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Business Summer School Unternehmenskultur Business Summer School Unternehmenskultur als Führungsinstrument der Zukunft

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

Business Summer SchoolUnternehmenskultur als Führungsinstrument der Zukunft

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Business Summer SchoolUnternehmenskultur als Führungsinstrument der Zukunft

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

2

VORWORT

Unternehmenskultur ist die Führungstechnik der Zukunft 4

Liz Mohn

EINLEITUNG

Business Summer School 8

DIE TRAINER DER BUSINESS SUMMER SCHOOL

Welche Manager braucht das Land? 10

Dr. Klaus Doppler

Organisationskultur 16

Dr. Armin Anwander

WAS FÜHRUNG AUSMACHT

Führungseigenschaften und Führungskultur der Zukunft 22

Dr. h. c. Helmut O. Maucher

Teamfähigkeit entscheidet 26

Markus Baur

Inspirational Leadership from Shakespeare’s Henry V 28

Richard Olivier

WIE ZUKUNFT INNOVATIV GESTALTET WERDEN KANN

Vorbeugendes Nachdenken über die Zukunft 30

Prof. Dr. Eckard Minx

Innovationsmanagement bei Henkel 34

Prof. Dr. Ulrich Lehner

WIE UNTERNEHMEN INTERNATIONAL ERFOLGREICH AGIEREN

Internationalisierungsstrategien – Potenziale im Ausland nutzen 38

Prof. Dr. Stefan Schmid

INHALT

3Inhalt

Globale Integration als Herausforderung für die Unternehmenskultur 42

Hermann-Josef Lamberti

The European influence on companies 48

Dr. Donald J. A. Kalff

MIT WELCHEN WERTEN IDENTIFIKATION ENTSTEHT

Grundsätze zur Einführung von Unternehmenswerten 50

Dr. Claus Wriebe

Die Einführung der RAG-Konzernwerte bei der Deutschen Steinkohle AG 56

Michael Weise

Unternehmenskultur BASF: Unverwechselbare Identität – Verbindliche Werte 60

Prof. Dr. Jürgen Strube

Unternehmenskultur als Führungsinstrument der Zukunft 64

Ben Tellings

WIE UNTERNEHMEN GESELLSCHAFTLICHE VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN

Gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen 66

Prof. Dr. Dr. Karl Homann

Unternehmerische Verantwortung 70

Friedrich von Metzler

Die „Gute Wirtschaft“ 74

Klaus-Peter Schöppner

DIE TEILNEHMER 78

DAS KOMPETENZZENTRUM UNTERNEHMENSKULTUR/FÜHRUNG

Arbeitsschwerpunkte 84

Inhalt

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

5Vorwort

der Gesellschaft zu sichern. Es gilt gleichzeitig auch, neue Formen

der Zusammenarbeit zwischen Führung und Mitarbeitern zu schaf-

fen, um diese Unternehmenserfolge mittelfristig zu sichern und aus-

zubauen. Mit anderen Worten: Unternehmenskultur wird zur Füh-

rungstechnik der Zukunft.

Vor allem die Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Zielen

hat eine große Bedeutung. Sie setzt die Motivation und Kreativität

frei und fördert die Leistungs- und Veränderungsbereitschaft von

Führung und Mitarbeitern, die Unternehmen im internationalen

Wettbewerb benötigen, um mittelfristig Märkte zu erhalten und aus-

zubauen. Die Führung muss daher die Rahmenbedingungen der

Unternehmenskultur optimal gestalten. Sie muss den Mitarbeitern

einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken

und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um

so die Kreativität der Mitarbeiter optimal zu nutzen.

Folgende vier Trends zeichnen sich bereits heute ab und müssen

deshalb von der Führung berücksichtigt werden:

Entsprechend den Anforderungen durch den schärfer gewordenen

Wettbewerb ist die Zusammenarbeit zwischen Führung und Mitar-

beitern in den Mittelpunkt zu stellen. Dazu gehört innerhalb der Un-

ternehmen die stetige Überprüfung und Definition sowohl der Balance

von Rechten und Pflichten, von Kreativität und Kontrolle sowie von

Delegation und Disziplin. Gleichzeitig muss aber auch eine Balance

zwischen Leistungs- und Lebenszielen möglich werden. Vorausset-

zungen hierfür sind die Bereitschaft zum Dialog und zur Übernahme

von Verantwortung, Transparenz über die Leistung des Unterneh-

mens und des Einzelnen.

4

Unternehmenskultur ist dieFührungstechnik der Zukunft

Fast alle Unternehmen bereiten sich durch Personalentwicklungs-

und Fortbildungsmaßnahmen – zwar in unterschiedlichem Umfang

und mit unterschiedlicher Intensität – auf die Herausforderungen

der Zukunft vor. In Zeiten der stetigen Veränderung erkennen mehr

und mehr Unternehmer und Führungskräfte die wichtigen positiven

Effekte einer Unternehmenskultur für Erfolg und Kontinuität!

Warum also dann eine Business Summer School zum Thema Unter-

nehmenskultur? Und warum ausgerechnet noch eine Initiative für

Top-Nachwuchsführungskräfte zusätzlich zu bereits existierenden

Programmen? Warum dann auch noch gerade eine Diskussionsplatt-

form zu Fragen einer zeitgemäßen Führung und Unternehmenskultur,

wo doch die Bücherregale vor entsprechender Management-Literatur

überquellen?

Das Leistungsniveau und Unternehmertum der Führung sind und

bleiben wichtige Voraussetzungen für Kontinuität und Erfolg von

Unternehmen. Allerdings haben sich der Komplexitäts- und Schwie-

rigkeitsgrad für die Entscheidungsträger stetig erhöht. Nicht nur der

schärfer gewordene Wettbewerb stellt die Führung vor neue Aufga-

ben. Auch die unsere Zeit prägenden, parallel laufenden gesellschaft-

lichen Veränderungen verlangen ein hohes Maß an Flexibilität und

Veränderungswillen.

Im internationalen Wettbewerb sind daher nicht nur kontinuierlich

neue, praktikable Strategien notwendig, um Innovation und Wachs-

tum in den Unternehmen und damit Wohlstand und Beschäftigung in

VORWORT

LIZ MOHNInitiatorin der Business Summer School Geschäftsführerin der Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft mbH und Stellvertretende Vorsitzende

des Vorstandes und des Kuratoriums der Bertelsmann Stiftung

Vorwort

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

7Vorwort

Die Business Summer School will durch den Aus-

tausch mit und das Lernen von kompetenten Refe-

renten aus der Unternehmenspraxis hierzu einen

Beitrag leisten.

Partnerschaftliche Unternehmenskultur ist heute nicht der einfach-

ste, aber der erfolgreichste Weg. Sie stellt sehr hohe Ansprüche an

jede Führungskraft. Oftmals sind unpopuläre und schwierige Ent-

scheidungen zu fällen und gegenüber den Mitarbeitern zu vertreten.

Kostensenkungsprogramme, Arbeitszeitverlängerungen oder Verla-

gerung von Produktionsstätten lassen sich häufig nicht vermeiden.

Auch Personal- und Kritikgespräche mit Mitarbeitern gehören zum

Standardprogramm einer modernen Führung. Es ist dabei nicht so

sehr die Frage, welche Maßnahmen zum Erhalt der Wettbewerbs-

fähigkeit eingeleitet werden müssen – es geht in erster Linie um die

Frage, wie diese Maßnahmen umgesetzt und gegenüber den Mitar-

beitern kommuniziert werden. Es ist damit eine Frage von Vertrauen

und Verantwortung.

Für diese und weitere Fragen bietet die Business Summer School den

jungen Führungskräften ein wichtiges Netzwerk mit Lösungsmög-

lichkeiten, die die Teilnehmer jeder und jede individuell für sich per-

sönlich und für das Unternehmen nutzen können. Denn gerade im

persönlichen Austausch mit anderen Führungskräften über Branchen

und Unternehmenssektoren hinweg gelingt es oftmals, eigene Stär-

ken zu erkennen, die eigene Persönlichkeitsentwicklung zu analysie-

ren und Orientierung bei unternehmerischen und gesellschaftlichen

Fragen zu erhalten. Gerade die innere Festigkeit und das individuelle

Wertegerüst bilden wichtige Voraussetzungen für Überzeugungs-

kraft, Authentizität und Glaubwürdigkeit – und damit für den Erfolg

als Führungskraft!

Dabei sollten junge Menschen aber auch erkennen: Man trägt nicht

nur Verantwortung für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter –

man trägt auch Verantwortung für sich selbst und sein Leben.

6

Dynamik und Komplexität der Führungsaufgabe

sind im Zeitalter der Globalisierung und Techno-

logisierung dramatisch gestiegen. Nicht nur Ge-

schäftsbeziehungen nach Asien, in die USA, nach

Osteuropa oder in den Mittleren Osten gehören für

viele Führungskräfte zum unternehmerischen All-

tag. Auch die Geschwindigkeit des technischen

Fortschritts hat unsere Welt in einer nie gekann-

ten Weise verändert. Arbeits- und Entscheidungs-

prozesse sind geprägt durch moderne Technolo-

gien aller Art. Viele Mitarbeiter sind unsicher we-

gen der Schnelligkeit dieser Entwicklungen und

müssen mit ihren Fähigkeiten, Talenten und Kom-

petenzen behutsam eingebunden und gefördert

werden.

Weltweit ist inzwischen ein Wertewandel in den

Unternehmen auszumachen, der die Frage nach

Orientierung in der Arbeitswelt aufkommen lässt.

Heute erkennen viele Unternehmen, dass mit

autoritären Führungsstilen und hierarchischen

Strukturen auf die Umbrüche der Weltmärkte

nicht mehr erfolgreich zu reagieren ist. Die Mitar-

beiter möchten mit ihren Erfahrungen und Mei-

nungen ernst genommen werden. Sie möchten ihr

Wissen einbringen und an ihrem Arbeitsplatz mit-

gestalten dürfen und dabei auch Sinnerfüllung

und Respekt vor ihren Leistungen erfahren. Die

Unternehmen müssen auf dieses veränderte

Selbstverständnis der Mitarbeiter mit innovativen

Arbeitsmethoden, flexiblen Organisationsstrukturen, transparenten

Entscheidungsprozessen und zeitgemäßen Führungstechniken rea-

gieren.

Der demographische Wandel kehrt in der Zwischenzeit die Alters-

pyramide in vielen Industrieländern um. Er wird nicht nur regionale

Verschiebungen durch Abwanderungen und ältere Kundenschichten

auf den Märkten zur Folge haben. Der demographische Wandel wird

sich auch auf die Zusammensetzung und die Zusammenarbeit in den

Unternehmen auswirken. Zunehmend werden jüngere und ältere

Mitarbeiter sich einvernehmlich an ihren Arbeitsplätzen und in

ihren Abteilungen arrangieren müssen: Die einen besitzen oft das

aktuellere technologische Know-how, während die anderen ihren

Erfahrungsschatz einbringen. Tatsache ist aber auch, dass in Unter-

nehmen mit älteren Belegschaften neue Konzepte notwendig sind,

um die Beschäftigungsfähigkeit durch innovative Bildungs- und

Beschäftigungsangebote zu erhalten.

Aus diesen veränderten Rahmenbedingungen für die Unternehmen

ergeben sich notwendigerweise die Fragen nach der Führung, aber

auch nach der Führungskraft der Zukunft! Wie sind Führungskräfte

auf diese Herausforderungen vorzubereiten? Welche Kompetenzen

müssen Führungskräfte für den internationalen Wettbewerb mitbrin-

gen? Wie kann jeder Einzelne durch Eigeninitiative und Eigenverant-

wortung dazu beitragen, sich in einem unternehmerischen Umfeld

zu entwickeln? Was kann die Personalentwicklung im „Kampf um

die besten Köpfe“ leisten? Wie lässt sich feststellen, ob eine Füh-

rungskraft zur Unternehmenskultur passt? Welche Führungsme-

thoden der Zukunft werden sich in einer modernen Arbeitswelt be-

währen?

Vorwort

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

9Einleitung

In den Unternehmen besteht großes Interesse an

der Weiterführung des Dialogs in dieser Form. So

wurde die Idee des Follow-up von der ersten

Gruppe aufgegriffen und vertieft. Diese Gruppe

trifft sich seit dem von der Bertelsmann Stiftung

initiierten Follow-up zweimal im Jahr zu selbst

organisierten Veranstaltungen.

Um einen exklusiven Teilnehmerkreis zu rekrutieren, bittet die Ber-

telsmann Stiftung ausgewählte Mentoren, je eine junge Führungs-

kraft aus ihrem Unternehmen zur Teilnahme an der Business Summer

School zu nominieren. Mit der Begleitung des Teilnehmers unterstüt-

zen die Mentoren die nachhaltige Wirkung der Inhalte der Business

Summer School im Sinne ihrer eigenen Unternehmensstrategie. Dies

erfolgt in drei Phasen: Einstimmung des Teilnehmers auf die Veran-

staltung durch ein Gespräch

über Gründe für die Nominie-

rung und die damit verbunde-

nen Erwartungen, rechtzeitiges

Feedback- und Auswertungsge-

spräch sowie langfristige Bera-

tung und Unterstützung.

Im September 2006 wurde die

erste Business Summer School

zum Thema „Unternehmenskul-

tur als Führungsinstrument der

Zukunft“ durchgeführt. Als in-

haltliche Partner unterstützten

bei der Konzeption und Durchführung Dr. Klaus Doppler, Manage-

ment- und Organisationsberater, und Dr. Armin Anwander, ge-

schäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung ILTIS

GmbH. Seitdem gibt es jährlich zwei Business Summer Schools: eine

Veranstaltung richtet sich an junge Führungskräfte aus international

tätigen Großkonzernen, die andere an den Führungsnachwuchs aus

mittelständischen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.

8

Unternehmen und Organisationen sehen sich gegen-

wärtig einem außerordentlichen Anpassungsdruck

durch wirtschaftliche, technologische und gesell-

schaftliche Veränderungen ausgesetzt, unter

anderem durch die rasanten technologischen

Entwicklungen sowie durch die Globalisierung der

Märkte und die Liberalisierung der Kapitalströme.

In diesen Zeiten der Veränderung bietet die Busi-

ness Summer School Gelegenheit, sich mit der Be-

deutung von Führung auseinanderzusetzen. Eine

Führungskraft hat die Aufgabe, das Unternehmen

diesen veränderten Rahmenbedingungen anzu-

passen, sich darüber klar zu werden, welche Rolle

die Unternehmenskultur für den Erfolg spielt –

und den notwendigen Wandel nachhaltig und

sozial verträglich im Unternehmen umzusetzen.

Zur Unterstützung dieser Führungskräfte bei Ver-

änderungsprozessen sowie der täglichen Auseinandersetzung mit

Führung und Unternehmenskultur bietet die Bertelsmann Stiftung

mit der Business Summer School die Möglichkeit, aus Erfahrungsbe-

richten und Diskussionsrunden

Denkanstöße und auch konkrete

Lösungsansätze mitzunehmen.

Als Impulsgeber begleiten hoch-

rangige Referenten aus Wirt-

schaft, Politik, Wissenschaft

und Medien die Veranstaltung.

Inwieweit die individuellen Ak-

tionspläne der Teilnehmer um-

gesetzt werden konnten, wird in

einem Follow-up ein halbes Jahr

nach der Business Summer

School diskutiert. Dort haben

die Teilnehmer zwei Tage lang die Möglichkeit, sich über die Heraus-

forderungen der vergangenen sechs Monate auszutauschen und

Feedback von den Kollegen und Trainern zu bekommen. Außerdem

dient dieses Treffen dazu, das Netzwerk zwischen den jungen Füh-

rungskräften zu etablieren und erneut Impulse für die eigenen Unter-

nehmen mitzunehmen.

Mit der Business Summer School werden gezielt Nachwuchsfüh-

rungskräfte angesprochen, die in ihren Unternehmen als potenzielle

Top-Führungskräfte identifiziert oder auf die Unternehmensnach-

folge vorbereitet werden. Die Teilnehmer sollten erste Führungser-

fahrung mitbringen und bereits für die Herausforderungen an die

Unternehmensführung sensibilisiert sein.

EINLEITUNG

Business Summer School

Einleitung

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

11Die Trainer der Business Summer School

Bei diesem Charakter würde ich gerne einige

Nebenwirkungen in Kauf nehmen: Er wäre sicher

eigenwillig, würde wahrscheinlich viele Regeln

und Abläufe, die bislang als selbstverständlich ge-

achtet werden, infrage stellen, er würde Grenzen

überschreiten, um zu erkunden, was dahinterliegt

– und wäre insgesamt nicht leicht zu führen, weil

er nichts täte, was er nicht verstehen und akzep-

tieren könnte.

• Das entscheidende Fundament: eine deutliche Bereitschaft zur

Selbstverantwortung. In turbulenten, kaum berechenbaren Zeiten

kann ich niemand gebrauchen, der immer nur auf Anweisung

wartet oder auf einen Vorgesetzten, der als leuchtendes Beispiel

vorangeht. Nein, ich benötige Menschen, die bereit sind, eigen-

ständig Sinn und Freude in ihrer Arbeit zu entdecken, die das,

was ihnen an Orientierung fehlt, sich aktiv besorgen – und die

darüber hinaus fähig sind, andere anzustecken, sich ähnlich zu

verhalten.

• Die Dinge werden immer komplexer. Auf diesem Hintergrund

wären Engstirnigkeit, Kleinkrämerei und Rechthaberei von Übel.

Ich brauche Mitstreiter, die das Ganze im Blick haben, die Zu-

sammenhänge und Vernetzungen erkennen und ihr Handeln

entsprechend ausrichten.

• Die Lösungen von heute können die Probleme von morgen sein.

Ich suche deshalb keine sturen Vollstrecker, sondern Menschen,

die offen sind für neue Entwicklungen – in der Strategie, in der

Art, wie sie ihre Arbeit organisieren, in der eigenen Qualifikation

– immer auf der Suche nach der noch besseren Lösung.

• Ein Kandidat könnte fachlich noch so geeignet sein – wenn er

nicht gut mit seinem Umfeld kommunizieren und kooperieren

könnte, würde ich auf ihn verzichten. Ich halte nicht viel von Ein-

zelgängern, die nur mit hohem Aufwand zu integrieren sind.

10

„The buck stops here“

Motto auf dem Schreibtisch

von Harry S. Truman

Anspruch …

Als Unternehmer oder verantwortlicher Manager wüsste ich genau,

welche Art von Führungsnachwuchs ich mir erträumen würde: jung

und erfahren, dynamisch und anpassungsfähig, sehr qualifiziert und

zugleich lernwillig, selbstbewusst unternehmerisch und doch im

Auftreten bescheiden, selbstständig im Denken, loyal, mit seiner

Aufgabe voll identifiziert, insgesamt flexibel, überall einsatzbereit

und pflegeleicht.

Bei Licht betrachtet sind diese Vorstellungen definitiv paradox: Wenn

ich mich für einen jungen Mitarbeiter entscheide, muss ich wohl

oder übel auf profunde Erfahrungen verzichten. Ein dynamischer Typ

würde ab und zu auch über die Stränge schlagen und Grenzen über-

schreiten. Von ihm zu verlangen, sich immer anzupassen, wäre abar-

tig. Wer sich für sehr qualifiziert hält, ist nicht immer gleich bereit,

dazuzulernen – und nicht immer ist der Obergescheite die beste

Lösung. Und bei einem Mitarbeiter, der sich an der Rolle „Unter-

nehmer im Unternehmen“ orientiert, dürfte man sich auch nicht

wundern, wenn er häufiger darum kämpfen würde, seinen eigenen

Weg zu gehen.

