Darling-Test bzw. den Kolmogorov-Smirnoff-Test zurück. Dabei können

sowohl diskrete als auch stetige Verteilungen „gefittet“ werden. Während Crystal Ball,

47 Vgl. Mootz, C.: Risikoanalyse, S. 122.

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ModelRisk und Risk Solver die Anpassung von Wertprobendaten oder der daraus er-

zeugten Dichte- und Summenkurvendaten erlauben, bietet @Risk zudem die Möglich-

keit, bereits in Dichte- bzw. Summenkurvendaten komprimierte Datensample anzupas-

sen. Die einzelnen Wertprobedaten müssen hierfür nicht bekannt sein. Für Dichte- und

Summenkurvendaten findet nur die Statistik des mittleren quadratischen Fehlers Ver-

wendung. Hier handelt es sich um die gleiche Größe, die durch @Risk während des An-

passungsvorgangs zum Zweck der Parameterfestlegung minimiert wurde (Verfahren der

kleinsten Quadrate). Durch die Statistik wird der mittlere quadratische Fehler zwischen

Eingabe und Anpassungskurve dargestellt48. Crystal Ball hält eine Funktion zur Eingabe

einzelner, bereits bekannter Parameter einer „vermuteten“ Verteilung bereit. Diese kön-

nen im Rahmen des „Fittings“ zusätzlich berücksichtigt werden. Neben einem Vor-

schlag für den „best fit“ können die einzelnen, nach Anpassungsgüte aufgereihten Ver-

teilungen bei allen Programmen über Vergleichsdiagramme (VD) optisch begutachtet

werden. Bei @Risk, ModelRisk und Risk Solver wird die visuelle Beurteilung außerdem

durch PP- und QQ-Diagramme ermöglicht. Risk Solver bietet zusätzlich ein CDF-

Diagramm (CDF-D) an. Jedoch lässt sich der Abstand zwischen der wirklichen und der

vermuteten Verteilung auf der Ordinate nicht manuell normieren, sodass bei einer Ge-

genüberstellung der verschiedenen Visualierungsmöglichkeiten leicht der falsche Ein-

druck entsteht, dass hier keine perfekte Übereinstimmung vorliegt. Abb. 8 zeigt bspw.

anhand des Vergleichsdiagramms und des PP-Diagramms eine nahezu perfekte Über-

einstimmung, während dasselbe Beispiel aufgrund der fehlenden Normierbarkeit im

Rahmen des CDF-D dies nicht vermuten lässt.

Zudem werden bei allen Tools entsprechende statistische Kennzahlen ausgegeben, die

die Güte der Anpassung widerspiegeln. Um so geringer dieser Wert ausfällt, desto bes-

ser ist die Anpassung (vgl. Abb. 10).

Alle Programme erlauben nicht nur das Testen unsicherer Inputfaktoren hinsichtlich

ihrer Verteilungsform, sondern bieten dieselbe Funktion auch für simulierte

Outputgrößen (z.B. Cashflows einer Periode) an. Dies ist bspw. dann wichtig, wenn die

Cashflows des bestehenden Unternehmensverbundes mit der Cashflowverteilung des

neuen Unternehmens über Geschäftsbereichskorrelationen mit dem Varianz-Kovarianz-

48 Vgl. Palisade: @Risk Benutzerhandbuch, S. 208.

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Ansatz getestet werden sollen (vgl. Kapitel 6.2.2). Voraussetzung ist hierbei u.a., dass

die Cashflows der einzelnen Perioden bzw. Unternehmen so weit wie möglich normal-

verteilt sein müssen49.

Abb. 10: Chi-Quadrat Anpassungstest der Eingabedaten mit „Qualitätswert“-Anzeige (links oben,@Risk)

Um die genannten Probleme der klassischen Anpassungstests zu beheben, hält die Sta-

tistik eine weitere Methode bereit. Die Güte der Anpassung kann auch mit sog. Informa-

tionskriterien getestet werden. Gängige Methoden sind hierbei u.a. die Informationskri-

terien (information criteria, IC) nach Akaike50, Hannan-Quinn51 und Schwartz52. Durch

bestimmte Formeln, die sich nur geringfügig voneinander unterscheiden, kann dabei ein

Informationskriterienwert berechnet werden. Wie bereits bei den klassischen Anpas-

sungstests gilt auch hier: Je geringer der Wert, desto besser der Fit. Bei den Verfahren

werden in der jeweiligen Formel drei Informationen verarbeitet: Die Anzahl der Be-

49 Vgl. Kunz, H.: Finanz-Betrieb 2009, S. 173-174.50 Vgl. Akaike, H.: IEEE Transaction on Automatic Control 1974, S. 716-723.51 Vgl. Hannan, E. J./Quinn, B. G.: Journal of the Royal Statistical Society 1979, S. 190-195.52 Vgl. Schwarz, G.: Annals of Statistics 1978, S. 461-464.

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obachtungen (z.B. tägliche Rohstoffpreise), die Anzahl der zu schätzenden Parameter

(z.B. bei einer Normalverteilung Mü und Sigma, also zwei) sowie der maximierte Wert

der Maximum-Likelihood-Methode. Der Vorteil der Informationskriterien liegt darin,

dass diese Anpassungstests sowohl auf Rohdatensample (Werteprobedaten) als auch für

aufbereitete Daten (bspw. in Histogrammform) angewendet werden können. Zudem

wird durch die Einbindung der Anzahl der Parameter die Flexibilität unterschiedlicher

Verteilungen hinsichtlich ihrer Form berücksichtigt. Trotz dieser Vorteile greift derzeit

lediglich ModelRisk auf Informationskriterien zurück (vgl. Abb. 11). Auch das „fitting“

von Copulas wird durch diese Kriterien unterstützt (vgl. Kapitel 4.2.1).

@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

Verteilungsanpas-sung für stetige unddiskrete Input- undOutputdaten?

ja ja ja ja

besondereZusatzfeatures?

Verteilungsanpas-sung auch für direkterfasste Summen-und Dichtedaten

Berücksichtigungbereits bekannterParameter beim

„fitting“ parametri-scher Verteilungen

„fitting“ vonCopulas möglich nein

Auswertung derAnpassungsergeb-nisse durchTeststatistiken?

AD-T,KS-T,CQ-T,

mittlererquadratischer Fehler

AD-T,KS-T,CQ-T

durch 3Informations-

kriterien(AIC, BIC, HIC)

AD-T,KS-T,CQ-T

Auswertung derAnpassungsergeb-nisse durchDiagramme?

VDQQ-D,PP-D

VDVD,

QQ-D,PP-D

VDQQ-D,PP-D,

CDF-D

Abb. 11: Verteilungsanpassungen und Anpassungstests

4 Definieren von Abhängigkeiten

4.1 Einfache Zusammenhänge

Bei der Vorbereitung der stochastischen Bewertung muss auch darauf geachtet werden,

ob und ggf. wie die einzelnen, mit Unsicherheit behafteten Inputgrößen des zugrunde

gelegten DCF-Modells zusammenhängen53. Das Bewertungsmodell ist daher auf vor-

53 Vgl. Berkau, C./Arnsfeld, T./Frey, A.: Controlling Berater 2006, S. 81.

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handene Abhängigkeiten zu untersuchen, da sich die im Zielunternehmen identifizierten

Risiken kompensieren, gar nicht beeinflussen oder sogar gegenseitig verstärken kön-

nen54. Die Schwierigkeit liegt hierbei insbesondere darin, dass sich die identifizierten

Chancen bzw. Risiken nicht skalar zu einem Gesamtrisiko addieren lassen. Dies würde

die Annahme beinhalten, dass sämtliche Risiken gleichzeitig eintreten55. Es bedarf

vielmehr einer Untersuchung der jeweiligen Einzelrisiken hinsichtlich möglicher Korre-

lationen zwischen den einzelnen Inputvariablen, die letztlich auf die Zahlungsströme

der jeweiligen Planperioden und somit auch auf den Unternehmenswert einwirken.

Die einzelnen Variablen des Inputmoduls können untereinander verknüpft sein (Interva-

riablen- oder Kreuzkorrelation)56. Die Festlegung solcher Korrelationen hat im Bewer-

tungsmodell dafür Sorge zu tragen, dass keine unrealistischen Kombinationen in einem

Simulationsdurchlauf vorkommen. So ist bspw. eine steigende Produktions- oder Ab-

satzmenge regelmäßig auch mit steigenden Umsatzkosten, wie Materialaufwand oder

variablen Personalkosten, verbunden. Ein Simulationslauf, der per Zufallsgenerator ei-

nen Zahlungsstrom abbilden würde, welcher steigende Umsatzerlöse und zugleich sin-

kende Umsatzkosten enthält, würde zu falschen Bewertungsergebnissen führen. Von

Kreuzkorrelationen spricht man andererseits dann, wenn Korrelationen zwischen zwei

unterschiedlichen Risikoparametern über mehrere Perioden hinweg betrachtet werden.

Typischerweise trifft dies dann zu, wenn Preisweitergaben von Input- und

Outputvariablen nur zeitversetzt möglich oder gewollt sind57.

Stochastische Abhängigkeiten können auch zwischen den Ausprägungen einer einzel-

nen Inputvariablen im Zeitablauf vorliegen (serielle oder Autokorrelation)58. Dabei

hängt der per Zufallsgenerator ermittelte Wert einer Periode des Bewertungsmodells

mehr oder weniger stark vom Wert der Vorperioden ab59. So werden Absatzpreise in

zwei Jahren bspw. auch vom Absatzpreis im kommenden Jahr beeinflusst.

54 Vgl. Bleuel, H. H.: Controlling 2006, S. 372-373.55 Vgl. Kremers, M.: Risikoübernahme, S. 248.56 Vgl. Rode, D. C./Fischbeck, P. S./Dean, S. R.: Journal of Structured & Project Finance 3/2001, S. 38.57 Vgl. Kleijnen, J. P. C./van Groenendaal, W. J. H.: Simulation, S. 78.58 Vgl. Gleißner, W.: Grundlagen, S. 158.59 Vgl. Werthschulte, H.: Kreditrisikomessung, S. 105.

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Quantifiziert werden können solche Zusammenhänge mit dem dimensionslosen Korre-

lationskoeffizienten nach Bravais/Pearson. Dabei handelt es sich um ein lineares Zu-

sammenhangsmaß zwischen zwei jeweils betrachteten Größen des entwickelten Bewer-

tungsmodells, das aus einer Normierung der Kovarianz hervorgeht, genauer gesagt,

durch eine Division der Kovarianz durch das Produkt der Standardabweichungen. Der

Korrelationskoeffizient zweier Zufallsvariablen quantifiziert die Stärke ihrer Abhängig-

keit und liegt stets im Intervall [-1,1]60. Bei einer Korrelation von 1 (-1) sind beide In-

putvariablen perfekt positiv (perfekt negativ) linear abhängig, bei einer Korrelation von

Null besteht kein linearer Zusammenhang61.

Abb. 12: Definieren von Rangkorrelationen bei Crystal Ball

Der Korrelationskoeffizient nach Bravais/Pearson ist immer nur in Bezug auf eine line-

are Abhängigkeit messbarer Werte zu interpretieren. Er reagiert des Weiteren stark auf

Ausreißer in den Beobachtungen und kann im Rahmen der Unternehmensbewertung

leicht zu Fehlern führen, da im Regelfall nur sehr wenige Daten für die Bewertung vor-

liegen62.

60 Vgl. Eckey, H.-F./Kosfeld, R./Dreger, C.: Statistik, S. 154-155.61 Vgl. Kunz, H.: Finanz-Betrieb 2009, S. 174.62 Vgl. Laas, T.: Konzerne, S. 227.

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Die Anwendung des Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman (Maß für den mono-

tonen Zusammenhang) setzt verbundene Einzelbeobachtungen mindestens ordinal ska-

lierter Merkmale voraus, deren Werte separat in eine Rangfolge gebracht werden müs-

sen63. Die Berücksichtigung von Rangkorrelationen kann im Simulationsprogramm über

die Cholesky-Zerlegung in Verbindung mit der Iman-Conover-Methode umgesetzt wer-

den64. Für Variablen, die - wie bei dem Datenmaterial, das der Bewertung zugrunde

liegt, durchaus üblich - stark von der Normalverteilung abweichen, eignet sich dieser

Rangkorrelationskoeffizient besonders gut65. Im Gegensatz zum obigen Koeffizienten

werden ausschließlich die Ranginformationen und nicht die tatsächlichen Ausprägungen

der einzelnen Beobachtungen der interessierenden Inputvariablen betrachtet. Ausreißer

können so eliminiert werden66.

Mit Ausnahme von ModelRisk greifen alle Programme auf den Korrelationskoeffizien-

ten nach Spearman zurück. Im Rahmen der Modellierung von Zusammenhängen ist mit

den einzelnen Programmen sowohl die Berücksichtigung von Auto- als auch Intervari-

ablenkorrelationen möglich.

Darüber hinaus sollte das Programm über eine Korrelationsmatrixfunktion verfügen, um

mehrere Korrelationen zwischen den Inputvariablen auf einfache Weise im DCF-

Modell erfassen zu können. Das Tool muss dabei überprüfen können, ob die vom An-

wender erfassten Korrelationen positiv semidefinit sind67. Wurde bspw. im DCF-Modell

der Rohölpreis (Inputvariable A) mit einer hohen positiven Korrelation zum Dieselpreis

(Inputvariable B) definiert und ist der Dieselpreis wiederum mit einer hohen positiven

Korrelation zum Kerosinpreis (Inputvariable C) festgelegt, so können Rohölpreis (A)

und Kerosinpreis (C) nicht in einer stark negativen Beziehung zueinander stehen. Alle

der vier getesteten Programme verfügen über ein derartiges Tool. Bei ModelRisk kommt

dieses Feature jedoch nicht im Rahmen klassischer Abhängigkeitsdefinitionen, sondern

in Zusammenhang mit Copulas zum Einsatz.

63 Vgl. Gleißner, W./Wolfrum, M.: Finanz-Betrieb 2008, S. 607.64 Vgl. Dannenberg, H.: Controller Magazin 6/2009, S. 63-70.65 Vgl. Charnes, J.: Crystal Ball, S. 64.66 Vgl. Werthschulte, H.: Kreditrisikomessung, S. 105.67 Vgl. Vose, D.: Risk Analysis, S. 365.

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4.2 Komplexere Zusammenhänge

4.2.1 Copulas

Die sog. Copulas sind im Rahmen der Unternehmensbewertung kaum verbreitet. Viel-

mehr finden diese in finanzwirtschaftlichen Anwendungen oder im Risikomanagement

großer Industriekonzerne Anwendung. Hierbei sind die sog. elliptischen von den archi-

medischen Copulas abzugrenzen68.

Eine Copula ist eine Funktion, die den Zusammenhang zwischen den Verteilungs-

funktionen von zwei (bivariat) oder mehreren (multivariat) Zufallsvariablen (bspw. ei-

nes DCF-Modells) und ihrer gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung berücksichti-

gen kann69. Auf dieser Basis lassen sich stochastische Abhängigkeiten durch eine koor-

dinierte Zufallszahlenziehung deutlich komplexer modellieren als mit den oben be-

schriebenen Korrelationskoeffizienten. Während die Erstellung von Korrelationsmatri-

zen im Anschluss an die Verteilungsdefinition einen separaten Schritt im Due Diligence

Prozess darstellt, wird die spezifische Verteilungsform der stochastisierten Variablen

bei der Erstellung komplexerer Abhängigkeiten mithilfe von Copulas explizit berück-

sichtigt (verteilungsbasierte Abhängigkeitsdefinition). Mit der höheren Modellierungs-

flexibilität steigt jedoch zeitgleich der Schulungsbedarf der Verantwortlichen im Due

Diligence Team. Hier ist nicht nur die Art der einzusetzenden Copula zu bestimmen,

sondern bei einigen Varianten auch die dafür notwendigen Parameter (z.B. der Alpha-

Wert der Clayton-Copula, der Korrelationskoeffizient bei der (multivariaten) Normal-

Copula)70. Wurde in der Due Diligence bspw. ermittelt, dass bei einem niedrigen Perso-

nalaufwand diese Aufwandsposition zu der zweiten betrachteten Aufwandsposition

(z.B. Materialaufwand) stark positiv korreliert ist, jedoch bei hohem Personalaufwand

dieser zum Materialaufwand nur eine schwach positive Korrelation besitzt, bietet sich

zur Modellierung eine bivariate Clayton-Copula mit Richtung 1 an (vgl. Abb. 13)71.

Eine Clayton-Copula kann insgesamt vier Richtungen annehmen, zwei positiv korrelier-

68 Vgl. ausführlich hierzu Cherubini, U./Luciano, E./Vecchiato, W.: Copula Methods.69 Vgl. Savu, C.: Copulas, S. 11-13.70 Vgl. Beck, A./Lesko, M./Schlottmann, F./Wimmer, K.: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen

2006, S. 29-33.71 Vgl. Vose, D.: Risk Analysis, S. 369.

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te und zwei negativ korrelierte. Innerhalb der beiden Varianten wird wiederum unter-

schieden, ob die Streuung primär im negativen oder im positiven Bereich liegt. Die

Stärke der Streuung im rechten oberen Rand wird durch die Parameterschätzung des

Alpha-Werts festgelegt. Möchte man mehrere Inputvariablen verknüpfen, kann das

Konzept entsprechend mittels multivariater Copulas erweitert werden, was gleichzeitig

aber die Modellierungskomplexität weiter erhöht.

Abb. 13: Modellierung einer bivariaten Clayton-Copula mit ModelRisk

Denkbar ist der Einsatz von Copulas bspw. dann, wenn die Verteilungen der zu korre-

lierenden Inputgrößen stark unterschiedliche Formen und asymmetrische Profile auf-

weisen. Zur Wahl der richtigen Copula für das Bewertungsmodell bedarf es entweder

einer großen (Branchen-)Erfahrung des Bewertenden oder hinreichend vieler objektiver

Datenpunkte (z.B. bei Rohstoffpreisrisiken)72. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es

sich mit den im Rahmen der Unternehmensbewertung meist wenigen verfügbaren Da-

tenpunkten schwieriger gestaltet, eine entsprechende Copula anzupassen als einen hin-

reichend validen Korrelationskoeffizienten zu berechnen73. Von den hier untersuchten

72 Vgl. Böve, R./Hubensack, C./Pfingsten, A.: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2006, S. 671-673.

73 Vgl. Nguyen, R./Molinari, T.: German Risk and Insurance Review 5/2009, S. 50.

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Programmen greift lediglich ModelRisk auf die anspruchsvolleren Copulafunktionen

zurück. Mit Features zur Ableitung von Copulas aus empirischen Daten sowie zur

Durchführung von Anpassungstests verfügt das Due Diligence Team, das über entspre-

chende Experten verfügt, zumindest über eine gute Anwendungsunterstützung.

4.2.2 SLURPs

Mit der Modellierung von SIPs (vgl. Kapitel 3.2.3) und sog. SLURPs können durch eine

implizite Berücksichtigung von Korrelationen ebenfalls Abhängigkeiten abgebildet

werden74. Durch die sequentielle Vereinigung der Datensample der SIPs der jeweiligen

Bewertungsperiode entsteht eine sog. SLURP (Stochastic Library Unit with

Relationships Preserved). Mit mehreren SLURPs können auch Abhängigkeiten zwi-

schen einzelnen Unternehmenseinheiten berücksichtigt werden. Dies erweist sich dann

als nützlich, wenn mehrere Geschäftsbereiche gleichzeitig bewertet und zu einem Ge-

samtwert zusammengeführt werden sollen. Des Weiteren lässt sich die Zeit als dritte

Dimension - in Form der einzelnen Perioden der Planungsphase - mit SIPs und

SLURPS im DCF-Bewertungsmodell abbilden75.

Das Konzept ist wiederum eng mit dem Probability Management verzahnt (vgl. Abb. 6).

Beispiel: Im Rahmen einer Bewertung soll für ein exportorientiertes Unternehmen zur

Einschätzung des zukünftigen Umsatzwachstums die Entwicklung der Weltwirtschaft

(anhand des globalen MSCI-Indizes) und zur Abschätzung des Materialaufwands der

zukünftige Ölpreis als unsichere Variable herangezogen werden. Beide Unsicherheits-

faktoren wurden durch das zentrale Due Diligence Team durch entsprechende Vertei-

lungen abgebildet, die bspw. auf historisch beobachteten Paaren von Kursentwicklun-

gen bzw. Wachstumsquoten aufbauen (historische Simulation) oder für die Zukunft

unter Einsatz ökonometrischer Modelle abgeschätzt werden (Monte-Carlo-

Simulation)76. Aus diesen beiden Verteilungen werden nun 10.000 Datensample er-

zeugt, und zwar jeweils für die Umsatzentwicklung (in Abhängigkeit der Entwicklung

des MSCI-Indizes, SIP 1) und für den Materialaufwand (in Abhängigkeit des Ölpreises,

SIP 2). Setzt man diese Datensample in das DCF-Modell ein, ergeben sich 10.000 Er-

74 Vgl. Frontline Systems: Risk Solver User Guide, S. 210.75 Vgl. Savage, S./Scholtes, S./Zweidler, D.: OR/MS Today 2006, S. 64-66.76 Vgl. Savage, S.: Harvard Business Review 11/2002, S. 20-21.

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folgs- bzw. Zahlungsstromgrößen (SLURP 1). Ein zweiter Geschäftsbereich ist annah-

megemäß ebenfalls stark vom Ölpreis abhängig, weshalb das gleiche erzeugte Daten-

sample (SIP 2) herangezogen und in der gleichen Reihenfolge sequentiell abgearbeitet

wird. Hinsichtlich der Wachstumsquote wird nun jedoch die Wertentwicklung des S&P

500 betrachtet, da der Exportschwerpunkt in den Vereinigten Staaten liegt. Hier muss

durch das zentrale Due Diligence Team ein neues Datensample erzeugt werden (SIP 3).

Aus den so erzeugten Samples entstehen auch für den zweiten Geschäftsbereich 10.000

Cashflows (SLURP 2). Fügt man die beiden Cashflows zusammen, ergibt sich der ko-

härente Gesamtcashflow über den ganzen Konzern hinweg gesehen.

Eine entsprechende SLURP-Funktion ist mit allen Programmen möglich, wobei nur

Risk Solver (durch die Funktion PsiSLURP) und Crystal Ball (im Benutzerhandbuch)

dies ausdrücklich erwähnen. Im Grunde handelt es sich hierbei jedoch um das gängig

praktizierte Sampling von Werteprobedaten. Eine Abarbeitung im DCF-Modell ist da-

bei mit allen Programmen sowohl sequentiell als auch zufällig möglich.

@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

Art desKorrelations-koeffizienten?

RangkorrelationSpearman

RangkorrelationSpearman

keineRangkorrelation

RangkorrelationSpearman

serielle u.Intervariablen-Korrelation?

ja ja Berücksichtigungdurch Copulas ja

Verfügbarkeit undKonsistenzprüfungeiner Korrelations-matrix?

ja jaja

(z.B. im Rahmen derNormal-Copula nötig)

ja

komplexe,nicht-lineareZusammenhänge?

keine Copulas,SLURP-Funktiondirekt unterstützt

keine Copulas,SLURP-Funktiondirekt unterstützt

Copulas,SLURP-Funktiondirekt unterstützt

keine Copulas,SLURP-Funktiondirekt unterstützt

Abb. 14: Qualität der Softwaretools hinsichtlich der Berücksichtigung von Abhängigkeiten

Bevor eine Monte-Carlo-Simulation ausgeführt werden kann, sind nach der Definition

der Verteilungen der wichtigsten Wert- und Risikotreiber und deren etwaigen Korrela-

tionen noch die Outputgrößen des Discounted Cashflow (DCF) Modells zu definieren.

Dies geschieht wiederum über entsprechende Features in der Symbolleiste des Pro-

gramms oder durch Direkteingabe in der gewünschten Outputzelle. Sind alle gewünsch-

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ten Outputzellen (z.B. Cashflows der Periode, Unternehmenswert, etc.) festgelegt, be-

ginnt die eigentliche Simulation des geschlossenen Planungsmodells.

5 Durchführen der Simulation

5.1 Sampling-Methoden und Anzahl der Simulationsläufe

Im Rahmen der Simulation wird aus den entsprechenden Verteilungen der Inputgrößen

unter Beachtung etwaiger Korrelationen per Zufallszahlengenerator wiederholt ein

Stichprobenwert gezogen und anschließend in die Funktion des gesuchten Zielwerts

- also in das mehrperiodige Bewertungsmodell - eingesetzt77. Somit ergibt sich pro Si-

mulationslauf für jede vorher festgelegte Outputgröße ein bestimmter Ergebnisstichpro-

benwert im Sinne eines Endwerts (z.B. Cashflow, Unternehmenswert)78.

