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LeseanimatorInnen SIKJM / Newsletter 73 8. Juni 2020 1/5

Newsletter 73 / Juni 2020

Farbenkarussell, Käferparade, WürfelMitmachstationen in der BibliothekVon Barbara Schwarz, Leseanimatorin SIKJM, [email protected]

Farbenkarussell, Käferparade und Würfel sind vom Kinderbuchhaus.at entwickelte Mitmachstationen, gerade eben wurden sie als Novität in den Kinderliteraturabteilungen von Bibliotheken in Niederösterreich platziert. Die Entstehungsgeschichte ist Gegenstand dieses Newsletters.

LeseanimatorInnen SIKJMIdeen und Impulse für Literaturvermittlung und literale Förderung im Früh- und Vorschulbereich

www.leseanimation.ch

http://kinderbuchhaus.at


Realitäten schaffenDie Illustratorin und Autorin Renate Habinger hat mit ihrem Kinderbuchhaus.at in den letzten Jahren einen sprühenden und funkelnden Kinderliteratur-Ort geschaffen. Wer die Home page www.kinderbuchhaus.at aufruft, trifft dort auf zwei Programmschienen: Unter Ausstellung ein Angebot für Familien und Schulklassen, unter Ausbildung Lehrgänge für am Kinderbuch interessierte Erwachsene in den Sparten Illustration, Schreiben, Vermittlung. Auf facebook.com/Kinderbuchhaus präsentiert das Kinderbuchhaus laufend Einblicke in sein wegweisendes Programm.

Als ich 2008 das erste Mal für die Teilnahme an einer Sommerschulwoche ins Mostviertel reiste, zählte ich auf der letzten Wegstrecke der neunstündigen Fahrt, im Dieselzug sitzend, 19 Hasen auf den Feldern und deutete dies als Verheissung, hier, am Rand meiner Welt auf Neues zu stossen – in Anlehnung an den horizontsprengenden Anfang von Peter Hacks Geschichte Anna, genannt Humpelhexe: «Sieben Hasensprünge hinter dem Ende der Welt ...». Sie hat sich eingelöst – für diese erste Sommerschulwoche zu Illustration und darauf für die vielen seither entstandenen Zusammenarbeiten in der Sparte Vermittlung.

Vermittlungsmarke HabingerUm Familien aus der näheren und weiteren ländlichen Umgebung zum Spiel mit Kinder-literatur einzuladen, entwickelte Renate Habinger ab 2016 jährlich eine Mitmach-Ausstellung zu wechselnden Themen: Zu Versteckt, Klappstadt / Pop up, Im Märchen wald, KUNST.stellen verbaute sie jeweils in den Sommerpausen eine gefühlte Tonne zweilagigen Wellkarton zu verwinkelten Themenräumen, in welchem eine Vielzahl von Kinderbüchern mit speziellen Halterungen an der Wand, zwischen Objekten, unterm Tischchen, in Höhlen und von der Decke baumelnd zum Lesen und Vorlesen verlockten – vielleicht erst, nachdem man sich ungezwungen lesereif gespielt hatte mit zu Büchern assoziierten Sachen oder an Gestaltungs- und Experimentierstationen. Der literarische Spielplatz war erfunden! Kinder, Erwachsene und ganze Schulklassen können sich darin vertun, spielen, sich verkriechen, Bücher entdecken, Geschichten hören, gestalten, selber lesen und erfinden.

© Franziska Baetcke

Bilder aus der Ausstellung Im Märchenwald:

http://kinderbuchhaus.athttp://kinderbuchhaus.athttps://www.facebook.com/Kinderbuchhaus


Idee MitmachstationAlle Vermittlerinnen, die einmal in einer der Ausstellungen waren, träumen danach davon, diese Art Bücherspielwelt vielen Kindern zugänglich zu machen. Die Gesamtheit der Installationen aus Karton und teilweise Sperrholz, mit dem ausgeprägten Charakter des fantasievoll Selbstgemachten, die Wirkung der schön präsentierten Bücher voller Ideen und die atmosphärische Anordnung von passenden Spielsachen und Werkmaterialien versetzt einen in die eigenen Träume. Die Krux ist, dass die hochprofessionelle Gestaltung der Ausstellungen alles so einfach erscheinen lässt, es aber natürlich nicht ist. Als Assistentin für die Ausstellung KUNST.stellen habe ich einen Einblick in die immense Arbeit, die in einem solchen Gesamtkunstwerk steckt, nehmen können. Dennoch, wieder und wieder war da die Idee, mit Mitmachstationen ein Stück Kinderbuchhauswelt in Bibliotheken zu verlagern, um dort Zauber und Zunder von Büchern greifbar anzubieten. Und eines Tages kam die Anfrage von der Fachstelle kommunaler Bibliotheken Niederösterreichs für drei verschiedene Mitmachstationen zu MINT-Themen! Renate hat mich für die Mitarbeit eingeladen, wir sagten zu und gingen ans Werk.

