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Abschlussarbeit
ÖÄK Diplomlehrgang Geriatrie
Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. Franz Böhmer
Prim. Univ. Prof . Dr. Monika Lechleitner
Rückfragen:
Österreichische Akademie der Ärzte GmbH Weihburggasse 2/5 A-1010 Wien Tel.: +43 1 512 63 83
Dr. Clemens Huber Diplomlehrgang Geriatrie 2013
1
Der „Magenschutz“ bei Multimedikation
– speziell beim geriatrischen Patieten
Mögliche Unerwünschte Wirkungen einer der am meisten verordneten
Medikamentengruppen
1. Einleitung
Protonenpumpenhemmer zählen seit Jahren zu den meistverschrieben Medikamenten.
Im Jahr 2008 rangierten sie an zweiter Stelle hinter ACE-Hemmern und Angiotensin-
Rezeptor-Antagonisten – zusammen als eine Gruppe gezählt – und damit noch vor den
Antidepressiva und Statinen.1
Auffällig in der täglichen Praxis ist dabei das im Unterschied zu den anderen genannten
Gruppen anscheinend völlig fehlende Image-Problem - und damit Compliance-Problem -
der PPI.
Ebensoviel Überzeugungsarbeit wie es oft kostet den Patienten vom objektiven Nutzen
eines Antihypertensivums oder eines Statins zu überzeugen, braucht es oft diesen zum
Absetzversuch des heiß geliebten und jahrelang eingenommenen „Magenschutzes“ zu
bewegen, auch wenn dafür längst keine erkennbare Indikation mehr besteht.
Es handelt sich hierbei wohlgemerkt um subjektive Beobachtungen, die jedoch eine
weitere Beschäftigung mit diesem Thema anregten.
1 Pharmainformation Innsbruck Jahrgang 23/ Nr. 2, Juni 2008
Dr. Clemens Huber Diplomlehrgang Geriatrie 2013
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Auch zeigten mir hitzig geführte Diskussionen auf so manchem Ärztestammtisch, daß das
Thema von vielen Kolleginnen und Kollegen, von denen die meisten noch das Zeitalter
der Rollkuren und häufigen Ulcus-bedingten Magenresektionen erlebten, interessiert
verfolgt wird.
Unter Patienten halten sich ohnedies hartnäckige Mythen: Ein PPI schütze zum Beispiel
vor den unerwünschten gastrointestinalen Wirkungen einer Antibiotikatherapie oder sei bei
der Einnahme von bereits mehreren anderen Präparaten als „Magenschutz“ generell
erforderlich.
PPI gelten nach wie vor vielen als eine Arzneimittelgruppe mit sehr geringer Gefahr für
klinisch relevante Wechselwirkungen.2
Allerdings mehren sich doch in den letzten Jahren Artikel, die diese Ansicht hinterfragen.
Sind die Protonenpumpenhemmer nun eher ein Wundermittel mit generell günstigem
Nutzen-Risiko-Profil oder verleitet gerade diese Annahme zur Polypragmasie?
2. Zielsetzung und Methode
Ziel dieser Arbeit war es eine Auswahl der zu diesem Thema vorhanden Literatur und den
mittlerweile zahlreichen Studien zu Sichten und speziell die klinisch relevanten und gut
belegten Neben- und Wechselwirkungen der PPI herauszuarbeiten.
Diese potenziellen Nebenwirkungen beinhalten die Interaktion mit Antikoagulantien, die
Resorptionsstörung von Vitamin B12, Vitamin C und Eisen, die Entwicklung einer
Magenschleimhautatrophie, die Förderung von Infektionen wie ambulanten Pneumonien,
2 Pharmainformation Innsbruck Jahrgang 23/ Nr. 2, Juni 2008
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Campylobacter bzw. Clostridium difficile - assoziierten Darmentzündungen, die Induktion
von Tumoren bzw. die zunehmende Häufigkeit von Allergien.3
Neben dem diskutierten erhöhten Pneumonierisiko ist aus geriatrischer Sicht besonders
die Erhöhung des Frakturrisikos durch Störungen des Knochenstoffwechsels
beleuchtenswert.[3]
Die Darstellung der wichtigsten dieser Themen erfolgt im Anschluß nacheinander unter
dem Punkt Diskussion, eine kurze Schlußfolgerung ist der Übersicht halber jedem
Unterkapitel direkt angegliedert.
3. Diskussion und Schlußfolgerung
Ein Interaktions- bzw. Nebenwirkungspotential der PPI ergibt sich aus 2 Umständen:
Durch die Erhöhung des Magen pH-Wertes kann die Resorption einiger
Medikamente aber auch von Ionen - diskutiert werden Calcium, Eisen u.
Magnesium – und Vitaminen reduziert sein.
Gleichzeitig führt die Minderung der Säurebarriere des Magens auch zu einem
erhöhten Risiko gastrointestinaler Infektionen.