Wenn ich diese Nebenwirkungen mitbeachte, ergibt sich ein immer

noch anspruchsvolles, aber realistisches Leitbild, das auch der Be-

trachtung bei offenem Licht standhält:

DIE TRAINER DERBUSINESS SUMMER SCHOOL

Welche Manager braucht das Land? Anspruch, Wirklichkeit, Perspektiven

DR. KLAUS DOPPLERDoppler Organisationsberatung & Verhaltenstraining, München

Die Trainer der Business Summer School

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

13Die Trainer der Business Summer School

Wer sich aus eigenem Antrieb über die Grenzen

seiner Funktion oder seines Fachbereiches hinaus

Gedanken macht oder sich gar im Interesse des

übergreifenden Gesamt ungefragt in andere The-

men oder Bereiche einmischt, begegnet besten-

falls höflichem Desinteresse, häufig klarer Ableh-

nung, verbunden mit dem unausgesprochenen, aber

glasklaren Hinweis, ausschließlich vor der eige-

nen Tür zu kehren.

Persönliches Werteverständnis ist zwar in-

dividuell durchaus vorhanden, kommt aber

im persönlichen Handeln nur dort zum

Zug, wo es in den Mainstream der Gesamt-

kultur passt.

Junge Führungskräfte betonen häufig ihren An-

spruch, selbst partizipativ zu führen und auch so

geführt werden zu wollen. Wird im Unternehmen

im Gegensatz dazu rigoros hierarchisch geführt –

Zitat eines Betroffenen: „Bei uns wird geführt nach

dem Prinzip von An- und Zurechtweisung, und

wer oben ist, hat immer recht“ –, beobachte ich

weitgehende Anpassung, garniert mit (An-)Klagen

über diesen Missstand. Bestenfalls werden die

eigenen Werte verdeckt im Schonraum des eige-

nen Bereichs umgesetzt, aber auch nur, insoweit

man keine Gefahr läuft, negativ aufzufallen.

… und die Wirklichkeit

Im Rahmen meiner Beratung und Veranstaltungen lerne ich viele

Potenzialkandidaten kennen und auch die Themen, mit denen sie

sich auseinandersetzen. Darüber hinaus habe ich häufig die Möglich-

keit, hautnah mitzuerleben, wie sie sich konkret verhalten oder mit

sich umgehen lassen, vor allem wenn Hierarchien im Spiel sind.

Mein Bild von der aktuellen Lage:

Junge Manager sind in aller Regel fachlich und betriebs-

wirtschaftlich sehr gut qualifiziert.

Dafür sorgen das passende Studium und die Erwartungen, die Unter-

nehmen an die Kandidaten expressis verbis richten, beziehungs-

weise Erwartungen, die von vornherein vermutet und deshalb als

Vorleistungen erbracht werden.

Persönliches Verantwortungsbewusstsein im Sinne des viel

beschworenen „Unternehmers im Unternehmen“ ist zwar

grundsätzlich vorhanden, wird aber nur in begrenztem

Maß umgesetzt.

Die in die Praxis umgesetzte unternehmerische Verantwortung be-

schränkt sich meist auf das eigene Arbeitsgebiet beziehungsweise

die offiziell definierte Zuständigkeit. Darüber hinausgehendes unter-

nehmerisches Engagement im Sinne von „Out of the box-Denken und

-Handeln“ wird in den meisten Unternehmen, die ich kenne, de facto

nicht wirklich erwartet. Es wird zwar häufig in Leitbildern für Füh-

rung oder Unternehmenskultur postuliert, aber in den seltensten

Fällen in der Praxis verbindlich eingefordert.

12

Wollte ich allerdings einen solchen Mitarbeiter mit

dem Potenzial eines wirklichen Leistungsträgers

für mein Unternehmen gewinnen beziehungsweise

halten, hätte ich noch eine weitere Hürde zu neh-

men: Ich müsste ihm nämlich einiges zu bieten

haben. Leistungsfähigkeit und Leistungswille eines

Mitarbeiters hängen nämlich nicht nur vom Poten-

zial des Mitarbeiters ab, sondern auch von einigen

Rahmenbedingungen, die nur das Unternehmen

schaffen kann:

Erstens, echte Kommunikation im Unternehmen.

Einerseits dürfte „heiße“ Information nicht als

Herrschaftsware gehandelt werden und anderer-

seits müsste dem Management des Unternehmens

tatsächlich am intensiven Dialog mit seinen Mitar-

beitern gelegen sein.

Zweitens, gute Mitarbeiter verstehen sich nicht als bloße

Exekutoren, sondern wollen frühzeitig an der Gestaltung von (strate-

gischen) Konzepten beteiligt werden – und zwar maßgeblich. Dies ist

für sie ein unverzichtbares Zeichen von persönlicher Wertschätzung.

Drittens, Leistungsträger erwarten einerseits eine gute Bezahlung,

gleichzeitig aber auch einen fairen Schutz vor Selbstausbeutung auf

dem Hintergrund der häufigen Erfahrung, dass gerade auf sie unge-

niert immer mehr draufgepackt wird. Wo die Balance zwischen Ar-

beit und Lebensqualität auf Dauer nicht stimmt, da halten sich auch

keine guten Mitarbeiter.

Viertens, entscheidend wird sein, insgesamt Voraussetzungen zu

schaffen, damit Engagement wirklich Spaß macht. Dazu gehört aller-

dings auch, dass beide Seiten auf so viel Unabhängigkeit achten,

dass sich keiner dem anderen existenziell völlig ausliefert. Zur Psy-

chohygiene gehört eine innere Unabhängigkeit, die dann gewährleis-

tet ist, wenn alternative Optionen offengehalten werden.

Ohne solche Rahmenbedingun-

gen wird sich auf Dauer auch

das beste Potenzial weder entfal-

ten noch halten. Hehre Worte

und schöne Leitlinien werden

dazu nicht ausreichen. Die wirk-

lich guten Kandidaten werden

testen und sich daran orien-

tieren, was wirklich Sache, und

nicht an dem, was verkündet ist.

Soweit die Theorie …

Die Trainer der Business Summer School

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

14 15Die Trainer der Business Summer School

Diese Situation führt nach meiner Einschätzung

zu einem ganz grundsätzlichen Dilemma: Die

oben stehen unter dem massiven Druck unge-

wöhnlich starker Herausforderungen. Sie suchen

deshalb verständlicherweise nach schnellen und

durchgreifenden Problemlösungen. Je stärker der

Druck, umso geringer die Bereitschaft, sich mit

unterschiedlichen und ungewohnten Perspektiven

intensiver auseinanderzusetzen, ganz nach dem

Motto „no surprises“. Folgerichtig ist für diejeni-

gen, die oben sind, hierarchische Führungspraxis

das Mittel der Wahl, um sich ohne weitere Diskus-

sionen möglichst schnell mit ihren eigenen Ideen

und Anforderungen durchzusetzen.

Um nicht das Risiko einzugehen, als Querdenker

oder Quertreiber im Weg zu stehen, reagieren die

unten scheinbar ebenso folgerichtig mit voraus-

eilender Anpassung. Darüber hinaus bietet ihnen

die von oben praktizierte, rigoros hierarchische

Führung einen willkommenen Vorwand, ihren ei-

genen Anspruch nicht umsetzen zu können.

offenen Feedbacks enthält, wird zum Täter. Er sta-

bilisiert dadurch das bestehende Muster, unter

dem er angeblich leidet. Fazit: Auch auf der mittle-

ren Führungsebene kann in der Richtung nach

oben Führungsqualität erprobt und bewiesen wer-

den. Denn wer sich nur in bereits gespurten Bah-

nen zu bewegen in der Lage ist, beweist dadurch

zwar, dass er gelegten Spuren folgen, nicht aber,

dass er neuen Herausforderungen kreativ begeg-

nen kann. Es geht eben darum, sich selbst der Ver-

antwortung zu stellen und sie nicht weiterzuschie-

ben (to pass the buck), weder nach unten noch zur

Seite noch nach oben.

Auf diesem Hintergrund könnte der oben zitierte

Spruch auf dem Schreibtisch von Harry Truman

das Leitmotto für möglichst viele Mitarbeiter sein

– auf jeden Fall für solche, die den Anspruch

haben, erfolgreiche Manager zu werden.

Darf es Kompromisse geben, mag so mancher fra-

gen. Ja, es werden sich notwendigerweise Kompro-

misse ergeben. Man sollte sie aber nicht von vorn-

herein gezielt einplanen.

Das ist ein Verhaltensmuster wie am Königshof: Der König verlangt

von allen, die in seiner Nähe am Hof sein wollen, absolute Ergeben-

heit und Loyalität. Die Höflinge genießen diese Nähe und werden

alles tun, um am Hof zu bleiben. Sie erfüllen den Loyalitätswunsch

dadurch, dass sie nur erwünschte Botschaften liefern.

Beide Seiten stabilisieren aktiv dieses hierarchische System, die eine

Seite dadurch, dass sie nichts hören will, was nicht in das eigene

Weltbild passt, die andere, indem sie kritische, nicht konforme, un-

angenehme Rückmeldungen wider besseres Wissen zurückhält.

Konsequenz: Unternehmerisches Denken auf der breiteren Basis der

Mitarbeiter bleibt pure Rhetorik – und damit auch viel potenzielles

Engagement ungenutzt auf der Strecke. Das Märchen „Des Kaisers

neue Kleider“ ist aktueller denn je.

Perspektiven

Zeiten wirtschaftlichen Drucks sind keine günstigen Zeiten, um das

hierarchische Muster durch ein Führungsmodell abzulösen, das im

Rahmen strategischer Zielsetzungen auf breite Delegation und das

Prinzip Selbstverantwortung setzt. Das behaupten viele, nicht zuletzt

um die eigene vorauseilende Anpassung vor sich selbst zu rechtferti-

gen. Dagegen steht: Je turbulenter das Umfeld, je schneller die gefor-

derte unternehmerische Reaktion, umso notwendiger sind Mitarbei-

ter, die fähig und bereit sind, im Rahmen definierter Ziele möglichst

selbstverantwortlich zu handeln und in diesem Zusammenhang auch

bereit sind, Konflikte mit ihrem Umfeld auszutragen.

Das geht freilich dann deutlich leichter, wenn auch die verantwort-

lichen Manager oben ihre Rolle entsprechend anpassen: Vom allein

bestimmenden An- und Zurechtweiser zum kollegialen Coach und

konsequenten Führungscontroller, der seine Führung nicht an den

einzelnen Tätigkeiten, sondern am übergreifenden Ziel und am Er-

gebnis ausrichtet.

Dieser Veränderungsprozess kommt allerdings nicht von allein ins

Rollen. Der Fisch stinkt meines Erachtens nicht nur vom Kopf her,

wie immer wieder argumentiert wird, um mit dem Finger nach oben

zu zeigen. Veränderung kann auch von der Mitte aus angeschoben

werden. Denn wer in die Rolle des Höflings schlüpft und sich jedes

Die Trainer der Business Summer School

Page 10: Business Summer School · einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um so die Kreativität der Mitarbeiter

BusinessSummer School

Unternehmenskultur

17Die Trainer der Business Summer School

Entstehen kultureller Veränderungen

Kulturveränderungen haben ihren Ursprung in

verschiedenen Sachlagen:

• Veränderungen im Umfeld erzwingen Verän-

derungen in der Organisation und der Kultur.

Innen folgt Außen.

• Das Zusammengehen oder Aufteilen von Orga-

nisationen oder Organisationseinheiten führt

zu Veränderungen von Organisation und Kul-

tur. Die Organisation ist neu, und damit wird

es auch die Kultur.

• Vorhandene Führungskräfte streben Verände-

rungen an, weil sie um die Zukunft der Orga-

nisation und/oder ihrer Rolle fürchten. Treiber

kurbeln eine Kultur an, die sie für tauglicher

halten und bringen die Mannschaft hinter sich.

• Neue Führungskräfte bringen neue kulturelle

Vorstellungen mit in die Organisation, die sie

durchsetzen wollen. Eine neue Kultur wird im-

portiert.

• Genügend Mitarbeiter formulieren einen Ver-

änderungsbedarf und forcieren diesen im direk-

ten Gespräch oder über Personalvertretungen.

Der konstruktive Weg von unten nach oben

führt zur Kulturveränderung.

• Genügend Mitarbeiter kündigen innerlich

oder äußerlich und gefährden dadurch die

Leistungsfähigkeit der Organisation, was die

Führungskräfte dazu bringt, sich damit zu be-

schäftigen. Der destruktive Weg von unten

nach oben bringt die Kulturveränderung.

hergehenden Kulturveränderungen von den Beteiligten akzeptiert.

Die Entfaltung der neuen Kultur schafft schließlich neue Symbole

und Verhaltensweisen (Abbildung 1).

Die der Soziologie entstammende Diffusionstheorie liefert einen zu-

sätzlichen Beitrag. Ihr bekanntester Vertreter Rogers begann 1962,

die Ausbreitung neuer Konsumgüter zu untersuchen. Später analy-

sierte die Diffusionsforschung zunehmend die Ursachen des Erfolgs

oder Misserfolgs von Innovationen. Diffusionsmodelle sagen den

Verlauf von Innovationen voraus und identifizieren die wichtigen

Einflussfaktoren. Rogers hebt beispielsweise die Bedeutung von

Adoptergruppen hervor und unterscheidet Innovatoren, frühe

Adopter, die frühe Mehrheit, die späte Mehrheit und Nachzügler. Für

eine kulturelle Veränderung muss man vor allem die Innovatoren

und die frühen Adopter ins Boot bringen.

Wie ändert man Kultur?

Wer die Kultur einer Organisation verändern will, muss den Organi-

sationsmitgliedern neue Erfahrungen ermöglichen und einen langen

Atem haben. Schließlich kann er nur den Input in Form von Impulsen

steuern. Der Output, also welche Schlüsse die Beteiligten aus den ge-

machten Erfahrungen ziehen, wird durch ihre Identität und den kul-

turellen Kontext bestimmt.

Das Impulsmodell von Anwander zeigt, dass es viele und regelmä-

ßige Impulse braucht, um eine nachhaltige Veränderung zu bewir-

ken. Darüber hinaus muss durch eine fortwährende Rückkopplung

überprüft werden, ob sich tatsächlich das Intendierte in Gang setzt.

Wer Kultur verändern will, muss sich über die Auslöser, die Tiefe

und die Wege zur Verbreitung und Stabilisierung einer Kultur in der

aktuellen Situation seiner Organisation klar werden.

16

Kultur entsteht durch Lernen. Im Laufe der

Entwicklungsgeschichte erproben Menschen

Verhaltensweisen, bewerten deren Wirksam-

keit, behalten Erfolgreiches bei und sondern

weniger Taugliches aus. Was man auf indivi-

dueller Ebene erfährt, wird in Gruppen,

Organisationen und Gesellschaften verdichtet

und gemeinsam auf Sinngebung und Wirk-

samkeit hin überprüft.

Wie verändert sich Kultur?

Kultur verändert sich, wenn Alltagserfahrungen die Grundannah-

men ins Wanken bringen. Doch menschliches Verhalten und noch

mehr institutionalisierte Machtstrukturen sind beharrlich. Dies zeigt

etwa der lange Weg der Erde von der Scheibe zur Kugel, vom Mittel-

punkt des Universums zu einem Planeten, der irgendwo im Weltall

um eine der unermesslich vielen Sonnen kreist.

Zunächst wird eine Kultur ihre Grundannahmen also verteidigen. Er-

fahrungen, die das bisherige Deutungsgerüst stärken, werden dazu

leichter geglaubt und als wichtiger eingestuft. Man begründet noch

besser, weshalb es so sein muss, wie es schon immer war. Neue, stö-

rende Erfahrungen und vor allem ihre Verursacher werden negiert,

unterdrückt, diffamiert, bekämpft.

Zu Beginn ist dies einfach. Noch gibt es nur

wenige solcher Erfahrungen. Die „Alte Welt“ sitzt

an den Hebeln der Macht und nutzt ihre kulturelle

Deutungshoheit über das Geschehen. Lässt sich

die Erfahrung nicht aus der Welt schaffen, wird sie

soweit wie möglich assimiliert. Erst wenn sich die

neue Erfahrung ausbreitet und offensichtlich

bessere Ergebnisse liefert, wird umgesteuert.

In Anlehnung an Dyer kann man den weiteren

Zyklus eines Kulturwandels veranschaulichen. Ver-

säumt es die alte Kultur, rechtzeitig umzusteuern,

treten Schattenkulturen hervor, oder eine neue

Führungsmannschaft versucht, das Heft in die

Hand zu nehmen. Auseinandersetzungen sind in

dieser Zeit des Umbruchs an der Tagesordnung. Je

mehr sich die neue Orientierung bewährt, desto

eher werden die mit der Krisenbewältigung ein-

OrganisationskulturWie sich Kultur verändert und wie man sie aktiv ändern kann

DR. ARMIN ANWANDERGeschäftsführender Gesellschafter der ILTIS GmbH, Rottenburg

Die Trainer der Business Summer School

Abbildung 1: Zyklus eines Kulturwandels nach Dyer

Quelle: Bertelsmann Stiftung 2007

In einer frühen Phase wird das Weltbild erschüttert, da Erfolge ausbleiben.

Symbole und Riten verlieren an Glaubwürdigkeit und werden kritisiert.

Verunsicherung tritt ein.

Zunehmend treten Schattenkulturen hervor oder eine neue Führungs-mannschaft versucht, eine veränderte Orientierung aufzubauen.

Die neue Kultur entfaltet sich. Sie schafft neue Symbole und Verhaltens-weisen.

Wenn die neue Orientierung hilft, die Krise zu meistern, wird die damit einhergehen-de Kultur akzeptiert.

Dadurch geraten die alte und die neue Kultur in Konflikt.

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

18 19Die Trainer der Business Summer School

Tiefe der kulturellen Veränderung

Anschließend ist zu fragen, ob eine kulturelle Ver-

änderung von Werten angestrebt wird oder ob es

„nur“ um neue Praktiken geht.

• Geht es lediglich um die Veränderung von

Praktiken, ist zu prüfen, inwieweit die neu

einzuführenden Vorgehensweisen kompatibel

zu den vorhandenen Werten sind. Ist dies der

Fall, kann die Akzeptanz leichter gewonnen

werden.

• Bei der Veränderung von Werten kann man

aus der Schöpfungsmythos-Forschung lernen.

Werte werden demnach leichter verwandelt,

wenn man die Worte eines Mythos beibehält

und nur seine Bedeutung adaptiert! Wo Bedeu-

tung und Worte erneuert werden, stößt dies

auf größere Umstellungsschwierigkeiten.

Der Weg „Ihre Kultur sagt ja schon ... und für

die jetzige Situation bedeutet dies ...“ scheint

einfacher zu sein als der Umbruch-Weg „Was

gestern war, können Sie heute vergessen“.

• Werte-Dilemmata erfordern zusätzlich einen

Prozess der Aussöhnung der divergierenden

Werte. Dazu bedarf es eines veränderten über-

greifenden Konstrukts, das die ursprünglichen

Werte integriert. Beispielsweise kann eine

Änderung in eine bestimmte Richtung helfen,

das zu bewahren, was am wichtigsten er-

scheint. Veränderung dient so dem Bewahren.

• Positives Feedback erzeugen

Positives Feedback stabilisiert. Je unmittelbarer

es erfolgt, desto größer ist die Wirkung. Mitar-

beiter müssen also die Wirkungen der Kultur

in der Zusammenarbeit mit Führungskräften

und Kollegen, in den Leistungen und beim

Kunden erfahren können.

Wohin soll sich Kultur ändern?

Soll Kultur aktiv und nicht nur als Reaktion auf

äußere, unvermeidbare Zwänge beeinflusst wer-

den, bedarf es der Auseinandersetzung um grund-

legende Annahmen und Werte. Dabei ist zu be-

rücksichtigen, dass der Ausgangspunkt immer die

aktuelle Kultur ist. Weil die Wirkung intendierter

Veränderungen Monate oder gar Jahre benötigt,

wird zum Zeitpunkt der Einflussnahme also auf

bestimmte Wirkungszusammenhänge und Verhal-

tensweisen spekuliert.

Den Bezugsrahmen dafür liefert jedoch die

aktuelle Kultur! Grundlegend riskiert damit jede

Kultur ihren Untergang durch Perfektion. Da die

Kultur nur glauben kann, was sie bereits glaubt,

wird sie ihre Probleme mit der Verbesserung der

bekannten Lösungen beantworten. Man strengt

sich mehr an, führt weitere Ressourcen zu und

bekämpft Widersprüchliches noch stärker. Eine

grundlegende Änderung wird aufgeschoben.

