nicaragua zeitungder prozentuale abstand zur plc war größer als jemals zuvor. sehr deutlich wurde...

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Überraschend klarer Sieg der PLC bei den Wahlen in Nicaragua NICARAGUA ZEITUNG Dezember 2001 Nicaragua Verein Hamburg Zum dritten Mal in Folge verliert die FSLN mit ihrem Spitzenkandi- daten Daniel Ortega die Präsi- dentschaftswahlen. Die Enttäu- schung bei der FSLN war groß, da sie in fast allen Umfragen knapp vorn gesehen wurden. Bei einer sehr hohen Wahlbeteiligung konn- ten die Sandinisten zwar ein paar Stimmen hinzugewinnen, doch der prozentuale Abstand zur PLC war größer als jemals zuvor. Sehr deutlich wurde das Zweiparteien- system, welches nach den Wahl- rechtsänderungen faktisch einge- führt wurde. Die PC konnte bei den Parlamentswahlen nur 4,5 % holen. Ausschlag geben vor allem die 15-20% bis zuletzt unentschie- denen WählerInnen, die fast geschlossen PLC wählten. Nur noch in Esteli, Chinandega und León hat die FSLN eine Mehr- heit der Bevölkerung hinter sich. Der zukünftige Präsident Enrique Bolaños Geyer Gleich nach der Wahl begannen die PLC und ihre Anhänger mit einer neuen Welle von Repressio- nen gegen FSLN-AktivistInnen, GewerkschafterInnen und Bauern. Lehrkräfte, die Wahlbeobachter der FSLN waren, erhielten Kündi- gungsschreiben oder es wurde ihnen damit gedroht. Kollegen, die für die PLC das gleiche taten haben natürlich nichts zu befürch- ten.In der Nähe von Esteli tauch- ten nach der Wahl bewaffnete Männer mit Maßbändern auf, die verschiedene Parzellen von Klein- bauern erfassten, anscheinend mit dem Ziel, eine Liste der Grundstücke zu erstellen, die an Großgrundbesitzer zurückgegeben werden sollen. Dies alles scheint ein Vorge- schmack auf eine vor Selbstbe- wusstsein strotzende PLC zu sein.

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Page 1: NICARAGUA ZEITUNGder prozentuale Abstand zur PLC war größer als jemals zuvor. Sehr deutlich wurde das Zweiparteien-system, welches nach den Wahl-rechtsänderungen faktisch einge-führt

Überraschend klarer Sieg der PLCbei den Wahlen in Nicaragua

NICARAGUAZEITUNGDezember 2001

NicaraguaVereinHamburg

Zum dritten Mal in Folge verliertdie FSLN mit ihrem Spitzenkandi-daten Daniel Ortega die Präsi-dentschaftswahlen. Die Enttäu-schung bei der FSLN war groß, dasie in fast allen Umfragen knappvorn gesehen wurden. Bei einersehr hohen Wahlbeteiligung konn-ten die Sandinisten zwar ein paarStimmen hinzugewinnen, dochder prozentuale Abstand zur PLCwar größer als jemals zuvor. Sehrdeutlich wurde das Zweiparteien-system, welches nach den Wahl-rechtsänderungen faktisch einge-führt wurde. Die PC konnte bei denParlamentswahlen nur 4,5 %holen. Ausschlag geben vor allemdie 15-20% bis zuletzt unentschie-denen WählerInnen, die fastgeschlossen PLC wählten.Nur noch in Esteli, Chinandegaund León hat die FSLN eine Mehr-heit der Bevölkerung hinter sich.

Der zukünftige Präsident Enrique Bolaños Geyer

Gleich nach der Wahl begannendie PLC und ihre Anhänger miteiner neuen Welle von Repressio-nen gegen FSLN-AktivistInnen,GewerkschafterInnen und Bauern.Lehrkräfte, die Wahlbeobachterder FSLN waren, erhielten Kündi-gungsschreiben oder es wurdeihnen damit gedroht. Kollegen,die für die PLC das gleiche tatenhaben natürlich nichts zu befürch-ten.In der Nähe von Esteli tauch-ten nach der Wahl bewaffneteMänner mit Maßbändern auf, dieverschiedene Parzellen von Klein-bauern erfassten, anscheinendmit dem Ziel, eine Liste der Grundstücke zu erstellen, die an Großgrundbesitzer zurückgegebenwerden sollen.Dies alles scheint ein Vorge-schmack auf eine vor Selbstbe-wusstsein strotzende PLC zu sein.

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Auch der amtierende PräsidentAlemán hat noch Pläne. Berichtenzufolge will er Parlamentspräsidentwerden. Er genauso wie Daniel

Ortega, haben einen Parlaments-sitz durch die im “Pakt” vereinbar-ten Wahlrechtsänderungen sicher.

Auf den folgenden Seiten doku-mentieren wir Eindrücke und Kom-mentare aus León vor und nachder Wahl.

Hier sind die Regionen im Vergleich zu 1996 zu sehen, in denen die Parteien eine Mehrheit haben. Nur noch inLeón,Chinandega und Esteli hat die FSLN mehr Stimmen als die PLC

Präsidentschaftswahl 1996 Präsidentschaftswahl 2001

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Montag, 29.10. - Abschlusskundge-bung der FSLN in LeónDer Platz vor der Kathedrale istbunt geschmückt, wirklich bunt -alles in den neuen Farben: Einrosa-gelbes Fahnenmeer und dieBotschaft “Frieden und Liebe” fürdie FSLN, dann orange und weißund lila und grün und eigentlichalles - die Farben der CONVER-GENCIA, ein sozusagen in letzterMinute gebildetes Wahl-bündnis verschiedensterParteien oder Teilen davonmit der FSLN an der Spitzeeine Öffnung der Partei?ein neuer Stil? Nichtsschwarz-rotes mehr, es sollnicht an die Vergangen-heit erinnert werden. Ab 16 Uhr sammeln sichdie Leute, die Menschenströmten, stundenlangwurde die Stimmung perLautsprecher, Ansagenund Musik aufrecht erhal-ten, langsam zeigten sichauch wieder schwarz-roteHalstücher und die altenFahnen wurdengeschwenkt. Gegen 20Uhr war der Platz bre-chend voll, geduldighaben alle gewartet - wirnicht. Als gegen 21.30Daniel endlich mit seiner‘Karawane’ kam, warenschon etliche gegangen.Für die noch Unentschlos-senen war das vielleichtnicht so gut?

Sonntag, 4.11. - WahltagEs ist ganz ruhig draußen.Disziplinierte, lange Schlan-gen vor den Wahllokalen,viele sind gleich morgens früh hin-gegangen und begegnen unsjetzt mit ihren schwarzen Daumen -Zeichen, dass sie gewählt haben.Es sieht nach hoher Wahlbeteili-gung aus - später wird dasbestätigt, ca. 90 % haben sichbeteiligt. Es scheint auch allesohne Probleme zu gehen, die Aus-stattung der Wahllokale mitWählerverzeichnissen, Akten,Urnen, Kabinen ... alles ist vorhan-den, der Zugang zur Schule LaSalle (dem Leóner Rechenzen-trum) ist für die Öffentlichkeitgesperrt, Wahlhelfer und Wahlbe-obachter scheinen in genügenderAnzahl anwesend, der Wahlvor-

stand in gesetzmäßiger Zusam-mensetzung zu sein ...Am Abend, nach Schließen derWahllokale, wird es noch ruhiger -jetzt warten alle gespannt auf dieAuszählung. Die Spannung ergreiftauch mich, es ist so schwer einzu-schätzen. Hier in León scheint einWahlsieg sicher, aber wie sieht esin Managua aus, und besondersauf dem Lande?

Der Wahlkampf muss ungeheuerschmutzig gewesen sein, persön-lich disqualifizierend. Es wurde vornichts zurückgeschreckt, es wurdedie Angst vor der Vergangenheitgeschürt, indem an Krieg, Militär-dienst, Enteignungen erinnertwurde, Daniel wurde als Totenkopfund Teufel dargestellt und - seitdem 11. September - als Terrorist ineine Linie mit Saddam Hussein,Ghaddafi, der PLO und jetzt mit BinLaden gestellt. Es wirkt so plump,aber ein Volk, das so arm ist und zueinem Drittel wieder aus Analpha-beten besteht, glaubt man, viel-leicht leichter manipulieren zu kön-nen. Heute bleibt alles ungewiss...