Alle PPI sind außerdem sowohl Substrate als auch Hemmer der Cytochrom P-450
Isoenzyme 3A4 und 2C19. Dies kann zur Abbauhemmung anderer Substanzen
3 GERD: Langzeitnebenwirkungen einer lebenslangen Einnahme von Protonenpumpenhemmern; Frieling T; Journal für Gastroenterologische und Hepatologische Erkrankungen 2011; 9 (4), 7-13
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4
führen.4
Hinsichtlich des Interaktionspotentials der einzelnen Wirkstoffe über Isoenzym 2C19
wird oft diese Reihenfolge angegeben: Omeprazol (Esomeprazol) > Lansoprazol >
Pantoprazol > Rabeprazol.5
Andere Studien sehen wiederum keine signifikanten Unterschiede zwischen den
verschiedenen PPI.
Die Indikationen einer PPI-Therapie:
Niedrigere Dosierung (z.B. Pantoprazol 20 mg per diem):
Symptomatische Behandlung der gastroösophagalen Refluxkrankheit.
Langzeitbehandlung und Rezidivprophylaxe bei Refluxösophagitis.
Prävention der durch nicht-selektive, nicht steroidale Antirheumatika induzierten
gastroduodenalen Ulzera bei Risikopatienten, die einer kontinuierlichen Behandlung
mit diesen Arzneimitteln bedürfen.6
Höhere Dosierung (z.B. Pantoprazol 40 mg per diem und höher):
Akute Refluxösophagitis
Eradikation von H. pylori in Kombinationstherapie mit geeigneten Antibiotika bei
Patienten mit durch H. pylori verursachten Ulcera.
Magengeschwür und Zwölffingerdarmgeschwür
Zollinger-Ellison-Syndrom und andere Erkrankungen, die mit einer pathologischen
4 Pharmainformation Innsbruck Jahrgang 23/ Nr. 2, Juni 2008 5 Robinson and Horn Drugs 63; 2739, 2003
6 Fachinformation Pantoloc 20 mg – Filmtabletten; Takeda Pharma Wien
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Hypersekretion von Magensäure einhergehen.7
Weitere Indikationen für eine PPI - Langzeittherapie sind nach den Leitlinien der
Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS):8
Die Prophylaxe einer oberen gastrointestinalen Blutung bei Patienten mit Notwendigkeit
einer längerfristigen Therapie mit traditionellen NSAR und das Vorliegen mindestens eines
Risikofaktors für eine gastroduodenale Ulkuskrankheit (Alter > 60 Jahre, männliches
Geschlecht, eine frühere gastrointestinale Blutung, frühere gastroduodenale Ulzera, orale
Antikoagulation, Therapie mit Kortikosteroiden).
Weiters die Notwendigkeit einer langfristigen ASS - Therapie bzw. Behandlung mit
traditionellen NSAR und einer hierunter aufgetretenen gastrointestinalen Blutung.
Schon beim Vorsatz der strengen Indikationsstellung, ist man also mit einer gewissen
Unübersichlichkeit konfrontiert.
Außer ohne klare Indikation werden PPI auch häufig in zu hoher Dosierung und zu lange
verschrieben. Die allgemein gute Verträglichkeit und das geschickte Marketing
(„Magenschutz“) dieser Substanzgruppe haben zu dieser Situation beigetragen.9
Immer mehr Patienten erhalten eine PPI-Dauertherapie. Die empfohlene „Step-down“-
Behandlung wird oft vergessen oder dadurch erschwert, dass viele Patienten weiter nach
einem PPI verlangen.
Zur erwähnt guten Verträglichkeit: Die Häufigkeit unerwünschter Arzneimittelwirkungen
liegt bei 3-10% (Kopfschmerzen, Schwindel, Diarrhö, Obstipation, Flatulenz,
Hautausschläge). Selten sind Hepatopathien, Übelkeit, Verwirrtheit, Amnesie,
7 Fachinformation Pantoloc 40 mg – Filmtabletten; Takeda Pharma Wien 8 Fischbach W, Malfertheimer P, Hoffmann JC, et al. S3-Leitlinie Helicobacter pylori und
gastroduodenale Ulkuskrankheit. Zeitschrift für Gastroenterologie 2009; 47: 68–102. 9 Arzneimittelbrief 2008, 42, 49
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Hyponatriämie, Hypomagnesiämie, Pankreatitis, Stevens-Johnson-Syndrom und
Blutbildveränderungen. Sehr selten kann es bei der Therapie mit PPI zu einer interstitiellen
Nephritis kommen.