Wege der kulturellen Veränderung

Sind Auslöser und Tiefe klar, gibt es verschiedene Wege zur Aus-

breitung der kulturellen Veränderung. Sie können auch kombiniert

werden:

• Kulturveränderung als Lernprozess

Kultur entsteht im dauerhaften Wechselspiel von Analyse, Dis-

kussion, Aushandeln von Werten und Praktiken, Erprobung und

Reflexion der Beteiligten.

• Kulturveränderung als Machtprozess

Wenn Legitimation, Macht, Ressourcen und Willen vorhanden

sind, um andere unter die eigene Kulturvorstellung zu zwingen,

können Abstimmungsprozesse abgekürzt werden. Denn wer

Rahmen und Situation deuten kann und die Kraft zur Durchset-

zung hat, kann beispielsweise Strukturgrenzen verschieben,

Leistungen oder Prozesse neu definieren und Kulturveränderun-

gen als Folge dieser Veränderungen erzwingen.

• Kulturveränderung als Diffusionsprozess

Helden werden aufgebaut, Best Practices bestimmt. Die Kommu-

nikation durch Innovatoren und Multiplikatoren muss andere für

das neue Wissen begeistern und Erfahrungen ermöglichen, die

die neue Kultur vorteilhaft erscheinen lassen.

• Kulturveränderung durch Personalarbeit

Personen, die bisher die Macht innehatten, werden ausgetauscht.

Oder man fördert oder stellt in bestimmten Bereichen nur noch

Mitarbeiter ein, die nicht zur bisherigen Kultur passen. Eine sys-

tematische Rotation kann zusätzlich die Grenzen von Subkultu-

ren verwischen.

• Kulturveränderung mit System-Trick

In Zeiten der Informationstechnologie lassen sich Praktiken er-

zwingen, indem man das Gewollte in Systeme verpackt. Bevor

der Einzelne in der Fläche das System zur Kenntnis bekommt,

sind Tatsachen geschaffen, die nach dem Roll-out aufgrund des

hohen Invests und des Zeitbedarfs kaum mehr zu ändern sind.

• Kulturveränderung als geleitete Ohnmacht

Man kann eine Situation abwarten, die eine Kulturänderung als

Reaktion erzwingt.

• Kulturveränderung als notwendige Reaktion

Der Zwang zur Veränderung entsteht durch glaubwürdige Dar-

stellung bedrohlicher Umweltszenarien. Dazu gehören eine ein-

flussreiche Position des Senders und die Möglichkeit, die Dar-

stellung an viele in der Organisation verbreiten zu können.

• Kulturveränderung durch Außen-Erfahrungen

Führungskräfte und Mitarbeiter werden auf Entdeckungstour zu

Kunden, Branchenpartnern oder in völlig anders geartete Organi-

sationen geschickt. Sie bereiten ihre Erfahrungen auf und kon-

frontieren damit das eigene System.

• Kulturveränderung durch Kommunikation

Was immer dazu gehört: Wer eine bestimmte Kulturveränderung

will, muss für sie eintreten und werben.

Stabilisieren kultureller Veränderungen

Um positiv erlebte Kulturelemente schließlich zu stabilisieren, erge-

ben sich folgende Ansatzpunkte:

• An die Kultur erinnern

Die bestimmenden Kulturelemente fließen in alltägliche Ge-

spräche, in Sitzungen und Veranstaltungen ein.

• Praktiken auf Werte aufbauen

Organisationspraktiken werden gemeinsam daraufhin überprüft,

ob sie mit den zugrunde liegenden Werten übereinstimmen.

Werte und Praktiken werden dadurch vertieft und an neue Orga-

nisationsmitglieder vermittelt.

Die Trainer der Business Summer School

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

20 21Die Trainer der Business Summer School

Will man der eigenen Kultur auf lange Sicht etwas

Gutes tun, muss man sie rechtzeitig mit dem Stö-

renden, dem Widersprüchlichen, dem Lästigen

konfrontieren oder anfänglich vielleicht auch nur

behutsam vertraut machen. Denn erst durch den

Blick auf das Fremde tritt die eigene Kultur deut-

lich hervor.

Schon kleine Verhaltenssimulationen zeigen, ob

die bisherige Kultur auch unter anderen Gegeben-

heiten besteht. Die unangenehmen Szenarien

schaffen nach und nach einen umfassenderen

Blick auf das Geschehen, mehr Flexibilität bei ver-

änderten Umweltbedingungen und eine erhöhte

Reaktionsgeschwindigkeit, wenn Umbrüche ein-

treten.

Doch wie gesagt: Es erfordert, dass man das ins

Gesichtsfeld bringt, was die heutige Kultur nicht

oder nicht gerne sieht. Wo findet man nun das

Störende, was künftig die Organisation auf die

Probe stellen könnte?

Es liegt in den Begleiterscheinungen unserer Kul-

tur und unserer sozialen Systeme. Einige Beispiele

auf gesellschaftlicher Ebene mögen dies illustrie-

ren.

• Von derzeit geschätzten 6,5 Milliarden Men-

schen auf der Erde hungern nach Angaben der

Weltbank 850 Millionen. Fast drei Milliarden

Menschen haben weniger als zwei Dollar pro

Tag zur Verfügung. Mit entsprechenden Fol-

gen für Gesundheit und Bildung.

frage jedoch bleibt, zumal dann, wenn man daran

glaubt, dass Wirklichkeit ein Konstrukt der eige-

nen Überzeugungen ist: In welcher Welt möchte

ich leben?

Wer sich nicht auf diesen mühseligen Weg der

Auseinandersetzung mit sich und seiner Kultur

begeben will, kann es sich leichter machen. Er be-

grenzt seinen Bezugsrahmen, schaut sich in der

Branche und bei den großen Beratungsunterneh-

men der Welt um und nutzt die dort als besonders

wichtig propagierten Kulturelemente als Grund-

lage seiner Ausrichtung. Diese Basis würzt er mit

den Aspekten, die er selbst für entscheidend hält,

um besser als der Wettbewerb zu sein.

Vielleicht ist der beste Weg aber auch, beide Vor-

gehensweisen zu verknüpfen, um mit dem Main-

stream zu schwimmen, solange es einen Fluss

gibt, und zusätzlich für sich und seine Mitarbeiter

einen Sinn über das alltägliche Muss der Arbeit

hinaus zu finden.

• Wir gefährden unsere Lebensgrundlagen (Erde, Wasser, Luft)

und verbrauchen in relativ kurzer Zeit Ressourcen, die in

Jahrmillionen entstanden sind (Kohle, Öl, Gas).

• Die Spielregeln für militärische Auseinandersetzungen werden

neu definiert. Dem ungeheuren Waffenarsenal von Staaten ste-

hen Anschläge – auch unter Einsatz des eigenen Lebens – als

Kriegsmittel der weniger Privilegierten gegenüber.

• Wir stehen am Anfang neuer Völkerwanderungen. Immer mehr

Menschen verlassen ihre Heimat, um eine bessere Überlebens-

chance zu haben.

• Die meisten Demokratien erhöhen ihren Schuldenberg von Jahr

zu Jahr. Sie konsumieren bereits heute künftige Einnahmen.

Viele Schwellen- und Entwicklungsländer sind hoffnungslos ver-

schuldet, was das Weltfinanzsystem aus den Angeln heben kann.

• Trotz aller Forschung und Finanzmittel stehen die Gesundheits-

und Alterssicherungssysteme auch vieler reicher Staaten vor

dem Kollaps.

• Im Zeichen des Shareholder Value taugen immer weniger

Menschen für die definierten Arbeitsprozesse. Dies führt zu

einer dauerhaft hohen Arbeitslosigkeit mit einer zunehmenden

Anzahl an Personen, die auch mittels Qualifizierung nicht mehr

in den Arbeitsmarkt zurückkehren können. Auf der anderen

Seite entsteht eine zunehmende Leistungsverdichtung bei den

Beschäftigten.

• Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen nehmen

dramatisch zu. Das Ärzteblatt hinterfragt, ob es sich hierbei um

die Epidemie des 21. Jahrhunderts handelt.

Sind diese Effekte von unseren Kulturen und unseren Organisatio-

nen gewollt? Oder werden sie billigend in Kauf genommen bzw.

durch unser Menschenbild zur selbstverständlichen Nebenwirkung

erklärt, an der sich nichts ändern lässt?

Zündstoff als Treibstoff?

Für Organisationen, die über den Tag hinausdenken, ist klar, dass

sich aus diesen offensichtlichen Faktoren erheblicher Zündstoff für

Veränderungen ergibt. Denn nicht nur die Wirtschaft und die Infor-

mationstechnologie wurden globalisiert. Auch Probleme sind gren-

zenlos geworden. Und deswegen wird es auch grenzenloser Lösun-

gen bedürfen.

Kultur, die einen Fortschritt im materiellen und geistigen Sinne will,

muss das Spannungsfeld dieser Szenarien ausloten. Kultur muss

Antworten geben: Wie können und wollen wir die Welt und die Men-

schen sehen? Was kann und will ich, mein Unternehmen, mein Land,

meine Religion beitragen, damit die Menschheit in einer lebenswer-

ten Welt überlebt? Als langfristig sinnstiftende Determinanten ergeben

sich für die Organisationskultur folgende Anknüpfungspunkte (Abbil-

dung 2). Ausgangspunkt ist eine Bildung, die danach strebt, das men-

schliche Potenzial im Einzelnen, in Organisationen und in der Gesell-

schaft weiter zu entfalten.

Dabei öffnen sich drei grundlegende Gestaltungsfelder:

• Gestaltung des Lebens in, mit und für die Natur.

• Heilung im Außen (Körper samt Sicherung von Nahrung und

Gesundheit) und Heilung im Innen (d. h. auf geistig-seelischer

Ebene).

• Verständigung als Grundlage für ein angemessenes Miteinander.

Auf lange Sicht überleben also nur Kulturen, die zu einer Entwick-

lung der Menschheit mit dem Ziel einer langfristigen Sicherung des

Überlebens bei gleichzeitiger Verbesserung der Lebensqualität bei-

tragen.

Für manchen mögen solche Grundwerte angesichts der mensch-

lichen Geschichte in den letzten zehntausend Jahren kurzfristig als

unerreichbares, schöngeistiges Konstrukt erscheinen. Die Grund-

Die Trainer der Business Summer School

Abbildung 2: Sinnstiftende Determinanten der Kultur

Quelle: Bertelsmann Stiftung 2007

Bildung Heilung

Verständigung

Natur

Entwicklung

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

23Was Führung ausmacht

1. Mut, Nerven und Gelassenheit

2. Lernfähigkeit, Sensibilität für Neues, Vorstel-

lungsvermögen für die Zukunft

3. Kommunikations- und Motivationsfähigkeit

nach innen und außen

4. Fähigkeit zur Schaffung eines innovativen

Klimas

5. Denken in Zusammenhängen

6. Glaubwürdigkeit

7. Bereitschaft zur ständigen Veränderung und

die Fähigkeit, den Wechsel zu managen

8. Internationale Erfahrung oder wenigstens Ver-

ständnis für andere Länder und Kulturen

9. Entscheidungsfreudigkeit – aber mit Verant-

wortungsbewusstsein

10. Alles das, was man mit den Begriffen Charak-

ter und Persönlichkeit umschreibt (also auch

ein gewisses Charisma)

11. Bescheidenheit, aber mit Stil.

Beispiele aus der Nestlé-Unternehmenskultur:

Das Unternehmen mehr pragmatisch als dogmatisch führen. Wir

sind bescheiden, aber mit Stil; Engagement und Einsatz für die

Firma; Integrität; wichtiges Element der allgemeinen Nestlé-Kultur,

personalisierter Führungsstil. Nestlé ist konservativ, was die Werte

betrifft, aber dynamisch, was zukünftige Entwicklungen in der

Technologie und bei Veränderungen der Verbrauchergewohnheiten

betrifft. Am Schluss der schriftlich festgehaltenen „Grundlegenden

Management- und Führungsprinzipien von Nestlé“ heißt es: „Ab-

gesehen von persönlicher Tüchtigkeit und Erfahrung stellen die

Fähigkeit und der Wille, diese Prinzipien anzuwenden, die wichtig-

sten Kriterien für eine Beförderung dar und nicht der Pass oder die

ethnische oder nationale Herkunft einer Person.“

Sowohl die allgemeine Unternehmenskultur wie auch die Führungs-

kultur müssen vor allem durch das Management verkörpert werden,

und von dort müssen auch zusätzliche Impulse ausgehen.

Deshalb ist sehr wichtig, dass neben beruflicher Erfahrung und pro-

fessionellen Kenntnissen die folgenden Führungseigenschaften

durch das Management verkörpert werden (umso mehr, je höher der

Managementlevel ist).

22

Kein Zweifel, dass sogenannte „Hard Facts“ allein

zur erfolgreichen Führung nicht mehr ausreichen.

Das war immer so, ist aber heute noch wichtiger.

Alle großen und auch viele kleinere Firmen be-

herrschen heute die wichtigsten zahlen- und sys-

temorientierten Führungsinstrumente. Ein Wett-

bewerbsvorsprung kann deswegen oft nur über

die folgenden drei Quellen erzielt werden:

1. Image and Corporate Brand plus Marken

2. Innovationsfähigkeit

3. Führungsphilosophie sowie Qualität, Engage-

ment und Motivation der Führungskräfte und

Mitarbeiter.

Zunächst einige Bemerkungen zur Unternehmenskultur generell.

Eine ungenaue, aber doch sehr zutreffende Beschreibung besagt:

Unternehmenskultur besteht aus der Summe aller Selbstverständ-

lichkeiten, die in einem Unternehmen gelebt werden.

Unternehmenskultur muss einerseits so fixiert sein, dass sie von

Unternehmen mit prägnanten Kulturen, wie Shell, Unilever oder Ber-

telsmann, unterscheidbar ist (also nicht nur „Edel sei der Mensch,

hilfreich und gut!“). Andererseits muss sie besonders in einem inter-

nationalen Konzern so allgemein sein, dass sie keine Traditionen,

Kulturen und Mentalitäten einzelner Mitarbeiter aus den verschie-

densten Teilen der Welt verletzt.

WAS FÜHRUNG AUSMACHT

Führungseigenschaften und Führungskultur der ZukunftDR. H. C. HELMUT O. MAUCHEREhrenpräsident Nestlé S.A., Vevey

Was Führung ausmacht

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

24 25Was Führung ausmacht

Außerdem ist ein gewisses Maß an Sensibilität (wer nicht sensibel

ist, kann nicht führen, wer nur sensibel ist, auch nicht) erforderlich.

Wir sind ein Unternehmen, das

mehr menschen- und produkt-

als systemorientiert ist. Nestlé

verfolgt eine langfristige Politik

(einschließlich sozialer Verant-

wortung) und ist nicht für

kurzfristige, opportunistische

Maximierung. Wir favorisieren

Dezentralisierung, wo immer

möglich. Wir haben das Konzept

des „Employee Involvements“,

der Einbeziehung von Mitar-

beitern in Entscheidungen und

Änderungen, wo immer es geht.

Es gilt auch die von mir so bezeichnete „Added Value Leadership”-

Philosophie. Leadership sollte nicht nur ausgeübt werden, weil man

eine bestimmte Kompetenz und Autorität zugeteilt bekommen hat,

sondern sollte mehr nach der Fragestellung ausgerichtet sein: Habe

ich mit meiner Aufgabe, mit meiner Verantwortung heute zum Erfolg

des Unternehmens bzw. zur Mehrwertschaffung etwas beigetragen –

oder anders ausgedrückt – was leiste ich für das Unternehmen, um

es erfolgreicher zu machen und damit seinen Wert zu vermehren?

Abschließend: Um wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben,

brauchen wir auch zum Teil wieder einfachere Grundsätze, die wir

beachten müssen. Ich habe meinen Leuten immer gesagt: „Be close

to people, to products and customers“. Wenn wir diese drei Dinge

befolgen, können wir schon nicht mehr so viel falsch machen!

Führungseigenschaften auf den kürzesten Nenner gebracht:

• Herz und Verstand

• Mens sana in corpore sano

• Tue recht und scheue niemand

Was Führung ausmacht

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

26 27Was Führung ausmacht

Einzelkämpfer versus Team

„Handball spielen können wir alle“, so die erste

Reaktion des Weltmeisters auf die Frage nach dem

Geheimnis des deutschen Erfolges. „Sportlich

gesehen, sind die zehn Mannschaften der

Weltspitze auf fast gleichem Niveau. Also kommt

es auf andere Fähigkeiten an.“ Dazu zählt Markus

Baur in erster Linie Teamfähigkeit und Vertrauen.

„Wir hatten nicht die besten Einzelspieler, waren

nur das drittbeste Team. Für unseren Erfolg war

unser Teamgeist ein entscheidender Faktor.“ Aber

sind es nicht auch die kreativen Einzelkämpfer,

die für überraschende Erfolge sorgen? „Ja, natür-

lich. Ein guter Trainer muss die Charaktere seiner

Sportler erkennen – und sie im Griff haben.“

Auch im Sport bedient man sich heute ungewöhnlicher Methoden.

Bereits während der Fußball-WM diskutierte die Öffentlichkeit da-

rüber, dass Trainer auch psychologisch orientierte Programme zur

Spiel-Vorbereitung einsetzen. Und wie bereiten sich die deutschen

Handballer vor? Als Beispiel nennt Markus Baur die audio-visuelle

Wahrnehmungsförderung durch eine spezielle Musiktherapie, die

die Selbstregulierung des Gehirns beschleunigt. „So kann man bess-

er umsetzen, was man wahrnimmt.“ Von den aus der Wirtschaft

bekannten Teambildungsmaßnahmen für Top-Manager, zum Beispiel

Überlebens-Trainings in der Wildnis, hält er wenig. „Nach Hause

kommt man immer. Der Druck im Alltag ist eine andere Situation.“

Nationale Unterschiede

Auf die Frage, ob es – wie in der Wirtschaft – auch im Sport unter-

schiedliche nationale (Unternehmens-) Kulturen gibt, führt Markus

Baur als Beispiel die Asiaten an. „Sie sind experimentierfreudiger,

spontaner, aber dafür nicht so diszipliniert. Wenn man das weiß,

kann man auch leichter erahnen, wo sie Fehler machen. Und sport-

licher Erfolg im Handball lebt von den Fehlern der anderen.“

Teamfähigkeit entscheidetMARKUS BAURKapitän der deutschen Handball Nationalmannschaft, Deutscher Handballweltmeister 2007

Was Führung ausmacht

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

28 29Was Führung ausmacht

At Olivier Mythodrama we are committed to devel-

oping leaders who have the presence, passion,

vision and intelligence to guide their organisations

to greater success.

The leaders of tomorrow will need to be ordinary

people with extraordinary talents: both inspired

and inspirational. Henry V is such a leader: a new

King who unites disparate people (his nobles)

around a common goal (reclaiming France) and

overcomes all difficulties to achieve victory (win-

ning the battle of Agincourt).

In Act I Henry assesses the past, visions the

future and commits to action. We learn that he

spent his youth in a pub with a bunch of thieves.

However, at the moment of his father’s death, he

changed his old ways to assume responsibility:

“consideration like an angel came and whipped

the offending Adam out of him”. Henry calls his

nobles together and gradually builds support for

his ambitious mission. Transition is difficult: if you

don’t know where you came from, you may not

find where to go. In starting any big project – but

especially our first project as a leader – we need to

seek advice and build consent, making sure a

majority believe in our “right” to go ahead.

In Act V Henry compromises in order to make his

vision sustainable. The proposal is that he marries

Katherine, the French princess, and will inherit

the French crown after the present King’s death.