Berechnung des Free Cashflow

Umsatzerlöse

- Materialaufwand

- Personalaufwand

- sonstige betriebliche Aufwendungen

+ Zinserträge

- KSt zzgl. SolZKSt-Vorteil wegen fiktiver, reinerEigenfinanzierung

- GewStGewSt-Vorteil wegen fiktiver, reinerEigenfinanzierung

+/- Zuführung/ InanspruchnahmeRückstellungen

-/+ Zu-/ Abnahme aktivischer RAP

+/- Zu-/ Abnahme passivischer RAP

- Investitionen

-/+ Zunahme/ Abnahme des Working Capital

= Free Cashflow

Einzelrisiken des Unternehmens mit Einfluss auf den Free Cashflow

Markteintritteines weiterenWettbewerbers

Rohstoffpreis -schwankungen

Rückruf undReparatur fehler-hafter Produkte……

(-) XUE

(-) XMA

(-) XPA

(+/-) XUE (-) XUE

(+/-) XMA

(-) XRSt

Verteilung der simuliertenFree Cashflows

MODELLINPUT

MODELLOUTPUT

Korrelationenzwischen einzelnenunsicheren Input-faktoren?

Erläuterungen:PrimärwirkungSekundärwirkungpositive Wirkung / negative Wirkung(+)/(-)

Berechnung des Free Cashflow

Umsatzerlöse

- Materialaufwand

- Personalaufwand

- sonstige betriebliche Aufwendungen

+ Zinserträge

- KSt zzgl. SolZKSt-Vorteil wegen fiktiver, reinerEigenfinanzierung

- GewStGewSt-Vorteil wegen fiktiver, reinerEigenfinanzierung

+/- Zuführung/ InanspruchnahmeRückstellungen

-/+ Zu-/ Abnahme aktivischer RAP

+/- Zu-/ Abnahme passivischer RAP

- Investitionen

-/+ Zunahme/ Abnahme des Working Capital

= Free Cashflow

Einzelrisiken des Unternehmens mit Einfluss auf den Free Cashflow

Markteintritteines weiterenWettbewerbers

Rohstoffpreis -schwankungen

Rückruf undReparatur fehler-hafter Produkte……

Berechnung des Free Cashflow

Umsatzerlöse

- Materialaufwand

- Personalaufwand

- sonstige betriebliche Aufwendungen

+ Zinserträge

- KSt zzgl. SolZKSt-Vorteil wegen fiktiver, reinerEigenfinanzierung

- GewStGewSt-Vorteil wegen fiktiver, reinerEigenfinanzierung

+/- Zuführung/ InanspruchnahmeRückstellungen

-/+ Zu-/ Abnahme aktivischer RAP

+/- Zu-/ Abnahme passivischer RAP

- Investitionen

-/+ Zunahme/ Abnahme des Working Capital

= Free Cashflow

Einzelrisiken des Unternehmens mit Einfluss auf den Free Cashflow

Markteintritteines weiterenWettbewerbers

Rohstoffpreis -schwankungen

Rückruf undReparatur fehler-hafter Produkte

Berechnung des Free Cashflow

Umsatzerlöse

- Materialaufwand

- Personalaufwand

- sonstige betriebliche Aufwendungen

+ Zinserträge

- KSt zzgl. SolZKSt-Vorteil wegen fiktiver, reinerEigenfinanzierung

- GewStGewSt-Vorteil wegen fiktiver, reinerEigenfinanzierung

+/- Zuführung/ InanspruchnahmeRückstellungen

-/+ Zu-/ Abnahme aktivischer RAP

+/- Zu-/ Abnahme passivischer RAP

- Investitionen

-/+ Zunahme/ Abnahme des Working Capital

= Free Cashflow

Einzelrisiken des Unternehmens mit Einfluss auf den Free Cashflow

Markteintritteines weiterenWettbewerbers

Rohstoffpreis -schwankungen

Rückruf undReparatur fehler-hafter Produkte……

(-) XUE

(-) XMA

(-) XPA

(+/-) XUE (-) XUE

(+/-) XMA

(-) XRSt

Verteilung der simuliertenFree Cashflows

MODELLINPUT

MODELLOUTPUT

Korrelationenzwischen einzelnenunsicheren Input-faktoren?

Erläuterungen:PrimärwirkungSekundärwirkungpositive Wirkung / negative Wirkung(+)/(-)

Abb. 15: Prozess der Monte-Carlo-Simulation

77 Vgl. Schlösser, R.: Unternehmensbewertung, S. 232.78 Vgl. Meyer, B. H.: Unternehmensbewertung, S. 61.

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174

Die Zufallszahlenziehung und damit die Errechnung des Stichprobenwerts aus der je-

weiligen Verteilung ist abhängig von der eingesetzten Sampling-Methode. So stellt die

sog. Latin-Hypercube-Methode gut sicher, dass Zufallszahlen aus allen Verteilungsab-

schnitten, also insbesondere auch aus den Tails einer Verteilung, gezogen werden kön-

nen. Dadurch wird ermöglicht, dass ein akzeptabler Standardfehler eher erreicht wird

als beim klassischen Monte-Carlo-Sampling (vgl. Kap. 5.2)79. Das Monte-Carlo-

Sampling legt hingegen besonderen Wert darauf, dass die Zufallszahlen soweit wie

möglich statistisch unabhängig voneinander erzeugt werden80. Durch das Sobol-

Numbers-Verfahren werden im Wesentlichen die Vorteile des Monte-Carlo-Samplings

und der Latin-Hypercube-Methode miteinander verbunden81.

Während @Risk und Crystal Ball über die Verfahren Monte-Carlo und Latin-

Hypercube verfügen, bietet Risk Solver optional auch das Sobol-Numbers-Verfahren an.

Die Art der Sampling-Methode spielt bei den üblichen Unternehmensbewertungen mit

tendenziell wenig verzerrten Verteilungen - anders als bei klassischen finanzwirtschaft-

lichen Anwendungen dieser Tools - allerdings keine größere Rolle, sodass alle Anbieter

durchweg als positiv beurteilt werden können. Die Leistungsfähigkeit der Softwaretools

im Rahmen der Simulationsdurchführung trägt dazu bei, stabile Endwertverteilungen

der festgelegten Outputgrößen, also bspw. der periodischen Cashflows bzw. des daraus

zu errechnenden Unternehmenswerts, zu erhalten82. Im Regelfall reichen bei einfachen

Bewertungsmodellen zwischen 10.000 und 100.000 Simulationsläufe (Trials) aus. The-

oretisch könnten mit allen hier untersuchten Programmen mehrere hunderttausend Si-

mulationsläufe durchgeführt werden, wobei die Anzahl lediglich von der Speicherkapa-

zität des jeweilig eingesetzten Rechners beschränkt wird.

5.2 Konvergenzüberwachungsfunktion

Um unnötige Kapazitätsüberlastungen zu vermeiden, bieten gute Simulationsprogram-

me optional die Möglichkeit, Simulationsvorgänge dann abzubrechen, wenn ein ge-

wünschtes Vertrauensniveau des Anwenders hinsichtlich der festgelegten Outputgröße

79 Vgl. Robert, C./Casella, G.: Monte Carlo, S. 137.80 Vgl. Charnes, J.: Crystal Ball, S. 235-242.81 Vgl. Jäckel, P.: Monte Carlo, S. 80-88.82 Vgl. Ruppert, D.: Finance, S. 36-37.

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175

(z.B. Unternehmenswert) erreicht ist. Die Stabilität jeder Zielgröße bzw. der daraus er-

mittelten Lage- und Streuungsparameter (z.B. Erwartungswert) kann mit einer sog.

Konvergenzüberwachungsfunktion auf das gewünschte Niveau normiert werden.

Ein typisches Maß dieser Konvergenzüberwachung ist der Mittlere Standardfehler, kurz

MSF83. Der MSF gibt die Wahrscheinlichkeit in % bzw. den Betrag an, mit welcher der

unter Verwendung der gezogenen Stichproben errechnete Wert von dem im Simulati-

onsmodell ausgewiesenen Wert (z.B. erwarteter Free Cashflow einer Periode) maximal

abweicht84. Je niedriger der MSF bei einer im Rahmen der Simulation zu errechnenden

Standardabweichung und einem vorher festgelegten Konfidenzniveau ausfallen soll,

desto mehr Simulationsläufe werden erforderlich. Zugleich steigt die Genauigkeit des

jeweils errechneten Werts. Entsprechende Präzisionen können für verschiedene Lage-

oder Streuungsparameter (z.B. für das arithmetische Mittel, den Median und die Stan-

dardabweichung) ermittelt werden.

Risk Solver kann eine entsprechende Konvergenzüberwachung für das arithmetische

Mittel und die Standardabweichung zumindest indirekt über die Funktion PsiCITrials

vornehmen. Diese berechnet die Anzahl der notwendigen Simulationsläufe, um eine

hinreichend stabile Verteilung der Outputgröße zu erhalten. Bei einer erneuten Simula-

tion kann die Durchlaufzahl entsprechend reduziert werden. Bei @Risk und Crystal Ball

ist die Konvergenzüberwachung durch Voreinstellungen auch auf direktem Wege fest-

zulegen.

5.3 Simulationsgeschwindigkeit und Fehlerüberwachung

Lange Zeit war die Monte-Carlo-Simulation für Bewertungs- und Wertanalysezwecke

aufgrund einer zu geringen Rechenleistung nicht anwendbar, da nicht genügend Simula-

tionsläufe innerhalb eines annehmbaren Zeitraums ausgeführt werden konnten. Mittler-

weile ist die Simulationsgeschwindigkeit - außerhalb komplexer finanzwirtschaftlicher

Anwendungen - nur noch ein untergeordnetes Beurteilungskriterium85. Dies gilt insbe-

sondere für geschlossene Planungsmodelle im Rahmen der stochastischen Unterneh-

83 Vgl. Ruppert, D.: Finance, S. 49-50.84 Vgl. Grob, H. L./Mrzyk, A.: Controlling 1998, S. 127.85 Vgl. Sugiyama, S.: Foresight 9/2008, S. 37.

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176

mensbewertung, bei denen aus Kosten-Nutzen-Aspekten ohnehin nur die wesentlichen

in der Due Diligence aufgedeckten Wert- und Risikotreiber simuliert werden sollten.

Alle hier getesteten Tools ermöglichten im Rahmen des konstruierten Planungsmodells

eine schnelle Simulationsausführung und unterschieden sich in der Simulationsdauer

kaum. Aufgrund der auf einer besonderen Technologie basierenden Geschwindigkeit

können bei Risk Solver optional auch interaktive Simulationen durchgeführt werden86.

Bei Änderung einer Inputvariablen des Bewertungsmodells erfolgt eine sofortige An-

passung aller Graphiken, Statistiken und Sensitivitäten, ohne dass die Simulation neu

gestartet werden muss.

Alle vier Programme wurden des Weiteren hinsichtlich ihrer Fehlerüberwachungsfunk-

tionen überprüft. Hierzu wurde im Planungsmodell eine entsprechende Formel hinter-

legt, um bei hinreichend vielen Simulationsläufen einen „künstlichen“ Fehler zu produ-

zieren (Division einer Zahl durch eine zufällig erzeugte Zahl, die auch den Wert „Null“

annehmen kann). Bei einem fehlerhaften Simulationslauf wird, je nach Voreinstellung,

die Simulation entweder zu Ende geführt oder angehalten und der verursachte Fehler

angezeigt. Crystal Ball kann die Fehler nicht zurückverfolgen87. Bei den anderen Anbie-

tern sind die generierten Fehler bei optionaler Einstellung nachvollziehbar. Abb. 16

zeigt die Programmeigenschaften hinsichtlich der Durchführung der Simulation.

@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

optionaleSampling-Methoden?

Monte-Carlo,Latin-Hypercube

Monte-Carlo,Latin-Hypercube Monte-Carlo

Monte-Carlo,Latin-Hypercube,Sobol-Numbers

hinreichend großeAnzahl anSimulationsläufen?

ja ja ja ja

Konvergenzüber-wachung perVoreinstellung?

ja ja nein indirekt

Simulations-geschwindigkeit?

sehr schnell, bei einfacheren Planungsmodellen keine nennenswerten Unterschiede(bei komplexen Modellen ist Risk Solver vorteilhaft)

Fehler-überwachung?

Fehler wirdangezeigt

keineZurückverfolgung

möglich

Fehler wirdangezeigt

Fehler wirdangezeigt

Abb. 16: Eigenschaften bei Durchführung der Simulation

86 Vgl. Frontline Systems: Risk Solver User Guide, S. 15.87 Vgl. Oracle: Crystal Ball User Guide, S. 77.

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177

6 Auswerten und Analyse der Simulationsergebnisse

6.1 Graphische Darstellung der Outputgrößen

Nach Festlegung der Outputgrößen und Durchführung der Simulation können abschlie-

ßend die interessierenden Größen graphisch und statistisch aufbereitet und analysiert

werden. Es handelt sich insofern um eine Risikoanalyse des potentiellen Kaufobjekts.

Die Ergebnisse der Simulation in Form von Ergebnisverteilungen der periodenspezifi-

schen Cashflows bzw. der errechneten Unternehmenswerte sind bei allen getesteten

Tools über entsprechende Histogramme und kumulative Verteilungsfunktionen

visualisierbar.

Abb. 17: Histogramm und kumulative Verteilungsfunktion (Risk Solver)

Hierbei werden die interessierenden Zielgrößenausprägungen mit deren dazugehörigen

relativen und absoluten Eintrittswahrscheinlichkeiten dargestellt88. Mit dem Tendenz-

übersichtsdiagramm verfügen zudem alle Programme gleichermaßen über die Möglich-

keit, Outputverteilungen auch über mehrere Perioden, bspw. über die Länge der Detail-

planungsphase, darzustellen. Zudem bieten @Risk, ModelRisk und Risk Solver über das

Box-Whisker-Diagramm89 eine gute alternative Visualisierungsform, die ebenfalls die

zentralen Ergebnisgrößen und deren Schwankungsbreiten im Zeitablauf aufzeigt (vgl.

Abb. 18). Die in den Graphiken vorgenommenen Einstellungen können bei @Risk und

ModelRisk für spätere Bewertungsvorgänge benutzerdefiniert gespeichert und mit ande-

ren Anwendern - bspw. zur Wahrung der Corporate Identity - ausgetauscht werden. Bei

88 Vgl. Werthschulte, H.: Kreditrisikomessung, S. 63.89 Vgl. Law, A.: Simulation, S. 320-324.

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178

Crystal Ball sind die entsprechenden Einstellungen nur lokal vorzunehmen, während bei

Risk Solver Voreinstellungen für spätere Bewertungsvorgänge generell nicht speicher-

bar sind.

Abb. 18: Tendenzübersichtsdiagramm (Crystal Ball) und Box-Whisker-Diagramm (ModelRisk)

Die individuelle Darstellung und Anpassung von Outputverteilungen erfolgt bei Crystal

Ball und Risk Solver über separate Einzelfenster. Risk Solver verfügt dabei mit der Mög-

lichkeit zur Miniaturansicht über ein praktisches Feature.

@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

DarstellungsformeinzelnerOutputverteilungen?

Histogramm,kumulativeVerteilung

Histogramm,kumulativeVerteilung

Histogramm,kumulativeVerteilung

Histogramm,kumulativeVerteilung

Zeitreihen-darstellung?

Box-Whisker-Diagramm,

Tendenzübersicht

nurTendenzübersicht

Box-Whisker-Diagramm,

Tendenzübersicht

Box-Whisker-Diagramm,

Tendenzübersicht

individuelleAnpassung derOutputverteilungen?

gut anpassbar,Einstellungen

speicherbar undaustauschbar

gut anpassbar,Einstellungen

nur lokalspeicherbar

gut anpassbar,Einstellungen

speicherbar undaustauschbar

gut anpassbar,Einstellungen nicht

speicherbar

Qualität derErgebnis-übersichten?

übersichtlicheFenster

keineGesamtübersicht,

keineMiniaturansicht

übersichtlicheFenster

keineGesamtübersicht,Miniaturansicht

möglich

Abb. 19: Möglichkeiten zur Darstellung und graphischen Bearbeitung von Outputgrößen

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179

Durch das „Schwebenlassen“ des Mauszeigers über die interessierende Zelle des

Spreadsheets kann eine verkleinerte Schnellansicht der jeweiligen Input- bzw.

Outputgröße aufgerufen werden. Die Bearbeitung erfolgt durch Doppelklick der Minia-

turansicht. Über entsprechende Reiter können anschließend verschiedene Ergebnisdar-

stellungen (Graphen, Sensitivitätsanalysen, etc.) angewählt werden. In Crystal Ball sind

diese Befehle über die Symbolleiste und über Drop-Down-Menüs auszuführen. @Risk

und ModelRisk verfügen über sog. Ergebnisübersichtsfenster, in welchen die Resultate

aller definierten Outputs in aggregierter Form betrachtet werden können. Auf Grundlage

einer listenartigen, verkleinerten Diagrammübersicht können einzelne interessierende

Größen aufgerufen und individuell bearbeitet werden.

6.2 Statistische Darstellung der Outputgrößen

6.2.1 Anforderungen

Neben der graphischen Aufbereitung sind durch die eingesetzten Softwareprogramme

möglichst auch alle statistischen Informationen zu liefern, die für einen potentiellen

Erwerber zur wirtschaftlichen Beurteilung des Akquisitionsobjekts erforderlich sind90.

Die Berechnung statistischer Momente dient dazu, die Lage und Form der jeweils gene-

rierten Verteilung zu beschreiben und somit Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit des

Erreichens bestimmter Ergebnisziele (z.B. Cashflows, Unternehmenswerte) zu geben.

Gängige Simulationsprogramme sollten daher über die wichtigsten Lage- und

Streuungsparameter verfügen91. Das arithmetische Mittel dient bspw. der Bestimmung

des Erwartungswerts der simulierten Verteilungen. Der Median hingegen bezeichnet die

Grenze zwischen zwei Hälften einer Verteilung und halbiert somit die simulierten Häu-

figkeiten, also bspw. die generierten Unternehmenswerte. Der Modus (Modalwert) wie-

derum ist der am häufigsten vorkommende Wert in einer Verteilung, d.h. der Wert mit

der größten Eintrittswahrscheinlichkeit. Schließlich repräsentieren das Minimum und

Maximum die niedrigste bzw. die höchste Ausprägung einer simulierten Verteilung92.

Als typisches zweiseitiges Risikomaß fungiert die lageunabhängige Standardabwei-

90 Vgl. Schumann, C. P.: Valuation Strategies Magazine 9/10/2006, S. 12.91 Vgl. Cottin, C./Döhler, S.: Risikoanalyse, S. 105-111.92 Vgl. Fahrmeir, L./Künstler, R./Pigeot, I./Tutz, G.: Statistik, S. 53-75.

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180

chung. Diese kann dazu genutzt werden, um gewisse Risiko-Rendite-Kennzahlen aus

dem simulierten Risikoprofil der Cashflow- bzw. Erfolgsverteilung herzuleiten93. Zwei-

seitige Risikomaße berücksichtigen Abweichungen vom Plan- bzw. Erwartungswert in

beide Richtungen (Chancen und Gefahren)94. Neuere Forschungsarbeiten beschäftigen

sich zunehmend mit Themengebieten, wie Monte-Carlo-Simulationen zur Lösung von

Fragestellungen in der Unternehmensbewertung und Geschäftsbereichsteuerung beitra-

gen können. Die zu ermittelnden statistischen Größen spielen hierbei eine wichtige Rol-

le.

6.2.2 Notwendigkeit zur Berechnung und Darstellung statistischer Kennzahlen

Durch die Monte-Carlo-Simulation können bspw. Abhängigkeiten zwischen den Cash-

flows unterschiedlicher Geschäftsbereiche zur optimalen Kapitalallokation berücksich-

tigt werden. Diese Überlegungen lassen sich auch auf Akquisitionsvorgänge95 übertra-

gen. Das akquierende Unternehmen und das unabhängig bleibende Zielunternehmen

bzw. deren Geschäftsbereiche werden dabei als Konzernverbund betrachtet. Durch aus-

gleichende Portfolioeffekte in den simulierten risikobasierten Zahlungsströmen (Diver-

sifikation) lassen sich das Erfolgs- sowie Liquiditätsrisiko und damit die Geschäftsbe-

reich spezifischen Eigenkapitalkosten senken96.

Die entsprechenden Risiken werden hierbei über den Cashflow-at-Risk (CFaR) bzw.

den Eigenkapitalbedarf (EKB) zum Ausdruck gebracht. Der CFaR bzw. EKB beschreibt

die Abweichung des Cashflows bzw. der Ergebnisgröße vom erwarteten Wert der Plan-

Kapitalflussrechnung bzw. der Plan-GuV, die mit einer bestimmten, im Rahmen eines

Konfidenzintervalls angegebenen Wahrscheinlichkeit p nicht unterschritten wird. Dabei

ist die Differenz zwischen dem erwarteten Wert und dem Wert für das entsprechende

93 Vgl. von Weizsäcker, R. K./Krempel, K.: Finanz-Betrieb 2004, S. 812; Pfaff, D./Kühn, J.: Zeitschriftfür betriebswirtschaftliche Forschung 2005, S. 199. Zu nennen wäre hier bspw. die Sharpe-Ratio,welche die Streuung des EBITs oder einer ähnlichen Erfolgsgröße berücksichtigt.

94 Vgl. Gleißner, W.: Grundlagen, S. 111.95 Vgl. Meichelbeck, A.: Konzern, S. 591-614.96 Vgl. Kunz, H.: Finanz-Betrieb 2009, S. 174; Scholz, J.: Akquisitionen, S. 173. Ob diese Risikodiver-

sifikation auf Unternehmensebene auch für die Anteilseigner (und somit für die Kapitalkosten desGesamtkonzerns) relevant sind, hängt u.a. von deren Diversifikationsgrad und der Höhe möglicherInsolvenzkosten ab. Das isoliert für das Unternehmen gemessene Risiko dürfte in vielen Fällen vongroßer Bedeutung sein.

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Quantil (α = 1 – p) zu bilden97. Die entsprechenden Quantile sollten durch das verwen-

dete Simulationsprogramm individuell festlegbar sein, da diese auch die Grundlage für

den zu berechnenden CFaR (bzw. Eigenkapitalbedarf) bilden. Da die Summe aller

Cashflow-at-Risk bzw. Eigenkapitalbedarfe der Geschäftsbereiche durch Portfolio-

effekte geringer ist als ihr addierter Betrag, müssen die risikoreduzierenden Effekte ent-

sprechend berechnet werden98. Die risikomindernde Addition der unterschiedlichen

CFaR- bzw. EKB-Größen wird unter Berücksichtigung der Geschäftsbereichskorre-

lationen über die Linearkombinationsregel des Varianz-Kovarianz-Ansatzes ermöglicht.

n

jji

GBj

GBi

n

i

GBgesamt CFaRCFaRCFaR

1,

%60,%60,

1

%60,

%60,GBgesamtCFaR = diversifizierter CFaR aller Geschäftsbereiche bei einem Konfidenzniveau von 60%

ji , = Korrelationskoeffizient zwischen den Geschäftsbereichen i und j

Die Berechnung stellt hinreichende Anforderungen an die Struktur der Cashflow- bzw.

EKB-Verteilungen der einzelnen bestehenden bzw. neuen Geschäftsbereiche99. Die Si-

mulationsergebnisse müssen dabei zumindest annähernd einer Normalverteilung folgen,

was statistisch durch die beiden Momente Wölbung und Schiefe überprüft werden

kann100. So muss die Schiefe bspw. einen Wert von oder nahe null und die Wölbung

(Kurtosis) einen Wert von oder nahe drei aufweisen. Des Weiteren geben die Schiefe

und die Wölbung wichtige Einblicke in das Risikoprofil des zu bewertenden Unterneh-

mens. Eine rechtsschiefe Verteilung bedeutet bspw., dass außerordentlich gute Ergeb-

nisse (Cashflows, Erfolgsgrößen, Unternehmenswerte etc.) wahrscheinlicher sind als

außerordentlich schlechte101.

Im Rahmen der vorherrschenden deterministischen Wertmodelle wird der Erwartungs-

wert des Cashflows mit einem entsprechenden, das Risiko berücksichtigenden Kapitali-

sierungszins diskontiert. Dabei sind die Kapitalkosten auf Basis des häufig kritisierten

Capital Asset Pricing Models (CAPM) kapitalmarktbezogen zu ermitteln. Dies erfolgt

97 Vgl. Million, C./Zerweck, M./Zucknick, M./Maak, F.: Corporate Finance biz 2010, S. 174.98 Vgl. Hölscher, R./Kalhöfer, C./Bonn, R.: Finanz-Betrieb 2005, S. 502.99 Vgl. Kremers, M.: Risikoübernahme, S. 149.100 Vgl. Cottin, C./Döhler, F.: Risikoanalyse, S. 112-114.101 Vgl. Moser, U./Schieszl, S.: Finanz-Betrieb 2001, S. 533.