Tabelle 1: Indikationen für eine PPI-Langzeittherapie [8]
Klinik
Therapie je Risikofaktoren
Rezivierender Reflux Refluxtherapie, symptomorientiert:
„step down“
„on demand“
alternierend
Längerfristige Therapie mit traditionellen
NSAR (tNSAR)
Ja, wenn:
- unter Therapie aufgetretene GI-Blutung
- Vorliegen mind. 1 Risikofaktors
(Alter > 60, Männliches Geschlecht, frühere
GI-Blutung, Ulcusanamnese, OAK,
Kortikoidtherapie)
Dauertherapie mit ASS Ja, wenn:
- unter Therapie aufgetretene GI-Blutung
Längerfristige Therapie mit ASS u. COX-2-
Hemmer
Ja, wenn:
- GI-Blutung in der Anamnese
- Risikofaktoren (s.oben)
Längerfristige Therapie mit ASS u. tNSAR In jedem Fall
Längerfristige Duale Plättchenhemmung
(ASS u. Clopidogrel)
In jedem Fall
(mittlerweile modifiziert, s. Tab. 2)
Nach Absetzen einer PPI-Dauermedikation kann es rasch zu Ulkus- und GERD-Rezidiven
kommen – Rebound-Phänomen.
Durch Gastroparese und verzögerte jejuno-ileale Peristaltik können auch neue,
medikamenteninduzierte gastrointestinale Beschwerden auftreten.
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Bedeutender Erscheinen weitere Risiken, die vor allem mit einer Langzeitbehandlung mit
PPI verbunden sein könnten.
Diese Unerwünschte Wirkungen im Einzelnen:
Interaktion mit Clopidogrel
Nicht erst seit im August 2009 eine Richtlinie des Bundesministeriums für Gesundheit,
wonach die Kombination von PPI mit Clopidogrel vermieden werden soll, herausgegeben
wurde, ist diese Wechselwirkung bekannt.
Über eine kompetetive Hemmung des Cytochrom P450 Isoenzyms CYP2C19 vermindern
Protonenpumpenhemmer die Umwandlung der prodrug Clopidogrel zu seinem aktiven
Metaboliten. 10
Sowohl Clopidogrel als auch seine aktive Form haben allerdings nur eine kurze
Halbwertszeit, die bereits nach 2 Stunden in den unteren messbaren Bereich fällt.
Die langfristige plättchenhemmende Wirkung der aktiven Form von Clopidogrel wird
hierbei durch seine irreversible Bindung an den Plättchenrezeptor bedingt.
2009 kam es auch zu entsprechenden Stellungnahmen der European Medicines Agency,
der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärztekammer und der Federal Drug
Administration (FDA), in denen vor der gleichzeitigen Gabe von Clopidogrel und PPI
gewarnt und gegebenenfalls die Umstellung auf einen H-2-Rezeptorantagonisten
10 Arzneimittelbrief 2009, 43, 73
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empfohlen wurde.11
Damals war eine retrospektive Kohortenstudie im US-amerikanischen Ärzteblatt zu dem
Ergebnis gekommen, dass Patienten mit akutem koronaren Syndrom, die Clopidogrel zur
Vorbeugung eines erneuten Herzinfarkts erhielten, zu 25 Prozent häufiger den Endpunkt
Hospitalisierung oder Tod erreichten, wenn sie Clopidogrel zusammen mit einem PPI
eingenommen hatten.12
Einige exprimentelle Studien deuteten auf eine geringere CYP2C19- Hemmung durch
Pantoprazol und Esomeprazol im Vergleich zu anderen PPI (Omeprazol, Lansoprazol) hin.
Aktuellere Daten ziehen eine relevante Interaktion von PPI mit Clopidogrel wieder
vermehrt in Zweifel:
So findet eine systematische Übersicht von Beobachtungsstudien keinen Einfluss der PPI
auf den Effekt von Clopidogrel, wenn bei den Analysen nach dem individuellen
kardiovaskulären Risiko der Patienten adjustiert wird.13
Registerdaten einer amerikanischen Gesundheitsorganisation finden keinen Unterschied
für kardiovaskuläre Ereignisse oder Todesfälle, wenn die Patienten nach koronarer
Angioplastie zusätzlich zu Clopidogrel einen PPI einnehmen oder nicht.14
Nach einer aktuellen Empfehlung der DGVS und der Deutschen Gesellschaft für
Kardiologie (DGK) sollte aber bei Patienten mit Indikation für Clopidogrel und
PPI auf Omeprazol verzichtet werden, da hier in pharmakologischen Studien eine
Abschwächung der Clopidogrel - Wirkung beschrieben wurde.
Diese Interaktionen könnten bei Pantoprazol, Esomeprazol und Rabeprazol geringer
ausgeprägt sein, sodass unter pharmakologischen Aspekten Pantoprazol und Rabeprazol
am wenigsten bedenklich sind.