He chooses to turn the battlefield into a garden –

to build a meaningful relationship with Katherine

and her people, rather than staying in conflict. So

he attempts to court her, but, being more warrior

than courtier, his “aspect of iron” makes him an

unappealing suitor. He must learn a new approach

– take off his armour and be patient. Many leaders

have got where they are because of their ability to

fight and win, but then what? Winning the war is

often easier than winning the peace. We may have

to nurture the new territory we have achieved,

rather than look for the next target. If we never

take the “armour” off and build real and lasting

relationships, work may eventually lose its mean-

ing. If, as leaders, we do not actively create a sus-

tainable culture, we are simply not doing our job.

www.oliviermythodrama.com

In Act II Henry prepares for war and deals with the “disagreers”.

Many are eager to take part but others are in it for the cash while

some are traitors out to assassinate the King. Henry makes sure he

gets the right people on the ship – and gets rid of the others.

Sometimes an effective leader has to disguise their intentions, par-

ticularly when spotting potential saboteurs. There are nay-sayers,

critics and traitors in most organisations; it is important to deal with

them appropriately, and sometimes swift action saves trouble later.

Act III sees Henry taking the first steps into France, landing with

10,000 men at the coastal town of Harfleur as planned – but three

months later he is still there, having lost 2,000 men. He makes a

rousing speech to rally his exhausted troops and motivate them to

continue. They enter the town, but Henry is forced to rethink his

strategy. He does not press on to his initial goal regardless; nor does

he admit failure and simply retreat to England. He finds a third way:

a strategic withdrawal that will allow his troops to rest over winter.

However, the French army is chasing Henry’s exhausted 8,000 men

with 40,000 fresh mounted troops and they catch up and surround

them. Henry has a simple choice: give in now, pay a huge fine and

live, or fight tomorrow – and die. All leaders will experience a crisis,

a point at which it seems impossible for the originally desired out-

come to occur. That is when a leader meets the real test of giving his

people enough confidence to carry on.

In Act IV, Henry has to endure a long, dark night while he decides

what to do. At 3 am, he walks around the camp, visiting his troops,

“thawing cold fear” by showing confidence regardless of what he’s

actually feeling – sometimes acting something makes it real. Henry

admits to his brother that “we are in great danger”, then realises that

he needs time alone to decide what to do. He takes off his crown, dis-

guises himself beneath a cloak and walks into the dark. Leaders need

to allow themselves to face their own innermost fears, doubts and

uncertainties, especially in a crisis, before making decisions that

affect the lives of others. Henry listens to some ordinary soldiers who

believe they are doomed and that the King is responsible – a hard

lesson for Henry. Left alone he unloads the burden of leadership that

he feels, returns to his core values and is able to regain the sense of

purpose, the “right” to go ahead that he found in Act 1. Now he feels

ready but when he arrives back at his tent, he overhears the nobles

wishing for more troops. He speaks to them from the heart, telling

them why he believes they are doing the right thing. He says those

who do not agree can leave, but “we few, we happy few, we band of

brothers” who choose to fight will be remembered for as long as the

battle is remembered. He ends by telling them that “all things are

ready if our minds be so” – a belief most sports psychologists endorse.

They subsequently go out and win the battle against apparently

impossible odds.

Inspirational Leadership from Shakespeare’s Henry VRICHARD OLIVIER, Artistic Director, Olivier Mythodrama, London

Was Führung ausmacht

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Wie Zukunft innovativ gestaltet werden kann

Eine Antwort auf diese Heraus-

forderung heißt Zukunfts-Labor.

Was ist darunter zu verstehen?

Für einen begrenzten Zeitraum

arbeiten hier Fachleute aus je-

weils relevanten Bereichen zu-

sammen, die bei der Konzipie-

rung neuer Ideen bzw. Strate-

gien involviert sind: Forschung, Vor- und Serien-

entwicklung, Produktion, Vertrieb und Marketing;

Finanzfachleute und Juristen ergänzen das Team,

falls nötig. Im Rahmen eines strukturierten Kom-

munikationsprozesses werden die unterschied-

lichen Interessenlagen, vor allem aber die unter-

schiedlichen Sichtweisen und Zukunftserwartun-

gen der Beteiligten offengelegt und verdichtet. Das

Resultat sind gemeinsam getragene, alternative

Zukunftsbilder – sogenannte Szenarien.

BusinessSummer School

Unternehmenskultur

31

3. Innovative Institutionen nutzen Visionen und Zukunftsbilder,

um die Bedarfe von morgen zu antizipieren und mitzuprägen. Zu-

kunftsvisionen dienen der Risikoeingrenzung wie auch der akti-

ven Einflussnahme auf das Geschehen. Durch hohe Flexibilität

und Orientierung an langfristigen Zielen begründen sie Wettbe-

werbsvorteile.

Wandel ist die große Konstante allerorten. Und die Überzeugung

wächst, dass die Turbulenzen um uns herum nicht etwa nur wie ein

Hurrikan über das Land ziehen, der bald vorbei ist, sondern dass die

Veränderungen weiter andauern und sich eher noch beschleunigen

werden. Heute und in Zukunft muss in unbekannten Gewässern

navigiert werden. Die Erfahrung beweist, dass mit Patentrezepten

immer seltener erfolgreich zu operieren ist.

Was aber wird benötigt? Allemal sind Hinweise gesucht, die in dem

verworrenen Umbau der Welt, der Märkte und Strukturen so etwas

wie Übersicht ermöglichen. Gefragt sind Anhaltspunkte, die einigen

Erschütterungen widerstehen, die etwas mehr Stabilität im immer-

währenden Wandel aufweisen und die über das Faktenwissen hinaus

auch Orientierungswissen zur Verfügung stellen.

30

„Was tut ein Frosch, wenn man ihn in sehr

heißes Wasser setzt? Richtig: Er versucht,

sich, so schnell wie möglich, aus seiner

misslichen Lage zu befreien. Was aber tut der

gleiche Frosch, wenn man ihn in kaltes

Wasser setzt und das Wasser langsam zum

Kochen bringt?

Falsch: Der Frosch versucht nicht, sich in

Sicherheit zu bringen. Er registriert nicht ein-

mal die tödliche Gefahr und bleibt zufrieden

sitzen, bis er schließlich bei lebendigem Leibe

verkocht.“

Charles Handy

Viele unserer Entscheidungen, und gerade jene mit langem

Zeithorizont und weitreichenden Konsequenzen, müssen heute in

einem turbulenten Umfeld ganz bewusst und mit Blick auf die Hand-

lungsfolgen getroffen werden. Die gewachsene Reichweite von Ent-

scheidungen und die gewachsene Einsicht in diese Reichweite lassen

zudem den Ruf nach einer umfassenden Welt- und Problemsicht laut

werden. Die Notwendigkeit, sich gezielt mit Zukunft zu beschäftigen,

hat hierin einen ihrer zentralen Gründe. Drei Aspekte sind dabei

wichtig.

1. Wir werden die Zukunft zwar nie vorauswissen können, aber

vorbeugendes Nachdenken ist eine der Voraussetzungen für vor-

beugendes Handeln. Ohne jegliche plausible Vorstellung über die

Zukunft kann kein vernünftiges Verhalten begründet werden.

Wir brauchen die gedankliche Analyse möglicher zukünftiger

Entwicklungen, denn unsere Entscheidungen orientieren sich an

Erwartungen: „Denken auf Vorrat“ lautet die Devise.

2. Entwicklungen früher als Wettbewerber zu erkennen, einzu-

schätzen und nach den jeweiligen Chancen und Risiken zu

beurteilen, ist eine der Erfolgsbedingungen unternehmerischen

Handelns.

WIE ZUKUNFT INNOVATIV GESTALTET WERDEN KANN

Vorbeugendes Nachdenken über die ZukunftPROF. DR. ECKARD MINXLeiter Forschung Gesellschaft und Technik, Daimler AG, Berlin

Wie Zukunft innovativ gestaltet werden kann

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

32 33Wie Zukunft innovativ gestaltet werden kann

Szenarien zur Zukunftssicherung einzusetzen bedeutet, auf Lang-

fristperspektiven angelegte Projekte in relevante Kontexte einzubet-

ten und einen den Überlegungen angemessenen Horizont aufzu-

spannen. Damit ist auch die Frage nach dem Handeln gestellt. Was

sollte auf Grundlage der von den Szenarien gelieferten Denkanstöße

getan werden? Zu oft wird übersehen, dass sich die Beantwortung

dieser Frage nicht unmittelbar aus den Szenarien selbst ergibt. Denn

zu wissen, was in Zukunft sein kann, bedeutet nicht, gleichzeitig zu

wissen, was getan werden muss. Hierzu bedarf es eines wesent-

lichen Zwischenschrittes: Vor dem Handeln muss Klarheit über das

Wollen hergestellt werden. Mit anderen Worten: Empfehlungen für

das Handeln lassen sich – vor dem Hintergrund von Szenarien – nur

formulieren, wenn auch die Ziele des Handelns transparent gemacht

werden. Oder in den Worten eines „Kinderbuches“: „Würdest du mir

bitte sagen, wie ich von hier aus am besten weitergehe?“ fragt Alice

im Labyrinth. „Das hängt sehr davon ab, wo du hinwillst“, antwortet

die Katze (Alice im Wunderland).

Es reicht also nicht, wenn Trends und Prognosen eingekauft werden.

Wer sich auf Trends verlässt, übersieht leicht die Bedeutung von

Diskontinuitäten (Trendbrüchen) für die eigenen Entwicklungs-

optionen, wie auch das Setzen auf Trends die Frage nach der Zu-

kunft, die wir wollen, ausblendet. Der Verzicht aber auf die Gestal-

tungs- und Handlungskomponente amputiert die strategische Ent-

scheidungsfindung in Organisationen um deren wesentlichen Teil.

Zukunfts-Labors bzw. Szenarioprozesse sind geeignet, sich den

Fragestellungen einer komplexen wie auch komplizierten Zukunft

zuzuwenden. Sie können Kristallisationspunkt für ein „Denken auf

Vorrat“ sein, indem sie die Nichtdeterminierbarkeit der Zukunft

reflektieren. Dies zwingt zwar zur Bescheidenheit, macht aber im-

mer wieder deutlich, dass die Zukunft ein Kind der Gegenwart im

Sinne von Gestaltbarkeit ist. Zukunft sollte insofern als eine kom-

plexe Struktur von Herausforderungen verstanden werden, auf die

wir uns am besten vorbereiten, indem wir sie aktiv mitgestalten und

uns immer wieder vergegenwärtigen, dass Zukunft keine Fortset-

zung der Vergangenheit ist. Auf diese Art und Weise sollen und kön-

nen Vor-Sicht und Vor-Denken als ideelle Voraussetzung für

entsprechende Vor-Sorge dienen.

Wie Zukunft innovativ gestaltet werden kann

Page 19: Business Summer School · einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um so die Kreativität der Mitarbeiter

Abbildung 3: Innovationsmanagement folgt dem 7-S-Modell

Quelle: Henkel

Standards

Systeme

Strukturen

STRATEGIE

SPIRIT SUCCESS

Syne

rgie

n

BusinessSummer School

Unternehmenskultur

34 35Wie Zukunft innovativ gestaltet werden kann

Persil bleibt Persil, weil Persil nie Persil

bleibt. Innovationen mit Marken und Tech-

nologien sind wesentlicher Bestandteil des

Erfolgsrezeptes für die 130-jährige Unter-

nehmensgeschichte von Henkel. Dabei

besteht das systematische Innovations-

management aus den folgenden sieben Ele-

menten (vgl. 7-S-Modell in Abbildung 3):

1. Spirit: Ohne eine lebendige Innovationskultur, in der sich jeder

Mitarbeiter als aktiver Teil des Innovationsprozesses versteht,

lässt sich die Innovationskraft eines Unternehmens nicht dauer-

haft stärken. 2006 hat Henkel daher eine Innovationskampagne

gestartet, die zum Ziel hat, bei allen Mitarbeitern das Bewusst-

sein für die Wichtigkeit von Innovationen noch weiter auszu-

bauen.

2. Strategie: Innovationen sind für unser Wachstum und unsere

Profitabilität essenziell. Unsere Innovationsstrategie hat daher

zwei zentrale Ziele:

• Wir wollen überdurchschnittliches Wachstum in unseren exis-

tierenden Märkten erreichen und in für uns neue Märkte vor-

stoßen.

• Wir wollen unsere Kostenstrukturen und damit unsere Margen

durch Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen verbessern.

Diese Ziele gründen auf einem Innovationsverständnis, das

sich bewusst nicht nur auf Produkte und Dienstleistungen be-

schränkt. Vielmehr beziehen wir beim Thema Innovationen

alle Bereiche des Unternehmens ein, also auch Vertrieb,

Supply Chain, Einkauf, Personal, Finanzen sowie Verwaltung.

Diesem Verständnis folgend, ist Innovation Aufgabe eines

jeden Mitarbeiters innerhalb unserer Organisation, nicht nur

der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und des

Marketings.

3. Strukturen: Von den 324 Millionen Euro, die Henkel in 2005

für den Bereich Forschung & Entwicklung (F&E) ausgegeben hat,

fallen 12 Prozent auf die Zentrale Forschung, 88 Prozent inves-

tieren wir in die Produkt- und Verfahrensentwicklung der Unter-

nehmensbereiche. Dieser Mix aus Grundlagenforschung und

markt- und produktbezogener Forschung garantiert eine hohe

Flexibilität und Effizienz. Neben den F&E-Bereichen gibt es in

jedem Unternehmensbereich Innovationsmanager, die sich sys-

tematisch mit der Analyse von strategisch wichtigen und lang-

fristigen Trends und Entwicklungen befassen sowie „Costumer

Insight“-Erkenntnisse auswerten. Darüber hinaus verfügen wir

über ein weltweites Netzwerk sogenannter InnoCoaches, das sind

Mitarbeiter, die andere bei der Ideensammlung unterstützen.

Innovationsmanagement bei HenkelPROF. DR. ULRICH LEHNERVorsitzender der Geschäftsführung, Henkel KGaA, Düsseldorf

Wie Zukunft innovativ gestaltet werden kann

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

36 37Wie Zukunft innovativ gestaltet werden kann

4. Systeme: Die konkrete Vorgehensweise im Innovationsprozess

und die hierfür angewandten Tools unterscheiden sich notwendi-

gerweise zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen, da

Geschäftsstruktur und Marktbedürfnisse unterschiedlich sind.

So ist der Schlüssel zu Innovation in unserem Industriegeschäft

die enge technische Kooperation mit unseren Kunden und den

Werkzeugmaschinenherstellern. In den Unternehmensbereichen

Wasch-/Reinigungsmittel, Kosmetik/Körperpflege und Kleb-

stoffe für Konsumenten und Handwerker entscheidet vor allem

die Fähigkeit, die Bedürfnisse des Kunden genau zu erkennen

und in Produkte umzusetzen, über den Erfolg von Innovationen.

Bei allen Unterschieden laufen in allen Unternehmensbereichen

im Wesentlichen die gleichen Prozessschritte – der Stage-Gate-

Logik folgend – ab: Die erste Ideenauswahl erfolgt dabei nach

konkreten Kriterien, wie zum Beispiel: Was ist der Nutzen für

den Kunden? Bietet die Produktidee ein Alleinstellungsmerkmal

für Henkel? Passt die Produktidee zur Geschäftsstrategie? Wel-

ches Kundenbedürfnis spricht das Produkt an? Welche Umset-

zungsrisiken bestehen? Von der Auswahl bis zur Markt-

einführung gibt es je nach Komplexität des Projekts einen oder

mehrere Zwischenschritte, nach denen überprüft wird, ob die

ursprüngliche Einschätzung noch aktuell ist, bevor es tatsächlich

zu einer Markteinführung kommt.

5. Standards und 6. Synergien: Standards erleichtern die Inno-

vationsarbeit, weil sie Komplexität reduzieren. Durch weitge-

hend standardisierte Innovationsprozesse erreichen wir eine

höhere Effizienz beim Management von Innovationen und erzie-

len Synergien über den Erfahrungsaustausch und Wissenstrans-

fer zwischen den verschiedenen Unternehmensbereichen. Syner-

gien ergeben sich auch aufgrund unserer Strukturen: Ergebnisse

der Zentralen Forschung werden nicht nur in einem, sondern in

mehreren Bereichen genutzt.

7. Success: Wenn wir all das richtig machen, stellt sich Erfolg von

alleine ein. Und erfolgreiche Produkteinführungen belegen, dass

Henkel sich dabei auf dem richtigen Weg befindet.

Wie Zukunft innovativ gestaltet werden kann

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

39Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

Ein zentraler Bestandteil erfolgreicher Internatio-

nalisierungsstrategien ist es, Tochtergesellschaften

mehr Bedeutung zukommen zu lassen, als dies

traditionell der Fall war. Die Initiativen von aus-

ländischen Tochtergesellschaften sind zu fördern,

da man nicht länger davon ausgehen kann, dass in

großen Konzernen alle Impulse von der Mutterge-

sellschaft ausgehen (vgl. Birkinshaw 1997, Birkin-

shaw/Hood/Jonsson 1998). Und dies betrifft nicht

nur die Implementierung von Strategien, sondern

auch die Formulierung von Strategien.

Stärken der einzelnen Tochtergesellschaften aber auch nutzen – in

der Form, dass Muttergesellschaft und Schwestergesellschaften in

anderen Ländern davon profitieren. Dazu eignet sich die Etablierung

sogenannter Centers of Competence bzw. Centers of Excellence.

Damit sind, wie dies bereits in anderen Veröffentlichungen ausge-

führt wurde (z. B. Schmid 1999, Schmid/Bäurle/Kutschker 1999),

Tochtergesellschaften gemeint, welche

• erstens über besondere Ressourcen, Fähigkeiten und Kompe-

tenzen in bestimmten Funktionen, Produkten und/oder Pro-

zessen verfügen,

• zweitens diese Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen nicht

nur in ihrem eigenen Ländermarkt einsetzen, sondern für

andere Ländermärkte (mit)verantwortlich sind, und

• drittens gleichzeitig hochgradig innerhalb des gesamten Unter-

nehmens integriert sind.

38

Wenn sich Unternehmen grenzüberschreitend be-

tätigen (wollen), so haben sie zahlreiche strategi-

sche Entscheidungen zu treffen. Jede strategische

Entscheidung betrifft simultan mehrere Dimensio-

nen. Analytisch wird dabei, wie dies auch Abbil-

dung 4 zum Ausdruck bringt, zwischen fünf Di-

mensionen unterschieden: Markteintritts- und

Marktbearbeitungsstrategien, Zielmarktstrategien,

Timingstrategien, Allokations-

strategien und Koordinations-

strategien (vgl. Kutschker /

Schmid 2006, Kapitel 6, und

Schmid 2006, S. 12–24).

Traditionell werden Internationalisierungsstrategien von Unter-

nehmen meist in der Zentrale formuliert – unter Betrachtung der

Stärken, die im Inland herrschen und die man im Ausland ausspie-

len kann (vgl. Hymer 1976). Immer mehr international tätige Unter-

nehmen erkennen jedoch, dass auch ihre Auslandseinheiten, allen

voran ihre ausländischen Tochtergesellschaften, über hervorragende

Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen können. Diese

Stärken kann man im Ausland brachliegen lassen. Man kann die

WIE UNTERNEHMEN INTERNATIONALERFOLGREICH AGIEREN

Internationalisierungsstrategien – Potenziale im Ausland nutzenPROF. DR. STEFAN SCHMIDLehrstuhl für Internationales Management und Strategisches Management,

ESCP-EAP Europäische Wirtschaftshochschule Berlin

Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

Abbildung 4: Die fünf zentralen Dimensionen vonInternationalisierungsstrategien

Quelle: Prof. Dr. Stefan Schmid, ESCP-EAP 2007

Markteintritts- und

Marktbearbeitungsstrategien

Allokationsstrategien

Koordinationsstrategien Zielmarktstrategien

Timingstrategien

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Unternehmenskultur

40 41Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

Doch die Förderung der Eigeninitiative von Toch-

tergesellschaften, deren Stärken oftmals auch aus

ihrer Interaktion mit der lokalen Umwelt resultie-

ren (vgl. Schmid/Schurig 2003), reicht in der

Regel nicht aus. Tochtergesellschaften bzw. Teil-

bereiche von Tochtergesellschaften müssen auch

offiziell als Centers of Competence bzw. Centers of

Excellence anerkannt werden. Damit wandeln sich

internationale Unternehmen sichtbar von streng

hierarchischen zu multi-zentrischen Organisatio-

nen. In diesen multi-zentrischen Organisationen

wird es möglich, dass Tochtergesellschaften für be-

stimmte Bereiche wichtiger als die Muttergesell-

schaft werden und auch Entscheidungskompeten-

zen für den gesamten Konzern zugesprochen be-

kommen. Es entsteht eine Art „Dezentralisierte

Zentralisation“ von Aktivitäten und Entscheidun-

gen – auch strategischen Entscheidungen – inner-

halb internationaler Unternehmen.