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182

durch Ergänzung des risikolosen Zinses um eine entsprechende Risikoprämie, die sich

an den historischen Renditen des Kapitalmarkts orientiert. Die Risikoprämie ergibt sich

aus der Multiplikation der Marktrisikoprämie (Risikokostensatz) - die durchschnittliche

Rendite des Gesamtmarkts an risikobehafteten Investitionen rEK vermindert um den

risikolosen Zins rf - mit dem Betafaktor102. Dieser charakterisiert ein Risikomaß, wel-

ches das systematische Risiko in Form von Kursschwankungen des Unternehmens im

Verhältnis zum Risiko des Gesamtmarkts angibt und als Risikomenge interpretiert wer-

den kann. Die Ermittlung des Betafaktors erfolgt anhand vergangenheitsbezogener Da-

ten, indem historische Kursrenditen des betreffenden Unternehmens den entsprechenden

Renditen des Gesamtmarkts gegenübergestellt werden. Diese Vorgehensweise ist je-

doch in vielerlei Hinsicht kritisch zu betrachten. Bereits die Überlegungen von Fama

und French (Drei-Faktoren-Modell von 1993103) zur empirischen Bestimmung von Ri-

sikoprämien verdeutlichen, dass neben dem allgemeinen Marktrisiko weitere Risikofak-

toren betrachtet werden müssen und das Unternehmensrisiko nicht ausschließlich auf

Basis historischer Kursschwankungen abgeleitet werden darf104.

Simulationsbasierte Bewertungsansätze diskutieren daher die Frage, inwiefern die

mehrwertigen, durch die Monte-Carlo-Simulation erzeugten Cashflow-Darstellungen

letztlich in einen risikoadäquaten deterministischen Unternehmenswert für das Akquisi-

tionsobjekt überführt werden können. In den letzten Jahren häufen sich Publikationen,

die die Schwächen der gängigen Praxis der Kapitalkostenermittlung kritisieren und für

den Einsatz der Monte-Carlo-Simulation zur stochastischen Ableitung von risikoadä-

quaten Eigenkapitalkostensätzen plädieren105. Auch hier spielen die statistischen Grö-

ßen eine wichtige Rolle, die entsprechend durch die Add-In basierten Programme zu

berechnen sind.

Wie aus nachfolgender Formel zu entnehmen ist, stellt in diesem Modell nicht der Beta-

faktor, sondern der risikobehaftete Cashflow die Risikomenge dar, während der Risiko-

102 Vgl. Pratt, S./Grabowski, R.: Cost of Capital, S. 91.103 Vgl. Fama, E./French, K.: Journal of Financial Economics 1993, S. 3-56.104 Vgl. Loderer, C./Jörg, P./Plicher, K./Roth, L./Zgraggen, P.: Bewertung, S. 380-384.105 Vgl. Gleißner, W./Kamaras, E./Wolfrum, M.: Beteiligungen, S. 129-193; Kunz, H.: Finanz-Betrieb

2009, S. 170-180.

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183

kostensatz bspw. als Marktrisikoprämie106 interpretiert werden kann. Zur Ermittlung der

Risikomenge muss für das eingesetzte Risikomaß ein entsprechendes Konfidenz-

intervall (KI)107 bestimmt werden, aus dem der Umfang des Risikos abgeleitet werden

kann. Als Risikomaß dient wiederum der bereits genannte Cashflow-at-Risk als relative

Abweichung vom Erwartungswert108.

01

0)( FKBWFSÄZUV t

n

t

ZUt

)()( %fEK

xKIZU

ZUt

ZUt rrCFaRCFESÄ

0)(ZUV = Wert des Eigenkapitals des Zielunternehmens

tBWF = Barwertfaktor zur Diskontierung des Sicherheitsäquivalents mit dem risikofreien Zins

ZUtSÄ = Sicherheitsäquivalent des Zielunternehmens (ZU) der Bewertungsperiode t

)( ZUtCFE = Erwartungswert des Cashflows des ZU in Bewertungsperiode t

%xKIZUCFaR = Cashflow-at-Risk des Zielunternehmens der Periode t (Konfidenzintervall x%)

fEK rr = Marktrisikoprämie

FK0 = Wert des Fremdkapitals

Die simulierten Cashflow-Verteilungen charakterisieren die Risikostruktur des Unter-

nehmens, indem die Möglichkeit der Abweichung des tatsächlichen Ergebnisses vom

erwarteten Wert transparent gemacht wird. Diese Risikogröße gilt es mit dem Risiko-

kostensatz (= Risikopreis) in Verbindung zu bringen. Welches Intervall festzulegen ist

hängt u.a. von der Risikobereitschaft des Akquisiteurs109 ab. So wird lediglich diejenige

Ergebnisabweichung integriert, die mit der angegebenen Wahrscheinlichkeit innerhalb

der jeweiligen Planperiode unter normalen Marktbedingungen erwartet wird110. Die

106 Zu Marktrisikoprämien in der Unternehmensbewertung vgl. Kruschwitz, L./Löffler, A./Essler, W.:Unternehmensbewertung, S. 114-127.

107 Vgl. Homburg, C./Stephan, J.: Zeitschrift für Controlling und Management 2004, S. 314.108 Vgl. Wiedemann, A./Hager, P.: Messung, S. 217-233.109 Vgl. Kunz, H.: Finanz-Betrieb 2009, S. 176.110 Vgl. Wolf, K.: Controlling 2003, S. 70.

Risikomenge Risikokostensatz

Risikoprämie

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Multiplikation der Risikomenge mit dem Risikopreis stellt schließlich die Risikoprämie

der betrachteten Periode dar111. Für eine Risikoberücksichtigung im Zähler des determi-

nistischen DCF-Modells muss dann die mehrwertige und per Monte-Carlo-Simulation

erzeugte Darstellung der risikobehafteten Cashflows in entsprechende einwertige Er-

gebnisse transformiert werden. Um eine doppelte Erfassung des Risikos zu vermeiden,

sind die Cashflows mit dem risikolosen Zinssatz zu diskontieren112. Durch die perioden-

spezifische Abdiskontierung der um die Risikoprämie bereinigten Erwartungswerte mit

dem risikofreien Zins kann schließlich ein Unternehmenswert ermittelt werden, welcher

der Risikoeinstellung des Akquisiteurs entspricht.

6.2.3 Leistungsfähigkeit der Programme

Hinsichtlich der Bereitstellung statistischer Kennzahlen in Zusammenhang mit den

Outputgrößen ergeben sich bei den vier Programmen keine großen Unterschiede. Die

beschriebenen Lage- und Streuungsparameter sowie Momente (Wölbung, Schiefe) kön-

nen mit allen vorliegenden Programmen optional generiert werden. Gleiches gilt für die

individuelle Festlegung der auf den jeweiligen Risikoeinstellungen basierenden Quanti-

le zur Ableitung des Konfidenzintervalls und damit des Cashflow-at-Risk. Besondere

Vorteile weisen hier wiederum @Risk und ModelRisk auf, da die statistischen Ergebnis-

se besonders übersichtlich dargestellt werden. Risk Solver unterstützt des Weiteren eine

direkte Berechnung einseitiger Risikoparameter mit klassisch finanzwirtschaftlichen

Fragestellungen (bspw. Value-at-Risk, Conditional Value-at-Risk). Darüber hinaus las-

sen sich viele statistische Auswertungen (z.B. sämtliche simulierte Unternehmenswerte,

Quantile in 1%-Schritten etc.) einfach in Excel extrahieren und für weitere Anwendun-

gen (z.B. für SIPs und SLURPs) nutzen. Sieht man von der Darstellung und Möglich-

keit des Exports der Ergebnisse in andere Applikationen ab (vgl. Kap. 6.4), weisen die

untersuchten Programme daher keine signifikaten Unterschiede auf. Alle interessieren-

den Werte können einfach ermittelt werden. Zusätzlich werden mit Hilfe von Graphiken

und Statistiken auch stochastische Sensitivitäten und Szenarien interpretierbar. Im Ge-

gensatz zur Darstellung der Outputgrößen weisen die Programme hier zum Teil sehr

unterschiedliche Leistungsmerkmale auf.

111 Vgl. Gleißner, W./Kamaras, E./Wolfrum, M.: Beteiligungen, S. 153.112 Vgl. Jödicke, D.: Finanz-Betrieb 2007, S. 167.

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6.3 Stochastische Sensitivitäts- und Szenarioanalysen

Durch stochastische Sensitivitätsanalysen kann ex post gezeigt werden, welche Inputva-

riable in welcher Stärke und in welche Richtung auf das Ergebnis, also bspw. auf einen

simulierten Zahlungsstrom bzw. einen bestimmten Unternehmenswert (z.B. im 90%-

Quantil), gewirkt hat113. Im Gegensatz zur ex ante basierten deterministischen Sensitivi-

tätsanalyse (vgl. Kapitel 3.2) werden hierbei auch etwaige Korrelationen zwischen den

Inputvariablen im Planungsmodell implizit berücksichtigt. Entsprechend ihrem Pendant

liefert die stochastische Sensitivitätsanalyse Informationen über kritische Inputgrößen

der periodenspezifischen Cashflows des DCF-Modells und somit über wertrelevante

Faktoren. Die im Rahmen der Simulation nachgelagerte Sensitivitätsanalyse kann einer-

seits Inputfaktoren mit essentieller Bedeutung für den Unternehmenswert transparent

machen, welche dann gegebenenfalls in der Due Diligence einer erneuten Überprüfung

bedürfen114. Andererseits werden - entsprechend dem Vorgehen bei der deterministi-

schen Variante - dem Adressaten der Bewertung Koeffizienten und/oder Korrelationen,

die das Ausmaß dieser Auswirkung identifizieren, angezeigt. Dies offenbart die Stell-

größen, auf die sich die Entscheidungsfindung im Rahmen des Kaufprozesses konzent-

rieren sollte115.

Koeffizienten aus Regressionsmodellen sind dabei nicht immer zur Analyse der Sensiti-

vität von Outputergebnissen (z.B. Unternehmenswert, Cashflow) auf die Variation von

Inputfaktoren (z.B. Absatzmenge, Absatzpreis) geeignet. Der im Rahmen der Regressi-

onsanalyse ermittelte R2-Wert sollte nicht unter 60% liegen. Dieser gibt an, inwiefern

die Beziehung zwischen der Outputgröße und dem jeweiligen Inputfaktor durch die

lineare Regression erklärt wird. Besteht keine lineare Beziehung zwischen der jeweili-

gen Inputgröße und der Ergebnisverteilung, ist die Sensitivitätsanalyse auf Basis des

Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman durchzuführen.

Die im Rahmen der Simulation eingesetzten Softwaretools sollten daher sowohl auf die

Rangkorrelation als auch auf die lineare Regression zurückgreifen. Bei beiden Ermitt-

lungsmethoden ergibt sich - je nach Einflussrichtung und -stärke - ein Wert zwischen -1

113 Vgl. Henking, A.: Risikoanalyse, S. 10-11.114 Vgl. Bleuel, H. H.: Controlling 2006, S. 377.115 Vgl. Reinhart, G./von Bredow, M.: Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb 2008, S. 835.

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und +1. Für einfache additive und subtraktive Modelle ist der lineare Regressions- bzw.

Korrelationskoeffizient (Pearson-Bravais) gut geeignet. Bei komplexeren Beziehungen

zwischen den Input- und Outputvariablen liefert der Rangkorrelationskoeffizient

(Spearman) bessere Ergebnisse116.

Im Mittelpunkt stochastischer Szenarioanalysen steht hingegen die Frage, welche

Kombination von Inputvariablen für ein bestehendes simuliertes Ergebnis oder eine

Ergebnisbandbreite (= Szenario) signifikant ist117. Hierzu werden die Werte der jeweili-

gen Inputvariablen, die zu der festgelegten „Untermenge“ beigetragen haben (z.B.

„Szenario: Cashflow der Periode 1 zwischen zwei und drei Millionen € bzw. zwischen

70%-Quantil und 80%-Quantil“) verdichtet und hieraus ein Mittelwert errechnet. Sofern

dieser Mittelwert erheblich vom Mittelwert aller Simulationsläufe abweicht (z.B. +/-

halbe Standardabweichung) ist die Eingabevariable für diese „Untermenge“, d.h. für

dieses Szenario, als signifikant zu beurteilen. Somit kann dem Empfänger des Bewer-

tungsgutachtens bspw. offengelegt werden, welche Risikovariablen sich auf die Kauf-

preisspanne oder die jeweiligen Quantilswerte besonders stark auswirken.

Stochastische Sensitivitäts- und Szenarioanalysen lassen sich graphisch und statistisch

in unterschiedlicher Weise darstellen118. Tornadodiagramme (Tornadocharts) geben

bspw. anhand von Rangkorrelationen, linearen Korrelations- und/oder linearen Regres-

sionskoeffizienten wieder, in welcher Stärke und Richtung eine Inputvariable das Simu-

lationsergebnis beeinflusst. Gemäß dem errechneten Regressions- bzw. Korrelationsko-

effizienten wird eine Rangfolge der Inputfaktoren des Bewertungsmodells gebildet und

diese im Diagramm in absteigender Ordnung präsentiert. Die Darstellung der Inputfak-

toren erfolgt in Balkenform, dessen Länge und Richtung sich bspw. nach dem ermittel-

ten Koeffizienten richtet.

Spinnendiagramme (Spider Plots, vgl. Abb. 20) zeigen, ob der generierte Unterneh-

menswert bzw. Cashflow direkt proportional (linear) oder indirekt proportional (nicht-

linear) von der Inputvariablen abhängt. Gekrümmte Graphen im Chart spiegeln indirek-

te Proportionalitäten wider, gerade direkte. Die Steigungen der jeweiligen Funktions-

116 Vgl. Vose, D.: Risk Analysis, S. 83.117 Vgl. Palisade: @Risk Benutzerhandbuch, S. 144.118 Vgl. Rode, D. C./Fischbeck, P. S./Dean, S. R.: Journal of Structured & Project Finance 3/2001, S. 41.

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kurven geben Aufschluss über das Maß der Sensitivität des Untersuchungsergebnisses

auf die Veränderung der jeweiligen Inputvariablen119. Mit dem Grad und der Richtung

der Steigung der jeweiligen Funktionskurven steigt folglich der positive bzw. negative

Einfluss der Inputvariablen auf die Outputgröße. Im Gegensatz zu Tornadocharts kön-

nen so auch ungewöhnliche Beziehungen aufgedeckt werden, bspw. wenn sich eine

Inputvariable aufgrund ihrer Verteilungsform nur an den extremen Rändern stark auf

den Unternehmenswert bzw. Cashflow auswirkt120. Die Untersuchung erfolgt auf Basis

unterschiedlicher Perzentile der Ergebnisgrößen, die auf der Abszisse abgetragen wer-

den. So werden bspw. für die unterhalb des 10%-Quantils liegenden und per Simulation

generierten Outputwerte (z.B. Cashflow einer Periode) nur diejenigen Werte des inte-

ressierenden Inputfaktors ermittelt, die in diese Outputwerte eingegangen sind. An-

schließend erfolgt die Berechnung des Mittelwerts der genierten Ergebniswerte für den

untersten Bereich (0%-Quantil bis 10%-Quantil). Fortgeführt bis zum 100%-Quantil

ergeben sich je nach Schrittanzahl entsprechende Mittelwerte, die jeweils innerhalb der

einzelnen Quantilintervalle abzutragen sind. Anschließend werden die einzelnen Punkte

zu einer Kurve verbunden. Durch die Wiederholung des Vorgangs für die interessieren-

den relevanten Inputfaktoren und die Überlagerung der erzeugten Kurven entsteht das

Spinnendiagramm.

Abb. 20: Spinnendiagramm (ModelRisk)

119 Vgl. Mun, J.: Modelling Risk, S. 147-150.120 Vgl. Vose, D.: Risk Analysis, S. 85-87.

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Punktdiagramme (auch Streuungsdiagramme oder Scatter-Plots genannt) tragen eben-

falls dazu bei, mittels Korrelations- und/oder Regressionskoeffizienten Zusammenhänge

zwischen den Inputs untereinander (z.B. graphische Darstellung der Korrelationsgüte)

bzw. zwischen einem Input und dem Ergebnis der Simulation (Output) graphisch zu

zeigen. Hierzu werden bspw. auf zwei Achsen einerseits der jeweils gesampelte Input

(z.B. Absatzmenge) und der im gleichen Simulationslauf errechnete Output, also bspw.

der Cashflow einer Periode bzw. der Unternehmenswert, dargestellt. Je nach Anzahl an

Simulationsläufen entsteht dadurch eine mehr oder weniger dichte Punktwolke, welche

die Abhängigkeitsbeziehung entsprechend wiedergibt121. Ein Zusammenhang liegt dann

vor, wenn zwischen den Inputwerten und den Ergebniswerten eine ellipsenförmige

Punktwolke erkennbar ist. Je nach Einflussstärke können einzelne Inputvariablen aus

dem Modell entfernt oder im Rahmen der Due Diligence noch detaillierter untersucht

werden. Hinsichtlich der Ergebnispräsentation im Bewertungsprotokoll empfiehlt es

sich, unwesentliche Einflussfaktoren aus der graphischen Darstellung zu entfernen, um

die wesentlichen Risikofaktoren, die ggf. Gegenstand der späteren Kaufpreisverhand-

lung werden, explizit herauszuheben.

Alle untersuchten Programme verfügen über die Möglichkeit, stochastische Sensitivitä-

ten mittels Tornado- oder Punktdiagramm darzustellen. @Risk bietet neben der Auswer-

tung über Regressions- und Rangkorrelationskoeffizienten auch eine absolute Regressi-

on an. Die absoluten Werte auf der x-Achse des Tornadodiagramms zeigen bspw. an,

um wie viel sich der Cashflow bzw. Unternehmenswert infolge einer Standardabwei-

chungsänderung von +1 in jeder Eingabe geändert hat. Auch die Szenarioanalyse ist bei

@Risk sowohl statistisch als auch graphisch sehr gut umsetzbar. ModelRisk ermöglicht

zwar keine Regression, dafür aber optional die Abbildung der Sensitivitäten mittels ei-

nes Spinnendiagramms. Hier können für die individuell festzulegenden Tranchen u.a.

die Sensitivitäten unterschiedlicher Lage- und Streuungsparameter der Inputgrößen ana-

lysiert werden. Zwar wird bei ModelRisk das Konzept der stochastischen

Szenarioanalyse nicht direkt unterstützt, jedoch kann der Grundgedanke indirekt und

relativ gut über die Funktion „Filter“ nachgebildet werden. Zur graphischen Darstellung

sind die Visualierungsmöglichkeiten zur Sensitivitätsanalyse nutzbar. ModelRisk und

121 Vgl. Oracle: Crystal Ball User Guide, S. 25.

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Crystal Ball liefern im Rahmen der Sensitivitätsanalyse neben der Rangkorrelation eine

Aussage darüber, welchen Beitrag eine Inputvariable zur Varianz der Outputvariablen

beisteuert. Im Rahmen des absoluten Varianzbeitrags ermöglicht Crystal Ball eine Dar-

stellung als Kreisdiagramm. Szenarioanalysen sind ebenfalls gut umsetzbar, jedoch

können die dargestellten statistischen Größen lediglich mit der Graphikoption von Excel

als Punktdiagramm aufbereitet werden. Bei Risk Solver werden stochastische Sensitivi-

tätsanalysen lediglich auf Basis der linearen Produkt-Moment-Korrelation nach Pear-

son/Bravais sowie gemäß der Rangkorrelation (Spearman) durchgeführt. Stochastische

Szenarioanalysen sind nicht möglich.

@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

StochastischeSensitivitäts-analyse?

Regressions-koeffizient,

Rangkorrelationoder absoluteRegression

Rangkorrelationoder

absoluterVarianzbeitrag

Rangkorrelation,Varianzbeitrag,

Sensitivitäten u.a.auch von Lage- undStreuungsparameter

in mehrerenTranchen

Rangkorrelationoder Produkt-

Moment Korrelation(Pearson-Bravais)

Darstellung vonstochastischenSensitivitäts-analysen?

Tornadodiagramm,Punktdiagramm

Tornadodiagramm,Punktdiagramm,Kreisdiagramm

Tornadodiagramm,Punktdiagramm,

Spinnendiagramm

Tornadodiagramm,Punktdiagramm

StochastischeSzenarioanalysemöglich?

ja,mit Tornado- undPunktdiagramm

ja,aber keineGraphiken

(nur in Excel)

indirekt überFunktion „Filter“;alle Graphiken der

stochastischenSensitivitätsanalyse

sind nutzbar

nein

Abb. 21: Stochastische Sensitivitäts- und Szenarioanalysen

6.4 Speichermöglichkeit, Datenaufbereitung und -export

Um die graphischen und statistischen Ergebnisse mehreren Anwendern (z.B. mehreren

an der Due Diligence beteiligten Personen) zentral zugänglich zu machen, muss das

Programm das Ablegen von Simulationsergebnissen bzw. deren Ergebnisberichte in

einer Datenbibliothek bzw. externen Datei unterstützen. Des Weiteren sind auch hinrei-

chende Anforderungen an die Datenaufbereitung der erzeugten Ergebnisse sowie an

deren Übertragung in das Bewertungsgutachten zu stellen, um diese dem Adressaten der

Bewertung verständlich und übersichtlich darstellen zu können.

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Die Speichermöglichkeit ist bspw. dann relevant, wenn die endgültige Inputvariablen-

struktur des Bewertungsmodells im Due Diligence Team noch zur Diskussion steht.

Durch verschiedene Simulationen mit unterschiedlichen Annahmen (z.B. mit und ohne

Berücksichtigung von Korrelationen, Simulation der Absatzmenge mit einer Gleich-

und alternativ mit einer PERT-Verteilung) können für verschiedene Alternativen Unter-

nehmenswert- bzw. Cashflowverteilungen generiert werden. Darüber hinaus bietet es

sich an, die Simulationen für spätere, ähnlich gelagerte Bewertungen quasi als „Wis-

sensdatenbank“ und Vergleichsgrundlage zu speichern. Ein optimales Library sollte

daher nicht nur zum Ablegen von vordefinierten Verteilungen (vgl. Kapitel 3.2.3), son-

dern auch zum Ablegen von Simulationsergebnissen und -modellen unterschiedlicher

Bewertungsprojekte genutzt werden können.

Die Programme bieten je nach Leistungsfähigkeit die optionalen Möglichkeiten, die

Ergebnisse der Simulation vor ihrem Export in das Excel-Berichtsformat direkt im

Workbook (@Risk), im dateieigenen Format (@ Risk, Crystal Ball, ModelRisk) oder in

einer Library (@Risk, ModelRisk) zu speichern. In der Library können auch mehrere

Simulationsergebnisse abgelegt, mit dem gewünschten Modell verlinkt und firmenüber-

greifend für Mitglieder des Due Diligence Teams zur Verfügung gestellt werden.

ModelRisk macht die Simulationsergebnisse auch gegenüber externen Adressaten leicht

kommunizierbar. Ähnlich dem PDF Reader können bspw. Mandanten einer M&A Ge-

sellschaft mit dem kostenfrei downloadbaren ModelRisk Results Viewer die Ergebnisse

der Simulation direkt einsehen, ohne selbst über das Add-In verfügen zu müssen. Der

Einblick in die Details des DCF-Modells bleibt dabei ausschließlich der Bewertungsge-

sellschaft vorbehalten.

Zwar verfügen weder Crystal Ball noch Risk Solver über eine derart ausgestaltete Libra-

ry, jedoch können bei Crystal Ball die Simulationsergebnisse wenigstens im dateieige-

nen Format abgespeichert und später zur Auswertung und zum Datenexport wieder ge-

öffnet werden. Risk Solver hingegen ermöglicht keine Zwischenspeicherung der Simula-

tionsergebnisse. Nichtsdestotrotz bleiben bei allen Programmen die vorgenommenen

Einstellungen (Verteilungen, Korrelationen, etc.) bei Beendigung des Programms erhal-

ten, sodass die Simulation bei einem erneuten Programmaufruf einfach wiederholt und

die entsprechenden Ergebnisse erzeugt werden können.