Aufgrund der kurzen Halbwertszeit von Clopidogrel ist eine zusätzliche Sicherheit durch
die um 12–15 Stunden zeitversetzte Gabe von PPI vor dem Frühstück und Clopidogrel am
11 Anditsch M., Interaktion Clopidogrel und PPI. Journal für Kardiologie 2009; 16: 11–2 12 JAMA 2009; 301: 937-944
13 KWOK, C.S, LOKE, Y.K.: Alimentary Pharmacology & Therapeutics. 2010; 31: 810-23 14 http://www.theheart.org/article/1061469/
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späten Abend bzw. PPI vor dem Abendessen und Clopidogrel am Mittag zu erzielen.
Die Umstellung auf H-2-Rezeptorantagonisten sollte nicht durchgeführt werden, da sie den
PPI bei der Ulkusprophylaxe unterlegen sind.
Eine Übersicht zur Nutzen-Risiko-Abwägung gibt die tabellarische Darstellung der DGVS-
Leitlinie zur PPI-Therapie bei dualer Plättchenhemmung auf der Folgeseite.
Tabelle 2: Von der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
(DGVS) empfohlener risikoadaptierter Einsatz von PPI bei der dualen Therapie mit ASS
und Clopidrogel15.
Gastrointestinales Risiko
Kardiovaskuläres Risiko ↓
niedrig Hoch
Alter > 60
Schwere
Begleiterkrankung
Systemisches
Glukokortikoid
sehr hoch
Ulkusanamnese;
Ulkus unter PPI-
Therapie;
Duale Plättchen-
hemmung plus
Antikoagulation;
Mehrere Faktoren,
die ein hohes Risiko
definieren
hoch PPI möglich PPI sinnvoll PPI obligat
sehr hoch
Akutes Koronarsyndrom
15 Fischbach W, Darius H, Gross M, et al. Gleichzeitige Anwendung von Thrombozy- tenaggregationshemmern und Protonenpumpenhemmern (PPIs). Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Zeitschrift für Gastroenterologie 2010; 48: 1156–63.
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Hauptstamm- oder Mehrgefäß-intervention Intervention bei reduzierter links-ventrikulärer Funktion Z. n. Stent-Thrombose
PPI vermeiden PPI sinnvoll PPI obligat
Schlussfolgerung:
Die Datenlage randomisierter klinischer Studien rechtfertig keine generelle Empfehlung
gegen die Kombination von Clopidogrel mit PPI.
Bei der auf den Patienten zugeschnittenen, individuellen Risikoabwägung -
Gastrointestinales vs. Kardiovaskuläres Risiko – helfen u.a. aktuelle Leitlinien der DVGS
(siehe Tabelle 2).
Wird zur Kombination aus Plättchenhemmer und PPI gegriffen, sollte den Wirkstoffen
Pantoprazol oder Rabeprazol gegenüber Omeprazol der Vorzug gegeben werden.
Zusätzliche Sicherheit könnte aufgrund der kurzen HWZ von Clopidogrel eine zeitversetzte
Gabe zum PPI bringen.
Eine generelle Umstellung von Clopidogrel - Patienten auf H-2-Rezeptorantagonisten
sollte aufgrund eines ungünstigeren Nutzen-Risiko-Profils im Vergleich zu den PPI nicht
erfolgen.
PPI und Orale Antikoagulation
PPI führen über die kompetetive Hemmung an Cytochrom P450 - Isoenzymen vermutlich
zum Anstieg des INR unter Cumarin -Therapie. Daher ist eine engmaschige Kontrolle des
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INR empfehlenswert.16
Die klinische Bedeutung im Alltag dürfte, bei idealerweise engmaschigen Kontrollen unter
Cumarin – Therapie, in Anbetracht der Unzahl an Wechselwirkungen, denen die
traditionelle OAK unterliegt, eher gering sein.
Bezüglich möglicher Wechselwirkungen zwischen PPI und Neuen Oralen Antikoagulantien
(NOAK) liegen noch keine Daten vor.
Weitere Arzneimittelinteraktionen unter PPI
Erhöhung des pH-Wertes im Magen > 3,5 >>> Hemmung der pH-Wert abhängigen
enteralen Resorption von:17
- Antimykotika: z.B. Ketoconazol, Itraconazol,
- Virustatika: Indinavir, Atazanavir, Nelfinavir, Tipranavir,
- Eisen
- Vit B12 oral
- Calcium (durch verminderte Freisetzung aus Calciumcarbonat)
- Antibiotika: pH-Wert-abhängige Bioverfügbarkeit
Tab. 3: Orale Bioverfügbarkeit [17]
pH → 1 bis 2 > 4
Bacampicillin
(Penglobe®)
98%
50%
Cefuroxim (Zinnat®)
50%
25%
Cefpodoxim
16 Pharmainformation Innsbruck Jahrgang 23/ Nr. 2, Juni 2008 17 Anditsch M., Vortragsreihe: Multimedikation im Alter
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(Biocef®, Otreon®) 50% 25%
Alle PPI sind sowohl Substrate als auch Hemmer der Cytochrom P-450 Isoenzyme
3A4 und 2C19. Dies kann zur Abbauhemmung anderer Substanzen führen:18
- Omeprazol und Esomeprazol:
Erhöhung der Serumspiegel von Diazepam und anderen Benzodiazepinen
- Lansoprazol:
bei Kombination Überwachung der Blutspiegel für Phenytoin und Digoxin
- Citalopram und andere SSRI > Plasmaspiegelerhöhung – erwäge
Dosisanpassung19
Schlussfolgerung:
Im Geriatrischen Setting sind von den verschiedenen Interaktionen vor allem die pH-Wert-
abhängige Bioverfügbarkeit von Eisen, Calcium und oralem Vitamin B12 sowie zweier sehr
gebräuchlicher Cephalosporine (s. Tab. 3) beachtenswert.