Entwicklungen zu multi-zentrischen Organisatio-

nen sind Entwicklungen in Richtung geozentri-

scher Unternehmen bzw. wahrhaft transnationaler

Unternehmen (vgl. dazu Perlmutter 1965, 1969,

Bartlett/Ghoshal 1986, 1989). Diese Entwicklun-

gen verändern die Internationalität in qualitativer

– nicht unbedingt in quantitativer Hinsicht. Ge-

rade in multi-zentrischen Organisationen werden

Grenzen durchlässig. Sowohl Warenflüsse als

auch Informations- und Kommunikationsflüsse

überschreiten Grenzen in beiden Richtungen. Es

kommt ferner zu einem regen „Austausch“ von Werten, Normen und

Einstellungen im internationalen Unternehmensnetzwerk, wie dies

auch in Abbildung 5 skizziert ist (vgl. zu Flüssen in Unternehmens-

netzwerken ferner Schmid/Schurig/Kutschker 2002). Damit ist

dann auch eine Unternehmenskultur angesprochen, die nicht zwin-

gend von der Muttergesellschaft bzw. der Landeskultur der Mutter-

gesellschaft dominiert wird (vgl. zur Unternehmenskultur in grenz-

überschreitend tätigen Unternehmen auch Schmid 1996 und Bertels-

mann Stiftung et al. 2007, Hrsg.).

Unternehmen sollten also permanent prüfen, ob und wie durch indi-

viduelle Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien, Ziel-

marktstrategien, Timingstrategien, Allokationsstrategien und Koordi-

nationsstrategien Wettbewerbsvorteile geschaffen und ausgenutzt

werden können – und vor allem, wie die Potenziale der Auslandsein-

heiten miteinbezogen werden können. Die Wissenschaft liefert für

alle Strategiedimensionen zahlreiche Vorschläge (vgl. Perlitz 2004,

S. 181–187, Welge/Holtbrügge 2006, S. 95–162, Kutschker/Schmid

2006, S. 795–1050); allerdings variiert die konkrete Ausgestaltung

der Internationalisierungsstrategien nicht nur von Branche zu

Branche und von Land zu Land, sondern vor allem von Unternehmen

zu Unternehmen – in Abhängigkeit der Philosophien, Ziele, Ressour-

cen, Fähigkeiten und Kompetenzen. Internationalisierungsstrategien

müssen daher, genauso wie alle anderen Strategien, unternehmens-

individuell sein, um zum Gesamterfolg des Unternehmens beitragen

zu können (vgl. zahlreiche Beispiele bei Schmid 2006, Hrsg.).

Ein Verzeichnis der im Beitrag zitierten Literatur kann bei Interesse

unter folgender E-Mail-Adresse angefordert werden: renate.ramlau@

escp-eap.de.

Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

Abbildung 5: Das internationale Unternehmen als Netzwerk-unternehmen

Quelle: Prof. Dr. Stefan Schmid, ESCP-EAP 2007

MG: Muttergesellschaft AE: Auslandseinheit (z. B. Tochtergesellschaft)

= Intra-organisationales Netzwerk des Unternehmens

...

Staat/Gesellschaft

Kunden

Kapitalgeber

Lieferanten

...

Unternehmen H

Unternehmen G Unternehmen F

Unternehmen E

Unternehmen D

Unternehmen B

Exportpartner

AE

AE

AEAE

Unternehmen C

AE

MG

AE

Join

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ture

Lize

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agsfe

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g Strategische

Allianz StrategischeAllianz

Franchise-beziehung

Joint Venture

Expo

rte

Exporte

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

42 43Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

1. Die Chancen der Globalisierungnutzen

Die Globalisierung ist längst Realität. Sie führt auf

der einen Seite zu einer weltweiten Integration

des Handels. Dies bedeutet, dass Produkte und

Dienstleistungen immer mehr zur gleichen Zeit

und an gleichem Ort mit den weltweit verfügbaren

Konkurrenzangeboten im Wettbewerb stehen. Das

Volumen des Welthandels entspricht mittlerweile

knapp 50 Prozent des globalen Bruttoinlandspro-

dukts, Mitte der 70er Jahre lag es noch bei rund

einem Drittel. Auf der anderen Seite erlaubt die

Globalisierung auch eine Desintegration der Pro-

duktion und Wertschöpfungskette. Einzelne

Schritte in einem Produktionsprozess können ar-

beitsteilig an verschiedenen Orten der Welt erstellt

werden. Das zeigt sich zum Beispiel an dem hohen

Anteil an grenzüberschreitenden Warenströmen,

die zwischen Tochterunternehmen gehandelt wer-

den. Zunehmend werden Schwellenländer Teil

eines globalen Produktionsverbundes. Galt dies

anfänglich nur für einfache Produktionsprozesse

im verarbeitenden Gewerbe, so trifft dies mittler-

weile auch für wissensintensive Tätigkeiten etwa

in Forschung und Entwicklung zu. Die dortigen

Arbeitskräfte treten nun auch in den Wettbewerb

3. Strukturelle Integration in derDeutschen Bank

Investment Banking beschäftigt sich mit Trans-

aktionen auf Kapitalmärkten. Letztere gehören

wohl zu den am stärksten globalisierten Märkten.

Die Branche hat sich deshalb in global aufgestellte

Produktgruppen organisiert. Dies lässt sich mit

einem geographischen Strukturmodell alter Prä-

gung nur schwer umsetzen. Heute, nach erfolgtem

Umbau, dominiert die global geführte Division.

Allerdings müssen die Divisionen, die im gleichen

Marktgebiet operieren, regional koordiniert wer-

den. Das verlangt nicht nur die jeweilige Auf-

sichtsbehörde, es entspricht auch den Kundener-

wartungen bezüglich eines einheitlichen Markt-

auftritts. Wir befinden uns somit in der globalen

Matrixorganisation.

mit heimischen Arbeitskräften. Der zunehmende Wohlstand in den

Schwellenländern macht diese andererseits als Absatzmärkte immer

attraktiver, Kunden profitieren von fallenden Preisen und größerer

Auswahl.

Für Unternehmen, die in globalen Märkten tätig sind, ist diese Glo-

balisierung bereits Wirklichkeit. Ausnahmslos bekommen sie die

Kräfte der weltweiten Integration der Märkte zu spüren. Nur durch

ständige Innovation und Produktivitätssteigerungen ist dauerhafter

unternehmerischer Erfolg möglich. Treiber der Entwicklung, aber

auch Basis für den Erfolg ist die rasante Entwicklung der Informa-

tionstechnologie – vor allem in der digitalisierten und rund um den

Globus vernetzten Finanzindustrie.

Kundenerwartungen bezüglich eines weltweit verfügbaren und quali-

tativ vergleichbaren Angebots sowie sich verstärkender Kostendruck

durch einen Margenverfall bei Standardprodukten zwingen zu einer

Eliminierung von Redundanzen und zu einer weitergehenden Inte-

gration der Struktur bisher multinational geführter Unternehmen. Es

entsteht das global integrierte Unternehmen, bei dem die zuvor mit

hoher Autonomie ausgestatteten Ländergesellschaften in einen Ma-

trixverbund mit globalen Produktlinien und Stabsfunktionen über-

führt werden. Diese neuen Organisationsformen sind horizontal ver-

netzt und tauschen Wissen auf weltweiter Ebene aus. Dies verlangt

eine signifikante Erhöhung der Kompetenz von Mitarbeitern, Mana-

gern und der Organisation als Ganzes, mit dieser erhöhten Komplexi-

tät produktiv umzugehen.

2. Globale Integration der Deutschen Bank

Die Deutsche Bank, im Jahre 1870 gegründet, hatte schon in der

Gründerzeit damit begonnen, ausländische Repräsentanzen, etwa in

London oder auch Shanghai, zu eröffnen. Weitere globale Standorte

folgten rasch. Es ging vor allem darum, deutsche Firmenkunden ins

Ausland zu begleiten. Die Erträge wurden weiterhin zum großen Teil

im Inland erzielt, und die Mitarbeiter – wie auch die Führungsmann-

schaft – waren im wesentlichen Deutsche. Heute gehört die Deutsche

Bank mit einer Ertrags- und Mitarbeiterstruktur, die sich seit 1995

entscheidend veränderte, zu den führenden internationalen Finanz-

dienstleistern (Abbildung „Entwicklung Ertrags- und Mitarbeiter-

struktur“).

Zu dieser Zeit begann die Bank, sich mit großer Entschiedenheit im

Investment Banking zu engagieren und dort zu den Marktführern

aufzuschließen. Daraus entstand ein komplett neues Geschäftsmo-

dell – mit erheblichen Auswirkungen auf die Unternehmenskultur.

Wie schafft es ein globaler Finanzdienstleister, sich strukturell und

kulturell den seit den 90er Jahren rapide ändernden Rahmenbedin-

gungen anzupassen und hiervon zu profitieren?

Globale Integration als Herausforderung für dieUnternehmenskulturHERMANN-JOSEF LAMBERTIMitglied des Vorstandes, Deutsche Bank AG, Frankfurt

Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

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Unternehmenskultur

45Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

4. Kulturelle Integration in derDeutschen Bank

Genauso wie die strukturelle Anpassung ist das

Management der kulturellen Integration im Inne-

ren einer Organisation eine Herausforderung der

Globalisierung. Aufgrund der Vielfalt der Mitarbei-

ter, Kundenlösungen und Produkte entsteht eine

komplexere, facettenreichere Unternehmensum-

gebung. Waren noch vor zehn Jahren weitgehend

alle Senior Manager Deutsche, so sind heute

alleine im Group Executive Committee, dem Füh-

rungsgremium der Bank, vier Nationalitäten und

rund 60 Nationalitäten unter den Managing Direc-

tors vertreten.

Von einer homogenen Unternehmenskultur –

einer One Culture Bank –, wie sie 125 Jahre lang

hatte aufrechterhalten werden können, haben wir

uns zu einer One Bank Culture weiterentwickelt.

Wir respektieren die Unterschiedlichkeit der

Geschäftskulturen in den einzelnen Divisionen

und der verschiedenen nationalen Kulturen. Wir

sehen die Kraft, die aus der Diversität erwachsen

kann, als wesentlichen Wettbewerbsvorteil an.

Was wir aber nicht zur Disposition stellen, ist

unsere Vision einer One Bank. Wir wollen – trotz

aller Unterschiedlichkeit – ein gemeinsames

Wertesystem aufrechterhalten; besonders den

Stolz, zur Deutschen Bank zu gehören.

Die Matrix stellt deutlich höhere Ansprüche an die Managementkom-

petenz, denn es gibt mehrfache Berichtslinien und divisionale und

regionale Strategien, die nicht notwendigerweise deckungsgleich

sind. Entscheidungsprozesse werden hierdurch um ein Vielfaches

komplexer. Heute führen in der Deutsche Bank mehr als 1.000 der

circa 9.000 Manager Teams in mehreren Ländern und Zeitzonen.

Dies erfordert die Fähigkeit, interkulturell und in virtuellen Teams

zu führen. Eine neue Generation von Mitarbeitern lernt nun bereits

früh in ihrer beruflichen Laufbahn, in globalen Teams zu arbeiten,

und sie finden es normal, mit Kollegen in Telefonkonferenzen und

per E-Mail zusammenzuwirken, ohne diese vielleicht jemals persön-

lich kennenzulernen.

Aber es bedarf eines gemeinsam getragenen Wertesystems und einer

entsprechenden Unternehmenskultur, um diese Komplexität und

Vielfalt produktiv umsetzbar zu machen.

44

Abbildung 6: Entwicklung von Ertrags1)- und Mitarbeiter-struktur2) in der Deutschen Bank

Deutschland

1) Daten für 1995 basieren auf IAS und für 2005 und 2006 auf US GAAP (Daten sind daher nur bedingt vergleichbar). Verteilung für 1995basiert auf Gesamterträgen vor Konsolidierung, Verteilung für 2005 und 2006 basiert auf Erträgen in CIB und PCAM. Gesamterträgebeinhalten Corporate Investments und Consolidations & Adjustments. 2) Per 31. Dezember 2006. Hinweis: Rundungsdifferenzen möglich.3) Mitarbeiterkapazität

Quelle: Deutsche Bank

Europa exkl. Deutschland Amerika Asien/Pazifik

1995 2005 2006 1995 2005 2006

69%

20%

7%

29%

35%

26%

10%

25%

34%

29%

12%

70%

17%

7%

6%

42%

29%

18%

11%

38%

29%

17%

16%

4%

EUR 10 Mrd.

EUR 26 Mrd.

EUR 28 Mrd.

74.119 MAK3)

63.427 MAK

68.849 MAK

Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

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Unternehmenskultur

47Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

Die Kultur der Deutschen Bank ist im Zuge des Wandels vom multi-

nationalen zum global integrierten Unternehmen offener, reicher

und diverser und dadurch auch wesentlich kompetitiver geworden.

Wir wollen und können den globalen Wettbewerbsdruck nicht

negieren – im Gegenteil: Wir müssen ihn in unserer Kultur wider-

spiegeln.

46

Als Ergebnis eines breiten Diskurses wurden 1999

ein Leitbild und ein Wertekanon eingeführt. Die

Werte bestimmen ganz wesentlich unsere Identität

und helfen, das Motto „global denken – lokal han-

deln“ umzusetzen. Schon den Neueinsteigern wer-

den diese Werte vermittelt, etwa den rund 1.000

Hochschulabsolventen, die wir jährlich einstellen

und zu einem mehrwöchigen Training zusammen-

ziehen.

Die Umsetzung der One Bank Vision erfordert jedoch noch stärkere

„Leitplanken“, als es ein Wertekanon allein leisten kann. Der Füh-

rungsprozess ist ganz wesentlich dazu geeignet, unsere One-Bank-

Kultur im Alltag mit Leben zu erfüllen. Ein einheitliches Modell von

Führung in der Deutschen Bank basiert auf 12 Verantwortlichkeiten

von Führungskräften. Leistung wird entlang dieser 12 Dimensionen

definiert und über den Zielvereinbarungs- und Leistungsbeurtei-

lungsprozess umgesetzt.

Abbildung 7: Deutsche Bank – Unsere Werte

Quelle: Deutsche Bank

Leistung

Leistung bestimmt unser Handeln.

Vertrauen

Unser Handeln ist von Verlässlichkeit, Fairness und Ehrlichkeit geprägt.

Teamwork

Die Vielfalt unserer Mitarbeiter und Geschäftsfelder macht uns in der Zusammenarbeit erfolgreich.

Innovation

Wir stellen herkömmliche Ansätze immer wieder in Frage und entwickeln neue Lösungen zum Nutzen unserer Kunden.

Kundenfokus

Der Kunde steht im Mittelpunkt aller unserer Aktivitäten. Wir orientieren uns kompromisslos an seinen Zielen und Wünschen.

Abbildung 8: Deutsche Bank – Unsere Leadership Standards

Quelle: Deutsche Bank

Effekti

ves M

anag

en: E

rgeb

nis u

nd Le

istung Nachhaltige Führung: Kultur und Verhalten

Kunde

• Schaffung von Kundenwert• Klarheit und Umsetzung von Strategien• Finanzielle & geschäftliche Ergebnisse

Finanzieller &geschäftlicherErfolg

Marken- &Identitäts-bildung

OperativeExzellenz

Mitarbeiter-führung

• Leben der Werte• Langfristiges Management von Talent und Vermögenswerten• One Bank Commitment

• Schaffung einer Leistungskultur

• Motivation und Einbindung

• Förderung von Diversity

• Ressourcen- zuteilung

• Risikomanagement

• Kostenmanagement

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Unternehmenskultur

49Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

It must be one of the greatest scandals of our time that economic

value is destroyed, or is not being created, in order to improve profit

per share, an objective, that does not even help to improve share-

holder return on investment.

The search should be on for alternative approaches. The single objec-

tive of a different type company that will do particularly well in the

European context, is the pursuit of economic value, securing the

alignment of all those with an interest in the well being of the com-

pany. This implies that the protection and growth of future cash flows

takes centre stage. This in turn implies continuity and continuity

requires legitimacy. The European company is therefore guided by

principles that guide dealings with shareholders, employees and

partners.

The shape of this European company is based on the recognition that

the creation of economic value is in the hands of its increasingly spe-

cialized experts and middle managers, their skills and attitudes in

cooperating and the right organisational and managerial conditions

for cooperation.

48

The concept of shareholder value has been hi-

jacked by the financial community and replaced

by “shareholder return on investment”. Sharehol-

der value used to be synonymous with economic

value, defined as the sum of all future cash flows

discounted by the cost of capital. This rational and

economically sound concept has been replaced by

gains in stock price, corrected for the corporate

dividends. Obviously, the shorter the period over

which profits are realized, the higher shareholder

return.

The underlying assumption is that the stock price

is a proper reflection of the value of the company.

Recent extensive empirical research by Deloitte

and Touche has exposed this notion for what it is:

wishful thinking.

The consequences are truly dreadful. Market capi-

talization guides numerous investment and corpo-

rate decisions, day after day after day. For example

in the arena of mergers and acquisitions. Market

capitalization determines the relative influence of

the partners in the new company and beneficial

mergers do not materialize if one of the partners is

undervalued, that is the market capitalization re-

lative to the other.

The pursuit of shareholder return on investment is also counterpro-

ductive for another interrelated set of phenomena.

It is widely believed that a persistent increase in profit per share will

be recognized by the financial markets and will lead to a higher share

price. This is not the case. During the second half of the nineties

profits were modest to non existent while stock prices exploded. Over

the past five years the reverse was true. This prima facie evidence is

confirmed by a worldwide study by the Boston Consulting Group

(BCG).

CEO’s and other senior management are recruited on the basis of a

track record in improving share-holder return. They need to be sin-

gle minded, tenacious, charismatic but first and foremost respected

by the financial community. They are offered short term contracts, 4

years at the most, and their very considerable variable pay, up to 75 %

of their total remuneration is linked to “profit per share” and/or

directly to the performance of the stock.

Given this force field it is perfectly rational that CEO’s give priority

to a limited set of policies: share buy backs, cost cutting and acquisi-

tions to cut more cost. These are all policies that have a positive effect

on “profit per share” ratio over the lifetime of their contract. This

contrasts sharply with for example large-scale investments, market

development and alliance building, all commitments that increase

the economic value of the company, but that take time to develop at

the expense of short term profits.

The European influence on companiesDR. DONALD J. A. KALFFFounder and Managing Director,

Immpact Immunity by design, Haarlem

Wie Unternehmen international erfolgreich agieren

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

51Mit welchen Werten Identifikation entsteht

Da es originäre Aufgabe der Geschäftsleitung ist

für die strategische Ausrichtung und die Strategie-

umsetzung zu sorgen, kann die Definition der zen-

tralen Unternehmenswerte nicht delegiert werden,

sondern muss durch das Management und die

beteiligten Führungskräfte vorgenommen werden.

Dieser Top-down-Definition der Werte muss sich

unter Einbindung der Mitarbeiter ein Bottom-up-

Prozess anschließen. Dieses Vorgehen zielt darauf

ab, den Mitarbeitern in Gruppenworkshops die

Gelegenheit zu geben, die notwendigerweise allge-

mein gehaltenen Unternehmenswerte explizit in

Form von Handlungsanweisungen auf ihr tägli-

ches Arbeitsumfeld zu übertragen.