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Die graphische und statistische Darstellung der Daten in einem entsprechenden Bewer-

tungsprotokoll stellt an das jeweilige Softwareprogramm die Forderung nach einem

Datenexport. Die gewonnenen und ggf. im Berichtsformat des jeweiligen Anbieters

bzw. in der Library zwischengespeicherten Ergebnisse (Outputgrößen, Sensitivitätsana-

lysen, Statistiken etc.) werden dabei in einen auf Excel basierenden Ergebnisbericht

exportiert. Der Bericht stellt quasi das Bewertungsprotokoll aller interessierenden Input-

und Outputgrößen des Spreadsheet basierten Simulationsmodells dar. Hierbei können

die jeweiligen Berichtsformate vom Anwender - in Abhängigkeit des jeweiligen Bewer-

tungsfalls und der interessierenden Größen - individuell angepasst und ggf. für mehrere

Bewertungsvorgänge im Design standardisiert werden (Corporate Identity).

Abb. 22: Ausschnitt aus dem Ergebnisbericht (@Risk)

Für die Darstellung im Bewertungsprotokoll eignen sich @Risk und ModelRisk beson-

ders gut, da alle Einstellungen firmenübergreifend standardisiert und die in Excel darzu-

stellenden Ergebnisse vor deren Generierung bzw. Extrahierung umfassend anhand von

Ergebnisübersichtsfenstern bearbeitet werden können. Auch graphische Anpassungen

(Histogramme, Diagramme zur Darstellung der Güte der Verteilungsanpassung, etc.)

sind umfassend und einfach möglich. Alle notwendigen Graphiken und Statistiken las-

sen sich zudem durch eine gute Copy & Paste Unterstützung in Excel, Word oder für

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192

Präsentationen in PowerPoint überführen. Zwar ist auch bei Crystal Ball eine umfas-

sende Bearbeitung der Graphiken möglich, jedoch ist der in Excel zu extrahierende Er-

gebnisbericht nicht ganz so ausgereift wie bei den anderen beiden Anbietern. Die indi-

viduell anpassbaren Voreinstellungen (z.B. Farbe der Graphiken, Balkenbreite der His-

togramme, etc.) sind zudem nur lokal speicherbar. Risk Solver weist starke Limitationen

bei der Anpassung einiger Graphiken - insbesondere bei denen der Sensitivitätsanalyse

und bei den Graphiken zur Darstellung der Güte der Verteilungsanpassung - auf. Die

Speicherung individueller Einstellungen ist nicht möglich. Auch enthält der generierte

Ergebnisbericht keinerlei Graphiken. Zur Darstellung im Bewertungsprotokoll sind die-

se daher über die „Clipboard“ Funktion in die gewünschte Applikation (Excel, Word,

etc.) zu extrahieren, was sich insbesondere bei Planungsmodellen mit mehreren Perio-

den als relativ mühsam und zeitaufwendig erweist.

@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk Solver

(Zwischen-)Speicherung derErgebnisse derSimulationen?

direkt im Work-book, als externe

Datei oderlokal/firmenüber-

greifend im Library

nicht im Workbook,als externe Datei;

nicht in der Library

nicht im Workbook,als externe Datei

oderlokal/firmenüber-

greifend im Library

keine (Zwischen-)Speicherung

möglich

Erstellung vonindividuellenErgebnisberichten& Übertragung vonGraphiken in andereApplikationen?

Inhalte des Ergeb-nisberichts indivi-duell festzulegen,gute Copy & Paste

Unterstützung

Inhalte des Ergeb-nisberichts indivi-duell festzulegen,gute Copy & Paste

Unterstützung

Inhalte des Ergeb-nisberichts indivi-duell festzulegen,gute Copy & Paste

Unterstützung

Ergebnisberichtstark beschränkt

(keine Graphiken),gute Copy & Paste

Unterstützung

Speicher-möglichkeit vonindividuellenVoreinstellungen?(Corporate Identity)

firmenübergreifendmöglich, damit

einheitliches Designnur lokal möglich

firmenübergreifendmöglich, damit

einheitliches Designnicht möglich

Abb. 23: Erstellung von Ergebnisberichten für Bewertungsprotokolle und Präsentationen

6.5 Limitationen der Risikoanalyse

In Bezug auf die Bewertungsadressaten erlaubt die Präsentation des Bewertungsergeb-

nisses mit den generierten Statistiken und Visualisierungen (Outputgrößen, Sensitivitä-

ten) im Vergleich zur deterministischen Unternehmensbewertung einen erweiterten

Einblick in die Risikostruktur des Akquisitionsobjekts. Dennoch weist auch die Darstel-

lung mehrwertiger Szenarien gewisse Limitationen auf.

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Die stochastische Darstellung vermittelt leicht den trügerischen Eindruck, sämtliche

Chancen und Risiken des Zielunternehmens zu erfassen. Inwiefern die im Rahmen einer

Due Diligence ermittelten Inputverteilungen die real existierenden Risiken des Unter-

nehmens wiedergeben, vermag auch mithilfe der Monte-Carlo-Simulation nicht eindeu-

tig geklärt werden122. Vielmehr sind in die Akquisitionsentscheidung auch andere Fak-

toren - wie Integrationsrisiken und Synergiepotentiale - einzubeziehen123. Viele dieser

Risiken lassen sich allerdings nicht eindeutig quantifizieren, sodass die dargestellten

Verteilungsstrukturen der einzelnen Cashflows bzw. des Unternehmenswerts unvoll-

ständig sind. Auch ist zu bedenken, inwiefern die einzelnen Statistiken und graphischen

Auswertungen vom Mandanten überhaupt nachvollzogen werden können. Regressions-

koeffizienten oder auf bestimmte Quantilswerte aufbauende Spinnendiagramme bedür-

fen einer ausführlichen Erklärung. So hat bspw. das bei @Risk und Crystal Ball im Zu-

ge der deterministischen Sensitivitätsanalyse einsetzbare Spinnendiagramm einen völlig

anderen Aussagegehalt als das Spinnendiagramm von ModelRisk, das ausschließlich in

der stochastischen Sensitivitätsanalyse Anwendung findet und Korrelationen berück-

sichtigt. Zudem basieren viele Ergebnisse auf der Qualität der Inputfaktoren und deren

Verknüpfungen im Due Diligence Prozess („garbage in, garbage out“)124. Spreadsheet

basierte Simulationsprogramme können die Erfahrungen und Kenntnisse eines Due Di-

ligence Teams bezüglich der Chancen und Risiken lediglich verarbeiten, die realitätsge-

treue Quantifizierung können auch sie nicht übernehmen. Um grundlegende Fehler be-

reits bei der Anwendung der Softwareprogramme zu vermeiden und die Limitationen

der einzelnen Features aufzuzeigen, stellen die Anbieter Supportmaterial zur Verfü-

gung.

7 Support

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die Anwendung Add-In basierter Si-

mulationssoftware in der Unternehmensbewertung zumindest grundlegende statistische

Kenntnisse sowie Kenntnisse des Programms selbst voraussetzen. Screenshots, eine

122 Vgl. Pellens, B./Crasselt, N./Sellhorn, T.: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 2007, S.278; Obermaier, R./Schüler, A.: Finanz-Betrieb 2006, S. 28-31.

123 Vgl. Brühl, V.: M&A Review 2002, S. 314.124 Vgl. Damodaran, A.: Valuation, S. 85.

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ausführliche Erklärung der einzelnen Funktionen durch entsprechende Hilfedateien und

Benutzerhandbücher mit umfassenden statistischen Grundlagen tragen gut dazu bei, das

Programm unter Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Aspektes richtig umzusetzen.

Alle Anbieter stellen bei etwaigen Problemen und anfänglichen Schwierigkeiten einen

einjährigen telefonischen Support zur Verfügung.

Hinsichtlich der literarischen Unterstützung werden das Benutzerhandbuch und die Hil-

fedateien von Palisade (@Risk) sehr nutzerfreundlich dargestellt. Das umfassende Werk

enthält ausführliche Erläuterungen zu den einzelnen Funktionen. Eine Vielzahl von

Screenshots macht darüber hinaus den Einsatz für die Bewertungspraxis gut nachvoll-

ziehbar. Palisade ist derzeit der einzige Anbieter, der - neben dem Programm - auch das

Handbuch und viele Online-Ausführungen in deutscher Sprache zur Verfügung stellt.

Auch Oracle (Crystal Ball) liefert ein ausführliches Benutzerhandbuch. Der breit ge-

fasste User Guide überzeugt durch seine ausführlichen Illustrationen, statistischen

Grundlagen und seine leicht verständlichen Tutorials. Oracle stellt zusätzlich schnell

verständliche sog. „One-Minute Spotlights“ der wichtigsten Anwendungen (z.B. Durch-

führen von Sensitivitätsanalysen, graphische Gestaltung von Verteilungen, etc.) im

PDF-Format zur Verfügung. VoseSoftware (ModelRisk) verfügt zwar über kein klassi-

sches Benutzerhandbuch, dafür aber über eine umfangreiche Hilfedatei, die auch als

PDF-File extrahiert werden kann. Illustrierte Hilfethemen leiten den Anwender sicher

durch die einzelnen Features des Programms. Des Weiteren gibt ein als PDF erhältlicher

„Quick-Start“ Leitfaden einen schnellen Überblick über die wichtigsten Programmfea-

tures. Das Benutzerhandbuch von Frontline Systems (Risk Solver) beinhaltet zu großen

Teilen die Beschreibung des nicht im Simulationspaket verfügbaren Optimierungstools

Premium Solver. Dadurch wird die gezielte Suche nach Features unnötig erschwert.

Auch sucht man im Benutzerhandbuch statistische Grundlagen vergebens. Dafür stellt

Frontline Systems auf seiner Homepage eine sehr gute und mit Screenshots illustrierte

Kurzbeschreibung der wichtigsten Anwendungen von Risk Solver bereit.

Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass alle Programme umfassende Features zur Um-

setzung der angebotenen Funktionen bieten. Aufgrund der besonders klaren und struktu-

rierten Detailbeschreibungen und der vielen Anwendungsbeispiele sind @Risk, Crystal

Ball und ModelRisk besonders zu empfehlen.

Page 204: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

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8 Zusammenfassung und Fazit

Im Rahmen des Beitrags wurden die Excel basierten Simulationsprogramme @Risk,

Crystal Ball, ModelRisk und Risk Solver auf die bewertungspraxisbezogene Anwendung

in Bezug auf die Modellerstellung, die Simulationsdurchführung und die Ergebnisprä-

sentation untersucht.

Hinsichtlich der Verteilungsdefinition verfügen alle Programme über die grundlegend

notwendigen Funktionen. Für die Ausführung einer deterministischen Sensitivitätsana-

lyse leistet @Risk die beste Unterstützung. ModelRisk bietet mit seiner umfangreichen

Auswahl an Verteilungstypen die größte Modellierungsflexibilität. Auch in Bezug auf

einen bestmöglichen Support des Due Diligence Teams bei der Modellierung warten

@Risk und ModelRisk durch die Möglichkeit zum Zeichnen und Aggregieren von Ver-

teilungen mit guten Funktionen auf. Zudem sticht ModelRisk durch eine direkte Vertei-

lungszusammenführung heraus. Für eine weitgehende Verlagerung der Modellierungs-

kompetenz auf ein zentrales Due Diligence Team hält Risk Solver gute Funktionen be-

reit (SIPs, SLURPs), die nur durch die mangelnde Verfügbarkeit einer gut ausgestalte-

ten Library beeinträchtigt wird. Auch die anderen Programme leisten z.T. sehr gute

Dienste, um das Probability Management im Zuge der stochastischen Unternehmens-

bewertung betreiben zu können (Library-Funktionen für Verteilungen und/oder Simula-

tionsergebnisse).

Im Rahmen der Verteilungsanpassung und des Fittings sind insbesondere @Risk sowie

ModelRisk hervorzuheben. Risk Solver weist hier gewisse Limitationen bei der Benut-

zerfreundlichkeit und der individuellen Gestaltung der Graphiken und Statistiken auf.

Auf Basis der Rangkorrelation nach Spearman erlauben @Risk, Crystal Ball und Risk

Solver die Modellierung einfacher Abhängigkeitsbeziehungen verschiedener Modellva-

riablen, die sich insbesondere bei den ersten beiden genannten Programmen sehr gut

umsetzen lassen. Komplexere Strukturen sind bei ModelRisk sehr gut ins DCF-Modell

integrierbar (Copulas) bzw. werden bei allen Programmen direkt (Crystal Ball, Risk

Solver) oder indirekt über sog. SLURP Funktionen ermöglicht.

In Zusammenhang mit der Modellerstellung wird die Güte der Programme entscheidend

davon bestimmt, über welche Erfahrungen und Möglichkeiten die jeweiligen Anwender

verfügen. So werden Copulafunktionen häufig nur schwer abzuschätzen und den Man-

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196

daten kaum zu vermitteln sein. Das Probability Management spielt insbesondere bei

großen Wirtschaftsprüfungs- und M&A-Gesellschaften ein Rolle. Hier können die Er-

kenntnisse bspw. auch im Rahmen einfacher Consultingaufträge genutzt werden. Für

kleinere Gesellschaften mit wenigen Bewertungen ist aus Kosten-Nutzen-Aspekten das

Konzept des Probability Managements hingegen weniger geeignet. Eine Aussage, wel-

ches der Programme im Zuge der Modellerstellung am besten ist, hängt deshalb immer

auch vom jeweiligen Bewertungsfall und der interessierenden Problemstellung ab.

Bei der Simulationsdurchführung erweisen sich alle Programme als voll praxistauglich.

Insbesondere @Risk und Crystal Ball sind hinsichtlich der Funktionen zur direkten

Konvergenzüberwachung lobend hervorzuheben.

@Risk zeichnet sich auch bei der Darstellung und dem Datenexport der graphischen und

statistischen Outputgrößen sowie bei der Szenario- und Sensitivitätsdarstellung im

Rahmen der Ergebnispräsentation aus. Bewertungsprotokolle sind so einfach zu stan-

dardisieren und für den jeweiligen Bewertungsfall zu individualisieren. Ähnlich gut

setzt ModelRisk den geforderten Leistungskatalog um. Zwar sind grundsätzlich auch die

Features von Crystal Ball diesbezüglich gut anwendbar, jedoch ist die Benutzerfreund-

lichkeit - insbesondere bei größeren Planungsmodellen - verbesserungswürdig. Vorein-

stellungen, wie bspw. Graphiken, können nur Arbeitsplatz basiert vorgenommen wer-

den, was die Umsetzung einer Corporate Identity in der Bewertungspraxis erschwert.

Risk Solver überzeugt bei der Simulationsdurchführung aufgrund der Fähigkeit zur in-

teraktiven Simulation. Bei der Darstellung und Umsetzung der Ergebnispräsentationen,

bspw. zur Erstellung von benutzerdefinierten Bewertungsprotokollen oder der statisti-

schen Darstellung von Ergebnisgrößen, besteht im Vergleich zu den anderen Anbietern

Nachholbedarf. Insbesondere die mangelnde Anpassung der Sensitivitätscharts und die

teilweise umständliche und unübersichtliche Darstellung einiger statistischer Größen

kann im Vergleich zu den anderen Programmen nicht überzeugen. Zudem stellt die feh-

lende Möglichkeit zur Abspeicherung von Simulationsergebnissen eine gewisse Limita-

tion dar. Vergleicht man die gewonnenen Erkenntnisse mit den Preisen der angebotenen

Tools, spiegelt sich die Leistungsfähigkeit durchaus in den jeweiligen Anschaffungs-

kosten wider.

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@Risk Crystal Ball ModelRisk Risk SolverD

efin

iere

n un

d V

erw

alte

n vo

nV

erte

ilung

endeterministischeSensitivitätsanalyse +++ ++ - ++

Auswahl anVerteilungstypen ++ + +++ ++

Due Diligence Support &Probability Management +++ ++ +++ ++

Verteilungsanpassung u.Anpassungstests +++ ++ +++ +

Abh

ängi

g-ke

iten

einfach linear(Rangkorrelation) +++ +++ - ++

komplex, nicht-linear(Copula, SLURP) + + +++ +

Dur

chfü

hrun

gde

rSi

mul

atio

n

Sampling-Methoden undAnzahl Simulationsläufe +++ +++ +++ +++

Konvergenzüberwachung +++ +++ - -

Simulationsgeschwindigkeitund Fehlerüberwachung +++ ++ +++ +++

Aus

wer

tung

und

Ana

lyse

der S

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atio

nser

gebn

isse

graphische Darstellungder Outputgrößen +++ ++ ++ +

statistische Darstellungder Outputgrößen +++ ++ +++ +

stochastischeSensitivitätsanalyse +++ ++ +++ +

stochastischeSzenarioanalyse +++ ++ - -

Speichermöglichkeit,Datenaufbereitung und -export +++ ++ +++ +

Support +++ +++ +++ ++

Lizenzpreis (einmalig) 1.495 US-$ 1.215 US-$ 1.495 US-$ 995 US-$

Abb. 24: Preis-Leistungsvergleich(- nicht vorhanden oder nur indirekt möglich, + befriedigend, ++ gut, +++ sehr gut)

Für den Praxiseinsatz ist zu bedenken, dass die Outputgrößen einer Simulation nur so

gut sein können wie deren Inputgrößen. Hierzu sind hinreichende Anforderungen an den

statistischen und fachlichen Sachverstand der Beteiligten selbst zu stellen. Auch noch so

gute Simulationsprogramme sind nicht in der Lage, alle Risiken abzubilden und in der

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Planungsrechnung zu verarbeiten. Nichtsdestotrotz bietet die softwaregestützte Monte-

Carlo-Simulation die Möglichkeit, sich im Due Diligence Prozess mit den Hauptrisiken

des Bewertungsobjekts intensiv auseinanderzusetzen. Eine frühzeitige Verdichtung der

Risiken im Planungsmodell wird somit vermieden.

Das zunehmende Interesse an der mehrwertigen Darstellung von unsicheren Sachver-

halten dürfte in den nächsten Jahren dazu führen, dass neben der industriellen und fi-

nanzwirtschaftlichen Anwendung auch in der Unternehmensbewertung vermehrt auf

simulationsbasierte Softwaretools zurückgegriffen wird. Add-In basierte Softwarelö-

sungen stellen hierfür kostengünstige Alternativen zur deterministischen Bewertung

bereit. Weitere Forschungsarbeiten zu diesem Thema könnten auch die praxisrelevante

Anwendung zusätzlich vorantreiben.

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Literaturverzeichnis

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Abschnitt C

Schluss

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Gliederung

1 Ergebnisse in Thesenform ....................................................................................... 211

1.1 Datengewinnung und Teamarbeit: „Monte-Carlo Simulation und Due

Diligence“ ..................................................................................................... 211

1.2 Wissensmanagement und Aggregierung mehrerer qualitativer Risiken:

„Valuation is fuzzy“ ..................................................................................... 211

1.3 Leistungsbeurteilung der Software: „Add-In basierte Softwaretools zur

stochastischen Unternehmensbewertung?“ .................................................. 212

1.4 Kritisches Fazit ............................................................................................. 214

2 Ausblick ................................................................................................................... 215

Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 217

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1 Ergebnisse in Thesenform

1.1 Datengewinnung und Teamarbeit: „Monte-Carlo Simulation

und Due Diligence“

Der erste Beitrag hatte zum Ziel, eine Methode zu entwickeln, wie Verteilungen einzel-

ner quantitativer Risikogrößen des DCF-Modells anhand einer Expertenbefragung er-

mittelt und kombiniert werden können:

Durch die modifizierte Delphi-Methode wird gewährleistet, dass die wichtigsten

Risiken von verschieden erfahrenen Experten identifiziert, mehrwertig prognosti-

ziert und einschlägig diskutiert werden können. Im Endeffekt gelingt es so, für jede

quantitative Risikogröße eine Verteilung zu generieren, welche auf den gemeinsa-

men Einschätzungen und Erfahrungen aller Experten beruht.

Um die Nachvollziehbarkeit und Reliabilität des Bewertungsprozesses zu gewähr-

leisten, sollten im Rahmen der Stochastisierung quantitativer Risiken nur einfach

nachvollziehbare Verteilungen zur Anwendung kommen. Die Moderatoren der Del-

phi-Methode müssen zusätzlich über hinreichende statistische Grundkenntnisse ver-

fügen. Zudem ist eine Simulationssoftware erforderlich, die unterschiedliche Vertei-

lungseinschätzungen mehrerer Experten aggregieren kann.

Die Aussagekraft des Simulationsmodells („garbage in, garbage out“) legt es jedoch

nahe, von einer allzu gekünstelten Verteilungsgenerierung abzusehen. Dies betrifft

insbesondere jene Risiken, die ohnehin primär qualitativer Natur sind (z.B. Ab-

schätzung kultureller Integrationsrisiken).

1.2 Wissensmanagement und Aggregierung mehrerer qualitativer

Risiken: „Valuation is fuzzy“

Will man qualitative Risiken als Verteilungen ausdrücken, so müssen diese zunächst

mittels der Fuzzy-Set Theorie zu unscharfen Risikomengen vereinigt werden. Zielset-

zung des zweiten Beitrags war es daher, einen Modellansatz zu entwickeln, welcher die

Vorteile der Fuzzy-Set Theorie mit denen der Monte-Carlo Simulation verbindet:

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Die Modellierung und Verarbeitung qualitativer Risiken mittels der Fuzzy-Set The-

orie bietet eine attraktive Möglichkeit, unscharfe Einflussgrößen auf den Erfolg ei-

nes Unternehmens softwaregestützt zu bewerten und zu aggregieren.

Durch neue Techniken der Informationsverarbeitung kann Regel- und Faktenwissen

aus verschiedenen Datenquellen einschließlich einer vorhandenen Wissensbasis er-

hoben und zur weiteren Verarbeitung im Due Diligence Review genutzt werden. Bei

dieser Fuzzyfizierung qualitativer Risikoinformationen kann auch auf die oben be-

schriebene Methode zurückgegriffen werden.

Das so entstehende Fuzzy Business Risk Model und die daraus abgeleitete Fuzzy-

Menge (= qualitative Risikomenge) stellt z.B. einem potentiellen Käufer Wissen

über Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge zur Verfügung, welches dazu beiträgt,

den Beurteilungsprozess über im Zielunternehmen innewohnende qualitative Risi-

ken zu objektivieren.

Durch die Umrechnung der Fuzzy-Mengen in Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen

gelingt es, sowohl qualitative als auch quantitative Einflussgrößen monetär in der

stochastischen Planrechnung zu berücksichtigen. Dadurch kann für jede Periode

eine Zahlungsstromverteilung simuliert werden, welche die tatsächliche systemati-

sche und unsystematische Risikosituation eines Unternehmens widerspiegelt.

Das dadurch entstehende ganzheitliche Risikoprofil aller Planperioden liefert einen

umfassenden Einblick in die Risikostruktur eines Unternehmens und lässt sich zu-

gleich für die Ableitung periodenspezifischer Risikoprämien nutzen.

Zur Umsetzung des Konzepts ist neben einer Fuzzy-Softwarelösung ein Simu-

lationstool, z.B. in Form eines Add-In basierten Programms, erforderlich.

1.3 Leistungsbeurteilung der Software: „Add-In basierte

Softwaretools zur stochastischen Unternehmensbewertung?“

Der dritte Beitrag beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit eine Add-In basierte Mon-

te-Carlo Simulation zur Unterstützung der stochastischen Unternehmensbewertung bei-

tragen kann (Erstellung des Simulationsmodells, Simulationsdurchführung, Risikoana-

lyse und Probability Management). Hierzu wurde die Leistungsfähigkeit der vier markt-

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213

führenden Softwaretools (@Risk, ModelRisk, Crystal Ball und Risk Solver) näher unter-

sucht:

Grundsätzlich verfügen alle vier Softwarepackages über die notwendigen Features,

um geeignete DCF-Simulationsmodelle erstellen zu können. Hierzu zählt auch die

Möglichkeit zur Aggregierung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen aus Experten-

befragungen. Besonders hervorzuheben ist dabei ModelRisk, während Crystal Ball

durch die fehlende Gewichtungsmöglichkeit von Expertenmeinungen gewisse Limi-

tationen aufzeigt. Jedoch bietet Crystal Ball ein umfassendes Feature, um unscharfe

Fuzzy-Mengen einfach in scharfe benutzerdefinierte Verteilungen überführen zu

können.

Durch ein mit der Unternehmensbewertung verbundenes Probability Management

können u.a. allgemein gültige Verteilungen (z.B. Simulation von Rohstoffpreisen)

für mehrere Bewertungsvorgänge zentral erzeugt, stetig aktualisiert und durch die

jeweiligen dezentralen Experten abgerufen werden. Fast alle untersuchten Pro-

gramme überzeugen durch die generelle Integrierbarkeit des Probability Manage-

ments in den Bewertungsprozess. Sowohl die von Experten erstellten Verteilungen

als auch Simulationsergebnisse können in einer zentralen Datenbibliothek (sog. Lib-

rary) gespeichert und dezentral abgerufen werden.