Während Benzodiazepine beim geriatrischen Patienten ohnehin nicht im (Dauer-)Einsatz
sein sollten, sind mögliche Interaktionen mit Digoxin (nur Lansoprazol) und mit potenziell
QT-verlängerndem Citalopram ebenfalls nicht uninteressant.
18 Pharmainformation Innsbruck Jahrgang 23/ Nr. 2, Juni 2008 19 Beubler E., Kompendium der Pharmakologie, 3. Auflage, 2011, S 96-97
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PPI und Tumorrisiko
Die Säurehemmung im Magens führt zu einer Hypergastrinämie. Die trophische Wirkung
auf den gesamten Verdauungstrakt, die dieses aus den G-Zellen des Magenantrums
freigesetzte Hormon entfaltet, führte zur Vorstellung, die PPI-Langzeittherapie könne die
Enstehung gastrointestinaler Tumore fördern.
Bislang fanden sich beim Menschen allerdings keinerlei Anhaltspunkte, die diese Theorie
untermauern.20
Ebensowenig für PPI zu einer erhöhten Entwicklungsrate einer atrophischen Gastritis.21
Osteoporose und PPI
Osteoporose betrifft in westlichen Ländern 20% der Menschen über 50 Jahren.
Basierend auf aktuellen internationalen Prävalenzerhebungen bedeutet das für Österreich
geschätzt, dass etwa 740.000 Personen über 50 Jahren von Osteoporose betroffen sind,
davon 617.000 Frauen.22
Im Geriatrischen Patientengut steigen diese Zahlen bekanntermaßen noch einmal
beträchtlich: In der Altersgruppe über 75 erreicht die Prävalenz rund 50%.
Als Risikofaktoren für die Osteoporose gelten weiße Rasse, geringer Body-Mass-Index,
Rauchen, wenig körperliche Bewegung und weibliches Geschlecht.
Neben Kortikosteroiden und Antiepileptika werden neuerdings auch PPI als Medikamente
mit einer erhöhten Assoziation mit Hüftfrakturen diskutiert.
Vermutlich ist das saure Milieu im Magen und proximalen Duodenum essentielle Voraus-
setzung für die Freisetzung von Calcium aus der Nahrung und dessen suffiziente
Resorption. Ob dieser Zusammenhang allerdings von tatsächlicher pathogenetischer
20 Tauseef A, Roberts DN, Tierney WM Long-term safety concerns with proton pump inhibitors; American Journal of Medicine 2009; 122;896-903
21 Fischbach W, Malfertheimer P, Hoffmann JC, et al. S3-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Zeitschrift für Gastroenterologie 2009; 47: 68–102.
22 Th. Dorner, E. Weichselbaum, K. Lawrence, K. V. Stein, A. Rieder, Wiener Medizinische Wochenschrift 9/10/2009
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Bedeutung ist, ist noch nicht ausreichend untersucht.23
Ein nachweislicher Effekt auf die Knochendichte besteht nicht.
Doch der Verdacht, dass eine dauerhafte Minderung der Säureproduktion durch PPI,
insbesondere beim älteren Menschen und bei Hochdosistherapie, in den
Knochenstoffwechsel eingreifen kann, erhärtet sich durch mittlerweile zahlreiche retro-
bzw. prospektive Studien, die auf ein erhöhtes Risiko für Hüft-, Wirbelkörper- und
Unterarmfrakturen bei PPI-Langzeittherapie hinweisen:
Eine dänische Fall-Kontroll-Studie an 14 557 Patienten mit Frakturen kam zum Schluss,
dass Patienten mit PPI - Dauertherapie ein 45-60% erhöhtes Frakturrisiko hatten24,
eingeschlossen waren Frakturen der Hüfte und Wirbelkörperfrakturen, ohne dass
allerdings Dosis und Dauer der PPI - Einnahme detaillierter analysiert wurden.
Patienten mit anderen Antazida hatten sogar ein 80-103% erhöhtes Risiko, was auch für
die pathogenetische Bedeutung einer gestörten Kalziumresorption spricht – und gegen
den ersatzweisen Einsatz von H2-Blockern.