Grundsatz 2: Unternehmenswerte müssen „top-down“ definiert und

„bottom-up“ mit Inhalt gefüllt werden

Bei der Einführung von Unternehmenswerten stehen zweifelsfrei die

Mitarbeiter im Mittelpunkt des Geschehens. Die Zielrichtung ist je-

doch nicht alleine – wie häufig irrtümlicherweise angenommen wird

– die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen, sondern über eine stärkere

Einbindung der Mitarbeiter den Unternehmenserfolg nachhaltig zu

sichern.

Besonders komplexe Großbetriebe und Unternehmen, die in einer

dynamischen Branche tätig sind, können die entscheidenden Wett-

bewerbsvorteile nur dann generieren, wenn die Geschäftsleitung ver-

hindern kann, dass die strategischen Ziele in den unterschiedlichen

Hierarchiestufen „hängen bleiben“ bzw. inhaltlich verwässert wer-

den. Die Einführung von Unternehmenswerten sollte deshalb immer

dem Zweck dienen, die strategischen Ziele des jeweiligen Geschäfts-

bereiches besser operativ umsetzbar zu machen.

50

Unter den Schlagwörtern „Leitbilder, Unterneh-

menswerte und Kulturwandel“ kann der geneigte

Leser mittlerweile auf ein großes Spektrum von

wissenschaftlichen Abhandlungen zurückgreifen.

Im Fokus steht dabei häufig die Darlegung der

Notwendigkeit eines Unternehmensleitbildes.

Sucht jedoch ein Manager konkrete Handlungs-

empfehlungen zur Umsetzung von Unternehmens-

werten in seinem Betrieb, wird dieser bei der Sich-

tung der Literatur sehr schnell feststellen, dass

ihm nichts anderes übrig bleibt, als sich auf seine

eigene Intuition und Erfahrungen zu verlassen.

Auch wenn natürlich jede Unternehmenssituation

und -kultur hoch spezifisch ist und deshalb eine

individuelle Vorgehensweise zwangsläufig erfor-

derlich bleibt, lassen sich jedoch für die Imple-

mentierung von Unternehmenswerten einige all-

gemeingültige Grundsätze ableiten.

Grundsatz 1: Ganz oder gar nicht

Wenn sich Führungskräfte dafür entscheiden, ein Projekt aufzuset-

zen, das dem Ziel dient, Unternehmenswerte zu implementieren,

muss allen Beteiligten klar sein, dass eine erfolgreiche Umsetzung

nur dann möglich ist, wenn die ganze Belegschaft an dem Prozess

beteiligt wird. Ein partieller Kulturwandel für eine bestimmte Ziel-

gruppe der Belegschaft (z. B. nur die Angestellten), um den Einfüh-

rungsaufwand in der gesamten Organisation zu reduzieren, führt

zwangsläufig zum Misserfolg, denn die ausgeschlossenen Mitarbei-

ter werden sich massiv zurückgesetzt fühlen, was in jeder Hinsicht

kontraproduktiv wirkt.

Dieser logische Sachverhalt verdient es, hier erwähnt zu werden, da

besonders in Konzernen oder in Betrieben mit einer Belegschaft von

mehr als 1.000 Mitarbeitern der Aufwand für die Einführung von

neuen immateriellen Werten extrem hoch ist. Bei Projektstart wer-

den deshalb sehr schnell Stimmen laut, die behaupten werden, dass

es nicht notwendig ist, alle Mitarbeiter in den Kulturwandelprozess

einzubinden, da sonst der finanzielle Aufwand zu hoch wird oder die

operativen Ziele des Geschäftsbereichs nicht erreicht werden kön-

nen.

Die jeweilige Geschäftsleitung muss sich deshalb im Vorfeld darüber

im Klaren werden, ob sie die notwendigen Ressourcen und das per-

sönliche Engagement aufbringen will, um jeden Mitarbeiter – also

auch z. B. die Kollegen in der Montage – für die Unternehmenswerte

zu gewinnen. Sollte die Bereitschaft hierzu nicht vorhanden sein, ist

es besser, das Projekt gar nicht erst zu starten, da der Misserfolg vor-

programmiert ist.

MIT WELCHEN WERTEN IDENTIFIKATION ENTSTEHT

Grundsätze zur Einführung von UnternehmenswertenDR. CLAUS WRIEBEVertrieb Original Teile, Volkswagen AG, Kassel

Mit welchen Werten Identifikation entsteht

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Unternehmenskultur

52 53Mit welchen Werten Identifikation entsteht

Grundsatz 3: Die Einführung von Unternehmenswerten lässt sich wie

jedes andere Projekt in logische Arbeitsschritte zerlegen

Manager haben in der Regel viel Erfahrung mit der Umsetzung von

Projekten, die auf klar messbaren Erfolgsfaktoren beruhen. Projekte

hingegen, bei denen die sogenannten Soft-Facts im Mittelpunkt ste-

hen, sind im Unternehmensalltag eher die Ausnahme. Dementspre-

chend wenig Erfahrung liegt für die Steuerung derartiger Projekte

vor. Hilfreich ist jedoch die Tatsche, dass sich auch derartige Projekte

in einen logischen Umsetzungsplan abbilden lassen.

Einige Meilensteine könnten zum Beispiel wie folgt aussehen:

1. Führungskräfte-Workshops zur Definition der zentralen Unter-

nehmenswerte,

2. Erarbeitung eines Fragenkataloges zu jedem einzelnen Unter-

nehmenswert,

3. Festlegung eines für die Umsetzung verantwortlichen Kern-

teams, bestehend aus den besten Führungskräften und einer

gleichen Anzahl von Mitarbeitern (Ideal: informelle Führer),

4. Entwickeln eines Kommunikationskonzeptes und Kommuni-

kation der Unternehmenswerte über alle Hierarchiestufen,

5. Durchführen von Mitarbeiterworkshops zur inhaltlichen Kon-

kretisierung der Unternehmenswerte für den jeweils eigenen

Arbeitsbereich,

6. Rückmeldung der bereichsbezogenen Ergebnisse aus den

Definitions-Workshops der Mitarbeiter an die Geschäftsleitung

und Prüfung der Strategiekonformität und ggf. Einleitung

eines Korrekturprozesses,

7. Durchführung einer Mitarbeiterbefragung (mit Fragebogen

aus Punkt 2) zur Erfassung der Ist-Situation

8. Bereichsbezogene Auswertung der Befragung und offene Kom-

munikation der Ergebnisse an die Belegschaft,

9. Festlegung von Regelterminen, in denen die Mitarbeiter ent-

sprechend den Schwachpunkten aus der Befragung für ihren

Bereich einen Maßnahmenplan entwickeln und eigenverant-

wortlich umsetzen,

10. Aufbau eines prioritätengesteuerten Berichtswesens mit

Bericht der Top-Maßnahmen an die Geschäftsleitung,

11. Sicherstellung der Nachhaltigkeit.

Mit welchen Werten Identifikation entsteht

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Unternehmenskultur

54 55Mit welchen Werten Identifikation entsteht

Ist demnach die Strategiekonformität der vorge-

gebenen Unternehmenswerte gesichert, bieten sie

eine ideale Plattform, um eine breite Masse der Be-

legschaft im Sinne der strategischen Ziele zu

mobilisieren.

Besonders Unternehmen, die Probleme haben,

ihre strategischen Ziele operativ schnell und

effizient umzusetzen, sollten sich nicht die

Chance entgehen lassen, mit Unterstützung der

sogenannten Soft-Facts und damit einer intensi-

veren Einbindung des wichtigsten Firmenkapitals,

nämlich der Mitarbeiter, umsetzungsstärker und

damit wettbewerbsfähiger zu werden.

Grundsatz 4: Erzeugung von Nachhaltigkeit durch strukturelle

Anpassung

Kulturwandelprozesse werden häufig mit großem Engagement ge-

startet und verlaufen nicht selten im Sande, da vergessen wird, sich

selbst regulierende Mechanismen zu installieren, die sicherstellen,

dass auch ohne das permanente Initiieren von Mitarbeiteraktionen

die Werte gelebt werden.

Zur Absicherung der Nachhaltigkeit des Kulturwandels und Über-

führung der Unternehmenswerte in das Tagesgeschäft ist es deshalb

extrem wichtig, dass neben der direkten Verhaltensbeeinflussung,

z.B. durch das jeweilige Führungsverhalten des Vorgesetzten (Füh-

rung durch Weisung), auch der unternehmerische Rahmen so gestal-

tet wird, dass positives Verhalten im Sinne der Unternehmenswerte

gefördert und kontraproduktives Verhalten korrigiert werden (Füh-

rung durch Kontextgestaltung).

Dies fängt zum Beispiel bei der Auswahl des Führungspersonals

oder der Anpassung der Ausbildungsinhalte an, geht über die Ein-

richtung einer Werte-Schiedsstelle und endet damit, dass die Umset-

zung von Maßnahmen zur Implementierung der Unternehmens-

werte bonuswirksam wird.

Grundsatz 5: Nicht wirtschaftlicher Nutzen, sondern Strategiekonfor-

mität ist das zentrale Prüfkriterium für die Einführung

von Unternehmenswerten

Eine der ersten Fragen, die bei einem groß angelegten Werteprojekt

garantiert aufkommen wird, ist die Fragestellung nach dem konkret

messbaren wirtschaftlichen Nutzen der investierten Mittel. Eine Fra-

ge, auf die es in der Praxis allerdings nur eine Antwort gibt: Jeder

Versuch, eine exakte Bewertung zwischen der Einführung von Unter-

nehmenswerten und dem wirtschaftlichen Erfolg eines bestimmten

Unternehmens herzustellen, wird fehlschlagen, denn Unternehmens-

werten ist es immanent, dass sie nicht monetär bewertet werden

können.

Die Werte eines Unternehmens sind jedoch als ein Vehikel zu verste-

hen, das dem Management die Möglichkeit eröffnet, die Unterneh-

mensvision fest in den Köpfen und damit im Verhalten der Mitarbei-

ter zu verankern.

Jeder Mitarbeiter soll durch die Einführung der Werte explizit er-

fahren, welchen konkreten Beitrag er an seinem Arbeitsplatz zur

Sicherung des Unternehmenserfolges leisten kann. Die Implementie-

rung von Unternehmenswerten ist somit als ein notwendiger Auf-

wand zu sehen, der betrieben werden muss, um den wirtschaftlichen

Vorteil der strategischen Ziele abschöpfen zu können.

Mit welchen Werten Identifikation entsteht

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Unternehmenskultur

57Mit welchen Werten Identifikation entsteht

Eine besondere Herausforderung bestand darin, möglichst alle Top-

Führungskräfte des Konzerns umfassend in die Weiterentwicklung

dieser Rohfassung und eine gemeinsame Ausgestaltung einzube-

ziehen und ihre Erfahrungen in ihren jeweiligen Unternehmens-

sparten für eine, von einem breiten Konsens getragene, zukünftige

Werteverfassung des Gesamtkonzerns zu nutzen. Die RAG ent-

schloss sich hier, auf eine spezielle Methodik sozialwissenschaft-

licher Expertise-Nutzung zurückzugreifen, die Delphi-Befragung.

Delphi-Befragungen sind immer dann angezeigt, wenn es darum

geht, nur interdisziplinär lösbare, nicht rein mathematisch-analy-

tisch beschreibbare Probleme durch eine Konsensbildung weitge-

hend unabhängiger Experten greifbar zu machen und einer ge-

sicherten Beurteilung zuzuführen. Typische Anwendungsfälle sind

dabei Technikfolgenabschätzungen oder schwierige Prognoseproble-

me sozialer Fragestellungen. Dabei kann über eine entsprechende

Internet-Anwendung eine Vielzahl von Teilnehmern in einer solchen

Delphi-Befragung zeitlich und räumlich unabhängig voneinander

gemeinsam eine vorgegebene Aufgabenstellung in kurzer Zeit bei

vergleichweise geringen Kosten mit hohem Endnutzen bearbeiten.

56

Entstanden aus der 1969 gegründeten Ruhrkohle

AG, ist die RAG Aktiengesellschaft (RAG) heute

ein international erfolgreich tätiger Industriekon-

zern mit den Sparten Energie (STEAG), Chemie

(Degussa), Immobilien (RAG Immobilien) und

Bergbau (Deutsche Steinkohle AG) mit – Stand

31.12.2006 – rund 77.000 Mitarbeiterinnen und

Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 18 Mrd.

Euro. Jede Sparte hat in das Unternehmen RAG

ihre kulturellen Orientierungen eingebracht. Der-

zeit steht die RAG vor dem Hintergrund der

Rückführung des nationalen Steinkohlenbergbaus

vor der Herausforderung, den Wandel zu einem

börsennotierten Unternehmen erfolgreich zu ge-

stalten.

Eine einheitlich gelebte wert- und werteorientierte Unternehmenskul-

tur ist angesichts derartiger unternehmerischer Herausforderungen

sicherlich eine wichtige Vorbedingung für den nachhaltigen Erfolg

eines Unternehmens mit bisher organisch gewachsenen, teilweise

disparaten Leitbildern und Kulturen. Ausgehend von dieser Prämisse

hat sich die RAG-Aktiengesellschaft im Juni 2004 entschlossen, eine

für den gesamten RAG-Konzern gültige Werteverfassung gemeinsam

mit den Top-Führungskräften des Konzerns zu erarbeiten und zu

etablieren. Unter dem Motto „Fit für die Zukunft“ sollen alle Teil-

bereiche zu einem schlagkräftigen Ganzen zusammenwachsen.

Die groben Leitlinien und Stoßrichtungen dieses Prozesses wurden

im zweiten Halbjahr 2004 im engeren Führungskreis der RAG erar-

beitet. Im Anschluss daran entwarfen im Rahmen einer Klausur-

tagung im Februar 2005 die Personalvorstände des Unternehmens

gemeinsam mit den Personalleitern und den Leitern der Führungs-

kräfteentwicklung sowie der Unternehmenskommunikation eine

erste Rohfassung der zukünftigen Werteverfassung.

Die Einführung der RAG-Konzernwerte bei der Deutschen Steinkohle AGMICHAEL WEISEZentralbereich Personal- und Führungskräfteentwicklung, Deutsche Steinkohle AG, Herne

Mit welchen Werten Identifikation entsteht

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Unternehmenskultur

58 59Mit welchen Werten Identifikation entsteht

Um also einen breiten Konsens über die endgültigen Formulierun-

gen der RAG-Konzernwerte unter mehr als 200 Top-Führungskräften

des Konzerns im In- und Ausland zu erreichen, wurde daher in

einem zweistufigen Online-Delphi der vorliegende Rohentwurf be-

wertet und überarbeitet. Jeder einzelne Formulierungsvorschlag

konnte so zur Gestaltung einer von allen Top-Führungskräften mit-

getragenen Werteverfassung einbezogen werden. Dazu wurden in

der ersten Befragungsrunde die Ergebnisse der Klausurtagung

schrittweise zur Bewertung anhand eines schulnotenähnlichen Sys-

tems angeboten. Bei Bewertungen schlechter als „gut“ erschien ein

zusätzliches Eingabefeld, um Alternativformulierungen und Verbes-

serungsvorschläge eingeben zu können. Diese Angaben dienten als

Grundlage für die zweite Runde einige Wochen später. In dieser

zweiten Befragungswelle wurden neben den ursprünglich formulier-

ten Konzernwerten auch die eingegangenen Alternativen bewertet,

wobei den Teilnehmern die eigene Erstbewertung sowie eine Durch-

schnittsbewertung aller Teilnehmer aus der ersten Runde als Infor-

mation zur Verfügung stand.

Nach der Auswertung der gesamten Befragung konnten im Juni 2005

auf der Konzerntagung die neuen Werte „Voller Einsatz“, „Mut zum

Neuen“ und „Verantwortliches Handeln“ als neue Konzernverfas-

sung verabschiedet werden. Diese galt es nun im Unternehmen zu

etablieren.

Innerhalb der Deutschen Steinkohle AG (DSK) entwickelte ein Ar-

beitskreis Argumentationshilfen für Führungskräfte, Gesprächsleit-

fäden für Teamgespräche und Broschüren zur Vermittlung der neuen

Konzernwerte. Zusätzlich wurde die Vermittlung „vor Ort“ in den

Betrieben und Bergwerken durch Gruppenveranstaltungen, Info- und

Kommunikationsmärkte und lebendige Diskussionen unterstützt. So

konnten bei der DSK im 2. Halbjahr 2005 mehr als 4.000 der insge-

samt rund 32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Diskurs

über die neuen Konzernwerte einbezogen werden. Die Hauptrolle in

der weiteren Vermittlung der Werte fällt nun im Alltag den Füh-

rungskräften zu: Sie sind die Botschafter unserer Werte. Gemeinsam

mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erarbeiten sie im All-

tag, wie die Werte sinnvoll in tägliches Handeln übersetzt werden

können. Ziel ist es, jeden Einzelnen zu einer eigenständigen Ausei-

nandersetzung mit den Konzernwerten anzuregen und ihn zu einer

aktiven Umsetzung zu befähigen.

Mit welchen Werten Identifikation entsteht

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Unternehmenskultur

61Mit welchen Werten Identifikation entsteht

Die BASF-Strategie 2015 gibt dabei die Hand-

lungsorientierung des Unternehmens vor. Sie

enthält folgende vier Leitlinien:

1. Wir verdienen eine Prämie auf unsere Kapital-

kosten.

2. Wir helfen unseren Kunden, erfolgreicher zu

sein.

3. Wir bilden das beste Team der Industrie.

4. Wir wirtschaften nachhaltig für eine lebens-

werte Zukunft.

6. Hilfsbereitschaft

Wir sehen im Kollegen in erster Linie den Mitarbeiter und Part-

ner, nicht den Konkurrenten. Das globale Agieren im Team ist

eine unserer wesentlichen Stärken.

7. Stolz

Wir sind stolz auf unsere chemisch-technische Leistungsfähig-

keit. Innovation für den Erfolg unserer Kunden ist eine wesent-

liche Leitthese.

8. Kontinuität

Wir sehen im Wandel die Chancen und stärken kontinuierlich

unsere Stärken.

9. Verantwortungsbewusstsein

Wir sind Vorbild für Leistung und Schnelligkeit und packen

unsere Aufgaben mit Hingabe und Ernsthaftigkeit an.

10. Nachhaltigkeit

Wir wollen Werte schaffen, die allen zugute kommen: unseren

Kunden, unseren Aktionären, uns als BASF mit unseren Mitar-

beiterinnen und Mitarbeitern sowie den Ländern, in denen wir

tätig sind.

60

Die Identität

Die BASF ist „The Chemical Company“ – das

weltweit führende Chemieunternehmen

Der Weg zur Nr. 1 in der Chemie wurde durch eine

weitsichtige strategische Ausrichtung langfristig

vorbereitet. Aufbauend auf den Stärken des welt-

größten Chemiestandorts Ludwigshafen produ-

ziert die BASF heute in 50 Ländern und hat in

nahezu allen Ländern der Erde Niederlassungen.

Eine der tragenden Säulen der BASF ist der Ver-

bund als intelligente Vernetzung von Produktions-

anlagen, Innovation und Wissen, der schrittweise

auch zur tragenden Führungsphilosophie entwi-

ckelt wurde. Denn im globalen Rahmen sind

Kooperation, der Respekt vor der Vielfältigkeit der

Kulturen und praktizierter Teamgeist wesentliche

Erfolgsgaranten.

Das Verbindende

Die Vision, das Selbstverständnis, die Grundwerte

und der Führungskompass der BASF-Gruppe (Die

Broschüre ist unter folgendem Link abrufbar:

www.corporate.basf.com/basfcorp/img/ueberuns/

zukunft_gestalten/BASF-Gemeinsam_Zukunft_

gestalten.pdf) kennzeichnen den Geist des Unter-

nehmens.

Dazu 10 Thesen

1. Sachlichkeit

Wir politisieren nicht, wir orientieren uns an Sachaufgaben mit

Klarheit und Kompetenz.

2. Realitätssinn

Wir lassen uns nicht vom Überschwang des Erfolgs mitreißen,

sondern agieren nach dem Motto: „Heißes Herz bei kühlem

Kopf“.

3. Solidität

Wir neigen eher zum Understatement als zum marktschreie-

rischen Eigenlob.