Im Rahmen der Simulationsdurchführung und Risikoanalyse sind die Tools in der

Lage, die Risikoprofile einzelner Zahlungsströme zu berechnen und graphisch sowie

statistisch darzustellen. Des Weiteren sind Risikomaßgrößen (z.B. in Form eines

Cashflow-at-Risk) – die als Grundlage für die Ermittlung einer Risikoprämie dienen

können – einfach zu ermitteln.

Vergleicht man die in der Arbeit synoptisch aufbereiteten Ergebnisse, sind – trotz

kleinerer Unterschiede – fast alle Add-Ins dazu geeignet, stochastische Unterneh-

mensbewertungen kostengünstig zu bereichern und die hier vorgestellten Konzepte

(vgl. Kap. 1.1 und 1.2) Nutzen bringend umzusetzen.

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1.4 Kritisches Fazit

Die Kombination der Monte-Carlo Simulation mit der Fuzzy-Set Theorie bietet den

Vorteil, dass die in einem Zielobjekt liegenden quantitativen und qualitativen Risiken

erfasst und bewertet werden können. Kostengünstige Fuzzy und Add-In basierte Soft-

waretools, die einen Teil der komplexen Modellierung abnehmen, können dazu wesent-

lich beitragen.

Für den Praxiseinsatz der hier vorgestellten Konzepte ist zu bedenken, dass die

Outputgrößen einer Simulation und damit die Ergebnisse der Risikoanalyse nur so gut

sein können wie deren unscharfen bzw. mehrwertigen Inputgrößen.

Hierzu sind im Rahmen der Modellerstellung hinreichende Anforderungen an den statis-

tischen und fachlichen Sachverstand der Mitglieder des Due Diligence Reviews sowie

an die Bewertenden zu stellen. Zudem müssen die mit stochastischen und unscharfen

Wissen gefüllten Datenbanken geeignet sein. Die Auswahl, die Anzahl und die Art der

Fuzzyfizierung bzw. Stochastisierung der im Modell abzubildenden Risiken eröffnen

gewisse Ermessensspielräume, da selbst bei einer gut ausgebauten Wissensbasis und bei

einem funktionierenden Probability Management weiterhin subjektive Komponenten

notwendig sind. Jedoch kann die vorgestellte Delphi-Methode sowohl im Rahmen der

Fuzzyfizierung als auch bei der Ableitung von Verteilungen durch die Zusammenfüh-

rung verschiedener Expertenmeinungen der Pauschalitäts- und Subjektivitätsgefahr ent-

gegenwirken.

Im Unterschied zur kapitalmarktgetriebenen Risikoerfassung beim Capital Asset Pricing

Model (CAPM) bietet die softwaregestützte Monte-Carlo Simulation im Zusammen-

spiel mit der Fuzzy-Set Theorie somit die Möglichkeit, sich intensiver mit den tatsäch-

lich im Zielunternehmen liegenden Hauptrisiken auseinanderzusetzen und entsprechen-

de Risikoprofile abzuleiten. Dabei wird auch Insiderwissen verarbeitet, über das der

„normale“ Kapitalmarktteilnehmer gerade nicht verfügt. Der Investor wird damit besser

über das wahre Risiko von Cashflows und Unternehmenswerten informiert.

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2 Ausblick

Die Anwendungsgebiete der in dieser Arbeit vorgestellten Ansätze sind nicht nur auf

die Unternehmensbewertung beschränkt. Insbesondere ist ihr Einsatz auch in Industrie-,

Dienstleistungs- und Handelsunternehmen möglich, welche die hier vorgestellten Kon-

zepte adaptieren können, um auf diese Art und Weise die qualitativen und quantitativen

Risiken zu bewerten und zu aggregieren. Ein mögliches Gebiet verstärkter zukünftiger

Forschung könnte daher die gemeinsame Integration der Fuzzy-Set Theorie, wissensba-

sierter Systeme und der Monte-Carlo Simulation in das betriebliche Risikomanagement

und das Risikocontrolling sein. Auch im Bereich der Linguistik, bspw. im Rahmen der

semiotischen Bilanzanalyse, bietet die Fuzzy-Set Theorie einen vielversprechenden For-

schungsansatz. So könnten im Rahmen der syntaktischen Analyse die Präzisionsgrade

qualitativer Informationen untersucht und für weitere empirische Auswertungen ver-

dichtet werden.1

Die praxisorientierte Akzeptanz der hier vorgestellten Konzepte hängt allerdings von

einigen limitierenden Faktoren ab. Insbesondere haben sich die Beteiligten des Akquisi-

tionsprozesses mit Bewertungsmodellen auf Basis der Fuzzy-Set Theorie und der Mon-

te-Carlo Simulation vertraut zu machen. Das hierzu erforderliche „vernetzte, unscharfe

und mehrwertige Denken“ muss sich jedoch erst noch etablieren, da ansonsten nur

schwer Zustimmung für einen solchen Bewertungsansatz zu bekommen ist. Gemäß dem

Prinzip „Bewerten heißt vergleichen“2 sind eine aussagekräftige Wissensbasis und ein

sorgfältiges Probability Management für die hier vorgestellten Konzepte unverzichtbar.

Ihr Einsatz ermöglicht es Zeit- und Betriebsvergleiche in Hinblick auf quantitative und

qualitative Informationen einfacher als bisher umzusetzen und für Entscheidungsfin-

dungen zu nutzen. Zum Aufbau stabiler Bewertungsnetze wären auch Forschungsarbei-

ten denkbar, die das hier vorgestellte Konzept mit den Grundlagen künstlicher Neurona-

ler Netze in Verbindung bringen.3

Eine wesentliche Bedeutung ist auch der XBRL Technologie beizumessen. Während die

quantitativen Angaben der Bilanzen und Erfolgsrechnungen einer Branche wichtige

1 Vgl. zur syntaktischen Analyse Henselmann, K./Klein, M./Raschdorf, F.: Prognoseeignung, S. 22-27.

2 Moxter, A.: Unternehmensbewertung, S. 79.

3 Vgl. hierzu Borgelt, C./Klawonn, F./Kruse, R./Nauck, D.: Neuro-Fuzzy-Systeme, S. 182.

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Informationen hinsichtlich der Verteilungsparameter bestimmter Größen des Planungs-

modells liefern können, sind qualitative Informationen in der Wissensbasis zu speichern

und entsprechend aufzubereiten.4 XBRL basierte Forschungsarbeiten sollten sich daher

verstärkt mit diesem zukunftsträchtigen Themenfeld auseinandersetzen und entspre-

chende Bezüge zur Wissensbasis, zum Probability Management und zur Fuzzy-Set

Theorie herstellen.

4 Vgl. hierzu Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung (AKEU) der Schmalenbach-Gesellschaft

e.V.: DB 2010, S. 1472-1479.

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217

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Anhang

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Anhang 1

Monte-Carlo-Simulation in der Due Diligence Ein methodischer Ansatz zum computergestützten Aggregieren von

Wahrscheinlichkeitsverteilungen aus Expertenbefragungen

erschienen in: M&A Review 2010, Heft 7, S. 358-366

(mit Klaus Henselmann)

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Anhang 2

Fuzzy-Set Theorie im Risikomanagement Eine Option zur Identifikation und Aggregation

unscharfer Risikofaktoren in der Planrechnung?

erschienen in: Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung

(ZfC), Heft 12, S. 710-719

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1. Einbindung der Fuzzy-Set Theorie in den Risikomanagementprozess

Problematik der Integration qualitativer Risiken in die Planrechnung

Nicht unmittelbar zu quantifizierende Wert- und Risikotreiber liefern über die Finanz-

buchhaltung hinausgehende Daten hinsichtlich des Zustands, den Ressourcen und den

Potenzialen eines Unternehmens. Insbesondere bei Konzernen ohne ausreichende Di-

versifikation nehmen sie häufig die Rolle eines „leading indicators“ ein, d.h. die qualita-

tiven Chancen und Risiken laufen der finanzwirtschaftlichen Entwicklung voraus (vgl.

Helbling, 2009, S. 715). Die Schwierigkeit bei der Zuordnung qualitativer Risiken zur

finanziellen Planrechnung besteht darin, dass viele dieser „weichen“ Einflussfaktoren

im Rahmen des Risikomanagementprozesses nicht unmittelbar zu quantifizieren sind.

Anders als eine Vielzahl operativer Risiken (Absatzmenge, Absatzpreise, etc.) finden

erfolgskritische qualitative Faktoren wie bspw. Personalverfügbarkeit, Innovations- und

Strategiekonzepte, Know-how, Kundenprofil oder die Produktqualität - trotz ihrer be-

tonten Wichtigkeit - allenfalls durch Scoring-Modelle, Risikochecklisten oder sonstige

von der Planrechnung losgelösten Darstellungsmethoden Berücksichtigung (vgl.

Fülbier/Niggemann/Weller, 2008, S. 80). Die Nicht-Quantifizierung qualitativer Risiken

hat häufig verschiedene Ursachen. Dies liegt zum einen darin begründet, dass viele die-

ser Faktoren lediglich mit unscharfen (engl. fuzzy) Termen wie etwa „ausreichend“,

„genügend“, „stark“ oder „schwach“ umschrieben werden können. Man spricht daher

allgemein von linguistischer Unsicherheit (vgl. Mißler-Behr, 2001, S. 32). Des Weite-

ren wird die Nichterfassung qualitativer Risiken mit der mangelnden Datenverfügbar-

keit, der Aversion vieler Menschen mit Mathematik und modernen Softwarelösungen

umzugehen sowie mit Kenntnisdefiziten hinsichtlich der Methoden der Risikoidentifi-

zierung und -quantifizierung begründet (vgl. Gleißner, 2008, S. 102).

Vorteile der Fuzzy-Set Theorie im Risikomanagementprozess

Um qualitative Risikofaktoren im praxisorientierten Risikomanagementprozess einzu-

binden, bietet sich eine regelbasierte Modellierung unter Zuhilfenahme der Fuzzy-Set

Theorie an (vgl. Kratzberg, 2009, S. 117 f.). Diese geht von der einfachen Annahme

aus, dass ein Element - anders als in der klassischen Mengentheorie - nur zu einem be-

stimmten Grad zu einer Risikomenge gehören kann (vgl. Schroll, 2007, S. 102). Das

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236

Element wiederum stellt einen qualitativen Risikofaktor eines Unternehmens dar, den es

im Risikomanagementprozess zu identifizieren, zu bewerten und anschließend mit allen

anderen qualitativen Risikofaktoren zu einer Risikomenge zu aggregieren gilt. Des Wei-

teren lässt sich die Fuzzy-Set Theorie mit einer Wissensbasis verbinden, die eine aktuel-

le Datenversorgung hinsichtlich der qualitativen Risiken und deren Auswirkungen auf

die Größen der Planrechnung gewährleistet. Die hier vorzustellende Methode ergänzt

somit die Prozessschritte des traditionellen Risikomanagementprozess.

Risikoidentifikation

Die Risikoidentifikation beinhaltet die rechtzeitige, regelmäßige und unter Wirtschaft-

lichkeitsaspekten vollständige Erfassung aller Gefahrenquellen und Einzelrisiken, die

Einfluss auf die Erreichung von Unternehmenszielen haben können (vgl. ausführlich

Wolf/Runzheimer, 2009, S. 109 f.). Den Ausgangspunkt jeder Risikoidentifikation stel-

len daher kausal zusammenhängende Ereignisabfolgen dar, die auf eine bestimmte Ziel-

größe wirken. Während im klassischen Risikomanagementprozess die progressive Me-

thode von den identifizierten Risikoursachen ausgeht und deren Wirksamwerden bis hin

zu den Sicherheitszielen - bspw. der Generierung eines Plan-Cashflows - verfolgt, setzt

die retrograde Methode entgegengesetzt an (vgl. Wolf/Runzheimer, 2009, S. 42 f.).

Das unternehmensspezifische Ursachen-/Wirkungsgeflecht wird hier ausgehend von der

Planrechnung durchdrungen, indem diejenigen Faktoren identifiziert und modularisiert

werden, die die jeweilige Zielgröße wesentlich beeinflussen. Auch die Risikoidentifika-

tion im Rahmen der Fuzzy-Set Theorie greift auf die retrograde Methode zurück (vgl.

Abb. 1). Dabei können die unterschiedlichsten Verfahren zum Einsatz kommen, die von

Risiko-Checklisten bis hin zu Expertenworkshops reichen (vgl. allgemein Gleißner,

2008, S. 46 f.).

Risikobewertung und Risikoaggregation

Die klassische Risikobewertung umfasst die quantitative Beschreibung eines Risikos

und ist zudem eine unverzichtbare Grundlage, um anschließend mittels Risikoaggrega-

tion eine Gesamtrisikoposition und dessen Wirkung auf die Planannahmen zu berech-

nen. Erst durch die Risikoaggregierung wird das Risikomanagement in den Kontext von

Planung und Controlling gestellt, um so die Planungssicherheit beurteilen zu können

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(vgl. Gleißner, 2008, S. 102). Im Rahmen der Fuzzy basierten Vorgehensweise werden

die identifizierten und einzeln bewerteten unscharfen Risikofaktoren über mehrere Stu-

fen aggregiert und dabei zunächst in unscharfe Fuzzy-Mengen umgerechnet (vgl. all-

gemein Reinhart et al., 2008, S. 845 f.). Diese stellen das aggregierte Risikopotential

aller identifizierten Einflussgrößen ei, dar. Durch ihre anschließende „Verschärfung“

werden die aggregierten Mengen in scharfe Ergebnisgrößen ek überführt und mit den

relevanten Größen der Planrechnung einer Periode in Verbindung gebracht (vgl. allge-

mein Momsen, 2006, S. 76).

Scharfe und unscharfe Einflussfaktoren auf die Planrechnung

Umsatzerlöse

Materialaufwand

Personalaufwand

Investitionen ins

Anlagevermögen

sonstige

Aufwendungen

diverse sonstige

Postenei

ei

ei

ei

ei

ei

ek

ek

ek

ek

scharfer Zusammenhang

unscharfer Zusammenhang

ek

ei

scharfe quantitative Ergebnisgröße

unscharfe Einflussgröße (= qualitatives Risiko)

ek

Planrechnung einer Periode

Scharfe und unscharfe Einflussfaktoren auf die Planrechnung

Umsatzerlöse

Materialaufwand

Personalaufwand

Investitionen ins

Anlagevermögen

sonstige

Aufwendungen

diverse sonstige

Postenei

ei

ei

ei

ei

ei

ek

ek

ek

ek

scharfer Zusammenhang

unscharfer Zusammenhang

ek

ei

scharfe quantitative Ergebnisgröße

unscharfe Einflussgröße (= qualitatives Risiko)

ek

Planrechnung einer Periode

Abb. 1: Verbindung der qualitativen Risiken mit der Planrechnung

Ein quantitativ scharfes Risiko ist bspw. das Risiko eines Absatzmengen- und damit

Umsatzeinbruches. Die relevante Zielgröße in der Planrechnung stellt dabei die Ab-

satzmenge dar. Das beschriebene Risiko kann bspw. durch den Wegfall eines wichtigen

Vertriebspartners ausgelöst werden. Zwischen dem Ausfall des Vertriebspartners und

der Absatzmenge (Umsatzerlöse) besteht somit ein scharfer Zusammenhang. Fraglich

ist nun, welche unscharfen Einflussgrößen bzw. Zusammenhänge - d.h. qualitative

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238

Risiken - in ihrer aggregierten Wirkung zum Ausfall des Vertriebspartners führen. Des

Weiteren kann die Absatzmenge von weiteren unscharfen Einflussgrößen abhängen

(z.B. Qualität der Produkte). Auch die qualitativen Risiken selbst werden wiederum von

einer Vielzahl von Faktoren (z.B. Qualität der Zulieferteile zur Bestimmung der Quali-

tät der Produkte) gesteuert (vgl. Abb. 1).

Risikosteuerung und Risikoreporting

Aus der aus dem Risikoreporting abgeleiteten Kenntnis über die relative Bedeutung der

einzelnen Risiken und den Gesamtumfang der Bedrohung lässt sich im Rahmen des

klassischen Risikomanagements der Handlungsbedarf für eine gezielte Risikosteuerung

ableiten (vgl. Gleißner, 2008, S. 159 f.). Durch die zusätzliche Identifizierung, Bewer-

tung und Aggregierung qualitativer Risikofaktoren wird durch die Fuzzy-Set Theorie

erreicht, dass sämtliche identifizierte Risikopositionen in die Beurteilung der Bestands-

gefährdung des Unternehmens, in die Berechnung des Eigenkapitalbedarfs oder in die

Ableitung risikogerechter Kapitalkostensätze für die Unternehmenssteuerung mit ein.

Risikoverantwortliche externe Experten

Dialogkomponente Wissenserwerbskomponente

Wissensbasis

Fuzzyfizierung(Risikobewertung der

identifizierten qualitativen

Risiken)

Inferenzkomponente(unscharfe Risikoaggregation

aller identifizierten qualitativen

Risiken)

Defuzzyfizierung(Transformation der

Fuzzy-Mengen in rechenbare

Größen)

ErklärungskomponenteBeeinflussung der

Erfolgsgröße der

Planrechnung

Faktenwissen und Regelwissen

RegelwissenFaktenwissen

Eingangsvariablen

Ausgangsvariablen

der Fuzzy-Inferenz

unscharfes Ergebnislinguistische Terme mit

Zugehörigkeitsgraden

scharfes Ergebnis

Risikosteuerung

Risikoreporting

Risikoverantwortliche externe Experten

Dialogkomponente Wissenserwerbskomponente

Wissensbasis

Fuzzyfizierung(Risikobewertung der

identifizierten qualitativen

Risiken)

Inferenzkomponente(unscharfe Risikoaggregation

aller identifizierten qualitativen

Risiken)

Defuzzyfizierung(Transformation der

Fuzzy-Mengen in rechenbare

Größen)

ErklärungskomponenteBeeinflussung der

Erfolgsgröße der

Planrechnung

Faktenwissen und Regelwissen

RegelwissenFaktenwissen

Eingangsvariablen

Ausgangsvariablen

der Fuzzy-Inferenz

unscharfes Ergebnislinguistische Terme mit

Zugehörigkeitsgraden

scharfes Ergebnis

Risikosteuerung

Risikoreporting

Abb. 2: Fuzzy basiertes Risikomanagement und Wissensbasis

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239

2. Wissensbasierte Systeme zur Optimierung des Risikomanagementprozesses

Wissensbasierte Systeme dienen im Rahmen Fuzzy basierter Risikomanagementprozes-

se dazu, die Zusammenhänge zwischen den unscharfen Risiken einerseits und deren

Einfluss auf die scharfen Wert- und Risikotreiber der Planrechnung andererseits aufzu-

decken, zu speichern und strukturiert darzustellen (vgl. Abb. 2).

Dialogkomponente und Wissensbasis

Die Dialogkomponente stellt die Schnittstelle zwischen den Experten (z.B. Risikoma-

nager, externe Gutachter) einerseits und dem Inhalt des wissensbasierten Systems ande-

rerseits dar (vgl. Bennert, 2004, S. 60). Das System soll in der Lage sein, den Risiko-

verantwortlichen eine möglichst differenzierte Einschätzung über alle wesentlichen un-

scharfen Chancen und Risiken eines Unternehmens und deren aggregierten Auswirkun-

gen auf die Planrechnung zu liefern. Um dies zu erreichen, ist die Wissensbasis durch

unterschiedliche Verfahren mit entsprechendem Datenmaterial anzureichern, welches in

ein Faktenwissen sowie ein Regelwissen unterteilt wird (vgl. zu den Verfahren

Beemelmann, 2007, S. 162 f.). Das Faktenwissen ist so aufzubauen, dass alle auf eine

Ergebnisgröße ek (z.B. Absatzmenge) einwirkenden unscharfen Einflussgrößen ei im

Rahmen der retrograden Risikoidentifikation vollständig identifiziert und bewertet wer-

den können. Das Regelwissen wiederum beinhaltet die Kenntnisse über das Zusam-

menwirken verschiedener unscharfer Einflussgrößen ei

Beispiel 1

Die Absatzmenge von Softwareprodukten (Zielgröße ek) eines Unternehmens hängt laut

Faktenwissen des Risikomanagers annahmegemäß von folgenden unscharfen Einfluss-

größen ei ab (vgl. Abb. 3):

Der Verkaufsstärke des Vertriebsmanagements,

der Abwanderungsgefahr von Vertriebsprofis,

von der Wiederkaufrate,

vom Umfang der Marketingmaßnahmen (z.B. Teilnahme an Kongressen und

„indirekte“ Werbung durch Publikationen firmeneigener Mitarbeiter),

vom Presseecho (z.B. Empfehlungen in Fachzeitschriften),

Page 249: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

240

vom Umfang der Kooperationen mit Hochschulen und ähnlichen IT-spezifischen

Bildungseinrichtungen.

Um die Zusammenhänge zwischen den unscharfen Einflussgrößen verknüpfen zu kön-

nen, sind diese unter Zuhilfenahme der Regelblöcke zu aggregieren. Dabei kann das

aggregierte Ergebnis eines Regelblocks wiederum Bestandteil eines übergeordneten

Regelblocks sein. Welche unscharfen Einflussgrößen zu einem Regelblock aggregiert

werden bzw. wie viele Regelblöcke zu modellieren sind, ist Bestandteil des Regelwis-

sens. Ausgehend von der scharfen Ergebnisgröße des Planungsmodells ek (Absatzmen-

ge) sind zunächst die unscharfen Einflussgrößen des obersten Regelblocks zu ermitteln

und auf die niedrigste Aggregationsebene herunter zu brechen. Anschließend werden

die Ergebnisse dieser retrograden Risikoidentifikation miteinander verknüpft und über

mehrere Ebenen (Regelblöcke) aggregiert. Eine wichtige Aufgabe kommt den Risiko-

verantwortlichen dabei im Zuge der Formulierung der sog. WENN ... DANN ... - Re-

gelsätze zu (vgl. allgemein hierzu Schroll, 2007, S. 138 f.).

In Fortsetzung des obigen Beispiels wirkt annahmegemäß auf die Kundentreue zum

einen der Publike Einfluss, zum anderen die Wiederkaufrate. Der Publike Einfluss

wiederum ermittelt sich aus den Eingangsvariablen Presseecho und Marketing. Damit

stellt Regelblock 2 zur Ermittlung der Kundentreue die unterste Hierarchieebene dar.

Regelblock 4 bildet hingegen den obersten Regelblock, da dieser die scharfe Aus-

gangsvariable (Absatzmengenwirkung) enthält.

Abb. 3: Graphische Darstellung des Regelwissens

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241

Entsprechende WENN ... DANN ... - Regelsätze könnten dann bspw. wie folgt formu-

liert werden:

„WENN die Ausgaben für die Marketingmaßnahmen hoch sind und das Presseecho

positiv ist, DANN ist auch der Publike Einfluss positiv“

„WENN der Publike Einfluss positiv ist und eine große Wiederkaufrate vorliegt,

DANN ist die Kundentreue hoch“

„WENN die Kundentreue hoch ist und eine hohe Managementqualität vorliegt,

DANN hat dies auch auf die Absatzmenge positive Auswirkungen“.

Inferenz- und Erklärungskomponente

Die Inferenzkomponente bildet das Herzstück eines wissensbasierten Systems und

enthält quasi das Wissen über die Verarbeitung des Regelwissens (vgl. Momsen, 2006,

S. 70 f.). Der Risikoverantwortliche legt hier die Rechenschritte zur richtigen

Aggregierung aller unscharfen Einflussgrößen (qualitativen Risiken) eines Unterneh-

mens offen. Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang sind:

Welche Einflussstärke haben die unscharfen Einflussgrößen ei auf einen Regel-

block?

Welche Einflussrichtung (positive oder negative Wirkung) haben die unscharfen

Einflussgrößen ei auf einen Regelblock?

Mit welchen Rechenoperatoren sind die einzelnen unscharfen Einflussgrößen ei zu

aggregieren?

Die Erklärungskomponente hat zur Aufgabe, die Nachvollziehbarkeit der einzelnen

kausal zusammenhängenden Ereignisabfolgen und ihre Verknüpfungen in Regelblöcken

bis hin zur Zielgröße ek der Planrechnung aufzuzeigen (vgl. Bennert, 2004, S. 60).