In einer methodisch exakten prospektiven britischen Fall-Kontroll-Studie25 wurden aus der
General Practice Research Database (1987-2003) über 192 000 Patienten über 50 Jahren
mit einer Protonenpumpenhemmer-Dauermedikation von mindestens einem Jahr Dauer,
die bislang noch keine Hüftfraktur hatten, eingeschlossen.
Als Fälle wurden die Patienten definiert, die ab dem Studienbeginn eine Hüftfraktur erlitten
(n =13 556). Als Kontrollen wurden pro Fall zehn alters- und geschlechtsgleiche Patienten
gewählt (n = 135 386).
Die Inzidenz von Hüftfrakturen betrug bei Patienten mit PPI-Dauermedikation 4/1000 und
bei den Nicht-Anwendern 1,8/1000 Patientenjahre.
Das Auftreten einer Hüftfraktur war unter anderem mit folgenden klinischen Faktoren
assoziiert:
23 Insogna KL. The effect of proton pump- inhibiting drugs on mineral metabolism. American Journal of Gastroenteroly 2009; 104: S2–S4
24 Vestergaard, P., et al.: Calcif. Tissue Int. 2006, 79, 76 25 Yang, Y.X., et al.: JAMA 2006, 296, 2947
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Tab. 4: Risikofaktoren u. -medikation für Hüftfraktur (OR = Odds ratio) [26]
Klinischer Faktor OR Medikation OR
BMI < 20 1,9 Parkinsonmedikation 3,8
Alkoholismus 4,7 Antikonvulsiva 3,4
Demenz 3,4 Antipsychotika 3,3
Epilepsie 3,1 Kortikosteroide 2,2
Eingeschränkte Mobilität 2,6 Antidepressiva 2,1
Rauchen 1,5
Diabetes 1,5 PPI - Dauer- u. Dosisabhängig 1,4 – 2,6
Herzinsuffizienz 1,5
Das Chancenverhältnis für Hüftfrakturen unter PPI-Therapie betrug in dieser Studie zeit-
und dosisabhängig: OR: 1,4 nach einem Jahr; 1,8 nach zwei; 2,1 nach drei und 2,1 nach
vier Jahren und die adjustierte OR bei Hochdosistherapie: 2,6.
Einschränkend ist zu sagen, dass Patienten mit bestimmten Komorbiditäten (Malnutrition,
Bewegungsmangel, verminderte Lichtexposition) nicht nur eine größere
Wahrscheinlichkeit für Frakturen, sondern auch für die Anwendung von PPI haben.26
Insofern kann ein Kausaler Zusammenhang nicht bewiesen werden.
Aber speziell den Hinweisen für die Dosisabhängigkeit des Risikos für osteoporotische
Frakturen unter PPI sollte Beachtung geschenkt werden.
Andere, teils neuere Studien fanden wiederum keine signifikante Korrelation zwischen
Frakturen und PPI-Einnahme:
Tabelle 5: Überblick zu weiteren Studien zum Frakturrisiko unter PPI (exemplarisch)
26 AMB 2008; 42, 4: PPI: zu häufige Verordnung und Risiken bei Dauertherapie
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Studiendesign Dauer Land Untersuchte
Frakturen
Fälle/Kontrollen Odds Ratio Lit.
Retrospektive
Fallkontrolle
1996 -
2004
Kanada Hüfte, WK,
Unterarm
15792/ 47289 0,99 nach 1 Jahr -
1,29 nach 7 Jahren
27
Retrospektive
Fallkontrolle
10 a USA Hüfte 33752/ 130471 1,3 28
Prospektive
Fallkontrolle
1999 -
2007
Europa Wirbelkörper 1211/ 1364 3,2 29
Retrosp. Quer-
schnittstudie
2000 -
2007
Kanada Hüfte, WK 2193/ 5527 1-1750
> 1750
(Einzeldosen)
1,00/ 0,97
0,86/ 0,79
Hüfte/ WK
30
Da viele Patienten mit Osteoporose wegen der potenziell ulzerogenen Wirkung oraler
Bisphosphonate auch PPI einnehmen, ist eine abschließende Klärung der Wirkung von
PPI auf den Knochenstoffwechsel dringend notwendig, aber noch ausständig.
In Österreich wurde die Verschreibung von Alternativen zu den oralen Bisphosphonaten
durch Änderungen im Erstattungskodex zuletzt deutlich erleichtert, was diese Kombination
ohnedies überflüssig macht.