Montag, 5. November - Der Tagder AuszählungDie Ungewissheit und Verwirrungwächst. Die Informationen kom-men gar nicht oder sind wider-sprüchlich, je nachdem, welchenRadiosender man gerade hört.Morgens um 8.00 sollen 5 % ausge-zählt sein, danach soll die PLC einehohe Mehrheit haben, Bolaños seiPräsident, er wird schon als solcher

interviewt. In Radio Ya(FSLN) wird weiter be-schwichtigt, zum Kampfaufgerufen mit alten Lie-dern - aber auch hier keinegenauen Informationen ...Um 11.00 akzeptiert DanielOrtega die Niederlage,jetzt ist es klar und nichtmehr zu ändern, auchwenn noch nichts offiziell ist.Aber der Abstand ist zugroß.Abends dann die erstenvorsichtigen Feiern der PLC.Na ja, hier in León haben sieja auch nicht gewonnen ...

Dienstag, 6. November - DieFSLN feiert ihren Sieg inLeónDie Niederlage ist klar - eswird überall diskutiert. DieTendenz in all diesenAnsichten ist: dass es eineinnerparteiliche (FSLN) Dis-kussion geben und dassDaniel eigentlich die Konse-quenzen ziehen muss. Und dann gibt es auchschon Beispiele, bes. aufdem Land, wie PLC-Leutegegenüber FSLN-LeutenDruck machen. So sollen inQuezalguaque (Dept. León)

2 Lehrerinnen entlassen wordensein, weil sie bei der Wahl sandini-stische Wahlhelferinnen waren,und darüber hinaus wurden sieund ihre Kinder bedroht - mit denWorten: Jetzt sind wir an derMacht und haben das Sagen ...Ich hoffe, das bleiben Einzelfälleund kommen so ohne weiteresnicht durch. Jedenfalls wird dieMenschrechtskommission viel Ar-beit bekommen, wenn diese Ten-denz anhält...Am Abend dann die Feier der FSLNauf dem Platz - wieder Menschen-massen, gute Stimmung, unheim-lich viele junge Leute. Der Sieg inLeón wird gefeiert und die Abge-

Die Wahlen - Stimmungsbilder aus León

Am Wahltag bildeten sich lange Schlangen vor den Wahlbüros

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ordneten danken den Leónern fürihr Vertrauen. Wir kamen gerade,als Omar Cabezas redete,Nummer 4 auf der Liste derAbgeordneten für das Par-lament. Ob er reinkommt,ist noch nicht sicher. SeineRede war wie immer,anknüpfen an alte Zeiten,Revolution, Kampf,Comandante ... nicht gut.Dann Musik - Frentelieder -in diesem Fall passend zurHebung der Stimmung.Dann kam Benita Arbizú,Platz 3 hier in León, sicherim Parlament. Sie ist dieAbgeordnete für dieJugend und wird entspre-chend im Parlament dieInteressen der jungenLeute vertreten, vondenen es hier ja sehr viele gibt.Und dann Dr. Rigoberto Sampson,

der ehemalige Bürgermeister vonLeón, der auf Platz 2 der Liste

stand. Er bedankte sich bei denLeónern und versprach, die

schwere, aber wichtige Aufgabeim Parlament verantwortungsvoll

und im Sinne der Ziele derFSLN anzugehen. Sie werdensich besonders für die Grup-pen der Bevölkerung einset-zen, die von der neuen(alten) Regierung vergessenwerden: Die arme Bevölke-rung, die Landbevölkerung,die kleinen Arbeiter, Kleinpro-duzenten, Jugendliche,Straßenkinder ... Das kamalles gut an. Überhaupt wares ein schönes Fest - fröhlich,mit Musik und Tanz, und esmachte wieder ein bisschenMut nach der bedrückendenStimmung der Vortage, derTrauer und dem Unverständ-nis über die Niederlage.

Gerda Palmer

Rund ein Dutzend Hamburgerin-nen und Hamburger hatten ihrenBildungsurlaub genutzt, um EndeOktober / Anfang NovemberNicaragua kennenzulernen undden Wahlkampf hautnah mitzuer-leben. Reiseleiter Benito Rodríguezund drei Mitreisende berichtetenam 14.11. auf einer Veranstaltung,zu der neben dem Nicaragua-Ver-ein auch die Chilenische Jugend-und Kulturinitiative sowie die DKP-Solidaritätsbrigade „Carlos Fonse-ca“ eingeladen hatten, über Ein-drücke und Erlebnisse.Dass bis zu diesem Termin, immer-hin 10 Tage nach der Wahl, derOberste Wahlrat noch kein end-gültiges Wahlergebnis bekanntge-geben hatte (er teilte dies erst am21. November mit), deutete schondarauf hin, dass die Wahlenumstritten waren. Klar war aberbereits, dass die Liberalen deutli-cher Sieger waren und dass dieFSLN mit Daniel Ortega an der Spit-ze zum dritten Mal hintereinanderunterlegen war. Unklar war, ob dieKonservative Partei, die im Ergeb-nis des Paktes zwischen PLC undFSLN als einzige sonstige Parteiüberhaupt zu den Wahlen zugelas-

Diskussion in Hamburg: Nicaragua nach den Wahlen

sen worden war und mit knapp 5%einen Achtungserfolg errungenhatte, womöglich nicht im Parla-ment vertreten sein würde.Kein Wunder, dass nach den ein-führenden Berichten die Ursachendes Wahlergebnisses im Mittel-punkt der Diskussion standen: Wel-che Rolle spielte die »Terroristen-Kampagne« der Liberalen und derUSA, die nach dem 11. Septemberdie Sandinisten als Freunde Ghad-dafis und Bin Ladens präsentier-ten? Wie wirkte sich die einmi-schende Drohung der USA aus,einen Wahlsieg der FSLN als Stör-faktor zu betrachten? Wie hat dieBevölkerung auf die Dreistigkeitdes Präsidenten Alemán reagiert,kurz vor der Wahl den Notstandauszurufen, um für einen FSLN-Siegim Wortsinne gerüstet zu sein? Wieerklärt sich die sensationelle Wahl-beteiligung von über 90 Prozent?Die Runde war sich einig in der Kri-tik solcher Störmanöver und Beein-flussungen. Durchaus kontroversdiskutiert wurde hingegen dasAgieren der FSLN selbst, die nachwie vor der Ansicht ist, der „Pakt“mit der korrupten Alemán-Regie-rung sei richtig gewesen, denn er

habe dem Land, vor allem aberder FSLN genutzt: „Hätten wir dasWahlgesetz nicht verändert, dannhätten so viele kleine Parteien kan-didiert, dass die FSLN keine Chan-ce gehabt hätte, wieder an dieMacht zu kommen“ – eine These,die nicht nur auf heftigen Wider-spruch in der Versammlung stieß,sondern die auch dem kurz vordem Wahltag aus dem Bodengestampften Wahlbündnis „Con-vergencia Nacional“ diametralentgegensteht. Ob dieses Bündniseine Perspektive hat und nicht nurein neues, rosafarbenes Etikett aufder alten FSLN ist, wird die Zukunftzeigen müssen – genauer gesagt:die FSLN wird in der Praxis bewei-sen müssen, dass eine respektvolleBündnispolitik und ein verantwor-tungsbewusster Umgang mit demsandinistischen Erbe sich nicht aus-schließen, sondern im Gegenteilsich geradezu bedingen.Das kann auch für uns, deren Soli-darität mit Nicaragua wesentlichdurch die Sympathie mit der San-dinistischen Revolution und derUnterstützung ihrer Errungenschaf-ten entstanden ist, eine Herausfor-derung sein.

Joachim Holstein

Im Wahlkampf waren die FSLN AnhängerInnen noch sehrzuversichtlich

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“... einmal muss es doch klappen”Stimmen zur Wahl aus León

Die folgenden Wahlaussagen ausder Leóner Bevölkerung wurdenvon Martha Borstelmann zusam-mengetragen und von Gerda Pal-mer übersetzt und bearbeitet.

Als sie die vorläufigen Wahlergeb-nisse präsentierten, hatte ich Angst,zu verlieren, denn ohne Zweifelgab es eine vage Hoffnung, dasssich alles ändern könnte. Später, alsschon ein hoher Prozentsatz derStimmen ausgezählt war, war eseinfach schrecklich ...Wie ist esmöglich, dass die NicaraguanerIn-nen weiter zur Korruption beitra-gen? Die nichts anderes macht, alsdas Land zu zerstören? ...Die Nicas stimmten nicht für diePLC, nicht für Enrique Bolaños undsein ehrgeiziges Regierungspro-gramm, sondern gegen die Angst,die diese Partei ihnen eingeflößthat mit ihrem schmutzigen Wahl-kampf, der Disqualifizierung derFSLN, der Angst vor Terrorismus ...und der Intervention der USA... dasist die Angst der Nicas...Trotzdem - die FSLN hat sich gestärktdurch die Integration anderer politi-scher Führer und Meinungen in derConvergencia Nacional... und mitder prozentualen Erhöhung dersandinistischen Abgeordneten im

Parlament ... so wird die FSLN unter-stützt, weiter für die Interessen derArmen einzutreten.Anayanci Chacón (Intercambiojuvenil 2000)

Die ganze Nacht bin ich von Wahl-lokal zu Wahllokal gegangen undhabe die Auszählung überwacht...Meine Aufgabe war es, bei derLösung von Unstimmigkeiten zu hel-fen und dafür zu sorgen, dass einWahlprotokoll gemacht werde...und die Ergebnisse zur Auszählunggebracht werden. In dieser Nachtschloss das letzte Wahllokal um 5Uhr in der Frühe.