4. Loyalität

Wir sind loyal zum Unternehmen und vice versa, auch in wirt-

schaftlich schwierigen Zeiten. So beträgt z. B. die Fluktuations-

rate < 2 Prozent.

5. Stehvermögen

Wir lassen uns vom Wind des Wandels oder kurzfristigem Zeit-

geist nicht umpusten und praktizieren eine strategische, lang-

fristige Führung.

Unternehmenskultur BASF: Unverwechselbare Identität – Verbindliche Werte PROF. DR. JÜRGEN STRUBEVorsitzender des Aufsichtsrats, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen

Mit welchen Werten Identifikation entsteht

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Unternehmenskultur

62 63Mit welchen Werten Identifikation entsteht

Die Unternehmenskultur

Die globale Präsenz der BASF-Gruppe bedarf gemeinsamer Grund-

werte für die Führung, aber auch des Bewusstseins, dass nationale

Werte nicht überall auf der Welt selbstverständlich gelten. Führung

durch Vorbild ist daher überzeugend zu praktizieren und die Fähig-

keit, die Gebräuche anderer Länder und Kulturen zu berücksichtigen.

Dies erfordert eine Feinfühligkeit, die Gleichmacherei vermeidet und

auf Toleranz, auf die Begegnung sowie auf gemeinsam erlebte Erfol-

ge setzt.

Starkes globales Wachstum, Innovationen, Akquisitionen, Devestitio-

nen, Schrumpfen oder gar Stilllegung sind dabei unternehmerische

Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Ohne ein tragendes

Wertegerüst und ohne eine klare strategische Ausrichtung des Unter-

nehmens ist in einem globalen Umfeld von Mehrdeutigkeiten und

Widersprüchen der rasche und tiefgreifende Wandel nicht zu be-

herrschen. Daher ist es wichtig, dass sich die Mitarbeiter zum Mit-

Unternehmer entwickeln und auf der Grundlage von Zielvereinba-

rung mit Delegation auf einem hohen Niveau von Handlungsautono-

mie agieren können (Jürgen Strube/Dietmar Kokott: „Handlungs-

autonomie von Führungskräften“ in: „Eigenverantwortung für Orga-

nisationen“, Hg. Koch et al. in der Schriftenreihe „Wirtschaftspsycho-

logie“, Hogrefe, Verlag für Psy-

chologie, Göttingen, 2003, S.

146 ff.). „Gemeinsam Zukunft

gestalten“, die Nr. 1 in der Che-

mie auch morgen zu sein, ist

unsere Devise und Kern der

Zielvereinbarung mit allen Mit-

arbeitern.

Mit welchen Werten Identifikation entsteht

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Unternehmenskultur

65Mit welchen Werten Identifikation entsteht

Wer Human Capital schaffen will, darf seine Mitar-

beiter nicht nur als Arbeitskräfte behandeln, son-

dern muss sie als Menschen sehen. Nur so kann

man aus einem guten Unternehmen ein hervorra-

gendes machen.

Selbstverständlich legen wir allergrößten Wert auf

fachliche und soziale Kompetenz. Doch damit aus

der ING-DiBa eine hervorragende Bank wird, brau-

chen wir Mitarbeiter, für die Mitdenken und Ver-

antwortung eine Selbstverständlichkeit sind. Sol-

che Fertigkeiten lernt man aber nicht nur am

Arbeitsplatz oder auf der Schulbank, sondern vor

allem beim ehrenamtlichen Engagement oder

beim Sport, zum Beispiel in einer unserer Be-

triebssportgruppen. Die Kosten für die Unterstüt-

zung solcher Aktivitäten sind relativ gering, doch

für die Entwicklung der Unternehmenskultur sind

sie Gold wert. Sie fördern die Identifikation mit

dem Unternehmen, den Teamgeist und das Be-

wusstsein für Fairness und Verantwortung. Das

sind Qualifikationen, die wir bei der ING-DiBa ge-

nauso brauchen wie die fachliche Kompetenz.

Nicht zuletzt tragen diese Aktivitäten erheblich

zur Zufriedenheit der Mitarbeiter bei. Und zufrie-

dene Mitarbeiter sind, wie bereits gesagt, die Vor-

aussetzung für zufriedene Kunden und damit für

ein erfolgreiches Geschäft. Der Weg zur winning

performance culture einer großen Bank wie der

ING-DiBa kann also manchmal durchaus über

einen Kleingartenverein oder einen Sportclub

führen.

chen wir Mitarbeiter, die sich engagieren, die Freude an ihrer Arbeit

haben und die selbst an der Entwicklung der Bank mitwirken.

Vier Schlüsselelemente sind es, die unsere Unternehmenskultur aus-

machen: Fairness, Offenheit, Leistungsbereitschaft und Selbststän-

digkeit:

• Fairness: Das ist die Basis des Erfolges der ING-DiBa. Unsere

Kunden kommen nicht nur wegen der guten Konditionen. Sie

kommen auch deshalb, weil sie sich darauf verlassen können,

dass sie bei uns fair behandelt werden. Das Prinzip der Fairness

gilt aber genauso nach innen. Das fängt bei einer fairen Rege-

lung der Arbeitszeit an und reicht bis zu einem gerechten und

transparenten Vergütungssystem.

• Offenheit: Schon unsere Büroarchitektur ist so gestaltet, dass sie

die Kommunikation fördert, den spontanen Dialog ebenso wie

das organisierte Gespräch.

• Leistungsbereitschaft: Unsere Mitarbeiter sollen ihr Bestes

geben. Damit Mitarbeiter aber dazu bereit sind, ihr Bestes zu ge-

ben, müssen wir die entsprechenden Voraussetzungen schaffen.

• Selbstständigkeit: Wir erwarten von den Mitarbeitern, dass sie

mitdenken, Verantwortung übernehmen und an der Entwicklung

der Bank mitarbeiten.

Performance culture bedeutet unter anderem, die Arbeit so einfach

wie möglich zu organisieren. Einfachheit ist einer der wichtigsten Er-

folgsfaktoren unserer Bank. Motivierende Kampagnen wie der Ideen-

wettbewerb „Simplify ING-DiBa“ oder die Initiative „FAIRantwor-

tung“, mit der wir das private Engagement unserer Mitarbeiter för-

dern, tragen wesentlich dazu bei, dass die ING-DiBa-Unternehmens-

kultur gelebt wird und daraus eine winning performance culture

wird.

64

Wenn man ein erfolgreiches Unternehmen nach

den Gründen für den Erfolg fragt, dann wird selten

die Unternehmenskultur zu den ersten Antworten

gehören. Möglicherweise liegt das daran, dass sich

Kosten und Nutzen der Unternehmenskultur so

schwer bilanzieren lassen. Deshalb gerät leider oft

in den Hintergrund, dass die Kultur eines Unter-

nehmens, also das Verhalten der Mitarbeiter und

Manager, sowie die Wertvorstellungen, die sie re-

präsentieren, einen erheblichen Anteil an der Ent-

wicklung und Glaubwürdigkeit eines Unterneh-

mens haben. Nicht zuletzt trägt die Unterneh-

menskultur auch dazu bei, Marktanteile zu sichern,

weil Wettbewerber zwar schnell Produkte und

Konzepte kopieren können, nicht aber die Kultur

eines Unternehmens. Wer diese Kräfte nutzt, kann

die Kultur eines Unternehmens zu einem wichti-

gen Erfolgsmotor machen.

Ich bin Chief Executive Officer einer Bank, die es

geschafft hat, innerhalb weniger Jahre von einer

kaum beachteten Kleinbank zu einer der größten

Direktbanken der Welt aufzusteigen. Innerhalb

von fünf Jahren hat sich die Zahl der Kunden mehr

als verzehnfacht. Und das auf einem Markt, von

dem es hieß, er sei ausgereizt. Die ING-DiBa

wurde trotzdem eine Erfolgsstory. Dank einer ver-

nünftigen Strategie, einem konsequenten Kosten-

management und einiger richtiger Management-

Entscheidungen. Und dank einer besonders moti-

vierten Belegschaft, die sich in hohem Maße mit

ihrer Bank identifiziert. Wir fördern die Motivation der Mitarbeiter,

um von einer Kultur der Mitwirkung hin zu einer Kultur der Verant-

wortung zu kommen.

Eine wichtige Voraussetzung für das dynamische Wachstum ist die

Strategie der ING-DiBa, in deren Fokus drei Gruppen stehen: die

Kunden, die Aktionäre und die Mitarbeiter.

• Den Kunden will die ING-DiBa ein attraktiver Geschäftspartner

sein.

• Den Aktionären will die ING-DiBa eine attraktive Rendite bieten.

• Den Mitarbeitern will die ING-DiBa ein attraktiver Arbeitgeber

sein – ein Unternehmen, in dem es Freude macht, Leistung zu er-

bringen, sich zu engagieren und letztlich auch Verantwortung zu

übernehmen.

Damit sind wir bei unserem Aus-

gangsthema: der Unternehmens-

kultur. Im Mittelpunkt dieser

Kultur stehen die Mitarbeiter.

Wir wollen die besten Leute be-

kommen, und wir wollen sie be-

halten. Wir wollen unsere Mit-

arbeiter fördern, begeistern und

ausbilden. Mitarbeiterzufrieden-

heit ist die Voraussetzung für

Kundenzufriedenheit, und Kun-

denzufriedenheit ist in unserem

Geschäft die Voraussetzung für

wirtschaftlichen Erfolg. Um un-

sere hohen Standards zu halten

und noch zu verbessern, brau-

Unternehmenskultur als Führungsinstrument der ZukunftBEN TELLINGS, Vorstandsvorsitzender, ING-DiBa, Frankfurt am Main

Mit welchen Werten Identifikation entsteht

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Unternehmenskultur

66 67Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Wir haben heute eine globale Wirtschaft mit globa-

lem Wettbewerb, aber keine globale Ordnung; das

politische System und besonders der Nationalstaat

verlieren an Steuerungskapazität. Dadurch gera-

ten die Unternehmen stärker ins Zentrum der öf-

fentlichen Aufmerksamkeit und, befördert durch

das Fehlverhalten einiger, in eine Legitimations-

und Akzeptanzkrise. Unternehmen begegnen

dieser Krise mit „Corporate Responsibility“, CR,

ohne dass allerdings ein tragfähiges Konzept für

dieses Engagement vorliegen würde.

Die Strategie CR ist grundsätzlich richtig. Man

muss allerdings darauf achten, dass die entspre-

chenden Aktivitäten von der Öffentlichkeit nicht

als moderner Ablasshandel wahrgenommen wer-

den. Hier sollen die Grundzüge eines Konzepts

von CR skizziert werden, indem drei Dimensionen

von Verantwortung der Unternehmen unterschie-

den werden.

1. Handlungsverantwortung: Unternehmen

tragen Verantwortung für ihr Handeln und

dessen unmittelbare Folgen. Zunehmend

übernehmen sie auch Verantwortung für ihre

lokale Umwelt, in Form von Arbeitsmarkt-

initiativen, Kultur- und Forschungsförderung,

in Entwicklungsländern auch für Gesundheits-

vorsorge, Schulbildung, Korruptionsbekämp-

fung u. a. m. – all dies ist heute unstrittig.

2. Ordnungsverantwortung: Entscheidend

für Entwicklung und Wohlstand ist die institu-

tionelle Ordnung. Für die entstehende Weltge-

sellschaft haben wir bisher nur Ansätze zu

einer Weltrahmenordnung (UN-Charta, WTO,

ILO, ICC u. a. m.). Es liegt daher im eigenen

langfristigen Interesse der (großen) Unterneh-

men, in die Entwicklung der institutionellen

Ordnungen für die Weltgesellschaft und für

die Länder, in denen sie tätig sind oder werden

wollen, zu investieren. Dies betrifft besonders:

Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, flächen-

deckende Steuersysteme, Umweltschutz, hu-

mane Arbeitsbedingungen sowie die Bekämp-

fung von Armut, Analphabetismus, Diskrimi-

nierung und Korruption. Es geht hier darum,

die gesellschaftlichen Bedingungen herzustel-

len, die dann nachhaltige Gewinnchancen für

die Unternehmen bieten.

Unternehmen sollten sich offensiv und öffentlich

in diese Prozesse einbringen. Wegen der Öffent-

lichkeit, Transparenz kann die Beteiligung der

Unternehmen an ordnungspolitischen Reformen

nicht als Lobbyismus diskreditiert werden.

WIE UNTERNEHMEN GESELLSCHAFTLICHEVERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN

Gesellschaftliche Verantwortung der UnternehmenPROF. DR. DR. KARL HOMANNLehrstuhl für Philosophie und Ökonomik, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

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Unternehmenskultur

68 69Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Was hier Diskursverantwortung genannt wird, ist

neu, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung: Es

zeichnet sich ab, dass Unternehmen ihre gesell-

schaftliche Akzeptanz jeden Tag neu erarbeiten

müssen – durch ihr Tun und durch die Kommuni-

kation von dessen moralischem Sinn.

An eine solche Ordnungsverantwortung müssen sich die Unterneh-

men erst noch gewöhnen und dafür Kompetenz aufbauen. Das gilt

noch mehr für die dritte Dimension von Verantwortung:

3. Diskursverantwortung: Da das Handeln der Menschen außer

von ihren Interessen auch von ihren Vorstellungen darüber, wie

die Welt funktioniert und wie sie funktionieren sollte, bestimmt

wird, bilden diese Vorstellungen eine weitere wichtige Bestim-

mungsgröße für Entwicklung und Wohlstand: Ideas matter. Men-

schen, die die grundlegenden Funktionszusammenhänge der

modernen Wirtschaft nicht verstehen – der positive Aspekt –

und die den moralischen Sinn von Instituten wie Privateigentum,

Markt, Wettbewerb und Gewinnstreben nicht nachvollziehen

und adaptieren können – der normative Aspekt –, werden sich

in dieser Welt inadäquat verhalten und oft ihre eigenen norma-

tiven Ideale verfehlen, indem sie sich der Globalisierung besten

Wissens und Gewissens widersetzen.

Die Folgen tragen vor allem die Unternehmen. Deswegen muss es in

ihrem eigenen Interesse liegen, die Menschen über die Funktions-

zusammenhänge und über die moralische Qualität der Marktwirt-

schaft aufzuklären. Die Menschen stellen in den dynamischen Verän-

derungsprozessen – auch und vorrangig – moralische Fragen, Fra-

gen also, die ihre Identität betreffen, und diese Fragen verlangen

moralische – und nicht ökonomische oder juristische – Antworten.

Unternehmen müssen deshalb auch hier Kompetenz aufbauen: Sie

müssen in ökonomisch-moralischen öffentlichen Diskursen bestehen

können und den Menschen helfen, in den stürmischen Entwicklun-

gen der Gegenwart nicht eine Dementierung, sondern grundsätzlich

die Einlösung ihrer eigenen moralischen Ideale der Würde des

Einzelnen und der Solidarität aller Menschen zu sehen.

Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

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Unternehmenskultur

70 71Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Ein Zitat von Konrad Adenauer aus dem Jahre 1948 hat mein Welt-

bild geprägt: „Die Auffassung von der Vormacht, von der Allmacht

des Staates, von seinem Vorrang vor der Würde und der Freiheit des

Einzelnen widerspricht dem christlichen Naturrecht. Nach meiner

Auffassung muss die Person dem Dasein und dem Rang nach vor

dem Staat stehen. An ihrer Würde, Freiheit und Selbstständigkeit

findet die Macht des Staates sowohl ihre Grenze wie ihre Orientie-

rung. Die menschliche Person hat eine einzigartige Würde, und der

Wert jedes einzelnen Menschen ist unersetzlich.“ Adenauer betonte

mit dieser Aussage den Wert der Menschlichkeit. Menschlichkeit be-

stimmt auch seit jeher die Firmenphilosophie unseres Bankhauses.

Der unternehmerische Erfolg wird von den Menschen gestaltet, die

im Unternehmen arbeiten. Sie engagieren sich mit ihrem Wissen,

ihren Ideen, mit all ihren Fähigkeiten. Menschlichkeit am Arbeits-

platz heißt deshalb vor allen Dingen, das Potenzial eines jeden Mitar-

beiters zu fördern.

Dazu bedarf es eines Klimas, in dem das Gespräch miteinander wich-

tiger ist als das Delegieren von oben nach unten. Menschlich ist die

Arbeitswelt dann, wenn die Mitarbeiter die Chance haben, produktiv

oder kreativ in ihr mitzuwirken. Und wenn sie wissen, dass ihre indi-

viduellen Fähigkeiten dem Unternehmen wichtig sind. Mensch-

lichkeit und Arbeitswelt bilden somit keinen Gegensatz. Denn Erfolg

und Zufriedenheit stellen sich nur dann ein, wenn das produktive

Wechselspiel zwischen Mensch und Arbeit funktioniert. Gelebte

Menschlichkeit ist nicht nur innerhalb eines Unternehmens wichtig.

Die Idee gemeinsamer Verantwortung erfordert auch den Blick über

den Tellerrand.

Unternehmerische VerantwortungFRIEDRICH VON METZLER Mitglied des Vorstands, B. Metzler seel. Sohn & Co. Holding AG, Frankfurt

Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

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Unternehmenskultur

72 73Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Gesellschaftliches Engagement wird bei uns seit

vielen Generationen mit Leben gefüllt. Dabei wird

tätige Verantwortung für ein Gemeinwesen als

eine Pflicht betrachtet, für die man alle Kraft ein-

setzen muss. Wir alle wissen, wie notwendig es ist

zu helfen, denn wir leben mit offenen Augen in

dieser Welt. So wie sich ein Mosaik aus einzelnen

Steinen zusammensetzt, ist jedes ehrenamtliche

Engagement eines Bürgers oder eines Unterneh-

mens, jede Initiative wertvoll. Die Idee gemein-

samer Verantwortung haben wir bei Metzler

aktuell anlässlich des 333. Jubiläums mit unserem

Mitarbeiter-Projekt, dem Matching-Fund-Plus-Mo-

dell: „1 + 1 = 3“, in die Tat umgesetzt. Dabei kön-

nen Mitarbeiter der Bank Projekte zur Unterstüt-

zung vorschlagen. Für angenommene Vorschläge,

spendet die Metzler-Stiftung zunächst eine verein-

barte Summe. Daraufhin muss die begünstigte

Organisation weitere Spenden von Dritten mindes-

tens in der gleichen Höhe einsammeln. Denn es

geht darum, neue Spenderkreise zu erobern. Das

erfolgreiche Spendensammeln wird von der Metz-

ler-Stiftung noch einmal mit dem gleichen Betrag

ihrer anfänglichen Spende als Bonus belohnt. Eine

Spende mit dreifacher Wirkkraft steckt also hinter

der Idee „1 + 1 = 3“. Damit möchten wir das

gesellschaftliche Engagement unserer Mitarbeiter

unterstützen und andere zum Mitmachen bewegen. Auf diese Weise

leistet jeder Beteiligte seinen wertvollen Beitrag für das Mosaik.

Wir möchten die Formel „1 + 1 = 3“ ausdrücklich zur Nachahmung

empfehlen! Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Mitarbeiter

sehr von den Projekten profitieren, die Metzler unterstützt. Ihr

Engagement in den unterschiedlichsten sozialen und kulturellen

Initiativen ist Inspiration für den Alltag und die gesamte Arbeit. Sie

bekommen dadurch die Gelegenheit zum Perspektivenwechsel, der

hin und wieder verdeutlicht, dass andere Dinge mindestens genauso

wichtig oder gar wichtiger sind als die Arbeit und das Geldverdienen.

Als Stifter gestaltend zu wirken kann ein großes Geschenk sein: Man

lässt sich fesseln von inspirierenden Menschen, man gewinnt über

die Jahre echte Freunde, empfindet tiefe Zufriedenheit, wenn Projekte

gelingen, und erweitert nebenbei ständig seinen Horizont. Der Lohn

ist oft weit größer als die Mühe. Deshalb versuchen wir auch immer,

andere zum Stiften anzustiften, um diese Erfahrungen und diese

Freude weiterzugeben. Unternehmerische Verantwortung bedeutet,

einen Teil seines Erfolgs an die Gesellschaft zurückzugeben. Erst

gesellschaftliches Engagement rundet den Erfolg eines Unterneh-

mens ab. Denn als Unternehmen sind Sie ein Teil der Gesellschaft,

Sie leben mit ihr und von ihr.

Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Page 39: Business Summer School · einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um so die Kreativität der Mitarbeiter

BusinessSummer School

Unternehmenskultur

75Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Doch ist das möglich? Kann man in einer global

aufgestellten Wirtschaft Sicherheit fordern, ohne

den Standort Deutschland noch stärker infrage zu

stellen und Arbeitsplätze noch stärker zu gefähr-

den? Was wäre der Ausweg, aus dem Klima des

Gegen- eines des Miteinanders wachsen zu lassen?

Es gibt drei Wege, Politik, Unternehmen und Bür-

ger in einer neuen Konsensoffensive zu vereinen:

Der erste: Mehr Commitment wagen: Einen „New

Deal“ der wechselseitigen Verpflichtung zwischen

Politik, Unternehmen und Beschäftigten. Jeder

muss geben und darf nehmen: Die Unternehmen

werden mit unternehmerfreundlicher Politik

belohnt. Gefordert wird dafür eine höhere Sicher-

heit von Arbeitsplätzen. Die Beschäftigten bringen mehr Leistung,

Flexibilität, Mobilität, akzeptieren geringere Einkommenszuwächse.

Erhalten dafür aber bessere Arbeitsplatzgarantien.

Der zweite Weg wäre die „freiwillige Selbstverpflichtung“: Stärker

als gesetzliche Regelungen werden Vereinbarungen der Politik mit

der Wirtschaft über wirtschaftlich sinnvolle Ziele akzeptiert, also

kontrollierbare Übereinkünfte, die der Gesellschaft und den Unter-

nehmen nutzen. Angesichts ihres Heuschrecken-Images könnten die

Multis so der Öffentlichkeit zeigen, dass sie Gemeinwohl für ähnlich

wichtig halten wie ökonomischen Erfolg.

74

Die Wirtschaft wächst. Die Unternehmen verdie-

nen. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt. Und dennoch

ändern selbst positive Nachrichten nichts an der

zunehmenden Entfremdung von der Wirtschaft:

83 Prozent der Deutschen sind aktuell beunruhigt

über ihre Zukunft, 45 Prozent befürchten zu verar-

men, und in Deutschland haben immer noch 40

Prozent der Beschäftigten Angst vor Arbeitslosig-

keit.

Im Zeitalter der Globalisierung haben die Deut-

schen keine Ankerpunkte mehr für ihre Zukunfts-

sorgen: Die wichtigsten „Sicherheitsinstanzen“

versagen.

Die Politik: Kaum mehr als jeder Vierte ist noch

mit der Bundesregierung zufrieden, Reformfähig-

keit wird ihr nur von 30 Prozent der Deutschen

attestiert. Kritisiert wird vor allem deren zu starke

Wirtschafts- und zu geringe Sozialausrichtung.

Die Gewerkschaften sind für 56 Prozent ein Stand-

ortnachteil, für 63 Prozent nicht mehr zeitgemäß.

Und schwächen mit ihren Forderungen für 64

Prozent die deutsche Wirtschaft.

Die Unternehmer haben für 82 Prozent vor allem Gewinnmaximie-

rung anstelle von -optimierung im Sinn und lehnen nach Meinung

von 63 Prozent jede Art von Arbeitsplatzverantwortung ab. „Wirt-

schaftskompetenz“ wird dadurch zu einem negativ besetzten Begriff,

weil die Bürger hinter jeder Entscheidung Gewinnmaximierung ohne

Arbeitsmarkteffekte vermuten. Seit 2004 lernt auch Deutschland das

Phänomen des „Jobless Growth“, also Wachstum auf Kosten von Ar-

beitsplätzen kennen. Während 30 Jahre lang die Erwartungen bezüg-

lich Wirtschaftsklima und Arbeitsmarktentwicklung parallel liefen,

erreicht die Konjunktur den besten Werte seit 2001, während die

Hoffnung auf mehr Arbeitsplätze weiterhin auf Tiefstand verharrt.

Der jahrzehntelang gültige Konsens, der Marktwirtschaft das Attri-

but „sozial“ beizustellen, steht trotz günstiger Rahmendaten auf dem

Spiel: Die durch die Globalisierung verursachte ökonomieoptimierte

Wirtschaft hat für ein gespanntes Wirtschaftsklima in Deutschland

gesorgt. 79 Prozent empfinden unsere Gesellschaft als sozial unge-

recht.

Das Gleichgewicht der Interessen bleibt zugunsten der Kapitalgesell-

schaften auf der Strecke. Also fordern die Deutschen eine grundle-

gende Neuausrichtung in der Wirtschaftspolitik. Eine, die ihrem

Wunsch nach wachsender Sicherheit im Wandel gerecht wird.

Die „Gute Wirtschaft“KLAUS-PETER SCHÖPPNERGeschäftsführer Politik- und Sozialforschung, TNS Emnid, Bielefeld

Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Page 40: Business Summer School · einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um so die Kreativität der Mitarbeiter

BusinessSummer School

Unternehmenskultur

7776

Der dritte Weg: Mittelstands- statt Multipolitik. Zu

sehr ist Wirtschaftspolitik zuletzt Politik für Groß-

unternehmen gewesen, deren Vertreter fast aus-

nahmslos die Hoheit über Kanzlermaschinen und Talkshows haben.

Und dann „Entlassungen trotz Rekordgewinn“ verkünden. Während

der Mittelstand deutlich mehr Arbeitsplätze schafft und ihm die oft

noch persönlich bekannten Mitarbeiter deutlich näher stehen als den

anonymen Global Player. Eine Orientierung am Inhaberunternehmen

könnte Wirtschaftspolitik viel mitarbeiternäher, problemorientierter,

erfolgreicher und erfahrbarer machen.

Commitment, Selbstverpflichtung sowie „Mittelstand first“ könnte

die Basis für eine erfolgreiche Neustrukturierung der Wirtschaft

sein.

Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen Wie Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Page 41: Business Summer School · einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um so die Kreativität der Mitarbeiter

78 79Die Teilnehmer

Claudia Buse

Leitung Personal und Recht,

Textilkontor Walter Seidensticker

GmbH & Co. KG, Bielefeld

(Juni 2007)

Susanne Cornelius

Corporate Vice President SBU

Body Care,

Henkel KGaA, Düsseldorf

(September 2006)

Tobias Dratt

Finance & Controlling Asia Pacific,

BASF East Asia RHQ, Hong Kong

(September 2006)

Alexander Engelhardt

Leiter Markenführung,

B. Braun Melsungen AG, Melsungen

(September 2007)

Nicholas Everts

Bereichsleiter,

Douglas Mitte GmbH, Bochum

(September 2007)

Tatiana Gillitzer

Director & General Manager Henkel

Biomedical,

Henkel KGaA, Düsseldorf

(September 2007)

Joachim Goldbeck

Geschäftsführer,

Goldbeck Solar GmbH,

Hirschberg a. d. Bergstraße

(Juni 2007)

Dr. Karsten Graudenz

Director Brand Marketing,

Pfizer Pharma GmbH, Karlsruhe

(September 2007)

Gero Hesse

Vice President Bertelsmann HR

Services,

Bertelsmann AG, Gütersloh

(September 2006)

Helene Hesselmann

Direktorin Finanzen &

Administration,

Air Liquide GmbH, Düsseldorf

(Juni 2007)

Frank Albers

Geschäftsleitung Finanzen/IT,

Homann Feinkost GmbH, Dissen

(Juni 2007)

Heiko Anemüller

Ressortleiter Kundendialog,

ING-DiBa AG, Hannover

(September 2006)

Ralf Berndt

Werkleiter,

Phoenix Feinbau GmbH & Co. KG,

Lüdenscheid

(Juni 2007)

Tanja Birkholz

Zentraler Stab Risk Strategy,

Market- and Operational Risk Control,

Commerzbank AG, Frankfurt a.M.

(September 2006)

Rasmus Bleckmann

Leiter Business Development,

Zentraler Stab Group Compliance,

Commerzbank AG, Frankfurt a. M.

(September 2007)

DIE TEILNEHMER

Die Teilnehmer

Holger Bodenmüller

Change-Management-Berater; zen-

trales Personal- und Sozialwesen,

BMW AG, München

(September 2006)

Mark Bongard

Vertriebsleiter Gebiet West,

Christ GmbH, Frankfurt a. M.

(September 2006)

Sylvia Borcherding

Bereichsleiterin Human Resources,

MGI METRO Group Information

Technology GmbH, Düsseldorf

(September 2007)

Dr. Nicole Brauckmann

Leiterin Führungskräfteentwicklung

Konzern,

RWE AG, Essen

(September 2007)

Tanja Brinks

Stv. Leiterin Marketing,

Schüco International KG, Bielefeld

(Juni 2007)

Page 42: Business Summer School · einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um so die Kreativität der Mitarbeiter

80 81Die TeilnehmerDie Teilnehmer

Steven Moran

Vice President Corporate HR Strategy

& Controlling,

Bertelsmann AG, Gütersloh

(September 2007)

Dr. Holger B. Müller

Disease Area Strategy Director,

Novartis Pharma AG, Basel

(September 2007)

Dr. Thomas Nietiedt

Leiter Shared Service Betrieb

„Corporate Communication Center“;

Leiter Events im Zentralbereich

Unternehmenskommunikation,

Deutsche Telekom AG, Bonn

(September 2006)

Stefan Postler

Geschäftsführer,

medienfabrik Gütersloh GmbH,

Gütersloh

(Juni 2007)

Dr. Dirk Quermann

Geschäftsführer,

Merkur Interactive GmbH, Espelkamp

(Juni 2007)

Dr. Nanna Rapp

Senior Vice President Regulatory

Management,

E.ON Ruhrgas, Essen

(September 2007)

Ingo Rieg

Director, Head of Prisma,

IT Programm Manager,

Deutsche Bank AG, Eschborn

(September 2007)

Isabell Remus

Global Business Franchise Head for

ODGU (Ophthalmology, Dermatology,

Gastrointestinal, Urology),

Novartis Pharma AG, Basel

(September 2006)

Dr. Ansgar Resch

Teamleader Health Technology

Assessment,

Pfizer Pharma GmbH, Karlsruhe

(September 2006)

Jürgen Sauerwald

Leiter Management Development;

Geschäftsführer einer Beratungs-

gesellschaft im Health-Care-Markt,

B. Braun Melsungen AG, Melsungen

(September 2006)

Frank Höne

Leiter Strategie, Bereichsentwicklung

& Kommunikation für die

Bodenverkehrsdienste,

Fraport AG, Frankfurt a. M.

(September 2006)

Christian Hudetz

Bereichsleiter

Unternehmenscontrolling,

Otto GmbH & Co KG, Hamburg

(September 2006)

Philipp Janson

Managing Director,

Credit Suisse, Zürich

(September 2007)

Dr. Michael Jochum

Leiter Executive Communications,

Daimler AG, Stuttgart

(September 2007)

Henning Axel Kantner

Leiter Vertrieb Deutschland,

Poggenpohl Möbelwerke GmbH,

Herford

(Juni 2007)

Dirk Kling

Abteilungsleiter Bestand/Sevice,

Bereich Immobilienfinanzierung,

ING-DiBa AG, Frankfurt a. M.

(September 2007)

Dr. Frank Kobor

Leiter Region Europa in Regionaler

Koordinierung,

Bayer AG, Leverkusen

(September 2007)

Johannes Mathieu

Leiter Personalentwicklung,

VICTORIA Versicherungen AG,

Düsseldorf

(Juni 2007)

Peter Mohnen

Mitglied des Vorstands,

E.ON Földgaz Trade ZRT, Budapest

(September 2006)

Rüdiger Mohr

Kaufmännischer Leiter,

CLAAS Service and Parts GmbH,

Hamm

(Juni 2007)

Page 43: Business Summer School · einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um so die Kreativität der Mitarbeiter

82 83Die TeilnehmerDie Teilnehmer

Ullrich Süßbrich

Kfm. Geschäftszweigleiter für

Turnkey Projekte und Engineering,

Siemens AG, Erlangen

(September 2007)

Frank Terhorst

Managing Director,

Bayer CropScience S.r.l., Mailand

(September 2006)

Holger Tewes-Kampelmann

Senior im Bereich Group Planning &

Controlling,

Allianz SE, München

(September 2007)

Dr. Martin Volland

Business Manager,

BASF Catalysts LLC, Iselin, USA

(September 2007)

Frank Weber

Direktor Konzernentwicklung und

Kommunikation,

Wüstenrot & Württembergische AG,

Stuttgart

(Juni 2007)

Dr. Axel Wehmeier

Leiter Corporate

Office/Vorstandsbüro,

Deutsche Telekom AG, Bonn

(September 2007)

Peter Weidig

Head of Learning & Development,

Franz Haniel & Cie. GmbH

Geschäftfsführer,

Haniel Stiftung, Duisburg

(September 2006)

Dr. Ulrich Wieland

Leiter Gesamtlogistik,

Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück

(Juni 2007)

Christoph Wortig

Mitglied der Geschäftsleitung

Region Nordbaden,

Deutsche Bank AG, Heidelberg

(September 2006)

Alexandra Zimpelmann

Leiterin Public Affairs,

Fraport AG, Frankfurt a. M.

(September 2007)

Jochen Schädlich

Komm. Leiter Konzern-Immobilien,

Otto (GmbH & Co. KG), Hamburg

(September 2007)

Dr. Frank Schaffrath

Group Planning and Controlling;

Senior New Europe + Anglo Broker

Markets,

Allianz SE, München

(September 2006)

Björn Schniederkötter

Kaufmännischer Leiter,

Nagel Slovensko s.r.o, Senec

(Juni 2007)

Jens Schöne

Leiter Logistik,

Böllhoff GmbH & Co. KG, Bielefeld

(Juni 2007)

Stefan Scholle

Senior Manager Corporate,

Development/M&A

TUI AG, Hannover

(September 2006)

Ernst Maximilian Schreder

Marketing Manager,

Semper Idem – Underberg AG,

Rheinberg

(Juni 2007)

Dr. Uwe Schürmann

Vorsitzender der Geschäftsführung,

Gundlach Verpackung GmbH,

Oerlinghausen

(Juni 2007)

Christoph Schulze Wischeler

Leiter des Geschäftsbereichs „Power

Transmission and Distribution“ (PTD),

Siemens Limited PTD, Bangkok

(September 2006)

Jürgen Schwarze

Leiter Konzernrevision,

Franz Haniel & Cie. GmbH, Duisburg

(September 2007)

Thomas Servatius

Managing Director Portal Products,

Lycos Europe GmbH, Gütersloh

(Juni 2007)

Page 44: Business Summer School · einen möglichst großen Freiraum für unternehmerisches Denken und Handeln in partnerschaftlichem Miteinander ermöglichen, um so die Kreativität der Mitarbeiter

84 85Das Kompetenzzentrum Unternehmenskultur / Führung

Arbeitsschwerpunkte

Die Bertelsmann Stiftung setzt mit ihren Projekten im Kompetenz-

zentrum Unternehmenskultur die Ideen des Stifters Reinhard Mohn

inhaltlich fort. Das Zentrum arbeitet mit drei strategischen Schwer-

punkten an dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen

durch eine wachstumsorientierte Balance von Gewinnorientierung,

Menschlichkeit und Verantwortung für die Gesellschaft zu verbes-

sern.

Der Schwerpunkt „Partnerschaftliche Unternehmenskultur“

untersucht, wie Führungs- und Organisationsstrukturen in Zukunft

gestaltet werden können, um den steigenden Anforderungen in Wirt-

schaft und Gesellschaft gerecht zu werden. Die Globalisierung stellt

sowohl international agierende Großunternehmen als auch kleine

und mittelständische Unternehmen vor neue Herausforderungen, die

Unternehmensleitung und Mitarbeiter gemeinsam angehen müs-

sen, um den Unternehmenserfolg – und damit letztlich auch den

Standort Deutschland – nachhaltig zu sichern. Elemente einer part-

nerschaftlichen Unternehmenskultur als untrennbaren Bestandteil

zukunftsfähiger unternehmerischer Strategien begreifbar und um-

setzbar zu machen ist Ziel unserer Arbeit. Dabei möchten wir Impulse

zur Reorganisation herkömmlicher Führungs- und Teamstrukturen

einerseits und zur Entwicklung eines veränderten Führungsver-

ständnisses andererseits geben.

Der Schwerpunkt „Corporate Social Responsibility (CSR)“ will

die Potenziale von CSR sowohl für die Unternehmen als auch für die

Gesellschaft erschließen. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass

gerade langfristig gesellschaftlich verantwortliches Handeln mit

unternehmerischem Erfolg Hand in Hand geht. Internationale

Anforderungen und Standards, der wachsende Druck durch institu-

tionelle Anleger und die steigende öffentliche Wahrnehmung von

Nichtregierungsorganisationen lassen CSR zunehmend auch in deut-

schen Unternehmen zu einem Thema werden. Aber nicht nur der Re-

putationsdruck von außen wird spürbar, sondern wichtiger werden

auch die Chancen, die CSR für innerbetriebliche Prozesse bietet.

Gleichzeitig können durch das Engagement von Unternehmen, durch

die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Bereich und Non-Profit-

Organisationen gesellschaftliche Probleme effizienter und nachhal-

tiger gelöst werden. Ziel unserer Arbeit ist es, das Bewusstsein für

die wachsende Bedeutung von CSR zu schärfen und deren Umset-

zung zu fördern.

Der Schwerpunkt „Mensch und Arbeit“ beschäftigt sich mit der

Fragestellung, welche Anpassungen in Unternehmenskulturen vor-

genommen werden können, um langfristig die Anforderungen der

Arbeitswelt und die Ressourcen der Menschen im Unternehmen in

Einklang zu bringen. Dazu werden Veränderungstrends in der Ar-

beitswelt identifiziert und deren Auswirkungen auf die Arbeitsbe-

dingungen von Mitarbeitern analysiert. Wir sehen unsere Aufgabe

darin, Konzepte zu entwickeln, zu bewerten und umzusetzen, durch

die Unternehmen den Wandel der Arbeitswelt als Chance erkennen.

Sie sollen unterstützt werden, die Ressourcen Gesundheit, Leistungs-

fähigkeit und Lernfähigkeit der Mitarbeiter zu erhalten und zu

steigern. Dabei sollen die Belange von Unternehmen, Mitarbeitern,

Führungskräften und Gesellschaft im Sinne des gesamtgesellschaft-

lichen Nutzens austariert werden. Wichtige Ansatzpunkte dazu

suchen und entwickeln wir in der Gestaltung von Führungs- und Lei-

tungsfunktionen, den Konzepten der „Employability“ von Mitarbei-

tern, der Arbeitsumgebung sowie der Flexibilisierung von Arbeit.

DAS KOMPETENZZENTRUM UNTERNEHMENSKULTUR / FÜHRUNG

Die Bertelsmann Stiftung unterstützt den Weg zu einer eigenverantwortlichen, engagierten Gesellschaft.

Für die Zielgruppe Unternehmen hat sie deshalb ein Kompetenzzentrum gegründet, das Firmen und ihre

Partner in Projekten begleitet: für eine zukunftsfähige Gesellschaft.

Das Kompetenzzentrum Unternehmenskultur / Führung

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BusinessSummer School

Unternehmenskultur

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Impressum

Herausgeber

Bertelsmann Stiftung

Carl-Bertelsmann-Straße 256

33311 Gütersloh

Verantwortlich

Judith Charles

Telefon 05241 80-45828

Fax 05241 806-45828

E-Mail [email protected]

Lektorat

Dr. Arno Kappler, Soest

Art Director

Heike van Meegdenburg

Gestaltung

Nicole Meyerholz, Bielefeld

Bildnachweise

Martin Joppen, Frankfurt a. M.

Veit Mette, Bielefeld

Marc Darchinger, Berlin/Bonn

Archiv Bertelsmann Stiftung

Druck

Druckerei Festge, Oelde

© 2007 Bertelsmann Stiftung

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