Ob im Rahmen einer notwendigen PPI - Langzeittherapie grundsätzlich eine Osteoporose-
Prophylaxe sinnvoll wäre, lässt sich ebenfalls noch nicht abschließend beurteilen.31
Schlussfolgerung:
27 Targownik LE, Lix LM, Metge CJ, et al. Use of proton pump inhibitors and risk of osteoporosis-related
fractures. CMAJ 2008; 179: 319–26. 28 Corley DA. Proton pump inhibitors, H2antagonists, and risk of hip fracture: a large population-based
study. Gastroenetrology 2009; 136: A70 29 Roux C, Briot K, Gossec L, et al. Increase in vertrebral fracture risk in postmenopausal women
using omeprazole. Calcif TissueInt 2009; 84: 13–9. 30 Targownik LE, Lix LM, Leslie WD. Protonpump inhibitor use is not associated with osteoporosis or
accelerated bone mineral density loss. Gastroenterology 2010; 138: 896–904. 31 GERD: Langzeitnebenwirkungen einer lebenslangen Einnahme von
Protonenpumpenhemmern; Frieling T; Journal für Gastroenterologische und Hepatologische Erkrankungen 2011; 9 (4), 7-13
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Die Studienergebnisse zum Frakturrisiko unter PPI – Einnahme sind uneinheitlich bis
widersprüchlich.
Einige Studien mit langer Laufzeit ergaben erst nach einer Behandlungsdauer von 6 bis 7
Jahren ein evident erhöhtes Frakturrisiko unter PPI.
Auch gibt es Hinweise auf eine Dosisabhängigkeit des Frakturrisikos.
Inbesondere bei Langzeit - und Hochdosis – Therapie sollte daher eine diesbezügliche
Aufklärung des Patienten und Abklärung weiterer Osteoporose-Risikofaktoren erfolgen.
(s. Tab. 4.)
Der geriatrische Patient mit dem Protonenpumpenhemmer als solitärem Osteoporose-
risikofaktor, sprich ohne Komorbiditäten, dürfte naturgemäß schwer zu finden sein.
Wenn doch, dann gelte es vermutlich die Indikation zur PPI – Langzeittherapie noch
einmal kritisch zu hinterfragen.
Eine mögliche Erhöhung des Frakturrisikos durch PPI und die Hinweise für die
Abhängigkeit von Dosis und Dauer der Therapie sollten allenfalls Anlass geben, die
Indikation für eine jahrelange Säureblockade regelmäßig zu hinterfragen und nicht eine
höhere Dosis als nötig zu verordnen.
PPI sind ein möglicher Osteoporose – Risikofaktor von vielen. Die Beurteilung des
individuellen Risiko eines (geriatrischen) Patienten sollte ohnehin regelmäßig erfolgen.32
PPI und Allergien
Es gibt Vermutungen, PPI könnten das Auftreten von eosinophiler Ösophagitis und
Nahrungsmittelallergien begünstigen.
32 http://www.shef.ac.uk/FRAX/tool.jsp?lang=de
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Dies könnte auf der verminderten Denaturierung von Nahrungsmittelallergenen bei
Säurehemmung und einer Erhöhung der Permeabilität der gastointestinalen Schleimhäute
durch PPI beruhen.
Größere Studien zu diesem Thema, die eine ätiologische Beziehung zwischen PPI-
Einnahme und Allergischen Erkrankungen belegen könnten, fehlen noch. [3]
PPI und Malabsorption
PPI stehen im Verdacht über Säurehemmung die Malabsorption von Vitamin B12,
Vitamin C und Eisen zu verschulden. Die Resorption dieser Spurenelemente ist vom
sauren Milieu abhängig.
Speziell bei älteren Menschen mit Vit-B12-reduzierter Diät sollte die Möglichkeit einer
verminderten Resorption bedacht werden.
Allerdings wurden klinisch relevante Resorptionstörungen unter PPI – Einnahme bisher
nicht nachgewiesen. [3]
PPI und Infektionen
Tabelle 6: Erhöhtes Infektionsrisiko unter PPI-Therapie33
Gastrointesinale Infektionen
Bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung
Bakterielle Diarrhöen
Salmonellosen
Campylobacter-Infektionen
Clostridium difficile-assozierte Diarrhoe
33 GERD: Langzeitnebenwirkungen einer lebenslangen Einnahme von Protonenpumpenhemmern; Frieling T; Journal für Gastroenterologische und Hepatologische Erkrankungen 2011; 9 (4), 7-13
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Parasitosen (Giardia lamblia)
Leberzirrhose
Spontane bakterielle Peritonitis
Hepatorenales Syndrom
Pneumonien
Community acquired pneumonia (CAP)
PPI stehen im Verdacht, Diarrhöen zu begünstigen. Sie können zur bakteriellen
Besiedlung des normalerweise keimarmen oberen GI-Trakts führen.
Dies stellt ein Risiko für infektiöse Diarrhöen im allgemeinen und wahrscheinlich auch für
Clostridium-difficile-Infektionen im Speziellen dar.
Mit der Nahrung aufgenommene Sporen von Clostridien haben bei höherem pH-Wert im
Magen eine größere Überlebenschance.