Als ich von der Niederlage hörte,konnte ich es nicht glauben. So vielAufwand, so viel Arbeit - unddafür? ...Am nächsten morgen traf ichgerade ein, als Daniel die Wahlnie-derlage akzeptierte.... Ich warempört und fragte mich: was wol-len die Leute denn? Wollen sieHungers sterben? Was soll manmachen? ... Aber ... in León habenwir gewonnen und so entschiedenwir, zu unseren Wahlkampfzentrenzu gehen und die Leute aufzumun-tern...Im Barrio Coyolar stellten sieLautsprecher auf, um Musik zumachen und dafür zu danken,dass sie hier für die Convergenciagestimmt hatten...Aber es war trotzdem so schwierig,die Niederlage zu akzeptieren. Soviel Sorgen, Hunger, Arbeit liegenzu lassen, um sich dem Wahlkampfzu widmen. Es gab Leute, die nichtnur Zeit geopfert hatten - wie ich -sondern auch eigene Mittel ...Nun - andererseits, die Frente bleibt

die Hoffnung für die Armen imLand. Die Convergencia Nacionalist ein neues, alternatives Projektund sollte eine Rolle spielen beidieser neuen liberalen Regierung.(In der FSLN) ... sollten sie eine inter-ne Revision machen - von derFührung bis zu den einfachen Mit-gliedern. Es gibt schon unter-schiedliche Meinungen für dieZukunft. Ich persönlich denke,Daniel Ortega sollte schon in derFührung bleiben, denn er hat einewichtige Rolle gespielt als Urheberder Convergencia. Aber bei dennächsten Wahlen kann er nichtmehr der geeignete Kandidat fürdas Präsidentschaftsamt sein.Hugo Cabrera (Koordinator derGruppe NICADE DESY)

Zuerst war es sehr schmerzhaft...Niemals habe ich an eine Nieder-lage gedacht, denn die Partei hatsich in ihrer Politik geändert, sie hatandere Gruppen in der Conver-gencia vereint, andere Tendenzen... um einen Wechsel in der Gesell-schaft zu realisieren.Ich war siegessicher, denn die Fren-te machte einen ehrlichen, saube-ren, transparenten Wahlkampf undhatte ein Programm, das mit den

Notwendigkeiten für unser Volk inEinklang stand. Die schmutzigeKampagne der PLC und die Einmi-schung der USA vermochten (aller-

Anayanci Chacón

Hugo Cabrera

Ciro Salinas

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der sich der Staat zur Zeit befindet.Bernarda Lopez (Lehrerin und imVorstand der LehrergewerkschaftANDEN)

Um 11 Uhr nachts wurde deutlich,dass wir verlieren werden. Ichhörte Radio ... und es kam ein Ge-fühl der Ungläubigkeit auf. Sie sag-ten sogar, dass die ‘Festung León’verloren sei, dass León liberal sei...Ich nahm 2 Tabletten, um schlafenzu können, denn ich musste darandenken, dass so viele Hoffnungenzunichte werden: Das Studiummeines Sohnes, die Ausbildungmeiner Töchter, die Gesundheit ...Jetzt weiß ich, dass es nicht mehrso sein wird, wie es war.... Die Nie-derlage zu akzeptieren ist hart,schwierig. Nach 3 Niederlagenhatte ich die Hoffnung, dass dasVolk lernen möge, warum Bolañosihnen nicht zu essen geben wird. Esist schmerzhaft, erkennen zu müs-sen, dass die Nicas mit der Korrup-tion leben, dass sie sich mit ihridentifizieren und dass es einenMangel an Moral gibt ...Anderer-seits bin ich stolz, denn zumindestin León siegte die Frente. Ich ent-schied, meine Traurigkeit nicht zuzeigen, um Spott und Konflikte zuvermeiden.Es gab Fehler. Der Pakt hat uns zer-stört. Die Frente war entzweit undes gab Misstrauen. Die Wahl vonOrtega, auch davon haben dieLiberalen profitiert. Bei der consul-ta popular haben sie den eigenenLeuten empfohlen, für Ortega zustimmen, denn mit ihm werde die

Frente nicht gewinnen.57 % der Wahlberechtigten sindFrauen und ich glaube, dass dieMehrheit der Frauen für die Libera-len stimmte, weil sie bei Ortegadas Problem Zoilamerica assoziie-ren. Eine weitere Rolle spielte dieKirche, die katholische wie auchdie evangelische. Sie startetengemeinsam eine Kampagnegegen Ortega wegen Miss-brauchs. Ich glaube auch, dassdas Attentat in New York dasWahlergebnis beeinflusst hat.Jetzt habe ich Angst vor einerneuen Teilung der Frente. Wenn siekeine Analyse oder nicht die Con-vergencia zulässt, könnte es zurSpaltung kommen....Josefina Ulloa (Koordinatorin derBewegung ‘Maria Elena Cuadra’in León)

Es ist das erste Mal, dass unserePartei den Vizepräsidentschafts-kandidaten stellte. Es war einegroße Erfahrung und gleichzeitigeine große Herausforderung. Dar-über hinaus gab es wenig Geld-mittel und es bedurfte einesgroßen Einsatzes und vieler Kraft....Uns befriedigt die Rolle, die dieConvergencia spielte und dass wirUnterstützung bekamen von inter-nationalen Institutionen wie derAdenauer-Stiftung, der IDC (Inter-nat. Christl. Demokratie) und derODCA (Christl.-demokrat. Organi-sation Amerikas). Trotz der negati-ven Kampagne der Regierungkonnte die Convergencia Reifebeweisen, denn sie präsentierteProjekte mit einer Vision für 20

dings) mehr....Die Niederlage bedeutet nicht,dass wir alles verloren haben. Wirwerden demokratisch weiter-kämpfen, um weiterzukommen...Die Convergencia war ein Schrittmehr, um die Frente zu stärken undden Nicas und der Welt zu zeigen,dass sich die Frente verändert hatund dass wir uns demokratisie-ren...Aber über eines sind wir unssicher: diese (neue) liberale Regie-rung wird mit den gleichen Metho-den, die sich gegen die Ärmstenrichten, weitermachen ...Ciro Salinas (Fahrer bei der Alcal-dia, Abt.f. Auswärtige Angelegen-heiten)

Mein Eindruck beim Sieg der PLCin Nicaragua war ein Gefühl derFreiheit, des Wechsels. Junge Men-schen, die wir sind, suchen dieErneuerung, die Umformung undden Fortschritt. Das ist eine guteVorstellung, das Gegenteil vondem, was die FSLN mit einem Kan-didaten zeigte, der auf seinenSchultern eine Geschichte desSchmerzes, der Armut, der Ratio-nalisierung, des Krieges, des Todesmit sich herumschleppt. Denn daswar das Gesicht der FSLN in den80igern, der Dekade, die wir fürdie dunkelste in der Geschichtedes Landes halten.Mit dem Sieg der Demokratie istuns bewusst, dass nicht alle Wahl-versprechen erfüllt werden kön-nen, aber wir hoffen, dass mangegen die Korruption, die Armutund die Instabilität des Landeskämpfen wird. Henry Enrique Melindez (25 Jahre,Student in León)

Die Wahlniederlage der FrenteSandinista am 4. November 2001bedeutet für mich die Niederlageder Ärmsten. Die Armen habengegen sich selbst gestimmt, alsErgebnis eines ungeheuer böswilli-gen und schmutzigen Wahlkamp-fes der Liberalen. Die große Mehr-heit der Bevölkerung, provoziertvon der Angst durch manipulierteBotschaften, konnte nicht an dasRegierungsprogramm der FSLNglauben. Bedauerlicherweise be-deutet der Sieg der Liberalen fürdieses Land eine weitere Ver-schlechterung der Grundversor-gung in Gesundheit und Erziehungund - noch schlimmer - die Unter-drückung von Strafverfolgung beiKorruption und die Demontage, in

Josefina Ulloa

Bernada Lopez

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Nicaragua-Zeitung 12/01 Seite 7