EntwicklungsschritteWir verbrachten zweimal eine Woche gemeinsam nur mit Bücher sichten, Ideen sammeln, konkretisieren und planen. Aus dem Feld MINT (Mathematik, Informatik, Natur wissenschaft, Technik) wählten wir für Kinder zwischen 5 und 8 Farbe, für Kinder zwischen 7 und 10 Käfer, für Kinder zwischen 9 und 11 Mathematik. Zum Thema Farbe hatten wir beide schon viel gearbeitet, für Käfer gab das Buch Die grosse Käferparade von Owen Davey den Ausschlag und für Mathematik lockte uns das Unbekannte*.

Würfel making of

*Zum Unbekannten der Mathematik: Als wir diesem Thema nur den kleinen Finger gaben, wurden wir von ihm gepackt. Und während ich aus der Ferne die Gestaltung des Würfels mit seinen neun Laden mitverfolgte, offenbarten sich mir Zahlenrätsel, Fliesenmuster, Prim- und Glückszahlen, Tangram, platonische Körper, Fibonacci-Reihe, Origami und Schach in ihrer Schönheit von Alles ist Zahl und Harmonie (Pythagoras):

Mathematik in Arbeit


BauenDer Bauphase voran gingen Materialrecherchen und -beschaffung sowie Modellbauten für Propeller, Drehräder, Infohalter usw. Während des Bauens waren Besprechungen mit Drechsler, Schreiner, Farbspezialisten und Schuster wegweisend, und je weiter die Stationen Form annahmen, je mehr exakte Beschriebe für selbsterklärende Angebote formuliert waren, umso deutlicher zeichnete sich ab, was zusätzlich zu lösen war, um die Stationen wirklich tourneetauglich zu machen: Detaillierte Beschriebe für Auf- und Abbau, Inventarlisten und eine stosssichere Verpackung für die demontierbaren Einzelteile. Wegen der Corona-Pandemie musste ich mitten in der Arbeit nach Hause reisen, sodass Renate in vielen Wochen die Stationen alleine gestaltete und fertig stellte. Ende Mai wurden sie abgeholt und für eine Zeitspanne von 12 Wochen in den ersten drei Gast-bibliotheken aufgestellt! (www.treffpunkt-bibliothek.at)

Auch die geplante Einführung für interessierte BibliothekarInnen brauchte eine neue Form: Für jede Station wurde ein Infofilm gedreht.

Nun freuen wir uns auf Erfahrungsberichte der Bibliotheken. Auf Vernissage- und Dernièreneinladungen, wie auch für thematische Veranstaltungen in den Gastmonaten, die sich natürlich anbieten würden, muss im Moment verzichtet werden. Die selbst-erklärenden Einrichtungen sollen einzelne Interessierte in den Bann ziehen und Lust auf Auseinander setzung mit Büchern und Themen wecken, Transfer für Ideen bieten:

Farbenkarusselle

Würfel

Käferparaden

https://www.treffpunkt-bibliothek.at


Ideenhaus BibliothekAuf Anfrage werden die Stationen erneut gebaut, idealerweise für Bibliotheksfachstellen, welche die Stationen dann zum Verleih anbieten. Zudem stellen wir uns vor, jeweils im Nachgang zu den kommenden Ausstellungen auch eine mobile Station zum Ausstellungs-thema zu bauen. Bibliotheken mit einer wachsenden Zahl von wechselnden Mitmach-stationen werden so noch expliziter zu Ideenhäusern, zu spezifisch inspirierenden Medienorten für alle.

Schon lange machen viele von uns positive Erfahrungen mit kleinen und grösseren Installationen, meist vorübergehend bei Veranstaltungen oder in Projekten mit Lern-landschaften. Das Inszenieren von Büchern und das Gestalten von Bücherorten ist eine vielversprechende Methode, Begegnungen von Kindern mit Büchern auszurichten und damit Freude am Lesen zu wecken.

Die Träume, wie sich Bibliotheken, aber auch Bücherlandschaften von Kitas und Kindergärten räumlich und atmosphärisch auszeichnen könnten, um Auseinander-setzungen mit Inhalten anzuregen, sind noch ein weites Feld.

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