Clostridium difficile-assoziierte Diarrhoen haben sich in den vergangenen Jahren zu einem
schwerwiegenden klinischen Problem entwickelt. Die Inzidenz nimmt exponentiell zu, auch
im ambulanten Bereich.34
Risiken für eine CD-Infektion sind der Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika, Sonden-
ernährung, Immunsuppression, höheres Lebensalter, viele Komorbiditäten, Nieren-
insuffizienz und ein langer Krankenhausaufenthalt. Es handelt sich also um eine
Erkrankung des geriatrischen Patienten.
Eine Analyse aus der britischen General Practice Research Database (GPRD) der Jahre
1994 bis 2004 zeigte eine Verzwanzigfachung der Inzidenz von CD-Infektionen in
34 AMB 2007, 41, 87b.
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Großbritannien in diesem Zeitraum (von 1/100000 auf 22/100000).
Die Risikoanalyse ergab für folgende Parameter eine signifikante Assoziation mit CD-
Infektionen (Tab. 7):35
Parameter Relatives Risiko (RR):
MRSA-Träger 4,2
Renale Insuffizienz 3,7
CED 3,6
Antibiotikaeinsatz 90 Tage zuvor 3,1
Aktuelle PPI-Einnahme 2,9
H2-Blocker-Einnahme 2
Krebserkrankung 1,9
Perniziöse Anämie 1,8
NSAR-Einnahme 1,3
Es gibt mehre Studien, die alle ein ähnliches Relatives Risiko (2,5 bis 2,9) für Clostridium
difficile-Infektionen unter PPI errechnen.
Wichtig erscheint auch eine um mehr als das Doppelte erhöhte Rate der Spontanen
bakteriellen Peritonitis bei Patienten mit Leberzirrhose unter PPI-Therapie.36
Auch ein hepatorenales Syndrom tritt bei diesen Patienten häufiger auf.
Der vermehrten bakteriellen Besiedlung des oberen GI-Trakts unter Säureblockade und
Regurgitation von kontaminierten Mageninhalt wird auch das je nach Studie als zwischen
35 AMB 2008, 42, 49 36 Bajaj JS, Zadvornova Y, Heuman DM,et al. Association of proton pump inhibitortherapy
with spontaneous bacterial peritonitis in cirrhotic patients with ascites. A J Gastroenterol 2009; 104: 1130–4
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2-fach und bis zu 4,5-fach erhöhte Risiko für ambulante Pneumonien zugeschrieben.37
Schlussfolgerung:
Die geminderte Säurebarriere des Magens führt zu einem mäßig bis deutlich erhöhten
Risiko für bakterielle gastrointestinale Infektionen und ambulante Pneumonien. (s. Tab. 6)
Speziell das etwa 2,5-fach (bis 2,9-fach) erhöhte Risiko für Clostridium difficile- assozierte
Diarrhöen sollte in der Geriatrie bedacht werden, da es sich aufgrund der weiteren
Risikofaktoren (höheres Lebensalter per se, Niereninsuffizienz, Komorbiditäten,
Hospitalisierung – s. Tab. 7) um eine Erkranung des häufig älteren Menschen handelt.
4. Zusammenfassung
Protonenpumpenhemmer zählen zu den meistverschrieben Medikamenten. Sie
werden zu häufig, oft ohne klare Indikation und in zu hoher Dosierung verordnet.
Vor allem bei Langzeitbehandlung sollte auf eine strenge, Leitlinien gerechte
Indikationsstellung geachtet und nicht auf die empfohlene "step down"-
Behandlung vergessen werden.
Aktuelle Leitlinien, wie die der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- u. Stoff-
37 Laheij, R.J.F., et al.: JAMA 2004, 292, 1955.
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wechselkrankheiten, erleichtern die individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung für den
jeweiligen Patienten.
Zur rationalen Therapie mit PPI, insbesondere bei älteren Patienten mahnen
folgende Beobachtungen:
Es besteht eine Interaktion zwischen PPI und Clopidogrel, die zu einer
Verminderung der Clopidogrel-Wirkung führen könnte. Wenngleich die klinische
Bedeutung dieser Interaktion gering sein dürfte, sollte sie doch Anlass zu einer
Leitlinien gerechten und besonders sorgfältigen Abwägung des Gastrointestinalen
vs. Kardiovaskulären Risikos speziell beim multimorbiden Älteren geben.
Weitere beachtenswerte Wechselwirkungen bestehen mit einigen Antibiotika, SSRI,
Benzodiazepinen, Digoxin und weiteren Medikamenten.
Gerade bei Langzeittherapie mit PPI gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko
osteoporotischer Frakturen. Die Datenlage ist allerdigs zu unsicher für allgemeine
Empfehlungen. Einige Hinweise auf eine ausgeprägte Dosisabhängigkeit mahnen
jedoch wiederum zu einer nicht unnötig hohen Dosierung von PPI.
Ein erhöhtes Risiko für Gastrointestinale Infektionen und ambulante Pneumonien
unter PPI-Therapie gilt als belegt.