Jahre und erstellte Dokumente miteinem Plan für 10 Jahre ...Am 4. November war ich wach bismorgens um 4 Uhr und hörte dieverschiedenen Radio- und Fern-sehsendungen. Es ist keine sehrermutigende Zukunft.Zur Zeit wird an einem Vorschlagfür die Convergencia für die Kom-munalwahlen in 3 Jahren gearbei-tet...Juan Carlos Loaisigia (Vorsitzen-der der Union Social Cristiana,León)

Wirklich - die Stimmung besondersin León, war so, dass die FSLNgewinnen wird. Für mich war esnicht so, denn wie vor 10 Jahrendas Volk übergelaufen ist, so fürch-tete ich , dass wir nicht gewinnenwürden. Das Volk lässt sich von Ver-sprechungen davontragen undüberprüft nicht deren Wahrheits-gehalt. Sie versprechen Sachen,von denen sie nichts in der Realitäthalten. Die Realität ist, dass wir ver-schuldet sind und kein Geld da ist,um diese Versprechungen zu erfül-len ...Eine Eigentümlichkeit von unsist, dass wir gern in Illusionen leben,Phantasien, Tagträumen. Deshalb- um 13.00 am Tag nach der Wahl -obwohl die Ergebnisse den Siegder PLC zeigten, glaubten wirimmer noch an die Möglichkeiteines Sieges, immer noch habenwir uns selbst getäuscht. ...Mich überraschte der Verlust derFrente nicht ... Diesmal glaubtensie den Versprechungen von

Bolaños, und wir werden allesbeklagen. Innerhalb von 3 Jahren

wird die Hälfte unseres Volkes ausAnalphabeten bestehen. So wer-den sich uns keine Möglichkeitenöffnen ...Petrona Guillén (Lehrerin in derOrganisation ‘Las Tias’)

Man (Frau) wägt ständig seineeigenen politischen Gefühle ab.Mich als Frau hat es viel gekostet,die Präsidentschaftskandidaturvon Daniel zu akzeptieren. Schrittfür Schritt entschied ich mich,Daniel zu unterstützen. Ich sagtemir: Sieh auf das Positive, das Dani-el hat. Er spricht doch von derUngerechtigkeit gegenüber denArmen. Außerdem ist er ein guterFührer.Sentimental dachte ich: “einmalmuss es doch klappen”. Es schien,dass man sich für den politischenSektor der FSLN entschieden hatte,nicht für den ‘Danielismo’. Derpolitische Sektor war die Conver-gencia. Es gab Stimmen wie dievon Martinez Cuenca, die sichpositiv über die Convergenciaäußerten. ...Ich empfand einen sehr starkenVerlust. Ich war ausser mir - das warnicht das, was ich erhofft hatte....Der folgende Tag war für mich einTag der Trauer. Meine Kinder konn-ten das nicht mit ansehen, sie hal-fen mir da heraus. Sie sagten:“Mutter, Du bist eine Kämpferin,freu Dich doch! Sei stolz, Du bistnoch jung genug, um zu kämpfen.Kopf hoch, und geh vorwärts!” Ja,wirklich, wir müssen weiterkämp-fen.Corina Alvarez (Lehrerin, Asocia-ción ‘Las Tias’)

Die Wahlniederlage von 1990 warschrecklich. Wir haben sie erlebtund konnten sie nicht glauben ...Die Resultate von 96 haben michnicht überrascht. Obwohl dasDurcheinander im Wahlprozessevident war, ich glaube, dass dieFrente gerade schwierige innereMomente durchlief, dass sie nichtvorbereitet war, zu gewinnen.Die letzten 5 Jahre waren für dieArmen in der Bevölkerung sehrgrausam. Es gibt so viele Faktoren,die zu dem deprimierendenZustand beigetragen haben, indem sich unser Nicaragua befin-det ... Opfer einer gefühllosenRegierung. Es gibt ganz augen-scheinliche, unglaubliche Korrupti-onsfälle. Die Unverschämtheit derRegierung ist so groß, dass es nicht

einmal Gesetze gibt, um uns zuschützen.(Diesmal) ... setzte ich meine Hoff-nungen in die Convergencia mitder FSLN an der Spitze. Jetzt, ja,klage ich erneut, wenn ich dieWahlergebnisse erfahre. Es gabsicherlich ungebührliche Dingewährend des Wahlprozesses, aberich glaube, dass dies das Ergebnisder Wahl des Volkes war. ... Es wardas Resultat einer Angstkampa-gne und das evidente Fehlen einerWahlethik, die die PLC in einer Artvorzugehen veranlasste, die in vie-lerlei Hinsicht schmutzig war. Auchdie Person Daniels könnte ein Feh-ler gewesen sein - aber wir wissennicht, hätte es ohne ihn die Con-vergencia gegeben? Auch derAngriff auf die Türme in New Yorkpasste den Liberalen wie ange-gossen. Ich glaube, dass es jetzt in derConvergencia mehr Reife und Ver-antwortung gibt und dass es nötigist, eine Convergencia der ver-schiedenen Strömungen, dieintern existieren, zu bilden. DieZukunft ist ungewiss. Ich denke, dieeinzige Alternative, die uns in die-ser Periode bleibt, liegt in den Hän-den des Herrn Bolaños. Er muss zei-gen, dass er wirklich Nicaraguanerist und nicht den Vorlieben undLaunen Alemáns nachgibt ...Amada Carrasco Montoya ( Leite-rin des Wasserlabors, Abt. Chemieder Univ. León)

Amada Carrasco Montoya

Petrona Guillén

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Die Prediger des Hasses und derFurcht haben nach einem starkpolarisierten, populistischen Wahl-kampf die Wahlen gewonnen.Nach den ersten Versuchen einerAnalyse, wie das geschehen konn-te, folgen jetzt die Fragen nachder Zukunft Nicaraguas. Für einewirkliche Einschätzung ist es nochzu früh. Vermutlich wird die Ent-wicklung des Landes jedoch vonden folgenden Punkten abhän-gen:

1. Ist es der Regierung Bolañosernst mit einer Veränderung undkann er sich durchsetzen gegendie Alemánclique?

Der Wahlsieger und zukünftige Prä-sident Enrique Bolaños wird esnicht leicht haben, seine Wahlver-sprechen einzuhalten, die einer-

seits auf das Wohlstandsstrebender Nicaraguaner und anderer-seits auf die Bekämpfung von Kor-ruption und Vetternwirtschaft aus-gerichtet waren.Als ehemaliger Vizepräsident ist ermitverantwortlich für die verhee-rende Politik der letzten Legislatur-periode. Bolaños hat sich jedochvorgenommen, als guter Präsidentin die Geschichte einzugehen.Angenommen, er wäre wirklichdarum bemüht und spielte nichtdie Rolle der Strohpuppe, dieAlemán ihm zugedacht hat, dannwäre ein gewaltiger Kraftakt nötig,den zukünftigen Parlamentspräsi-denten Alemán und dessen durchVerwicklung in korrupte Machen-schaften abhängige Clique vonVerwandten und Anhängern imParlament in Schach zu halten.Unter diesen Bedingungen steht

sein Kampf um eine saubereRegierungsführung zunächst ein-mal unter einem schlechten Stern.Besondere Sensibilität gegenübersozialen Problemen und gegenü-ber Organisationen und Belangender Zivilgesellschaft wurden beiBolaños bisher nicht festgestellt. Erist eher bekannt als Gewerk-schafts- und Sandinistenhasser.