Wissenserwerbskomponente

Die Wissenserwerbskomponente spielt sowohl bei der Entwicklung als auch bei der

Pflege der Wissensbasis eine entscheidende Rolle. So kann bspw. das in der Balanced

Scorecard abgebildete unscharfe (Regel-)Wissen über die Ursachen- und Wirkungszu-

sammenhänge qualitativer Risikofaktoren auf bestimmte finanzwirtschaftliche Größen

der Planrechnung vor dem Hintergrund einer Fuzzy basierten Risikoidentifikation und -

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242

aggregierung genutzt werden. Wichtiges Faktenwissen hinsichtlich der Kunden-, Stra-

tegie-, Lern- und Prozessperspektive sowie ihrer Auswirkungen auf die Planrechnung

fließen so in die Wissensbasis mit ein (vgl. allgemein zur Balanced Scorecard im Risi-

komanagement Wurl/Mayer, 2001, S. 180 f.). Die in den einzelnen nicht-finanziellen

Perspektiven der Scorecard abgebildeten Risiken (z.B. Produktqualität) sind hierbei als

unscharfe Einflussgrößen ei zu interpretieren. Die quantitative Ebene der Scorecard be-

inhaltet hingegen jene Erfolgsgrößen der Planrechnung, die durch die aggregierten qua-

litativen Risikofaktoren beeinflusst werden (vgl. Abb. 4).

Qualitative Ebene

Quantitative Ebene

Kunden-/

Marktperspektive(z.B. Kundenzufriedenheit,

Marktanteil)

Finanzperspektive(Erfolgsgrößen der

Planrechnung,

z.B. Absatzmenge)

Lern-/Entwicklungs-

perspektive(z.B. Managementqualität,

Facharbeiterquote)

Strategie-/

Produktperspektive(z.B. Produktqualität,

Innovationsgrad)

Prozessperspektive(z.B. Durchlaufzeiten,

Fehlerquote)

Balanced

Scorecard

&

Fuzzy-Set

Theorie

Unscharfe Einflüsse

Wissensbasis (Faktenwissen)

Wissensbasis (Regelwissen)

Qualitative Ebene

Quantitative Ebene

Kunden-/

Marktperspektive(z.B. Kundenzufriedenheit,

Marktanteil)

Finanzperspektive(Erfolgsgrößen der

Planrechnung,

z.B. Absatzmenge)

Lern-/Entwicklungs-

perspektive(z.B. Managementqualität,

Facharbeiterquote)

Strategie-/

Produktperspektive(z.B. Produktqualität,

Innovationsgrad)

Prozessperspektive(z.B. Durchlaufzeiten,

Fehlerquote)

Balanced

Scorecard

&

Fuzzy-Set

Theorie

Unscharfe Einflüsse

Wissensbasis (Faktenwissen)

Wissensbasis (Regelwissen)

Abb. 4: Einbindung der Balanced Scorecard in die Wissensbasis

Zur Optimierung der Wissenserwerbskomponente sollte des Weiteren auch auf öffent-

lich zugängliche Daten zurückgegriffen werden. Hier bieten sich sowohl traditionelle

als auch softwaregestützte Analysemöglichkeiten an, die direkt als Schnittstelle zur

Wissensbasis fungieren können. Zu nennen wäre bspw. die Wettbewerbsanalyse (vgl.

Henselmann, 2005, S. 296 f.; Hummeltenberg, 2008, S. 41). Einflussgrößen und Er-

folgsfaktoren lassen sich auch durch den PIMS-Ansatz (Profit Impact of Market

Strategies) offen legen (vgl. Brunner, 2010, S. 185). Dieser versucht, die maßgeblichen

unscharfen Einflussfaktoren (Kundenprofil, relativer Marktanteil, etc.) empirisch für

den Erfolg einer Strategie und deren Wechselwirkungen quantitativ zu erfassen (vgl.

Müller-Stewens/Lechner, 2005, S. 322; Klemm-Bax, 2000, S. 7 f.).

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3. Anbindung der Wissensbasis an den Fuzzy basierten Risikomanagementprozess

Die Verarbeitung des in der Wissensbasis abgelegten Fakten- und Regelwissens lässt

sich allgemein in die drei Bereiche Fuzzyfizierung, Fuzzy-Inferenz und

Defuzzyfizierung unterteilen (vgl. allgemein Beemelmann, 2007, S. 168 f.).

Fuzzyfizierung der identifizierten unscharfen Einflussgrößen

Die Fuzzyfizierung umfasst allgemein die Übertragung eines verbalen, unscharfen Aus-

drucks in sein korrespondierendes Fuzzy-Pendant (vgl. Beemelmann, 2007, S. 170).

Hierzu sind die im Rahmen des Wissenserwerbs aufgedeckten unscharfen Einflussgrö-

ßen ei eines jeden Regelblocks zunächst als linguistische Variablen zu formulieren.

Die Variablen werden hierbei als Quadrupel (X, T, U, M) umschrieben, wobei X den

Namen der Variablen, T den Wertebereich (Termmenge bzw. linguistische Terme), U

den Definitionsbereich und M die Semantik darstellt (vgl. ausführlich Schroll, 2007, S.

129 f.). Die Semantik stellt die Form von unscharfen Mengen dar, deren Zugehörig-

keitsfunktionen μt : X → [0;1] mit t ε T die Bedeutung der Terme in T angeben.

Beispiel 2

Für die in der Risikoidentifikation aufgedeckten unscharfen Einflussgrößen Kunden-

treue und Managementqualität ergeben sich bspw. folgende zwei Quadrupel:

X = „Kundentreue“, „Managementqualität“ (Namen der linguistischen Variablen)

T = „sehr niedrig“, „niedrig“, „mittel“, „hoch“, „sehr hoch“ (Termmenge Kundentreue)

T = „niedrig“, „mittel“, „hoch“ (Termmenge Managementqualität)

U = [0 Punkte; 100 Punkte] (jeweiliger Definitionsbereich)

M = μsehr niedrig; μniedrig; μmittel; μhoch; μsehr hoch (Semantik Kundentreue)

M = μniedrig; μmittel; μhoch (Semantik Managementqualität)

Bei der Fuzzyfizierung der identifizierten Einflussgrößen ei sind zwei Varianten zur

Bestimmung der jeweiligen Zugehörigkeitswerte zu unterscheiden. Zum einen kann

der festgelegte Definitionsbereich U durch die Risikoverantwortlichen mit die

Termmenge T abbildenden Zugehörigkeitsfunktionen unterlegt und anschließend der

jeweilige Zugehörigkeitswert daraus abgeleitet werden. Hierzu muss im Rahmen des

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244

Risikomanagements zunächst für jede identifizierte unscharfe Einflussgröße die Form

der Zugehörigkeitsfunktion bestimmt und der jeweilige Definitionsbereich in Teilab-

schnitte gegliedert werden. Im Regelfall sind hierbei sich überlappende Dreiecks- oder

Trapezfunktionen problemangemessen, die keine strikten Grenzen aufweisen (vgl.

Beemelmann, 2007, S. 170; Schroll, 2007, S. 131). Danach wird ermittelt, in welchen

Teilabschnitt der auf der Abszisse abzutragende Punktwert fällt.

Ein Punktwert zwischen 0 bis 25 könnte bspw. eine sehr niedrige, ein Punktwert zwi-

schen 20 bis 45 Punkten eine niedrige und ein Wert zwischen 35 bis 65 Punkten eine

mittlere Kundentreue widerspiegeln. Wird die Kundenzufriedenheit z.B. durch den

Kundenzufriedenheitsindex einer Balanced Scorecard mit 37 Punkten beziffert und

als Maßstab für die Kundentreue interpretiert (vgl. Abb. 5), ergibt sich demzufolge für

die unscharfe Einflussgröße Kundentreue ein Zugehörigkeitswert vom Grad 0,7 („nied-

rig“) sowie ein Zugehörigkeitswert vom Grad 0,3 („mittel“). Die Form der Zugehörig-

keitsfunktion und die Definition der Teilabschnitte nehmen dabei unmittelbar Einfluss

auf das spätere Ergebnis der Risikoaggregation, sodass diese durch die Risikoverant-

wortlichen besonders sensibel zu modellieren sind.

Kundentreue (= linguistische Variable)

sehr niedrig niedrig sehr hochhochmittel

1

0

niedrig

vom

Grad 0,7

mittel

vom

Grad 0,3

100

37

Kundenzufriedenheit in Punkten

Zugehörigkeit

Kundenzufriedenheit (Indexwert aus Balanced Scorecard)

linguistische Terme

Kundentreue (= linguistische Variable)

sehr niedrig niedrig sehr hochhochmittel

1

0

niedrig

vom

Grad 0,7

mittel

vom

Grad 0,3

100

37

Kundenzufriedenheit in Punkten

Zugehörigkeit

Kundenzufriedenheit (Indexwert aus Balanced Scorecard)

linguistische Terme

Abb. 5: Dreieckige Zugehörigkeitsfunktion ohne strikte Grenzen

Alternativ können die Zugehörigkeitswerte der unscharfen Einflussgrößen ei auch di-

rekt durch den Risikoverantwortlichen auf einer Skala von 0 bis 1 geschätzt werden.

Die Ermittlung einer Zugehörigkeitsfunktion und eines Definitionsbereichs erübrigt sich

somit (vgl. Klein, 2010, S. 42 f.). Zu beachten ist, dass sich die Schätzungen über die

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gesamte Termmenge hinweg nicht unbedingt auf 1 summieren müssen, da Fuzzy-

Mengen keine Wahrscheinlichkeiten widerspiegeln.

Fortsetzung Beispiel 1

Hinsichtlich des komplexeren Beispiels 1 (vgl. Abb. 3) sind die Zugehörigkeitswerte für

die Berufserfahrung des Managements, den Umfang des Marketings und für die identi-

fizierte Wiederkaufrate nach Festlegung der jeweiligen Termmengen, der Definitionsbe-

reiche und der Form der Zugehörigkeitsfunktionen annahmegemäß aus Indexwerten

einer Balanced Scorecard abzuleiten. Die Abwanderungsgefahr und das Presseecho

sind durch die Risikoverantwortlichen hingegen direkt zu erfragen (vgl. Abb. 6). An-

nahmegemäß konnten die Risikoverantwortlichen für jeden Geschäftsbereich (GB) die

in Abb. 7 dargestellten Fuzzy-Daten eines fiktiven Unternehmens ermitteln.

Nr. Name der

unscharfen Einflussgröße ei

Einheit

Definitionsbereich Wirkung auf

Absatz Termmenge

Min Max

1 Abwanderungsgefahr - - - sehr

negativ

niedrig mittel hoch

2 Berufserfahrung Jahre 0 40 sehr

positiv

niedrig mittel hoch

3 Marketing Punkte 0 100 sehr

positiv

sehr_niedrig niedrig mittel hoch

sehr_hoch

4 Presseecho - - - sehr

positiv

negativ_groß negativ

null positiv

positiv_groß

5 Wiederkaufrate Prozent 0 100 sehr

positiv

klein mittel groß

Abb. 6: Definition der unscharfen Eingangsvariablen

Anders als in Beispiel 2 stellen hier die Managementqualität und die Kundentreue Re-

gelblöcke dar, welche selbst von einer Vielzahl qualitativer Risikofaktoren beeinflusst

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werden. Das gleiche gilt für den Regelblock Publiker Einfluss. Entsprechend ergeben

sich die Fuzzy Zugehörigkeitswerte dieser drei Blöcke bereits implizit aus der Fuzzy-

Inferenz und müssen nicht direkt durch die Risikoverantwortlichen erhoben oder über

einen Indexwert der Scorecard ermittelt werden.

Nr. Name der

unscharfen Einflussgröße ei

Typ Term, Indexgröße GB 1 GB 2 GB 3

1 Abwanderungsgefahr

niedrig 0,25 0,05 0,80

mittel 0,17 0,61 0,10

hoch 0,03 0,19 0,00

2 Berufserfahrung Jahre 17 9 34

3 Marketing Punkte 60 40 78

4 Presseecho

negativ_groß 0,05 0,74 0,00

negativ 0,22 0,19 0,00

null 0,34 0,08 0,23

positiv 0,19 0,00 0,45

positiv_groß 0,02 0,00 0,09

5 Wiederkaufrate Prozentpunkte 23 61 50

Abb. 7: Ergebnisse der Risikobewertung durch die Risikoverantwortlichen

Fuzzy-Inferenz

Mittels der Fuzzy-Inferenz gelingt es, die in der Risikoidentifikation aufgedeckten und

mit Zugehörigkeitswerten quantifizierten unscharfen Einflussgrößen für jeden Regel-

block zu einer unscharfen Fuzzy-(Gesamtergebnis-)Menge zu verknüpfen (vgl. allge-

mein Schroll, 2007, S. 133 f.). Bestandteile der Fuzzy-Inferenz stellen die Regelbasis,

der Inferenzmechanismus und die Zugehörigkeitsfunktionen der Fuzzy-Mengen dar

(vgl. Momsen, 2006, S. 71 f.).

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247

Fortsetzung Beispiel 1

Betrachtet man das obige Modell sind sowohl die Absatzmenge, die Kundentreue, die

Managementqualität und der Publike Einfluss als Regelblöcke in die Inferenz einzube-

ziehen (vgl. Abb. 3). Der oberste Regelblock (Regelblock 4) fasst dann alle Fuzzy-

Mengen zu einer Fuzzy-Gesamtergebnismenge zusammen. Die Risikoverantwortli-

chen haben für jeden Regelblock bzw. für jede Ausgangsvariable die möglichen

Termausprägungen, den Definitionsbereich, die Form der Zugehörigkeitsfunktion sowie

die Einflussrichtung und -stärke auf den Regelblock, in den diese wiederum einfließen,

festzulegen (vgl. Abb. 8).

Nr. Name des Regelblocks Einheit

Definitionsbereich Wirkung auf

Absatz Termmenge

Min Max

4 Absatzmenge z.B.

Prozent -10 10 ---

negativ_groß negativ

null positiv

positiv_groß

3 Kundentreue Punkte 0 100 sehr

positiv

sehr_niedrig niedrig mittel hoch

sehr_hoch

2 Publiker Einfluss Punkte -100 100 sehr

positiv

negativ_groß negativ

null positiv

positiv_groß

1 Managementqualität Punkte 0 100 sehr

positiv

niedrig mittel hoch

Abb. 8: Definition der Ausgangsvariablen (Regelblöcke)

Aufgabe der Fuzzy-Inferenz ist zunächst, die Zugehörigkeitswerte der aktiven Regel-

sätze einer Regelbasis durch das Zusammenführen aller identifizierten unscharfen Ein-

flussgrößen ei, die auf einen Regelblock wirken, zu ermitteln. Die Zugehörigkeitswerte

stellen dabei die Outputgrößen zur Errechnung der unscharfen Fuzzy-Menge eines Re-

gelblocks dar. Hierzu müssen für jeden Regelblock alle im Regelwissen der Wissens-

basis gespeicherten WENN ... DANN ... - Regelsätze zu einer Regelbasis zusammen-

geführt werden (vgl. Bennert, 2004, S. 61 f.). Für die beiden unscharfen und impliziten

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248

Einflussgrößen des Regelblocks 4 (Kundentreue und Managementqualität) ergeben sich

bspw. bei fünf bzw. drei linguistischen Termen 15 (= 5*3) zu formulierende Regelsätze,

die zusammen die Regelbasis bilden (vgl. Abb. 3 und Abb. 9). Annahmegemäß werden

durch die vorgelagerten Fuzzy-Inferenzen für die Termmenge der Managementqualität

Zugehörigkeitswerte von 0,2 („hoch“) und 0,8 („mittel“), für die der Kundentreue Zu-

gehörigkeitswerte von 0,3 („mittel“) bzw. 0,7 („niedrig“) ermittelt. Um nun die aktiven

Regelsätze dieser Regelbasis identifizieren zu können, sind diejenigen Regelsätze her-

auszufiltern, die sowohl die Terme „mittel“ oder „niedrig“ im Rahmen der Kundentreue

als auch die Terme „hoch“ oder „mittel“ im Rahmen der Managementqualität enthalten.

Ein Regelsatz gilt also dann als aktiv, wenn alle darin enthaltenen Prämissen gleichzei-

tig erfüllt sind (vgl. Schroll, 2007, S. 128). Die entsprechenden aktiven Regelsätze sind

in Abb. 9 grau hinterlegt. Fraglich ist nun, welche Zugehörigkeitswerte die unscharfe

Fuzzy-Menge des jeweiligen Regelblocks (= Ausgangsvariable) annimmt. Um diese

Frage beantworten zu können, sind die in der Inferenzkomponente der Wissensbasis

gespeicherten Sachverhalte im Inferenzmechanismus umzusetzen (vgl. Kap. 2).

Regelsatz

unscharfe Einflussgrößen ei

Zielgröße der Planrechnung ek

WENN DANN

Kundentreue Managementqualität Absatzmenge

1 sehr hoch hoch positiv_groß

2 sehr hoch mittel positiv

3 sehr hoch niedrig null

4 hoch hoch positiv

5 hoch mittel positiv

6 hoch niedrig null

7 mittel (0,3) hoch (0,2) null (0,2)

8 mittel (0,3) mittel (0,8) null (0,3)

9 mittel niedrig negativ

10 niedrig (0,7) hoch (0,2) null (0,2)

11 niedrig (0,7) mittel (0,8) negativ (0,7)

12 niedrig niedrig negativ

13 sehr niedrig hoch null

14 sehr niedrig mittel negativ

15 sehr niedrig niedrig negativ_groß

Abb. 9: Regelbasis der Ausgangsvariablen Absatzmenge (Regelblock 4)

Die Vereinigung der aktiven Regelsätze erfolgt durch Rechenoperatoren (vgl. zu den

Verknüpfungsoperatoren allgemein Schroll, 2007, S. 104 f.), wobei die Literatur zur

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249

Fuzzy-Set Theorie im Rahmen betriebswirtschaftlicher Anwendungen auf die Vorteile

des Minimum-Operators hinweist (vgl. Beemelmann, 2007, S. 175; Klein, 2010, S. 50).

Dadurch wird der niedrigste Zugehörigkeitswert für die unscharfe Fuzzy-Menge eines

Regelblocks berücksichtigt. Abschließend werden im Inferenzmechanismus noch dieje-

nigen aktiven Regelsätze, die den gleichen linguistischen Term - jedoch mehrere unter-

schiedliche Zugehörigkeitswerte - aufweisen, vereinigt. Betriebswirtschaftlich hat sich

hierbei der Maximum-Operator als problemangemessen erwiesen, welcher stets den

maximalen Zugehörigkeitswert einer Termausprägung erfasst (vgl. hierzu sowie zu den

Operatoren allgemein Bennert, 2004, S. 52 f.). Gem. Abb. 9 wären dies bspw. die akti-

ven Regelsätze 7, 8 und 10, die zwar den gleichen linguistischen Term („null“), aber

keinen einheitlichen Zugehörigkeitswert aufweisen. Demzufolge ergibt sich als un-

scharfe Fuzzy-Menge des Regelblocks 4 folgende Kombination: Mit einem Zugehö-

rigkeitswert von 0,7 ist die Fuzzy-Menge negativ (= scharfer Regelsatz 11), mit einem

Zugehörigkeitswert von 0,3 (= max[scharfe Regelsätze 7, 8 und 10] = max[0,2; 0,3;

0,2]) null (vgl. Abb. 10).

10

negativ_ groß negativ positiv_großpositivnull

1

0

negativ

vom

Grad 0,7

null

vom

Grad

0,3

zusätzliche Absatzmenge (in %)

Zugehörigkeitlinguistische Terme der Ausgangsvariablen Absatzmenge

scharfer Erwartungswert der Absatzmenge nach der

Flächenschwerpunktmethode (Center-of-Area Method)

a b 10

negativ_ groß negativ positiv_großpositivnull

1

0

negativ

vom

Grad 0,7

null

vom

Grad

0,3

zusätzliche Absatzmenge (in %)

Zugehörigkeitlinguistische Terme der Ausgangsvariablen Absatzmenge

scharfer Erwartungswert der Absatzmenge nach der

Flächenschwerpunktmethode (Center-of-Area Method)

a b

Abb. 10: Graphische Darstellung des Ergebnisses der Fuzzy-Inferenz und der Defuzzyfizierung

Die Auswahl des richtigen Operators und der Zugehörigkeitsfunktionen beeinflusst das

Ergebnis der Fuzzy-Inferenz und erfordert daher eine sorgfältige Prüfung durch die Ri-

sikoverantwortlichen. Darüber hinaus ist im Rahmen des Risikomanagements festzule-

gen, in welche Richtung (Einflussrichtung) und in welcher Stärke (Einflussstärke) die

unscharfen Einflussgrößen auf die Ergebnisgröße der Planrechnung wirken. Des Weite-

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250

ren können die identifizierten unscharfen Einflussgrößen unterschiedlich gewichtet

werden. Die marktgängigen Softwareprogramme bieten hierfür zahlreiche Optionen an

(vgl. Kratzberg, 2009, S. 260).

Defuzzyfizierung

Das Ergebnis der Fuzzy-Inferenz, d.h. die unscharfe Fuzzy-Menge eines Regelblocks

bzw. aller aggregierten unscharfen Einflussgrößen, kann in der vorliegenden Form noch

nicht unmittelbar interpretiert werden. Aufgabe der Defuzzyfizierungskomponente ist es

daher, das Ergebnis der Fuzzy-Inferenz in einen scharfen Outputwert zu transformie-

ren, sofern die unscharfe Fuzzy-Menge eines Regelblocks in die Planrechnung eingehen

oder im Rahmen des Risikoreportings gesondert dargestellt werden soll (vgl. allgemein

Träger, 1994, S. 102).

Durch die Defuzzyfizierung werden die auf eine unscharfe Fuzzy-Gesamt-

ergebnismenge verdichteten qualitativen Einflussgrößen in eine quantitativ verwertbare

Größe übersetzt, die letztlich in die Planrechnung einfließen kann. Hierbei stehen je

nach eingesetzter Software unterschiedliche Dekompositionsalgorithmen zur Verfü-

gung, die sich in Extremwert- und Flächenmethoden unterteilen lassen (vgl. zu den

unterschiedlichen Methoden Kratzberg, 2009, S. 146 f.). Je nach Methode wird ein be-

stimmter Punkt der Fuzzy-Menge ermittelt. Der Schnittpunkt mit der Abszisse ergibt

dann den scharfen Outputwert der gesuchten Zielgröße. In der Praxis betriebswirtschaft-

licher Anwendungen hat sich die Flächenschwerpunktmethode (Center-of-Area Me-

thod) bewährt (vgl. Beemelmann, 2007, S. 176). Um hierbei auf den gesuchten Abszis-

senwert zu gelangen, wird über das Integral der Schwerpunkt der Fläche innerhalb sei-

ner Intervallgrenzen berechnet (vgl. Schroll, 2007, S. 149 f., vgl. Abb. 10):

b

a

eAbsatzmeng xdFF

x1

Fortsetzung Beispiel 1

Durch das Abarbeiten der im Fuzzyfizierungsprozess bewerteten und in der Fuzzy-

Inferenz verarbeiteten qualitativen Risiken (vgl. Abb. 7) stellt nach Durchführung der

Defuzzyfizierung der Geschäftsbereich 3 (+7,41) die größte qualitative Chance bzw. das

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251

geringste Risiko für die Ergebnisgröße der Planrechnung (Absatzmenge) dar. Der Ge-

schäftsbereich 2 (-5,45) schneidet unter Berücksichtigung und Aggregierung aller un-

scharfen Einflussgrößen ei hingegen am schlechtesten ab (vgl. Abb. 11).

Geschäfts-bereich

unscharfe Fuzzy-Gesamtergebnismenge und scharfe Ergebnisgröße der Planrechnung

Beurteilung/ Maßnahmen zur Risikosteuerung

1

Qualitative Risiken und Chan-cen sind weitgehend ausgeglichen

Einflussgrößen weiter optimieren um positives Ergebnis zu erzielen

2

Qualitative Risiken überwiegen Chancen

Risikosteuerungsmaßnahmen einleiten

3

Qualitative Chancen überwiegen Risiken

Geschäftsbereich fokussieren

Abb. 11: Unscharfe Fuzzy-Gesamtergebnismenge und scharfe Ergebnisgröße der Planrechnung

(Quelle: Eigene Darstellung, Graphiken basierend auf fuzzyTECH 5.7)

Im Grunde geht es bei der Defuzzyfizierung nicht darum, einen ohnehin nur schwer

quantifizierbaren Wert im Sinne eines bspw. prozentualen Ab- oder Zuschlags von der

geplanten oder historisch erzielten Absatzmenge punktgenau zu ermitteln. Vielmehr ist

die Fuzzy-Set Theorie dazu zu nutzen, um die qualitative Risikostruktur des jeweili-

gen Geschäftsbereiches in Bezug auf die Planrechnung tendenziell und verdichtet für

die weiteren Maßnahmen im Rahmen der Risikosteuerung aufzuzeigen. Die durch das

Softwareprogramm generierten Statistiken und die graphischen Auswertungen können

zudem das Risikoreporting bereichern. Die qualitativen Risikostrukturen werden dar-

stellbar und damit die Regelblöcke und Einflussgrößen identifizierbar, die besonders

negativ oder positiv zum Erfolg einer Plangröße beitragen.