2. Hat die FSLN die Kraft zur Verän-derung?

Vor der Aufgabe, Sensibilität zu ent-wickeln für die Bedürfnisse des Lan-des, steht auch die FSLN.Es gibt viele Erklärungen für die ver-lorene Wahl: Der verleumderischeWahlkampf durch die PLC, dieauch schamlos die Ereignisse des11. September ausnutzte, der Ein-fluss und die Angstmache der USA

Nicaragua nach der Wahl – viele offene Fragen

Abschlusskundgebung der Convergencia in León

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Nicaragua-Zeitung 12/01 Seite 9

und, wie immer, die Politik der Kir-che. Diese äußeren Faktoren konn-ten voll durchschlagen, weil dieFSLN es nicht verstanden hatte, sichals moderne Partei darzustellen.Gerade in der Person Ortega ver-körperte sich die Unbeweglichkeitder Partei und machte ihn deshalbzum ungeeignetsten Kandidatenunter diesen Bedingungen, obwohler noch eine große, treue Anhän-gerschaft in der FSLN besitzt.Die fortschrittlicher agierende Par-teibasis konnte trotz ihres unermüdli-chen Einsatzes im Wahlkampf nichtverhindern, dass die FSLN mit ihrem‘Danielismo’ bei der Mehrheit desVolkes immer noch für Krieg, Dog-matismus, Stillstand und Unglaub-würdigkeit steht. Eines ist klar, weite-re dritte Versuche Ortegas kannund wird es nichtgeben können,wenn die Parteinicht durch wei-tere Zersplitter-ung in die Bedeu-tungslosigkeit fal-len will. Jetzt wäre eswichtig, mög-lichst schnell dieChance zu nut-zen, die FSLN zueiner glaubwürdi-gen Alternativezu entwickeln, mitder sich wirklichalle Wähler undvor allem auchWählerinnenidentifizieren kön-nen, die an einerWeiterentwick-lung der Gesell-schaft interessiert sind.In relativ kurzer Zeit wird sich zeigen,ob die Convergencia, die vor derWahl einen bedeutenden Schritt zurÖffnung signalisierte, nur ein takti-scher Schachzug war. Integrations-kraft wäre nötig, und die Parteistruk-turen und Entscheidungswege müs-sten demokratischer und transpa-renter werden. Dann würde esgleichfalls möglich, die an denRand gedrängten Kritiker wieder indie Partei zu integrieren und ihnensowie anderen Gruppen einen Platzim Meinungsbildungsprozess zu ver-schaffen. Sollte der FSLN eineErneuerung gelingen, dann wird sieauch eine überzeugende parla-mentarische Arbeit leisten können.Diese Arbeit wird später von denWählerInnen besser einzuschätzenund glaubwürdiger sein als vageWahlversprechen.

3. Wirtschaftliche und soziale Rah-menbedingungen

Der Handlungsspielraum derzukünftigen Regierung wird nichtgroß sein. Die wirtschaftlichenDaten des Landes machen esdeutlich: Riesige Auslandsverschul-dung, fallende Weltmarktpreise fürdie wichtigsten Exportprodukteund dadurch ständig wachsendeArbeitslosigkeit und weiter steigen-des Außenhandelsdefizit. Im Inlandklafft eine gewaltige Steuerlücke. Da also Nicaragua unter solchenBedingungen am Tropf der Geld-geberländer und -organisationenhängt, ist es besonders verhängnis-voll, dass durch die korrupteAlemán-Regierung das Vertrauenverspielt wurde und die Bereit-

schaft, Darlehen zu geben, nurgering ist. Für die verlorene Reputa-tion der nicaraguanischen Regie-rung trägt Bolaños als ehemaligerVizepräsident Mitverantwortung.Zunächst kann sich der neue Präsi-dent lediglich darum bemühen,Korruption und persönliche Berei-cherung zu verhindern, einegleichmäßigere Verteilung der Ein-kommen anzustreben, Sparmaß-nahmen sozial gerecht zu gestal-ten und private Geldgeber fürInvestitionen zu gewinnen. An sei-nen wirtschafts-, rechts- und sozial-politischen Maßnahmen wird derErfolg eines ‘good government’gemessen werden, womit das Ver-trauen der internationalen Organi-sationen zurückgewonnen werdenkönnte.

4. Die weltpolitische Lage

Ungebremste Globalisierung ver-schlechtert die wirtschaftlicheLage vieler Länder des Südens,soziale Spannungen verschärfensich durch die wachsende Kluftzwischen Arm und Reich. Die über-wiegend agrarisch bestimmteStruktur Nicaraguas, Infrastruktur,Kaufkraft usw. machen das Landziemlich uninteressant für Investo-ren.Entwicklungshilfe weltweit steigtnur geringfügig an - sinkt sogar beiden ganz armen Ländern.“Terrorismusbekämpfung” wird -folgt man Bush und Blair - überunabsehbare Zeit Geld verschlin-gen. Willensbekundungen, demTerrorismus durch verstärkte Ent-

wicklungszusam-menarbeit dieGrundlagen zuentziehen, wer-den Fensterre-den bleiben, so-lange Krieg nochals probates Mit-tel gilt. Wahr-scheinlicher ist,dass sich die -viel zu geringen-Entwick lungs -hilfegelder aufdie Länder kon-zentrieren, derenWirtschaftgrund-lagen, Infrastruk-tur, Sozialeinrich-tungen, Behör-dengebäudeund Wohnunter-künfte vorher zer-bombt wurden.

PS:Alles in allem stehen Nicaraguasicher keine rosigen Zeiten bevor.Vieles wird abhängen vom Han-deln des neuen Präsidenten.Ungebrochen bleibt jedoch derimmer wieder bewundernswerteElan der nicaraguanischen Bevöl-kerung, etwas zum Besserenbewegen zu wollen. Deshalb darfgerade unsere ‚Hilfe von unten’,die die Grundlage so vieler Part-nerschaften ist und vordringlich diearme Bevölkerung unterstützt,nicht nachlassen.

Detlef de Cuveland

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Nicaragua-Zeitung 12/01 Seite 10

Eine interessante Plakatserie zurEntwicklungszusammenarbeit desBundes und der Länder wurde imRahmen des XI. Deutschen Volks-hochschultages zum ersten Mal inHamburg präsentiert.Dank der Beharrlichkeit von Frau

Plakatserie zur Entwicklungszusammenarbeit

Preuß (Senatskanzlei) und der Hilfeverschiedener Initiativen konnteHamburg sich auf 2 Plakaten dar-stellen. Eines stellt die Städtepart-nerschaft mit León vor und dasandere zeigt Beispiele aus der ent-wicklungspolitischen Informations-und Bildungsarbeit in Hamburg. Die Plakatserie belegt die Vielfaltder Ansätze und Schwerpunkte inder Arbeit der Bundesländer. Fastallen Plakaten gemeinsam ist diePräsentation von Projekten in denverschiedensten Ländern desSüdens wie andererseits die Beto-nung der Bildungsarbeit im eige-nen Land. Interessant ist auch die unter-schiedliche Gestaltung der Plaka-te. Der Betrachter schmunzelt: EinBundesland muß natürlich deutlichaus dem graphischen Rahmen fal-len: Bayern stellt sich als Partnerder "Dritten Welt" im Querformat

vor, eher in Art einer Wandzeitungals in Form eines Plakates.

d.c.

28 Plakate im Format DIN A 1 können von Multiplikatoren kostenlos bestelltwerden bei der WUS-Informationsstelle, Bildungsauftrag Nord-Süd,Goebenstr. 35, 65195 Wiesbaden.Den Ausstellungsprospekt mit einem großen Teil der Plakate findet manim "Netz" unter: www.wusgermany.de/plakatausstellung

Der Euro kommtLiebe Leserin, lieber Leser,

am 01.01.2002 wird der Zahlungsverkehr bei uns auf den Euro umgestellt. Überall wird versucht, diese Umstellungfür verdeckte Preiserhöhungen zu missbrauchen. Diesem ärgerlichen Trend wollen wir uns nicht anpassen. Aberdennoch werden wir – und das heißt: unsere Projektpartner in Nicaragua – sein Opfer sein. Denn wir müssen dieMaterialien, die wir nach León schicken wollen, zum neuen Euro-Preis bezahlen. Der nach wie vor schwacheKurs des Euro gegenüber dem Dollar bedeutet eine zusätzliche Benachteiligung für unsere Partner in Nicaragua.Schließlich würde eine der Einfachheit halber vorgenommene Halbierung eines DM-Spendenbetrages in Bezugauf den Euro eine reale Verminderung unseres Spendenaufkommens bedeuten.

Daher möchten wir alle unsere Spenderinnen und Spender bitten, künftige Überweisungen mit der neuen Euro-Währung so weit nach oben aufzurunden, wie es Euch angemessen und möglich erscheint.

Bitte überlegt ebenfalls, ob Ihr die Arbeit unseres Vereins durch eine Fördermitgliedschaft unterstützen könnt(auch das Büro, Faxe, Kopien und Porto kosten Geld!) oder ob ihr bei der Finanzierung unserer aktuellen Projek-te durch regelmäßige Spenden helfen wollt.

Mit den besten Wünschen für eine schöne Weihnachtszeit und ein glückliches Neues Jahr,

Gerda Palmer, Doris Pumplün-Röder, Matthias SchindlerVorstand des Nicaragua Vereins Hamburg

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Nicaragua-Zeitung 12/01 Seite 11

Bis vor wenigen Wochen galt der11. September in Lateinamerikaals der Tag, an dem im Jahre1972 die frei und demokratischgewählte Regierung Allende inChile durch einen von der US-Administration organisierten Mili-tärputsch gestürzt und ihr Präsi-dent getötet wurde.Jetzt wird dieses Datum durchdie mörderischen und selbstmör-derischen Attacken auf dasWorldtradecenter und auf dasPentagon in den USA überlagert.Beide Verbrechen fanden inunterschiedlichen Perioden, anunterschiedlichen Orten und insehr unterschiedlichen Zusam-menhängen statt. Aber den-noch gibt es über die Zufälligkeitdes gleichen Datums hinaus wei-tere gemeinsame Aspekte bei-der Ereignisse, die in der aktuel-len Presselandschaft kaumerwähnt werden:

Erstens sind in beiden Fällen nichtnur Tausende Menschen ermor-det worden, im Hintergrundstand – und steht auch immernoch – der Grundkonflikt zwi-schen den reichen Industriena-tionen und den armen Ländernder Dritten Welt. Hatte Chile dasKupfer, so hat die arabische Welt– aus der die Selbstmordpilotenvermutlich stammen – das Öl:beides Rohstoffe, die essenziellfür den Wohlstand der so ge-nannten Westlichen Welt sind.Die Anschläge in den USA kön-nen und dürfen durch keinerleiBefreiungsbestrebungen der Drit-ten Welt oder auch Motive reli-giöser Freiheit gerechtfertigt wer-den. Genauso wenig hat aberauch der Putsch in Chile mit derVerteidigung von Freiheit oderDemokratie zu tun.

Zweitens hat die US-Regierungdie "Contra", die in den 80er Jah-ren gegen die damals in Nicara-gua regierenden Sandinistenkämpfte, teilweise direkt, teilwei-se über Gelder aus illegalen Waf-fengeschäften mit dem Iran undauch über andere Gelder ausSaudi-Arabien und Brunei finan-ziert. Es wird sogar berichtet, dassBin Laden persönlich in diese US-

Der 11. September und seine FolgenContra-Connection verwickeltgewesen sein soll.

Drittens muss gefragt werden,warum eigentlich die RegierungBush trotz der nahezu einstimmi-gen weltweiten Verurteilung derAnschläge vom 11. Septembernicht auf die UNO zurück greift,um die dafür Verantwortlichenzur Rechenschaft zu ziehen undzu bestrafen?Die UNO hat sich durch denInternationalen Gerichtshof vonDen Haag schon längst mit derFrage beschäftigt, unter wel-chen Bedingungen eine Regie-rung für Terror-Anschläge ineinem anderen Land verant-wortlich gemacht werden muss:Wenn sie nämlich nicht nur finan-zielle Unterstützung leistet, son-dern solche Anschläge auchgezielt militärisch und logistischmit organisiert.Niemand anderes als die Regie-rung der USA selbst wurde fürdieses Verbrechen vom HaagerGerichtshof wegen des "Contra"-Krieges rechtskräftig verurteiltund zu einer Entschädigung inMilliarden-Höhe gegenüber Ni-caragua verpflichtet. (DiesesUrteil haben die USA jedoch nie-mals anerkannt, und auf die Aus-zahlung hat die Regierung Cha-morro großzügig verzichtet.)Wahrscheinlich hat die US-Regie-rung wenig Lust, sich auf eingegen sie selbst gerichtetes Urteilzu berufen. Und offensichtlich istdie direkte Verwicklung der Tali-ban in die Flugzeuganschlägeviel schwerer nachweisbar alsdie der USA in den Terror der"Contra".

Viertens sei in diesem Zusam-menhang an die Verantwortungerinnert, die in einem Konfliktimmer derjenige hat, der stärker,größer, mächtiger ist. Wenn die-ser nicht die Brücke zu einemfriedlichen Zusammenlebenschlägt, dann kann es auch kei-nen Frieden geben.Als die Sandinisten in Nicaraguadie blutige Diktatur Somozasstürzten, begannen sie sofort miteiner Politik des Verzeihens undder Aussöhnung. Als die Apart-

heid in Südafrika überwundenwurde, hat unter Nelson Mande-la eine Politik des Verstehensdurch Aufklärung der Wahrheitstattgefunden. Die neuenMachthaber haben hier statt aufRache für das erlittene Unrechtund Leid darauf gesetzt, diealten Methoden von Macht undUnterdrückung aufzudeckenund dadurch auch überwindenzu können.Es würde den Mächtigen in denUSA – und auch in Europa – nichtschlecht anstehen, von diesenBeispielen zu lernen.

Eine Welt, in der 20 Prozent es alsihr natürliches Recht ansehen, 80Prozent der vorhandenen Res-sourcen zu verkonsumieren,kann nicht damit rechnen, dassdie benachteiligte Mehrheit derMenschen dies auf Dauerakzeptiert. Nur wenn wir endlichdamit beginnen, einen Aus-gleich zwischen den reichenIndustrienationen und dem Restder Welt herzustellen, haben wirauch eine wirkliche Chance,eine bessere, eine gerechtere,eine friedlichere Zukunft auf die-sem Planeten aufzubauen.

Matthias Schindler

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Nicaragua-Zeitung 12/01 Seite 12

Die 13. Konferenz der Partnerstädte LeónsDie Vorbereitungen für die Konferenz gehen weiter. Im Oktober wurde vorrangig ein Finanzplan entwickelt.Durch Verhandlungen mit der UNAN wurde erreicht, dass die Universität León Räume für die Durchführung derKonferenz zur Verfügung stellt. Anfang November kam dann grünes Licht: Es liegt jetzt eine offizielle Einladungdes Leóner Bürgermeisters Denis Perez vor. Die Einladung und das vorläufige Programm sind allen Beziehern desKO-Kreis-Protokolls zugesandt worden.Im Stillen hatten natürlich alle gehofft, dass die Situation nach dem 4. November leichter sein werde. Nun hatnoch einmal die PLC gesiegt. Um so wichtiger ist es für León, eine solche internationale Konferenz auszurichten,die sich in der Hauptsache mit den Möglichkeiten der 'dezentralen internationalen Entwicklungszusammenar-beit für die nachhaltige Entwicklung zwischen León und seinen Partnerstädten in Europa und Amerika' ausein-andersetzt.Nachdem die Finanzierung geklärt und der Wahlkampf vorüber ist, wird sich die Vorbereitungsgruppe wiederverstärkt um die Programmausarbeitung, die Organisation und das Beiprogramm kümmern.

Weitere Informationen über den Nicaragua-Verein Hamburg und im Internet: www.nicaragua-verein.de

Gerda Palmer

Hausbauprojekt ländlicher SüdostenÜbergabe der Besitzurkunden in Bella Vista und El Convento

Am 31.10.2001 wurden in einem feierlichen Akt durchden Bürgermeister Denis Perez und mich die amtlichenBesitzurkunden an die Hauseigentümerinnen der Sied-lungen 'Bella Vista' und 'El Convento' übergeben. Eswaren schöne Veranstaltungen, die BewohnerInnenwaren sich der Bedeutung dieses Augenblicks bewusst,ernsthaft bestätigten sie die Übergabe durch Unter-schrift auf der Kopie (für das Rathaus).Für uns vom Nicaragua-Verein war es besonders wich-tig, das Projekt mit diesem Akt zu beenden, denn hiermiterhalten die Bewohnerinnen endlich einen rechtsgülti-gen Nachweis über ihr Eigentum. Wie Peter Borstelmannausführte, ist das in Nicaragua ein seltener Luxus - immerwieder kommt es zu Problemen, wenn der Grundbesitznicht nachgewiesen werden kann. Dank gebührte allen Beteiligten an der Durchführungund Abwicklung des Projektes - auf Hamburger wie aufLeóner Seite. In diesem Fall besonders aber der Anwäl-tin Verónica Sampson, die viele Stunden und Tage ihrerZeit in diese Arbeit investiert hat. Nun fehlen noch dieEintragungen für die Bewohnerinnen von Divino Niño.Frau Sampson ist dabei, auch diese fertig zu stellen.Mit der Übergabe ist das Projekt allerdings noch nichtganz beendet: Jetzt müssen die BewohnerInnen nochden Teil der Vereinbarung erfüllen, in dem es heißt, dass2 Jahre nach Bezug der Häuser die Einzahlung eines Teilsder Baukosten in einen gemeinsam verwalteten Fondbeginnt, aus dem dann Investitionen der gesamtenGemeinde finanziert werden können.Der festliche Akt klang aus mit der Verteilung von Erfri-schungsgetränken und einer Piñata für die Kinder.