Page 261: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

252

4. Fazit

Die Fuzzy-Set Theorie ermöglicht, linguistische Unsicherheiten und damit „unscharfe“

bzw. qualitative Risikofaktoren im Risikomanagementprozess zu identifizieren und zu

aggregieren, indem diese

vorher nur schwer erschließbare interne und externe Datenquellen mittels neuen

Techniken der Informationsverarbeitung zugänglich macht,

Transparenz bei der im Risikomanagementprozess vorzunehmenden Datenerhebung

und -verarbeitung erzeugt,

eine neue Möglichkeit bietet, Einschätzungen von Experten (Risikomanager, Ge-

schäftsbereichsleiter, etc.) so zu erfassen, wie diese sie formulieren und

die Weiterverarbeitung aggregierter unscharfer Einflussgrößen im Rahmen der Plan-

rechnung durch deren Defuzzyfizierung ermöglicht und dadurch wichtige Erkennt-

nisse zu notwendigen Risikosteuerungsmaßnahmen liefert.

Die Erstellung des Modells führt - sofern in der Wissensbasis noch kein gespeichertes

Fakten- und Regelwissen vorhanden ist - für die Risikoverantwortlichen allerdings auch

zu einem erhöhten Schätz- und Datengewinnungsaufwand. Die Art und Ausgestaltung

der Zugehörigkeitsfunktionen, der notwendigen Rechenoperatoren, der möglichen Ver-

fahren zur Defuzzyfizierung sowie die Festlegung der Einflussrichtung und -stärke ha-

ben unmittelbare Auswirkungen auf das quantitative Risikoausmaß der zu aggregieren-

den Einflussgrößen. Probleme bereitet auch der zeitliche Anfall der Chancen und Risi-

ken. Unscharfe Erfolgsfaktoren (z.B. Kundenzufriedenheit, Produktqualität) wirken

meist erst zu einem späteren Zeitpunkt auf die Größen der Planrechnung. Nicht zuletzt

unterliegt die Interpretation, wie sich die aggregierten Einflussgrößen auf die jeweilige

Größe im Planungsmodell auswirken, einer „gewissen Scheingenauigkeit“. Trotz dieser

Nachteile ermöglicht die Fuzzy-Set Theorie eine frühzeitige und umfassende Aufde-

ckung und Aggregierung der wichtigsten Wert- und Risikotreiber. Durch eine enge Ver-

zahnung mit der Erfolgsfaktorenforschung können „leading indicators“ und deren Ein-

flüsse auf den Unternehmenserfolg frühzeitig entdeckt und entsprechend im Risikoma-

nagementprozess gesteuert werden. Entsprechende Softwareprogramme, die als Schnitt-

stelle zu den Daten des Risikomanagements bzw. -controllings (z.B. Balanced

Scorecard) fungieren, setzen die hier vorgestellten Konzepte zudem einfach in die Pra-

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253

xis um. Weitere Forschungsarbeiten könnten sich dem hier vorgestellten Ansatz vertieft

widmen und zur Integrierung im unternehmensspezifischen Risikomanagementprozess

beitragen.

Page 263: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

254

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Anhang 3

Proaktives Risikomanagement im Mittelstand Eine Option zur frühzeitigen Ableitung von Krisen- und Insolvenzprognosen?

erschienen in: Zeitschrift für Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI) 2011, Heft 1, S. 5-12

(mit André Höfner)

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259

1. Einleitung

Krisensituationen entstehen durch für die Geschäftsführung unerwartete dynamische

Entwicklungen mit bedeutendem Einfluss für die Finanz- und Ertragslage, wobei der

normale Ablauf der unternehmerischen Tätigkeit schlagartig gestört wird.1 Nicht selten

droht dabei als letzte Konsequenz die Aufgabe der Geschäftstätigkeit. Studien zeigen,

dass viele mittelständische Unternehmen zwar Strukturen zum Management von Risi-

ken implementiert haben, deren Umsetzung sich häufig jedoch auf reaktive Risikobe-

wältigungs- und -vermeidungsmaßnahmen beschränkt.2 Umfassende Risikomanage-

mentsysteme tragen dazu bei, Risiken proaktiv und präventiv zu steuern, so dass insbe-

sondere bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig erkannt und abgewendet werden

können.

Treten Krisensituationen ein, hängt die Sicherung des Fortbestands der Gesellschaft

entscheidend davon ab, ob hinreichend Eigenkapital bzw. Liquidität vorgehalten wird,

um die resultierenden Verluste bzw. Liquiditätsengpässe abfangen zu können. Entspre-

chend ist das Bereitstellen notwendiger Risikodeckungsmassen über eine auf dem Risi-

komanagementansatz aufbauende Eigenkapital- bzw. Liquiditätsbedarfsprognose si-

cherzustellen. Nachfolgend wird gezeigt, dass mit Hilfe von auf Tabellenkalkulations-

programmen basierenden Simulationstools dieses Konzept auch bei mittelständischen

Unternehmen kostengünstig umzusetzen ist.

2. Begriffsabgrenzung und Einsatzmöglichkeiten des proaktiven Risikomanage-

ments

2.1 Definition

Aktiengesellschaften haben gem. § 91 Abs. 2 AktG ein Überwachungssystem einzurich-

ten, welches „den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen“ frühzeitig

aufzeigt. Aufgrund seiner Ausstrahlungswirkung wird ein entsprechendes System grö-

ßenunabhängig auch für alle anderen Rechtsformen gefordert.3 Bei börsennotierten Ak-

1 Vgl. Kehrel/Leker, Unternehmenskrisen, ZfO 2009 S. 200 ff. 2 Vgl. Berkau, Risiko-Controlling mit Geschäftsprozessen, in: Loos/Krcmar (Hrsg.), Architekturen und

Prozesse, 2007, S. 151 ff. 3 Vgl. Klett, Risiko- und Krisenmanagement in KMU, NWB-BB 2010 S. 174.

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tiengesellschaften ist dessen Effektivität im Rahmen der Abschlussprüfung zu beurtei-

len (§ 317 Abs. 4 HGB).

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das Risikomanagementsystem nicht nur als Insti-

tution zur Erkennung und Abwehr von bestandsgefährdenden Entwicklungen zu verste-

hen, sondern umfasst ganzheitlich die Betrachtung aller Chancen und Risiken.4 Gleich-

wohl ist den Gefahren einer negativen Planabweichung eine besondere Aufmerksamkeit

zugrunde zu legen.

Risikomanagementsysteme, welche mit der Unternehmensplanung verknüpft sind, bil-

den die Grundlage für die frühzeitige Aufdeckung sich abzeichnender Krisensituatio-

nen.5 Hierbei wird unter Berücksichtigung externer und interner Risikofaktoren sowie

den im Unternehmen vorhandenen Deckungsmassen eine geschlossene Planrechnung

zur Ableitung der künftigen Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage erstellt. Entsprechend

sind deren Elemente (Plan-GuV, Planbilanz und Plan-Kapitalflussrechnung) mit den

Informationen aus dem Risikomanagement- und Unternehmenssteuerungsprozess anzu-

reichern.

Die Abschätzung der künftigen Unternehmensentwicklung kann dabei mit verschiede-

nen Verfahren vorgenommen werden.6 Zunehmend kommen bei großen Unternehmen

auch EDV gestützte Monte-Carlo-Simulationen zum Einsatz, die sich durch eine hohe

Transparenz hinsichtlich der Darstellung der Unternehmenssituation auszeichnen und

sich einfach in die bereits vorhandene Planrechung integrieren lassen.7 Neben standardi-

sierten Spezialprogrammen und unternehmensindividuellen Business-Intelligence Lö-

sungen bieten Simulationstools, die als Add-Ins zu Tabellenkalkulationen genutzt wer-

den können, eine gute Einstiegsalternative. Dies macht auch die Anwendung des proak-

tiven Risikomanagements bei kleineren und mittleren Unternehmen besonders attraktiv.

4 Vgl. Gleißner, Grundlagen des Risikomanagements im Unternehmen, 2008, S. 8. 5 Vgl. Berkau, Risiko-Controlling mit Geschäftsprozessen, in: Loos/Krcmar (Hrsg.), Architekturen und

Prozesse, 2007, S. 163. 6 Vgl. bspw. Hamann/Günther, Was ist ein Planungssystem? – Ein Metamodell zur Beschreibung von

Planungssystemen als Basis für die empirische Planungsforschung, ZP 2009 S. 170. 7 Vgl. Schulten, Quo Vadis Risikomanagement?, Controlling 2010 S. 236.

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Die kostengünstigen Softwarelösungen lassen sich einfach in die vorhandenen Plan-

rechnungen integrieren und mit den Daten aus dem Risikomanagement verbinden.8

2.2 Einsatz in der Krisen- und Insolvenzprognose

Das proaktive Risikomanagement unter Einsatz der Monte-Carlo-Simulation eignet sich

zur fortlaufenden Beurteilung der prognostizierten Finanz- und Ertragskraft eines Un-

ternehmens.9 Eine Verschlechterung der Unternehmenslage tritt dann ein, wenn sich aus

der risikobasierten Planung einer Periode ergibt, dass die Unternehmung bei unverän-

derter Fortführung ihrer Tätigkeit Einbußen bei den Erfolgs- bzw. Zahlungsstromgrößen

erwarten muss. Dies können erste Anzeichen für eine sich abzeichnende Krisensituation

sein.

Obwohl es hinsichtlich des Fortschreitens von Krisen keine starren Muster gibt, ist aus

prozessorientierter Sicht deren Verlauf in drei verschiedene Stadien aufzuteilen (vgl.

Abb. 1).10

8 Vgl. hierzu allgemein Gleißner/Romeike, Anforderungen an die Softwareunterstützung für das Risi-

komanagement, ZfCM 2005 S. 159. 9 Vgl. Gleißner/Knecht/Egretzberger/Kamarás, Simulationsbasierte Bewertung von Sanierungskopnzep-

ten: Grundlagen und Fallstudie, KSI 5/2010 S. 218. 10 Vgl. hierzu Hauschildt/Grape/Schindler, Typologien von Unternehmenskrisen im Wandel, DBW 2006

S. 13 ff.

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262

gesundes Unternehmen LiquiditätskriseErfolgskriseStrategiekriseIn

solv

enzw

ahrs

chei

nlic

hke

it

niedrig

hoch Prozessdauer

Anzeichen: Verlust von Marktanteilen überaltetes Produktportfolio Substitutionsprodukte

Ursachen: unzureichende

Kundenorientierung mangelhafte Anpassung an

die Wettbewerbsentwicklung

Folgen: Konkurrenz- und Preisdruck

nimmt im steigenden MaßeEinfluss auf die Geschäftstätigkeit

Turnaround möglich?

Anzeichen: Verlust von Stammkunden Produktionsunterauslastung Kündigung Schlüsselpersonen

Ursachen: fortdauernde Strategiekrise operative Fehlentwicklungen

z.B. Qualitätsprobleme,Kostensteigerungen

Folgen: Jahresfehlbeträge mangelnde Rentabilität zunehmende

Kreditunwürdigkeit

Anzeichen: starker Umsatzrückgang (> 25%) späte Zahlung (3. Mahnung) Streichung von Kreditlinien

Ursachen: fortdauernde Erfolgskrise fehlerhafte Finanzplanung

z.B. mangelndeFristenkongruenz

Folgen: erhebliche Verengung des

finanziellen Handlungsspielraums konkrete Existenzgefährdung

des Unternehmens

gesundes Unternehmen LiquiditätskriseErfolgskriseStrategiekriseIn

solv

enzw

ahrs

chei

nlic

hke

it

niedrig

hoch Prozessdauer

Anzeichen: Verlust von Marktanteilen überaltetes Produktportfolio Substitutionsprodukte

Ursachen: unzureichende

Kundenorientierung mangelhafte Anpassung an

die Wettbewerbsentwicklung

Folgen: Konkurrenz- und Preisdruck

nimmt im steigenden MaßeEinfluss auf die Geschäftstätigkeit

Turnaround möglich?

Anzeichen: Verlust von Stammkunden Produktionsunterauslastung Kündigung Schlüsselpersonen

Ursachen: fortdauernde Strategiekrise operative Fehlentwicklungen

z.B. Qualitätsprobleme,Kostensteigerungen

Folgen: Jahresfehlbeträge mangelnde Rentabilität zunehmende

Kreditunwürdigkeit

Anzeichen: starker Umsatzrückgang (> 25%) späte Zahlung (3. Mahnung) Streichung von Kreditlinien

Ursachen: fortdauernde Erfolgskrise fehlerhafte Finanzplanung

z.B. mangelndeFristenkongruenz

Folgen: erhebliche Verengung des

finanziellen Handlungsspielraums konkrete Existenzgefährdung

des Unternehmens

Abb. 1: Prozessorientierter Krisenverlauf

Die Strategiekrise beruht häufig auf einer unzureichenden Kundenorientierung und ei-

ner ungenügenden Berücksichtigung der Interessen, die andere Interakteure des Unter-

nehmens haben. Werden die Ursachen der Krisensituation nicht bzw. nicht rechtzeitig

durch die strategische Planung identifiziert und konkrete Maßnahmen eingeleitet, folgt

die Erfolgs- und ggf. die Liquiditätskrise als logische Konsequenz.

Anders als bei der Strategiekrise werden hierbei bereits deutliche Auswirkungen auf die

Erfolgs- und Liquiditätsgrößen spürbar. Gleichzeitig sind die Steuerungsmaßnahmen

schwieriger umzusetzen (z.B. wegen Finanzschwierigkeiten aufgrund verstärkter Kre-

ditrestriktionen von Banken (Covenant-Brüche)). Liquiditätsprobleme können daher

nicht nur die Folge eines langfristigen Misserfolgs sein, sondern auch als Konsequenz

einer fehlerhaften Finanzplanung oder einer gescheiterten Kapitalbeschaffung eintreten

bzw. sich verstärken.11

11 Vgl. Bretz/Gude, Beurteilung des neuen Überschuldungsbegriffs in der InsO anhand von Bilanzinfor-

mationen, ZInsO 2010 S. 516.

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263

Im Rahmen des Krisenverlaufs wächst auch die Insolvenzgefahr. Neben dem bis zum

31.12.2013 „modifizierten“ Tatbestand der Überschuldung12 (§ 19 InsO) stellen die

Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) in

der Insolvenzordnung definierte Eröffnungsgründe dar.

Überschuldung liegt bei juristischen Personen vor, wenn das Vermögen des Unterneh-

mens die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und die Fortführung des Un-

ternehmens nach den Umständen überwiegend unwahrscheinlich ist.13 Zahlungsunfä-

higkeit besteht nach den Grundsätzen des BGH regelmäßig dann, wenn innerhalb von

drei Wochen mindestens zehn Prozent der fälligen Gesamtverbindlichkeiten nicht erfüllt

werden können.14 Zahlungsunfähigkeit droht, wenn „eine erhebliche Liquiditätslücke

unter Berücksichtigung der bestehenden, aber erst künftig fällig werdenden Verbind-

lichkeiten und der im entsprechenden Zeitraum verfügbaren Zahlungsmittel voraussicht-

lich eintreten wird.“15

Das durch die Risiko- und Planungsverantwortlichen durchzuführende proaktive Risi-

komanagement dient einer frühzeitigen und regelmäßigen Überwachung, ob das Fortbe-

stehen des Unternehmens gefährdet sein könnte. Bspw. kann im Rahmen der strategi-

schen ABC-Kundenanalyse auf Wahrscheinlichkeitsbasis simuliert werden, welche

Auswirkungen der Weggang eines Großkunden auf die Erfolgs- und Liquiditätslage

hätte. Ebenso gut sind die Änderungen der Rohstoffpreise und deren Auswirkungen auf

den Materialaufwand zu simulieren. Dies erscheint insbesondere dann nötig, wenn das

Unternehmen mit den Kunden Festpreisverträge abgeschlossen hat.

Sofern der periodisch durchzuführenden Planrechnung auf Basis der Monte-Carlo-

Simulation aufgrund mangelnder Deckungsmassen (Vermögen bzw. Liquidität) zu ent-

nehmen ist, dass der Bestand wegen Überschuldung oder (drohender) Zahlungsunfähig-

12 Vgl. Poertzgen, Fünf Thesen zum neuen (alten) Überschuldungsbegriff (§ 19 InsO n.F.), ZInsO 2009

S. 401 ff. 13 Vgl. Beck, Überschuldung – Alter Ansatz in neuem Umfeld, KSI 2/2009 S. 62. 14 Vgl. BGH-Urteil vom 08.10.2009 – IX ZR 173/07, ZIP 2009 S. 2254. 15 Vgl. BGH-Urteil vom 13.08.2009 – IX ZR 159/06, ZIP 2009 S. 1967.

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264

keit ernsthaft gefährdet sein könnte, muss durch das Geschäftsführungsorgan die insol-

venzrechtliche Fortbestehensprognose eingeleitet werden.16

2.3 Einsatz in der rechnungslegungsbasierten Prognose

2.3.1 Fortführungsprognose

Bei der Bewertung der im Jahres- bzw. Konzernabschluss ausgewiesenen Vermögens-

gegenstände und Schulden ist grundsätzlich die Annahme der Fortführung der Unter-

nehmenstätigkeit maßgeblich. Falls dies nicht zutrifft, ist die Bewertung unter Liquida-

tionsgesichtspunkten durchzuführen. Sofern ein Anhang zu erstellen ist, sind entspre-

chende Zusatzangaben erforderlich, wobei für kleine und mittlere Unternehmen Erleich-

terungen gelten.17

Im handelsrechtlichen Sinne kann gem. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB von der Fortführung

des Unternehmens bzw. über § 298 Abs. 1 HGB des Konzerns ausgegangen werden,

„sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen“.

Als rechtlicher Aspekt gilt insbesondere der Eintritt eines gesetzlichen Insolvenztatbe-

stands.18 Insofern fließt die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose mit ihrem Er-

gebnis in die handelsrechtliche Fortführungsprognose ein. Des Weiteren fallen darunter

auch Sachverhalte, die unabhängig einer Insolvenz die Fortführung des Unternehmens

unwahrscheinlich machen (z.B. Gewerbeauflagen, Vertriebsrestriktionen aufgrund von

Außenhandelsvorschriften).19 Tatsächliche Gegebenheiten deuten auf das Vorliegen

bestandsgefährdender Risiken hin. Der IDW nennt hier bspw. Prolongationsschwierig-

keiten wichtiger Kreditlinien und operationelle Risiken wie Produktionsausfälle durch

höhere Gewalt (IDW PS 270, Tz. 11). Entsprechend ist die Unternehmensleitung unter

Einbindung der Risikoverantwortlichen angehalten eine Prognose zu erstellen, die eine

mittelfristige Zahlungs- bzw. Überlebensfähigkeit gegenüber Anteilseignern und Gläu-

16 Vgl. hierzu Groß, Zur Beurteilung der „handelsrechtlichen Fortführungsprognose“ durch den Ab-

schlussprüfer, WPg 2010 S. 124 ff. 17 Vgl. hierzu Adam/Quick, Das Going-Concern-Prinzip – Konzeption und praktische Implikationen,

BFuP 2010 S. 249. 18 Vgl. Ellrott/Förschle/Kozikowski/Winkeljohann, Beck’scher Bilanzkommentar, 7. Aufl. 2010, § 252,

Tz. 15. 19 Vgl. Groß, Zur Beurteilung der „handelsrechtlichen Fortführungsprognose“ durch den Abschlussprü-

fer, WPg 2010 S. 123.

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265

bigern versichern kann.20 Grundsätzlich sieht das IDW hierfür einen Prognosezeitraum

von mindestens zwölf Monaten ab dem Abschlussstichtag vor (IDW PS 270, Tz. 20). In

der Rechnungslegung nach IFRS ist die Going-Concern-Prämisse in ähnlicher Weise in

den IAS 1.25-26 i. V. mit IAS 10.14-16 verankert.21

Wie bei der insolvenzrechtlichen Abschätzung dient auch hier das proaktive Risikoma-

nagement zur frühzeitigen Einschätzung, ob Risikokonzentrationen eintreten könnten,

die der künftigen Fortführung des Unternehmens entgegenstehen und damit der Going-

Concern-Prämisse den Boden entziehen. Entsprechend hat die Geschäftsführung eine

handelsrechtliche Fortführungsprognose (bspw. durch Rückgriff auf ein schlüssiges

Sanierungskonzept i. S. des IDW S 6) einzuleiten, falls das Ergebnis der Simulation auf

solche Anzeichen hindeutet.22

2.3.2 Externe Risiko- und Prognoseberichterstattung

Des Weiteren kann das proaktive Risikomanagement im Rahmen der externen Lagebe-

richterstattung genutzt werden. Neben großen haben auch mittelgroße Kapitalgesell-

schaften sowie gleichgestellte Personenhandelsgesellschaften im Sinne des § 264a HGB

Auskunft über die künftige Entwicklung unter Einbezug der wesentlichen Chancen und

Risiken zu geben (§ 264 Abs. 1 HGB i. V. mit § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB). Entsprechen-

de Vorschriften finden sich für den Konzernabschluss (§ 290 Abs. 1 HGB i. V. mit

§ 315 Abs. 1 Satz 5 HGB).23 Im Rahmen der Konzernrechnungslegung werden die Be-

stimmungen zur Risiko- und Prognoseberichterstattung in den beiden Rechnungsle-

gungsstandards DRS 5 und 15 näher konkretisiert. Einzelunternehmen können diese

Standards freiwillig beachten.24

20 Vgl. Hirte/Knof/Mock, Überschuldung und Finanzmarktstabilisierungsgesetz, ZInsO 2008 S. 1217 ff. 21 Vgl. hierzu Adam/Quick, Das Going-Concern-Prinzip – Konzeption und praktische Implikationen,

BFuP 2010 S. 245. 22 Grundsätzlich können auch Sanierungskonzepte unter Zuhilfenahme simulationsbasierter Verfahren

erstellt werden, zum Mehrwert dieser Vorgehensweise vgl. Gleißner//Knecht/Egretzberger/Kamarás, Simulationsbasierte Bewertung von Sanierungskopnzepten: Grundlagen und Fallstudie, KSI 5/2010 S. 217 ff.

23 Vgl. Freidank/Steinmeyer, Betriebliches Reporting als Basis für die Erstellung und Prüfung des Lage-berichts, Controlling 2009 S. 249 ff.

24 Vgl. hierzu Kaya, Verminderung der Aussagekraft des Lageberichts mittelständischer Unternehmen, StuB 2010 S. 484.

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266

Demzufolge ist auf eine rechtliche oder wirtschaftliche Bestandsgefährdung hinzuwei-

sen (DRS 5.11), wobei grundsätzlich ein einjähriger Prognosezeitraum heranzuziehen

ist (DRS 5.24). Eine Darstellung von Interdependenzen zwischen einzelnen Risiken ist

wünschenswert (DRS 5.25). Die Aggregation von Risiken wird empfohlen, sofern dies

nach verlässlichen Methoden – wie der Monte-Carlo-Simulation – wirtschaftlich ver-

tretbar ist (DRS 5.20).

Das System und die Unterlagen des proaktiven Risikomanagements dienen zudem als

Nachweis und Dokumentation im Rahmen der Jahres- und Konzernabschlussprüfung,

um zu gewährleisten, dass die Chancen und (bestandsgefährdenden) Risiken der zu-

künftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind (§ 317 Abs. 2 Satz 2 HGB). Diesbe-

züglichen Einschränkungen im Bestätigungsvermerk (§ 322 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 6

Satz 2 HGB), der neben großen auch bei mittelgroßen Kapitalgesellschaften publizitäts-

pflichtig ist, und deren negativen Folgen können so entgegengewirkt werden.

3. Einbettung der Monte-Carlo-Simulation in das proaktive Risikomanagement

3.1 Implementierung des proaktiven Risikomanagementsystems

Die Prozessschritte des proaktiven Risikomanagements bestehen – wie bereits bei klas-

sischen Risikomanagementprozessen – aus der Risikoidentifikation, der Risikobewer-

tung und -aggregation, der Risikosteuerung sowie dem Risikoreporting (vgl. Abb. 2).25

25 Vgl. Gleißner, Risikomanagement, 2005, S. 114.

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267

Implementierungdes Risiko-

managementsystems

Risikosteuerungund

Risikoreporting

Risikobewertung und -aggregation

Risiko-identifikation

Monte-Carlo-Simulation

Implementierungdes Risiko-

managementsystems

Risikosteuerungund

Risikoreporting

Risikobewertung und -aggregation

Risiko-identifikation

Monte-Carlo-Simulation

Abb. 2: Proaktives Risikomanagement

Wie in Kap. 2.2. 1 dargestellt, bildet die proaktive Variante die Schnittstelle zwischen

der Unternehmensplanung und dem klassischem Risikomanagement. Durch die Ver-

wendung von Bandbreiten anstelle von einwertigen Zahlen können zugleich Rück-

schlüsse auf die Insolvenzwahrscheinlichkeit bzw. – bei mehrperiodischer Betrachtung

– auf den Unternehmenswert gezogen werden. Die Beurteilung des vorhandenen Risi-

kopotentials wird dabei nicht isoliert betrachtet, sondern unmittelbar mit den künftigen

Ertrags- und Liquiditätsmöglichkeiten sowie den verfügbaren Deckungsmassen (Eigen-

kapital und Liquidität) verbunden.26 Entsprechend sind die einzelnen Prozessschritte der

klassischen Variante um die speziellen Komponenten des proaktiven Risikomanage-

ments zu erweitern.