Gerda PalmerEine Eigentümerin in Bella Vista quittiert den Empfang der Besit-zurkunde

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Nicaragua-Zeitung 12/01 Seite 13

Der Landesbischöfin sind die MitarbeiterInnen des Eine Welt Netzwerkes nicht mehr böse, dass man die Räumein der Evangelischen Akademie verlassen musste. Die neue Geschäftsstelle in Altona ist so schön geworden,dass das EWNW sie seinen Mitgliedern und Freunden – sicher mitetwas Stolz - bei einer kleinen Einweihungsfeier präsentieren wollte.Viele Gäste folgten der Einladung zum 6.November, um die schönenRäume zu bewundern und den MitarbeiterInnen viel Freude undErfolg im neuen Büro zu wünschen. Das Eine Welt Netzwerk wurde 1992 gegründet mit dem Ziel: Durchdie Bildung eines Dachverbandes für viele kleine Nichtregierungsor-ganisationen die Kräfte zu bündeln und effektiver einzusetzen. Heutehat das EWNW 70 Mitgliedsgruppen, darunter auch eine ganzeReihe, die für Nicaragua arbeiten. Hauptsächliche Aktivitäten sindKoordinations- und Lobbyarbeit für die Hamburger Nichtregierungs-organisationen und die Förderung entwicklungspolitischer Bildungs-und Öffentlichkeitsarbeit.Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und die Mitgliedsgruppen wer-den in ihrer Arbeit unterstützt durch ihre Geschäftsstelle. Die 4 Mitar-beiterinnen Anke Butscher – Geschäftsführerin, Monika Friederich –Finanzberatung, Christine Gantner – Anträge und Seminarorganisation, Renate Grunert - Presse- und Öffentlich-keitsarbeit finden Sie jetzt in der Großen Bergstraße 255, 22767 Hamburg.Die Bürozeiten sind Mo - Do von 14.00 bis 17.00.

Der Nicaragua-Verein freut sich, dass das Eine Welt Netzwerk so nah an die W 3 herangerückt ist. Die Zusam-menarbeit wird dadurch sicher noch intensiver werden.

Detlef de Cuveland

Am 28. November lädt Brigitte Hauschild all ihreFreundInnen in Managua ein, um sich von ihnen zuverabschieden. Wir können der Einladung nicht fol-gen, möchten aber ganz herzlich danken für ihreGastfreundschaft und Hilfsbereitschaft und die vielentausend ? Empfänge und Verabschiedungen amFlughafen in Managua. Das alles werden wir vermis-sen. Danken auch für die zahlreichen Berichte, die sieuns schickte und die Mitarbeit im Nica-Verein, wennsie in Hamburg war. Wir wünschen ihr eine liebevolleAufnahme in Deutschland, sind aber sehr traurig, dasssie sich für einen Wohnsitz in Berlin und nicht in Ham-burg entschieden hat.

TIP für Schulen,Vereine uswDas EWNW hat den Verleih einer prachtvollen Ausstellung übernommen.

In 12 farbenfrohen Bildern wird in 12 verschiedenen Ländern das Leben typischer Familien dokumentiert, indemdiese Familien in kunstvollen Arrangements mit all ihrem Hab und Gut vor ihrem Haus, ihrer Hütte oder ihrem Zeltdargestellt werden - ergänzt durch demografische Daten des entsprechenden Landes und der jeweiligen Familienmitglieder."Die Bilder laden ein, den eigenen Platz in dieser Gemeinschaft zu finden, machen neugierig auf unsere Nach-barn und fragen ohne erhobenen Zeigefinger, warum wir so viel brauchen."

Ausleihbedingungen und weitere Infos bei Christine Gantner, Eine Welt Netzwerk e.V., Große Bergstr. 255, 22765Hamburg; Tel.: 040 / 358 93 86; Fax: 040 / 358 93 88, [email protected]; www.ewnw-hamburg.de

EWNW feiert Umzug ins neue Domizil

(v.l.n.r.) Mathias Schindler (Nicaragua-Verein),Dr.Stefan Chrobot (Senatskanzlei), Anke Butscher(Geschäftsführerin EWNW), Klaus Willke (Vorstand

des EWNW), Peter Höing (Senatskanzlei)

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Nicaragua-Zeitung 12/01 Seite 14

Francisco ist 9 Jahre alt. Er lebt beiseinem Vater, der seinen Lebens-unterhalt durch Verkauf vonSchleudern zur Vogeljagd zu

sichern versucht. Seine Mutter warauf der Straße, schnüffelte Kleber,jetzt ist sie verwirrt. Sie ist 22 Jahrealt und lebt irgendwo in León, siekann sich jedenfalls nicht um ihnkümmern. Auch seine andere'Mama' nicht, das ist seineGroßmutter - denn sie lebt in CostaRica.Francisco geht jeden Tag zu denTias. Es gefällt ihm, hierher zu kom-men, denn "sie machen Unterrichtund Kurse und helfen bei denSchularbeiten". Ab 7 Uhr kann erkommen, oft verspätet er sichaber, weil er "einfach zu spät auf-wacht". Von hier geht er zur Schu-le, 2. Klasse Primaria. Danach wie-der zu den Tias, nimmt am Pro-gramm teil.Um 12 Uhr gibt es ein warmes Mit-tagessen, gegen 13 Uhr geht ernach Hause. Oft bleibt er aberauch nachmittags da, denn dasProgramm findet er ziemlichverlockend.

Ähnlich wie Francisco geht es vie-len Kindern. 141 Mädchen undJungen zwischen 6 und 14 Jahrenkommen täglich hierher. Von 7 Uhrbis 18 Uhr können sie da sein: Nacheiner morgendlichen gemeinsa-men Sammlung beginnt der Tagfür sie unterschiedlich. 90 % derKinder gehen zur Schule, manchevormittags, manche nachmittags.

In unterschiedlichen Gruppierun-gen gibt es Schularbeitenhilfe, Zeitfür Spiel und Sport, Englisch- undNachhilfekurse, besondere Ange-bote in Handarbeiten, Tanz undTheater, Übungen zur Förderungder Motorik und zur Entwicklungsozialen Verhaltens. Manchmalwerden auch Ausflüge zu Parksund Spielplätzen, Kirchen undanderen Sehenswürdigkeiten oderzum Meer gemacht. Ganz wichtigist das Mittagessen um 12 Uhr,gemeinsam mit den Mitarbeiterin-nen.

Welche Kinder kommen zu ‚LasTias’?

Die Kinder kamen ursprünglich ausdem Umfeld des Marktes SantosBarcénas, inzwischen hat sich dasEinzugsgebiet aber sehr ausgewei-tet. Es gibt hier in der Nähe desehemaligen Bahnhofs und desBusbahnhofs viele neue Ansied-lungsgebiete mit sehr armen Men-schen und vielen, vielen Kindern.Es sind arbeitende Kinder, misshan-delte Kinder, bettelnde Kinder, ver-lassene Kinder, Straßenkinder. Dieschwierigen Bedingungen, unterdenen sie leben, beeinflussen ihrepsycho-emotionale Situation undführen zu psychischen und physi-schen Störungen. So leiden sieunter häuslicher Gewalt, Armutund Vernachlässigung oder wer-den zu viel zu schwerer Arbeit oderzum Betteln gezwungen, um zumUnterhalt der Familie beizutragen.Sie kommen auf 'Anzeige' zu denTias, über Nachbarn, Elternteile,die Schule oder auch von selbst.

Zum Programm der Tias

Die Organisation 'Las Tias' will mitihrem Präventivprogramm den Kin-dern die Möglichkeit geben, sichkörperlich und seelisch zu ent-wickeln, von der 'ausbeutendenKinderarbeit' loszukommen, sich zustabilisieren, in der Schule lernen zukönnen, durch Spiel und Sport mitihren Energien und Aggressionenbesser umgehen zu lernen. Letzt-endlich wollen die Tias erreichen,dass die Kinder wieder in die Familieintegriert werden und dort ein kind-gerechtes Leben führen können.

Zur Erreichung dieses ehrgeizigenZieles gibt es neben Einzeltherapi-en die schon genannten Grup-penangebote. Außer intensiverElternarbeit funktioniert die institu-tionelle Zusammenarbeit mit denSchulen, dem Erziehungsministeri-um, 2 Gesundheitszentren und derPolizei.Das Programm für die 6 - 14-jähri-gen Kinder hat 5 feste Mitarbeite-rinnen: 2 Lehrerinnen (jeweils einefür die Primaria und Sekundaria), 1Köchin, 1 Sozialarbeiterin und 1Angestellte für den 'Fondo revol-vente'*, die auch Elternarbeitmacht. Dazu eine 'halbe' Kraft fürdie Angebote in Handarbeiten (3 xwöchentlich). Daneben gibt esPraktikantInnen aus der Städte-partnerschaft Zaragoza und eineZusammenarbeit mit der Univer-sität (Psychologiestudenten, Añocommun).

Erfolge

– Seit März diesen Jahres kanndas Programm in einem schö-nen, großen Haus durchgeführtwerden, das schon länger derOrganisation 'Las Tias' gehört.Trotz aller finanzieller Problemeist es ihnen gelungen, dasAngebot dort aufrecht zuerhalten

– viele Mädchen und Jungenkonnten in die Schule integriertwerden

– die Arbeitsstunden für Kinder

LAS TIAS *Ein Projekt der Marktfrauen für Kinder von 6 - 14

Francisco im Projekt "Las Tias"

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konnten verringert werden,denn viele arbeiten jetzt nurnoch an Wochenenden fürwenige Stunden

– es war möglich und hat sich alserfolgreich herausgestellt,einen kleinen Kreditfonds zu lei-ten

– Die Mitarbeiterinnen könnensich fortbilden. IMPRU ist eineOrganisation, die zusammenmit der Universität UCA inManagua Fortbildungskurse fürArbeitende in Projekten fürsoziale Entwicklung anbietet.Hier sind die 'Tias' als einzigeOrganisation aus León am Pro-gramm beteiligt, d.h. alle Mitar-beiterinnen nehmen an dieser18-monatigen Spezialausbil-dung zur Sonderpädagogik teil

Probleme

Das größte Problem ist die Finan-zierung. Während oder gegenEnde des Jahres 2001 werden eini-ge, zum Teil langjährige Unterstüt-zungen auslaufen. Es gab in die-sem Jahr verschiedene Organisa-tionen und Vereine, die einge-sprungen sind. Für 2002 müssenaber neue Finanzierungsquellengesucht werden.– Ende März diesen Jahres lief die

langjährige Unterstützung desVereins "Helft Nicaraguas Kin-dern" aus

– Auch der Zuschuss zum Mittags-tisch durch eine spanischeOrganisation endet Dezember2001

– Für das Jahr 2002 ist die Unter-stützung für die MitarbeiterIn-nen noch nicht abgesichert

– Auch für den Unterhalt desHauses fehlt noch die Finanzie-rung ab 2002

Ich habe mir das Projekt AnfangNovember angesehen. Es herrsch-te eine gute, ruhige, zufriedene,liebevolle Stimmung. Die vielenKinder gingen ihren Beschäftigun-gen nach und arbeiteten oderspielten in den verschiedenenGruppen. Die Mitarbeiterinnenberichteten ausführlich von ihrerArbeit. Das alles hat mich sehrbeeindruckt. Wie Petrona (eineder Lehrerinnen) sagte: 'Die Kindersind da - der Bedarf ist da, die Mit-arbeiterinnen sind motiviert undqualifiziert, wir bekommen Aner-kennungen, Auszeichnungen undStipendien zur Weiterbildung, daswunderschöne Haus ist da - allein,es fehlt die Finanzierung.'

Der Nicaragua-Verein unterstütztseit vielen Jahren einzelne Maß-nahmen des Projektes ‚Las Tias’und möchte jetzt gern einen Teilder regelmäßigen Kosten über-nehmen, z.B. für den Unterhalt desHauses. Dazu brauchen wir IhreSpenden.

Wer einmalig oder vielleichtmit einem regelmäßigen Bei-trag dieses Projekt unterstützenmöchte, kann das über folgen-des Konto machen:

Nicaragua-Verein Hamburg,Stichwort: TIAS, Proj. 109Postbank, BLZ: 200 100 20,Kto: 51137 - 205

* Las Tias - die Tanten. Marktfrau-en, die vor 12 Jahren anfingen,sich um Straßenkinder zu küm-mern.

* Revolvingfonds. IPEC-OIT, eineInternationale Organisation zurKinderarbeit, hat dem Projekt Geldzur Verfügung gestellt, das als Kre-dit an Eltern vergeben werdenkann mit dem Ziel, sich eine besse-re Existenzgrundlage zu schaffenund ihre Kinder nicht mehr arbei-ten zu lassen.

Gerda Palmer

12 Jahresfeier im Projekt "Las Tias"

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Nicaragua-Zeitung 12/01 Seite 16

Der Hilferuf des Leóner Bürgermei-sters Denis Perez ist nicht ungehörtverhallt.Zunächst wurden in Zusammenar-beit mit Johanniter Internationalund dem ASB (Arbeiter SamariterBund) Lebensmittel, Saatgut undDünger verteilt. Das Geld, dasüber das Spendenkonto des Nica-ragua-Vereins gesammelt wordenwar, konnte dann vor allem fürDünger verwendet werden. Der Dünger wurde Anfang Okto-ber in einer zweitägigen Aktion andie von der Dürre betroffenenBauern verteilt. Die Begünstigtenwaren überglücklich, in ihrer Situa-tion hätten sie sich keinen kaufenkönnen. Sie wissen aber um dieWirkung des Düngers und erhof-fen sich so natürlich dringendbenötigte höhere Erträge und

bessere Qualität.Die Verteilung erfolgte auf derGrundlage von Erhebungen nachder Dürre und mit den Bedingun-gen, dass nicht schon Hilfe vonanderer Seite in der jeweiligen(Groß)Familie geleistet wurde,nahe Verwandte nicht schonbegünstigt wurden, die Finca nurklein und ohne Bewässerungslandist. Es wurde pro Familie je ein Zent-ner, der ca. für einen Hektar reicht,zur Verfügung gestellt. Mit all die-sen Begrenzungen konnte 254Familien geholfen werden.In einer zweiten Aktion wurdenunter den gleichen Bedingungenaußerdem 117 kleine und einfa-che Tröpfchenbewässerungsanla-gen für den Handbetrieb verteilt.Die Familien haben sich für dieSpende, die als Akt der Solidarität

Erfolgreiche Dürrehilfe

Impressum:

Herausgeber:Nicaragua Verein Hamburg e.V.Nernstweg 32, 22765 HamburgTel.: 040-394404; Fax: 040-3909370e-mail: [email protected]: www.Nicaragua-Verein.de

Bankverbindung:Postbank HamburgBLZ: 20010020Kontonummer: 51137-205

Satz und Layout: F1 GmbH, Hamburg

Druck: Confront Druck, Hamburg

Redaktion:Boris LotzeDetlef de Cuveland (V.i.S.d.P.)

Fotos: Gerda Palmer (S.5, 6, 7,12),Peter Borstelmann(S.3, 4, 5, 7, 8, 9,14, 16), Detlef de Cuveland (S.13),Susanne Graf (S.6), "Las Tias" (S.15)

Auflage: 2.200

Diese und ältere Ausgaben sindauch auf unserer Homepage zufinden.

wahrgenommen wurde, sehr herz-lich bedankt.Inzwischen, nach der Regenzeit,steht alles gut auf den Feldern.Wenn nicht wieder irgendeineNaturkatastrophe hereinbricht,können wir hoffen, dass diesmaldie Ernte gut ausfallen wird. AllenSpenderInnen unseren herzlichenDank.

Informationen aus e-mails von Peter Borstelmann

Informationsabend mit VilmaNuñez, Vorsitzende der Menschen-rechtsorganisation CENIDH inManagua

"Recht, das nicht verteidigt wird,geht verloren."So fassen die Mitarbeitenden dernicaraguanischen Menschen-rechtsorganisation ihre in vielenJahren gesammelten Erfahrungenzusammen. Das CENIDH und seine PräsidentinVilma Nuñez haben durch ihre uner-schrockene Menschenrechtsarbeitinternationale Achtung erworben.Ihr Engagement ist geprägt von derGleichrangigkeit der bürgerlich-politischen Rechte und den sozialen

Menschenrechtsarbeit in NicaraguaDie Situation vor und nach den Wahlen

Rechten auf Nahrung, Arbeit undWohnung.Der bisherige Präsident Alemán(PLC-Liberale Partei) und seineRegierung haben durch Todesdro-hungen gegen Vilma Nuñez immerwieder deutlich gemacht wie ge-ring ihre Achtung vor der Men-schenrechtsarbeit ist. Aus diesemGrund hoffen viele NicaraguanerIn-nen auf einen Neuanfang nachden Wahlen im November. NeuerPräsident Nicaraguas wird derGeschäftsmann Bolaños (PLC), deraufgrund seines wirtschaftlichen Er-folges von der Bevölkerung als we-niger korrupt eingeschätzt wird.Vilma Nuñez wird in ihrem Vortragdarauf eingehen, welche politi-schen Perspektiven sie für ihr Landsieht und welche Anforderungen siean die (inter-)nationale Politik stellt,damit sich die Situation der Men-schenrechte in Nicaragua ver-bessert.

7.12.2001 · 19.30Uhr Gemeindesaal der ChristuskircheBei der Christuskirche 5 (Eimsbüttel)

VeranstalterInnen: Eine-Welt-Netzwerk HamburgLa Madrugada e.V. – Verein für Lat-einamerikasolidaritätNicaragua Verein Hamburg e.V.Referat Kirchlicher Weltdienst desNordelbischen Missionszentrums

Abtransport des Düngers

Vilma Nuñez