3.2 Risikoidentifikation

Im Rahmen der Risikoidentifikation werden zunächst alle Gefahrenquellen, Schadens-

ursachen und Störpotentiale vollständig, strukturiert und detailliert erfasst. Um die Ge-

fahr der Nichterfassung und daraus folgenden Nichtquantifizierung wesentlicher Risi-

ken zu vermeiden, werden unterschiedliche Verfahren (z.B. Risikochecklisten, Besich-

26 Vgl. Albrecht, Auf dem Weg zu einem holistischen Risikomanagement?, Mannheimer Manuskripte

zur Risikotheorie, Portfolio Management und Versicherungswirtschaft Nr. 110, 1998, S. 1, abrufbar unter http://insurance.bwl.uni-mannheim.de/download/extern/mm/mm110.pdf (10.08.2010).

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268

tigungen, Interviews, Workshops, Delphi-Analysen, etc.) eingesetzt, die von den Risi-

koverantwortlichen zur Analyse der Risikosachverhalte heranzuziehen sind.27 Die so

ermittelten Ergebnisse sind in einem Risikoinventar festzuhalten. Für das proaktive Ri-

sikomanagement müssen dabei insbesondere auch wesentliche Korrelationen und Ursa-

che-Wirkungs-Beziehungen zwischen den tragenden Risiken identifiziert werden. Dar-

über hinaus ist anzugeben, welche Inputvariable(n) der Planrechnung durch das jeweili-

ge Risiko betroffen ist bzw. sind.28

3.3 Risikobewertung

Um die Erfassung von Risiko- und Chancenpotentialen im Planungsmodell zu ermögli-

chen, sind die identifizierten Risiken anschließend zu bewerten. Quantifiziert werden

müssen insbesondere die Komponenten Planungsmodells, die sowohl ein beträchtliches

Schadenspotential als auch eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. eine erhebliche

Prognoseunsicherheit im Sinne einer Schwankungsbandbreite besitzen.29 Letzteres stellt

die Abweichungsmöglichkeit vom erwarteten Wert einer Planungsgröße (z.B. Rohstoff-

preise, Wechselkurse) im positiven wie im negativen Sinne dar.

Um die Transparenz und Wirtschaftlichkeit des proaktiven Risikomanagements zu wah-

ren, ist die nähere Quantifizierung bzw. Stochastisierung auf die wichtigsten der im

Identifikationsprozess aufgedeckten Wert- und Risikotreiber zu beschränken (z.B. Roh-

stoffpreise, Absatzmengen).30 Die risikobehafteten Inputfaktoren sind anschließend im

Tabellenkalkulationsprogramm mit Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu hinterlegen.31

Während die Add-Ins der unteren Preiskategorie (vgl. Tab. 1) auf Basis einiger Stan-

dardverteilungen (Gleichverteilung, Normalverteilung, etc.) nur einfache Simulationen

des Planungsmodells ohne weitergehende Supportfunktionen ermöglichen, stellen die

27 Zu planungsrelevanten Informationsquellen vgl. bspw. Depré/Dobler, Einsatz der betrieblichen Plan-

rechnung in der Insolvenzverwaltung im Kontext des IDW S 6, KSI 2/2010 S. 57 ff. 28 Vgl. Henselmann/Klein, Monte-Carlo-Simulation in der Due Diligence, M&A Review 2010 S. 360. 29 Vgl. Klett, Risiko- und Krisenmanagement in KMU, NWB-BB 2010 S. 178. 30 Vgl. Berkau, Risiko-Controlling mit Geschäftsprozessen, in: Loos/Krcmar (Hrsg.), Architekturen und

Prozesse, 2007, S. 160. 31 Zur Vorgehensweise vgl. bspw. Bleuel, Monte-Carlo-Analysen im Risikomanagement mittels Soft-

ware-Erweiterungen zu MS-Excel dargestellt am Beispiel der Unternehmensplanung, Controlling 2006 S. 371 ff.

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269

Softwarelösungen der oberen Preisklasse hierzu umfangreiche Zusatzfeatures zur Ver-

fügung. Exemplarisch seien genannt:32

Sensitivitätsanalysen zur Aufdeckung der wichtigsten Wert- und Risikotreiber,

eine Vielzahl benutzerdefinierter Verteilungen und Spezialverteilungen (z.B. PERT-

Verteilung, Weibull-Verteilung, Poisson-Verteilung, etc.),

Funktionen zur Ableitung von Verteilungen aus historischen Daten (z.B. Rohstoff-

preise),

integrierte Bibliotheken zur Ablage, zum Austausch und zur Wiederverwendung

von Verteilungen und historischen Datensammlungen (z.B. Rohstoffpreise, Wech-

selkurse, Simulationsergebnisse des Risikomanagements von Vorperioden zum Soll-

Ist Vergleich, etc.),

umfangreiches Supportmaterial (animierte Planungsrechnungen, Spreadsheet basier-

te Online-Präsentationen als Lernhilfe, ausführliche Benutzerhandbücher, etc.).

@RISK 5.5

Professional

Crystal Ball 11.1

Basic

ModelRisk 3.0

Professional

Risk Solver V9.6

RiskSim 2.41

XLSim 3.2

Hersteller Palisade Oracle Vose

Software Frontline Systems

Decision Toolworks

Analycorp

Preis/ Leistung

obere Preiskategorie (je nach Ausstattung 900 € bis 1.200 €)

umfangreiches Leistungspotential

untere Preiskategorie (< 200 €)

nur einfache Simulationen

Tab. 1: Beispiele für Excel basierte Tools zur Monte-Carlo-Simulation

Besonders vorteilhaft ist des Weiteren das statistisch richtige Zusammenführen unter-

schiedlicher Verteilungen. Werden bspw. verschiedene Prognosen für einen Inputfaktor

abgegeben, so können diese zu einer „gemeinsamen“ Wahrscheinlichkeitsverteilung

aggregiert und ins Excel Modell implementiert werden. Ebenso gut können unterschied-

32 Vgl. hierzu ausführlich Klein, Add-In basierte Softwaretools zur stochastischen Unternehmensbewer-

tung?, Working Paper in Accounting Auditing Valuation Nr. 7, Friedrich-Alexander-Universität Er-langen-Nürnberg, 2010, abrufbar unter http://www.econstor.eu/dspace/bitstream/10419/36702/1/631127364.pdf (12.09.2010).

Page 279: Monte-Carlo Simulation und Fuzzyfizierung qualitativer ... · Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)2 ist zur vollständigen Risikoableitung eines Unternehmens wenig geeignet, da

270

liche Verteilungen von Teilgrößen einer Position der Planrechnung (z.B. Absatzmenge

und Absatzpreise zur Ermittlung der Umsatzerlöse) zusammengeführt werden. Darüber

hinaus bieten viele Add-Ins der oberen Preiskategorie zusätzliche Features, um Exper-

tenworkshops im Rahmen der Ableitung von Verteilungen graphisch zu unterstützen.33

Exemplarisch seien hier Workshops und Delphi-Analysen

mit Vertriebsleitern und/oder Außendienstmitarbeitern zur mehrwertigen Planung

der künftigen Absatzzahlen (Planung der Umsatzerlöse),

mit Produktionsleitern in Bezug auf anstehende Großreparaturen und deren Kosten

(mehrwertige Planung der (sonstigen) Aufwendungen),

Gespräche mit Abteilungs- und Produktionsleitern zu Investitionsbedürfnissen und

Bandbreiten erzielbarer Veräußerungserlöse bei nicht betriebsnotwendigen Kompo-

nenten (Planung des Anlagevermögens, der liquiden Mittel und der (sonstigen) be-

trieblichen Erträge)

genannt.

3.4 Risikoaggregation

Nachdem die unsicheren Inputgrößen mit Verteilungen hinterlegt wurden, kann die ei-

gentliche Risikoaggregation mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation durchgeführt wer-

den.

Dies geschieht durch eine multiple Berechnung der interessierenden Zielgrößen (z.B.

EBIT, freier Cashflow, Jahresüberschuss) mit Hilfe des Add-In Tools. Durch eine hin-

reichend häufige Iteration der wesentlichen Risikotreiber des Planungsmodells entsteht

so eine Ergebnis- bzw. Zahlungsstromverteilung, die das Gesamtrisiko des Unterneh-

mens in Form einer möglichen Abweichung vom erwarteten Ergebnis bzw. der erwarte-

ten Liquidität charakterisiert (vgl. Abb. 3).

Die Softwaretools der oberen Preiskategorie bieten optional die Möglichkeit, Korrelati-

onen und intertemporale Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Risikofaktoren zu

berücksichtigen. Diese tragen dazu bei, dass unmögliche Kombinationen bei der Zie-

hung der Zufallsgrößen aus den einzelnen, hinterlegten Verteilungsfunktionen (z.B.

33 Vgl. Henselmann/Klein, Monte-Carlo-Simulation in der Due Diligence, M&A Review 2010 S. 361.

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271

gestiegene Absatzmengen in Verbindung mit geringeren variablen Produktionskosten)

keine Berücksichtigung finden.

Eingabedaten (Inputvariablen)

X1 = …

X2 = …

X3 = …

X4 = …

Ergebnishistogrammz.B. EBIT, Cashflow, Jahresüberschuss

Wahrscheinlichkeitsverteilungender Inputfaktoren

des Planungsmodells z.B.TabellenkalkulationPlanungsmodell

Gleichverteilung

Dreiecksverteilung

PERT-Verteilung

Monte-Carlo-Simulation

Bestehen Korrelationenzwischen den Inputfaktoren?

Eingabedaten (Inputvariablen)

X1 = …

X2 = …

X3 = …

X4 = …

Ergebnishistogrammz.B. EBIT, Cashflow, Jahresüberschuss

Wahrscheinlichkeitsverteilungender Inputfaktoren

des Planungsmodells z.B.TabellenkalkulationPlanungsmodell

Gleichverteilung

Dreiecksverteilung

PERT-Verteilung

Monte-Carlo-Simulation

Bestehen Korrelationenzwischen den Inputfaktoren?

Abb. 3: Prozess der Risikoaggregation auf Basis der Monte-Carlo-Simulation

3.5 Risikosteuerung und Risikoreporting

Mit der Ergebnis- bzw. Zahlungsstromverteilung und der damit verbundenen Gesamtri-

sikoposition des Unternehmens stehen der Risikosteuerung aggregierte, mehrwertige

Informationen zur Verfügung. Die Add-In basierten Softwaretools bieten hier zahlreiche

Visualisierungs- und statistische Darstellungsmöglichkeiten an, um das Rohmaterial

sowie die daraus generierte Prognose im Rahmen des internen Risikoreportings an-

schaulich zu präsentieren. Je nach Ergebnis und vorhandenen Risikodeckungsmassen ist

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272

im Zuge der Risikosteuerung einerseits über gezielte Maßnahmen zu beraten (Risiko-

vermeidung, Risikoverminderung, Risikoabwälzung, etc.).34

Andererseits bilden die Ergebnisse die Grundlage, um im Rahmen des externen Risiko-

reportings eine Gesamtaussage hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung im Lagebe-

richt treffen zu können. Insbesondere darüber, ob die durch die Monte-Carlo-Simulation

aggregierten Risiken den Bestand des Unternehmens gefährden.

4. Krisen- und Insolvenzanalyse im proaktiven Risikomanagement

4.1 Eigenkapital- bzw. Liquiditätsbedarf als Maß für das Risikopotential

Um prognostizieren zu können, ob im Planungszeitraum genügend Eigenkapital bzw.

Liquidität vorgehalten wird, um bestimmte Ergebnis- bzw. Liquiditätssituationen schad-

los zu überstehen, müssen aus den Ergebnissen der Monte-Carlo-Simulation sog. Risi-

komaße bestimmt werden. Diese überführen das aggregierte Risiko zurück in einen de-

terministischen Wert.

Als Risikomaße eignen sich bspw. der Eigenkapital- und Liquiditätsbedarf. Ersterer

ermittelt sich als Abweichung zum Erwartungswert einer erfolgsbasierten Zielgröße auf

Basis eines vorher festgelegten (1-α)-Quantils (z.B. als absoluter EBIT-at-Risk (EBI-

TaR)).35 Der Liquiditätsbedarf errechnet sich analog auf Basis einer Zahlungsstromgrö-

ße (z.B. als absoluter Cashflow-at-Risk (CFaR)).36 Das dabei in Frage kommende Quan-

til (sog. Vertrauens- oder Konfidenzniveau) wird entsprechend der im Risikomanage-

mentprozess angestrebten Sicherheit durch die Risikoverantwortlichen unternehmensin-

dividuell gewählt. So kann bspw. in Abhängigkeit der Deckungsmasse ein Vertrauens-

niveau von α=60% als Normalszenario, von α=75% als Krisenszenario und von α=99%

als Insolvenzszenario herangezogen werden:

Das Normalszenario beschreibt eine Cashflow- bzw. Erfolgsentwicklung, die „nor-

malen“ Umsatz- und Aufwandsschwankungen im Planungsmodell ursächlich ist und

34 Vgl. Eisolt, Erstellung von Sanierungskonzepten nach dem neuen IDW S 6, BB 2010 S. 428 ff. 35 Vgl. Gleißner, Risikomaße und Bewertung, Risiko Manager 13/2006 S. 18. 36 Vgl. Berkau/Arnsfeld/Frey, Prozessorientiertes Risiko-Controlling für den Mittelstand, Controlling-

Berater 2006 S. 80.

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273

mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit als negative Abweichung zum Erwar-

tungswert eintritt.

Das Krisenszenario betrachtet eine Entwicklung, die in einer Existenzgefährdung

mündet und für die Branche des Unternehmens ein ungewöhnliches Resultat dar-

stellt.

Das Insolvenzszenario beschreibt hingegen den Worst-Case, bei welchem die Risi-

ken in der Weise eintreten, dass die Fortführung bzw. das Fortbestehen ernsthaft an-

zuzweifeln ist.37

-360.000 €-270.000 €

-180.000 €-90.000 €-450.000 €

0 €90.000 €

180.000 €270.000 €

360.000 €450.000 €

Erwartungswert= +58.336 €

EBITaR99%

= -248.053 €

EBITaR75%

= -31.352 €

EBITaR60%

= +25.756 €

1 % 25 % 40 %

relativer EBITaR99%

= │-306.389│ €

Ergebnisverteilung Planperiode 2010

-360.000 €-270.000 €

-180.000 €-90.000 €-450.000 €

0 €90.000 €

180.000 €270.000 €

360.000 €450.000 €

-360.000 €-270.000 €

-180.000 €-90.000 €-450.000 €

0 €90.000 €

180.000 €270.000 €

360.000 €450.000 €

Erwartungswert= +58.336 €

EBITaR99%

= -248.053 €

EBITaR75%

= -31.352 €

EBITaR60%

= +25.756 €

1 % 25 % 40 %

relativer EBITaR99%

= │-306.389│ €

Ergebnisverteilung Planperiode 2010

Abb. 4: EBIT-at-Risk (EBITaR) zur Messung des Risikopotentials

Abb. 4 stellt einen möglichen, aus der simulierten Planrechnung resultierenden Eigen-

kapitalbedarf für die drei vordefinierten Szenarien graphisch dar. Demnach liegt die

geplante Zielgröße (absoluter EBITaR) bei einem Erwartungswert von +58.336 € im

37 Vgl. Lister, Konzeptionelle Basis des wertorientierten Risiko-Controllings, in: Schierenbeck (Hrsg.),

Risk Controlling in der Praxis, 2. Aufl. 2006, S. 320.

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274

Insolvenzszenario (α=99%) bei -248.053 €, im Krisenszenario bei -31.352 €. Im Insol-

venzszenario würde sich damit eine negative Abweichung in Höhe von 306.389 € im

Vergleich zum Erwartungswert ergeben (sog. relativer EBITaR). Im Normalszenario

(α=60%) beträgt der EBIT +25.756 €, wobei nur in 40% aller simulierten Fälle ein nied-

rigerer EBIT zu erwarten ist.

4.2 Abgleich von Risikopotential und Risikodeckungsmasse

Das mittels der Monte-Carlo-Simulation ermittelte Risikopotential der jeweiligen Sze-

narien ist abschließend den im Planungszeitraum verfügbaren Risikodeckungsmassen

des Unternehmens gegenüberzustellen (vgl. Tab. 2).38

aggregiertes

Risikopotential ≤ Risikodeckungsmassen

Normalszenario CFaR60%, EBITaR60% ≤ Risikodeckungsmassen

erster Klasse

Krisenszenario CFaR75%, EBITaR75% ≤ Risikodeckungsmassen

erster und zweiter Klasse

Insolvenzszenario CFaR99%, EBITaR99% ≤ Risikodeckungsmassen erster bis dritter Klasse

Tab. 2: Gegenüberstellung von simulationsbasierten Risikopotential und Risikodeckungsmassen

Entsprechend dem eingegangenen Risikopotential ist die Ausstattung mit Eigenkapital

bzw. mit entsprechender Liquidität im proaktiven Risikomanagement so zu gestalten,

dass die zu erreichenden Ziele beim jeweils festgelegten Vertrauensniveau tatsächlich

erfüllt werden. Ist dies der Fall, ist das Unternehmen gegen Risiken mit der vorgegebe-

nen Wahrscheinlichkeit abgesichert. Bei einer Unterdeckung müssen im Rahmen der

strategischen und operativen Risiko- bzw. Unternehmenssteuerung rechtzeitig Steue-

rungsmaßnahmen zur Vermeidung, Minderung oder Überwälzung der identifizierten

Risiken eingeleitet werden (z.B. Abstoßen von Geschäftsbereichen, Make-or-Buy Ent-

scheidungen überdenken, etc.).

38 Vgl. Gleißner, Unternehmenswert, Rating und Risiko, WPg 2010 S. 741.

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275

Bei der Risikoeinschätzung empfiehlt es sich, den Risikopotentialen der einzelnen Sze-

narien entsprechende Risikodeckungsmassen zuzuordnen.39 Hierunter fallen hinsichtlich

der Liquiditätsplanung bspw.

im Falle des Normalszenarios jederzeit verfügbare Bank- und Kassenbestände (Ri-

sikodeckungsmasse erster Klasse),

im Falle des Krisenszenarios zusätzlich vorhandene Kreditlinien (Risikodeckungs-

masse zweiter Klasse) sowie

im Falle des Insolvenzszenarios zusätzlich Möglichkeiten zur Neukreditaufnahme

bzw. Möglichkeiten, Vermögenswerte schnell zu liquidieren (Risikodeckungsmasse

dritter Klasse).

Entsprechend gilt dies für den Eigenkapitalbedarf, wobei hier bspw. bilanzielle Ge-

winnvorträge (erste Klasse), die stillen Reserven (zweite Klasse) und ggf. die Gewinn-

bzw. frei verfügbaren Kapitalrücklagen (dritte Klasse) zu subsumieren wären. Das pro-

aktive Risikomanagement ist daher auch bei der Prognose zukünftiger Risikode-

ckungsmassen besonders gefordert. Insbesondere bei Aufstellung der Planbilanz ist ne-

ben der prognostizierten eigenen Situation auch das Branchen- und gesamtwirtschaftli-

che Umfeld dynamisch zu analysieren. So hat die jüngste Finanzkrise gezeigt, dass

Neukreditvergaben bzw. Prolongationen von Kreditlinien bei Banken oder die Bereit-

schaft von Private Equity Firmen, Eigenkapital bereitzustellen, in Krisenzeiten allge-

mein stark sinken. Dies gilt insbesondere auch für mittelständische Unternehmen.

Zugleich bestehen erhöhte Risiken, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zur Hebung

stiller Reserven nicht betriebsnotwendiges Kapital zu veräußern bzw. Liquidität zu ge-

nerieren, da die Bereitschaft zu Investitionen und damit der potentielle Abnehmerkreis

sinkt. Zudem sind die Kunden des Unternehmens in gesamtwirtschaftlichen Krisensitua-

tionen selbst erhöhten Ausfallrisiken ausgesetzt.

39 Vgl. bspw. Weber/Weißenberger/Liekweg, Risk Tracking and Reporting, 1999, S. 17.

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276

5. Limitationen

Die Vorteile der Monte-Carlo-Simulation dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass

beim Einsatz des proaktiven Risikomanagements auch einige Limitationen zu beachten

und nicht immer vollständig zu überwinden sind.

So ist für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzepts ein gewisses probabilistisches

Grundverständnis insbesondere bei mittelständischen Unternehmen erforderlich. Um

zukünftige Entscheidungsalternativen einbeziehen zu können, sind weitere Methoden

wie bspw. die flexible Planung nötig.40 Die Integration von mehrperiodigen Entschei-

dungsproblemen bzw. Strategiealternativen unter Risiko setzt aber viele, meist subjekti-

ve Wahrscheinlichkeitsschätzungen voraus.

Des Weiteren ist zu beachten, dass die i.d.R. auf Erfahrungswerten und vergangenheits-

basierten Daten zu schätzenden Verteilungen nicht unbedingt mit der realen Risikositua-

tion übereinstimmen müssen. Auch dürfen die Restrisiken aus der unvollständigen Risi-

kobewertung nicht übersehen werden. Problematisch ist die Tatsache, dass sich viele

Risiken - die außerhalb der Beherrschbarkeit des Unternehmens liegen - nicht oder nur

schwer quantifizieren lassen, wie z.B.

das Risiko eines Imageverlustes,

die Gefahr des Markteintritts eines zusätzlichen Wettbewerbers oder

der „Brain-Drain“ von Vertriebsprofis bei Insolvenzgefahr.

Obwohl grundsätzlich alle Risiken monetär zu bewerten sind, ergibt sich schnell die

Gefahr einer subjektiven „Pseudo-Genauigkeit“, die auch das proaktive Risikomanage-

ment i.S. einer Monte-Carlo-Simulation nicht vollständig lösen kann.

6. Zusammenfassung und Ausblick

Mit Hilfe des proaktiven Risikomanagementansatzes, welcher auf einer verteilungsba-

sierten Risikobewertung und -aggregation beruht, lassen sich frühzeitige Prognosen für

die künftige Risikosituation eines Unternehmens ableiten. Die Verknüpfung von Pla-

nung und Risikoinformationen bietet die Möglichkeit, einen „risikogerechten Eigenka-

40 Vgl. hierzu bspw. Kehrel/Schmitting, Jenseits der Grenzen der klassischen Investitionsrechnung: Integ-

ration von Vollständigen Finanzplänen, flexibler Planung und Simulation, ZP 2008 S. 59 ff.

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pital- und Liquiditätsbedarf“ explizit zu berechnen. Durch den Abgleich mit den ver-

fügbaren finanziellen Ressourcen bzw. liquiden Mittel können so auch bei mittelständi-

schen Unternehmen Krisen- und Insolvenzprognosen für die Verwendung in der Rech-

nungslegung (Beurteilung ob eine Fortführungsprognose erforderlich ist, Risikopublizi-

tät) und zur Vermeidung der Insolvenzverschleppung (Beurteilung ob eine Fortbeste-

hungsprognose erforderlich ist) auf Basis herkömmlicher Tabellenkalkulationspro-

gramme erstellt werden.

Den Limitationen der Monte-Carlo-Simulation stehen weitreichende Einblicksmöglich-

keiten in die Risikostruktur eines Unternehmens gegenüber. Zugleich kann das proakti-

ve System auch dazu genutzt werden, Planszenarien für die wesentlichen Finanzkenn-

zahlen aufzuzeigen, die neben der Insolvenzwahrscheinlichkeit das zukünftige Kreditra-

ting bestimmen. Entsprechende Auswirkungen ergeben sich hieraus auf die Fremdkapi-

talkosten und -finanzierung.41 Auch mittelständische Unternehmen sollten daher dem

proaktiven Risikomanagement in Zukunft verstärkte Aufmerksamkeit schenken.

41 Vgl. bspw. Gleißner, Unternehmenswert, Rating und Risiko, WPg 2010 S. 737 ff.

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